Geschäftsfähigkeit

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, mit freiem Willen rechtlich bindende Willenserklärungen abzugeben, zum Beispiel Verträge zu schließen. Die Geschäftsfähigkeit ist ein Sonderfall der Handlungsfähigkeit. Das BGB unterscheidet 3 Stufen der Geschäftsfähigkeit: Volle Geschäftsfähigkeit, beschränkte Geschäftsfähigkeit und Geschäftsunfähigkeit.

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Rechtslage in Deutschland

Die Geschäftsfähigkeit ist ein Sonderfall der Handlungsfähigkeit. Die deutschen Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit werden in Deutschland nur auf Deutsche angewendet. Ausländer werden in Gemäßheit mit der Rechtsordnung ihres Heimatlandes geschäftsfähig. Dies gilt auch, wenn die Geschäftsfähigkeit durch Heirat erweitert wird. Wird der Ausländer eingebürgert, entfällt jedoch eine einmal erworbene Geschäftsfähigkeit nicht mehr, wenn er nach deutschem Recht nicht geschäftsfähig wäre.

Im deutschen Recht wird, zunächst nach Altersstufen, zwischen der Geschäftsunfähigkeit, der beschränkten Geschäftsfähigkeit und der vollen Geschäftsfähigkeit unterschieden.

Kinder unter 7 Jahren

Geschäftsunfähigkeit

Minderjährige, die das 7. Lebensjahr nicht vollendet haben, sind geschäftsunfähig.

Wer geschäftsunfähig ist, hat nicht die rechtliche Macht, Willenserklärungen wirksam abzugeben oder selbständig Rechtsgeschäfte zu tätigen, zum Beispiel Verträge zu schließen oder zu kündigen. Er benötigt einen gesetzlichen Vertreter.

Kinder unter 7 Jahren können nach deutschem Recht in einem Rechtsgeschäft gleich welcher Art nur als Bote tätig werden, sie übermitteln also auch bei Alltagsgeschäften nur eine Willenserklärung ihres gesetzlichen Vertreters. Letzteres können die Eltern oder ein alleinsorgeberechtigter Elternteil oder ein Vormund sein.

Auch müssen Willenserklärungen anderer, wie Kündigungen, an den gesetzlichen Vertreter des Geschäftsunfähigen zugehen, damit diese wirksam werden (§ 131 BGB).

Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren

Beschränkte Geschäftsfähigkeit

Beschränkt geschäftsfähig sind Minderjährige vom vollendeten 7. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (§ 106 BGB). Die meisten Rechtsgeschäfte, die beschränkt Geschäftsfähige schließen, sind schwebend unwirksam, wenn sie nicht mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (in der Regel die Eltern) geschlossen werden. Die Eltern können dem Rechtsgeschäft jedoch auch nachträglich zustimmen, d. h. genehmigen (§ 183, § 184 BGB).

Liegt keine vorherige Zustimmung (= Einwilligung, § 183 Satz 1 BGB) vor, so ist das Geschäft entweder schwebend oder endgültig unwirksam:

  • Schwebend unwirksam ist eine Willenserklärung, sofern sie ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter abgegeben wurde, die Eltern sie aber noch genehmigen können (§ 108 BGB). Ein Vertrag entfaltet also zunächst keine Wirkung, wird allerdings mit der nachträglichen Zustimmung (= Genehmigung) durch die gesetzlichen Vertreter rückwirkend wirksam (§ 184 Abs. 1 BGB).
  • Endgültig unwirksam ist eine Willenserklärung bei Verweigerung der Genehmigung durch die gesetzlichen Vertreter (§ 108 Abs. 1 BGB).
Vorteilhafte Rechtsgeschäfte

Nur ausnahmsweise ist die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter nicht erforderlich, nämlich vor allem in den Fällen

  • der Erlangung eines lediglich rechtlichen Vorteils (§ 107 BGB), wie beispielsweise die Annahme von bestimmten Schenkungen,
  • bei Willenserklärungen, die die Vermögensverhältnisse des Minderjährigen nicht berühren (sog.

neutrale Geschäfte, z.B. ein Auftrag), sowie

  • bei Rechtsgeschäften, die ein von den Eltern genehmigtes Arbeitsverhältnis betreffen (§ 113 BGB).
Taschengeldgeschäfte

Minderjährige können weiterhin wirksam Geschäfte eingehen, die sie mit Mitteln bewirken, die ihnen zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung vom gesetzlichen Vertreter oder mit dessen Zustimmung von Dritten überlassen worden sind ("Taschengeldparagraph"). Diese Regelung bedeutet bei einem Ratenkauf, dass hier der Vertrag erst mit der Zahlung der letzten Rate wirksam wird, denn erst dann ist die vertraglich festgelegte Leistung vollständig bewirkt.

