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[[Bild:Einwilligungsvorbehalte.gif|thumb|300px|right|Anordnung von Einwilligungsvorbehalten]]
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'''Achtung: der Einwilligungsvorbehalt ist ab 1.1.2023 - inhaltlich unverändert in § 1825 BGB geregelt.'''
[[Bild:Einwilligungsvorbehalte2001_2007.gif|thumb|300px|right|Einwilligungsvorbehalte im reg. Vergleich]]
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Der '''Einwilligungsvorbehalt''' ist eine spezielle Anordnung des [[Betreuungsgericht]]es, die zusätzlich zu einer [[Betreuerbestellung]] erfolgen kann und die [[Geschäftsfähigkeit]] des Betroffenen einschränkt. Er ähnelt von den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der frührene Entmündigung wegen Verschwendung. Der Einwilligungsvorhalt hat nichts mit der [[Einwilligungsfähigkeit]] bei strafrechtlichen Einwilligungen, z.B. bei [[Heilbehandlung]]en zu tun.
 
Der '''Einwilligungsvorbehalt''' ist eine spezielle Anordnung des [[Betreuungsgericht]]es, die zusätzlich zu einer [[Betreuerbestellung]] erfolgen kann und die [[Geschäftsfähigkeit]] des Betroffenen einschränkt. Er ähnelt von den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der frührene Entmündigung wegen Verschwendung. Der Einwilligungsvorhalt hat nichts mit der [[Einwilligungsfähigkeit]] bei strafrechtlichen Einwilligungen, z.B. bei [[Heilbehandlung]]en zu tun.
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Für das Verfahren der Anordnung gelten die gleichen [[Betreuungsverfahren|Verfahrensvorschriften]] wie für die Bestellung des Betreuers, insbesondere muss der Richter sich in einer [[Anhörung]] einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffen und diesen persönlich [[Anhörung|anhören]] (§ 278 FamFG) und gemäß § 280 FamFG ein [[Sachverständigengutachten]] über Notwendigkeit und Umfang des Einwilligungsvorbehalts erholen (vgl. BayObLG FamRZ 1995, 1517). In dringenden Fällen kann ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt im Rahmen einer [[einstweilige Anordnung|einstweiligen Anordnung]] für max. 6 Monate angeordnet werden.
 
Für das Verfahren der Anordnung gelten die gleichen [[Betreuungsverfahren|Verfahrensvorschriften]] wie für die Bestellung des Betreuers, insbesondere muss der Richter sich in einer [[Anhörung]] einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffen und diesen persönlich [[Anhörung|anhören]] (§ 278 FamFG) und gemäß § 280 FamFG ein [[Sachverständigengutachten]] über Notwendigkeit und Umfang des Einwilligungsvorbehalts erholen (vgl. BayObLG FamRZ 1995, 1517). In dringenden Fällen kann ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt im Rahmen einer [[einstweilige Anordnung|einstweiligen Anordnung]] für max. 6 Monate angeordnet werden.
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Besteht bei fehlender Fähigkeit des Betroffenen zur [[Freier Wille|freien Willensbildung]] (vgl. BayObLGZ 1993, 63) eine erheblichen Gefahr für dessen Person oder Vermögen, ordnet der Richter an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, soweit dies zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (§ 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. BayObLG BtPrax 2000, 123/124). Der Einwilligungsvorbehalt kann wirksam nur angeordnet werden, soweit der [[Aufgabenkreis]] des Betreuers besteht.
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Besteht bei fehlender Fähigkeit des Betroffenen zur [[Freier Wille|freien Willensbildung]] (vgl. BayObLGZ 1993, 63) eine erheblichen Gefahr für dessen Person oder Vermögen, ordnet der [[Richter]] an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den [[Aufgabenkreis]] des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, soweit dies zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (§ 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. BayObLG BtPrax 2000, 123/124). Der Einwilligungsvorbehalt kann wirksam nur angeordnet werden, soweit der [[Aufgabenkreis]] des Betreuers besteht.
    
Besondere praktische Bedeutung hat der Einwilligungsvorbehalt dort, wo [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] vorliegt, diese für andere jedoch nicht ohne weiteres erkennbar ist. In derartigen Fällen besteht die besondere Gefahr, dass die betreute Person unüberlegt Rechtsgeschäfte eingeht, die dann nur durch entsprechenden Nachweis der Geschäftsunfähigkeit wieder beseitigt werden können.
 
Besondere praktische Bedeutung hat der Einwilligungsvorbehalt dort, wo [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] vorliegt, diese für andere jedoch nicht ohne weiteres erkennbar ist. In derartigen Fällen besteht die besondere Gefahr, dass die betreute Person unüberlegt Rechtsgeschäfte eingeht, die dann nur durch entsprechenden Nachweis der Geschäftsunfähigkeit wieder beseitigt werden können.
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Der Einwilligungsvorbehalt kann auch bei einem partiell [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigen]] angeordnet werden (BayObLG FamRZ 1995, 1518; BayObLG FamRZ 1995, 1518), ebenso bei einem Geschäftsunfähigen (BayObLG NJWE-FER 2000, 152).Der Einwilligungsvorbehalt kann beschränkt werden, der Höhe nach, z.B. auf Geschäfte über 250 EUR (vgl. BayObLGZ 1993, 346), auf bestimmte Geschäfte, z.B. die Sanierung eines Hauses (BayObLG FamRZ 1995, 1517/1518) oder zeitlich, etwa bis zum Abschluss von Sanierungsarbeiten (BayObLG FamRZ 1995, 1517).
 
