Persönliche Betreuung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(2 dazwischenliegende Versionen von einem anderen Benutzer werden nicht angezeigt)
Zeile 8: Zeile 8:
 
Unter dem “persönlichen Kontakt“ ist zu verstehen, dass der*die Betreuer*in persönlichen Kontakt mit der betreuten Person hält, sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck verschafft und die Angelegenheiten der betreuten Person mit ihr bespricht. Durch den persönlichen Kontakt soll ermöglicht werden, dass die geeignete rechtlich betreuende Person die gerichtlich angeordneten Aufgabenbereiche nach den Wünschen der betreuten Person rechtlich besorgen kann (§ 1816 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1821 Abs. 5 BGB). Die Häufigkeit des persönlichen Kontakts ist nicht festgelegt. Es ist jedoch anhand der Erforderlichkeit und des Umfangs der Betreuung anzupassen (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, §1821 Abs. 5, Rn. 191).
 
Unter dem “persönlichen Kontakt“ ist zu verstehen, dass der*die Betreuer*in persönlichen Kontakt mit der betreuten Person hält, sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck verschafft und die Angelegenheiten der betreuten Person mit ihr bespricht. Durch den persönlichen Kontakt soll ermöglicht werden, dass die geeignete rechtlich betreuende Person die gerichtlich angeordneten Aufgabenbereiche nach den Wünschen der betreuten Person rechtlich besorgen kann (§ 1816 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1821 Abs. 5 BGB). Die Häufigkeit des persönlichen Kontakts ist nicht festgelegt. Es ist jedoch anhand der Erforderlichkeit und des Umfangs der Betreuung anzupassen (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, §1821 Abs. 5, Rn. 191).
  
Mit der Reform des Betreuungsgesetzes haben Betreuer*innen nun eine klare Rechtspflicht, was Kontakt und Besprechung angeht. Somit ist der*die Betreuer*in dazu verpflichtet den persönlichen Kontakt zu halten, erforderliche Angelegenheiten mit ihr zu besprechen, sowie sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck von der betreuten Person zu verschaffen (§ 1821 Abs. 5 BGB). In der alten Fassung des Betreuungsrechts waren die Kontaktpflicht und die Besprechungspflicht noch keine Rechtspflichtenfür Betreuer*innen. Die Besprechungspflicht galt nur bei wichtigen Angelegenheiten und die Kontaktpflicht war nur indirekt normiert (Vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, §1901 Abs. 3 S. 3 BGB a.F./§1908b Abs. 1 S. 2 BGB 2. Alt. a.F., Rn. 374). Wie ausführlich die Besprechung der Angelegenheiten der betreuten Person sein soll, hängt von der betreuten Person und deren Wünschen ab (vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, §1821 Abs. 5 BGB, Rn. 374 ff.). Daher sollte geklärt werden, was der betreuten Person wichtig ist, was sie als relevant und interessant erachtet und was für sie verständlich ist. Dabei sollte beachtet werden, dass die betreute Person sich nicht von lästigen Angelegenheiten durch Desinteresse befreit, sondern, dass auch dies ihre Angelegenheiten sind, die sie wahrzunehmen hat (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, § 1821 Abs. 5, Rn. 191). Wenn es dem*der Betreuer*in nicht möglich ist, mit der betreuten Person zu sprechen (Bsp.: Taubheit, Stummheit, eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten), muss der*die Betreuer*in sich andere Wege oder Hilfsmittel  [[Unterstützte Kommunikation]] suchen, um die Angelegenheiten zu besprechen (Vgl.Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, §1821 Abs. 5 BGB, Rn. 376).
+
Mit der Reform des Betreuungsgesetzes haben Betreuer*innen nun eine klare Rechtspflicht, was Kontakt und Besprechung angeht. Somit ist der*die Betreuer*in dazu verpflichtet den persönlichen Kontakt zu halten, erforderliche Angelegenheiten mit ihr zu besprechen, sowie sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck von der betreuten Person zu verschaffen (§ 1821 Abs. 5 BGB). In der alten Fassung des Betreuungsrechts waren die Kontaktpflicht und die Besprechungspflicht noch keine Rechtspflichtenfür Betreuer*innen. Die Besprechungspflicht galt nur bei wichtigen Angelegenheiten und die Kontaktpflicht war nur indirekt normiert (Vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, Rn. 374). Wie ausführlich die Besprechung der Angelegenheiten der betreuten Person sein soll, hängt von der betreuten Person und deren Wünschen ab (vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, § 1821 Abs. 5 BGB, Rn. 374 ff.). Daher sollte geklärt werden, was der betreuten Person wichtig ist, was sie als relevant und interessant erachtet und was für sie verständlich ist. Dabei sollte beachtet werden, dass die betreute Person sich nicht von lästigen Angelegenheiten durch Desinteresse befreit, sondern, dass auch dies ihre Angelegenheiten sind, die sie wahrzunehmen hat (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, § 1821 Abs. 5, Rn. 191). Wenn es dem*der Betreuer*in nicht möglich ist, mit der betreuten Person zu sprechen (Bsp.: Taubheit, Stummheit, eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten), muss der*die Betreuer*in sich andere Wege oder Hilfsmittel  [[Unterstützte Kommunikation]] suchen, um die Angelegenheiten zu besprechen (Vgl.Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, § 1821 Abs. 5 BGB, Rn. 376).
 
