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[[Bild:Unterbringungen.gif|thumb|300px|right|Genehmigungen nach § 1906 Abs.1 und 4 BGB]]
 
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[[Bild:Unterbringungen2007.gif|thumb|300px|right|Gesamtzahlen Genehmigungen nach § 1906 BGB 2007 im regionalen Vergleich]]
 
[[Bild:Unterbringungen2007.gif|thumb|300px|right|Gesamtzahlen Genehmigungen nach § 1906 BGB 2007 im regionalen Vergleich]]
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Nach Art. 104 Grundgesetz darf über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen.  
 
Nach Art. 104 Grundgesetz darf über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen.  
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Die Unterbringungsmaßnahmen sind ausnahmslos durch einen Richter des Amtsgerichtes zu genehmigen (§§ §§ 312 ff. FamFG). Die Unterbringung nach [[Psychisch-Kranken-Gesetz|Landesgesetzen]] wäre wegen der Gefahr der öffentlichen Sicherheit zwar systemlogisch eine Sache der [[wikipedia:de:Verwaltungsgericht|Verwaltungsgericht]]e, das war vor 1992 auch so. Wegen der Überschneidungen beider Gerichtsarten gab es aber Zuständigkeitstreitigkeiten; jedes Gericht schob dem anderen die Entscheidung zu, so dass heute nach dem Gesetz (FamFG) ausschließlich das Betreuungsgericht (bzw. das [[wikipedia:de:Familiengericht|Familiengericht]]) entscheidet.
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Die Unterbringungsmaßnahmen sind ausnahmslos durch einen Richter des Amtsgerichtes zu genehmigen (§§ §§ 312 ff. FamFG). Die Unterbringung nach [[Psychisch-Kranken-Gesetz|Landesgesetzen]] wäre wegen der Gefahr der öffentlichen Sicherheit zwar systemlogisch eine Sache der [[wikipedia:de:Verwaltungsgericht|Verwaltungsgericht]]e, das war vor 1992 auch so. Wegen der Überschneidungen beider Gerichtsarten gab es aber Zuständigkeitstreitigkeiten; jedes Gericht schob dem anderen die Entscheidung zu, so dass heute nach dem Gesetz (FamFG) ausschließlich das Betreuungsgericht entscheidet.
    
==Örtlich zuständig==
 
==Örtlich zuständig==
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==Verfahrensgrundsätze==
 
==Verfahrensgrundsätze==
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Die Verfahrensgrundsätze finden sich in den §§ 312 ff. FamFG. Sie ähneln den Grundsätzen des [[Betreuungsverfahren]]s, weichen aber in einigen Details von ihnen ab. Das Verfahren beginnt mit einem Genehmigungsantrag des jeweiligen [[gesetzlicher Vertreter|gesetzlichen Vertreters]] bzw. [[Vorsorgevollmacht|Bevollmächtigten]] (wenn letzterer nach {{Zitat de §|1906|bgb}} Abs. 5 BGB zur Freiheitsentziehung ausdrücklich bevollmächtigt wurde). Bei öffentlich-rechtlichen Unterbringungen stellt die nach diesem Gesetz zuständige Stelle (meist [[wikipedia:de:Gesundheitsamt|Gesundheitsamt]] oder [[wikipedia:de:Ordnungsamt|Ordnungsamt]]) den Unterbringungsantrag. Ein Tätigwerden [[wikipedia:de:von Amts wegen|von Amts wegen]] ist zwar auch möglich, in der Praxis aber die Ausnahme.
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Die Verfahrensgrundsätze finden sich in den §§ 312 ff. FamFG. Sie ähneln den Grundsätzen des [[Betreuungsverfahren]]s, weichen aber in einigen Details von ihnen ab. Das Verfahren beginnt mit einem Genehmigungsantrag des jeweiligen [[gesetzlicher Vertreter|gesetzlichen Vertreters]] bzw. [[Vorsorgevollmacht|Bevollmächtigten]] (wenn letzterer nach {{Zitat de §|1831|bgb}} Abs. 5 BGB zur Freiheitsentziehung ausdrücklich bevollmächtigt wurde).
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Bei öffentlich-rechtlichen Unterbringungen stellt die nach diesem Gesetz zuständige Stelle (meist [[wikipedia:de:Gesundheitsamt|Gesundheitsamt]] oder [[wikipedia:de:Ordnungsamt|Ordnungsamt]]) den Unterbringungsantrag. Ein Tätigwerden [[wikipedia:de:von Amts wegen|von Amts wegen]] ist zwar auch möglich, in der Praxis aber die Ausnahme.
    
