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„In seinem [[Aufgabenkreis]] vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich.“, so die kurze Fassung des {{Zitat de §|1902|bgb}} BGB.  Bei der praktischen Betreuertätigkeit handelt es sich im Regelfall um die außergerichtliche Vertretung, z.B. gegenüber [[Vertretung gegenüber Behörden|Behörden]], Vermietern, Heimleitungen, Ärzten, Gläubigern etc. Für die gerichtliche Vertretungstätigkeit des Betreuers gelten einige Besonderheiten.
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„In seinem [[Aufgabenkreis]] kann der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich vertreten.“, so die kurze Fassung des {{Zitat de §|1823|bgb}} BGB.  Bei der praktischen Betreuertätigkeit handelt es sich im Regelfall um die außergerichtliche Vertretung, z.B. gegenüber [[Vertretung gegenüber Behörden|Behörden]], Vermietern, Heimleitungen, Ärzten, Gläubigern etc. Für die gerichtliche Vertretungstätigkeit des Betreuers gelten einige Besonderheiten.
    
Bei gerichtlichen Verfahren ist zu unterscheiden zwischen der [[Prozessfähigkeit]] ({{Zitat de §|51|zpo}} ZPO), die sich an der [[Geschäftsfähigkeit]]  orientiert und zwischen der Berechtigung, bestimmte Klagen erheben zu dürfen.  
 
Bei gerichtlichen Verfahren ist zu unterscheiden zwischen der [[Prozessfähigkeit]] ({{Zitat de §|51|zpo}} ZPO), die sich an der [[Geschäftsfähigkeit]]  orientiert und zwischen der Berechtigung, bestimmte Klagen erheben zu dürfen.  
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==Sonstige Gerichtsverfahren==
 
==Sonstige Gerichtsverfahren==
 
[[Bild:Mahnbescheid.jpg|196px|right]]
 
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Nach {{Zitat de §|1902|bgb}} BGB i.V.m. {{Zitat de §|53|zpo}} ZPO: fallt ein Prozess in den [[Aufgabenkreis]] des Betreuers, so ist er vor Gericht alleine vertretungsberechtigt. Auch der ansonsten geschäftsfähige Betreute gilt im gerichtlichen Verfahren, soweit die Vertretungsmacht des Betreuers reicht, als prozessunfähig. Erklärungen, die der Betreute im Verfahren bereits selbst getätigt hat, sind rechtsunwirksam.  
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Nach {{Zitat de §|1823|bgb}} BGB i.V.m. {{Zitat de §|53|zpo}} ZPO: fallt ein Prozess in den [[Aufgabenkreis]] des Betreuers, so ist er vor Gericht alleine vertretungsberechtigt. Auch der ansonsten geschäftsfähige Betreute gilt im gerichtlichen Verfahren, soweit die Vertretungsmacht des Betreuers reicht, als prozessunfähig. Erklärungen, die der Betreute im Verfahren bereits selbst getätigt hat, sind rechtsunwirksam.  
    
Dies gilt nicht nur im Zivilprozess, sondern auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, vor dem Sozialgericht und dem Finanzgericht. Auch im Zwangsvollstreckungsverfahren gelten diese Grundsätze. Eidesstattliche Versicherungen sind daher durch den Betreuer abzugeben (auch der Betreute kann dazu verpflichtet werden, soweit er nicht eidesunfähig ist, {{Zitat de §|393|zpo}} ZPO). Auch Berufungen können nur durch den Betreuer eingelegt werden.
 
