Einwilligungsvorbehalt

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Der Einwilligungsvorbehalt ist eine spezielle Anordnung des Vormundschaftsgerichtes, die zusätzlich zu einer Betreuerbestellung erfolgen kann und die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen einschränkt. Er ähnelt von den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der frührene Entmündigung wegen Verschwendung. Der Einwilligungsvorhalt hat nichts mit der Einwilligungsfähigkeit bei strafrechtlichen Einwilligungen, z.B. bei Heilbehandlungen zu tun.

Vorbemerkungen

Betreuerbestellung hat keinen Einfluss auf Geschäftsfähigkeit

Die Bestellung eines Betreuers beeinträchtigt nicht eine bestehende Geschäftsfähigkeit. Vor 1992 war das anders. Wurde man seinerzeit wegen Geisteskrankheit entmündigt, galt man als geschäftsunfähig. Wegen anderer Gründe entmündigte Personen (Geistesschwäche, Trunksucht, Rauschgiftsucht und Verschwendung) galten als beschränkt geschäftsfähig.

Angeordnete Einwilligungsvorbehalte in der Bundesrepublik Deutschland

Einwilligungsvorbehalt kann zusätzlich angeordnet werden

Um Störungen in der Führung der Betreuung durch konkurrierendes Handeln der betreuten Person, mit dem sie sich selbst Schaden zufügt, zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, dass das Vormundschaftsgericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnet. Rund 5 % aller Betreuten sind von einem Einwilligungsvorbehalt betroffen. Einwilligungsvorbehalte wurden im Jahre 2004 10.843 mal angeordnet (2003: 9.810; Erhöhung um 10,53 %), (Quelle: Bundesministerium der Justiz; Sondererhebung: Verfahren nach dem Betreuungsgesetz)

Voraussetzungen des Einwilligungsvorbehaltes

Die Voraussetzungen dieses Einwilligungsvorbehaltes sind in § 1903 BGB geregelt. Hiernach ist Voraussetzung, dass ohne einen solchen eine erhebliche Gefahr für Person oder Vermögen des Betreuten drohen muss. Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts setzt voraus, dass der Betreute aufgrund einer psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann.

Für das Verfahren der Anordnung gelten die gleichen Verfahrensvorschriften wie für die Bestellung des Betreuers, insbesondere muss der Richter sich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffen und diesen persönlich anhören (§ 68 Abs. 1 FGG) und gemäß § 68b Abs. 2 FGG ein Sachverständigengutachten über Notwendigkeit und Umfang des Einwilligungsvorbehalts erholen (vgl. BayObLG FamRZ 1995, 1517)

Besteht bei fehlender Fähigkeit des Betroffenen zur freien Willensbildung (vgl. BayObLGZ 1993, 63) eine erheblichen Gefahr für dessen Person oder Vermögen, ordnet der Richter an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, soweit dies zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (§ 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. BayObLG BtPrax 2000, 123/124). Der Einwilligungsvorbehalt kann wirksam nur angeordnet werden, soweit der Aufgabenkreis des Betreuers besteht.

Besondere praktische Bedeutung hat der Einwilligungsvorbehalt dort, wo Geschäftsunfähigkeit vorliegt, diese für andere jedoch nicht ohne weiteres erkennbar ist. In derartigen Fällen besteht die besondere Gefahr, dass die betreute Person unüberlegt Rechtsgeschäfte eingeht, die dann nur durch entsprechenden Nachweis der Geschäftsunfähigkeit wieder beseitigt werden können.

Der Einwilligungsvorbehalt kann auch bei einem partiell Geschäftsunfähigen angeordnet werden (BayObLG FamRZ 1995, 1518; BayObLG FamRZ 1995, 1518), ebenso bei einem Geschäftsunfähigen (BayObLG NJWE-FER 2000, 152).Der Einwilligungsvorbehalt kann beschränkt werden, der Höhe nach, z.B. auf Geschäfte über 250 EUR (vgl. BayObLGZ 1993, 346), auf bestimmte Geschäfte, z.B. die Sanierung eines Hauses (BayObLG FamRZ 1995, 1517/1518) oder zeitlich, etwa bis zum Abschluss von Sanierungsarbeiten (BayObLG FamRZ 1995, 1517).