Rechtsprechung:
 
Rechtsprechung:
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== Anhörung des Betroffenen ==
 
== Anhörung des Betroffenen ==
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Der Richter muss den Betroffenen persönlich [[Anhörung|anhören]]. Den unmittelbaren Eindruck verschafft sich das Gericht, soweit dies erforderlich ist, in der üblichen Umgebung des Betroffenen, das ist in der Regel die eigene Wohnung. Das Gericht unterrichtet ihn über den möglichen Verlauf des Verfahrens ({{Zitat de §|70c|fgg}} FGG, ab 1.9.2009 § 319 FamFG).
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Der Richter muss den Betroffenen persönlich [[Anhörung|anhören]]. Den unmittelbaren Eindruck verschafft sich das Gericht, soweit dies erforderlich ist, in der üblichen Umgebung des Betroffenen, das ist in der Regel die eigene Wohnung. Das Gericht unterrichtet ihn über den möglichen Verlauf des Verfahrens (§ 319 FamFG).
    
Die Anhörung findet in der Praxis jedoch meist innerhalb der Klinik statt, weil das Gericht zuvor bereits wegen der besonderen Eile die Unterbringung vorläufig genehmigt hat. Denn die genannten Verfahrensschritte, zu denen auch die Bestellung eines [[Verfahrenspfleger]]s und ein [[Sachverständigengutachten]] gehört, können wegen der Eilbedürftigkeit der Unterbringung oft zunächst nicht stattfinden.
 
Die Anhörung findet in der Praxis jedoch meist innerhalb der Klinik statt, weil das Gericht zuvor bereits wegen der besonderen Eile die Unterbringung vorläufig genehmigt hat. Denn die genannten Verfahrensschritte, zu denen auch die Bestellung eines [[Verfahrenspfleger]]s und ein [[Sachverständigengutachten]] gehört, können wegen der Eilbedürftigkeit der Unterbringung oft zunächst nicht stattfinden.
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== Anhörung weiterer Personen und Stellen ==
 
== Anhörung weiterer Personen und Stellen ==
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Auch sind weitere Personen, z.B. nahe Familienangehörige, eine Vertrauensperson, die [[Betreuungsbehörde]] (bzw. die nach [[Psychisch-Kranken-Gesetz|Psychisch-Krankenrecht]] zuständige Stelle, meist das Gesamtheitsamt) und ggf. der Heimleiter der Einrichtung, in der der Betroffene wohnt, anzuhören ({{Zitat de §|70d|fgg}} FGG, ab 1.9.2009 § 320 FamFG). Diese Verfahrensschritte können mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
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Auch sind weitere Personen, z.B. nahe Familienangehörige, eine Vertrauensperson, die [[Betreuungsbehörde]] (bzw. die nach [[Psychisch-Kranken-Gesetz|Psychisch-Krankenrecht]] zuständige Stelle, meist das Gesamtheitsamt) und ggf. der Heimleiter der Einrichtung, in der der Betroffene wohnt, anzuhören (§ 320 FamFG). Diese Verfahrensschritte können mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
    
Rechtsprechung:
 
Rechtsprechung:
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== Sachverständigengutachten ==
 
== Sachverständigengutachten ==
 
[[Bild:Arztzeugnis.jpg|200px|right]]
 
[[Bild:Arztzeugnis.jpg|200px|right]]
Zur Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung durch den Betreuer nach {{Zitat de §|1906|bgb}} BGB ist stets ein [[Sachverständigengutachten]] erforderlich (§ 321 FamFG). Der Sachverständige hat den Betroffenen persönlich zu untersuchen oder zu befragen.  
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Zur Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung durch den Betreuer nach {{Zitat de §|1831|bgb}} BGB ist stets ein [[Sachverständigengutachten]] erforderlich (§ 321 FamFG). Der Sachverständige hat den Betroffenen persönlich zu untersuchen oder zu befragen.  
    