Der Einwilligungsvorbehalt kann auch bei einem partiell [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigen]] angeordnet werden (BayObLG FamRZ 1995, 1518; BayObLG FamRZ 1995, 1518), ebenso bei einem Geschäftsunfähigen (BayObLG NJWE-FER 2000, 152).Der Einwilligungsvorbehalt kann beschränkt werden, der Höhe nach, z.B. auf Geschäfte über 250 EUR (vgl. BayObLGZ 1993, 346), auf bestimmte Geschäfte, z.B. die Sanierung eines Hauses (BayObLG FamRZ 1995, 1517/1518) oder zeitlich, etwa bis zum Abschluss von Sanierungsarbeiten (BayObLG FamRZ 1995, 1517).
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Die Leistungen des medizinischen [[Sachverständigengutachten|Sachverständigen]] zur Erstellung des Gutachtens bezüglich der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts sind in die Honorargruppe M3 einzuordnen (Stundensatz 85 Euro nach § 9 JVEG).
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Die Leistungen des medizinischen [[Sachverständigengutachten|Sachverständigen]] zur Erstellung des Gutachtens bezüglich der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts sind in die Honorargruppe M2 einzuordnen (Stundensatz 75 Euro nach § 9 JVEG).
    
===Aus der Rechtsprechung===  
 
===Aus der Rechtsprechung===  
    
[[Bild:Gericht2.jpg|right]]
 
[[Bild:Gericht2.jpg|right]]
'''[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2008-8&Seite=3&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&nr=45415&pos=91&anz=155 BGH, Beschluss vom 14.08.2008], I ZB 20/08; MDR 2008, 1357 = NJW-RR 2009, 1 = WM 2008, 2264''' - Abgabe der eidesstattlichen Versicherung:
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'''[BGH, Beschluss vom 14.08.2008], I ZB 20/08; MDR 2008, 1357 = NJW-RR 2009, 1 = WM 2008, 2264''' - Abgabe der eidesstattlichen Versicherung:
    
Wenn für die [[Vermögenssorge]] des Schuldners ein [[gesetzlicher Vertreter]] bestellt, nicht aber ein [[Einwilligungsvorbehalt]] gemäß § 1903 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der Vertreter oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben hat. Im vorliegenden Fall wurde die Betreuerin verpflichtet, die eV. abzugeben.
 
Wenn für die [[Vermögenssorge]] des Schuldners ein [[gesetzlicher Vertreter]] bestellt, nicht aber ein [[Einwilligungsvorbehalt]] gemäß § 1903 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der Vertreter oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben hat. Im vorliegenden Fall wurde die Betreuerin verpflichtet, die eV. abzugeben.
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'''[http://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/verfghsaar/dboutput.php?id=137 Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss vom 19.05.2006 zum Einwilligungsvorbehalt'''], Lv 6/05
 
'''[http://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/verfghsaar/dboutput.php?id=137 Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss vom 19.05.2006 zum Einwilligungsvorbehalt'''], Lv 6/05
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'''BGH, Beschluss vom 27.07.2011, XII ZB 118/11''', MDR 2011, 1039 = FamRZ 2011, 1577 = BtPrax 2011, 208 = FGPrax 2011, 290 = NJW-RR 2011, 1507:
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'''BGH, Beschluss vom 27.7.2011, XII ZB 118/11''', MDR 2011, 1039 = FamRZ 2011, 1577 = BtPrax 2011, 208 = FGPrax 2011, 290 = NJW-RR 2011, 1507:
    
Ein [[Einwilligungsvorbehalt]] darf nur dann angeordnet werden, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehen. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) festzustellen.
 
Ein [[Einwilligungsvorbehalt]] darf nur dann angeordnet werden, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehen. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) festzustellen.
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'''BGH, Beschluss vom 25.07.2012, XII ZB 526/11''':
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'''BGH, Beschluss vom 25.7.2012, XII ZB 526/11''':
 
   
 
   
 
# Wird ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, nachdem ein zuvor bestehender (anderer) Einwilligungsvorbehalt bereits aufgehoben war, handelt es sich nicht um eine Erweiterung des Einwilligungsvorbehalts, sondern um dessen erneute Anordnung, so dass die §§ 278, 280 FamFG unmittelbar anzuwenden sind; § 293 Abs. 2 FamFG findet in diesen Fällen keine Anwendung.
 
# Wird ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, nachdem ein zuvor bestehender (anderer) Einwilligungsvorbehalt bereits aufgehoben war, handelt es sich nicht um eine Erweiterung des Einwilligungsvorbehalts, sondern um dessen erneute Anordnung, so dass die §§ 278, 280 FamFG unmittelbar anzuwenden sind; § 293 Abs. 2 FamFG findet in diesen Fällen keine Anwendung.
 
