Verhinderungsbetreuer

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Ein Verhinderungsbetreuer ist ein Betreuer, der zusätzlich zu einem bereits bestellten Betreuer seitens des Betreuungsgerichtes für bestimmte Situationen bestellt werden kann. Rechtsgrundlage ist § 1899 Abs. 4 BGB. Andere Bezeichnungen sind Vertretungsbetreuer, Ersatzbetreuer oder Ergänzungsbetreuer.

Hier sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:

Rechtliche Verhinderung des Betreuers

Ein Verhinderungsbetreuer kann bestellt werden, wenn der Betreuer in eigener Person ein Rechtsgeschäft mit dem Betreuten nicht abschließen kann (verbotenes Insichgeschäft, § 181 BGB) oder wenn der Betreuer wegen eines Rechtsgeschäftes zwischen dem Betreuten und dem Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandten des Betreuers (in gerader Linie, vgl. § 1795 BGB) verhindert ist (BayObLG BtPrax 1998, 32 = NJW-RR 1998, 869; BayObLG FamRZ 2002, 61)

Des weiteren bestehen weitere Vertretungshindernisse, die in § 1795 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BGB genannt sind. Rechtlich verhindert dürfte der Betreuer auch sein, wenn der Betreute gegen ihn wegen Pflichtverletzungen1833 i.V.m. § 1908 i BGB) belangen will oder im umgekehrten Fall der Betreuer gegen den Betreuten Erb- oder Pflichtteilsansprüche (vgl. BayObLG BtPrax 2001, 252; BayObLG BtPrax 2004, 32; OLG Zweibrücken FGPrax 1999, 182 = Rpfleger 1999, 534; OLG Nürnberg NJW-FER 2001, 316) oder Schadensersatzansprüche nach § 823 oder § 812 BGB geltend machen will. Außerdem kann das Gericht dem Betreuer gem. §§ 1796 BGB die Vertretungsmacht für einzelne Angelegenheiten entziehen, insbesondere, weil ein Interessenkonflikt droht (BayObLG FamRZ 1999, 1303).

Die Bestellung des Verhinderungsbetreuers, der in diesem Falle auch als Ergänzungsbetreuer bezeichnet wird (um die Nähe zur Ergänzungspflegschaft des § 1909 BGB zu betonen), wird sich in der Regel auf einen kleinen, näher bezeichneten Aufgabenkreis, z.B. den Abschluss eines bestimmten Rechtsgeschäftes oder die Führung eines bestimmten Prozesses beziehen. Die Aufgaben des Ergänzungsbetreuers, und damit der Umfang der vergütungsfähigen Tätigkeiten, reichen nur so weit, wie die Verhinderung des eigentlichen Betreuers gegeben ist.

Die Ergänzungsbetreuung endet nicht kraft Gesetzes mit der Erledigung des Rechtsgeschäftes, an der der eigentliche Betreuer verhindert war bzw. mit dessen Wiederherstellung der Geschäftsfähigkeit. Die Ergänzungsbetreuung ist daher gem. § 1908d Abs. 1 BGB ausdrücklich aufzuheben. Zum Betreuungsverfahren siehe § 294 FamFG.

Tatsächliche Verhinderung des Betreuers

Die Verhinderung des Betreuers kann jedoch auch auf tatsächlichen Gründen beruhen, z.B. Krankheit oder Urlaub. In diesem Fall ist zur gleichen Zeit immer nur entweder der Betreuer oder der Verhinderungsbetreuer tätig. Diese Form der Verhinderungsbetreuung wird in der Praxis auch Vertretungsbetreuung genannt.

Wichtigste Anwendung der Verhinderungsbetreuung bei tatsächlicher Verhinderung dürfte die urlaubsbedingte Nichterreichbarkeit des Betreuers sein (LG Stuttgart BtPrax 1999, 200; LG Frankfurt/Oder FamRZ 1999, 1221;). Jedoch auch Krankheit des Betreuers kann tatsächliche Verhinderung sein (LG Cottbus BtPrax 2001, 172. Die Kontroverse in der Literatur, ob eine Vertretungsbetreuung aus tatsächlichen Gründen überhaupt zulässig ist (dagegen LG Hamburg FamRZ 1999, 797), hat sich durch die ausdrückliche Erwähnung in § 6 Satz 2 VBVG seit 1. Juli 2005 erledigt. Einige Gerichte meinen, eine solche Verhinderungsbetreuung sei nur für einen konkret bevorstehenden Verhinderungsfall zulässig (LG Frankfurt/Oder FamRZ 1999, 1221).

Dies ist nicht praktikabel; zulässig ist auch, für alle künftigen (tatsächlichen) Verhinderungsfälle einen Ersatzbetreuer zu bestellen. Die tatsächliche Verhinderung wird i.d.R. einen längeren Zeitraum (mehrere Wochen oder Monate) ausmachen, kann aber auch einzelne Tage betreffen, wenn bereits ein Verhinderungsbetreuer für den Fall späterer Verhinderung bestellt ist und sich durch ein konkretes und dringendes Handlungserfordernis herausstellt, dass der eigentliche Betreuer unerreichbar ist.

