Änderungen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
9.984 Bytes hinzugefügt ,  11:41, 6. Mai 2022
Zeile 10: Zeile 10:     
Für den Fall der im Verfahren unerkannt gebliebenen ´[[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] sei der davon Betroffene durch die Möglichkeit der Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO) ausreichend geschützt. Die einmonatige Frist für die Erhebung dieser Klage beginne mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung an den gesetzlichen Vertreter bzw. im Falle der Wiedererlangung der Prozessfähigkeit nach vorübergehender Geschäftsunfähigkeit mit der erneuten Zustellung an die wieder prozessfähige Partei. Die Ausschlussfrist von fünf Jahren ab Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung gilt für die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder gesetzlicher Vertretung nicht (§ 586 Abs. 3 ZPO).
 
Für den Fall der im Verfahren unerkannt gebliebenen ´[[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] sei der davon Betroffene durch die Möglichkeit der Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO) ausreichend geschützt. Die einmonatige Frist für die Erhebung dieser Klage beginne mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung an den gesetzlichen Vertreter bzw. im Falle der Wiedererlangung der Prozessfähigkeit nach vorübergehender Geschäftsunfähigkeit mit der erneuten Zustellung an die wieder prozessfähige Partei. Die Ausschlussfrist von fünf Jahren ab Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung gilt für die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder gesetzlicher Vertretung nicht (§ 586 Abs. 3 ZPO).
 +
 +
'''Rechtsprechung:'''
 +
 +
*'''BGH, Beschluss vom 23.09.2021 - I ZB 20/21''', WM 2021, 2340:
 +
 +
# Bei der Zwangsvollstreckung zur Erwirkung einer unvertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf gegen eine prozessunfähige natürliche Person, die mangels hinreichender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht in der Lage ist, einen natürlichen Willen zur Vornahme der von ihr geschuldeten Handlung zu bilden, keine Zwangshaft verhängt werden.
 +
#Bei der gegen eine prozessunfähige natürliche Person gerichteten Zwangsvollstreckung zur Erwirkung einer unvertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf gegen den Bevollmächtigten des Schuldners keine Zwangshaft verhängt werden.
 +
#Bei der gegen eine prozessunfähige natürliche Person gerichteten Zwangsvollstreckung zur Erwirkung einer nicht vertretbaren Handlung nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Zwangsgeld stets gegen den Schuldner und nicht gegen den gesetzlichen Vertreter festzusetzen.
 +
#Einer prozessunfähigen natürlichen Person ist die Vornahme einer nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erwirkenden Handlung nicht unmöglich, wenn die Handlung durch deren Bevollmächtigten vorgenommen werden kann.
 +
 +
== Zustellung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen==
 +
 +
Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse können nur geschäftsfähigen Betreuten wirksam zugestellt werden. Das gilt auch dann, wenn es um die Vergütung des Betreuers geht.
 +
 +
 +
'''LG Saarbrücken, Beschluss vom 6. September 2018 – 5 T 274/18'''
 +
# Zulässige Verweigerung der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch den Gerichtsvollzieher gegen eine Betreuerin wegen Ansprüchen auf Betreuervergütung an den Betreuten als Drittschuldner wegen begründeter Zweifel an dessen Geschäftsfähigkeit.
 +
# Ein Gerichtsvollzieher ist als Organ der Rechtspflege berechtigt, bei festgestellten und begründeten Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Drittschuldners von der beantragten Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abzusehen.
    
