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'''BAG, Urteil vom 17.02.1994 - 8 AZR 275/92; DB 1994, 1626 = BAGE 76, 32 = NJW 1994, 2501 = BB 1994, 1010 = NZA 1994, 693
 
'''BAG, Urteil vom 17.02.1994 - 8 AZR 275/92; DB 1994, 1626 = BAGE 76, 32 = NJW 1994, 2501 = BB 1994, 1010 = NZA 1994, 693
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Unwirksamkeit einer Eigenkündigung wegen Geschäftsunfähigkeit des Arbeitnehmers; Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis ordentlich, so handelt ein Arbeitgeber nicht fahrlässig im Sinne von § 276 Abs. 1 Satz 2, § 285 BGB, wenn er von der Wirksamkeit der vom Arbeitnehmer erklärten Kündigung ausgeht, solange der Arbeitnehmer kein aussagekräftiges Gutachten eines neutralen Sachverständigen über seine für einen Laien nicht erkennbare, die freie Willensbestimmung im Sinne von §§ 105, 104 Nr. 2 BGB ausschließende Störung der Geistestätigkeit vorlegt.
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Unwirksamkeit einer Eigenkündigung wegen [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] des Arbeitnehmers; Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis ordentlich, so handelt ein Arbeitgeber nicht fahrlässig im Sinne von § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 285 BGB, wenn er von der Wirksamkeit der vom Arbeitnehmer erklärten Kündigung ausgeht, solange der Arbeitnehmer kein aussagekräftiges Gutachten eines neutralen Sachverständigen über seine für einen Laien nicht erkennbare, die [[freier Wille|freie Willensbestimmung]] im Sinne von §§ 105, 104 Nr. 2 BGB ausschließende Störung der Geistestätigkeit vorlegt.
    
'''BAG, Urteil vom 14.021996 - 2 AZR 234/95''' - NJW 1996, 2593 = NZA 1996, 811
 
'''BAG, Urteil vom 14.021996 - 2 AZR 234/95''' - NJW 1996, 2593 = NZA 1996, 811
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'''BAG, Urteil vom 20.01.2000 - 2 AZR 733/98''', BAGE 93, 248, 254 = MDR 2000, 781 = BB 2000, 780 = NZA 2000, 613:
 
'''BAG, Urteil vom 20.01.2000 - 2 AZR 733/98''', BAGE 93, 248, 254 = MDR 2000, 781 = BB 2000, 780 = NZA 2000, 613:
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Der Kläger hat zwar das Risiko der Nichterweislichkeit seiner [[Prozessfähigkeit]] zu tragen, da ihn insoweit eine "objektive" Beweislast trifft. Jedoch ist das Gericht gehalten, von Amts wegen alle in Frage kommenden Beweise, insbesondere durch Einholung von [[Sachverständigengutachten]], zu erheben, um Zweifel an der Prozessfähigkeit nach Möglichkeit aufzuklären; den Kläger trifft insoweit keine "subjektive" Beweisführungslast (im Anschluß an BGH, Urteil vom 09. 01. 1996 - VI ZR 94/ 95 - NJW 1996, 1059 m. w. N.).
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Der Kläger hat zwar das Risiko der Nichterweislichkeit seiner [[Prozessfähigkeit]] zu tragen, da ihn insoweit eine "objektive" Beweislast trifft. Jedoch ist das Gericht gehalten, von Amts wegen alle in Frage kommenden Beweise, insbesondere durch Einholung von [[Sachverständigengutachten]], zu erheben, um Zweifel an der Prozessfähigkeit nach Möglichkeit aufzuklären; den Kläger trifft insoweit keine "subjektive" Beweisführungslast (im Anschluss an BGH, Urteil vom 09.01.1996, VI ZR 94/95, NJW 1996, 1059 m. w. N.).
 
 
War der Kläger bei Erteilung der Prozeßvollmacht prozeßfähig, schadet es nicht, wenn er später prozeßunfähig wurde; das Fortbestehen der Prozeßvollmacht gemäß § 86 ZPO sichert seine ordnungsgemäße Vertretung im Prozeß und ermöglicht es, den einmal begonnenen Rechtsstreit zu Ende zu führen (im Anschluß an BGH, Urteil vom 08. 02. 1993 - II ZR 62/ 92 - BGHZ 121, 263, 266).
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War der Kläger bei Erteilung der Prozessvollmacht prozessfähig, schadet es nicht, wenn er später prozessunfähig wurde; das Fortbestehen der Prozessvollmacht gemäß § 86 ZPO sichert seine ordnungsgemäße Vertretung im Prozess und ermöglicht es, den einmal begonnenen Rechtsstreit zu Ende zu führen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 08.02.1993, II ZR 62/92, BGHZ 121, 263, 266).
 
