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===Prüfungspflicht des Standesbeamten===
 
===Prüfungspflicht des Standesbeamten===
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Der Standesbeamte hat die Pflicht, von Amts wegen vor der Eheschließung die Ehegeschäftsfähigkeit nach § 1304 BGB zu prüfen, § 5 PStV (vgl. Böhmer StAZ 1992, 66 ff.). Er muss seine Mitwirkung an der Eheschließung unterlassen, wenn die Eheschließung offenkundig nach {{Zitat de §|1314|bgb}} Abs. 2 BGB aufhebbar wäre.
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Der Standesbeamte hat die Pflicht, von Amts wegen vor der Eheschließung die Ehegeschäftsfähigkeit nach § 1304 BGB zu prüfen, § 13 PStG (vgl. Böhmer StAZ 1992, 66 ff.). Er muss seine Mitwirkung an der Eheschließung unterlassen, wenn die Eheschließung offenkundig nach {{Zitat de §|1314|bgb}} Abs. 2 BGB aufhebbar wäre.
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Das Betreuungsgericht kann nach § 308 FamFG das Standesamt vom Bestehen einer Betreuung unterrichten, wenn anzunehmen ist, dass ein geschäftsunfähiger Betreuter heiraten will und der heiratswillige Partner erheblich gefährdet würde (Bt-Drs. 11/4528, S. 182; Damrau/Zimmermann, § 69k FGG Rz 6). Der Standesbeamte ist auch ohne eine solche Mitteilung gem. § 12 FamFG zur Einsichtnahme in die Betreuungsakten des [[Betreuungsgericht]]es berechtigt (Böhmer StAZ 1990, 213/216; Soergel/Zimmermann § 1903 Rz 21).
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Das Betreuungsgericht kann nach § 308 FamFG das Standesamt vom Bestehen einer Betreuung unterrichten, wenn anzunehmen ist, dass ein geschäftsunfähiger Betreuter heiraten will und der heiratswillige Partner erheblich gefährdet würde (Bt-Drs. 11/4528, S. 182; Damrau/Zimmermann, § 69k FGG Rz 6). Der Standesbeamte ist auch ohne eine solche Mitteilung gem. § 13 FamFG zur Einsichtnahme in die Betreuungsakten des [[Betreuungsgericht]]es berechtigt (Böhmer StAZ 1990, 213/216; Soergel/Zimmermann § 1903 Rz 21).
    
Bienwald hält es für zulässig, dass der Betreuer sich bei einer beabsichtigten Eheschließung seines Betreuten an den Standesbeamten wendet, wenn er befürchtet, dass sein Betreuter Opfer eines egoistischen Heiratsanliegens zu werden droht (z.B. Scheinehe zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis oder der deutschen Staatsangehörigkeit). Hier sei es vertretbar, auf das Bestehen der Betreuung und eigene Zweifel an der Ehegeschäftsfähigkeit gegenüber dem Standesbeamten hinzuweisen (Bienwald, BtR, 3. Aufl. § 1896 S. 150).
 
Bienwald hält es für zulässig, dass der Betreuer sich bei einer beabsichtigten Eheschließung seines Betreuten an den Standesbeamten wendet, wenn er befürchtet, dass sein Betreuter Opfer eines egoistischen Heiratsanliegens zu werden droht (z.B. Scheinehe zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis oder der deutschen Staatsangehörigkeit). Hier sei es vertretbar, auf das Bestehen der Betreuung und eigene Zweifel an der Ehegeschäftsfähigkeit gegenüber dem Standesbeamten hinzuweisen (Bienwald, BtR, 3. Aufl. § 1896 S. 150).
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Rechtsprechung:
 
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'''OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.07.2010, 13 UF 55/09''', FamRZ 2011, 216:
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'''OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.07.2010, 13 UF 55/09''', FamRZ 2011, 216 =  JurionRS 2010, 19594:
 
   
 
   
 
Zum Grundrecht auf Eheschließung auch für Schwerkranke. Im vorliegenden Verfahren wurde trotz Vorliegen eines sog. Korsakow-Syndroms des Ehemannes bei der Eheschließung der Antrag auf Aufhebung der Ehe durch das OLG zurückgewiesen.
 