Den persönlichen Kontakt muss der*die Betreuer*in im [[Jahresbericht]] dokumentieren (§ 1863 Abs. 3 S. 3 BGB). Wenn der erforderliche persönliche Kontakt nicht eingehalten wird, ist dies ein wichtiger Grund eine*n Betreuer*in zu entlassen (§ 1868 Abs.1 S.2 BGB).
 
Den persönlichen Kontakt muss der*die Betreuer*in im [[Jahresbericht]] dokumentieren (§ 1863 Abs. 3 S. 3 BGB). Wenn der erforderliche persönliche Kontakt nicht eingehalten wird, ist dies ein wichtiger Grund eine*n Betreuer*in zu entlassen (§ 1868 Abs.1 S.2 BGB).
  
 +
<img alt="Betreuerpflichten?" src="https://www.lag-betreuungsvereine.de/images/was_ist_betreuung.jpg" width="100%">
  
 
Die persönliche Betreuung bedeutet nicht, dass der Betreuer eine persönliche Pflegeleistung oder hauswirtschaftliche Hilfe selbst leisten müsste. Der Betreuer hat aber ggf. [[wikipedia:de:Häusliche Pflege|häusliche Pflege]] und andere ambulante oder auch stationäre Hilfen zu veranlassen und deren tatsächliche Durchführung zu überprüfen.  
 
Die persönliche Betreuung bedeutet nicht, dass der Betreuer eine persönliche Pflegeleistung oder hauswirtschaftliche Hilfe selbst leisten müsste. Der Betreuer hat aber ggf. [[wikipedia:de:Häusliche Pflege|häusliche Pflege]] und andere ambulante oder auch stationäre Hilfen zu veranlassen und deren tatsächliche Durchführung zu überprüfen.  
Zeile 19: Zeile 20:
 
==Literatur:==  
 
==Literatur:==  
 
Dagmar Brosey, Wolfgang Lesting, Annette Loer, Rolf Marschner, Betreuungsrecht kompakt - Systematische Darstellung des gesamten Betreuungsrechts, 9. Auflage, CH. Beck, 2022
 
Dagmar Brosey, Wolfgang Lesting, Annette Loer, Rolf Marschner, Betreuungsrecht kompakt - Systematische Darstellung des gesamten Betreuungsrechts, 9. Auflage, CH. Beck, 2022
 +
 
Annette Schnellenbach, Sabine Normann-Scheerer, Michael Giers, Ulrike Thielke, Betreuungsrecht für die Praxis, Gieseking, 2022
 
Annette Schnellenbach, Sabine Normann-Scheerer, Michael Giers, Ulrike Thielke, Betreuungsrecht für die Praxis, Gieseking, 2022
  

