Befreiter Betreuer

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Artikel entspricht der Rechtslage ab 2023.

Als befreiten Betreuer bezeichnet man einen Betreuer, der verschiedenen Genehmigungspflichten bei der Geldanlage sowie der Pflicht der jährlichen Rechnungslegung nicht unterliegt.

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Vormundschaftsrecht

Die Regelung fand sich ursprünglich im Recht der Vormundschaft Minderjähriger. Hier konnte der sorgeberechtigte Elternteil für den Fall des Todes dem von ihm benannten Vormund den Befreiten-Status einräumen, jetzt §§ 1782, 1801 BGB.

Das Jugendamt, ein Vereinsvormund und ein Vormundschaftsverein sind außerdem stets als befreite Vormünder tätig (§ 1801 Abs. 1 BGB).

Betreuungsrecht

Mit dem Inkrafttreten des Betreuungsrechtes am 1. Januar 1992 wurde die Regelung auch auf einige Betreuungspersonen ausgedehnt.

Kraft Gesetzes sind folgende Betreuer als "befreite Betreuer" bestellt (§ 1859 Abs. 2 BGB):

Diese Aufzählung ist grundsätzlich abschließend. Es besteht aber seit 1.1.23 die Möglichkeit, anderen Personen im Bereich der Betreuung Volljähriger den Status des befreiten Betreuers zu verleihen, und zwar durch eine Betreuungsverfügung.

Das bedeutet, dass ohne eine solche Betreuungsverfügung insbesondere folgende Personen niemals befreite Betreuer sein können:

Eine echte Logik ist in dieser Auflistung nicht erkennbar. Offenbar wurden die nächsten Angehörigen als befreite Betreuer gewählt, um Ihnen die Entscheidung zur Betreuungsübernahme zu erleichtern und bei Mitarbeitern von Betreuungsvereinen und -behörden wird vermutet, dass diese der internen Aufsicht der Leitung der Betreuungsbehörde bzw. des Betreuungsvereins unterliegen.

Den befreiten Betreuern kann allerdings im Einzelfall der Sonderstatus durch das Betreuungsgericht entzogen werden (außer bei der Bestellung des Betreuungsvereins oder der Betreuungsbehörde nach § 1859 Abs. 3 BGB). Maßstab für die Aufhebung der Befreiung ist die ansonsten drohende Gefährdung des Betreuten. Dieses kann z.B. dann gefährdet sein, wenn ein Abkömmling als Betreuer ein erhebliches Betreutenvermögen ohne Nachweis konkreter Sachkunde zu verwalten hat und keine Gewähr dafür bietet, Ratschläge Dritter anzunehmen und zu beachten (LG München I FamRZ 1998, 701).

Auswirkungen

Der befreite Betreuer ist von folgenden Beschränkungen bei der Vermögenssorge befreit:

  • Der befreite Betreuer braucht keinen Sperrvermerk (§ 1845 BGB, anbringen lassen.
  • Der befreite Betreuer kann ohne Genehmigung über Geldanlagen verfügen (§ 1849 BGB (3.000 Euro) spielen für ihn keine Rolle.
  • Der befreite Betreuer ist von der jährlichen Rechnungslegung befreit (§ 1865 BGB). Er muss lediglich pro Jahr ein neues Vermögensverzeichnis einreichen; diese Frist kann auf 5 Jahre verlängert werden. Die Befreiung gilt allerdings nicht für die Schlussrechnung beim Ende der Betreuung nach § 1872 BGB. Allerdings reicht auch dann nach Abs. 5 nur eine Vermögensübersicht.
  • Der befreite Betreuer darf sich Aufwendungsersatz oder die Aufwandspauschale auch aus anderen Konten als Girokonten entnehmen, sofern der Betreute nicht mittellos ist.

Rechtsprechung:

OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.08.1995; 22 U 85/95, (DRsp Nr. 1996 / 23293)

  1. Auch das Jugendamt als befreiter Vormund hat nach der Beendigung seines Amtes dem Mündel über seine Verwaltung während der gesamten Amtszeit Rechenschaft zu legen, die den Vorgaben des § 259 Abs. 1 BGB genügt.
  2. Besteht die Aufgabe des Vormundes im wesentlichen in der Verwaltung eines Geldvermögens und nicht bebauten Grundbesitzes sowie in der Verwahrung sonstiger Vermögenswerte und sind die zu berichtenden Vorgänge über Bankkonten abgewickelt worden, genügt es, daß der Vormund zum Abschluss seiner Amtsführung zusammen mit den zeitlich geordneten Kontoauszügen und den zugehörigen Korrespondenzen und Belegen eine nach Zeitabschnitten (Kalender- oder Rechnungsjahren) unterteilte Übersicht über die Entwicklung des Mündelvermögens während seiner Amtszeit vorlegt.

LG Hannover, Beschl. vom 13.3.2014, 12 T 14/14, NZFam 2014, 561:

Die Befreiung des Betreuers von der jährlichen Rechnungslegung greift auch auf die Berichterstattung durch.

Literatur

Weblinks