Zum Grundrecht auf Eheschließung auch für Schwerkranke. Im vorliegenden Verfahren wurde trotz Vorliegen eines sog. Korsakow-Syndroms des Ehemannes bei der Eheschließung der Antrag auf Aufhebung der Ehe durch das OLG zurückgewiesen.
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Nur bei geschäftsunfähigen Betreuten ist der Abschluss eines Ehevertrags durch den Betreuer zulässig; aufgrund der obigen Ausführungen kann dies nur Fälle betreffen, in denen der Ehevertrag nicht zugleich mit der Ehe geschlossen werden soll, sondern später Geschäftsunfähigkeit des Ehepartners eingetreten ist (§ 1411 Abs. 2). Auch hier ist vormg. Genehmigung erforderlich; Gütergemeinschaft kann durch den Betreuer nicht vereinbart oder aufgehoben werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird in der Kommentarliteratur empfohlen, dass der Ehevertrag durch den Betreuten und den Betreuer mit betr.ger. Genehmigung geschlossen wird (Damrau/Zimmermann, {{Zitat de §|1902|bgb}} Rz 8, Neuhausen RNotZ 2003, 157/167).
 
Nur bei geschäftsunfähigen Betreuten ist der Abschluss eines Ehevertrags durch den Betreuer zulässig; aufgrund der obigen Ausführungen kann dies nur Fälle betreffen, in denen der Ehevertrag nicht zugleich mit der Ehe geschlossen werden soll, sondern später Geschäftsunfähigkeit des Ehepartners eingetreten ist (§ 1411 Abs. 2). Auch hier ist vormg. Genehmigung erforderlich; Gütergemeinschaft kann durch den Betreuer nicht vereinbart oder aufgehoben werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird in der Kommentarliteratur empfohlen, dass der Ehevertrag durch den Betreuten und den Betreuer mit betr.ger. Genehmigung geschlossen wird (Damrau/Zimmermann, {{Zitat de §|1902|bgb}} Rz 8, Neuhausen RNotZ 2003, 157/167).
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'''OLG Brandenburg, Beschl. v. 07.03.2017,  10 UF 54/15''', FamRZ 2017, 1747
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Von Ehegeschäftsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit der Ehegatten beim Abschluss eines Ehevertrages ist auch bei leichter Intelligenzminderung auszugehen, wenn diese nach Überzeugung des Gerichts die Bedeutung der Ehe und der getroffenen Vereinbarungen erfasst haben (hier: bejaht).
    
===Gütergemeinschaft===
 
===Gütergemeinschaft===
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Der geschäftsfähige Betreute kann nur selbst Antrag auf Ehescheidung erheben, das gilt auch bei einem [[Einwilligungsvorbehalt]] (§ 125 Abs. 1 FamFG, so auch Erman/Holzhauer § 1896 Rz 59). Nach anderer Auffassung kann der Betreuer auch bei geschäftsfähigen Betreuten die [[Prozessführung]] übernehmen ({{Zitat de §|53|zpo}} ZPO) und ist der Betreute unter Einwilligungsvorbehalt selbst zur Klageerhebung nicht berechtigt ({{Zitat de §|52|zpo}} ZPO; so Damrau/Zimmermann § 1902 Rz 26).  Letzteres stellt die herrschende Meinung dar (Baumbach-Lauterbach, § 607 ZPO Rz 1; Roth BtPrax 2007, 100/102 m.w.N.).  
 