 
 
'''BAG, Beschluss vom 28.05.2009 - 6 AZN 17/09'''
 
'''BAG, Beschluss vom 28.05.2009 - 6 AZN 17/09'''
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages. Der Kläger leidet aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens an einer Hirnleistungsschwäche und ist deswegen ein behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 80. Er macht geltend, er sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zeitlich begrenzt nicht geschäftsfähig gewesen.  
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages. Der Kläger leidet aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens an einer Hirnleistungsschwäche und ist deswegen ein behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 80. Er macht geltend, er sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zeitlich begrenzt nicht [[geschäftsfähigkeit|geschäftsfähig]] gewesen.  
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Im Rahmen eines Verfahrens über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages begründet das bloße Bestehen einer Geistesschwäche noch nicht die Vermutung für das Vorliegen einer Geschäftsunfähigkeit. Diese liegt erst vor, wenn die freie Willensbestimmung infolge der Geistesschwäche ausgeschlossen ist. Gelangt ein Gericht zu der Überzeugung, dass eine Partei nicht prozessfähig ist, so muss es durch die weitere Verfahrensgestaltung dafür Sorge tragen, dass der Partei das bisher fehlende rechtliche Gehör gewährt wird. Lehnt das Vormundschaftsgericht die Bestellung eines Betreuers ab, hat das Prozessgericht, das die Partei dessen ungeachtet für prozessunfähig hält, einen Prozesspfleger zu bestellen, damit dem Prozessunfähigen die Verfolgung seiner prozessualen Rechte nicht abgeschnitten wird.  
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Im Rahmen eines Verfahrens über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages begründet das bloße Bestehen einer Geistesschwäche noch nicht die Vermutung für das Vorliegen einer Geschäftsunfähigkeit. Diese liegt erst vor, wenn die [[freier Wille|freie Willensbestimmung]] infolge der Geistesschwäche ausgeschlossen ist. Gelangt ein Gericht zu der Überzeugung, dass eine Partei nicht prozessfähig ist, so muss es durch die weitere Verfahrensgestaltung dafür Sorge tragen, dass der Partei das bisher fehlende rechtliche Gehör gewährt wird. Lehnt das [[Betreuungsgericht]] die [[Betreuerbestellung|Bestellung eines Betreuers]] ab, hat das Prozessgericht, das die Partei dessen ungeachtet für prozessunfähig hält, einen Prozesspfleger zu bestellen, damit dem Prozessunfähigen die Verfolgung seiner prozessualen Rechte nicht abgeschnitten wird.  
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Sollte das [[Vormundschaftsgericht]] die [[Betreuerbestellung|Bestellung eines Betreuers]], die auch nur für den vorliegenden Rechtsstreit möglich wäre (vgl. BayOLG 13.12.2000, 3 Z BR 353/00; FamRZ 2001, 1249 (Ls.) = RPfl. 2001, 234; MünchKommBGB/ Schwab 5. Aufl. § 1896 Rn. 63), ablehnen, das Landesarbeitsgericht aber gleichwohl an seiner Überzeugung der fehlenden [[Prozessfähigkeit]] des Klägers festhalten oder wiederum nicht aufklärbare und deshalb zu Lasten des Klägers gehende Zweifel an dessen Prozessfähigkeit hegen, gilt es zu verhindern, dass die gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages an dem vom Gericht angenommenen Mangel der Prozessfähigkeit des Klägers scheitert. In diesem Fall ist ausnahmsweise eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 57 ZPO geboten.  