# Wird für eine bereits bestehende Betreuung isoliert ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, so ist in der Beschlussformel der Zeitpunkt zu bezeichnen, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung dieser Maßnahme zu entscheiden hat.
 
# Wird für eine bereits bestehende Betreuung isoliert ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, so ist in der Beschlussformel der Zeitpunkt zu bezeichnen, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung dieser Maßnahme zu entscheiden hat.
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'''BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 355/14'''':
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'''BGH, Beschluss vom 3.12.2014 - XII ZB 355/14'''':
 
   
 
   
 
# Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstellung eines Gutachtens persönlich zu untersuchen. Eine Begutachtung nach Aktenlage ist auch im Aufhebungsverfahren grundsätzlich nicht zulässig (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. August 2014 XII ZB 179/14 NJW 2014, 3445).
 
# Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstellung eines Gutachtens persönlich zu untersuchen. Eine Begutachtung nach Aktenlage ist auch im Aufhebungsverfahren grundsätzlich nicht zulässig (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. August 2014 XII ZB 179/14 NJW 2014, 3445).
 
# In Betreuungssachen steht das Verschlechterungsverbot der vollständigen Aufhebung einer erstinstanzlichen Entscheidung, mit der auf Antrag des Betroffenen der [[Aufgabenkreis]] der Betreuung oder der Umfang des Einwilligungsvorbehalts eingeschränkt worden ist, durch das Beschwerdegericht entgegen, wenn allein der Betroffene Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung von Betreuung oder [[Einwilligungsvorbehalt]] eingelegt hat (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ 2014, 378).
 
# In Betreuungssachen steht das Verschlechterungsverbot der vollständigen Aufhebung einer erstinstanzlichen Entscheidung, mit der auf Antrag des Betroffenen der [[Aufgabenkreis]] der Betreuung oder der Umfang des Einwilligungsvorbehalts eingeschränkt worden ist, durch das Beschwerdegericht entgegen, wenn allein der Betroffene Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung von Betreuung oder [[Einwilligungsvorbehalt]] eingelegt hat (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ 2014, 378).
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'''LG München II, Beschluss vom 28.8.2015 – 6 T 5891/14''':
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# Zwar kommt ein Einwilligungsvorbehalt zur Verhinderung oder Steuerung von Tathandlungen (Alkoholkonsum) nicht in Betracht. Ist allerdings ein rechtsgeschäftliches Handeln zur oder vor der Handlung erforderlich (Kauf von Alkoholika), kann diesbezüglich ein Einwilligungsvorbehalt in Betracht kommen.
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# Bei der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für den Aufgabenkreis "Vermögenssorge" genügt ein innerer Zusammenhang zwischen der Krankheit und der durch den Einwilligungsvorbehalt abzuwendenden Gefahr. Dieser innere Zusammenhang ist dann gegeben, wenn dem Betroffene jegliche Kritik-, Urteils- bzw. Steuerungsfähigkeit, auch bzgl. des Alkoholkonsums fehlt und Entscheidungen nicht von vernünftigen Erwägungen und Überlegungen abhängig gemacht werden können (hier: aufgrund des amnestischen Syndroms).
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'''BGH, Beschluss vom 1. März 2017 - XII ZB 608/15''':
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Ein  Einwilligungsvorbehalt  darf  nur  angeordnet  werden,  wenn  dieser  auch erforderlich ist.
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'''BGH, Beschluss vom 24. Januar 2018 - XII ZB 141/17''':
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Allein die Unsicherheit darüber, ob der Betroffene geschäftsunfähig ist, vermag die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Vermögensangelegenheiten nicht zu rechtfertigen.
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'''BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - XII ZB 577/17'''
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# Der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für Vermögensangelegenheiten steht die Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen nicht entgegen.
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# In Verfahren, die einen umfassenden Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten zum Gegenstand haben, ist für den Betroffenen in der Regel ein Verfahrenspfleger zu bestellen. Sieht das Gericht hiervon ab, hat es die Gründe dafür in der Entscheidung darzulegen.
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'''BGH, Beschluss vom 24. Februar 2021 - XII ZB 503/20''':
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# Im Verfahren betreffend die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts darf das Gericht unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Satz 1 FamFG ausnahmsweise dann von der Anhörung des Betroffenen bzw. von der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks absehen, wenn eine Vorführung des Betroffenen (§ 278 Abs. 5 FamFG) unverhältnismäßig ist und das Gericht zuvor sämtliche nicht mit Zwang verbundenen Versuche – einschließlich des Versuchs einer Anhörung in der gewöhnlichen Umgebung – unternommen hat, um den Betroffenen zu befragen oder sich von ihm einen persönlichen Eindruck zu verschaffen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 2. Juli 2014 XII ZB 120/14 FamRZ 2014, 1543).
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# Der pauschale Verweis des Gerichts auf die mit der Corona-Pandemie verbundenen Gesundheitsgefahren ist nicht geeignet, das Absehen von der persönlichen Anhörung des Betroffenen zu rechtfertigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2020 XII ZB 235/20 FamRZ 2021, 138, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
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# Ein Einwilligungsvorbehalt kann nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. Mai 2018 XII ZB 577/17 FamRZ 2018, 1193).
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# Ein Einwilligungsvorbehalt kann nicht gegen den freien Willen des Betroffenen angeordnet werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017 XII ZB 495/16 FamRZ 2017, 1341).
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'''BGH, Beschluss vom 9. Juni 2021 - XII ZB 545/20'''
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Für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts im Bereich der Vermögenssorge muss eine konkrete Gefahr des Vermögens des Betroffenen durch sein aktives Tun festgestellt werden, indem er etwa vermögenserhaltende und -schützende Maßnahmen des Betreuers konterkariert oder andere vermögensschädigende Maßnahmen trifft (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. August 2018 - XII ZB 10/18 - FamRZ 2018, 1770).
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'''AG Brandenburg, Beschluss vom 03.09.2021, 85 XVII 154/18'''
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Ein Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) kann grundsätzlich auch bei Willenserklärungen des Betroffenen angeordnet werden, die den Aufgabenkreis des Fernmeldeverkehrs betreffen.
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'''LG Berlin, Beschluss vom 29.12.2021, 87 T 285/20, 87 T 290/20'''
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Ein Einwilligungsvorbehalt kann auch auf Willenserklärungen im Bereich der Wahrnehmung der Angelegenheiten der Staatsangehörigkeit erstreckt werden.
    
