Persönliche Betreuung
Persönliche Betreuung - Persönlicher Kontakt zum betreuten Menschen
Rechtsgrundlage: § 1816 Abs. 1 BGB, § 1821 Abs. 5 BGB
Ein bedeutsamer Faktor der Betreuungsführung ist der persönliche Kontakt. Dies wird durch das Betreuungsgericht bei der Betreuerbestellung vorausgesetzt. Unter dem “persönlichen Kontakt“ ist zu verstehen, dass der*die Betreuer*in persönlichen Kontakt mit dem betreuten Menschen hält, sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck verschafft und die Angelegenheiten des betreuten Menschen mit ihm bespricht. Durch den persönlichen Kontakt soll ermöglicht werden, dass die geeignete rechtlich betreuende Person die gerichtlich angeordneten Aufgabenbereiche nach den Wünschen des betreuten Menschen rechtlich besorgen kann (§ 1816 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1821 Abs. 5 BGB). Die Häufigkeit des persönlichen Kontakts ist nicht festgelegt. Es ist jedoch anhand der Erforderlichkeit und des Umfangs der Betreuung anzupassen (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, §1821 Abs. 5, Rn. 191).
Mit der Reform des Betreuungsgesetzes haben Betreuer*innen nun eine klare Rechtspflicht, was Kontakt und Besprechung angeht. Somit ist der*die Betreuer*in dazu verpflichtet den persönlichen Kontakt zu halten, erforderliche Angelegenheiten mit ihrem Betreuten zu besprechen, sowie sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen (§ 1821 Abs. 5 BGB). In der alten Fassung des Betreuungsrechts waren die Kontaktpflicht und die Besprechungspflicht noch keine Rechtspflichten für Betreuer*innen. Die Besprechungspflicht galt nur bei wichtigen Angelegenheiten und die Kontaktpflicht war nur indirekt normiert (Vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, Rn. 374). Wie ausführlich die Besprechung der Angelegenheiten des betreuten Menschen sein soll, hängt von dem Betreuten und dessen Wünschen ab (vgl. Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, § 1821 Abs. 5 BGB, Rn. 374 ff.). Daher sollte geklärt werden, was dem Betreuten wichtig ist, was er als relevant und interessant erachtet und was für ihn verständlich ist. Dabei sollte beachtet werden, dass der Betreute sich nicht von lästigen Angelegenheiten durch Desinteresse befreit, sondern, dass auch dies seine Angelegenheiten sind, die er wahrzunehmen hat (Vgl. Brosey/Lesting/Loer/Marschner, 9. Aufl. 2022, § 1821 Abs. 5, Rn. 191). Wenn es dem*der Betreuer*in nicht möglich ist, mit dem betreuten Menschen zu sprechen (Bsp.: Taubheit, Stummheit, eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten), muss der*die Betreuer*in sich andere Wege oder Hilfsmittel Unterstützte Kommunikation suchen, um die Angelegenheiten zu besprechen (Vgl.Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, 2022, § 1821 Abs. 5 BGB, Rn. 376). Den persönlichen Kontakt muss der*die Betreuer*in im Jahresbericht dokumentieren (§ 1863 Abs. 3 S. 3 BGB). Wenn der erforderliche persönliche Kontakt nicht eingehalten wird, ist dies ein wichtiger Grund eine*n Betreuer*in zu entlassen (§ 1868 Abs.1 S.2 BGB).
Die persönliche Betreuung bedeutet nicht, dass der Betreuer eine persönliche Pflegeleistung oder hauswirtschaftliche Hilfe selbst leisten müsste. Der Betreuer hat aber ggf. häusliche Pflege und andere ambulante oder auch stationäre Hilfen zu veranlassen und deren tatsächliche Durchführung zu überprüfen.
Aber auch die Delegation von Tätigkeiten kann im Einzelfall möglich sein und ermöglicht es dem Berufsbetreuer erst, die persönliche Betreuung als originäre Aufgabe wahrzunehmen.
Siehe auch
Literatur:
Dagmar Brosey, Wolfgang Lesting, Annette Loer, Rolf Marschner, Betreuungsrecht kompakt - Systematische Darstellung des gesamten Betreuungsrechts, 9. Auflage, CH. Beck, 2022
Annette Schnellenbach, Sabine Normann-Scheerer, Michael Giers, Ulrike Thielke, Betreuungsrecht für die Praxis, Gieseking, 2022
Delegation durch den Betreuer
Siehe unter dem Stichwort Delegation.