Anders als beim Gutachten zur [[Betreuungsverfahren|Betreuerbestellung]], bei der die Qualifikation des Gutachters bis 31.8.2009 nicht geregelt war (§ 280 FamFG), muss bei der Begutachtung für eine Freiheitsentziehung der sachverständige Arzt mit Erfahrungen auf dem Gebiet der [[wikipedia:de:Psychiatrie|Psychiatrie]] sein, in der Regel soll er Facharzt für Psychiatrie sein (§ 321 FamFG).  
 
Anders als beim Gutachten zur [[Betreuungsverfahren|Betreuerbestellung]], bei der die Qualifikation des Gutachters bis 31.8.2009 nicht geregelt war (§ 280 FamFG), muss bei der Begutachtung für eine Freiheitsentziehung der sachverständige Arzt mit Erfahrungen auf dem Gebiet der [[wikipedia:de:Psychiatrie|Psychiatrie]] sein, in der Regel soll er Facharzt für Psychiatrie sein (§ 321 FamFG).  
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* zur Dauer der Maßnahme.
 
* zur Dauer der Maßnahme.
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Der Sachverständige rechnet sein Honorar direkt mit dem Gericht gemäß den Bestimmungen des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes ([[wikipedia:de:JVEG|JVEG]]) ab. Der Stundensatz beträgt derzeit 80 Euro.
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Der Sachverständige rechnet sein Honorar direkt mit dem Gericht gemäß den Bestimmungen des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes ([[wikipedia:de:JVEG|JVEG]]) ab. Der Stundensatz beträgt derzeit 120 Euro.
    
Abhängig vom Sachverständigengutachten für das Gericht wird auch ein [[wikipedia:de:Einweisungsattest|Einweisungsattest]] (Verordnung stationärer Krankenbehandlung) für das Krankenhaus benötigt sowie in der Regel eine [[wikipedia:de:Krankentransport|Krankentransport]]bescheinigung für den Transport in die Klinik.
 
Abhängig vom Sachverständigengutachten für das Gericht wird auch ein [[wikipedia:de:Einweisungsattest|Einweisungsattest]] (Verordnung stationärer Krankenbehandlung) für das Krankenhaus benötigt sowie in der Regel eine [[wikipedia:de:Krankentransport|Krankentransport]]bescheinigung für den Transport in die Klinik.
    
Rechtsprechung:  
 
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'''OLG Köln, Beschluss vom 17.05.2006, 16 Wx 95/06'''; FamRZ 2006, 1875 (Ls.) = FGPrax 2006, 232:
 
'''OLG Köln, Beschluss vom 17.05.2006, 16 Wx 95/06'''; FamRZ 2006, 1875 (Ls.) = FGPrax 2006, 232:
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# Der Gutachter in einer Unterbringungssache muss schon vor der Untersuchung des Betroffenen zum Sachverständigen bestellt worden sein (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 7. August 2013 XII ZB 691/12 FamRZ 2013, 1725).
 
# Der Gutachter in einer Unterbringungssache muss schon vor der Untersuchung des Betroffenen zum Sachverständigen bestellt worden sein (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 7. August 2013 XII ZB 691/12 FamRZ 2013, 1725).
 
# Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage setzt gemäß § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 XII ZB 330/13 FamRZ 2014, 649).  
 
# Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage setzt gemäß § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 XII ZB 330/13 FamRZ 2014, 649).  
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Siehe für weitere Rechtsprechungsbeispiele unter: [[Rechtsprechung zum Sachverständigengutachten]].
 