Dies gilt nicht nur im Zivilprozess, sondern auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, vor dem Sozialgericht und dem Finanzgericht. Auch im Zwangsvollstreckungsverfahren gelten diese Grundsätze. Eidesstattliche Versicherungen sind daher durch den Betreuer abzugeben (auch der Betreute kann dazu verpflichtet werden, soweit er nicht eidesunfähig ist, {{Zitat de §|393|zpo}} ZPO). Auch Berufungen können nur durch den Betreuer eingelegt werden.
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'''[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2008-8&Seite=3&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&nr=45415&pos=91&anz=155 BGH, Beschluss vom 14.08.2008] - I ZB 20/08; FamRZ 2008, 2109 = NJW-RR 2009, 1 = MDR 2008, 1357 = WM 2008, 2264''':
 
'''[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2008-8&Seite=3&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&nr=45415&pos=91&anz=155 BGH, Beschluss vom 14.08.2008] - I ZB 20/08; FamRZ 2008, 2109 = NJW-RR 2009, 1 = MDR 2008, 1357 = WM 2008, 2264''':
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Wenn für die Vermögenssorge des Schuldners ein gesetzlicher Vertreter bestellt, nicht aber ein [[Einwilligungsvorbehalt]] gemäß § 1903 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der [[gesetzlicher Vertreter|Vertreter]] oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben hat. Im vorliegenden Fall wurde die Betreuerin verpflichtet, die eV. abzugeben.
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Wenn für die Vermögenssorge des Schuldners ein gesetzlicher Vertreter bestellt, nicht aber ein [[Einwilligungsvorbehalt]] gemäß § 1825 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der [[gesetzlicher Vertreter|Vertreter]] oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben hat. Im vorliegenden Fall wurde die Betreuerin verpflichtet, die eV. abzugeben.
    
'''Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.07.2006, {{Rspr|L 13 R 352/06}}'''
 
'''Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.07.2006, {{Rspr|L 13 R 352/06}}'''
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Im Rahmen der Rechtsschutzverfahren der Pflegebedürftigen ist von deren
 
Im Rahmen der Rechtsschutzverfahren der Pflegebedürftigen ist von deren
 
erhaltener Fähigkeit zur freien Willensbildung auszugehen und diese zu respektieren, solange sie
 
erhaltener Fähigkeit zur freien Willensbildung auszugehen und diese zu respektieren, solange sie
nicht unter Betreuung mit [[Einwilligungsvorbehalt]] ({{Zitat de §|1903|bgb}} BGB) hinsichtlich der das Verfahren betreffenden Willenserklärung stehen oder sich konkrete Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit ergeben, denen das Sozialgericht dann gegebenenfalls durch Bestellung eines besonderen Vertreters (§ 72 SGG) Rechnung zu tragen hat. Die Beschränkung des Rechtsschutzes durch Verweigerung von Prozesskostenhilfe ist jedenfalls der falsche Weg. Ist zudem ein ohne Einwilligungsvorbehalt bestellter Vertreter in das Verfahren eingetreten und hat die Prozessführung gestützt, missachtet das Sozialgericht mit seiner Auslegung des Begriffes "mutwillige Prozessführung" zugleich dessen Rolle: Der Betreuer, nicht das Sozialgericht wacht im
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nicht unter Betreuung mit [[Einwilligungsvorbehalt]] ({{Zitat de §|1825|bgb}} BGB) hinsichtlich der das Verfahren betreffenden Willenserklärung stehen oder sich konkrete Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit ergeben, denen das Sozialgericht dann gegebenenfalls durch Bestellung eines besonderen Vertreters (§ 72 SGG) Rechnung zu tragen hat. Die Beschränkung des Rechtsschutzes durch Verweigerung von Prozesskostenhilfe ist jedenfalls der falsche Weg. Ist zudem ein ohne Einwilligungsvorbehalt bestellter Vertreter in das Verfahren eingetreten und hat die Prozessführung gestützt, missachtet das Sozialgericht mit seiner Auslegung des Begriffes "mutwillige Prozessführung" zugleich dessen Rolle: Der Betreuer, nicht das Sozialgericht wacht im
Rahmen des bestehenden [[Aufgabenkreis]]es über die Interessen des Betreuten ({{Zitat de §|1901|bgb}} BGB).
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Rahmen des bestehenden [[Aufgabenkreis]]es über die Interessen des Betreuten ({{Zitat de §|1821|bgb}} BGB).
    
