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==Allgemeines==
 
==Allgemeines==
 
'''Einwilligungsfähigkeit''' (auch Einsichts- und Steuerungsfähigkeit) ist ein rechtlicher Begriff, der die Fähigkeit eines Betroffenen beschreibt, in die Verletzung eines ihm zuzurechnenden [[wikipedia:de:Rechtsgut|Rechtsgut]]s [[wikipedia:de:Einwilligung|einzuwilligen]].
 
'''Einwilligungsfähigkeit''' (auch Einsichts- und Steuerungsfähigkeit) ist ein rechtlicher Begriff, der die Fähigkeit eines Betroffenen beschreibt, in die Verletzung eines ihm zuzurechnenden [[wikipedia:de:Rechtsgut|Rechtsgut]]s [[wikipedia:de:Einwilligung|einzuwilligen]].
Erst hierdurch bleibt der nach den Grundsätzen der medizinischen Heilkunst korrekt durchgeführte [[Heilbehandlung|ärztliche Eingriff]], der sonst eine [[wikipedia:de:Körperverletzung|Körperverletzung]] darstellt ({{Zitat de §|223|stgb}} StGB), straffrei ({{Zitat de §|228|stgb}} StGB). Die Einwilligungsfähigkeit wird ab 1.9.2009 ausdrücklich in § 1827 BGB genannt (im Rahmen der Neuregelungen der [[Patientenverfügung]]), sowie seit 26.2.2013 in § 630d BGB (Behandlungsvertrag).
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Erst hierdurch bleibt der nach den Grundsätzen der medizinischen Heilkunst korrekt durchgeführte [[Heilbehandlung|ärztliche Eingriff]], der sonst eine [[wikipedia:de:Körperverletzung|Körperverletzung]] darstellt ({{Zitat de §|223|stgb}} StGB), straffrei ({{Zitat de §|228|stgb}} StGB). Die Einwilligungsfähigkeit wird seit 1.9.2009 ausdrücklich in § 1827 BGB genannt (im Rahmen der Neuregelungen der [[Patientenverfügung]]), sowie seit 26.2.2013 in § 630d BGB (Behandlungsvertrag).
    
==Arztbehandlung==
 
==Arztbehandlung==
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''Beispiel:''
 
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''Die psychisch kranke Patientin wurde von einem Hund gebissen und begibt sich in ärztliche Behandlung. Ihr Hausarzt schlägt ihr als Behandlung das Anlegen eines Wundverbandes und eine Tetanusspritze vor. Die Patientin ist einverstanden. Vorliegend ist die betroffene Patientin einwilligungsfähig und durchaus in der Lage, eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. Es bedarf der Einwilligung des Betreuers in diesem Falle nicht. Nimmt dieselbe Patientin jedoch keinerlei Nahrung mehr zu sich, weil sie infolge des bei ihr vorhandenen Verfolgungswahns der Auffassung ist, Geheimdienste würden ihr Gift ins Essen mischen, so ist sie bezüglich einer durchzuführenden neuroleptischen Therapie nicht einwilligungsfähig. Insoweit muss der von dem Vormundschaftsgericht für sie bestellte Betreuer die notwendige Einwilligung erteilen. Der Arzt hat den Betreuer anstelle des einwilligungsunfähigen Patienten umfassend aufzuklären.''
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''Die psychisch kranke Patientin wurde von einem Hund gebissen und begibt sich in ärztliche Behandlung. Ihr Hausarzt schlägt ihr als Behandlung das Anlegen eines Wundverbandes und eine Tetanusspritze vor. Die Patientin ist einverstanden. Vorliegend ist die betroffene Patientin einwilligungsfähig und durchaus in der Lage, eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. Es bedarf der Einwilligung des Betreuers in diesem Falle nicht. Nimmt dieselbe Patientin jedoch keinerlei Nahrung mehr zu sich, weil sie infolge des bei ihr vorhandenen Verfolgungswahns der Auffassung ist, Geheimdienste würden ihr Gift ins Essen mischen, so ist sie bezüglich einer durchzuführenden neuroleptischen Therapie nicht einwilligungsfähig. Insoweit muss der vom Gericht für sie bestellte Betreuer die notwendige Einwilligung erteilen. Der Arzt hat dann den Betreuer anstelle des einwilligungsunfähigen Patienten umfassend aufzuklären.''
    
==Einwilligungsunfähigkeit==
 
==Einwilligungsunfähigkeit==
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Allerdings kann in diesem Fall für den Einwilligungsunfähigen unter Umständen ein Betreuer zu bestellen sein, der an Stelle des Betreuten einwilligen kann. Eine solche Einwilligung wäre wirksam und würde auch die erwähnte Rechtfertigungswirkung zur Folge haben. Ein Betreuer ist aber in jeden Fall in seinen Entscheidungen an eine [[Patientenverfügung]] gebunden.
 
