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| ==Genehmigungspflichten== | | ==Genehmigungspflichten== |
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− | Durch eine Mitteilungspflicht an das [[Vormundschaftsgericht]] bei drohendem Wohnungsverlust und durch das Erfordernis der gerichtlichen Genehmigung bei Kündigung oder Weitervermietung des Wohnraums soll der Betreute davor geschützt werden, dass sich der Betreuer künftige Arbeit erspart, indem er leichtfertig die Wohnung des Betreuten aufgibt ({{Zitat-dej|§|1907|bgb}} BGB). | + | Durch eine Mitteilungspflicht an das [[Betreuungsgericht]] bei drohendem Wohnungsverlust und durch das Erfordernis der gerichtlichen Genehmigung bei Kündigung oder Weitervermietung des Wohnraums soll der Betreute davor geschützt werden, dass sich der Betreuer künftige Arbeit erspart, indem er leichtfertig die Wohnung des Betreuten aufgibt (§ 1907 ABs. 2 BGB). |
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| Die Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn die Aufgabe der Wohnung unter Berücksichtigung der Wünsche des Betreuten seinem Wohl entspricht. Hierfür sind nicht nur finanzielle Aspekte maßgebend, sondern auch die persönlichen Auswirkungen auf den Betreuten beim Verlust von gewohntem sozialen Umfeld. | | Die Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn die Aufgabe der Wohnung unter Berücksichtigung der Wünsche des Betreuten seinem Wohl entspricht. Hierfür sind nicht nur finanzielle Aspekte maßgebend, sondern auch die persönlichen Auswirkungen auf den Betreuten beim Verlust von gewohntem sozialen Umfeld. |
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| Häufig kommt es bei der Übernahme von Betreuungen vor, dass sich die zu betreuende Person pflegebedürftig in einem Heim oder einem Krankenhaus befindet und die Miete und Nebenkosten nicht gezahlt wurden, so dass in der Vergangenheit häufig die erste "Amtshandlung" des Betreuers darin bestand, die Wohnung aufzulösen. Dies hatte aber zugleich den Effekt, dass eine spätere Rückkehr des Betreuten bei einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes nicht mehr möglich war. Daher sollen Betreuer nun alles unternehmen, die Wohnung so lange wie möglich zu halten, bis endgültig klar ist, ob der Betreute zurückkehren kann oder nicht. | | Häufig kommt es bei der Übernahme von Betreuungen vor, dass sich die zu betreuende Person pflegebedürftig in einem Heim oder einem Krankenhaus befindet und die Miete und Nebenkosten nicht gezahlt wurden, so dass in der Vergangenheit häufig die erste "Amtshandlung" des Betreuers darin bestand, die Wohnung aufzulösen. Dies hatte aber zugleich den Effekt, dass eine spätere Rückkehr des Betreuten bei einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes nicht mehr möglich war. Daher sollen Betreuer nun alles unternehmen, die Wohnung so lange wie möglich zu halten, bis endgültig klar ist, ob der Betreute zurückkehren kann oder nicht. |
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− | Ungeregelt ist jedoch auch weiterhin die Frage der Bezahlung des Wohnraumes, insbes. wenn die von der Krankenkasse finanzierte [[Heilbehandlung]] endet und der Sozialhilfeträger die Kosten der Heimpflege zu zahlen hat. Eine übergangsweise Finanzierung der Mietkosten durch das [[wikipedia:de:Sozialamt|Sozialamt]] wird sich meist regeln lassen, jedoch ist kein eindeutige Rechtsgrundlage vorhanden. Es dürfte sich die Frage stellen, wie der Betreuer vorgehen muss, wenn das [[Vormundschaftsgericht]] die Wohnungskündigung nicht zuläßt, der Sozialhilfeträger jedoch die Zahlung der Miete verweigert. | + | Ungeregelt ist jedoch auch weiterhin die Frage der Bezahlung des Wohnraumes, insbes. wenn die von der Krankenkasse finanzierte [[Heilbehandlung]] endet und der Sozialhilfeträger die Kosten der Heimpflege zu zahlen hat. Eine übergangsweise Finanzierung der Mietkosten durch das [[wikipedia:de:Sozialamt|Sozialamt]] wird sich meist regeln lassen, jedoch ist kein eindeutige Rechtsgrundlage vorhanden. Es dürfte sich die Frage stellen, wie der Betreuer vorgehen muss, wenn das [[Betreuungsgericht]] die Wohnungskündigung nicht zuläßt, der Sozialhilfeträger jedoch die Zahlung der Miete verweigert. |