'''LSG Bayern, Beschluss vom 03.12.2012, L 2 P 65/12 B ER''':
 
'''LSG Bayern, Beschluss vom 03.12.2012, L 2 P 65/12 B ER''':
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==Verfahrensfähigkeit im Betreuungsverfahren==
 
==Verfahrensfähigkeit im Betreuungsverfahren==
Lediglich im [[Betreuungsverfahren|Betreuungs-]] und im [[Unterbringungsverfahren]] gilt eine abweichende Regelung; hier ist der Betreute selbst [[Verfahrensfähigkeit|verfahrensfähig]] (§§ 66, 70a FGG)  (der Betreuer hat hier eine eigenständige Verfahrensbeteiligung; diese soll aber nicht Gegenstand des Beitrags sein).
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Lediglich im [[Betreuungsverfahren|Betreuungs-]] und im [[Unterbringungsverfahren]] gilt eine abweichende Regelung; hier ist der Betreute selbst [[Verfahrensfähigkeit|verfahrensfähig]] (§§ 275, 316 FamFG)  (der Betreuer hat hier eine eigenständige Verfahrensbeteiligung; diese soll aber nicht Gegenstand des Beitrags sein).
    
==Aufgabenkreis zur Prozessführung==
 
==Aufgabenkreis zur Prozessführung==
 
[[Bild:Pfandsiegel.jpg|right]]
 
[[Bild:Pfandsiegel.jpg|right]]
Bei der Prüfung der Frage, ob er einen Rechtsstreit für den von ihm Betreuten führen kann oder darf, steht am Beginn die Überlegung, ob der dem Betreuer zugewiesene [[Aufgabenkreis]] die Führung des Rechtsstreits abdeckt. Dabei kann aus der Übertragung des Aufgabenbereichs der [[Vermögenssorge]] gem. {{Zitat de §|1902|bgb}} BGB auch die Berechtigung zur Führung von Rechtsstreitigkeiten über Vermögensangelegenheiten des Betreuten sowohl auf der Kläger - als auch auf der Beklagtenseite hergeleitet werden.
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Bei der Prüfung der Frage, ob er einen Rechtsstreit für den von ihm Betreuten führen kann oder darf, steht am Beginn die Überlegung, ob der dem Betreuer zugewiesene [[Aufgabenkreis]] die Führung des Rechtsstreits abdeckt. Dabei kann aus der Übertragung des Aufgabenbereichs der [[Vermögenssorge]] gem. {{Zitat de §|1823|bgb}} BGB auch die Berechtigung zur Führung von Rechtsstreitigkeiten über Vermögensangelegenheiten des Betreuten sowohl auf der Kläger - als auch auf der Beklagtenseite hergeleitet werden.
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Streitig ist dies z.B. für Unterhaltsklagen des Betreuten: hier wird zum Teil argumentiert, dass wegen des personalen Bezugs des Unterhaltsrechts die Entscheidung des Betreuers, unterhaltsrechtlich gegen einen Angehörigen des Betreuten vorzugehen, jedenfalls einer besonderen Aufgabenzuweisung durch das [[Vormundschaftsgericht]] bedürfe (LG Zweibrücken FamRZ 2000, 1324 = NJW-RR 2001, 151 (mit Anm. Hellmann in Rechtsdienst der Lebenshilfe 2001,90).  
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Streitig ist dies z.B. für Unterhaltsklagen des Betreuten: hier wird zum Teil argumentiert, dass wegen des personalen Bezugs des Unterhaltsrechts die Entscheidung des Betreuers, unterhaltsrechtlich gegen einen Angehörigen des Betreuten vorzugehen, jedenfalls einer besonderen Aufgabenzuweisung durch das [[Betreuungsgericht]] bedürfe (LG Zweibrücken FamRZ 2000, 1324 = NJW-RR 2001, 151 (mit Anm. Hellmann in Rechtsdienst der Lebenshilfe 2001,90).  
    