Typische Situationen sind

Aus der Rechtsprechung

LG Köln 1 T 51/92, Beschluss vom 21.4.1992:

Der Einwilligungsvorbehalt ist nur unter engen Voraussetzungen und zur Abwehr erheblicher Gefahren in Betracht zu ziehen, allein die Möglichkeit einer gefahrenträchtigen rechtsgeschäftlichen Betätigung des Betroffenen reicht hierzu nicht aus.

LG Düsseldorf, 3 W x 500/92, Beschluss vom 19. 5. 1992:

1. Zu den Anforderungen an ein Gutachten im Sinne des § 68b Abs. 1 Satz 1 FGG. 2. In einer Entscheidung nach § 69 FGG sind Hinweise auf eine bestehende Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen zwar zulässig. Sie gehören aber, weil rechtlich unverbindlich, nicht in den Tenor der Entscheidung. 3. Auch bei bestehender Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen ist ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB nicht ohne weiteres entbehrlich.

BayObLG, 3. Zivilsenat 3Z BR 102/92 Beschluss vom 5.11.1992:

1. Die Voraussetzungen von §§ 1896, 1903 BGB müssen vom Tatrichter für jeden Wirkungskreis hinreichend konkret und nachprüfbar festgestellt und dargelegt sein. 2. Will das Landgericht aufgrund der Persönlichkeit des Betroffenen vom Gutachten des Sachverständigen abweichen, muß es sich selbst einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschaffen.

BayObLG, Beschluss vom 04.02.1993 - 3 Z BR 11/93; MDR 1993, 545

Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts setzt voraus, dass der Betreute aufgrund einer psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann.

BayObLG, 3. Zivilsenat, 3Z BR 16/94, Beschluss vom 17.3.1994:

Eine (partielle) Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen steht der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nicht entgegen.

BayObLG, 3. Zivilsenat, 3 Z BR 309/94, Beschluss vom 2. März 1995:

1. Ein Einwilligungsvorbehalt darf erst angeordnet werden, wenn das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen über die Notwendigkeit der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und zu dessen Umfang eingeholt hat. 2. Zeitliche Beschränkung eines Einwilligungsvorbehalts durch konkrete Bezeichnung einer Maßnahme und Mitteilungspflicht über die Beendigung der Maßnahmen.

LG Hildesheim, 5T 279/96 Beschluss vom 29. 05. 1996:

Die Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes setzt voraus, daß der Betreute durch Teilnahme am Rechtsverkehr sich selbst oder sein Vermögen in erhebliche Gefahr bringt. Widerspricht der Betreute der Aufenthaltsbestimmung, so ist dies nicht ein Fall des § 1903 BGB.

1. Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 I BGB, wonach der Betreute zu einer Willenserklärung , die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, betrifft die Teilnahme des Betreuten am Rechtsverkehr und will ihn schützen vor der Abgabe von Willenserklärungen, die ihn selbst oder sein Vermögen in erhebliche Gefahren bringen.

2. Ein Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung kann nur die Teilbereiche betreffen, in denen rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben sind. Ansonsten kann in Fällen, in denen der Betreute der Aufenthaltsbestimmung des Betreuers keine Folge leistet, eine stärkere Entscheidungsmacht des Betreuers nicht über § 1903 BGB durchgesetzt werden.


BayObLG, Beschluss vom 4. 2. 1997 - 3 Z BR 8/97 FamRZ 1997, 90

Betreuerbestellung zur Verhinderung einer (weiteren) Verschuldung des Betroffenen: 1. Die Bestellung eines Betreuers für den Aufgabenkreis Vermögenssorge kann auch erforderlich sein, um eine (weitere) Verschuldung eines Betroffenen zu verhindern, selbst wenn er vermögenslos ist.

2. In einem solchen Fall ist in der Regel auch die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erforderlich.

BayObLG, 3Z BR 53/97 Beschluss vom 16. Mai 1997:

Die Verlängerung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts bewirkt nicht die Hauptsacheerledigung bezüglich des ursprünglich angeordneten Einwilligungsvorbehalts

LG München I BtPrax 1999,114 = FamRZ 1999,1303

Ein Einwilligungsvorbehalt kann nicht angeordnet werden, wenn der Betroffene einem Sparzwang unterliegt und der Betreuer nur bei persönlicher Übergabe der laufenden Bezüge zum Lebensunterhalt die Möglichkeit erhält, sich über den Gesundheits- und Ernährungszustand des Betreuten sowie den Zustand der Wohnung zu informieren.