Einseitige Willenserklärungen

Einseitige Willenserklärungen (zum Beispiel eine Kündigung), die ohne vorherige Zustimmung (= Einwilligung) des gesetzlichen Vertreters erklärt werden, sind immer unwirksam und können auch nicht durch Genehmigung wirksam werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Erklärung nur rechtliche Vorteile bringt, wie zum Beispiel die Mahnung, die als geschäftsähnliche Handlung den gleichen Regeln unterliegt. Eine weitere Ausnahme stellt die Teilgeschäftsfähigkeit dar.

Sonderfall

Ein Sonderfall liegt vor, wenn der Vertragspartner nach Abschluß des Vertrages die gesetzlichen Vertreter auffordert, ihm gegenüber ihre Genehmigung zu erklären. In diesem Fall wird jede bis dahin erteilte Zustimmung wie auch deren Verweigerung unwirksam. Der Vertrag wird (gegebenenfalls wieder) rückwirkend schwebend unwirksam. Erteilen die gesetzlichen Vertreter dann nicht innerhalb von zwei Wochen ihre Zustimmung zu dem Vertrag, so wird dieser endgültig unwirksam (§ 108 Abs. 2 BGB).

Teilgeschäftsfähigkeit

Den Begriff der Teilgeschäftsfähigkeit kennt das Gesetz selbst nicht, er wurde durch die Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelt. Der Minderjährige ist insoweit für einen bestimmten Lebensbereich als voll geschäftsfähig anzusehen.

Teilgeschäftsfähig ist der beschränkt Geschäftsfähige, dem der gesetzliche Vertreter gemäß § 112 BGB den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gestattet hat. Dies gilt jedoch nur für Rechtsgeschäfte, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Willenserklärungen des beschränkt Geschäftsfähigen sind insoweit wirksam. Die Ermächtigung zum Betrieb des Erwerbsgeschäfts durch den gesetzlichen Vertreter ist aber nur mit Genehmigung des Familiengerichtes (§ 1645 BGB) bzw. bei einem Vormund des Vormundschaftsgerichts möglich (§ 1823 BGB.

Die Ermächtigung ist auch für Dienst- und Arbeitsverhältnisse (einschließlich Berufsausbildungsverträgen möglich (§ 113 BGB). Willenserklärungen des Betreffenden, die auf Eingehung, Aufhebung oder Durchführung eines solchen Verhältnisses gerichtet sind, sind dann wirksam. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, benötigt er für die Einwilligung die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung (§ 1822 Nr. 6, 7 BGB).

Volljährige ab 18 Jahren

Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit

Die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit wird mit Vollendung des 18. Lebensjahres (Volljährigkeit, § 2 BGB) erreicht. Damit ist zugleich Prozessfähigkeit gegeben (§ 52 ZPO).

Geschäftsunfähigkeit wegen psychischer Beeinträchtigung

Geschäftsunfähig sind jedoch neben Minderjährigen unter sieben Jahren auch Personen (gleich welchen Alters), die sich in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, der die freie Willensbestimmung ausschließt und seiner Natur nach nicht nur vorübergehend ist. Willenserklärungen geschäftsunfähiger Personen sind nichtig, also rechtlich unwirksam. Die Regelung findet sich in § 104 BGB.

Soweit noch kein gesetzlicher Vertreter vorhanden ist, wird dieser als Betreuer vom Vormundschaftsgericht bestellt.