==Pfändung von Sozialleistungen==
 
==Pfändung von Sozialleistungen==
Zeile 16: Zeile 34:     
Die Regel­leis­tungen (einschließ­lich der Kosten der Unter­kunft) nach dem SGB II und XII entspre­chen dem notwen­digen Unter­halt, der auch in der Zwangs­voll­stre­ckung zu belassen sei, so der BGH. Damit sei auch die Pfän­dung klei­nerer Beträge (30 € monat­lich im entschie­denen Fall) unzu­lässig <ref>http://www.btdirekt.de/themen-fuer-berufsbetreuer/verbraucherschutz/648-keine-pfaendung-in-alg-2-leistungen</ref>
 
Die Regel­leis­tungen (einschließ­lich der Kosten der Unter­kunft) nach dem SGB II und XII entspre­chen dem notwen­digen Unter­halt, der auch in der Zwangs­voll­stre­ckung zu belassen sei, so der BGH. Damit sei auch die Pfän­dung klei­nerer Beträge (30 € monat­lich im entschie­denen Fall) unzu­lässig <ref>http://www.btdirekt.de/themen-fuer-berufsbetreuer/verbraucherschutz/648-keine-pfaendung-in-alg-2-leistungen</ref>
 +
 +
'''BGH, Beschluss vom 30. April 2020 - VII ZB 82/17'''
 +
 +
Der Anspruch des sich in einer Pflegeeinrichtung befindlichen Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung des gegenwärtig auf einem "Taschengeldkonto" verwalteten Guthabens sowie die künftigen Ansprüche des Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung der jeweils monatlich auf dem "Taschengeldkonto" eingehenden Geldbeträge sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 1. Fall BGB jeweils bis zu der Höhe unpfändbar, die in § 27b Abs. 3 SGB XII für den angemessenen Barbetrag geregelt ist. Diese Vorschriften stehen einer Pfändbarkeit indes grundsätzlich nicht entgegen, soweit das jeweils vorhandene Guthaben den sich aus § 27b Abs. 3 SGB XII für einen Monat anzusetzenden Betrag übersteigt.
    
==Abgabe der Vermögensauskunft (ehemals eidesstattlichen Versicherung)==
 
==Abgabe der Vermögensauskunft (ehemals eidesstattlichen Versicherung)==
Zeile 21: Zeile 43:  
Der Schuldner hat die Vermögensauskunft (eidesstattliche Versicherung) normalerweise persönlich zu leisten, und zwar vor dem Gerichtsvollzieher. Dieses ergibt sich aus §§ 802c ZPO und § 185a GVGA. Die Abgabe der Erklärung ist jedoch stets dann Pflicht des Betreuers mit dem [[Aufgabenkreis]] [[Vermögenssorge]], wenn der Betreute [[Geschäftsfähigkeit|geschäftsunfähig]] ist oder ein entsprechender [[Einwilligungsvorbehalt]] besteht (LG Osnabrück BeckRS 2011, 12569).
 
Der Schuldner hat die Vermögensauskunft (eidesstattliche Versicherung) normalerweise persönlich zu leisten, und zwar vor dem Gerichtsvollzieher. Dieses ergibt sich aus §§ 802c ZPO und § 185a GVGA. Die Abgabe der Erklärung ist jedoch stets dann Pflicht des Betreuers mit dem [[Aufgabenkreis]] [[Vermögenssorge]], wenn der Betreute [[Geschäftsfähigkeit|geschäftsunfähig]] ist oder ein entsprechender [[Einwilligungsvorbehalt]] besteht (LG Osnabrück BeckRS 2011, 12569).
   −
'''[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2008-8&Seite=3&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%2C+%22%5B%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%2C+%5C%5C%5C%2713%5C%5C%5C%27%5D%22%5D%5C%27%5D%27%5D&nr=45415&pos=91&anz=155 BGH, Beschluss vom 14.08.2008], I ZB 20/08'''; [[BtPrax]] 2008, 257 = [[BtMan]] 2008, 221 = FamRZ 2008, 2109 = NJW-RR 2009, 1 = MDR 2008, 1357 = WM 2008, 2264 = FoVo 2009, 18 = DGVZ 2008, 189 = BGHR 2008, 1241:
+
'''BGH, Beschluss vom 14.08.2008, I ZB 20/08'''; BtPrax 2008, 257 = BtMan 2008, 221 = FamRZ 2008, 2109 = NJW-RR 2009, 1 = MDR 2008, 1357 = WM 2008, 2264 = FoVo 2009, 18 = DGVZ 2008, 189 = BGHR 2008, 1241:
    
''Wenn für die [[Vermögenssorge]] des Schuldners ein [[gesetzlicher Vertreter]] bestellt, nicht aber ein [[Einwilligungsvorbehalt]] gemäß § 1903 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der [[gesetzlicher Vertreter|Vertreter]] oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben hat. Im vorliegenden Fall wurde die Betreuerin verpflichtet, die eV. abzugeben.''
 
