Schwerbehindertenausweis
Behinderungen werden vom Medizinischen Dienst öffentlich-rechtlich begutachtet, fallbezogen in Prozentstufen (= Grade) taxiert sowie amtlich festgestellt und mitgeteilt. Als schwerbehindert gelten Menschen mit einem Grad der Behinderung ab 50 %. Das Deutsche Schwerbehindertenrecht wurde als Teil 2 in das Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX) integriert. Menschen mit einem festgestellten Grad der Behinderung zwischen 50 und 100 % gelten in Deutschland heute als geschützter Personenkreis. Schwerbehinderte besitzen gesetzlich geregelte Privilegien, zum Beispiel haben sie einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr. Dies soll der Teilhabe von Schwerbehinderten am Leben in der Gemeinschaft dienen.
Das Verfahren zur amtlichen Feststellung einer individuellen Behinderung ist in § 152 SGB IX gesetzlich geregelt.
Merkzeichen
Nach § 152 Abs. 4 SGB IX treffen die zuständigen Behörden, z.B. die Versorgungsämter, auch Feststellungen über die gesundheitlichen Merkmale (Merkzeichen) für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen. Neben dem Grad der Behinderung sind diese Merkzeichen wichtig, um besondere behinderungsbedingte Nachteile oder Mehraufwendungen individuell ausgleichen zu können. Die amtlich festgestellten Merkzeichen werden gegebenenfalls auf der Rückseite des Schwerbehindertenausweises links vom Grad der Behinderung (GdB) aufgeführt.
Das Merkzeichen G steht für eine erhebliche Gehbehinderung. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn ortsübliche Wegstrecken nicht mehr zu Fuß zurückgelegt werden können. Das Merkzeichen aG steht für eine außergewöhnliche Gehbehinderung. Hierzu zählen insbesondere Menschen, die infolge ihrer Behinderung aus medizinischer Notwendigkeit dauerhaft - auch für sehr kurze Entfernungen - auf die Verwendung eines Rollstuhles angewiesen sind.
Das Merkzeichen H signalisiert Hilflosigkeit, d.h. der Mensch benötigt dauernd und in erheblichem Maße fremde Hilfe, Überwachung oder Anleitung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens wie An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege und Toilettengang.
Mit dem Merkzeichen B wird bestätigt, dass der behinderte Mensch berechtigt ist, eine Begleitperson mitzunehmen. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass auch die Merkzeichen G, Gl oder H zugesprochen wurden.
Das Merkzeichen Gl bekommen Hörbehinderte, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt. Gehörlos sind auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. Hörbehinderte haben allgemein das Recht, zur Verständigung in der Amtssprache die Gebärdensprache zu verwenden; daraus entstehender Aufwand für Dolmetscher ist von der Behörde oder dem für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger zu tragen (§ 19 Abs. 1 SGB X).
Das Merkzeichen Bl bekommt der behinderte Mensch, dem das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind ist auch der behinderte Mensch anzusehen, dessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als 1/50 beträgt, oder wenn andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzuachten sind.
Das Merkzeichen TBl bekommt der behinderte Mensch, wenn er wegen einer Störung der Hörfunktion mindestens einen Grad der Behinderung von 70 und zusätzlich wegen einer Störung des Sehvermögens einen Grad der Behinderung von 100 hat. Das Merkzeichen TBl wird als Nachweis für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für taubblinde Menschen anerkannt.
Das spezielle Merkzeichen RF berechtigt zur Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder wenigstens zur Beitragsermäßigung.
Das Merkzeichen 1. Kl. berechtigt zur Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweisen der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten. Es wird nach den Tarifbestimmungen der Deutschen Bahn AG nur Schwerkriegsbeschädigten und Entschädigungsberechtigten nach dem Bundesentschädigungsgesetz mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 70 % zugestanden.
Siehe auch
- Vulnerabilität
- Eingliederungshilfe
- Digitale Barrierefreiheit
- Werkstatt für behinderte Menschen
- Behindertenkonvention der Vereinten Nationen (UN)
- Ausländer
- Haager Übereinkommen
- Altenheim
- Betreutes Wohnen
- Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz