Patientenverfügung: Unterschied zwischen den Versionen

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* [http://www.psychologie.uni-oldenburg.de/wilfried.belschner/patientenverf%FCgung.pdf Informationbroschüre Patientenverfügung (Uni Oldenburg)]
 
* [http://www.psychologie.uni-oldenburg.de/wilfried.belschner/patientenverf%FCgung.pdf Informationbroschüre Patientenverfügung (Uni Oldenburg)]
 
* [http://www.senioren-fragen.de/patientenverfugung.html Einfache Erklärung der Patientenverfügung mit Musterformular und angeschlossenem Hilfeforum]
 
* [http://www.senioren-fragen.de/patientenverfugung.html Einfache Erklärung der Patientenverfügung mit Musterformular und angeschlossenem Hilfeforum]
*[http://www.hospize.de/service/patientenverfuegung.html Service der Hospizstiftung zu Patientenverfügungen9
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*[http://www.hospize.de/service/patientenverfuegung.html Service der Hospizstiftung zu Patientenverfügungen]
 
*[http://www.medizinethik.de/verfuegungen.htm Linksammlung von Vorsorgeverfügungen (www.medizinethik.de)]
 
*[http://www.medizinethik.de/verfuegungen.htm Linksammlung von Vorsorgeverfügungen (www.medizinethik.de)]
  

Version vom 15. Mai 2008, 09:45 Uhr

Mit der Patientenverfügung weist der Patient im Falle seiner Einwilligungsunfähigkeit den Arzt an, bestimmte medizinische Behandlungen nach seinen persönlichen Vorstellungen vorzunehmen oder zu unterlassen.

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Begriff

Die Patientenverfügung ist juristisch gesehen eine Willenserklärung. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte ursprünglich einen neuen Gesetzgebungsentwurf erarbeiten lassen, diesen aber kurzfristig wieder zurückgezogen. Derzeit werden fraktionsübergreifend weitere Vorschläge im Bundestag diskutiert. Es ist geplant 2009 ein Gesetz zu verabschieden, in dem die Patientenverfügung einer detaillierten Regelung unterzogen wird.

Eine verbreitete, aber missverständliche Bezeichnung ist auch Patiententestament, da es – anders als beim Testament – um eine Verfügung geht, die nicht nach, sondern vor dem Tod einer Person beachtet werden soll.

Die Patientenverfügung ist von der Vorsorgevollmacht zu unterscheiden, die nicht den eigenen Willen zum Ausdruck bringt, sondern einen Dritten ermächtigt, an der Stelle des einwilligungsunfähigen Patienten zu entscheiden - z. B. in Fällen, die die Patientenverfügung nicht regelt. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sollten sinnvollerweise gemeinsam erstellt werden. In der Vorsorgevollmacht sollte dann darauf verwiesen werden, dass der Bevollmächtigte an die Patientenverfügung gebunden ist. Mit der Betreuungsverfügung unterbreitet der Verfügende dem Vormundschaftsgericht lediglich einen Vorschlag für die Auswahl der Person des Betreuers. Dieser ist aber auch an eine Patientenverfügung gebunden.

Die meisten Patientenverfügungen werden von älteren Menschen erstellt. Vor allem die Angst, als Pflegefall wehrlos einer ungewollten Behandlung ausgeliefert zu sein, ist das Hauptmotiv dafür. Abgelehnt wird in Patientenverfügungen am häufigsten die Dialyse, die Beatmung und die künstliche Ernährung.

Verbindlichkeit

Nur im Zustand der Einwilligungsfähigkeit kann eine Patientenverfügung rechtswirksam eingerichtet werden. Von einer Einwilligungsfähigkeit ist auszugehen, wenn die Geschäftsfähigkeit gegeben ist. Aber auch bei nicht vorhandener Geschäftsfähigkeit ist die Einwilligungsfähigkeit vorhanden, wenn Art, Bedeutung und Tragweite (Risiken) der Maßnahme erfasst werden können. Im Zweifel dürfte ein entsprechendes ärztliches Attest von Vorteil sein.

Für den Fall, dass eine Patientenverfügung das Unterlassen von Maßnahmen bei einer Erkrankung vorsieht, die noch nicht in ein Stadium des unumkehrbaren tödlichen Verlauf getreten ist, das Befolgen der Patientenverfügung aber zum Tod führen würde obwohl noch realistische Aussichten auf Heilung bestehen, ist nach derzeitiger Rechtslage die Patientenverfügung für einen Betreuer nicht zwingend verbindlich, wenn der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation nicht eindeutig und sicher festgestellt werden kann (BVerfG 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. 8. 2001).