''Wenn für die [[Vermögenssorge]] des Schuldners ein [[gesetzlicher Vertreter]] bestellt, nicht aber ein [[Einwilligungsvorbehalt]] gemäß § 1903 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der [[gesetzlicher Vertreter|Vertreter]] oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben hat. Im vorliegenden Fall wurde die Betreuerin verpflichtet, die eV. abzugeben.''
   −
Anmerkung: Für Geschäftsunfähige ergibt sich die Verpflichtung des Betreuers, die Erklärung abzugeben, direkt aus § 455 ZPO; siehe auch LG Koblenz, Urt. v 10.3.1972 - 13 T 8/72, DGVZ 1972,117.
+
Anmerkung: Für Geschäftsunfähige ergibt sich die Verpflichtung des Betreuers, die Erklärung abzugeben, direkt aus § 455 ZPO; siehe auch LG Koblenz, Urt. v 10.3.1972 - 13 T 8/72, DGVZ 1972,117. Das gilt auch beim vorherigen Verfahrenseintritt des Betreuers in das Zwangsvollstreckungsverfahren gegen einen Geschäftsfähigen nach § 53 ZPO: LG Osnabrück DGVZ 2005, 128; AG Haßfurt DGVZ 2003, 46.
    
Zum 1.1.2013 hat es durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung einige Änderungen gegeben, die auch für Betreuer von Interesse sein können. Geregelt ist das neue Verfahren im Abschnitt „Vollstreckung wegen Geldforderungen“ in den §§ 802 a bis l ZPO. Kernpunkt dieser Neuregelung ist es, dass die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung  durch die Abgabe einer Vermögensauskunft ersetzt wurde.
 
Zum 1.1.2013 hat es durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung einige Änderungen gegeben, die auch für Betreuer von Interesse sein können. Geregelt ist das neue Verfahren im Abschnitt „Vollstreckung wegen Geldforderungen“ in den §§ 802 a bis l ZPO. Kernpunkt dieser Neuregelung ist es, dass die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung  durch die Abgabe einer Vermögensauskunft ersetzt wurde.
Zeile 32: Zeile 54:     
Gem. § 820b ZPO kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen eine Zahlungsfrist gewähren oder eine Ratenzahlung vereinbaren.Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft ist in § 802f ZPO geregelt. Zunächst ist dem Schuldner eine Zahlungsfrist von 2 Wochen einzuräumen. Ist die Forderung dann nicht beglichen worden, kann die Abgabe der Vermögensauskunft verlangt werden – entweder in den Räumen des Gerichtsvollziehers oder auf Antrag des Gläubigers hin auch in der Wohnung des Schuldners.
 