BayObLG, Beschluss vom 12.01.2000; Az.: 3 Z BR 345/99:

Nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts kann die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts auch dann erforderlich sein, wenn der Betreute eine erhebliche schuldrechtliche Verpflichtung ohne Gegenleistung eingeht und der beurkundende Notar die Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen nicht erkennt.

BayObLG, Beschluss vom 18.09.2002, Az. 3Z BR 152/02:

Ordnet der Tatrichter für sämtliche dem Betreuer übertragenen Aufgabenkreise einen Einwilligungsvorbehalt an, so muß er für jeden Aufgabenkreis darzulegen, warum der Einwilligungsvorbehalt erforderlich ist.

BayObLG, Beschluss vom 02.06.2004 - 3Z BR 065/04 - Vorläufiger Einwilligungsvorbehalt trotz General- und Vorsorgevollmacht:

1. Erledigt sich die Anordnung eines vorläufigen Einwilligungsvorbehalts, kann dessen Recht-mäßigkeit bei der wegen § 69h FGG weiterhin erforderlichen Prüfung nur bejaht werden, wenn auch die Bestellung eines vorläufigen Betreuers rechtmäßig war.

2. Zum Schutz des Betroffenen kann trotz Vorliegens einer General- und Vorsorgevollmacht ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden, wenn die Wirksamkeit der Vollmacht wegen Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen unklar ist und die konkrete Gefahr besteht, dass ohne Einwilligungsvorbehalt vermögensrechtliche Transaktionen zum Nachteil des Betroffenen vorgenommen werden.

LG Marburg, Beschluss vom 08.10.2004, Az. 3 T 210.04:

Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts bei lediglich möglicher größerer Verschuldung des Betreuten nicht gerechtfertigt.

Erscheint eine größere Verschuldung des Betreuten in näherer Zukunft als wenig wahrscheinlich, auch wenn diese Gefahr nicht völlig ausgeschlossen werden kann, so ist die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nicht gerechtfertigt. Vielmehr kann der Gefahr der weiteren Verschuldung dadurch begegnet werden, dass der Betreuer jederzeit die erneute Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts durch einstweilige Anordnung auch kurzfristig beantragen kann.


OLG Schleswig, Bschluss vom 12.01.2005, 2 W 300/04: Voraussetzungen der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts

1. Stützt das Beschwerdegericht seine Feststellung, die Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes lägen vor, auf den Inhalt eines Telefonats mit dem Betreuer, ohne diesen vor der Entscheidung dem Betroffenen zur Kenntnis zu geben, so verletzt es seine Pflicht, einer Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zum Nachteil eines Beteiligten zugrunde zu legen, zu denen sich dieser vorher äußern konnte. Bei dieser Sachlage ist in aller Regel nicht auszuschließen, dass die Entscheidung auf dem Verfahrensfehler auch beruht.

2. Soll ein Einwilligungsvorbehalt im Zusammenhang mit der Verursachung sinnloser Gerichtskosten durch den Betroffenen angeordnet werden, ist konkret zu prüfen, ob diese Maßnahme überhaupt geeignet ist, eine erhebliche Vermögensgefahr von ihm abzuwenden.


KG, Beschluss vom 09.01.2007, Az. 1 W 60/06:

Erhebt ein Betroffener massenhaft von vornherein aussichtslose Klagen, kann die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für "Behördenangelegenheiten und gerichtliche Auseinandersetzungen" in Betracht kommen. Ein solcher Einwilligungsvorbehalt kann geeignet sein, eine erhebliche Gefährdung des Vermögens eines Betroffenen abzuwenden, weil dessen Verfahrenshandlungen von vornherein unwirksam sind und gerichtliche Gebühren nicht entstehen oder erhoben werden, weil Anträge eines Prozessunfähigen keine Haftung begründen.


Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss vom 19.5.2006 zum Einwilligungsvorbehalt

Einwilligungsvorbehalt muss sich auf Betreueraufgabenkreise beziehen

Für den Einwilligungsvorbehalt gilt, es muss festgestellt werden, für welchen der Aufgabenkreise des Betreuers dieser angeordnet ist. Meist ist es der Aufgabenkreis Vermögenssorge, es sind aber auch andere Aufgabenkreise vorstellbar, z.B. Wohnungsangelegenheiten.

Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes

Zugleich mit Betreuerbestellung

Zum Teil ist bereits im Betreuungsverfahren durch den Vormundschaftsrichter selbst erkennbar, dass die Betreuungsanordnung alleine nicht ausreichen wird, die Gefahren für den Betreuten zu beseitigen. Dann kann zugleich mit der Bestellung des Betreuers ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden.

Spätere Anordnung

Zum Teil wird erst im Rahmen der Betreuertätigkeit klar, dass ohne einen Einwilligungsvorbehalt der Betreute gefährdet bleibt. In solchen Fällen kann der Betreuer selbst die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes beim Vormundschaftsgericht beantragen (§ 1901Abs. 5 BGB). In solchen Fällen wird ein neues gerichtliches Verfahren notwendig. Es haben erneut Anhörungen stattzufinden, es ist erneut ein Sachverständigengutachten erforderlich, wenn seit der letzten Begutachtung mehr als 6 Monate verstrichen sind (§ 69i FGG).

Da die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts durch das Vormundschaftsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens voraussetzt und deshalb erst nach einiger Zeit greift, ist in Eilfällen die Möglichkeit, zunächst die Einrichtung eines vorläufigen Einwilligungsvorbehaltes im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zu beantragen, die geeignete Maßnahme (§ 69f FGG). Aber auch ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt wirkt nur in die Zukunft (§ 69a Abs. 3 FGG). Rechtsgeschäfte, die der Betreute in der Vergangenheit abgeschlossen hatte und die zu entsprechenden Schulden geführt haben, werden dadurch nicht mehr beeinflusst. Die einzige Möglichkeit, solche Geschäfte zu beeinflussen, ist dann gegeben, wenn der Betreute schon damals nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war. Dies ist oft nur schwer zu beweisen.

Einwilligungsvorbehalt nach Übergangsrecht

Nach den Übergangsbestimmungen zum Betreuungsgesetz wurden am 1. Januar 1992 aus allen früheren Vormundschaften Betreuungen mit Aufgabenkreis „alle Angelegenheiten“ einschließlich Einwilligungsvorbehalt für „alle Angelegenheiten“ (jeweils mit der Ausnahme der Einwilligung in eine Sterilisation). Inzwischen mussten in all diesen Fällen die Vormundschaftsgerichte die weitere Notwendigkeit überprüfen (Artikel 9 § 1 Abs. 3 BtG). Frühere Gebrechlichkeitspflegschaften1910 Bürgerliches Gesetzbuch alter Fassung) wurden zu Betreuungen ohne Einwilligungsvorbehalt.

Folgen des Einwilligungsvorbehaltes

Willenserklärungen sind vom Betreuer zu genehmigen

Der Einwilligungsvorbehalt bedeutet, dass die betreute Person zur Rechtswirksamkeit einer Willenserklärung, die in den Aufgabenkreis des Betreuers fällt, dessen Einwilligung bedarf. Dies entspricht der beschränkten Geschäftsfähigkeit, die eigentlich für Minderjährige von 7 bis 18 Jahren gilt (§ 108- 113 BGB), auf die der § 1903 BGB verweist. Die Einwilligung kann vor der Erklärung der betreuten Person erfolgen oder (mit Ausnahmen) im nachhinein abgegeben werden. Allerdings ist auch hier der Betreuer im Innenverhältnis (also gegenüber dem Betreuten) wiederum an dessen Wohl und Wünsche gebunden (§ 1901 Abs. 2 und 3 BGB). Eine Nichtbeachtung kann daher Schadensersatzansprüche gem. § 1833 BGB auslösen.

Rechtsprechung:

LG Berlin, Urteil v. 20.12.1999 - 34 O 433/99) FamRZ 2000, 1527:

Ein Einwilligungsvorbehalt ist nicht erforderlich und auch nicht geeignet, dem Betreuer die Handhabe zu geben, sich über einen erklärten Willen seines Betreuten hinwegzusetzen.