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| Wird die Wohnung vom Vermieter gekündigt, muss sich der Betreuer ebenfalls unverzüglich mit dem Vormundschaftsgericht in Verbindung setzen. Das [[Vormundschaftsgericht]] kann dem Betreuer gem. {{Zitat-dej|§|1837|bgb}} Abs. 1 BGB i.V.m. § 1908 i BGB z.B. die Weisung geben, z.B. gegen [[wikipedia:de:Räumungsklage|Räumungsklagen]] des Vermieters oder ablehnende Sozialhilfebescheide vorzugehen. Besitzt die betreute Person eine [[wikipedia:de:Eigentumswohnung|Eigentumswohnung]] oder ein Haus, das weitervermietet oder verkauft werden soll, benötigt der Betreuer hierfür ebenfalls die Genehmigung des Gerichtes ({{Zitat-dej|§|1821|bgb}} BGB). | | Wird die Wohnung vom Vermieter gekündigt, muss sich der Betreuer ebenfalls unverzüglich mit dem Vormundschaftsgericht in Verbindung setzen. Das [[Vormundschaftsgericht]] kann dem Betreuer gem. {{Zitat-dej|§|1837|bgb}} Abs. 1 BGB i.V.m. § 1908 i BGB z.B. die Weisung geben, z.B. gegen [[wikipedia:de:Räumungsklage|Räumungsklagen]] des Vermieters oder ablehnende Sozialhilfebescheide vorzugehen. Besitzt die betreute Person eine [[wikipedia:de:Eigentumswohnung|Eigentumswohnung]] oder ein Haus, das weitervermietet oder verkauft werden soll, benötigt der Betreuer hierfür ebenfalls die Genehmigung des Gerichtes ({{Zitat-dej|§|1821|bgb}} BGB). |
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| Das gewaltsame Betreten und/oder Durchsuchen der Wohnung ist ohne die oben beschriebene Genehmigung dann erlaubt, wenn ein Notstand vorliegt, der Betreuer beispielsweise konkrete Anhaltspunkte hat, dass sich der Betreute in einem lebensbedrohlichen Zustand in der verschlossenen Wohnung befindet oder etwa Brandgefahr besteht. | | Das gewaltsame Betreten und/oder Durchsuchen der Wohnung ist ohne die oben beschriebene Genehmigung dann erlaubt, wenn ein Notstand vorliegt, der Betreuer beispielsweise konkrete Anhaltspunkte hat, dass sich der Betreute in einem lebensbedrohlichen Zustand in der verschlossenen Wohnung befindet oder etwa Brandgefahr besteht. |
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− | § 1896 BGB gibt grundsätzlich keine gesetzliche Grundlage dafür, den Betreuer zu ermächtigen, das Wohnhaus des Betreuten gegen dessen Willen zwangsweise öffnen zu lassen, um es – etwa zu Verkaufszwecken - zu betreten: OLG Schleswig, Beschluss vom 07. 11.2007, {{Rspr|2 W 196/07}}. | + | § 1896 BGB gibt grundsätzlich keine gesetzliche Grundlage dafür, den Betreuer zu ermächtigen, das Wohnhaus des Betreuten gegen dessen Willen zwangsweise öffnen zu lassen, um es – etwa zu Verkaufszwecken - zu betreten: OLG Schleswig, Beschluss vom 07.11.2007, 2 W 196/07. |
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| ===Rechtslage ab 1.9.2009=== | | ===Rechtslage ab 1.9.2009=== |
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| Anmerkung: Die Entscheidung befasst sich mit dem in der Praxis häufigen Fall, dass die Wohnung des Betreuten sich in einem total vermüllten und hygienisch bedenklichen Zustand befindet, der Betreute aber nicht bereit ist, dem Betreuer und anderen Personen zum Zwecke der Entmüllung das Betreten der Wohnung zu gestatten und/oder während der Entmüllung die Wohnung vorübergehend zu verlassen. Hierzu führt das Gericht aus, dass {{Zitat-dej|§|1906|bgb}} BGB die [[Unterbringung]] eines Betroffenen wie auch die Anwendung [[unterbringungsähnliche Maßnahme|unterbringungsähnlicher Maßnahmen]] gegen ihn zu dem Zweck, eine notwendige Entrümpelung der Wohnung durchzuführen, nicht zulasse. Auch könne deshalb der im Grundgesetz garantierte Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung nicht durchbrochen werden. Die Sammelwut des Betroffenen allein stelle jedenfalls keine die geschlossene Unterbringung rechtfertigende Gesundheitsgefährdung dar. | | Anmerkung: Die Entscheidung befasst sich mit dem in der Praxis häufigen Fall, dass die Wohnung des Betreuten sich in einem total vermüllten und hygienisch bedenklichen Zustand befindet, der Betreute aber nicht bereit ist, dem Betreuer und anderen Personen zum Zwecke der Entmüllung das