Gem. § 820b ZPO kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen eine Zahlungsfrist gewähren oder eine Ratenzahlung vereinbaren.Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft ist in § 802f ZPO geregelt. Zunächst ist dem Schuldner eine Zahlungsfrist von 2 Wochen einzuräumen. Ist die Forderung dann nicht beglichen worden, kann die Abgabe der Vermögensauskunft verlangt werden – entweder in den Räumen des Gerichtsvollziehers oder auf Antrag des Gläubigers hin auch in der Wohnung des Schuldners.
 +
 +
*[http://www.kanzleischeulen.de/beitraege/wer-ist-zur-abgabe-der-eidesstattlichen-offenbarungsversicherung-ueber-das-vermoegen-des-betreuten-oder-vorsorgevollmachtgebers-.html Ergänzende Infos von Rechtsanwalt Scheulen, auch zu Bevollmächtigten]
 +
 +
Rechtsprechung:
 +
 +
'''LG Berlin, Beschluss vom 28.05.2018, 51 T 122/18''', MDR 2018, 1147
 +
 +
Die rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung zur Abgabe der Vermögensauskunft ist ausgeschlossen. Die Vermögensauskunft ist grundsätzlich durch den Schuldner selbst oder einen gesetzlichen Vertreter abzugeben. § 51 Abs. 3 ZPO ist im Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802 c ZPO nicht anwendbar. Gemäß § 51 Abs. 3 ZPO steht ein Bevollmächtigter einem gesetzlichen Vertreter nur dann gleich, wenn eine nicht prozessfähige natürliche Person wirksam eine andere natürliche Person mit ihrer gerichtlichen Vertretung beantragt hat und die Bevollmächtigung geeignet ist, die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.
 +
 +
'''OLG Celle, Beschluss vom 20.6.2018 – 6 W 78/18''', BeckRS 2018, 13277 ◊ NJW-Spezial 2018, 455 (m. Anm.) ◊ ZErb 2018, 200 ◊ LSK 2018, 13277 (Ls.) ◊ ZEV 2018, 486 (Ls.) ◊ FuR 2018, 498 ◊ NJW 2018, 2807 (Ls.) ◊ NJW-RR 2018, 1031
 +
 +
Ist der Vertretene in einem Erbscheinsverfahren nicht mehr zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in der Lage, kann sein gesetzlicher Vertreter, zum Beispiel ein Betreuer, die Erklärung abgeben, jedoch als eigene Erklärung und nicht für den Vertretenen. Dabei steht ein Vorsorgebevollmächtigter einem gesetzlichen Vertreter gleich.
 +
 +
'''BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2019 - I ZB 60/18'''
 +
 +
# Ein nicht prozessfähiger Schuldner kann bei der Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 51 Abs. 3 ZPO auch durch einen Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden.
 +
# Ein Vorsorgebevollmächtigter ist anders als ein gerichtlich bestellter Betreuer nicht verpflichtet, für einen nicht prozessfähigen Schuldner die Vermögensauskunft und die eidesstattliche Versicherung abzugeben.
    
==Zwangsversteigerungsverfahren==
 
==Zwangsversteigerungsverfahren==
Zeile 58: Zeile 97:     
[http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/der-suizidgefaehrdete-schuldner-in-der-zwangsversteigerung-321050 Besprechung bei Rechtslupe.de]
 
[http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/der-suizidgefaehrdete-schuldner-in-der-zwangsversteigerung-321050 Besprechung bei Rechtslupe.de]
 +
 +
'''LG Ravensburg, Beschluss vom 12.08.2020 - 1 T 27/20''':
 +
 +
#Für die Durchführung der Zwangsräumung muss der Räumungsschuldner prozessfähig sein.
 +
#Zweifelt der Gerichtsvollzieher an der Prozessfähigkeit einer Partei des Vollstreckungsverfahrens, hat er ein psychiatrisches bzw. neurologisches Sachverständigengutachten über die Geschäfts- und Prozessfähigkeit der betroffenen Partei einzuholen.
    
==Restschuldbefreiung==
 
==Restschuldbefreiung==
   −
Der Betreuer hat auch die Möglichkeit, für den Betreuten ein Verfahren zur Restschuldbefreiung ("Verbraucherinsolvenz") zu betreiben. Allerdings muss der Betreute selbst durch sein Verhalten in der sog. "Wohlverhaltensphase" von 6 Jahren unter Beweis stellen, dass er gewillt ist, seine Schulden nach besten Kräften zu tilgen. Anderenfalls ist eine Restschuldbefreiung nicht möglich.
+
Der Betreuer hat auch die Möglichkeit, für den Betreuten ein Verfahren zur Restschuldbefreiung ("Verbraucherinsolvenz") zu betreiben. Allerdings muss der Betreute selbst durch sein Verhalten in der sog. "Wohlverhaltensphase" von 6 Jahren unter Beweis stellen, dass er gewillt ist, seine Schulden nach besten Kräften zu tilgen. Anderenfalls ist eine Restschuldbefreiung nicht möglich. Der Eröffnungsantrag (§ 13 InsO) kann vom Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge gestellt werden (§ 4 Inso iVm § 53 ZPO). Die gegenteilige Auffassung in der Rechtsprechung (siehe unten), dass die Antragstellung höchstpersönlich ist, wird nicht geteilt, da § 13 und § 305 InsO keinen Hinweis auf Höchstpersönlichkeit enthalten - und sonst auch die gesetzliche Vertretung bei der Insolvenz einer juristischen Person nicht möglich wäre. Dennoch ist dem Betreuer zu raten, zusätzlich die Unterschrift des Betreuten einzuholen, um allen Eventualitäten vorzubeugen.
 +
 