Der geschäftsfähige Betreute kann nur selbst Antrag auf Ehescheidung erheben, das gilt auch bei einem [[Einwilligungsvorbehalt]] (§ 125 Abs. 1 FamFG, so auch Erman/Holzhauer § 1896 Rz 59). Nach anderer Auffassung kann der Betreuer auch bei geschäftsfähigen Betreuten die [[Prozessführung]] übernehmen ({{Zitat de §|53|zpo}} ZPO) und ist der Betreute unter Einwilligungsvorbehalt selbst zur Klageerhebung nicht berechtigt ({{Zitat de §|52|zpo}} ZPO; so Damrau/Zimmermann § 1902 Rz 26).  Letzteres stellt die herrschende Meinung dar (Baumbach-Lauterbach, § 607 ZPO Rz 1; Roth BtPrax 2007, 100/102 m.w.N.).  
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Der Antrag auf Ehescheidung für einen geschäftsunfähigen Betreuten ist durch den Betreuer zu stellen (BGH {{Rspr|NJW 2002, 671}}; OLG Frankfurt/Main ZEV 2002, 514; Roth aaO S. 102). Gegenteilige Auffassungen aus der Literatur (Kern; Festschrift f. Bienwald, S. 137/142), wonach der Ehescheidungsantrag eine höchstpersönliche Angelegenheit ist, werden nicht geteilt.  
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Der Antrag auf Ehescheidung für einen geschäftsunfähigen Betreuten ist durch den Betreuer zu stellen (BGH {{Rspr|NJW 2002, 671}}; OLG Frankfurt/Main ZEV 2002, 514; OLG Celle, NJW 2013, 2912; Roth aaO S. 102). Gegenteilige Auffassungen aus der Literatur (Kern; Festschrift f. Bienwald, S. 137/142), wonach der Ehescheidungsantrag eine höchstpersönliche Angelegenheit ist, werden nicht geteilt.  
    
Beim [[Aufgabenkreis]] für das Ehescheidungs- (und auch –aufhebungs) verfahren ist nicht auf den Aufgabenkreis [[Vermögenssorge]] abzustellen, da es sich bei der Ehe um eine familienrechtliche Beziehung handelt; hätte der Betreuer nur diesen Aufgabenkreis, wäre er allenfalls Beteiligter bei Scheidungsfolgesachen (Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich, Hausratsaufteilung), vgl. {{Zitat de §|621|zpo}}, {{Zitat de §|623|zpo}} ZPO. Für das Scheidungsverfahren selbst wird ein eigener Aufgabenkreis benötigt, z.B. Vertretung in eherechtlichen Verfahren, Aufgabenkreis alle Angelegenheiten (MünchKomm/Schwab § 1903 BGB Rz 31; Musielak/Borth, § 607 ZPO Rz 6;  OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 27/28;. bereits zum alten Recht der Gebrechlichkeitspflegschaft LG Mannheim FamRZ 1957, 395). Erneut OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.4.2011, 2 WF 166/10; FamFR 2011, 312 = BeckRS 2011, 14629: Die Bestellung eines Betreuers mit dem Wirkungskreis "Vertretung in Behördenangelegenheiten" ermächtigt diesen nicht zur Vertretung des Betroffenen im Ehescheidungsverfahren.
 
Beim [[Aufgabenkreis]] für das Ehescheidungs- (und auch –aufhebungs) verfahren ist nicht auf den Aufgabenkreis [[Vermögenssorge]] abzustellen, da es sich bei der Ehe um eine familienrechtliche Beziehung handelt; hätte der Betreuer nur diesen Aufgabenkreis, wäre er allenfalls Beteiligter bei Scheidungsfolgesachen (Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich, Hausratsaufteilung), vgl. {{Zitat de §|621|zpo}}, {{Zitat de §|623|zpo}} ZPO. Für das Scheidungsverfahren selbst wird ein eigener Aufgabenkreis benötigt, z.B. Vertretung in eherechtlichen Verfahren, Aufgabenkreis alle Angelegenheiten (MünchKomm/Schwab § 1903 BGB Rz 31; Musielak/Borth, § 607 ZPO Rz 6;  OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 27/28;. bereits zum alten Recht der Gebrechlichkeitspflegschaft LG Mannheim FamRZ 1957, 395). Erneut OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.4.2011, 2 WF 166/10; FamFR 2011, 312 = BeckRS 2011, 14629: Die Bestellung eines Betreuers mit dem Wirkungskreis "Vertretung in Behördenangelegenheiten" ermächtigt diesen nicht zur Vertretung des Betroffenen im Ehescheidungsverfahren.
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Dies gilt auch dann, wenn der Betreute infolge seniler Demenz kein Verständnis für die Ehe mehr besitzt, der andere Ehegatte jedoch an der ehelichen Gemeinschaft festhalten will. Denn aus der grundsätzlichen Möglichkeit eines Ehegatten, die Scheidung einer gescheiterten Ehe auch dann zu erwirken, wenn er aufgrund einer geistigen Behinderung jedes Verständnis für die Ehe und deren Scheitern verloren hat, kann nicht umgekehrt gefolgert werden, daß die Ehe des geistig behinderten Ehegatten - gleichsam "automatisch" - schon allein deshalb gescheitert ist, weil er behinderungsbedingt jedes Verständnis für die Ehe verloren hat und deshalb zu einem eigenen ehelichen Empfinden nicht in der Lage ist. (BGH NJW 2002, 671, siehe unten).  
 