Geschäftsunfähig sind häufig Personen mit geistiger Behinderung, mit bestimmten psychischen Krankheiten und bei schwerer Suchterkrankung:

Die Geschäftsunfähigkeit ist für Außenstehende nicht immer erkennbar. Das Gesetz schützt nicht den guten Glauben an die Geschäftsfähigkeit des Geschäftsgegners, da der Schutz eines nicht unbeschränkt Geschäftsfähigen Vorrang hat. Das bedeutet, dass abgeschlossene Verträge auch dann unwirksam sind, wenn die Geschäftsunfähigkeit des Vertragspartners nicht erkennbar war. Ob letztlich tatsächlich Geschäftsunfähigkeit vorlag, kann nur in einem Gerichtsverfahren verbindlich festgestellt werden. Hierzu werden regelmäßig Sachverständigengutachten zum Gesundheitszustand des Betroffenen zum Zeitpunkt des Rechtsgeschäftes eingeholt, z. B. auch aus Akten des Vormundschaftsgerichtes anlässlich einer Betreuerbestellung. Die Beweislast liegt bei dem, der Geschäftsunfähigkeit einwendet.

Rechtsprechung:

SozG Speyer, Beschluss vom 11.12.1998 - S 7 K 110/97; RDLH 1999, 81

Die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung kann vom Betreuer auch rückwirkend beantragt werden. Voraussetzung ist die Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen für den Zeitpunkt fristgerechter Antragsstellung.

Partielle Geschäftsunfähigkeit

In der Rechtsprechung wird die partielle − auf ein bestimmtes Gebiet bezogene − Geschäftsunfähigkeit allgemein anerkannt. Sie liegt dann vor, wenn eine psychische Störung sich auf einen bestimmten Bereich bezieht, in dem der Betroffene z. B. Wahnvorstellungen entwickelt hat, sich aber im Geschäftsleben ansonsten "normal" gebärden kann.

Relative Geschäftsfähigkeit

Demgegenüber lehnte die Rechtslehre eine "relative Geschäftsfähigkeit" ab, die sich darauf bezieht, dass Rechtsgeschäfte unterschiedlich schwierig sein können (z. B. geringfügiger Barkauf ggü. Grundstückskauf) und sonst Geschäftsunfähigen einfachere Rechtsgeschäfte einsichtig sein können. Mit dem zum 1. August 2002 eingefügten § 105a BGB sind aber solche "einfachen" Geschäfte des täglichen Lebens nunmehr für wirksam erklärt worden.

Geschäfte des täglichen Lebens

Nach dem genannten § 105a BGB sind auch bestimmte Rechtsgeschäfte, die durch Geschäftsunfähige getätigt wurden, als rechtswirksam anzusehen. Es handelt sich dabei um Alltagsgeschäfte mit geringwertigen Mitteln, soweit Leistung und Gegenleistung erfolgt sind. Ratenzahlungskäufe sind somit nicht erfasst. Eine Vermögensgefährdung für den Geschäftsunfähigen darf durch ein solches Rechtsgeschäft nicht entstehen. Eine Parallelregelung für Betreute mit Einwilligungsvorbehalt ist in § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB enthalten.

Siehe hierzu den separaten Artikel unter: Alltagsgeschäfte.

Abschluss von Heimverträgen

Besonderheit: seit dem 01.08.2002 sind Heimverträge, die von Geschäftsunfähigen abgeschlossen werden, als rechtswirksam anzusehen, soweit bereits Leistungen erbracht wurden (§ 5 Nr. 12 Heimgesetz).

Im Regierungsentwurf eines künftigen Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes, das die vertraglichen Grundlagen neu regelt, da das Heimrecht ansonsten durch Landesbestimmungen abgelöst wird, ist in § 4 Abs. 2 eine neue Rechtskonstruktion für den Vertragabschluss durch Geschäftsunfähige vorgesehen, die eine schwebende Unwirksamkeit für diese Vertragsart einführt und ausdrücklich auf eine spätere Genehmigung durch Betreuer oder Bevollmächtigten abstellt.