===Einwilligungsvorbehalt muss sich auf Betreueraufgabenkreise beziehen===
 
===Einwilligungsvorbehalt muss sich auf Betreueraufgabenkreise beziehen===
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#Nur bei hinreichenden Anhaltspunkten für eine konkrete erhebliche Gefahr für die Person oder das Vermögen kann ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden.
 
#Nur bei hinreichenden Anhaltspunkten für eine konkrete erhebliche Gefahr für die Person oder das Vermögen kann ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden.
 
#Bei der Auswahl des Betreuers ist der Wunsch des Betroffenen maßgeblich; auch der Wunsch eine bestimmte Person nicht zu bestellen.
 
#Bei der Auswahl des Betreuers ist der Wunsch des Betroffenen maßgeblich; auch der Wunsch eine bestimmte Person nicht zu bestellen.
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'''BGH Beschluss v. 24.01.2018 - XII ZB 141/17
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Allein die Unsicherheit darüber, ob der Betroffene geschäftsunfähig ist, vermag die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Vermögensangelegenheiten nicht zu rechtfertigen.
    
==Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes==
 
==Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes==
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'''BGH, Urteil vom 21. April 2015 - XI ZR 234/14''':
 
'''BGH, Urteil vom 21. April 2015 - XI ZR 234/14''':
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Die Zahlung an eine Person, für die ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge angeordnet ist, hat keine Erfüllungswirkung.
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Die Zahlung an eine Person, für die ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge angeordnet ist, hat keine Erfüllungswirkung. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch der Bank gegen den Betreuten wegen der unterlassenen Mitteilung des Einwilligungsvorbehaltes oder der Abhebung des Geldes ohne Zustimmung des Betreuers scheidet mangels Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB aus. Der Betreute war nicht verpflichtet, die Bank ungefragt über die bestehende Betreuung oder den angeordneten Einwilligungsvorbehalt aufzuklären. Er ist als unter Einwilligungsvorbehalt stehender Betreuter auch in diesem Zusammenhang von Gesetzes wegen wie ein beschränkt Geschäftsfähiger zu behandeln. Ein solcher haftet nicht aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, wenn er seine Minderjährigkeit verschweigt. Wegen des Fehlens eines Gutglaubensschutzes im Hinblick auf die Geschäftsfähigkeit besteht grundsätzlich keine Pflicht zur ungefragten Aufklärung des Vertragspartners über die fehlende Geschäftsfähigkeit
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'''Landgericht Bonn, Urt vom 09. August 2019 - 1 O 20/19'''
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Das Landgericht Bonn hat entschieden, dass der Inhaber einer Kfz-Werkstatt von einem Betreuten keine Zahlung für die durchgeführte Reparatur verlangen kann, wenn der mit ihm abgeschlossene Werkvertrag infolge eines gerichtlich angeordneten Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB schwebend unwirksam ist (§§ 108 Abs. 1 und 1903 Satz 2 BGB) und der Betreuer die Genehmigung verweigert.
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'''OLG München, Endurteil vom 18.09.2019, 15 U 127/19 Rae''', MDR 2020, 62:
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Ein gerichtlich angeordneter Einwilligungsvorbehalt beschränkt kraft Gesetzes die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten des Betreuten. Auf dessen tatsächliche Geschäftsfähigkeit kommt es nicht. Ein Rechtsanwaltsdienstvertrag fällt unter den Einwilligungsvorbehalt, weshalb der Vertrag nach der Verweigerung der Genehmigung durch die Betreuerin unwirksam ist (§§ 108, 182 BGB).
    
