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==Das Recht der Totenfürsorge==
 
==Das Recht der Totenfürsorge==
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Das Recht der Totenfürsorge umfasst das Entscheidungsrecht über den Leichnam des Verstorbenen, über die Art und den Ort der Bestattung und eine evtl. Umbettung (OLG Schleswig NJW-RR 1987, 92; Gaedke aaO. S. 119; Stockert BtPrax 1996, 203), die Veranlassung der ärztlichen Leichenschau und die Wahrnehmung von Rechtem im Strafrecht (insbesondere §§ 167a, 168, 189 StGB).  
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Das Recht der [[wikipedia:de:Totenfürsorge|Totenfürsorge]] umfasst das Entscheidungsrecht über den Leichnam des Verstorbenen, über die Art und den Ort der Bestattung und eine evtl. Umbettung (OLG Schleswig NJW-RR 1987, 92; Gaedke aaO. S. 119; Stockert BtPrax 1996, 203), die Veranlassung der ärztlichen Leichenschau und die Wahrnehmung von Rechtem im Strafrecht (insbesondere §§ 167a, 168, 189 StGB).  
§ 1874 Abs. 2 BGB betrifft lediglich die Sicherung des Vermögens für den Erben, jedoch keine Angelegenheiten der Totenfürsorge (vgl. Stockert, aaO. m.w.N.).  
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Die [[Notgeschäftsführungspflicht]], § 1874 Abs. 2 BGB betrifft lediglich die Sicherung des Vermögens für den Erben, jedoch keine Angelegenheiten der Totenfürsorge (vgl. Stockert, aaO. m.w.N.).  
    
===Bestattung durch Totenfürsorgepflichtige===
 
===Bestattung durch Totenfürsorgepflichtige===
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Die nächsten Familienangehörigen des Verstorbenen (in der Regel der Ehegatte, die Kinder, die Eltern und die Geschwister) haben, auch wenn sie nicht zur Erbschaft berufen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben, für die Bestattung zu sorgen. Hierunter fällt auch die Bestimmung der Art und Weise der Bestattung, sofern der Verstorbene zu Lebzeiten keine eigene Bestimmung getroffen hat, weil in diesem Falle anzunehmen ist, dass er diese Bestimmung seinen Angehörigen überlassen wollte (Zimmermann aaO. S. 13).
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Die nächsten Familienangehörigen des Verstorbenen (in der Regel der Ehegatte, die Kinder, die Eltern und die Geschwister) haben, auch wenn sie nicht zur Erbschaft berufen sind oder die [[Erbausschlagung|Erbschaft ausgeschlagen]] haben, für die Bestattung zu sorgen.  
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Hierunter fällt auch die Bestimmung der Art und Weise der Bestattung, sofern der Verstorbene zu Lebzeiten keine eigene Bestimmung getroffen hat, weil in diesem Falle anzunehmen ist, dass er diese Bestimmung seinen Angehörigen überlassen wollte (Zimmermann aaO. S. 13).
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Diese Totenfürsorgepflicht der nächsten Familienangehörigen ist, soweit nicht ausdrücklich in Landesbestimmungen geregelt, durch Gewohnheitsrecht verbürgt (BGHZ 67, 238; BGH FamRZ 1978, 15 sowie FamRZ 1992, 657 = NJW-RR 1992, 982; RGZ 154, 269; OLG Zweibrücken FamRZ 1993, 1439 =MDR 1993, 878; LG Bonn FamRZ 1983, 1121 und Rpfleger 1993, 448; LG Detmold NJW 1958, 265; Gaedke aaO. S. 117).
 