Siehe für weitere Rechtsprechungsbeispiele unter: [[Rechtsprechung zum Sachverständigengutachten]].
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Obwohl im Gesetzestext als Ausnahme bezeichnet, ist es in der Praxis fast der Normalfall, dass die Unterbringungsgenehmigung als einstweilige Anordnung erfolgt (§§ 331, 332 FamFG). Mit dieser einstweiligen Anordnung kann die Unterbringung für maximal 6 Wochen genehmigt werden. Diese [[wikipedia:de:Frist|Frist]] kann nach Anhörung des Sachverständigen (§ 333 FamFG) auf insgesamt 3 Monate verlängert werden.
 
Obwohl im Gesetzestext als Ausnahme bezeichnet, ist es in der Praxis fast der Normalfall, dass die Unterbringungsgenehmigung als einstweilige Anordnung erfolgt (§§ 331, 332 FamFG). Mit dieser einstweiligen Anordnung kann die Unterbringung für maximal 6 Wochen genehmigt werden. Diese [[wikipedia:de:Frist|Frist]] kann nach Anhörung des Sachverständigen (§ 333 FamFG) auf insgesamt 3 Monate verlängert werden.
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Die gleichen Fristen gelten auch, wenn bisher kein Betreuer bestellt ist und das [[Vormundschaftsgericht]] selbst die Unterbringung nach {{Zitat de §|1846|bgb}} BGB verfügt.
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Die gleichen Fristen gelten auch, wenn bisher kein Betreuer bestellt ist und das [[Betreuungsgericht]] selbst die Unterbringung nach {{Zitat de §|1867|bgb}} BGB verfügt.
    
Folgende Mindeststandards sind auch bei [[wikipedia:de:Gefahr in Verzug|Gefahr in Verzug]] vom Gericht vor Beschlussfassung eigentlich einzuhalten:
 
Folgende Mindeststandards sind auch bei [[wikipedia:de:Gefahr in Verzug|Gefahr in Verzug]] vom Gericht vor Beschlussfassung eigentlich einzuhalten:
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'''Rechtsprechung: '''
 
'''Rechtsprechung: '''
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'''BGH, Beschluss vom 13.02.2002], XII ZB 191/00;''' BGHZ 150, 45 = NJW 2002, 1801 = MDR 2002, 762 = FamRZ 2002, 744 = FGPrax 2002, 188 :
 
'''BGH, Beschluss vom 13.02.2002], XII ZB 191/00;''' BGHZ 150, 45 = NJW 2002, 1801 = MDR 2002, 762 = FamRZ 2002, 744 = FGPrax 2002, 188 :
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Die Gesamtdauer einstweiliger Anordnungen über eine vorläufige Unterbringung darf in derselben Angelegenheit drei Monate nicht überschreiten.
 
Die Gesamtdauer einstweiliger Anordnungen über eine vorläufige Unterbringung darf in derselben Angelegenheit drei Monate nicht überschreiten.
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== Endgültige Unterbringung ==
 
== Endgültige Unterbringung ==
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'''OLG Schleswig, Beschluss vom 01.12.2005, 2 W 214/05 ''':
 
'''OLG Schleswig, Beschluss vom 01.12.2005, 2 W 214/05 ''':
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Wird die Notwendigkeit der Unterbringung eines Betreuten wegen der Gefahr der Selbsttötung vom Beschwerdegericht bejaht und stützt sich das Gericht hierbei auf ein hinreichend zeitnah erstattetes erstinstanzliches Gutachten das die weitere Unterbringung "zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten" befürwortet, so ist die Festlegung der Höchstdauer der genehmigten Unterbringung grundsätzlich an dem Zeitpunkt der Erstattung des [[Gutachten]]s auszurichten. Auch der Umstand, daß bei einer zwei Monate später statt findenden Anhörung des Betroffenen eine behandelnde Psychologin den weiteren Unterbringungsbedarf erneut "auf ca. ein halbes Jahr" schätzt, ändert hieran nichts.
 