In anderen Fällen ist eine Patientenverfügung für einen Arzt, einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten verbindlich, wenn

  • der Verfügende nicht erkennbar von der Verfügung abrückt, und
  • die Patientenverfügung im Zustand der Einwilligungsfähigkeit (Entscheidungsfähigkeit) verfasst wurde, und
  • der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann, weshalb eine Patientenverfügung gerade bei einer immer wieder auftretenden, die Entscheidungsfähigkeit nur vorübergehend einschränkenden Erkrankung unproblematisch ist.
  • Ferner sollte die Verfügung möglichst alle zwei Jahre erneuert werden, wobei neuste Behandlungsmethoden möglichst explizit ein- oder ausgeschlossen werden sollten.

Sollte eine Patientenverfügung nicht die Voraussetzung der Verbindlichkeit erfüllen, ist sie dennoch ein wichtiger Hinweis für den Betreuer oder Bevollmächtigten. Denn ein Betreuer oder Bevollmächtigter hat im Grundsatz nach dem angenommenen mutmaßlich freiem Willen des Betroffenen zu entscheiden. Also so, wie der Betroffene selbst entscheiden würde, wenn er selbst entscheiden könnte, es sei denn es wäre unverhältnismäßig so zu entscheiden. Grundsätzlich hat der natürliche Wille des Betreuten aber Vorrang vor dem angenommenen mutmaßlich freiem Willen.

Die Patientenverfügung ist unmittelbares Verfassungsrecht, denn ein Betreuter kann sich auch dem Betreuer gegenüber auf seine im Grundgesetz verankerten Grundrechte berufen, da dieser eine öffentliche Funktionen wahrnimmt (BGH Beschluss XII ZB 69/ 00; BGH XII ZB 236/ 05).

Patientenverfügungen binden den Betreuer, er hat "dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung und nach Maßgabe des § 1901 BGB Ausdruck und Geltung zu verschaffen" (BGH XII ZB 2/03 vom 17.3.2003). Wenn die Patientenverfügung mit seinem Gewissen im Widerspruch steht und ihm Unzumutbares auflastet, hat er dem Patientenwillen den Vorrang zu geben, auch soweit die Erkrankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat, so der geplante 1901a Abs. 2 Satz 2 BGB im Referentenentwurf der Bundesregierung vom November 2004 sowie im neuen Entwurf des SPD-Abg. Stünker). Andererseits wird ein Betreuer nur für Aufgabengebiete benannt, die der Betroffene nicht mehr selbst regeln kann oder geregelt hat. Durch eine Patientenverfügung ist der jeweilige Bereich aber bereits geregelt, so dass hier die Bestellung eines Betreuers ausscheidet. Ein Bevollmächtigter ist gleichfalls an eine Patientenverfügung gebunden.

Rechtsprechung: OLG Hamm, Beschluss vom 19.12.2006 - Az: 15 W 126/06: Patientenverfügung gegen Unterbringung?:

Schließt eine mit einer Vorsorgevollmacht verbundene Patientenverfügung die stationäre psychiatrische Behandlung aus, so steht dies einer Unterbringung auf der Grundlage des § 11 PsychKG Nordrhein-Westfalen nicht entgegen, sofern der Vorsorgebevollmächtigte den Schutz des Betroffenen bei einer erheblichen Eigengefährdung nicht gewährleisten kann. Mit der Unterbrigung ist die akute Gefahr meist gebannt. Eine Behandlung ohne oder gegen den Willen des Betroffenen ist aber nur in den Fällen von Lebensgefahr, von erheblicher Gefahr für die Gesundheit des Betroffenen oder für die Gesundheit anderer Personen erlaubt.

OLG Celle Beschluss 17 W 37/05 i.V.m BGH Beschluss XII ZB 236/ 05:

Das Vorliegen einer wirksamen Patientenverfügung ist auch bei Unterbringung in der Psychiatrie in ausreichender Weise aufzuklären.

Patientenverfügungen binden auch den Arzt und Pfleger, die zu ihrer Tätigkeit der Zustimmung des Patienten bedürfen. Diese hat der nicht mehr einwilligungsfähige Patient in seiner Patientenverfügung näher umschrieben. Eine diesem Patientenwillen widersprechende Behandlung oder Pflege ist nicht zulässig (BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005) und zu beenden. Der Arzt oder Pfleger kann sich weder auf eine etwa in einer Pflegevereinbarung vereinbarte künstliche Ernährung noch sein Berufsethos oder Gewissen zur Rechtfertigung seines Handelns berufen. Er kann aber die Behandlung in andere Hände übergeben und so seinem Gewissen entsprechen. Das Bundesverfassungsgericht sieht keine strafrechtlichen Konsequenzen für den Betreuer/Bevollmächtigten oder den Arzt oder das Pflegepersonal für den Fall, dass eine Patientenverfügung befolgt wird, obwohl das Leben des Patienten gerettet werden könnte (BVerfG 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. 8. 2001). Daher sehen die derzeitigen Gesetzentwürfe (Stand 2007) kein Änderungsbedarf im Strafrecht.