Diese Totenfürsorgepflicht der nächsten Familienangehörigen ist, soweit nicht ausdrücklich in Landesbestimmungen geregelt, durch Gewohnheitsrecht verbürgt (BGHZ 67, 238; BGH FamRZ 1978, 15 sowie FamRZ 1992, 657 = NJW-RR 1992, 982; RGZ 154, 269; OLG Zweibrücken FamRZ 1993, 1439 =MDR 1993, 878; LG Bonn FamRZ 1983, 1121 und Rpfleger 1993, 448; LG Detmold NJW 1958, 265; Gaedke aaO. S. 117).
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Die Reihenfolge der Totenfürsorgeberechtigten ist: Ehegatte, Kinder (auch Adoptivkinder), Eltern, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister, Geschwisterkinder, Verschwägerte ersten Grades. Der Wille des Ehegatten ist also vorrangig, fehlt ein Ehegatte, ist der Wille der (volljährigen) Kinder vorrangig (Zimmermann aaO. S. 12).  
 
Die Reihenfolge der Totenfürsorgeberechtigten ist: Ehegatte, Kinder (auch Adoptivkinder), Eltern, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister, Geschwisterkinder, Verschwägerte ersten Grades. Der Wille des Ehegatten ist also vorrangig, fehlt ein Ehegatte, ist der Wille der (volljährigen) Kinder vorrangig (Zimmermann aaO. S. 12).  
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Indes ist durch die Rechtsprechung einhellig festgestellt, dass die Bestattungspflicht die pflichtigen Personen aufgrund ihrer nahen familiären Beziehung und nicht aus ihrer Erbenstellung her festlegt. Ausdrücklich hat bereits das  Reichsgericht dem Rechtsgedanken, dass derjenige, dem die Zahlung der Bestattungskosten obliegt, das Recht der Bestimmung der Art der Bestattung habe, eine Abfuhr erteilt (RGZ 154, 269/271). Somit ist der Versuch, eine Bestattungspflicht aus der Notgeschäftsführungsbefugnis des § 1874 Abs. 2 BGB herzuleiten, verfehlt (so auch LG Bochum Rpfleger 1985, 147; LG Koblenz BtPrax 95, 184 = JurBüro 95, 601 = FamRZ 1995, 1376; LG Frankenthal JurBüro 95, 602 = Rpfleger 1995, 504 (Ls.); LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 31. 7. 1995 – 2-28 T 56/95, MünchKomm/Schwab Rdnr. 10 zu § 1835 BGB; Zimmermann, Betr.recht, 3. Aufl., § 1698b Rz 2) .  
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Indes ist durch die Rechtsprechung einhellig festgestellt, dass die [[wikipedia:de:Bestattungspflicht|Bestattungspflicht]] die pflichtigen Personen aufgrund ihrer nahen familiären Beziehung und nicht aus ihrer Erbenstellung her festlegt. Ausdrücklich hat bereits das  Reichsgericht dem Rechtsgedanken, dass derjenige, dem die Zahlung der Bestattungskosten obliegt, das Recht der Bestimmung der Art der Bestattung habe, eine Abfuhr erteilt (RGZ 154, 269/271).  
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Somit ist der Versuch, eine Bestattungspflicht aus der Notgeschäftsführungsbefugnis des § 1874 Abs. 2 BGB herzuleiten, verfehlt (so auch LG Bochum Rpfleger 1985, 147; LG Koblenz BtPrax 95, 184 = JurBüro 95, 601 = FamRZ 1995, 1376; LG Frankenthal JurBüro 95, 602 = Rpfleger 1995, 504 (Ls.); LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 31. 7. 1995 – 2-28 T 56/95, MünchKomm/Schwab Rdnr. 10 zu § 1835 BGB; Zimmermann, Betr.recht, 3. Aufl., § 1698b Rz 2) .  
    
Einige Kommentarstimmen halten die Durchführung der Bestattung dann für statthaft, wenn keine totenfürsorgepflichtigen Angehörigen vorhanden sind (Bienwald, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1908d Rz 39; Dodegge/Roth, Betr.recht, 2. Aufl., H 25 [S. 654]). Diese dann wohl als Notgeschäftsführung für den Erben betrachtete Tätigkeit wird als problematisch angesehen.  
 