Schwebende Unwirksamkeit

In der Praxis kann der Einwilligungsvorbehalt zu erheblichen Einschränkungen des Betreuten im Rechtsverkehr führen, denn ohne Einwilligung vom Betreuten geschlossene Verträge sind schwebend unwirksam, ihre Wirksamkeit hängt von der nachträglichen Genehmigung des Betreuers ab (§ 108 Abs. 1 BGB, § 1829 BGB). Verlangt der Vertragspartner des Betreuten den Betreuer auf, den Vertrag zu genehmigen, läuft eine 14-Tagefrist. Verstreicht diese, gilt der Vertrag als nicht genehmigt und daher als von Anfang an nichtig (§ 108 Abs. 2 BGB). Als Beispiel ist zu erwähnen, dass Kaufverträge, die auf diese Weise nichtig werden, im Rahmen der Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung§ 812 ff. BGB) abzuwickeln sind. Hier sind in der Regel sowohl die Ware als auch der Geldbetrag dem jeweils Anderen zu erstatten. Hierbei ist es allerdings möglich, dass der Betreute zwischenzeitlich entreichert ist, z.B. infolge Verlust der erworbenen Ware (§ 818 Abs. 3 BGB). In solchen Fällen ist die Ware nicht mehr zurückzugeben, der Kaufpreis jedoch muss erstattet werden (Folge des sog. Abstraktionsprinzips).

Rechtsprechung:

Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 04.07.2006, 4 W 106/06:

1. Die Vorschrift des § 130 Abs. 2 BGB ist auf die Beschränkung des Betroffenen in seiner Geschäftsfähigkeit durch Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gemäß § 1903 BGB entsprechend anzuwenden.

2. Ein nach Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags mit Auflassungserklärung angeordneter Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB berührt die Wirksamkeit der Einigung nicht und steht der Eigentumsumschreibung nicht entgegen.

Einseitige Willenserklärungen nur bei Vorabeinwilligung

Einseitige Rechtsgeschäfte des Betreuten (z.B. Kündigung von Verträgen) sind ebenfalls unwirksam (§ 111BGB). Hier muss die Einwilligung des Betreuers zwingend zuvor erfolgt sein (§ 1831 BGB).

Fristen laufen erst, wenn der Betreuer Kenntnis erhält

Willenserklärungen, die von Dritten dem Betreuten gegenüber abgegeben werden, sind nicht wirksam, bevor der Betreuer sie erhalten hat (§ 131 BGB).

Schriftstücke können nicht wirksam zugestellt werden

Die Einschränkungen gelten auch für behördliche Verfahren sowie Gerichtsverfahren. Auch behördliche und gerichtliche Schriftstücke gelten erst als zugestellt, wenn der Betreuer diese erhalten hat (§ 11 Verwaltungsverfahrensgesetz i.V.m. §(§ 51 - 53 ZPO, (§ 170 ZPO, § 7 Verwaltungszustellungsgesetz). Diese Maßnahmen dienen dem Schutz des Betreuten. Betreuer sollen auf diese Weise Betreute wirksamer vor einer Übervorteilung schützen.

Rechtsprechung:

Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.07.2006, L 13 R 352/06

Hat das Vormundschaftsgericht für Erklärungen, die den Aufgabenkreis der Betreuerin betreffen, keinen Einwilligungsvorbehalt angeordnet, bedürfen Erklärungen, die eine Betreute selbst gegenüber dem Rentenversicherungsträger oder dem Gericht abgibt, nicht der Einwilligung oder Genehmigung der Betreuerin. Allerdings bestimmt § 71 SGG i.V.m. § 53 ZPO, dass die in einem Rechtsstreit von einem Betreuer vertretene prozessfähige Person für diesen Rechtsstreit einer prozessunfähigen Person gleichsteht. Die Betreute ist in erster Instanz durch ihre Betreuerin vertreten worden. Diese Betreuerin hat durch ihre Mitteilung an das LSG zu erkennen gegeben, dass sie den Rechtsstreit nicht im Wege der Berufung fortsetzen will. Eine gegenteilige Prozesserklärung der Betreuten ist mangels Prozessfähigkeit unwirksam.