Das Bundesjustizministerium zu der Frage, wann Patientenverfügungen verbindlich sind:

"Wenn in einer Patientenverfügung Festlegungen für ärztliche Maßnahmen in bestimmten Situationen enthalten sind, sind diese verbindlich, wenn durch diese Festlegungen ihr Wille für eine konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann. Die Ärztin oder der Arzt muss eine derart verbindliche Patientenverfügung beachten. Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung strafbar sein. Der XII Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. März 2003 betont, dass es die Würde des Menschen gebietet, ein im einwilligungsfähigen Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht - etwa in Form einer Patientenverfügung - auch dann noch zu respektieren, wenn die Verfasserin oder der Verfasser der Patientenverfügung zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung nicht mehr in der Lage ist. Das betont auch die Bundesärztekammer in ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung, in denen es heißt: "Patientenverfügungen sind verbindlich, sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation beziehen und keine Umstände erkennbar sind, dass der Patient sie nicht mehr gelten lassen würde"."

Mehr siehe Broschüre des Bundesjustizministeriums (pdf-Datei 523 kb)

Form und Auslegung

Die Verfügung ist zwar prinzipiell formfrei, soll in schriftlicher Form hinterlegt werden, damit sie besser beweisbar ist. Nach der Rechtsprechung des 12. Senats des Bundesgerichtshofes (BGH XII ZB 2/03 vom 17.3.2003) folgt die Beurteilung einer Patientenverfügung allgemeinen Regeln, da sie nur eine besondere Form der Willenserklärung darstelle. Damit kommt es für ihre Wirksamkeit entscheidend darauf an, dass sie genau den Fall trifft, der zu entscheiden ist: Eine Patientenverfügung, die regelt, dass im Fall eines Schlaganfalls keine künstliche Ernährung (via PEG-Sonde] gegeben werden soll, würde also keine bindende Wirkung entfalten, wenn die Hirnfunktionen durch eine Demenz beeinträchtigt sind. Eine Patientenverfügung kann demnach auch jederzeit vom Verfasser – ebenfalls ohne bestimmte Form, also auch mündlich – aufgehoben oder abgeändert werden.

Weil das Recht der Patientenverfügung kompliziert ist und weil diese sehr genau sein muss, um Wirkung zu entfalten empfiehlt es sich, sie zusammen mit einem Rechtsanwalt, einem Arzt oder einem Notar zu entwerfen, die Erfahrung mit der Materie haben. Von standardisierten Vorlagen, in denen nur angekreuzt werden muss, ist daher abzuraten.

Ermittlung des Patientenwillens

Die Patientenverfügung ist keine Arbeitserleichterung für Angehörige und Ärzte, sondern eine rechtlich verbindliche Anweisung. Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung kommt Angehörigen oder Ehegatten in diesem Zusammenhang keinerlei Entscheidungsbefugnis zu. Die Äußerungen dieser Personen können lediglich dann, wenn der wirkliche Wille nicht (z.B. durch eine Patientenverfügung) fest steht, herangezogen werden, um den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen. Ausschließlich der Wille des Patienten und nicht, was andere in seiner Situation tun würden, ist für die Heilbehandlung und deren Abbruch nach geltendem deutschen Recht die alleinige Richtschnur. Der Bundesgerichtshof formuliert in seiner Grundsatzentscheidung vom 17. März 2003 ( Aktenzeichen: XII ZB 2/03) [1]:

„Ist ein Patient einwilligungsunfähig und hat sein Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen, so müssen lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn dies seinem zuvor – etwa in Form einer sog. Patientenverfügung – geäußerten Willen entspricht. Dies folgt aus der Würde des Menschen, die es gebietet, sein in einwilligungsfähigem Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht auch dann noch zu respektieren, wenn er zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage ist. Nur wenn ein solcher erklärter Wille des Patienten nicht festgestellt werden kann, beurteilt sich die Zulässigkeit solcher Maßnahmen nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten, der dann individuell – also aus dessen Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen – zu ermitteln ist.
Liegt eine solche Willensäußerung, etwa – wie hier – in Form einer sogenannten ‚Patientenverfügung‘, vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts, aber auch der Selbstverantwortung des Betroffenen den Betreuer; denn schon die Würde des Betroffenen (Art. 1 Abs. 1 GG) verlangt, daßss eine von ihm eigenverantwortlich getroffene Entscheidung auch dann noch respektiert wird, wenn er die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Entscheiden inzwischen verloren hat.
Die Willensbekundung des Betroffenen für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf deshalb vom Betreuer nicht durch einen ‚Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen‘ des Betroffenen ‚korrigiert‘ werden, es sei denn, dass der Betroffene sich von seiner früheren Verfügung mit erkennbarem Widerrufswillen distanziert oder die Sachlage sich nachträglich so erheblich geändert hat, dass die frühere selbstverantwortlich getroffene Entscheidung die aktuelle Sachlage nicht umfaßt.“

Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, falls Betreuer und Arzt nicht übereinstimmen

Im eingangs zitierten |Beschluss des BGH XII ZR 2/03 vom 17. März 2003 hatte der Betreuer nicht der vom Arzt vorgesehenen lebenserhaltenden künstlichen Ernährung zugestimmt, wollte den Patienten vielmehr mit nur leidlindernder Medikation und Gabe von Wasser sterben lassen. Für diesen Fall hat der BGH entschieden, dass diese Verweigerung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, also der Betreuer die letzte Entscheidung nicht ohne den Richter treffen kann.

In dem weiteren Beschluss BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005 hat der BGH dies präzisiert: dem Pfleger steht keine eigene Entscheidungsbefugnis zu gegen ein von Betreuer und Arzt beschlossenes "Abschalten der Maschinen", um den Patient schmerzfrei sterben zu lassen. Ob und inwieweit der BGH in dieser Entscheidung das am 17. März 2003 aufgestellte Kriterium des "irreversibel tödlichen Verlaufes" als Voraussetzung entfallen lässt, bleibt offen, da der Patient zwischenzeitlich verstorben ist und keine Hauptsacheentscheidung gefällt wird.

Der (zwischenzeitlich zurückgezogene) Referentenentwurf zur Änderung des Betreuungsrechts (Entwurf 3. BtÄndG) vom November 2004 schreibt den Beschluss von 2003 fest und erweitert dies um die Fallvariante, dass der Arzt die Einstellung der künstlichen Ernährung anbietet und der Betreuer dies ablehnt. So auch der nun (Frühjahr 2007) von Stünker vorgelegte Entwurf (siehe unten unter Aktuelles).

Besondere Situation bei Notfällen

Ein praktisches Problem der rechtlich wirksamen Patientenverfügung liegt darin, dass sie bei einem Notfall oft nicht vorliegt und in der Eile der Notsituation auch nicht ermittelt werden kann. Deswegen werden Wiederbelebungmaßnahmen häufig auch dann durchgeführt, wenn der Betroffene dem widersprochen hatte. Allerdings ist beim Verbot der Wiederbelebung darauf zu achten, ob der Verfügende diese nicht nur für den Fall seines Siechtums verboten hat und keine Einwände gegen notärztliche Maßnahmen bei einem Unfall oder plötzlichen Anfall erhoben hat.

In der gebotenen Eile einer Notfallsituation wird sich zudem nur schwer feststellen lassen, ob eine vorliegende Verfügung gültig ist und den zuletzt geäußerten Willen des Patienten richtig wiedergibt.

Das in der Schweiz (siehe dort) praktizierte Verfahren böte auch in Deutschland hier praktische Hilfe: ebenso wie ein Organspenderausweis könnte ein in der Brieftasche enthaltener Hinweis auf das Bestehen und den Verwahrer einer Patientenverfügung ungewollte Notfallmaßnahmen wenigstens teilweise hindern.

Schweiz

In der Schweiz existieren verschiedene Organisationen wie Exit oder Dignitas, welche Kopien von Patientenverfügungen und auch Vollmachten zur Durchsetzung dieser Verfügungen aufbewahren; allerdings ist es die Regel, dass auch Ehegatten und enge Angehörige im Besitz dieser Dokumente sind. Die Sterbehilfeorganisation Exit zum Beispiel gibt an ihre Mitglieder, die eine Patientenverfügung unterschrieben haben, einen Ausweis im Kreditkartenformat ab. Dieser erlaubt es dem Arzt, in einem Notfall Angehörige und die Organisation anzufragen, ob eine Patientenverfügung besteht.