 +
Grundsätzlich kann der Betreuer sämtliche Anträge im Rahmen der Insolvenzantragstellung unterschreiben; die Abtretungs- und Vollständigkeitserklärungen müssen hingegen grundsätzlich vom Schuldner abgegeben werden. Nur wenn der Schuldner krankheitsbedingt hierzu nicht in der Lage ist, kann der Betreuer - ggf. mit gerichtlicher Genehmigung - diese Erklärungen ausnahmsweise abgeben.
 +
 
 +
Rechtsprechung:
 +
 
 +
'''Landgericht Kassel, Beschl. vom 14.10.2002, 3 T 504/02,ZInsO 2002, 1147
 +
 
 +
Die nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO abzugebende Erklärung ist höchstpersönlich, muss mithin vom Schuldner persönlich unterzeichnet werden und eine Vertretung ist nicht zulässig.
 +
 
 +
'''AG Göttingen, Beschl. v 20.11.2003 - 74 IN 377/03''', NZI 2004, 38
 +
 
 +
# Steht der Geschäftsführer einer GmbH unter Betreuung, ist der Betreuer nicht zur Stellung eines (Eigen-)Antrages über das Vermögen der GmbH berechtigt.
 +
# In diesem Fall kommt aber die Bestellung eines Verfahrenspflegers durch das Insolvenzgericht gem. § 4 InsO i.V.m. § 57 ZPO in Betracht.
 +
 
 +
'''AG Essen, Beschl. vom 02.01.2015, 163 IN 199/14'''; BeckRS 2015, 00351 = NZI 2015, 286 = ZIP 2015, 287
 +
 
 +
Genügt die dem Gläubiger- und Forderungsverzeichnis eines Schuldners beigefügte Erklärung der Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 1 S. 7 InsO, so ist der Eröffnungsantrag als unzulässig abzuweisen. Dies ist der Fall, wenn der anwaltliche Vertreter des Schuldners angibt, dass der Schuldner erklärt habe, die in dem Verzeichnis enthaltenen Angaben seien richtig und vollständig. Bei der Erklärung handelt es sich um eine höchstpersönliche Wissenserklärung, deren Abgabe einer Vertretung nicht zugänglich ist, so dass sie vom Schuldner persönlich abgegeben werden muss.
 +
 
 +
'''AG Duisburg, Beschluss vom 06.12.2005 - 62 IN 302/05''': NZI 2006, 182
 +
 
 +
# Bei der Wahrnehmung insolvenzrechtlicher Pflichten und Obliegenheiten sind dem Schuldner schuldhafte Versäumnisse seines Betreuers grundsätzlich als Verschulden zuzurechnen.
 +
# Die Zurechnung entfällt, wenn der Betreuer seine Vertretungsmacht überschreitet oder offenkundig und vorsätzlich mißbraucht.
 +
 
 +
'''Landgericht Verden, Beschluss v 17.10.2006 - 6 T 209/06; JurBüro 2007, 327 = ZInsO 2007, 168 = ZVI 2008, 22
 +
 
 +
Hat ein Rechtsanwalt dem Schuldner die erfolglose außergerichtliche Einigung bescheinigt, besteht im Hinblick auf die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) kein Anlass, daran zu zweifeln und weitere Nachweise zu fordern. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der bescheinigende Rechtsanwalt zugleich rechtlicher Betreuer des Schuldners ist
 +
 