Ähnliches gilt im Bereich des öffentlichen Rechts für den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe und gegebenenfalls ein entsprechendes Klageverfahren. In der Rechtsprechung wurde festgestellt, dass die Beantragung von Sozialhilfe zur Personensorge, nicht zur [[Vermögenssorge]] zählt (LG Köln FamRZ 1998, 919 mit Anm. Bienwald FamRZ 1998, 1567; OLG Köln FamRZ 1993, 850, zumindest zweifelnd: OVG NRW FamRZ 2001, 312). Überwiegend wird aber wohl davon ausgegangen, dass Sozialhilfeansprüche zur [[Vermögenssorge]] zu rechnen sind.
 
Ähnliches gilt im Bereich des öffentlichen Rechts für den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe und gegebenenfalls ein entsprechendes Klageverfahren. In der Rechtsprechung wurde festgestellt, dass die Beantragung von Sozialhilfe zur Personensorge, nicht zur [[Vermögenssorge]] zählt (LG Köln FamRZ 1998, 919 mit Anm. Bienwald FamRZ 1998, 1567; OLG Köln FamRZ 1993, 850, zumindest zweifelnd: OVG NRW FamRZ 2001, 312). Überwiegend wird aber wohl davon ausgegangen, dass Sozialhilfeansprüche zur [[Vermögenssorge]] zu rechnen sind.
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Ein Ehescheidungsverfahren wird man ebenfalls nicht unter die „üblichen“ Aufgabenkreise ([[Vermögenssorge]], [[Gesundheitssorge]], [[Aufenthaltsbestimmung]]) fassen können, da die Ehe eine Institution [[Eherecht_und_Betreuung|familienrechtlicher]] Art ist. Hier wird der Betreuer einen eigenen Aufgabenkreis „Vertretung im Scheidungsverfahren“ o.ä. benötigen. Außerdem ist die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach {{Zitat de §|607|zpo}} Abs. 2 ZPO bei Scheidungen erforderlich.
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Ein Ehescheidungsverfahren wird man ebenfalls nicht unter die „üblichen“ Aufgabenbereiche ([[Vermögenssorge]], [[Gesundheitssorge]], [[Aufenthaltsbestimmung]]) fassen können, da die Ehe eine Institution [[Eherecht_und_Betreuung|familienrechtlicher]] Art ist. Hier wird der Betreuer einen eigenen Aufgabenkreis „Vertretung im Scheidungsverfahren“ o.ä. benötigen. Außerdem ist die Genehmigung nach {{Zitat de §|125|famfg}} Abs. 2 FamFG bei Scheidungen erforderlich.
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Bei [[Wohnungsangelegenheiten|Mietsachen]] ist die Vorschrift des {{Zitat de §|1972|bgb}} BGB zu beachten und erforderlichenfalls eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einzuholen. Dies wäre etwa der Fall, wenn der Betreuer auf Feststellung klagen will, dass eine vom Betreuten ausgesprochene Kündigung seiner Wohnung wirksam war.
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Bei [[Wohnungsangelegenheiten|Mietsachen]] ist die Vorschrift des {{Zitat de §|1833|bgb}} BGB zu beachten und erforderlichenfalls eine Genehmigung des Gerichtes einzuholen. Dies wäre etwa der Fall, wenn der Betreuer auf Feststellung klagen will, dass eine vom Betreuten ausgesprochene Kündigung seiner Wohnung wirksam war.
    
Stellt sich bei einem Klageverfahren heraus, dass ein Betroffener prozessunfähig ist und bisher kein Betreuer mit passendem Aufgabenkreis bestellt ist, so kann das Prozessgericht, wenn mit dem Verzug Gefahr verbunden wäre, einen besonderen Vertreter bestellen ({{Zitat de §|57|zpo}} ZPO); dies kann auch der Betreuer sein, dessen bisherige [[Aufgabenkreis]]e das Klageverfahren nicht umfassen. Der Betreuer wiederum wäre in einem solchen Falle verpflichtet, beim [[Betreuungsgericht]] die Erweiterung seiner Aufgabenkreise bez. des Klageverfahrens zu beantragen.
 