Einwilligungsvorbehalt bei Geschäftsunfähigkeit

Von seiner juristischen Konstruktion ist der Einwilligungsvorbehalt bei Geschäftsunfähigen (§ 104 Nr. 2 BGB) nicht nötig. Bisweilen wird dies in Betreuerbeschlüssen auch deutlich, wenn Vormundschaftsrichter feststellen, dass ein Einwilligungsvorbehalt wegen der offenkundigen Geschäftsunfähigkeit (z.B. bei jedem erkennbarer schwerer geistiger Behinderung) nicht anzuordnen war. Dennoch erfolgt bisweilen auch bei Personen, die geschäftsunfähig sind, ein Einwilligungsvorbehalt, wenn die Geschäftsunfähigkeit nicht allgemein im Rechtsverkehr erkennbar ist, also insbesondere um dem Betreuer den Nachweis der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften zu erleichtern.

Wirksame Rechtsgeschäfte ohne Betreuerbeteiligung

Einige Rechtsgeschäfte des Betreuten, die sich innerhalb des Aufgabenkreises des Betreuers, in denen der Einwilligungsvorbehalt besteht bewegen, sind auch ohne die Einwilligung des Betreuers wirksam.

Ausschließlich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte

Der Betreute kann trotz eines Einwilligungsvorbehaltes wirksam Rechtsgeschäfte tätigen, die ihm lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen, also vor allem als Beschenkter Schenkungen entgegennehmen (§§ 516 ff. BGB). Es kommt hierbei auf den so genannten rechtlichen Vorteil an, nicht darauf, dass ein Rechtsgeschäft wirtschaftlich besonders vorteilhaft ist (sog. „Schnäppchen“).

Neutrale Rechtsgeschäfte

Ohne Einwilligung des Betreuers sind ebenfalls neutrale Rechtsgeschäfte rechtwirksam. Hierbei handelt es sich in der Praxis um unentgeltliche Aufträge§ 662 ff. BGB), die der Betreute annehmen kann sowie um Botengänge aller Art. Hier ist der Betreute neutral gestellt, weil seine Baraufwendungen zu ersetzen sind (§ 670 BGB).

Geringfügige Alltagsgeschäfte

Außerdem gilt der Betreute trotz des Einwilligungsvorbehaltes für geringfügige Geschäfte des täglichen Lebens als handlungsfähig (§ 1903 Abs. 3 BGB). Hierbei handelt es sich im Regelfall um Bareinkäufe für Lebensmittel und ähnliche Bedarfsgegenstände.

Die Bestimmung ist weitgehend übereinstimmend mit dem zum 1. August 2002 eingeführten § 105a BGB, wonach auch Geschäftsunfähige kleinere Alltagsgeschäft rechtswirksam tätigen können. Keinesfalls fallen Abzahlungsgeschäfte (Ratenkäufe usw.) unter diesen Ausnahmetatbestand.

Das Vormundschaftsgericht kann im Einzelfall anordnen, dass auch diese Alltagsgeschäfte vom Betreuten nicht wahrgenommen werden dürfen (§ 1903 Abs. 3 BGB). Dies dürfte einen absoluten Ausnahmefall darstellen und wird auch praktisch so gut wie nie überprüft werden können.

Geldmittel zur freien Verfügung

Der Betreute kann außerdem rechtswirksam über Geld verfügen, welches der Betreuer ihm zur freien Verfügung oder für bestimmte Zwecke überlassen hat (§ 110 BGB). Hierbei handelt es sich um die Taschengeldbestimmung des BGB. Allerdings können es durchaus größere Geldbeträge sein, die der Betreuer der betreuten Person aushändigt . In der Regel sollte sich der Betreuer vergewissert haben, dass die betreute Person die Geldbeträge für den Zeitraum, für den sie bestimmt sind, einzuteilen in der Lage ist. Da der Betreuer gegenüber dem Vormundschaftsgericht Rechnung legen muss (§ 1840 BGB), sollte er sich vom Betreuten den Erhalt des Geldes quittieren lassen. Sollte der Betreute allerdings in der Lage sein, eigenständig über größere Geldbeträge zu verfügen, ist im Sinne einer größtmöglichen Autonomie anzuraten, dass in einer solchen Situation der Betreuer beim Vormundschaftsgericht die Aufhebung des Einwilligungsvorbehaltes beantragt (§ 1901 Abs. 5 BGB) und dass das Vormundschaftsgericht ihn aufhebt (§ 1908d Abs. 4 BGB).