Dies gilt auch dann, wenn der Betreute infolge seniler Demenz kein Verständnis für die Ehe mehr besitzt, der andere Ehegatte jedoch an der ehelichen Gemeinschaft festhalten will. Denn aus der grundsätzlichen Möglichkeit eines Ehegatten, die Scheidung einer gescheiterten Ehe auch dann zu erwirken, wenn er aufgrund einer geistigen Behinderung jedes Verständnis für die Ehe und deren Scheitern verloren hat, kann nicht umgekehrt gefolgert werden, daß die Ehe des geistig behinderten Ehegatten - gleichsam "automatisch" - schon allein deshalb gescheitert ist, weil er behinderungsbedingt jedes Verständnis für die Ehe verloren hat und deshalb zu einem eigenen ehelichen Empfinden nicht in der Lage ist. (BGH NJW 2002, 671, siehe unten).  
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Mit Rechtskraft des Ehescheidung bzw. –aufhebungsbeschlusses endet ein Krankenversicherungsschutz, der bisher im Rahmen der Familienversicherung als Mitversicherter beim Ehegatten gewährleistet wurde. Der Betreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsssorge hat die Pflicht, den Krankenversicherungsschutz für den Betreuten sicherzustellen (BSG NJW 2002, 2413 = FamRZ 2002, 1471, vgl. auch BdB-Aspekte 41/02, S. 18). Der Antrag auf freiwillige Weiterversicherung nach § 9 SGB-V kann nur binnen 3 Monaten nach Rechtskraft des Scheidungs- bzw. Aufhebungsbeschlusses gestellt werden kann.
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Weitere Rechtsprechung:
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Rechtsprechung:
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'''Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.11.2001, XII ZR 247/00''', BGHReport 2002,197 = BGHZ 149, 140 = FamRZ 2002, 316 = FPR 2002,143 = FuR 2002,218 = JR 2002,455 (m Anm. Rauscher S. 457) = JurionRS 2001, 20151 = JuS 2002,613 = JZ 2002, 710 (mit Anm. Muscheler = Life&Law 2002, 227 = MDR 2002, 395 = NJW 2002, 671 = NJW-RR 2002, 577 (Ls.) :
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'''Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.11.2001, XII ZR 247/00''', BGHZ 149, 140 = NJW 2002, 671 = MDR 2002, 395 = FamRZ 2002, 316 = NJW-RR 2002, 577 (Ls.):
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Zur Frage des Scheiterns der Ehe bei Geisteskrankheit eines Ehegatten. Einem geistig behinderten Ehegatten kann die Berufung auf das Scheitern seiner Ehe nicht allein deshalb versagt werden, weil er infolge seiner Behinderung jedes Verständnis für die Ehe und damit auch für deren Scheitern verloren hat. Würde ein solcher Ehegatte wegen seines Geisteszustands an einer gescheiterten Ehe festgehalten, obwohl deren Scheidung - nach der im Genehmigungsverfahren (§ 607 II Satz 2 Halbs. 2 ZPO) gewonnenen Überzeugung auch des Vormundschaftsgerichts - in seinem wohlverstandenen Interesse liegt, so würde das besondere Schutzbedürfnis dieses Ehegatten unterlaufen.
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Zur Frage des Scheiterns der Ehe bei Geisteskrankheit eines Ehegatten.
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'''OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.4.2011''', 2 WF 166/10 ; FamFR 2011, 312 m.Anm. Zimmermann = BeckRS 2011, 14629 = FamRZ 2011, 1814:
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Mit Rechtskraft des Ehescheidung bzw. –aufhebungsbeschlusses endet ein Krankenversicherungsschutz, der bisher im Rahmen der Familienversicherung als Mitversicherter beim Ehegatten gewährleistet wurde. Der Betreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsssorge hat die Pflicht, den Krankenversicherungsschutz für den Betreuten sicherzustellen (BSG NJW 2002, 2413 = FamRZ 2002, 1471, vgl. auch BdB-Aspekte 41/02, S. 18). Der Antrag auf freiwillige Weiterversicherung nach § 9 SGB-V kann nur binnen 3 Monaten nach Rechtskraft des Scheidungs- bzw. Aufhebungsbeschlusses gestellt werden kann.
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Die Bestellung eines Betreuers mit dem Wirkungskreis "Vertretung in Behördenangelegenheiten" ermächtigt diesen nicht zur Vertretung des Betroffenen im Ehescheidungsverfahren.
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'''OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.4.2011''', 2 WF 166/10 ; FamFR 2011, 312 m.Anm. Zimmermann = BeckRS 2011, 14629 = FamRZ 2011, 1814
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'''OLG Naumburg, 13.10.2011 - 3 UF 157/08''', BeckRS 2011, 27393 = FamRZ 2012, 1316:
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Die Bestellung eines Betreuers mit dem Wirkungskreis "Vertretung in Behördenangelegenheiten" ermächtigt diesen nicht zur Vertretung des Betroffenen im Ehescheidungsverfahren.
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Bei einer ursprünglich krankheitsbedingten Trennung des antragstellenden und prozessunfähigen Ehegatten ist für das Vorliegen des Getrenntlebens der Trennungswille positiv festzustellen. Auch der durch einen Bevollmächtigten nach § 51 Abs. 3 ZPO gestellte Genehmigungsantrag nach § 607 Abs. 2 ZPO (jetzt § 125 Abs. 2 FamFG) kann betreuungsgerichtlich genehmigt werden.
    