Stellt sich bei einem Klageverfahren heraus, dass ein Betroffener prozessunfähig ist und bisher kein Betreuer mit passendem Aufgabenkreis bestellt ist, so kann das Prozessgericht, wenn mit dem Verzug Gefahr verbunden wäre, einen besonderen Vertreter bestellen ({{Zitat de §|57|zpo}} ZPO); dies kann auch der Betreuer sein, dessen bisherige [[Aufgabenkreis]]e das Klageverfahren nicht umfassen. Der Betreuer wiederum wäre in einem solchen Falle verpflichtet, beim [[Betreuungsgericht]] die Erweiterung seiner Aufgabenkreise bez. des Klageverfahrens zu beantragen.
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'''BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – III ZB 59/20'''
 
'''BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – III ZB 59/20'''
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# Der Antrag (des Betreuten) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig, wenn für den Antragsteller ein Betreuer bestellt ist mit dem  Aufgabenkreis "Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren" einschließlich eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 BGB und eine Einwilligung seines Betreuers zur Prozessführung nicht vorliegt.
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# Der Antrag (des Betreuten) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig, wenn für den Antragsteller ein Betreuer bestellt ist mit dem  Aufgabenkreis "Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren" einschließlich eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1825 BGB und eine Einwilligung seines Betreuers zur Prozessführung nicht vorliegt.
# Dies gilt auch dann, wenn der Betroffenen einen Rechtsstreit gegen seinen Betreuer selbst führen möchte. Für diese (einzelne) Angelegenheit hat der insoweit nach § 275 FamFG iVm § 271 Nr. 1 FamFG verfahrensfähige Betroffene zunächst beim zuständigen Betreuungsgericht zu beantragen, gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB iVm § 1796 BGB analog seinem Betreuer die Betreuung wegen eines erheblichen Interessengegensatzes teilweise zu entziehen und gemäß § 1899 Abs. 4 BGB einen Ergänzungsbetreuer zu bestellen, der dann (gegebenenfalls) gemäß § 1903 BGB seine Einwilligung dazu erteilen kann, dass der Betreute gegen seinen (Haupt-)Betreuer prozessiert.
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# Dies gilt auch dann, wenn der Betroffenen einen Rechtsstreit gegen seinen Betreuer selbst führen möchte. Für diese (einzelne) Angelegenheit hat der insoweit nach § 275 FamFG iVm § 271 Nr. 1 FamFG verfahrensfähige Betroffene zunächst beim zuständigen Betreuungsgericht zu beantragen, seinem Betreuer die Betreuung wegen eines erheblichen Interessengegensatzes teilweise zu entziehen und gemäß § 1817 Abs. 5BGB einen Ergänzungsbetreuer zu bestellen, der dann (gegebenenfalls) seine Einwilligung dazu erteilen kann, dass der Betreute gegen seinen (Haupt-)Betreuer prozessiert.
    
==Betreuer als Zeuge==
 
==Betreuer als Zeuge==
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Da die zuständige Rechtspflegerin der gegen die zurückweisende Entscheidung eingelegte Erinnerung nicht abhalf, befasste sich das Amtsgericht Tempelhof- Kreuzberg mit der Sache. Das AG führte aus, dass ein zum Berufsbetreuer bestellter Rechtsanwalt unter dem Gesichtspunkt der kostensparenden Amtsführung für die außergerichtliche Beratung und Vertretung des Betreuten Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen habe. Gegenüber erkennbar mittellosen Mandanten habe der Rechtsanwalt die Pflicht, auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hinzuweisen. In Bezug auf mittellose Betreute könne nichts anderes gelten. Für den Betreuten sei die Beratungshilfe schon deshalb von Interesse, weil es auch bei der Verbesserung von wirtschaftlichen Verhältnissen keine Nachzahlungsanordnung gebe und die einmal gewährte Beratungshilfe dem Betroffenen unentgeltlich verbleibe.
 