Der Gesetzentwurf im Wortlaut:

(2) War der Verbraucher bei Abschluss des Vertrags geschäftsunfähig, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung eines Bevollmächtigten oder Betreuers ab. § 108 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden. In An4 sehung einer bereits bewirkten Leistung und deren Gegenleistung gilt der Vertrag als wirksam geschlossen. Solange der Vertrag nicht wirksam geschlossen worden ist, kann der Unternehmer das Vertragsverhältnis nur aus wichtigem Grund für gelöst erklären; die §§ 12 und 13 Absatz 2 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

Kompletter Wortlaut des Gesetzentwurfs (PDF)

Vergleichbare Regelungen

Regelungen, die ebenfalls auf die Geschäftsfähigkeit abstellen, finden sich in vielen Gesetzen. Im BGB selbst gibt es die Ehegeschäftsfähigkeit (§ 1304 BGB) und die Testierunfähigkeit (§ 2229 Abs. 4 BGB). Hierbei handelt es sich um Teilbereiche der Geschäftsfähigkeit. Im Bereich der Prozessführung sind Personen prozessunfähig, die geschäftsunfähig sind (§ 51, § 52 Zivilprozessordnung, ZPO). Bei Schadensereignissen sind Personen, die die Folgen und Tragweite ihres Handelns krankheitsbedingt nicht erkennen können, deliktsunfähig (§ 827 BGB). Im Strafrecht gibt es die Schuldunfähigkeit und die eingeschränkte Schuldfähigkeit (§ 20, § 21 Strafgesetzbuch).

verbindliche Feststellung

Ob bei einem Volljährigen (egal, ob dieser einen Betreuer hat oder nicht) Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB vorliegt, kann im Streitfall verbindlich nur im einem gerichtlichen Streitverfahren durch einen Richter getroffen werden. Entsprechende Aussagen in einem medizinischen Sachverständigengutachten oder einem Attest können daher nur ein Hinweis sein.

Auswirkungen auf Verträge

Verträge (soweit nicht die o.g. Ausnahmen vorliegen), die mit Geschäftsunfähigen geschlossen wurden, sind nichtig. Das BGB schützt nicht den guten Glauben an die Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners, sondern gewährt dem Schutz des Geschäftsunfähigen bzw. beschränkt Geschäftsfähigen Vorrang vor dem des Rechtsverkehrs. Denkbar wäre ein Anspruch des anderen "Vertrags"partners aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. §§ 812 I 1 Fall 1, 818 II BGB. Erhaltene Ware oder Geld müssten jeweils zurück gegeben werden. Dies kann ein Problem sein, wenn der Geschäftsunfähige den Gegenstand des nichtigen Vertrags nicht mehr besitzt, z.B. weil dieser verloren gegangen ist, gestohlen wurde oder verbraucht wurde. Er ist nicht mehr bereichert, eine Rückgabe nach § 818 Abs. 3 BGB ist dann ausgeschlossen. Auch die Saldotheorie ist zulasten Geschäftsunfähiger nicht anwendbar (BGH BGHZ 126, 105 = NJW 1994, 2021 = NJW-RR 1994, 1075).

Dies gilt auch bei sog. Schwarzfahrt. Der Geschäftsunfähige hat die Beförderungsleistung ohne Rechtsgrund erlangt. Er müsste für diese Dienstleistung, die nicht herausgegeben werden kann, Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB leisten. Jedoch hat er keine anderweitigen Aufwendungen erspart, und G ist gem. § 818 Abs. 3 BGB nicht mehr bereichert. Für die verschärfte Bereicherungshaftung gem. §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB kommt es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters (z.B. des Betreuers nach § 1902 BGB) von den die Haftung begründenden Umständen an und nicht auf diejenige des Geschäftsunfähigen.

Die nachfolgenden Entscheidungen aus dem Minderjährigenrecht gelten auch für Geschäftsunfähige: Ist ein wirksamer Beförderungsvertrag zwischen einem Minderjährigen, der einen Linienbus ohne gültigen Fahrausweis benutzt und dem Verkehrsunternehmen mangels Genehmigung der Eltern des Minderjährigen nicht zustande gekommen, so kann das Verkehrsunternehmen das in seinen Tarifbestimmungen bei »Schwarzfahrten« vorgesehene erhöhte Beförderungsentgelt von dem Minderjährigen nicht verlangen. Der Minderjährige hat lediglich Wertersatz in Höhe des für die betreffende Fahrtstrecke üblichen Beförderungsentgelts zu leisten (AG Jena NJW-RR 2001, 1469; AG Bergheim NJW-RR 2000, 202; AG Wolfsburg NJW-RR 1990, 1142; AG Wuppertal, Urteil vom 08.04.2009, 35 C 376/08).