Einige Kommentarstimmen halten die Durchführung der Bestattung dann für statthaft, wenn keine totenfürsorgepflichtigen Angehörigen vorhanden sind (Bienwald, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1908d Rz 39; Dodegge/Roth, Betr.recht, 2. Aufl., H 25 [S. 654]). Diese dann wohl als Notgeschäftsführung für den Erben betrachtete Tätigkeit wird als problematisch angesehen.  
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Allerdings ist eine Ausnahme zu erwähnen: das Land Rheinland-Pfalz hat in § 9 I seines BestG die Erben eines Verstorbenen zuvörderst zur Durchführung der Bestattung verpflichtet (Gesetz v. 4.3.83, GVBl. S. 69), zul. geändert durch Gesetz v. 6.2.2001, GVBl. S. 29). Erst nachrangig, bei Nichterreichbarkeit, werden die auch in anderen Bundesländern üblichen nahen Angehörigen, der Ehegatte und nahe Verwandte, genannt. In Rheinland-Pfalz wäre abzuwägen, welche Konsequenz bei Nichterreichbarkeit des Erben Vorrang hat: die Notgeschäftsführungspflicht des bisherigen Betreuers  nach § 1698b BGB oder der Eintritt der Familienangehörigen nach § 9 I Satz 2 BestG Rheinland-Pfalz.  
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Allerdings ist eine Ausnahme zu erwähnen: das Land Rheinland-Pfalz hat in § 9 I seines BestG die Erben eines Verstorbenen zuvörderst zur Durchführung der Bestattung verpflichtet (Gesetz v. 4.3.83, GVBl. S. 69), zul. geändert durch Gesetz v. 6.2.2001, GVBl. S. 29). Erst nachrangig, bei Nichterreichbarkeit, werden die auch in anderen Bundesländern üblichen nahen Angehörigen, der Ehegatte und nahe Verwandte, genannt. In Rheinland-Pfalz wäre abzuwägen, welche Konsequenz bei Nichterreichbarkeit des Erben Vorrang hat: die Notgeschäftsführungspflicht des bisherigen Betreuers  nach § 1874 Abs. 2 BGB oder der Eintritt der Familienangehörigen nach § 9 I Satz 2 BestG Rheinland-Pfalz.  
    
Der Grundsatz, wonach Bundesrecht Landesrecht bricht (Art. 30 GG), ist hiesiger Ansicht nicht anwendbar, da ja die entsprechende Pflicht zum Tätigwerden sich überhaupt erst aufgrund Landesrechtes ergibt. Daher ergäbe sich ein Vorrang der landesrechtlichen Regelung nach dem Grundsatz der lex specialis. Hierfür spricht auch die Problematik, dass es unsicher ist, welchem bisherigen Aufgabenkreis die Bestattung zugeordnet werden soll; die Totenfürsorge gehört, wie unter Rz 73 ausgeführt wird, nicht zur Vermögenssorge, sondern zur Sorge für die Person. Bei einer Betreuung dürfte dies nur dann zutreffen, wenn (vom Aufgabenkreis „alle Angelegenheiten“ einmal abgesehen) so viele Aufgabenkreise außerhalb der Vermögenssorge zusammenkommen, dass funktional von einer Betreuung für die gesamte Personensorge gesprochen werden kann.
 
Der Grundsatz, wonach Bundesrecht Landesrecht bricht (Art. 30 GG), ist hiesiger Ansicht nicht anwendbar, da ja die entsprechende Pflicht zum Tätigwerden sich überhaupt erst aufgrund Landesrechtes ergibt. Daher ergäbe sich ein Vorrang der landesrechtlichen Regelung nach dem Grundsatz der lex specialis. Hierfür spricht auch die Problematik, dass es unsicher ist, welchem bisherigen Aufgabenkreis die Bestattung zugeordnet werden soll; die Totenfürsorge gehört, wie unter Rz 73 ausgeführt wird, nicht zur Vermögenssorge, sondern zur Sorge für die Person. Bei einer Betreuung dürfte dies nur dann zutreffen, wenn (vom Aufgabenkreis „alle Angelegenheiten“ einmal abgesehen) so viele Aufgabenkreise außerhalb der Vermögenssorge zusammenkommen, dass funktional von einer Betreuung für die gesamte Personensorge gesprochen werden kann.

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