Änderungen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
4.590 Bytes hinzugefügt ,  17:16, 11. Okt. 2009
Zeile 150: Zeile 150:     
Auch die '''Heiligkeit des Lebens''' wird ins Feld geführt. Ob aber die Mehrzahl der Christen auch die Heiligkeit des Lebens angesichts eines angreifenden Mörders, eines feindlichen Soldaten, eines Mastschweines oder mit Antibiotika vernichteter Mikroben aufrecht erhalten wollen, ist zumindest zweifelhaft. Heiligkeit des Lebens gilt also nicht absolut - und über die genaue Abgrenzung ist in philosophischem Diskurs zu reflektieren.
 
Auch die '''Heiligkeit des Lebens''' wird ins Feld geführt. Ob aber die Mehrzahl der Christen auch die Heiligkeit des Lebens angesichts eines angreifenden Mörders, eines feindlichen Soldaten, eines Mastschweines oder mit Antibiotika vernichteter Mikroben aufrecht erhalten wollen, ist zumindest zweifelhaft. Heiligkeit des Lebens gilt also nicht absolut - und über die genaue Abgrenzung ist in philosophischem Diskurs zu reflektieren.
 +
 +
== Ergebnisse demoskopischer Umfragen zur Sterbehilfe ==
 +
 +
Die Einstellung der deutschen Bevölkerung zu Fragen der passiven und aktiven Sterbehilfe ist in den Jahren 2003 bis 2005 in mehreren Repräsentativbefragungen erhoben und abgespiegelt worden.
 +
* Einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach vom April 2005 zufolge<ref >Allensbacher Archiv, IfD-Umfragen, zuletzt 7069, April 2005</ref> sprachen sich 80% der Befragten dafür aus, dass der Arzt lebensverlängernde Maßnahmen einstellt, wenn der Patient ausdrücklich erklärt hat, dass er das wünscht. Das waren 5% mehr als bei einer Umfrage im Vorjahr. 8% sprachen sich gegen eine solche passive Sterbehilfe aus, 2% weniger als im Vorjahr. 12% zeigten sich unentschieden. Selbst im Falle eines Patienten, der seit vielen Jahren im Wachkoma gelegen hat, nicht vorsorglich vor dem Eintritt eines solchen Ereignisses seinen Willen auf Behandlungsabbruch geäußert hat und in seinem akuten Zustand einen solchen Willen nicht mehr äußern kann, hielten es noch 56% für richtig, die bisherige Behandlung einzustellen. 21% sprachen sich dagegen aus, weitere 21% waren unentschieden.
 +
* Eine weitere Befragung des forsa-Instituts<ref> siehe www.dghs.de</ref> vom September 2003 im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben galt Meinungen der Bevölkerung zur aktiven direkten Sterbehilfe. Hierbei äußerten 15% der Befragten, die aktive Sterbehilfe, also die Tötung auf Verlangen sollte grundsätzlich verboten sein, weil es dazu immer bessere Alternativen gebe. 61% wollten eine solche Tötung auf Verlangen nicht grundsätzlich ausschließen, sie aber nur erlaubt sehen in seltenen Extremfällen, also bei unheilbar Schwerstkranken, deren Leiden nicht gemindert werden könne. Nach Meinung von immerhin 23% der Befragten sollte Tötung auf Verlangen nicht nur in Extremfällen, sondern immer dann erlaubt sein, wenn der Patient es wünsche. Von denjenigen, die sich grundsätzlich gegen aktive direkte Sterbehilfe ausgesprochen hatten, erklärten aber 63%, man sollte unheilbar Schwerstkranken an ihrem Lebensende alternativ durch medikamentöse Dämpfung von Schmerzen und Beruhigung helfen, wobei in Kauf genommen wurde, dass der Patient durch diese Behandlung schneller stirbt, dies aber nicht beabsichtigt wird. Weitere 44% sprachen sich alternativ für passive Sterbehilfe aus, also den Abbruch oder Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen. 7% sahen auch in der Beihilfe zur Selbsttötung des Schwerstkranken einen Weg, alternativ zu helfen.
 +
* Hinzuweisen ist schließlich auf eine Befragung des Emnid-Instituts vom Oktober 2004 im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben<ref>siehe www.dghs.de</ref>, in der Meinungen zur Entscheidungskompetenz von Ärzten über die Behandlung schwerstkranker und voraussichtlich sterbender Patienten sowie über Sterbehilfe vor dem Hintergrund der Erwartungen über die künftige Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens erhoben wurden. Dass die Verknappung der Gelder zu einer mangelhaften medizinischen Versorgung in vielen Einzelfällen führen werde, halten 46% der Befragten für sehr wahrscheinlich, weitere 34% für eher wahrscheinlich, 17% für eher unwahrscheinlich und nur 2% für völlig unwahrscheinlich. 62% rechnen unter diesen Umständen mit mehr oder weniger hoher Wahrscheinlichkeit damit, dass Patienten früher sterben werden, weil mutmaßlich besonders bei Schwerstkranken und alten Menschen gespart wird, während 31% das für eher unwahrscheinlich und 7% für völlig unwahrscheinlich halten. Mit dieser Befragung ging es dem Auftraggeber wohl darum, die Einschätzung der Wichtigkeit einer gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe in Deutschland bei den Befragten zu ermitteln. 46% hielten das für sehr wichtig, 28% für eher wichtig, 14% für weniger wichtig und 8% für überhaupt nicht wichtig – ein Ergebnis das in einer weiteren Befragung drei Jahre später im Wesentlichen bestätigt wurde<ref>www.dghs.de</ref>.
 +
 +
Die Umfragen zeigen in Fragen der passiven Sterbehilfe und der Leidensminderung um den möglichen Preis einer Lebensverkürzung eine weitestgehende Übereinstimmung mit der mittlerweile herrschenden Rechtsprechung, dagegen in Fragen der aktiven direkten Sterbehilfe eine gegenüber der geltenden Rechtslage größere Offenheit und weisen insbesondere auf eine mehr als unterschwellige Besorgnis hin, dass sich die ethisch hoch aufgeladenen Fragen über Leben und Tod unversehens an banalen Sachzwängen bei der Bezahlbarkeit medizinischer Möglichkeiten stoßen könnten<ref>v. Lewinski, a.a.O. S.127</ref>.
    
== Sterbehilfe im Widerstreit der Meinungen ==
 
== Sterbehilfe im Widerstreit der Meinungen ==
author
30

Bearbeitungen

Navigationsmenü