'''OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.12.2011, 10 UF 217/10''', BtPrax 2012, 73 = FamRZ 2012, 1166 = JurionRS 2011, 31271:
 
'''OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.12.2011, 10 UF 217/10''', BtPrax 2012, 73 = FamRZ 2012, 1166 = JurionRS 2011, 31271:
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Für die wirksame Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes in einem Ehescheidungsverfahren benötigt der Betreuer den Aufgabenkreis „Vertretung im Ehescheidungsverfahren“. Die Bestellung als Betreuer mit dem [[Aufgabenkreis]] „Vertretung vor Behörden und Gerichten“ dient lediglich der Klarstellung der Vertretungsberechtigung des Betreuers im Rahmen eines zugleich übertragenen Aufgabenkreises und ist deshalb alleine nicht ausreichend.
 
Für die wirksame Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes in einem Ehescheidungsverfahren benötigt der Betreuer den Aufgabenkreis „Vertretung im Ehescheidungsverfahren“. Die Bestellung als Betreuer mit dem [[Aufgabenkreis]] „Vertretung vor Behörden und Gerichten“ dient lediglich der Klarstellung der Vertretungsberechtigung des Betreuers im Rahmen eines zugleich übertragenen Aufgabenkreises und ist deshalb alleine nicht ausreichend.
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'''OLG Celle, Beschluss vom 11.07.2013, 6 W 106/13''', BtPrax 2013, 214 = NJW 2013, 2912:
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'''OLG Celle, Beschluss vom 11.07.2013, 6 W 106/13''', BtPrax 2013, 214 = FamRZ 2014, 156 = JurionRS 2013, 42187 = NJW 2013, 2912 = ZEV 2013, 7:
 
   
 
   
 
Der Aufgabenkreis "Rechtsangelegenheiten" berechtigt den Betreuer, den Betreuten im Ehescheidungsverfahren zu vertreten, jedenfalls dann, wenn der Betreute schon geschäftsunfähig war, als das Gericht den Betreuer bestellte (Abgrenzung zu OLG Zweibrücken FamRZ 2011, 1814 und OLG Brandenburg FamRZ 2012, 1166).
 