Allerdings kann in diesem Fall für den Einwilligungsunfähigen unter Umständen ein Betreuer zu bestellen sein, der an Stelle des Betreuten einwilligen kann. Eine solche Einwilligung wäre wirksam und würde auch die erwähnte Rechtfertigungswirkung zur Folge haben. Ein Betreuer ist aber in jeden Fall in seinen Entscheidungen an eine [[Patientenverfügung]] gebunden.
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Das im vorigen Absatz gesagte gilt auch für einen Bevollmächtigten, der aufgrund einer [[Vorsorgevollmacht]], die den Bereich der [[Gesundheitssorge]] umfasst, tätig ist.
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Das im vorigen Absatz gesagte gilt auch für einen Bevollmächtigten, der aufgrund einer [[Vorsorgevollmacht]], die den Bereich der [[Gesundheitssorge]] umfasst, tätig ist und seit 1.1.23 auch für den vertretungsberechtigten [[Angehörigenvertretungsrecht|Ehegatten]] nach § 1358 BGB.
    
Rechtsprechung: '''OLG Frankfurt , Beschluss vom 01.09.2008, 20 W 354/08''', NJW 2008, 3790 = FamRZ 2009, 368:
 
Rechtsprechung: '''OLG Frankfurt , Beschluss vom 01.09.2008, 20 W 354/08''', NJW 2008, 3790 = FamRZ 2009, 368:
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Aus Sicht des Betreuungsrechts ist aber hierbei auch zu beachten, dass derjenige, der einwilligungsfähig ist, auch selbst einwilligen muss. Wenn der Einwilligungsfähige einen Begriff von der Natur und Erforderlichkeit des Eingriffs und dessen Risiken hat, muss ihm die Entscheidung, ob er in den Eingriff einwilligt, auch überlassen bleiben.
 
Aus Sicht des Betreuungsrechts ist aber hierbei auch zu beachten, dass derjenige, der einwilligungsfähig ist, auch selbst einwilligen muss. Wenn der Einwilligungsfähige einen Begriff von der Natur und Erforderlichkeit des Eingriffs und dessen Risiken hat, muss ihm die Entscheidung, ob er in den Eingriff einwilligt, auch überlassen bleiben.
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Ist der Patient einwilligungsfähig, darf also in keinem Fall gegen seinen Willen behandelt werden. Auch dann nicht, wenn für den Patienten ein rechtlicher Betreuer (§ 1896 BGB) oder ein Bevollmächtigter bestellt ist. Der behandelnde Arzt ist vielmehr verpflichtet, den Patienten über die Behandlung, deren Risiken und die Alternativen aufzuklären und dessen eigene Entscheidung herbeizuführen. Nur bei Einwilligungsunfähigen muss natürlich der Betreuer anstelle des Betreuten entsprechend medizinisch aufgeklärt werden. Gleiches gilt für einen Bevollmächtigten für [[Gesundheitssorge|Gesundheitsangelegenheiten]].
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Ist der Patient einwilligungsfähig, darf also in keinem Fall gegen seinen Willen behandelt werden. Auch dann nicht, wenn für den Patienten ein rechtlicher Betreuer (§ 1814 BGB) oder ein Bevollmächtigter bestellt ist. Der behandelnde Arzt ist vielmehr verpflichtet, den Patienten über die Behandlung, deren Risiken und die Alternativen aufzuklären und dessen eigene Entscheidung herbeizuführen. Nur bei Einwilligungsunfähigen muss natürlich der Betreuer anstelle des Betreuten entsprechend medizinisch aufgeklärt werden. Gleiches gilt für einen Bevollmächtigten für [[Gesundheitssorge|Gesundheitsangelegenheiten]].
    
Die Regelung gilt nach §§ 630d, e BGB für alle medizinischen Maßnahmen, die einem Behandlungsvertrag entsprechen (also Untersuchungen, Arztbehandlungen aller Art), auch von anderen Medizindienstleistern (wie Heilpraktikern, Psychotherapeuten usw.). Sie gelten über § 114a Abs. 3a SGB XI auch für die Einwilligungen in die Inaugenscheinnahme von Patienten durch den MDK. Auch gilt sie bei der Einwilligung in die klinische Prüfung von Medikamenten (§ 41 Abs. 3 AMG) und von Medizinprodukten (§ 21 MPG)  
 
Die Regelung gilt nach §§ 630d, e BGB für alle medizinischen Maßnahmen, die einem Behandlungsvertrag entsprechen (also Untersuchungen, Arztbehandlungen aller Art), auch von anderen Medizindienstleistern (wie Heilpraktikern, Psychotherapeuten usw.). Sie gelten über § 114a Abs. 3a SGB XI auch für die Einwilligungen in die Inaugenscheinnahme von Patienten durch den MDK. Auch gilt sie bei der Einwilligung in die klinische Prüfung von Medikamenten (§ 41 Abs. 3 AMG) und von Medizinprodukten (§ 21 MPG)  
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==Genehmigungspflichten für den Betreuer==
 