Betreten der Wohnung zu gestatten und/oder während der Entmüllung die Wohnung vorübergehend zu verlassen. Hierzu führt das Gericht aus, dass {{Zitat-dej|§|1906|bgb}} BGB die [[Unterbringung]] eines Betroffenen wie auch die Anwendung [[unterbringungsähnliche Maßnahme|unterbringungsähnlicher Maßnahmen]] gegen ihn zu dem Zweck, eine notwendige Entrümpelung der Wohnung durchzuführen, nicht zulasse. Auch könne deshalb der im Grundgesetz garantierte Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung nicht durchbrochen werden. Die Sammelwut des Betroffenen allein stelle jedenfalls keine die geschlossene Unterbringung rechtfertigende Gesundheitsgefährdung dar. |
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− | Rechtsprechung:
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− | '''LG Görlitz, Beschluss 2 T 185/97''':
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− | Der gegen den Willen des Betreuten bestellten Betreuer oder eine von ihm beauftragte Person kann nicht ermächtigt werden, die Wohnung des Betreuten unter Anwendung von Gewalt zu betreten und zu entmüllen. Dafür fehlt eine gesetzliche Grundlage, welche die Schranken des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art 13 Abs. 1 und 2 Grundgesetz bestimmt.
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| ==Weitere Rechtsprechung zu Wohnungsangelegenheiten== | | ==Weitere Rechtsprechung zu Wohnungsangelegenheiten== |
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| # Mietzinsverpflichtungen, die durch die Verzögerung der Wohnungsaufgabe durch das nach § 1907 BGB erforderliche betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren entstehen, sind besondere Belastungen des in stationäre Pflege genommenen Hilfebedürftigen, da sie gleichsam aus Anlaß des Hilfefalles entstehen, ohne daß der Hilfebedürftige sich ihnen entziehen könnte. Denn § 1907 BGB schaltet im Interesse des Schutzes des Betreuten vor dem Verlust seiner Wohnung als dem räumlichen Mittelpunkt seines bisherigen Lebens der Wohnungsaufgabe durch den Betreuer zwingend ein Genehmigungsverfahren vor. | | # Mietzinsverpflichtungen, die durch die Verzögerung der Wohnungsaufgabe durch das nach § 1907 BGB erforderliche betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren entstehen, sind besondere Belastungen des in stationäre Pflege genommenen Hilfebedürftigen, da sie gleichsam aus Anlaß des Hilfefalles entstehen, ohne daß der Hilfebedürftige sich ihnen entziehen könnte. Denn § 1907 BGB schaltet im Interesse des Schutzes des Betreuten vor dem Verlust seiner Wohnung als dem räumlichen Mittelpunkt seines bisherigen Lebens der Wohnungsaufgabe durch den Betreuer zwingend ein Genehmigungsverfahren vor. |
| # Werden Einkommensteile desjenigen, dem stationäre Hilfe zur Pflege gewährt wird, freigelassen, um diese Verpflichtungen erfüllen zu können, erwächst dem Hilfeempfänger hieraus auch kein wirtschaftlicher Vorteil. Denn er muß die freizulassenden Geldmittel an den Vermieter abführen, um seine mietvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. | | # Werden Einkommensteile desjenigen, dem stationäre Hilfe zur Pflege gewährt wird, freigelassen, um diese Verpflichtungen erfüllen zu können, erwächst dem Hilfeempfänger hieraus auch kein wirtschaftlicher Vorteil. Denn er muß die freizulassenden Geldmittel an den Vermieter abführen, um seine mietvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. |
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| + | '''LG Görlitz, Beschluss 2 T 185/97''': |
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| + | Der gegen den Willen des Betreuten bestellten Betreuer oder eine von ihm beauftragte Person kann nicht ermächtigt werden, die Wohnung des Betreuten unter Anwendung von Gewalt zu betreten und zu entmüllen. Dafür fehlt eine gesetzliche Grundlage, welche die Schranken des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art 13 Abs. 1 und 2 Grundgesetz bestimmt. |
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| '''LG Berlin Urteil vom. 20.12.1999 - 34 O 433/99, FamRZ 2000, 1527 ''' | | '''LG Berlin Urteil vom. 20.12.1999 - 34 O 433/99, FamRZ 2000, 1527 ''' |