===Einseitige Willenserklärungen nur bei Vorabeinwilligung===
 
===Einseitige Willenserklärungen nur bei Vorabeinwilligung===
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Rechtsprechung:
 
Rechtsprechung:
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'''VG Freiburg, Beschluss vom 30.07.2014, 4 K 1331/14''':
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'''VG Freiburg, Beschluss vom 30.07.2014, 4 K 1331/14''', FamRZ 2015, 69:
 
   
 
   
# Ein beschränkt Geschäftsfähiger, für den ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB für gerichtliche Verfahren besteht, ist prozessunfähig und kann einen Antrag nach den §§ 80 Abs. 5, 123 VwGO nicht wirksam stellen.
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# Ein beschränkt Geschäftsfähiger, für den ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB für gerichtliche Verfahren besteht, ist [[Prozessfähigkeit|prozessunfähig]] und kann einen Antrag nach den §§ 80 Abs. 5, 123 VwGO nicht wirksam stellen.
 
# Wenn der Betreuer einen solchen Antrag nicht ausdrücklich genehmigt, ist dieser Antrag von Anfang an unwirksam. Es handelt sich dann nur scheinbar um ein Rechtsschutzersuchen im prozessrechtlichen Sinne. Derartige Ersuchen sind unbeachtlich und von vornherein nicht als förmliche Rechtsbehelfe zu behandeln.
 
# Wenn der Betreuer einen solchen Antrag nicht ausdrücklich genehmigt, ist dieser Antrag von Anfang an unwirksam. Es handelt sich dann nur scheinbar um ein Rechtsschutzersuchen im prozessrechtlichen Sinne. Derartige Ersuchen sind unbeachtlich und von vornherein nicht als förmliche Rechtsbehelfe zu behandeln.
 
# Ein solches Verfahren ist aus Gründen der Rechtsklarheit analog den Regelungen über eine Klage bzw. Antragsrücknahme nach § 92 Abs. 2 VwGO durch gerichtlichen Beschluss einzustellen. Wie bei einer Antragsrücknahme ist der Rechtsstreit damit nicht als anhängig geworden anzusehen.
 
# Ein solches Verfahren ist aus Gründen der Rechtsklarheit analog den Regelungen über eine Klage bzw. Antragsrücknahme nach § 92 Abs. 2 VwGO durch gerichtlichen Beschluss einzustellen. Wie bei einer Antragsrücknahme ist der Rechtsstreit damit nicht als anhängig geworden anzusehen.
 
# In diesen Fällen kann das Gericht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 GKG von der Erhebung von Gerichtskosten absehen.
 
# In diesen Fällen kann das Gericht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 GKG von der Erhebung von Gerichtskosten absehen.
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'''OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.07.2016, 11 Wx 61/16''':
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# Erstreckt sich der [[Aufgabenkreis]] und der Einwilligungsvorbehalt  einer Betreuerin auch auf den Verfahrensgegenstand der kostenauslösenden Grundbuchverfahren, besteht für das Grundbuchverfahren keine Verfahrensfähigkeit des Betreuten, wenn die Einleitung  des Verfahrens ohne Wissen und Billigung der Betreuerin erfolgt. (Leitsatz des Einsenders)
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# Die Kostenhaftung nach § 22 Absatz 1 GNotKG setzt nicht voraus, dass der Antrag von einer nach § 9 FamFG verfahrensfähigen Person gestellt wurde. (amtl. Leitsatz)
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'''LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2021, L 9 AS 3091/19'''
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# Im Gegensatz zum sozialgerichtlichen Verfahren kann im Verwaltungsverfahren jede natürliche Person als Bevollmächtigter auftreten, solange sie handlungsfähig im Sinne des § 11 SGB X ist.
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# Das Bestehen eines Betreuungsverhältnisses führt nicht allein zum Wegfall der Handlungsfähigkeit. Daran fehlt es erst dann, wenn der Betreute zudem geschäftsunfähig ist.
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# Wenn ein Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) angeordnet worden ist, bedarf eine Willenserklärung des Betreuten, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, der Einwilligung des Betreuers, wenn die Willenserklärung dem Betreuten nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bietet. In diesem Fall bedürfen auch Handlungen im Verwaltungsverfahren der Einwilligung des Betreuers.
    
===Fristen laufen erst, wenn der Betreuer Kenntnis erhält===
 
===Fristen laufen erst, wenn der Betreuer Kenntnis erhält===
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Erhält ein Betreuer erst nach Ablauf der Einspruchsfrist Kenntnis von einem gegen den Betreuten gerichteten und nicht wirksam zugestellten Vollstreckungsbescheid, kann er diesen deshalb nicht wirksam mit einem verspäteten Einspruch anfechten. Er muss vielmehr eine Nichtigkeitsklage gem. § 579 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO erheben. Die Frist dafür beträgt gem. § 586 ZPO einen Monat ab Zustellung des Bescheides an den Betreuer.
 
Erhält ein Betreuer erst nach Ablauf der Einspruchsfrist Kenntnis von einem gegen den Betreuten gerichteten und nicht wirksam zugestellten Vollstreckungsbescheid, kann er diesen deshalb nicht wirksam mit einem verspäteten Einspruch anfechten. Er muss vielmehr eine Nichtigkeitsklage gem. § 579 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO erheben. Die Frist dafür beträgt gem. § 586 ZPO einen Monat ab Zustellung des Bescheides an den Betreuer.
      
