Anzeigepflicht

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Allgemeines

Die Anzeigepflicht ist rechtlich das Gegenteil der Schweigepflicht.

Anzeigepflichten des Betreuers

  • Der Betreuer hat dem Betreuungsgericht gemäß § 1846 Abs. 1 BGB unverzüglich anzuzeigen, wenn er ein Girokonto, ein Anlagekonto oder ein Depot für den Betreuten eröffnet, Wertpapiere des Betreuten hinterlegt oder Wertpapiere des Betreuten gemäß § 1843 Absatz 3 BGB nicht in einem Depot verwahrt oder hinterlegt.
  • Der Betreuer hat Beginn, Art und Umfang eines neuen Erwerbsgeschäfts gemäß § 1847 BGB im Namen des Betreuten beim Betreuungsgericht anzuzeigen; ebenso die Aufgabe eines bestehenden Erwerbsgeschäfts des Betreuten.

Anzeigepflicht des Auftragnehmenden bei Ablehnung

Wer in Deutschland zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist (z.B. ehrenamtliche Betreuer), ist, wenn er einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht annimmt (z.B. wegen Überforderung), verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber (hier: Betreuungsverein oder Betreuungsbehörde) unverzüglich anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht ist in § 663 BGB allgemeingesetzlich geregelt. Nur wenn der unterstützungspflichtige Betreuungsauftraggeber von der Unterlassung im Einzelfall Kenntnis erlangt, kann vom Betreuungsgericht ein Ergänzungsbetreuer oder Verhinderungsbetreuer zusätzlich für den Betreuten bestellt werden.

Anzeigepflicht des Unternehmers bei Unfällen und Berufskrankheiten

Unternehmer in Deutschland müssen Unfälle von Versicherten in ihren Unternehmen dem zuständigen Unfallversicherungsträger anzeigen, wenn Versicherte getötet oder so verletzt sind, dass sie mehr als drei Tage arbeitsunfähig werden. Auch das mögliche Vorliegen von Berufskrankheiten ist anzeigepflichtig. Dies ist in § 193 SGB VII sozialgesetzlich geregelt (= gesetzliche Unfallversicherung). Wohlhabende Betreute können auch manchmal als Unternehmer gelten. Dann trifft diese Anzeigepflicht den Betreuer.

Anzeigepflicht der Arbeitgeber gegenüber der Agentur für Arbeit wegen der möglichen Beschäftigung schwerbehinderter Menschen

Arbeitgeber in Deutschland mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen im Sinne des § 156 SGB IX müssen einmal jährlich bis spätestens 31. März der für ihren Sitz zuständigen Agentur für Arbeit für das vergangene Kalenderjahr, aufgegliedert nach Monaten, die Daten anzeigen, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Ausgleichsabgabe notwendig sind. Genaueres ist in § 163 SGB IX sozialgesetzlich geregelt.

Strafanzeige zur Ermöglichung der öffentlichen Klage

Gemäß dem § 158 der deutschen Strafprozessordnung kann die Anzeige einer Straftat in Deutschland bei einer Staatsanwaltschaft, einer Behörde oder einem Beamten des Polizeidienstes und bei den Amtsgerichten mündlich oder schriftlich erfolgen. Eine mündliche Anzeige ist dort stets zu beurkunden.

Die Nichtanzeige geplanter Straftaten ist in Deutschland gemäß § 138 StGB eine Straftat gegen die öffentliche Ordnung. Straflos bleiben in der Regel gemäß § 139 Abs. 2 StGB nur Geistliche in ihrer Funktion als Seelsorger.

Anzeigepflicht des Finders und der Finderin

Wer in Deutschland eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen. Kennt der (ehrliche) Finder oder die Finderin die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihr Aufenthalt unbekannt, so müssen der Fund und die Umstände, welche für die Ermittlung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde (= Fundamt) angezeigt werden (Ausnahme: der Wert des Fundes liegt unter 10 Euro). Diese Anzeigepflicht für alle Menschen ist in § 965 BGB gesetzlich normiert.

Anzeigepflicht des Mieters und der Mieterin

Der Mieter und die Mieterin einer Mietsache in Deutschland haben dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen, wenn sich im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache zeigt. Die Anzeigepflicht gilt auch, wenn eine Maßnahme zum Schutz der Mietsache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich wird oder wenn ein Dritter sich ein Recht an der Mietsache anmaßt.

Unterlässt der Mieter oder sein Betreuer diese Anzeige, dann ist er dem Vermieter zum Schadensersatz gemäß § 536c Abs. 2 BGB verpflichtet.

Anzeigepflicht bei Waffen- oder Munitionsfund

Wer eine Schusswaffe oder Munition, deren Erwerb ihrer Art nach der Erlaubnis bedarf, durch Aneignung einer herrenlosen Sache, als Nachlassverwalter, Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Vormund, Betreuer oder Pfleger erwirbt, hat den Erwerb unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Dies ist im deutschen Waffengesetz (WaffG) geregelt.

Anzeigepflicht für Ruhestands- und frühere Beamte

Beamte im Ruhestand oder ehemalige Beamte mit Versorgungsbezügen müssen ihrer letzten obersten Dienstbehörde anzeigen, wenn sie außerhalb des öffentlichen Dienstes eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit aufnehmen, durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden könnten. Diese Anzeigepflicht ist im deutschen Bundesbeamtengesetz (§ 105 BBG) geregelt. Eine entsprechende Regelung wurde meist auch in die Landesbeamtengesetze übernommen (z.B. § 88a LBG BW Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses).

Deutsche Beamte sollen der ganzen Bevölkerung dienen, nicht einer politischen Partei. Sie sollen ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht erfüllen und bei ihrer Amtsführung auf das Wohl der Allgemeinheit achten. Beamte sollen durch ihr ganzes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des deutschen Grundgesetzes stehen und für deren Erhaltung eintreten. Deshalb müssen sie als notwendige Bedingung für ein lebenslanges Beamtenverhältnis einen Diensteid leisten. Beamtenrechte können in Deutschland auch wieder verloren gehen, z.B. durch ein Strafurteil.

Anzeigepflicht für öffentliche Ehrenämter bei Beamten

Deutsche Beamte sind in der Regel verpflichtet, auf Verlangen ihrer obersten Dienstbehörde eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst zu übernehmen und fortzuführen, sofern diese Tätigkeit ihrer Vorbildung entspricht und sie nicht über Gebühr in Anspruch nimmt. Dies traf früher auch auf Vormundschaften bei entmündigten Volljährigen zu. Für einige reichsdeutsche Beamte waren diese Vormundschaften wohl eine ungeliebte Last. Daher unterstützten sie aktiv oder passiv die „Aktion T4“ der deutschen Amtsärzte nach dem Führererlass Adolf Hitlers über die Tötung kranker Menschen als „Gnadentod“ vom Oktober 1939.

Heute gelten ehrenamtliche Betreuungen im Beamtenrecht nicht mehr als Nebentätigkeiten. Jedoch ist eine freiwillige Betreuungsübernahme vor der Betreuerbestellung in der Regel dem Dienstvorgesetzten schriftlich anzuzeigen (siehe § 60 Abs. 2 LBG BW).

Siehe auch