Aktuelle Version vom 1. Februar 2024, 11:10 Uhr

Helfer.png

Persönliche Betreuung - Persönlicher Kontakt zur betreuten Person

Rechtsgrundlage: § 1816 Abs. 1 BGB, § 1821 Abs. 5 BGB

Ein bedeutsamer Faktor der Betreuungsführung ist der persönliche Kontakt. Dies wird durch das Betreuungsgericht bei der Betreuerbestellung vorausgesetzt. Unter dem “persönlichen Kontakt“ ist zu verstehen, dass der*die Betreuer*in persönlichen Kontakt mit der betreuten Person hält, sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck verschafft und die Angelegenheiten der betreuten Person mit ihr bespricht. Durch den persönlichen Kontakt soll ermöglicht werden, dass die geeignete rechtlich betreuende Person die gerichtlich angeordneten Aufgabenbereiche nach den Wünschen der betreuten Person rechtlich besorgen kann (§ 1816 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1821 Abs. 5 BGB). Die Häufigkeit des persönlichen Kontakts ist nicht festgelegt. Es ist jedoch anhand der Erforderlichkeit und des Umfangs der Betreuung anzupassen (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, §1821 Abs. 5, Rn. 191).

Mit der Reform des Betreuungsgesetzes haben Betreuer*innen nun eine klare Rechtspflicht, was Kontakt und Besprechung angeht. Somit ist der*die Betreuer*in dazu verpflichtet den persönlichen Kontakt zu halten, erforderliche Angelegenheiten mit ihr zu besprechen, sowie sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck von der betreuten Person zu verschaffen (§ 1821 Abs. 5 BGB). In der alten Fassung des Betreuungsrechts waren die Kontaktpflicht und die Besprechungspflicht noch keine Rechtspflichtenfür Betreuer*innen. Die Besprechungspflicht galt nur bei wichtigen Angelegenheiten und die Kontaktpflicht war nur indirekt normiert (Vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, Rn. 374). Wie ausführlich die Besprechung der Angelegenheiten der betreuten Person sein soll, hängt von der betreuten Person und deren Wünschen ab (vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, § 1821 Abs. 5 BGB, Rn. 374 ff.). Daher sollte geklärt werden, was der betreuten Person wichtig ist, was sie als relevant und interessant erachtet und was für sie verständlich ist. Dabei sollte beachtet werden, dass die betreute Person sich nicht von lästigen Angelegenheiten durch Desinteresse befreit, sondern, dass auch dies ihre Angelegenheiten sind, die sie wahrzunehmen hat (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, § 1821 Abs. 5, Rn. 191). Wenn es dem*der Betreuer*in nicht möglich ist, mit der betreuten Person zu sprechen (Bsp.: Taubheit, Stummheit, eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten), muss der*die Betreuer*in sich andere Wege oder Hilfsmittel Unterstützte Kommunikation suchen, um die Angelegenheiten zu besprechen (Vgl.Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, § 1821 Abs. 5 BGB, Rn. 376). Den persönlichen Kontakt muss der*die Betreuer*in im Jahresbericht dokumentieren (§ 1863 Abs. 3 S. 3 BGB). Wenn der erforderliche persönliche Kontakt nicht eingehalten wird, ist dies ein wichtiger Grund eine*n Betreuer*in zu entlassen (§ 1868 Abs.1 S.2 BGB).

Betreuerpflichten?

Die persönliche Betreuung bedeutet nicht, dass der Betreuer eine persönliche Pflegeleistung oder hauswirtschaftliche Hilfe selbst leisten müsste. Der Betreuer hat aber ggf. häusliche Pflege und andere ambulante oder auch stationäre Hilfen zu veranlassen und deren tatsächliche Durchführung zu überprüfen.


Aber auch die Delegation von Tätigkeiten kann im Einzelfall möglich sein und ermöglicht es dem Berufsbetreuer erst, die persönliche Betreuung als originäre Aufgabe wahrzunehmen.

Literatur:

Dagmar Brosey, Wolfgang Lesting, Annette Loer, Rolf Marschner, Betreuungsrecht kompakt - Systematische Darstellung des gesamten Betreuungsrechts, 9. Auflage, CH. Beck, 2022

Annette Schnellenbach, Sabine Normann-Scheerer, Michael Giers, Ulrike Thielke, Betreuungsrecht für die Praxis, Gieseking, 2022

Delegation durch den Betreuer

Siehe unter dem Stichwort Delegation.