Da die zuständige Rechtspflegerin der gegen die zurückweisende Entscheidung eingelegte Erinnerung nicht abhalf, befasste sich das Amtsgericht Tempelhof- Kreuzberg mit der Sache. Das AG führte aus, dass ein zum Berufsbetreuer bestellter Rechtsanwalt unter dem Gesichtspunkt der kostensparenden Amtsführung für die außergerichtliche Beratung und Vertretung des Betreuten Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen habe. Gegenüber erkennbar mittellosen Mandanten habe der Rechtsanwalt die Pflicht, auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hinzuweisen. In Bezug auf mittellose Betreute könne nichts anderes gelten. Für den Betreuten sei die Beratungshilfe schon deshalb von Interesse, weil es auch bei der Verbesserung von wirtschaftlichen Verhältnissen keine Nachzahlungsanordnung gebe und die einmal gewährte Beratungshilfe dem Betroffenen unentgeltlich verbleibe.
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Auch die Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG lasse keine andere Beurteilung der Sache zu. Die rechtliche Betreuung sei keine „andere zumutbare Hilfsmöglichkeit“ in diesem Sinne. Eine andere Hilfsmöglichkeit käme lediglich in Betracht, wenn die Rechtsberatung kostenfrei bzw. ohne nennenswerte Gegenleistung erlangt werden könne. Zu einer kostenfreien Rechtsberatung sei ein anwaltlicher Berufsbetreuer aber gerade nicht verpflichtet. Er können jedenfalls Aufwendungsersatz nach §§ 1853 Abs. 3, 1908i Abs. Satz 1 BGB geltend machen.
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Auch die Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG lasse keine andere Beurteilung der Sache zu. Die rechtliche Betreuung sei keine „andere zumutbare Hilfsmöglichkeit“ in diesem Sinne. Eine andere Hilfsmöglichkeit käme lediglich in Betracht, wenn die Rechtsberatung kostenfrei bzw. ohne nennenswerte Gegenleistung erlangt werden könne. Zu einer kostenfreien Rechtsberatung sei ein anwaltlicher Berufsbetreuer aber gerade nicht verpflichtet. Er können jedenfalls Aufwendungsersatz nach §§ 1877 Abs. 3 BGB geltend machen.
    
'''KG · Beschluss vom 13. September 2011 · Az. 1 W 462/10'''
 
'''KG · Beschluss vom 13. September 2011 · Az. 1 W 462/10'''
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Der anwaltliche Berufsbetreuer, der für den Betroffenen Dienste erbringt, für die ein nichtanwaltlicher Betreuer einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, kann wählen, ob er insoweit Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB verlangt oder eine Betreuervergütung geltend macht, wenn sich die allgemeine und die berufsbezogen qualifizierte Amtsführung nicht klar voneinander abgrenzen lässt. Bereitet der anwaltliche Berufsbetreuer für den bedürftigen Betroffenen ein Regelinsolvenzverfahren vor, richtet sich der Aufwendungsersatzanspruch nach den Gebührensätzen des Beratungshilfegesetzes.
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Der anwaltliche Berufsbetreuer, der für den Betroffenen Dienste erbringt, für die ein nichtanwaltlicher Betreuer einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, kann wählen, ob er insoweit Aufwendungsersatz nach § 1877 Abs. 3 BGB verlangt oder eine Betreuervergütung geltend macht, wenn sich die allgemeine und die berufsbezogen qualifizierte Amtsführung nicht klar voneinander abgrenzen lässt. Bereitet der anwaltliche Berufsbetreuer für den bedürftigen Betroffenen ein Regelinsolvenzverfahren vor, richtet sich der Aufwendungsersatzanspruch nach den Gebührensätzen des Beratungshilfegesetzes.
    