Bei der Beurkundung einer Willenserklärung durch einen Notar hat dieser Feststellungen über die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu treffen (§ 11 Beurkundungsgesetz). Bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit soll der Notar dies in der Urkunde vermerken. Letztlich ist eine notarielle Feststellung zwar nicht verbindlich bei gerichtlichen Auseinandersetzungen, allerdings hilfreich.

Auswirkungen einer Betreuung

Die Bestellung eines Betreuers beeinträchtigt nicht eine bestehende Geschäftsfähigkeit. Vor 1992 war das anders. Wurde man seinerzeit wegen Geisteskrankheit entmündigt, galt man als geschäftsunfähig. Wegen anderer Gründe entmündigte Personen (Geistesschwäche, Trunksucht, Rauschgiftsucht und Verschwendung) galten als beschränkt geschäftsfähig. Dies hatte mit dem Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes 1992 ein Ende.

Betreuter kann neben dem Betreuer rechtlich wirksam handeln

Da die Betreuung die Geschäftsfähigkeit konkurrierendes Handeln des Betreuers und des Betreuten erlaubt, kann es Probleme im Rechtsverkehr geben.

Nach § 1902 BGB vertritt der Betreuer die betreute Person innerhalb seines Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich. Ihm kommt daher die Stellung eines gesetzlichen Vertreters zu. Erklärungen des Betreuers innerhalb seines Aufgabenkreises sind Dritten daher gegenüber in jedem Fall rechtlich wirksam sind und den Betreuten unmittelbar verpflichtet. Z.B. verpflichtet der vom Betreuer geschlossene Heimvertrag den Betreuten, die Heimkosten zu tragen (§ 164 BGB).

Die gesetzliche Vertretung des Betreuers verdrängt jedoch (anders als im früheren Vormundschaftsrecht) im Zivilrecht nicht die Handlungsfähigkeit des Betreuten; d.h., der Betreute kann auch innerhalb des Aufgabenkreises des Betreuers selbst wirksam Rechtsgeschäfte tätigen. Somit können konkurrierende Erklärungen abgegeben werden, die beide zunächst gültig sind.

Dies gilt nur dann nicht, wenn die betreute Person geschäftsunfähig im Sinne von § 104 Ziffer 2 BGB (sogenannte natürliche Geschäftsunfähigkeit) ist, sie sich also in einem Geisteszustand befindet, der die freie Willensbestimmung ausschließt. Weiter gilt dies auch nicht, wenn für die Aufgabe ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde.

In Gerichtsverfahren sowie bei der Vertretung gegenüber Behörden schließt § 53 ZPO konkurrierendes Handeln allerdings generell aus.

Auswirkungen auf das Strafrecht

Geschäftsunfähigkeit muss nicht mit der strafrechtlichen Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) einher gehen. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung:

BGH, Beschluss vom 31.07.2002, 1 StR 224/02:

Vermögensschaden bei in betrügerischer Absicht (§ 263 StGB) aufgegebener Bestellung eines unter Betreuung Stehenden.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 10. Oktober 2001 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Ergänzend bemerkt der Senat:

  1. Entgegen der Auffassung der Revision ist durch die in betrügerischer Absicht aufgegebenen Bestellungen des Angeklagten auch ein Vermögensschaden im Sinne von § 263 StGB entstanden.
  2. Zwar sind die zwischen dem zur Tatzeit unter Betreuung stehenden Angeklagten und den Lieferanten geschlossenen Verträge unwirksam. Die geschädigten Firmen haben jedoch dem Angeklagten den Besitz an den bestellten Gegenständen verschafft und die bestellten Dienstleistungen erbracht, ohne dafür eine Gegenleistung erlangt zu haben. Um den Wert dieser erbrachten Leistungen ist das Vermögen der betroffenen Firmen geschädigt.