==Genehmigungspflichten für den Betreuer==
 
[[Bild:Heilbehandlungen.gif|thumb|300px|right|Genehmigungszahlen; Quelle: BMJ]]
 
[[Bild:Heilbehandlungen.gif|thumb|300px|right|Genehmigungszahlen; Quelle: BMJ]]
Willigt der Betreuer (oder Bevollmächtigte) anstelle des Betreuten in eine medinzische Maßnahme ein, benötigt er eine [[Genehmigung der Heilbehandlung|betreuungsgerichtliche Genehmigung]] ({{Zitat de §|1904|bgb}} BGB), wenn die begründete Gefahr besteht, dass der an den Folgen der Behandlung Patient stirbt (z.B. bei größeren Operationen an den inneren Organen) oder einen längeren und erheblichen Schaden erleidet (z.B. Verlust eines Gliedmaßens infolge [[wikipedia:de:Amputation|Amputation]], Verlust eines Sinnes usw., siehe dazu § 226 StGB). Das gleiche gilt nach {{Zitat de §|1904|bgb}} Abs. 5 BGB für einen Bevollmächtigten. Wann diese Gefahr genau gegeben ist, ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt (z.B. bei Medikamentengaben, wie [[wikipedia:de:Neuroleptikum|Neuroleptika]]). Jährlich werden bis zu 4.000 solcher Genehmigungsanträge gestellt, was angesichts von mehr als 1,3. Mio. betreuter Menschen sehr wenig erscheint.  
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Willigt der Betreuer (oder Bevollmächtigte) anstelle des Betreuten in eine medinzische Maßnahme ein, benötigt er eine [[Genehmigung der Heilbehandlung|betreuungsgerichtliche Genehmigung]] ({{Zitat de §|1904|bgb}} BGB), wenn die begründete Gefahr besteht, dass der an den Folgen der Behandlung Patient stirbt (z.B. bei größeren Operationen an den inneren Organen) oder einen längeren und erheblichen Schaden erleidet (z.B. Verlust eines Gliedmaßens infolge [[wikipedia:de:Amputation|Amputation]], Verlust eines Sinnes usw., siehe dazu § 226 StGB). Das gleiche gilt nach {{Zitat de §|1829|bgb}} Abs. 5 BGB für einen Bevollmächtigten. Wann diese Gefahr genau gegeben ist, ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt (z.B. bei Medikamentengaben, wie [[wikipedia:de:Neuroleptikum|Neuroleptika]]). Jährlich werden bis zu 4.000 solcher Genehmigungsanträge gestellt, was angesichts von mehr als 1,3. Mio. betreuter Menschen sehr wenig erscheint.  
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Zum 1.9.2009 erfolgte durch die gesetzliche Neuregelung (3. BtÄndG - [[Patientenverfügungsgesetz]]) eine Änderung dahingehend, dass auch gefährliche Behandlungsmaßnahmen nicht mehr genehmigungspflichtig sind, wenn Arzt einerseits und Betreuer/Bevollmächtigter andererseits Einvernehmen darüber erzielen, dass die Behandlung (oder auch Nichtbehandlung) dem ausdrücklich erklärten Willen des Patienten (zB. im Rahmen einer [[Patientenverfügung]] oder dem durch weitere Ermittlungen festgestellten mutmaßlichen Willen des Patienten entpricht (§ 1904 Abs. 4 BGB idF ab 1.9.2009).
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Zum 1.9.2009 erfolgte durch die gesetzliche Neuregelung (3. BtÄndG - [[Patientenverfügungsgesetz]]) eine Änderung dahingehend, dass auch gefährliche Behandlungsmaßnahmen nicht mehr genehmigungspflichtig sind, wenn Arzt einerseits und Betreuer/Bevollmächtigter andererseits Einvernehmen darüber erzielen, dass die Behandlung (oder auch Nichtbehandlung) dem ausdrücklich erklärten Willen des Patienten (zB. im Rahmen einer [[Patientenverfügung]] oder dem durch weitere Ermittlungen festgestellten mutmaßlichen Willen des Patienten entpricht (§ 1829 Abs. 4 BGB).
    
Siehe auch unter [[Genehmigung der Heilbehandlung]].
 
Siehe auch unter [[Genehmigung der Heilbehandlung]].
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[[Kategorie:Betreuerpflichten]]
 
[[Kategorie:Betreuerpflichten]]
 
[[Kategorie:Gesundheitssorge]]
 
[[Kategorie:Gesundheitssorge]]
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{{Quelle Wikipedia|Einwilligungsfähigkeit| 20. August  2006|3=http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Einwilligungsf%C3%A4higkeit&oldid=20403501}}
 

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