Rechtsprechung:
 
Rechtsprechung:
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Hat das Betreuungsgericht für Erklärungen, die den [[Aufgabenkreis]] der Betreuerin betreffen, keinen Einwilligungsvorbehalt angeordnet, bedürfen Erklärungen, die eine Betreute selbst gegenüber dem Rentenversicherungsträger oder dem Gericht abgibt, nicht der Einwilligung oder Genehmigung der Betreuerin. Allerdings bestimmt § 71 SGG i.V.m. § 53 ZPO, dass die in einem Rechtsstreit von einem Betreuer vertretene prozessfähige Person für diesen Rechtsstreit einer prozessunfähigen Person gleichsteht. Die Betreute ist in erster Instanz durch ihre Betreuerin vertreten worden. Diese Betreuerin hat durch ihre Mitteilung an das LSG zu erkennen gegeben, dass sie den Rechtsstreit nicht im Wege der Berufung fortsetzen will. Eine gegenteilige Prozesserklärung der Betreuten ist mangels [[Prozessfähigkeit]] unwirksam.
 
Hat das Betreuungsgericht für Erklärungen, die den [[Aufgabenkreis]] der Betreuerin betreffen, keinen Einwilligungsvorbehalt angeordnet, bedürfen Erklärungen, die eine Betreute selbst gegenüber dem Rentenversicherungsträger oder dem Gericht abgibt, nicht der Einwilligung oder Genehmigung der Betreuerin. Allerdings bestimmt § 71 SGG i.V.m. § 53 ZPO, dass die in einem Rechtsstreit von einem Betreuer vertretene prozessfähige Person für diesen Rechtsstreit einer prozessunfähigen Person gleichsteht. Die Betreute ist in erster Instanz durch ihre Betreuerin vertreten worden. Diese Betreuerin hat durch ihre Mitteilung an das LSG zu erkennen gegeben, dass sie den Rechtsstreit nicht im Wege der Berufung fortsetzen will. Eine gegenteilige Prozesserklärung der Betreuten ist mangels [[Prozessfähigkeit]] unwirksam.
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'''SG Marburg, Urteil vom 01.02.2016, S 2 AL 32/14''':
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# Streiten die Beteiligten über die Erfüllung eines durch Verwaltungsakt festgestellten Zahlungsanspruchs, ist dafür eine echte Leistungsklage statthaft.
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# Steht ein Betreuter hinsichtlich seiner Vermögenssorge unter Einwilligungsvorbehalt, fehlt ihm die Empfangszuständigkeit zur Entgegennahme von Sozialleistungen. Zahlungen ohne Zustimmung des Betreuers haben daher keine Erfüllungswirkung.
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# Bloßes Schweigen stellt keine Genehmigung dar.
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# Sind Bewilligungsbescheide über Sozialleistungen in Bestandskraft erwachsen, steht die Höhe der darin festgestellten Zahlungsansprüche zwischen den Beteiligten bindend fest.
    
===Einwilligungsvorbehalt bei Geschäftsunfähigkeit===
 
===Einwilligungsvorbehalt bei Geschäftsunfähigkeit===
Von seiner juristischen Konstruktion ist der Einwilligungsvorbehalt bei [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigen]] ( § 104 Nr. 2 BGB) nicht nötig. Bisweilen wird dies in Betreuerbeschlüssen auch deutlich, wenn Vormundschaftsrichter feststellen, dass ein Einwilligungsvorbehalt wegen der offenkundigen [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] (z.B. bei jedem erkennbarer schwerer geistiger [[wikipedia:de:Behinderung|Behinderung]]) nicht anzuordnen war. Dennoch erfolgt bisweilen auch bei Personen, die geschäftsunfähig sind, ein Einwilligungsvorbehalt, wenn die Geschäftsunfähigkeit nicht allgemein im Rechtsverkehr erkennbar ist, also insbesondere um dem Betreuer den Nachweis der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften zu erleichtern.
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Von seiner juristischen Konstruktion ist der Einwilligungsvorbehalt bei [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigen]] ( § 104 Nr. 2 BGB) nicht nötig. Bisweilen wird dies in Betreuerbeschlüssen auch deutlich, wenn [[Betreuungsrichter]] feststellen, dass ein Einwilligungsvorbehalt wegen der offenkundigen [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] (z.B. bei jedem erkennbarer schwerer geistiger [[wikipedia:de:Behinderung|Behinderung]]) nicht anzuordnen war. Dennoch erfolgt bisweilen auch bei Personen, die geschäftsunfähig sind, ein Einwilligungsvorbehalt, wenn die Geschäftsunfähigkeit nicht allgemein im Rechtsverkehr erkennbar ist, also insbesondere um dem Betreuer den Nachweis der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften zu erleichtern.
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Der BGH hat die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes bei einer geschäftsunfähigen Person unbeanstandet gelassen. Wörtlich heißt es beim BGH, Beschluss vom 24.1.2018, XII ZB 141/17:
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''Da die Grenzen zwischen Geschäftsfähigkeit und Geschäftsunfähigkeit fließend sind, der Betroffene für die Einwendung der Geschäftsunfähigkeit die Beweislast trägt und dem Betreuer durch den Einwilligungsvorbehalt in Streitfällen mit dem Geschäftsgegner sein Amt wesentlich erleichtert werden kann, kann die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zur Vermeidung von Unsicherheiten auch bei Geschäftsunfähigen geboten sein. Darin liegt auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Denn soweit der Betroffene ohnehin geschäftsunfähig ist, wird er durch den Einwilligungsvorbehalt nicht über Gebühr in seinen Rechten beeinträchtigt.''
    