Der Aufgabenkreis "Rechtsangelegenheiten" berechtigt den Betreuer, den Betreuten im Ehescheidungsverfahren zu vertreten, jedenfalls dann, wenn der Betreute schon geschäftsunfähig war, als das Gericht den Betreuer bestellte (Abgrenzung zu OLG Zweibrücken FamRZ 2011, 1814 und OLG Brandenburg FamRZ 2012, 1166).
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'''OLG Hamm, Beschul v 16.8.2013, 3 UF 43/13''':
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'''OLG Hamm, Beschluss v 16.8.2013, 3 UF 43/13''',BtPrax 2013, 261 = FamFR 2013, 522 =
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FamRZ 2013, 1889 = FF 2014,  77 = JurionRS 2013, 46184 = MDR 2013, 15 = NJW 2014, 158 mAnm Kogel NJW 2014, 138 = PaPfleReQ 2013,  94 = SuP 2013, 718:
    
# Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten eines an Demenz erkrankten Ehegatten durch dessen gesetzlichen Betreuer für einen wirksamen Ehescheidungsantrag gemäß den §§ 125 Abs. 2 S. 2, 287 Abs. 1 FamFG, 1564 S. 1 BGB.
 
# Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten eines an Demenz erkrankten Ehegatten durch dessen gesetzlichen Betreuer für einen wirksamen Ehescheidungsantrag gemäß den §§ 125 Abs. 2 S. 2, 287 Abs. 1 FamFG, 1564 S. 1 BGB.
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# Darauf, dass bei dem an Demenz erkrankten Antragsteller zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung hingegen kein natürlicher Trennungs- und Scheidungswillen mehr festgestellt werden kann, kommt es nicht für den Ausspruch der Ehescheidung an. Ist nämlich der antragstellende Ehegatte wegen einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, das Wesen einer Ehe und einer Ehescheidung erfassen zu können, ist bei ihm ein Zustand äußerster Eheferne erreicht, bei dem die Ehe der mehr als ein Jahr getrennt lebenden Ehegatten scheidbar ist.
 
# Darauf, dass bei dem an Demenz erkrankten Antragsteller zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung hingegen kein natürlicher Trennungs- und Scheidungswillen mehr festgestellt werden kann, kommt es nicht für den Ausspruch der Ehescheidung an. Ist nämlich der antragstellende Ehegatte wegen einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, das Wesen einer Ehe und einer Ehescheidung erfassen zu können, ist bei ihm ein Zustand äußerster Eheferne erreicht, bei dem die Ehe der mehr als ein Jahr getrennt lebenden Ehegatten scheidbar ist.
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'''KG Berlin Beschl. v. 12.02.2014,25 WF 150/13'''
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'''OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2014, 6 UF 125/13''':
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Eine mit dem Aufgabenkreis "Vermögenssorge", "Wohnungsangelegenheiten" und "Vertretung vor Behörden und Gerichten" bestellte Betreuerin ist nicht befugt, eine Prozessvollmacht zur Durchführung eines Scheidungsverfahrens zu erteilen. Gemäß § 114 Abs. 5 FamFG bedarf der Verfahrensbevollmächtigte einer besonderen, gerade auf die konkrete Ehesache bezogenen Vollmacht. An einer solchen fehlt es. Die erteilte Vollmacht vom 29.4.2013 genügt nicht. Die Betreuerin war nicht berechtigt, für den Antragsgegner eine solche Vollmacht für ein Scheidungsverfahren zu erteilen. Sie war ausweislich des Betreuerausweises mit den Aufgabenkreisen "Vermögenssorge", "Wohnungsangelegenheiten" und "Vertretung vor Behörden und Gerichten" bestellt. Erforderlich wäre aber die Bestellung zur Vertretung im Scheidungsverfahren gewesen (vgl. z.B. OLG Brandenburg FamRZ 2012, 1166; OLG Zweibrücken FamFR 2011, 312 = FamRZ 2011, 1814).
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'''OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2014, 6 UF 125/13''',BtPrax 2014, 240 = JurionRS 2014, 18186:
    