==Genehmigung von Vergleichen==
 
==Genehmigung von Vergleichen==
Der Abschluss von Vergleichen in gerichtlichen Verfahren ist durch den Betreuer vormundschaftsgerichtlich genehmigen zu lassen ({{Zitat de §|1822|bgb}} Nr. 13 BGB); die [[Genehmigungspflichten|Genehmigungspflicht]] entfällt, wenn der Wert des Streitgegenstandes (nicht die Höhe der Vergleichssumme) 3.000 Euro  nicht übersteigt oder das Gericht selbst den Vergleichsvorschlag unterbreitet hat.
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Der Abschluss von Vergleichen in gerichtlichen Verfahren ist durch den Betreuer gerichtlich genehmigen zu lassen ({{Zitat de §|1854|bgb}} BGB); die [[Genehmigungspflichten|Genehmigungspflicht]] entfällt, wenn der Wert des Streitgegenstandes (nicht die Höhe der Vergleichssumme) 6.000 Euro  nicht übersteigt oder das Gericht selbst den Vergleichsvorschlag unterbreitet hat.
    
==Entschädigungsansprüche des Betreuers==
 
==Entschädigungsansprüche des Betreuers==
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'''Kammergericht Berlin, Urteil vom 21.1.2005, {{Rspr|1 Ss 475/04}}, (5) 1 Ss 475/04 (73/04)''':
 
'''Kammergericht Berlin, Urteil vom 21.1.2005, {{Rspr|1 Ss 475/04}}, (5) 1 Ss 475/04 (73/04)''':
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Dem nach §§ 1896 ff. BGB bestellten [[Berufsbetreuer]] sollen nach {{Zitat de §|149|stpo}} Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 StPO Zeit und Ort der Hauptverhandlung rechtzeitig mitgeteilt werden. Die Mitteilungspflicht, die eine förmliche Ladung nicht voraussetzt, entsteht aber erst dann, wenn der Betreuer seine Bestellung als Beistand beantragt hat. Eine Bestellung von Amts wegen kommt nicht in Betracht. Ob die Verletzung der Mitteilungspflicht revisibel ist, bleibt offen.
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Dem bestellten [[Berufsbetreuer]] sollen nach {{Zitat de §|149|stpo}} Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 StPO Zeit und Ort der Hauptverhandlung rechtzeitig mitgeteilt werden. Die Mitteilungspflicht, die eine förmliche Ladung nicht voraussetzt, entsteht aber erst dann, wenn der Betreuer seine Bestellung als Beistand beantragt hat. Eine Bestellung von Amts wegen kommt nicht in Betracht. Ob die Verletzung der Mitteilungspflicht revisibel ist, bleibt offen.
    
'''[http://www.burhoff.de/rspr/texte/ax_00005.htm OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2003], {{Rspr|2 Ss 439/03}}''':
 
'''[http://www.burhoff.de/rspr/texte/ax_00005.htm OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2003], {{Rspr|2 Ss 439/03}}''':
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==Literatur==
 
==Literatur==
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===Bücher im Bundesanzeiger-Verlag===
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===Bücher===
*[https://shop.reguvis.de/betreuung-und-pflege/Zivil--und-Zivilprozessrecht/ Brosey/Lütgens: Zivil- und Zivilprozessrecht für Betreuer]
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===Weitere Bücher===
   
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3769409930/internetsevon-21  Prinz von Sachsen: Vorsorgevollmacht für den Zivilprozess; in Sonnenfeld (Hrsg.) : Nichtalltägl. Fragen aus dem Alltag des Betreuungsrechtes; Bielefeld 2006, S. 273], ISBN 3769409930
 
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3769409930/internetsevon-21  Prinz von Sachsen: Vorsorgevollmacht für den Zivilprozess; in Sonnenfeld (Hrsg.) : Nichtalltägl. Fragen aus dem Alltag des Betreuungsrechtes; Bielefeld 2006, S. 273], ISBN 3769409930
  

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