==Wirksame Rechtsgeschäfte ohne Betreuerbeteiligung==
 
==Wirksame Rechtsgeschäfte ohne Betreuerbeteiligung==
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Unter Betreuung und Einwilligungsvorbehalt stehende Person muss kein erhöhtes Beförderungsentgelt für Schwarzfahrt bezahlen.
 
Unter Betreuung und Einwilligungsvorbehalt stehende Person muss kein erhöhtes Beförderungsentgelt für Schwarzfahrt bezahlen.
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'''BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 - XII ZB 458/15''':
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# Zu einer Willenserklärung, die eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens – wie etwa den Erwerb geringer Mengen Alkoholika – betrifft, bedarf der Betroffene auch bei bestehendem Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge nicht der Einwilligung seines Betreuers, es sei denn, das Betreuungsgericht hat hierfür gemäß § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB eine gesonderte Anordnung getroffen (qualifizierter Einwilligungsvorbehalt).
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# Auch eine Anordnung nach § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB muss verhältnismäßig sein. Deshalb hat der Tatrichter vor allem zu prüfen, ob der qualifizierte Einwilligungsvorbehalt geeignet und erforderlich ist, um den bezweckten Erfolg zu erreichen (hier: den Betroffenen daran zu hindern, Alkohol zu erwerben).
    
===Geldmittel zur freien Verfügung===
 
===Geldmittel zur freien Verfügung===
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===Geschäftsführung ohne Auftrag===
 
===Geschäftsführung ohne Auftrag===
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'''BGH, Beschluss vom 27.11.2014 - III ZA 19/14:'''
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'''BGH, Beschluss vom 27.11.2014 - III ZA 19/14:''',  NJW 2015, 1020
    
Der Kläger betreibt einen Schlüsselnotdienst und verlangt von der Beklagten, für die eine Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögensangelegenheiten angeordnet ist, Vergütung für die Öffnung der Tür zur Wohnung der Beklagten. Hier gilt: Im Falle der Nichtigkeit eines Vertrags - auch wegen gesetzlichen Verbots oder Sittenverstoßes - kann grundsätzlich auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden; der Umstand, dass sich der Geschäftsführer zur Geschäftsbesorgung verpflichtet hat oder für verpflichtet hält, steht dem nicht entgegen. Für den Fall der Nichtigkeit des Vertrags infolge der Verweigerung der Genehmigung des Rechtsgeschäfts eines beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 106 ff, 108 BGB) oder eines Betreuten, für dessen Vermögensangelegenheiten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (§ 1903 BGB), gilt nichts anderes. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, wird den berechtigten Belangen des beschränkt Geschäftsfähigen oder Betreuten durch die in § 683 BGB geregelten Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers nach § 670 BGB in genügender Weise Rechnung getragen.
 
Der Kläger betreibt einen Schlüsselnotdienst und verlangt von der Beklagten, für die eine Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögensangelegenheiten angeordnet ist, Vergütung für die Öffnung der Tür zur Wohnung der Beklagten. Hier gilt: Im Falle der Nichtigkeit eines Vertrags - auch wegen gesetzlichen Verbots oder Sittenverstoßes - kann grundsätzlich auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden; der Umstand, dass sich der Geschäftsführer zur Geschäftsbesorgung verpflichtet hat oder für verpflichtet hält, steht dem nicht entgegen. Für den Fall der Nichtigkeit des Vertrags infolge der Verweigerung der Genehmigung des Rechtsgeschäfts eines beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 106 ff, 108 BGB) oder eines Betreuten, für dessen Vermögensangelegenheiten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (§ 1903 BGB), gilt nichts anderes. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, wird den berechtigten Belangen des beschränkt Geschäftsfähigen oder Betreuten durch die in § 683 BGB geregelten Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers nach § 670 BGB in genügender Weise Rechnung getragen.
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'''LG Bonn, Urteil vom 09.08.2019, 1 O 20/19
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Keine vertraglichen Ansprüche für die Kosten einer Fahrzeugreparatur, da ein geschlossener Werkvertrag infolge des gerichtlich angeordneten Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs.1 Satz 1 BGB schwebend unwirksam war (§§ 108 Abs.1, 1903 Satz 2 BGB) und nach Verweigerung der Genehmigung durch den Betreuer nichtig ist. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag kommt bei einem infolge einer fehlenden Genehmigung des rechtlichen Betreuers unwirksamen Vertrag des Betreuten zwar grundsätzlich in Betracht (BGH NJW 2015, 1020 Rd.6). Es fehlt im vorliegenden Fall für eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag jedoch an dem Erfordernis, dass die Tätigkeit des Klägers dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprach (§ 683 Satz 1 BGB). Denn die eingangs unter 1. dargestellten Rechtswirkungen des Einwilligungsvorbehaltes führen dazu, dass allein der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Betreuers des Beklagten entscheidend ist.
    