# Ein Verfahrensbeteiligter ist verpflichtet, sorgfältig nach allen entscheidungsrelevanten Unterlagen zu forschen und schon leichte Fahrlässigkeit schließt die Zulässigkeit einer späteren Restitutionsklage aus. Dem Verfahrensbeteiligten ist überdies ein Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten und/oder seines gesetzlichen Betreuers zuzurechnen.
 
# Ein Verfahrensbeteiligter ist verpflichtet, sorgfältig nach allen entscheidungsrelevanten Unterlagen zu forschen und schon leichte Fahrlässigkeit schließt die Zulässigkeit einer späteren Restitutionsklage aus. Dem Verfahrensbeteiligten ist überdies ein Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten und/oder seines gesetzlichen Betreuers zuzurechnen.
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Beim Abschluss eines Lebenspartnerschaftsvertrags (§ 7 LPartG) ist die analoge Anwendung des § 1411 BGB und somit ggf. betreuungsrechtliche Beteiligung nach Abs. 2 vorgesehen.
 
Beim Abschluss eines Lebenspartnerschaftsvertrags (§ 7 LPartG) ist die analoge Anwendung des § 1411 BGB und somit ggf. betreuungsrechtliche Beteiligung nach Abs. 2 vorgesehen.
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Auf das Verfahren zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft finden gem. § 661 Abs. 2 ZPO die eherechtlichen Bestimmungen der ZPO Anwendung (seit 1.9.2009 § 270 FamFG). Daher ist die Beteiligung des Betreuers entsprechend § 607 Abs. 2 ZPO zu sehen. In § 15 LPartG war  für bestimmte Erklärungen im Rahmen des Aufhebungsverfahrens darüber hinaus die Höchstpersönlichkeit vorgesehen. Diese Passagen sind jedoch zum 1.1.2005 gestrichen worden, da eine Anpassung an das Eherecht beabsichtigt war (Bt-Drs. 15/3445). Die Entscheidung des OLG Köln FamRZ 2004, 1724, die eine Vertretung nicht vorsah, ist infolge Gesetzesänderung zum 01.01.2005 hinfällig geworden.  
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Auf das Verfahren zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft finden gem. § 661 Abs. 2 ZPO die eherechtlichen Bestimmungen der ZPO Anwendung (seit 1.9.2009 § 270 FamFG). Daher ist die Beteiligung des Betreuers entsprechend § 607 Abs. 2 ZPO zu sehen. In § 15 LPartG war  für bestimmte Erklärungen im Rahmen des Aufhebungsverfahrens darüber hinaus die Höchstpersönlichkeit vorgesehen. Diese Passagen sind jedoch zum 1.1.2005 gestrichen worden, da eine Anpassung an das Eherecht beabsichtigt war (Bt-Drs. 15/3445). Die untenstehende Entscheidung des OLG Köln, die eine Vertretung nicht vorsah, ist infolge der Gesetzesänderung zum 01.01.2005 hinfällig geworden.  
    
Rechtsprechung:
 
Rechtsprechung:
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'''Keine Vertretung bei Abgabe der Erklärung zur Aufhebung einer Lebenspartnerschaft möglich:
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'''OLG Köln, Beschluss vom 11.02.2004, 16 Wx 16/04 ''', FamRB 2004, 225 = FamRZ 2004, 1724 = FPR 2005, 309 = JurBüro 2004, 625 = JurionRS 2004, 16876 = JWO-FamR 2004, 292 = MDR 2004, R9 = OLGR Köln 2004, 204 = StAZ 2004, 231:
OLG Köln, Beschluss vom 11.02.2004, 16 Wx 16/04 ''', FamRZ 2004, 1724:
      
Die Erklärung, die Lebenspartnerschaft nicht weiter fortsetzen zu wollen, kann vom Betreuten nur persönlich dem Gericht gegenüber erklärt werden. Eine Vertretung durch den Betreuer ist dabei vom Gesetz nicht vorgesehen.
 
