Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Basisdaten
Volltitel: Gesetz über die Vergütung von
Vormündern und Betreuern
Kurztitel: Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz
Abkürzung: VBVG (2023)
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Betreuungsrecht
Fundstellennachweis: 400-16
Datum des Gesetzes: 4.5.2021 (BGBl. I S. 882)
Inkrafttreten: 01.01.2023
Letzte Änderung: G. vom 26.6.2022 (BGBl. I. S. 959)
Außerkrafttreten: Ersetzte das VBVG von 2005

Das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz ist Teil der am 1.1.2023 in Kraft getretenen Betreuungsrechtsreform und regelt alle Vergütungsansprüche beruflich tätiger Vormünder und Betreuer (Berufsbetreuer, Vereinsbetreuer und Behördenbetreuer). Über § 1808 BGB gilt es auch für beruflich geführte Pflegschaften und über § 277 FamFG für Verfahrenspflegschaften. Es hat das gleichnamige Gesetz aus dem Jahre 2005 ersetzt, das zuletzt 2019 grundlegend geändert wurde, vgl unter Betreuervergütung 2019.

Das neue VBVG besteht zT aus Regelungen für Vormundschaften und Pflegschaften (§§ 1 - 6 VBVG) und zT für berufliche Betreuungen (§ § 7 ff VBVG).

Grundaussagen

Bei der Bestellung eines Vormundes und Pflegers muss im Beschluss des Gerichtes vermerkt sein, dass die Tätigkeit beruflich geführt wird (§ 1 VBVG). Das ist in der Regel der Fall, wenn der Betroffene mehr als 10 gesetzliche Vertretungen führt oder (bei Vormundschaften) einen wöchentlichen Zeitaufwand von mindestens 20 Stunden hat. Wird die Feststellung versehentlich unterlassen, kann sie gem. § 48 FamFG nachträglich korrigiert werden, wenn ein offenkundiger Schriftfehler vorliegt. Meist wird nachträglich eine Änderung des Statusses in berufliche Betreuungsfü+hrung beantragt, dies hat der BGH zwar zugelassen, aber nicht mit rückwirkender Kraft (BGH Beschl v 8.1.2014, XII ZB 354/13).

Für rechtliche Betreuungen gelten ab 1.1.2023 keine Fallzahlen mehr und daher auch nicht mehr die Regelung über einen nachträglichen Statuswechsel. Der Vergütungsanspruch (§ 7 Abs. 1 oder 2 VBVG) rührt nun vielmehr aus der Registrierung nach dem BtOG her.

Nach 15 Monaten erlöschen die Vergütungsansprüche. Die Frist kann vom Gericht verkürzt oder verlängert werden (§ 16 Abs. 3 VBVG i.V.m. § 1877 Abs. 4 BGB). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgt bei Fristversäumung nicht (OLG Schleswig FamRZ 2002, 1288).

Vormünder, Pfleger (sowie die in § 12 Abs. 1 VBVG genannten Betreuer) können eine Vergütung für nachgewiesenen Zeitaufwand nach § 3 VBVG geltend machen. Der Stundensatz beträgt 23 Euro, bei nachgewiesenen Fachkenntnissen durch abgeschlossene Ausbildung 29,50 Euro und durch abgeschlossenes Studium 39 Euro (jeweils zuzügl Aufwendungsersatz nach § 1877 BGB). Mehrwertsteuer fällt bei Betreuungen, Vormundschaften und Ergänzungspflegschaften nach § 1809 BGB allerdings seit 1.7.2013 nicht mehr an. Die Stundensätze können im Ausnahmefall sowohl abgesenkt als auch erhöht (§ 3 VBVG werden.

Berufliche Betreuer erhalten nur pauschalierte Zeitaufwände ersetzt (siehe Tabelle). Der Stundensatz betrug bis zum 26.7.2019 27,00 Euro; bei nachgewiesenen Fachkenntnissen durch abgeschlossene Ausbildung 33,50 Euro und durch abgeschlossenes Studium 44,00 Euro (§ 4 VBVG). Diese Beträge sind "Inklusivstundensätze" und enthalten auch Aufwendungsersatz). Ab 27.7.2019 bemisst sich die monatliche Vergütungssumme nach dem Tabellenwert (anlage zum VBVG, siehe unten).