==Kein Einwilligungsvorbehalt darf erfolgen==
 
==Kein Einwilligungsvorbehalt darf erfolgen==
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[[Geschäftsfähigkeit]], [[Einwilligungsfähigkeit]], [[Freier Wille]], [[Prozessfähigkeit]], [[Ehefähigkeit]], [[Testierfähigkeit]], [[Selbstbestimmung]]
 
[[Geschäftsfähigkeit]], [[Einwilligungsfähigkeit]], [[Freier Wille]], [[Prozessfähigkeit]], [[Ehefähigkeit]], [[Testierfähigkeit]], [[Selbstbestimmung]]
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[[Bild:betroyt.jpg|right||link=https://betroyt.de/podcast/]]
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==Videos und Podcasts==
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*[https://betroyt.de/podcast/folge-50-vermogen-ii-ein-kurzer-uberblick-zum-einwilligungsvorbehalt/ Podcast betroyt.de zum Einwilligungsvorbehalt]
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*[https://youtu.be/l47tZxYcDw0 Youtube-Video (Betreuerschmiede) zum Einwilligungsvorbehalt]
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==Weblinks==
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*[http://www.juraexamen.info/23989-2/ juristische Examensklausur zum Thema Einwilligungsvorbehalt]
    
==Literatur==
 
==Literatur==
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*Gitter/Schmitt: Die geschenkte Eigentumswohnung – BGHZ 78, 29; JuS 1982, 253
 
*Gitter/Schmitt: Die geschenkte Eigentumswohnung – BGHZ 78, 29; JuS 1982, 253
 
*[http://skm.bistum-trier.de/fachinfo/schenk.htm Holzhauer: Schenkungen aus dem Vermögen Betreuter; FamRZ 2000, 1063]
 
*[http://skm.bistum-trier.de/fachinfo/schenk.htm Holzhauer: Schenkungen aus dem Vermögen Betreuter; FamRZ 2000, 1063]
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*[https://dopus.uni-speyer.de/frontdoor/deliver/index/docId/1500/file/1500_Janda_FamRZ_2013-1_zivilrechtl_Handlungsf.pdf Janda, Grundlagen der Einschränkung der zivilrechtlichen Handlungsfähigkeit; FamRZ 2013, 16 (PDF)]
 
*Jauernig: Noch einmal: Die geschenkte Eigentumswohnung – BGHZ 78, 28; JuS 1982, 576
 
*Jauernig: Noch einmal: Die geschenkte Eigentumswohnung – BGHZ 78, 28; JuS 1982, 576
 
*Jerschke: Ist die Schenkung eines vermieteten Grundstücks rechtlich vorteilhaft?; DNotZ 1982, 459
 
*Jerschke: Ist die Schenkung eines vermieteten Grundstücks rechtlich vorteilhaft?; DNotZ 1982, 459
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*Krüger: Grundstücksschenkungen an Minderjährige; ZNotP 2006, 202
 
*Krüger: Grundstücksschenkungen an Minderjährige; ZNotP 2006, 202
 
*Lange: Schenkungen an beschränkt Geschäftsfähige und § 107 BGB; NJW 1955, 1339
 
*Lange: Schenkungen an beschränkt Geschäftsfähige und § 107 BGB; NJW 1955, 1339
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*Lindacher: Überlegungen zu § 110 BGB. Funktion, Anwendungsbereich und dogmatische Einordnung, in: FS Bosch, 1976, S. 533
 
*Preuß: Das für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäft; JuS 2006, 305
 
*Preuß: Das für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäft; JuS 2006, 305
 
*Rastätter: Grundstücksschenkungen an Minderjährige; BWNotZ 2006, 1
 
*Rastätter: Grundstücksschenkungen an Minderjährige; BWNotZ 2006, 1
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==Vordrucke==
 
==Vordrucke==
 
[[Bild:Klarsicht.gif|right]]
 
[[Bild:Klarsicht.gif|right]]
*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/aenderungen_im_Betreuungsbedarf/6_Anordnung_eines_Einwilligungsvorbehaltes.pdf Anregung eines Einwilligungsvorbehaltes (PDF)]
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*[https://www.gesetzliche-betreuung-nbg.de/wp-content/uploads/2014/11/Einwilligungsvorbehalt.pdf Anregung eines Einwilligungsvorbehaltes (PDF)]
 
*[http://www.anwaltonline.net/formulare/einwilligungsvorbehalt.html Anregung eines Einwilligungsvorbehaltes (Anwalt Online)]
 
*[http://www.anwaltonline.net/formulare/einwilligungsvorbehalt.html Anregung eines Einwilligungsvorbehaltes (Anwalt Online)]
*[http://www.horstdeinert.de/lexikon/Aufgabenkreise.pdf Antrag Betreuungserweiterung sowie Einwilligungsvorbehalt]
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*[http://www.horstdeinert.de/lexikon/Einwilligungsvorbehalt.pdf Schreiben an Gläubiger bei Einwilligungsvorbehalt]
   
*[http://www.ehrenamt-im-netz.de/file_download/26 Mitteilung an Vertragspartner bei Einwilligungsvorbehalt]
 
*[http://www.ehrenamt-im-netz.de/file_download/26 Mitteilung an Vertragspartner bei Einwilligungsvorbehalt]
  

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