Die Erklärung, die Lebenspartnerschaft nicht weiter fortsetzen zu wollen, kann vom Betreuten nur persönlich dem Gericht gegenüber erklärt werden. Eine Vertretung durch den Betreuer ist dabei vom Gesetz nicht vorgesehen.
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*Finger: Eheschließung Geschäftsunfähiger; StAZ 1996, 225;
 
*Finger: Eheschließung Geschäftsunfähiger; StAZ 1996, 225;
 
*ders.: Zur Neuordnung des Eheschließungsrechtes; FuR 1996, 124
 
*ders.: Zur Neuordnung des Eheschließungsrechtes; FuR 1996, 124
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* Fröschle: Die Rechtliche Betreuung und das Standesamt. StAZ. 2015, 130
 
*Hellmann: Rechtsprechungsübersicht zu ausgewählten materiell- und verfahrensrechtlichen Fragen des Betreuungsrechts; BtPrax 1997, 170
 
*Hellmann: Rechtsprechungsübersicht zu ausgewählten materiell- und verfahrensrechtlichen Fragen des Betreuungsrechts; BtPrax 1997, 170
 
*Heptinger: Neuerungen im Eheschließungsrecht, StAZ 1996, 257
 
*Heptinger: Neuerungen im Eheschließungsrecht, StAZ 1996, 257
 
*Kern: Zum Aufgabenkreis „Scheidungsangelegenheiten“ bei der Betreuung; in: [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3769409930/internetsevon-21 Sonnenfeld (Hrsg.): Nichtalltägliche Fragen aus dem Alltag des Betreuungsrechtes], Gieseking-Verlag Bielefeld, 2006, ISBN 3769409930
 
*Kern: Zum Aufgabenkreis „Scheidungsangelegenheiten“ bei der Betreuung; in: [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3769409930/internetsevon-21 Sonnenfeld (Hrsg.): Nichtalltägliche Fragen aus dem Alltag des Betreuungsrechtes], Gieseking-Verlag Bielefeld, 2006, ISBN 3769409930
*[http://www.bt-portal.de/fileadmin/BT-Prax/Fachbeitraege_PDF/Betreuungspraxis/Roth_Ehe_2007.pdf Roth: Ehe und Betreuung; BtPrax 2007, 100 (PDF)]
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*[http://www.reguvis.de/fileadmin/BT-Prax/Fachbeitraege_PDF/Betreuungspraxis/Roth_Ehe_2007.pdf Roth: Ehe und Betreuung; BtPrax 2007, 100 (PDF)]
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*Schäfer: zur Ehescheidung bei Demenzerkrankten; NZFam 2014, 676.
 
*Schwab: Die Ehefähigkeit und das neue Betreuungsrecht; in: Festschrift für K. Rebmann, München 1989, S. 685
 
*Schwab: Die Ehefähigkeit und das neue Betreuungsrecht; in: Festschrift für K. Rebmann, München 1989, S. 685
    
==Formulare==
 
==Formulare==
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*[https://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/sonstige_rechtsgeschaefte/1_Genehmigung_Rechtsgeschaeft.pdf Genehmigungsantrag für eherechtliche Erklärungen des Betreuers]
 
*[http://www.online-scheidung-anwalt.de/scheidung-online-formulare-antraege-download-pdf/ Formulare zur Ehescheidung]
 
*[http://www.online-scheidung-anwalt.de/scheidung-online-formulare-antraege-download-pdf/ Formulare zur Ehescheidung]
*[http://www.scheidung.de/news/duesseldorfer-tabelle-2010 Scheidung Düsseldorfer Tabelle 2010]
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*[http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_tabelle/Tabelle-2015/index.php Scheidung Düsseldorfer Tabelle 2015]
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[[Kategorie:Aufgabenkreise]]
 
[[Kategorie:Aufgabenkreise]]

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