Österreich

In Österreich wurde im Mai 2006 ein Patientenverfügungsgesetz erlassen. Damit sollen Patienten bis zu fünf Jahre im Voraus bestimmen können, welche Behandlungsmethoden sie ablehnen, sollten sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Das Gesetz muss noch vom Parlament verabschiedet werden. Unterschieden werden soll zwischen der "verbindlichen" und der "beachtlichen" Patientenverfügung. Für eine "verbindliche" ist volle Einsichts- und Urteilsfähigkeit nötig. Minderjährige oder Personen, die unter Sachwalterschaft stehen, sollen diese Erklärung nicht abgeben können. Die Patientenverfügung, die nach Beratung durch einen Arzt bei einem Notar, einem Rechtsanwalt oder der Patientenanwaltschaft unterzeichnet werden kann, soll fünf Jahre gültig sein. Wenn nicht alle Formvorschriften eingehalten werden, ist es eine "beachtliche" Verfügung, die den Ärzten als Orientierungshilfe dienen kann.

Das Patientenverfügungsgesetz ist im Dezember 2006 erweitert worden. Ab sofort können Ärzte in die Patientenverfügung Einsicht nehmen. Dies soll in Notfällen entscheidende Zeit sparen, wenn der Patient selbst nicht mehr einsichts-, äußerungs- oder urteilsfähig ist. Mit der Erweiterung sieht der behandelnde Arzt nicht nur, ob eine Patientenverfügung besteht, sondern kann auch den festgelegten Patientenwillen einsehen und dessen abgelehnte Behandlungsformen ausmachen.

Aktuelles

Der 66. Deutsche Juristentag hat sich am 20. September 2006 mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen. Behandlungsabbrüche und das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen sollen auch schon vor der Sterbephase rechtlich erlaubt sein sollen. Im Strafgesetzbuch soll ausdrücklich klar gestellt werden, dass sich Ärzte in solchen Fällen nicht strafbar machen. Hierzu hat sich unverzüglich eine kontroverse Debatte in der Öffentlichkeit ergeben. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will die Patientenverfügung zwar zivilrechtlich verankern, sieht jedoch keinen Bedarf an einer strafrechtlichen Regelung. Anhand von Beispielen verdeutlichte Rechtsanwalt Wolfgang Putz, wie weit die Praxis noch von der juristischen Theorie entfernt ist. Denn auch wenn es rein rechtlich eindeutig ist, dass ein Patient nicht gegen seinen Willen behandelt werden darf, bedarf es oft engagierter Anwälte, um diesen Willen durchzusetzen.

Im Frühjahr 2007 wurden im Bundestag drei fraktionsübergreifende Gruppenanträge eingereicht, die sich darin unterscheiden, dass der Antrag von Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke et.al im Gegensatz zu dem andern Antrag keine Verbindlichkeit der Patientenverfügung für den Fall vorsieht, dass die Befolgung der Patientenverfügung zum Tod führen würde, obwohl die Erkrankung noch keinen unumkehrbaren tödlichen Verlauf genommen hat. Der Antrag von Stünker ist der weitgehenste Antrag im Sinne der Patientenautoniomie. Der Gesetzentwurf von Zöller versucht eine minimale Regelung der Sachlage.


Gesetzesentwicklung

Der Bundestag hat sich am 29. März 2007 in Vorbereitung einer gesetzlichen Neuregelung mit der Patientenverfügung befasst. Hierzu werden mehrere Gesetzesentwürfe aus den Reihen des Bundestags vorgelegt, die eine unterschiedliche Reichweite beinhalten:

Siehe auch

Literatur

Bücher

Bücher im Bundesanzeiger-Verlag

Weitere Bücher

Broschüren

Zeitschriftenbeiträge

  • Alberts: Hinweise und Muster für Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten; FPR 2007,73
  • Höfling: Patientenautonomie und Patientenverfügungen aus der Sicht der deutschen Vormundschaftsrichter/innen; FPR 2007,67
  • Lipp/Nagel: Die Patientenverfügung - Bemerkungen zur aktuellen rechtspol. Debatte; FF 2005; 83 (PDF)
  • Milzer: Delegierte Patientenautonomie - Wahrnehmung von Patientenrechten durch Vorsorgebevollmächigte; FPR 2007, 69
  • Röthel/Heßeler: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im englischen Erwachsenenschutzrecht: Mental Capacity Act 2005; FamRZ 2006, 529
  • Röthel: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht in europäischer Perspektive; FPR 2007, 79
  • Achim Seifert: Zur Stärkung der Patientenautonomie in Frankreich; FamRZ 2006, 11

Weblinks

Allgemeines

Broschüren, Formulierungshilfen

Zur Gesetzesentwicklung

Rechtsprechung

Infos zum Recht in Österreich

Verbände / Vereine


Infos zum Haftungsausschluss

Vorlage:Quelle Wikipedia