Siehe auch

Literatur

Zeitschriftenbeiträge

  • Bobenhausen: Konkurrenzen zwischen dem Willen des Betreuten und des Betreuers; BtPrax 1994, 158
  • Casper: Geschäfte des täglichen Lebens - kritische Anmerkungen zum neuen § 105a BGB, NJW 2002, 3425
  • Cypionka: Die Auswirkungen des BtG auf die Praxis des Notars, DNotZ 1991, 571
  • ders: Fortfall der Entmündigung Volljähriger - Auswirkungen auf den Rechtsverkehr; NJW 1992, 207
  • Enderlein: Geschäftsunfähigkeit und Einwilligungsvorbehalt, JR 1998, 485
  • Fielenbach: Können Minderjährige aus zivilrechtlicher Sicht bedenkenlos schwarzfahren?, NZV 2000, 358
  • Finger: Eheschließung Geschäftsunfähiger; StAZ 1996, 225
  • Franzen: Rechtsgeschäfte erwachsener Geschäftsunfähiger nach § 105 a BGB; JR 2004, 221
  • Habermeyer/Saß: Geschäftsunfähigkeit bzw. Nichtigkeit einer Willenserklärung und ihre Stellung zu Bestimmungen des Betreuungsrechtes; Nervenarzt 2002/5, 478
  • Harder: Minderjährige Schwarzfahrer, NJW 1990, 857
  • Harm: Die Verfahrensfähigkeit betreuter Personen gem. § 66 FGG; Rpfleger 2006, 8
  • Heim: Gesetzgeberische Modifizierung der Auswirkungen der Geschäftsunfähigkeit Volljähriger beim Vertragsschluss, JuS 2003, 141
  • Hoffmann: Die Saldotheorie im Bereicherungsrecht, Jura 1997, 416
  • Joussen: Die Rechtsgeschäfte des Geschäftsunfähigender neue § 105 a BGB, ZGS 2003, 101.
  • Jurgeleit: Der geschäftsunfähige Betreute unter Einwilligungsvorbehalt; Rpfleger 1995, 282
  • Leenen: Die Heilung fehlender Zustimmung gemäß § 110 BGB, FamRZ 2000, 863
  • Lipp: Die neue Geschäftsfähigkeit Erwachsener; FamRZ 2003, 721
  • Löhnig/Schärtl: Die Dogmatik des § 105a BGB, AcP 204 (2004), 25
  • Meier: Demenz und rechtliche Betreuung; BtPrax 2006, 159
  • Neuhausen: Rechtsgeschäfte mit Betreuten, RNotZ 2003, 157
  • Petersen, „Der Minderjährige im Schuld- und Sachenrecht; Jura 2003, 399
  • Petersen, Die Geschäftsfähigkeit, Jura 2003, 97
  • Preuß: Das für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäft; JuS 2006, 305
  • Rausch, Hans und Jens: Betreuung Geschäftsfähiger gegen ihren Willen? NJW 1992, 274
  • Röthel/Krackhardt: Lediglich rechtlicher Vorteil und Grunderwerb, Jura 2006, 161
  • Schmitt: Der Begriff der lediglich rechtlich vorteilhaften Willenserklärung i.S. des § 107 BGB; NJW 2005, 1090
  • Schreiber: Geschäftsfähigkeit; Jura 1991, 24
  • Stacke: Der minderjährige Schwarzfahrer: Sind ihm wirklich Tür und Tor geöffnet?, NJW 1991, 875
  • Stolz/Warmbrunn: Wann ist der Wille "frei"?, BtPrax 2006, 167
  • Stürner: Der lediglich rechtliche Vorteil“; AcP 173 (1973), 402
  • Ulrici: Alltagsgeschäfte volljähriger Geschäftsunfähiger, Jura 2003, 520
  • Wesche: Geschäftsfähigkeit und Betreuung; Handeln im Spannungsfeld der Ungewissheit; Rpfleger 2008, 449
  • Wilhelm: Das Merkmal lediglich rechtlich vorteilhaft bei Verfügungen über Grundstücksrechte, NJW 2006, 2353
  • Zimmermann: Neue Teilgeschäftsfähigkeit für geschäftsunfähige Betreute; BtPrax 2003, 26

Weblinks


Infos zum Haftungsausschluss


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