Wird die Notwendigkeit der Unterbringung eines Betreuten wegen der Gefahr der Selbsttötung vom Beschwerdegericht bejaht und stützt sich das Gericht hierbei auf ein hinreichend zeitnah erstattetes erstinstanzliches Gutachten das die weitere Unterbringung "zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten" befürwortet, so ist die Festlegung der Höchstdauer der genehmigten Unterbringung grundsätzlich an dem Zeitpunkt der Erstattung des [[Gutachten]]s auszurichten. Auch der Umstand, daß bei einer zwei Monate später statt findenden Anhörung des Betroffenen eine behandelnde Psychologin den weiteren Unterbringungsbedarf erneut "auf ca. ein halbes Jahr" schätzt, ändert hieran nichts.
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'''BGH, Beschluss vom 23.01.2008],  XII ZB 185/07''':
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'''BGH, Beschluss vom 23.01.2008,  XII ZB 185/07''':
    
Das Gericht darf die Unterbringung des Betroffenen in einer
 
Das Gericht darf die Unterbringung des Betroffenen in einer
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Eine Unterbringung kann nicht gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. BGB ("... weil ... eine Heilbehandlung ... notwendig ist, ...") genehmigt werden, wenn die angestrebte Heilbehandlung - aus welchen Gründen auch immer - nicht oder nicht mehr durchgeführt wird. Deshalb darf eine bereits erteilte Genehmigung nicht länger aufrechterhalten werden, wenn der Betreute bereits untergebracht ist, sich aber sodann herausstellt, dass die in der Unterbringungseinrichtung tätigen Ärzte - in Abweichung von dem der Genehmigung zugrunde liegenden ärztlichen Gutachten - eine Heilbehandlung für medizinisch nicht geboten erachten und eine solche Behandlung deshalb nicht durchführen.
 
Eine Unterbringung kann nicht gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. BGB ("... weil ... eine Heilbehandlung ... notwendig ist, ...") genehmigt werden, wenn die angestrebte Heilbehandlung - aus welchen Gründen auch immer - nicht oder nicht mehr durchgeführt wird. Deshalb darf eine bereits erteilte Genehmigung nicht länger aufrechterhalten werden, wenn der Betreute bereits untergebracht ist, sich aber sodann herausstellt, dass die in der Unterbringungseinrichtung tätigen Ärzte - in Abweichung von dem der Genehmigung zugrunde liegenden ärztlichen Gutachten - eine Heilbehandlung für medizinisch nicht geboten erachten und eine solche Behandlung deshalb nicht durchführen.
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== Regelung des Unterbringungsvollzugs ==
 
== Regelung des Unterbringungsvollzugs ==
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Bei [[Psychisch-Kranken-Gesetz|öffentlich-rechtlichen Unterbringungen]] können einzelne Maßnahmen des Vollzugs gerichtlich geregelt werden ({{Zitat de §|70l|fgg}} FGG, ab 1.9.2009 § 327 FamFG). Genaueres ergibt sich aus dem jeweiligen Landesgesetz für psychisch Kranke. Gegen solche Maßnahmen können ebenfalls [[wikipedia:de:Rechtsmittel|Rechtsmittel]] eingelegt werden.
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Bei [[Psychisch-Kranken-Gesetz|öffentlich-rechtlichen Unterbringungen]] können einzelne Maßnahmen des Vollzugs gerichtlich geregelt werden ( § 327 FamFG). Genaueres ergibt sich aus dem jeweiligen Landesgesetz für psychisch Kranke. Gegen solche Maßnahmen können ebenfalls [[wikipedia:de:Rechtsmittel|Rechtsmittel]] eingelegt werden.
    