Kein Einwilligungsvorbehalt darf erfolgen

Bei Eheschließungen und Lebenspartnerschaften

In der Zeit vor Inkrafttreten des Betreuungsrechtes waren entmündigte Menschen nicht berechtigt, die Ehe zu schließen, wenn sie wegen Geisteskrankheit entmündigt waren. Eheunmündigkeit wurde dies genannt. Die anderen Entmündigungsgründe (Geistesschwäche, Trunk- und Rauschgiftsucht sowie Verschwendung) führten zur sogenannten beschränkten Ehemündigkeit, d.h. nur mit Zustimmung des Vormundes bestand die Möglichkeit der Eheschließung.

1992 sollte Schluss mit dieser Beschränkung der persönlichen Entfaltungsfreiheit sein. Das Betreuungsgesetz änderte auch das Ehegesetz; abgestellt wurde ab diesem Zeitpunkt nur noch auf die Geschäftsfähigkeit; speziell bezogen auf diese Frage seither inoffiziell als EheGeschäftsfähigkeit bezeichnet. Einwilligungsvorbehalte durften sich ausdrücklich nicht auf die Eheschließung beziehen.

Für die Eheschließung (und seit 1. August 2001 auch für die Eingehung einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft) ist aufgrund des § 1903 Abs. 2 BGB ausdrücklich kein Einwilligungsvorbehalt zulässig, daher können Betreute grundsätzlich ohne Zustimmung des Betreuers diesen Lebensbund eingehen. Allerdings wird nach § 1304 BGB auch weiterhin Geschäftsfähigkeit des betroffenen Menschen vorausgesetzt. Die Geschäftsfähigkeit ist anläßlich der Eheschließung bzw. Begründung der Lebenspartnerschaft durch den Standesbeamten zu prüfen. In Zweifelsfällen kann eine gerichtliche Entscheidung dazu erforderlich werden (§ 45 Personenstandsgesetz).

Bei Verfügungen von Todes wegen

Ebenfalls schließt § 1903 Abs. 2 BGB einen Einwilligungsvorbehalt für Verfügungen von Todes wegen aus. Hierbei geht es um Testamente und Erbverträge, soweit der Betreute der Erblasser ist. Auch hier ist Geschäftsfähigkeit erforderlich, die hier Testierfähigkeit genannt wird (§ 2229 Abs. 4 BGB). Soweit ein Testament notariell beurkundet werden soll (oder ein Erbvertrag, bei dem diese Form stets nötig ist), hat der beurkundende Notar auch die Geschäftsfähigkeit zu überprüfen (§ 17 Beurkundungsgesetz)

Bei Erklärungen nach dem 4. und 5. Buch des BGB

Für bestimmte familien- und erbrechtliche Erklärungen ist ebenfalls kein Einwilligungsvorbehalt zulässig. Hier geht es um Erklärungen in Bezug auf Gütergemeinschaften§ 1511 – 1516 BGB), um Vaterschaftsanfechtungen (§ 1600a BGB), um Adoptionseinwilligungen (§ 1750, § 1760, § 1762 BGB), Erklärungen im Rahmen von Erbverträgen (§ 2282, § 2290, § 2292 BGB) und Erbverzichte (§ 2347 BGB).

Bei Realakten

Für Realakte, z.B. die Bestimmung des eigenen Aufenthaltes ist nach allgemeiner Auffassung auch kein Einwilligungvorbehalt möglich, da sich dieser nur auf Rechtsgeschäfte bezieht. Hierzu entschied das Landgericht Hildesheim im Beschluss v. 29. 5. 1996 - 5 T 279/96, BtPrax 1996, 230: „1. Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs. 1 BGB, wonach der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, betrifft die Teilnahme des Betreuten am Rechtsverkehr und will ihn schützen vor der Abgabe von Willenserklärungen, die ihn selbst oder sein Vermögen in erhebliche Gefahren bringen. 2. Ein Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung kann nur die Teilbereiche betreffen, in denen rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben sind. Ansonsten kann in Fällen, in denen der Betreute der Aufenthaltsbestimmung des Betreuers keine Folge leistet, eine stärkere Entscheidungsmacht des Betreuers nicht über (§ 1903 BGB durchgesetzt werden.“

Rechtsprechung: LG Hildesheim, Beschluß v. 29. 5. 1996 - 5 T 279/96; BtPrax 1996, 230: Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung und Einwilligungsvorbehalt

1. Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 I BGB, wonach der Betreute zu einer Willenserklärung , die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, betrifft die Teilnahme des Betreuten am Rechtsverkehr und will ihn schützen vor der Abgabe von Willenserklärungen, die ihn selbst oder sein Vermögen in erhebliche Gefahren bringen.