 +
'''Landgericht Düsseldorf v 27.04.2018 - 25 T 46/18''', ZInsO 2018, 1265
 +
 
 +
Bei der Erklärung nach § 13 Abs. 1 S. 7 InsO handelt es sich um eine höchstpersönliche Willenserklärung, deren Abgabe einer Vertretung nicht zugänglich ist.
 +
 
 +
'''AG Hannover, Beschluss vom 13.11.2018, 908 IK 784/18, 908 IK 784/18 - 4'''
 +
 
 +
# Die Erklärung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Gläubiger- und Forderungsverzeichnis nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist höchstpersönlicher Natur und nicht der Stellvertretung zugänglich.
 +
# Neben dem Betreuer ist deshalb auch der Betreute verpflichtet, eine Wissenserklärung mit abzugeben, sofern es keine Hinweise gibt, dass der Betreute tatsächlich nicht in der Lage ist, eine entsprechende Erklärung abzugeben.
 +
 
 +
'''Landgericht Hamburg, Beschluss vom 08.03.2019 - 330 T 14/19''', NZI 2019, 384
 +
 
 +
Für die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO benötigt der Betreuer die betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1812 BGB.
 +
 
 +
'''AG Hannover, Beschl. v. 24.03.2020 – 904 IK 109/20 - 4''', NZI 2020, 799
 +
 
 +
Selbst dann, wenn man annimmt, dass Wissenserklärungen, die im Rahmen der Formulare gem. § 305 Abs. 1 InsO abzugeben sind, höchstpersönlichen Charakter haben, ist eine Ausnahme jedenfalls dann zu machen, wenn der Schuldner zu einer Erklärungsabgabe aus physischen oder psychischen Gründen nicht in der Lage ist.
 +
 
 +
'''LG Hamburg, Urt. v. 20.9.2021 – 304 O 407/20'''
 +
 
 +
Stellt der Nachlasspfleger verspätet Insolvenzantrag, macht er sich gegenüber dem Nachlass uU schadensersatzpflichtig. Der Schaden kann dann in einer vor Antragstellung entnommenen Nachlasspflegervergütung bestehen.
 +
 
 +
==Siehe auch==
 +
[[Mahnverfahren]]
 +
 
 +
==Podcast betroyt.de==
 +
*[https://betroyt.de/podcast/#51 Betroyt-de-Podcast von Rechtsanwalt Roy Kreutzer zum Thema Zwangsvollstreckungen]
 +
 
 +
*[https://betroyt.de/podcast/ Zu allen Betroyt.de-Podcasts]
 +
 
    
==Weblinks==
 
==Weblinks==
 +
*[https://www.verbraucherzentrale.nrw/sites/default/files/2018-05/Arbeitshilfe_InsO_komplett_2018.pdf Arbeitshilfe der Verbraucherzentrale NRW (PDF)]
 
*[http://www.infodienst-schuldnerberatung.de/schuldnerberatung/rubriken/arbeitshilfen/2010/arbeitshilfen-p-konto.html Arbeitshilfen zum Pfändungsschutzkonto]
 
*[http://www.infodienst-schuldnerberatung.de/schuldnerberatung/rubriken/arbeitshilfen/2010/arbeitshilfen-p-konto.html Arbeitshilfen zum Pfändungsschutzkonto]
 
*[http://www.sozialleistungen.info/fin/bankprodukte/girokonto/pfaendungsschutzkonto.html Infos zum Pfändungsschutzkonto]
 
*[http://www.sozialleistungen.info/fin/bankprodukte/girokonto/pfaendungsschutzkonto.html Infos zum Pfändungsschutzkonto]
 
*[http://www.elo-forum.org/attachments/schulden/25729d1247489323-info-pfaendungsschutzkonto-01-07-2010-bgbl-39-seite-1707-.-10-07-2009-pfaendungsschutzkonto.pdf Gesetzliche Regelung zum Pfändungsschutzkonto (PDF)]
 