== Unterbrechung, Beurlaubung ==
 
== Unterbrechung, Beurlaubung ==
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[[Psychisch-Kranken-Gesetz|Öffentlich-rechtliche Unterbringungen]] können durch Gerichtsbeschluss bis zu 6 Monaten ausgesetzt (unterbrochen) werden, § 328 FamFG. Diese Aussetzung kann auf insgesamt 1 Jahr verlängert werden. Hierzu können dem Betroffenen [[wikipedia:de:Auflage|Auflage]]n erteilt werden, z.B. sich in ambulante fachpsychiatrische Behandlung zu begeben. Bei der BGB-Unterbringung ist solches nicht vorgesehen; hier endet mit Entlassung des Betreuten die Rechtswirksamkeit der Unterbringungsgenehmigung selbst; bei erneuter Unterbringungsnotwendigkeit hat der Betreuer einen neuen Genehmigungsantrag nach § 1906 Abs. 2 BGB zu stellen. Rechtsprechung zum Verbrauch der Unterbringungsgenehmigung durch faktische Beendigung der Unterbringung: OLG Hamm NJW-RR 2000, 669; BayObLG FamRZ 1995, 1926.
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[[Psychisch-Kranken-Gesetz|Öffentlich-rechtliche Unterbringungen]] können durch Gerichtsbeschluss bis zu 6 Monaten ausgesetzt (unterbrochen) werden, § 328 FamFG. Diese Aussetzung kann auf insgesamt 1 Jahr verlängert werden. Hierzu können dem Betroffenen [[wikipedia:de:Auflage|Auflage]]n erteilt werden, z.B. sich in ambulante fachpsychiatrische Behandlung zu begeben. Bei der BGB-Unterbringung ist solches nicht vorgesehen; hier endet mit Entlassung des Betreuten die Rechtswirksamkeit der Unterbringungsgenehmigung selbst; bei erneuter Unterbringungsnotwendigkeit hat der Betreuer oder Bevollmächtigte einen neuen Genehmigungsantrag nach § 1831 Abs. 2 BGB zu stellen. Rechtsprechung zum Verbrauch der Unterbringungsgenehmigung durch faktische Beendigung der Unterbringung: OLG Hamm NJW-RR 2000, 669; BayObLG FamRZ 1995, 1926.
    
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'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 20.12.2005, 1 W 170/03 und 1 W 182/03, FamRZ 2006, 1481 (Ls.) = KGR 2006, 359'''
 
'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 20.12.2005, 1 W 170/03 und 1 W 182/03, FamRZ 2006, 1481 (Ls.) = KGR 2006, 359'''
    
Die probeweise Verlegung des Untergebrachten aus der geschlossenen auf eine offene Station führt dann nicht zur Wirkungslosigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn die ihr zugrunde liegenden Voraussetzungen weiter bestehen und die Verlegung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des genehmigten Unterbringungszeitraums steht. Das kann bei einer probeweisen Verlegung zehn Tage vor Entlassung des Untergebrachten der Fall sein.
 
Die probeweise Verlegung des Untergebrachten aus der geschlossenen auf eine offene Station führt dann nicht zur Wirkungslosigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn die ihr zugrunde liegenden Voraussetzungen weiter bestehen und die Verlegung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des genehmigten Unterbringungszeitraums steht. Das kann bei einer probeweisen Verlegung zehn Tage vor Entlassung des Untergebrachten der Fall sein.
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== Aufhebung der Unterbringung ==
 
== Aufhebung der Unterbringung ==
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Eine Aufhebung der Unterbringungsgenehmigung muss auch vor Ablauf der Genehmigungsfrist vorgenommen werden, sobald die Voraussetzungen zur Zwangsunterbringung nicht mehr gegeben sind ({{Zitat de §|70i|fgg}} FGG, ab 1.9.2009 § 330 FamFG). Wird diese Pflicht verletzt, liegt u.U. der [[wikipedia:de:Straftatbestand|Straftatbestand]] der [[wikipedia:de:Freiheitsberaubung|Freiheitsberaubung]] ({{Zitat de §|239|stgb}} StGB) vor.
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Eine Aufhebung der Unterbringungsgenehmigung muss auch vor Ablauf der Genehmigungsfrist vorgenommen werden, sobald die Voraussetzungen zur Zwangsunterbringung nicht mehr gegeben sind (§ 330 FamFG). Wird diese Pflicht verletzt, liegt u.U. der [[wikipedia:de:Straftatbestand|Straftatbestand]] der [[wikipedia:de:Freiheitsberaubung|Freiheitsberaubung]] ({{Zitat de §|239|stgb}} StGB) vor.
    