Die Höhe der pauschalierten Stundenansätze ( § 8 VBVG) hängt von der Dauer der Betreuung (ab erstmaliger Betreuerbestellung), davon, ob der Betreute vermögend oder mittellos (§ 1879, § 1880 BGB) ab und davon, ob er in einem Heim seinen gewöhnlichen Aufenthalt ab, wobei der Einrichtungsbegriff des § 9 Abs. 3 VBVG über den des § 1 Heimgesetz hinausgeht. Seit 27.7.2019 ist der Begriff des Heimes durch den der "stationären oder gleichgestellten ambulanten Einrichtung" ersetzt worden.

Sterilisationsbetreuer sowie Verhinderungsbetreuer (bei rechtlicher Verhinderung, z.B. Insichgeschäften), vgl. § 1817 BGB, § 12 Abs. 1 VBVG erhalten Vergütung für nachgewiesenen Zeitaufwand wie Vormünder; Verhinderungsbetreuer bei tatsächlicher Verhinderung des Betreuers (Urlaub, Krankheit) erhalten Pauschalvergütung nach Tagen, wobei dem verhinderten Betreuer diese Tage nicht als Vergütung gewährt werden.

Nach § 13 VBVG gelten die Regeln der §§ 7-10 auch für Vereinsbetreuer; für Behördenbetreuer jedoch gelten nach § 14 VBVG die Regeln für ausnahmsweise vergütete ehrenamtliche Betreuer, § 1876 BGB.

§ 15 Abs. 1 VBVG sieht einen Abrechnungsrhythmus von 3 Monaten vor. Die Mittellosigkeit ist in den § 1879 BGB und § 1880 BGB geregelt.

Tabelle ab 27.7.2019 (A-C kombiniert)

Nr. Dauer der Betreuung Nr. Gewöhnlicher Aufenthaltsort Nr. Vermögensstatus monatliche Pauschale
A,B,C1 In den ersten
drei Monaten
A,B,C1.1 Stationäre Einrichtung oder
gleichgestellte ambulant
betreute Wohnform
A1.1.1 mittellos 194 €
B1.1.1 241 €
C1.1.1 317 €
A1.1.2 nicht mittellos 200 €
B1.1.2 249 €
C1.1.2 327 €
A,C,C1.2 andere Wohnform A1.2.1 mittellos 208 €
B1.2.1 258 €
C1.2.1 339 €
A1.2.2 nicht mittellos 298 €
B1.2.2 370 €
C1.2.2 486 €
A,B,C2 Im 4. bis 6. Monat A,B,C2.1 Stationäre Einrichtung oder
gleichgestellte ambulant
betreute Wohnform
A2.1.1 mittellos 129 €
B2.1.1 158 €
C2.1.1 208 €
A2.1.2 nicht mittellos 158 €
B2.1.2 196 €
C2.1.2 257 €
A,B,C2.2 andere Wohnform A2.2.1 mittellos 170 €
B2.2.1 211 €
C2.2.1 277 €
A2.2.2 nicht mittellos 208 €
B2.2.2 258 €
C2.2.2 339 €
A,B,C3 Im 7. bis 12. Monat A,B,C3.1 Stationäre Einrichtung oder
gleichgestellte ambulant
betreute Wohnform
A3.1.1 mittellos 124 €
B3.1.1 154 €
C3.1.1 202 €
A3.1.2 nicht mittellos 140 €
B3.1.2 174 €
C3.1.2 229 €
A,B,C3.2 andere Wohnform A3.2.1 mittellos 151 €
B3.2.1 188 €
C3.2.1 246 €
A3.2.2 nicht mittellos 192 €
B3.2.2 238 €
C3.2.2 312 €
A,B,C4 Im 13. bis 24. Monat A,B,C4.1 Stationäre Einrichtung oder
gleichgestellte ambulant
betreute Wohnform
A4.1.1 mittellos 87 €
B4.1.1 107 €
C4.1.1 141 €
A4.1.2 nicht mittellos 91 €
B4.1.2 113 €
C4.1.2 149 €
A,B,C4.2 andere Wohnform A4.2.1 mittellos 122 €
B4.2.1 151 €
C4.2.1 198 €
A4.2.2 nicht mittellos 158 €
B4.2.2 196 €
C4.2.2 257 €
A,B,C5 ab dem 25. Monat A,B,C5.1 Stationäre Einrichtung oder
gleichgestellte ambulant
betreute Wohnform
A5.1.1 mittellos 62 €
B5.1.1 78 €
C5.1.1 102 €
A5.1.2 nicht mittellos 78 €
B5.1.2 96 €
C5.1.2 127 €
A,B,C5.2 andere Wohnform A5.2.1 mittellos 105 €
B5.2.1 130 €
C5.2.1 171 €
A5.2.2 nicht mittellos 130 €
B5.2.2 161 €
C5.2.2 211 €