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Sollte das [[Betreuungsgericht]] die [[Betreuerbestellung|Bestellung eines Betreuers]], die auch nur für den vorliegenden Rechtsstreit möglich wäre (vgl. BayOLG 13.12.2000, 3 Z BR 353/00; FamRZ 2001, 1249 (Ls.) = RPfl. 2001, 234; MünchKommBGB/ Schwab 5. Aufl. § 1896 Rn. 63), ablehnen, das Landesarbeitsgericht aber gleichwohl an seiner Überzeugung der fehlenden [[Prozessfähigkeit]] des Klägers festhalten oder wiederum nicht aufklärbare und deshalb zu Lasten des Klägers gehende Zweifel an dessen Prozessfähigkeit hegen, gilt es zu verhindern, dass die gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages an dem vom Gericht angenommenen Mangel der [[Prozessfähigkeit]] des Klägers scheitert. In diesem Fall ist ausnahmsweise eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 57 ZPO geboten.  
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Ihrem Wortlaut nach erfasst diese Vorschrift zwar nur die bei Prozessbeginn vorliegende vorübergehende Prozessunfähigkeit des Beklagten (vgl. RG 20. Mai 1930 - II 385/ 29 - RGZ 129, 98, 108). Sie wird jedoch auch auf die dauernde sowie auf die erst im Laufe des Verfahrens eingetretene Prozessunfähigkeit entsprechend angewandt (BAG 19. September 2007 - 3 AZB 11/07 - EzA ZPO 2002 § 241 Nr. 1; BGH 9. Mai 1962 - IV ZR 4/62 - NJW 1962, 1510; BAG 20.01.2000 - 2 AZR 733/98). In dieser Vorschrift kommt der Rechtsgedanke zum Ausdruck, dass der Rechtsschutz nicht an der mangelnden gesetzlichen Vertretung scheitern soll (BVerwG 31.08.1966 - V C 223. 65 - BVerwGE 25, 36, 40).  
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Ihrem Wortlaut nach erfasst diese Vorschrift zwar nur die bei Prozessbeginn vorliegende vorübergehende Prozessunfähigkeit des Beklagten (vgl. RG 20.05.1930 - II 385/ 29 - RGZ 129, 98, 108). Sie wird jedoch auch auf die dauernde sowie auf die erst im Laufe des Verfahrens eingetretene Prozessunfähigkeit entsprechend angewandt (BAG 19.09.2007 - 3 AZB 11/07 - EzA ZPO 2002 § 241 Nr. 1; BGH 09.05.1962 - IV ZR 4/62 - NJW 1962, 1510; BAG 20.01.2000 - 2 AZR 733/98). In dieser Vorschrift kommt der Rechtsgedanke zum Ausdruck, dass der Rechtsschutz nicht an der mangelnden gesetzlichen Vertretung scheitern soll (BVerwG 31.08.1966 - V C 223. 65 - BVerwGE 25, 36, 40).  
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Darum ist bei einer unterschiedlichen Beurteilung der Prozessfähigkeit durch verschiedene Gerichte oder Behörden, die dazu führt, dass dem Prozessunfähigen die gerichtliche Verfolgung seiner Rechte verwehrt wird, eine analoge Anwendung des § 57 ZPO auch im Fall der Prozessunfähigkeit des Klägers notwendig. Dem (möglicherweise) Prozessunfähigen darf die Verfolgung seiner prozessualen Rechte nicht dadurch abgeschnitten werden, dass die Prozessfähigkeit vom Prozessgericht festgestellt werden muss, für die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters aber das Vormundschaftsgericht zuständig ist (vgl. BVerwG 05.06.1968 - V C 147. 67 - BVerwGE 30, 24, 26; Käck Der Prozesspfleger 1990, S. 37, 45 f.).
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Darum ist bei einer unterschiedlichen Beurteilung der [[Prozessfähigkeit]] durch verschiedene Gerichte oder Behörden, die dazu führt, dass dem Prozessunfähigen die gerichtliche Verfolgung seiner Rechte verwehrt wird, eine analoge Anwendung des § 57 ZPO auch im Fall der Prozessunfähigkeit des Klägers notwendig. Dem (möglicherweise) Prozessunfähigen darf die Verfolgung seiner prozessualen Rechte nicht dadurch abgeschnitten werden, dass die [[Prozessfähigkeit]] vom Prozessgericht festgestellt werden muss, für die Bestellung eines [[gesetzlicher Vertreter|gesetzlichen Vertreters]] aber das [[Betreuungsgericht]] zuständig ist (vgl. BVerwG 05.06.1968 - V C 147. 67 - BVerwGE 30, 24, 26; Käck Der Prozesspfleger 1990, S. 37, 45 f.).
    
==Weblinks==
 
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