Durch Herausnahme des Betreuten aus der geschlossenen Unterbringung wird der Unterbringungsbeschluss "verbraucht". Soll er erneut untergebracht werden, ist ein neuer Beschluss notwendig, auch wenn die im alten genannte Frist für die Unterbringung noch nicht abgelaufen ist.
 
Durch Herausnahme des Betreuten aus der geschlossenen Unterbringung wird der Unterbringungsbeschluss "verbraucht". Soll er erneut untergebracht werden, ist ein neuer Beschluss notwendig, auch wenn die im alten genannte Frist für die Unterbringung noch nicht abgelaufen ist.
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== Rechtsmittel ==
 
== Rechtsmittel ==
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Gegen Unterbringungsbeschlüsse kann als [[wikipedia:de:Rechtsmittel|Rechtsmittel]] die [[Beschwerde]] (§§ 59, 336 FamFG) eingelegt werden. Zur Beschwerde ist neben dem Betroffenen selbst noch der in § 335 FamFG bestimmte Personenkreis berechtigt (nahe Angehörige, Behörde, Heimleiter, Verfahrenspfleger). Die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage bei einstweiligen Anordnungen, ansonsten 1 Monat ab Bekanntgabe. Gegen die Landgerichtsentscheidung kann nach § 70 FamFG Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Hierzu ist ein vor dem BGH zugelassener Anwalt nötig (§ 10 Abs. 4 FamFG): [[http://www.bundesgerichtshof.de/DE/BGH/Rechtsanwaelte/rechtsanwaelte_node.html Anwaltsverzeichnis]].
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Gegen Unterbringungsbeschlüsse kann als [[wikipedia:de:Rechtsmittel|Rechtsmittel]] die [[Beschwerde]] (§§ 59, 336 FamFG) eingelegt werden. Zur Beschwerde ist neben dem Betroffenen selbst noch der in § 335 FamFG bestimmte Personenkreis berechtigt (nahe Angehörige, Behörde, Heimleiter, Verfahrenspfleger). Die Rechtsmittelfrist beträgt 2 Wochen bei einstweiligen Anordnungen, ansonsten 1 Monat ab Bekanntgabe (§ 63 FamFG). Gegen die Landgerichtsentscheidung kann nach § 70 FamFG Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Hierzu ist ein vor dem BGH zugelassener Anwalt nötig (§ 10 Abs. 4 FamFG): [[http://www.bundesgerichtshof.de/DE/BGH/Rechtsanwaelte/rechtsanwaelte_node.html Anwaltsverzeichnis]].
    
Rechtsprechung:
 
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'''OLG München, Beschluss vom 04.08.2005, 33 Wx 36/05'''; FamRZ 2006, 62 (Ls.):
 
'''OLG München, Beschluss vom 04.08.2005, 33 Wx 36/05'''; FamRZ 2006, 62 (Ls.):
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Dem Betreuer steht gegen die Ablehnung seines Antrags auf betreuungsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung ein Beschwerderecht zu.
 
Dem Betreuer steht gegen die Ablehnung seines Antrags auf betreuungsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung ein Beschwerderecht zu.
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==Verfahren in der Übersichtsgrafik==
 
==Verfahren in der Übersichtsgrafik==
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* [[Betreuungsverfahren]], [[Verfahrenspfleger]],  
 
* [[Betreuungsverfahren]], [[Verfahrenspfleger]],  
 
* [[wikipedia:de:Freiheitsberaubung|Freiheitsberaubung]],  [[wikipedia:de:PsychKG|Psychisch-Kranken-Gesetz]], [[wikipedia:de:Maßregelvollzug|Maßregelvollzug]],
 
* [[wikipedia:de:Freiheitsberaubung|Freiheitsberaubung]],  [[wikipedia:de:PsychKG|Psychisch-Kranken-Gesetz]], [[wikipedia:de:Maßregelvollzug|Maßregelvollzug]],
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==Rechtsnormen zum Unterbringungsverfahren (FamFG)==
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[[Bild:Gesetzbuch.jpg|200px|right]]
      
===Kommentierungen===
 
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