*[http://www.elo-forum.org/attachments/schulden/25729d1247489323-info-pfaendungsschutzkonto-01-07-2010-bgbl-39-seite-1707-.-10-07-2009-pfaendungsschutzkonto.pdf Gesetzliche Regelung zum Pfändungsschutzkonto (PDF)]
 +
*[https://www.infodienst-schuldnerberatung.de/neuregelungen-pkofog/ Änderungen zum Pfändungsschutzkonto ab 1.12.2021]
 
*[http://www.amtsgericht.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen85.c.1599.de#insolvenz Merkblätter zur Restschuldbefreiung]
 
*[http://www.amtsgericht.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen85.c.1599.de#insolvenz Merkblätter zur Restschuldbefreiung]
 
*[http://www.projekt-geben.de/downloads/btg/btg27.pdf Was tun, wenn der Betreute Schulden hat]
 
*[http://www.projekt-geben.de/downloads/btg/btg27.pdf Was tun, wenn der Betreute Schulden hat]
Zeile 75: Zeile 177:     
===Bücher im Bundesanzeiger-Verlag===
 
===Bücher im Bundesanzeiger-Verlag===
*[https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung-und-pflege/zivil-und-zivilprozessrecht/?cHash=18420295cff699699e8a33ce5fb56622 Brosey/Lütgens: Zivil- und Zivilprozessrecht für Betreuer]
+
*[https://shop.reguvis.de/betreuung-und-pflege/zivil-und-zivilprozessrecht/ Brosey/Lütgens: Zivil- und Zivilprozessrecht für Betreuer]
    
===Zeitschriftenbeiträge===
 
===Zeitschriftenbeiträge===
 
*Bienwald: Schuldenregulierung als Betreueraufgabe; BtPrax 2000, 187  
 
*Bienwald: Schuldenregulierung als Betreueraufgabe; BtPrax 2000, 187  
*Harnecke: Zwangsvollstreckung gegen Personen, die unter Betreuung stehen; [http://www.dgvz.de DGVZ] 2000, 161
+
*Christmann: Zwangsvollstreckung und Betreuung; DGVZ 1995, 66
 +
*[https://rsw.beck.de/docs/librariesprovider60/default-document-library/2000/dgvz-heft-11-2000.pdf?sfvrsn=2 Harnecke: Zwangsvollstreckung gegen Personen, die unter Betreuung stehen; DGVZ 2000, 161 (PDF)]
 +
*Hoffmann/Danylak: Die Unzulässigkeit der rechtsgeschäftlichen Vertretung durch Vorsorgevollmacht im Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft bei einem prozessunfähigen, nicht betreuten Schuldner – eine Quadratur des Kreises? DGVZ 2018, 199
 +
*Ley: Verbraucherinsolvenzverfahren für unter Vormundschaft oder Betreuung stehende Schuldner, ZVI 2003, 101
 
*Wesche: Der Betreute in der Zwangsvollstreckung; BtPrax 2006, 3 (Teil 1) und BtPrax 2006, 98 (Teil 2)
 
*Wesche: Der Betreute in der Zwangsvollstreckung; BtPrax 2006, 3 (Teil 1) und BtPrax 2006, 98 (Teil 2)
 
*Zimmermann: Die Vorsorgevollmacht in der Zwangsvollstreckung; DGVZ 2010, 221
 
*Zimmermann: Die Vorsorgevollmacht in der Zwangsvollstreckung; DGVZ 2010, 221
*Scheulen: http://www.rae-scheulen.de%2Fratgeber-betreuung%2FAbgabe_der_Offenbarungsversicherung.pdf
+
*[http://www.rae-scheulen.de/ratgeber-betreuung/Abgabe_der_Offenbarungsversicherung.pdf Scheulen: Wer ist zur Abgabe der Eidesstattlichen Offenbarungsversi-cherung über das Vermögen des Betreuten oder Vorsorge-vollmachtgebers verpflichtet?]
    
===Einzelnachweise===
 
===Einzelnachweise===

Navigationsmenü