Rechtspolitische Kritik

Dem 2005erGesetz vorausgegangen waren kontroverse Diskussionen über Strukturreformen im Betreuungswesen, die im wesentlichen den gestiegenen Kosten (Betreuervergütung, Personalkosten bei den Vormundschaftsgerichten) entgegen wirken sollten. Während die in der Bundesrepublik tätigen rund 17.000 beruflichen Betreuer zuvor ihren Zeitaufwand für die Führung beruflich geführter Betreuungen (bei ca. 400.000 von insgesamt 1,1 Mio. Betreuten; Ende 2005) z.T. bis in kleinste Detail nachweisen mussten, was auch die Personalressourcen der Gerichte schwer belastete, war es Ziel des neuen Gesetzes, einfache, streitvermeidende und auskömmliche Regelungen zur beruflichen Betreuertätigkeit zu schaffen (so die Gesetzesbegründung). Freiwerdende Ressourcen sollen zweckentsprechend für Betreuungsarbeit Verwendung finden. Von den Berufsverbänden wurde das Gesetz als unrealistisch und ungerecht bezeichnet, da den individuelle Betreuungsaufwand zugunsten einer Mischkalkulation in Form einer Vergütungspauschale aufgegeben wurde.

Siehe auch

VBVG-Rechtsprechung, Betreuervergütung, Stundensatz, Mittellosigkeit, Betreuervergütung 2019

Literatur

Bücher

Zeitschriftenbeiträge

  • Amedick: Die JVA als Heim im Sinne des § 5 Abs. 3 VBVG; BtPrax 2012, 147
  • Bestelmeyer: Die Neuregelung des Vergütungsrechts nach dem 2. BtÄndG; Rpfleger 2005, 583
  • Bienwald: Die Vergütung eines Betreuers, dem die Besorgung einer einzelnen Angelegenheit aufgegeben wurde: JR 2012, 317
  • Deinert; Gewöhnlicher (Heim-) Aufenthalt und pauschale Betreuervergütung; FamRZ 2005; 954
  • ders.: Zur Neuregelung der Berufsbetreuer-, Berufsvormünder- und Berufspflegervergütung; BtPrax spezial 2005, S 13
  • ders.: Neue Pauschalvergütung für anwaltliche Berufsbetreuer; JurBüro 2005, 285 = FuR 2005, 308
  • ders.: Neue Betreuervergütung und Übergangsrecht; Rpfleger 2005, 304
  • Keuter: Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Ergänzungspflegers für Tätigkeiten vor Bestellung, FamRZ 2010, 1955
  • Maier: Pauschalierung von Vergütung und Aufwendungsersatz; BtPrax spezial 2005, S. 17
  • Neumann/Neumann: Zur praktischen Umsetzung des ab dem 1.7.2005 geltenden Vergütungssystems, BtMan 2005, 90
  • Sonnenfeld: Das 2. BtÄndG - Überblick über die wesentlichen zum 1.7.2005 in Kraft tretenden Änderungen, FamRZ 2005, 941
  • Zimmermann: Die Betreuer- und Verfahrenspflegervergütung ab 1.7.2005, FamRZ 2005, 950
  • ders.: Neuere Rechtsprechung zur Vergütung von Betreuern, Verfahrenspflegern, Verfahrensbeiständen und Nachlasspflegern; FamRZ 2011, 1776

Weblinks


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