2. Ein Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung kann nur die Teilbereiche betreffen, in denen rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben sind. Ansonsten kann in Fällen, in denen der Betreute der Aufenthaltsbestimmung des Betreuers keine Folge leistet, eine stärkere Entscheidungsmacht des Betreuers nicht über § 1903 BGB durchgesetzt werden.

Bei strafrechtlichen Einwilligungen

Strafrechtlich relevante Einwilligungen, z.B. in Heilbehandlungen und Freiheitsentziehungen (§§ 1904 - 1906 BGB, im Strafrecht §§ 228, 239 StGB) sind ebenfalls nicht mit einem Einwilligungsvorbehalt zu belegen. Hier kommt es ausschließlich auf die eigene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit an.

Bei höchstpersönlichen Erklärungen

Bestimmte höchstpersönliche Handlungen sind einer gesetzlichen Vertretung von vorne herein nicht zugänglich, daher ist hier auch kein Einwilligungsvorbehalt möglich. Ein Beispiel ist die Wahrnehmung des Wahlrechtes bei Wahlen aller Art.

Die Wahrnehmung der elterlichen Sorge von Kindern des Betreuten fällt ebenfalls nicht unter die Vertretungsbefugnis des Betreuers. Ggf. muss für das Kind ein Vormund bestellt werden, falls der unter Betreuung stehende Elternteil geschäftsunfähig ist.

Aufhebung von Einwilligungsvorbehalten

Der Einwilligungsvorbehalt ist zum einen auch ohne einen ausdrücklichen Aufhebungsbeschluss dann aufgehoben, wenn die Betreuung insgesamt aufgehoben wird oder wenn der Aufgabenkreis, für den der Einwilligungsvorbehalt angeordnet war, aufgehoben wird (§ 1908d Abs. 1 BGB). Der Einwilligungsvorbehalt kann jedoch auch separat aufgehoben werden, wenn nur er, nicht aber die Betreuung als solche, überflüssig geworden ist (§ 1908d Abs. 3 BGB).

Jeder Betreuer ist nach § 1901 Abs. 5 BGB verpflichtet, beim Vormundschaftsgericht eine solche Aufhebung zu beantragen, sobald der Einwilligungsvorbehalt für die Betreuertätigkeit nicht mehr nötig ist. Im Rahmen der generellen Überprüfung der Betreuungsanordnung nach § 69 FGG (spätestens nach 5 Jahren, seit 1. Juli 2005 spätestens nach 7 Jahren) ist auch die weitere Notwendigkeit des Einwilligungsvorbehaltes zu überprüfen.

Rechtsmittel

Die sofortige Beschwerde findet nach (§ 69g Abs. 4 FGG statt bei Anordnung, Erweiterung, Einschränkung, Ablehnung oder Aufhebung von Einwilligungsvorbehalten. Dieses Rechtsmittel muss binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses beim Vormundschaftsgericht oder beim Landgericht eingelegt werden (§ 22 FGG).

Siehe auch

Geschäftsfähigkeit, Einwilligungsfähigkeit

Literatur

Bücher

Zeitschriftenbeiträge

  • Cypionka: Fortfall der Entmündigung Volljähriger - Auswirkungen auf den Rechtsverkehr; NJW 1992, 207
  • Enderlein: Geschäftsunfähigkeit und Einwilligungsvorbehalt, JR 1998, 485
  • Jurgeleit: Der geschäftsunfähige Betreute unter Einwilligungsvorbehalt; Rpfleger 1995, 282
  • Schereieder: Ist § 1903 BGB eine Spezialvorschrift zu § 105 BGB? BtPrax 1996, 96

Weblinks

Vordrucke


Infos zum Haftungsausschluss


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