Rechtsprechung: Ein gerichtlich bestellter Betreuer darf bei einem Urlaub seine Aufgaben nicht von sich aus auf einen Vertreter übertragen, da eine solche Praxis dem gesetzlichen Leitbild der persönlichen Betreuung widerspricht. Bei urlaubsbedingter Abwesenheit kann der Betreuer allenfalls jemanden bitten, nach dem Betreuten zu schauen, um ihn unverzüglich über alles Wesentliche zu informieren. In diesen Fällen kommt allenfalls die gerichtliche Bestellung eines Vertreters in Frage: OLG Frankfurt/M., 20 W 512/01 (ähnlich OLG Dresden, bt-info 2001, 171 und 2002, 27 (LS) und 2003,83 (LS)= BtPrax 2001, 260 = OLG-NL 2001, 286 = Rpfleger 2002, 255)

Berufliche Verhinderungsbetreuung

Der Verhinderungsbetreuer kann (ebenso wie der verhinderte Hauptbetreuer) Berufsbetreuer sein. § 1899 Abs. 1 BGB schließt dies auch in der Neufassung (seit 01.07.2005) nicht aus. Die Vergütungsansprüche sind bei den beiden Verhinderungssituationen jedoch unterschiedlich:

Ist die Verhinderung rechtlicher Art, hat der Verhinderungsbetreuer Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz entsprechend dem nachgewiesenen Zeit- und Sachaufwand. Der Stundensatz beträgt nach § 6 i.V.m. § 3 VBVG 19,50 Euro, bei Fachkenntnissen aufgrund Berufsausbildung 25,00 Euro, aufgrund Studienabschluss 33,50 Euro, jeweils zuzügl. Mehrwertsteuer.

Bei tatsächlicher Verhinderung ist nicht Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB und Vergütung nach § 3 VBVG für tatsächliche Tätigkeiten, sondern die pauschale Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG zu bewilligen. Der Stundensatz ist hier je nach Vorliegen betreuungsspezifischer Fachkenntnisse bei 27,00 € 33,50 € bzw. 44,00 € anzusetzen. Der Stundensatz beinhaltet Barauslagenersatz nach § 1835 Abs. 1 BGB sowie etwaige MWSt..

Rechtsprechung

BayObLG, Beschluss vom 08.10.1997 - 3Z BR 192/97; BayObLG 1998,5 = NJWE-FER 1998,81 = BtPrax 1998,72 = FamRZ 1999,47

Auch wenn ein Ergänzungsbetreuer bestellt wurde, kann die Verweigerung der Genehmigung eines Rechtsgeschäfts durch das Betreuungssgericht vom (eigentlichen) Betreuer mit einem Rechtsmittel angefochten werden, es sei denn, er ist durch Gesetz oder gerichtliche Verfügung von der Vertretung des Betroffenen ausgeschlossen.

BayObLG, Beschluss vom 04.05.1998, 4Z BR 43/98; FamRZ 1999, 1303

Die Bestellung eines weiteren selbständigen Betreuers ist zulässig, wenn der Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist oder ein Interessenkonflikt nicht ausgeschlossen werden kann.

LG Hamburg, Beschluss vom 01.12.1998, 301 T 486/98, bt-info 1999, 55 = FamRZ 1999, 797

Dem Betreuer, dessen Antrag auf Bestellung eines Vertreters als Betreuer (Vertretungsbetreuers) zurückgewiesen wurde, steht kein Beschwerderecht zu.

LG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 26.02.1999, 6 (b) T 21/99, FamRZ 1999, 1221

  1. Die Bestellung eines Ersatzbetreuers ist bei tatsächlicher Verhinderung des Hauptbetreuers möglich. Ersatzbetreuung ist aber dann nicht zulässig, wenn wegen absehbar wiederkehrender Verhinderung des Hauptbetreuers eine Dauerergänzungsbetreuung angeordnet werden soll. Dies dient nicht dem Wohl des Betreuten.
  2. Die Prüfung, ob dem in Aussicht genommenen Ersatzbetreuer infolge der Anzahl bereits übernommener Betreuungen die ordnungsgemäße Führung der Betreuung möglich ist, obliegt dem Amtsgericht und darf nicht dem Hauptbetreuer übertragen werden.

LG Berlin, Beschluss vom 09.07.1999, 83 T 245/99, RdLH 2000, 86

Ein Rechtsanspruch eines Betreuers auf Bestellung eines so genannten Verhinderungsbetreuers (Abwesenheitsbetreuer) besteht nicht. Durch die Ablehnung seiner Bestellung durch das Betreuungsgericht wird der Betreuer daher weder unmittelbar noch mittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt.

BayObLG, Beschluss vom 17.11.1999, 3Z BR 347/99

Bestellt das Betreuungsgericht einen neuen Ergänzungsbetreuer, so kann der bisherige Ergänzungsbetreuer nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Ernennung verlangen.

BayObLG, Beschluss vom 04.04.2000, 3Z BR 42/00; FamRZ 2000, 1183 [LSe]

  1. Allein die abstrakte Gefahr einer Kollision der Interessen des Betroffenen mit denen der als Betreuer in Betracht kommenden Person schließt deren Bestellung zum Betreuer nicht aus.
  2. Die Entfernung des Wohnsitzes des Betreuers von dem des Betreuten kann die Bestellung eines weiteren Betreuers rechtfertigen.

LG Frankenthal (Pfalz), Beschluss vom 04.10.2000, 1 T 213/00, BtPrax 2001, 88 (LS)

Im Falle der Bestellung eines ehrenamtlichen Betreuers und eines ehrenamtlichen Verhinderungsbetreuers kann die Aufwandpauschale gem. § 1835a BGB in Höhe von 323 Euro insgesamt für den Zeitraum von einem Jahr nur einmal und zwar für jeden Betreuer anteilig für die Zeit seiner tatsächlichen Tätigkeit gewährt werden.

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 05.02.2001, 20 W 323/00; FamRZ 2001, 1486 = FGPrax 2001, 152 = OLGR 2001, 135

Mittellosigkeit eines behinderten Betreuten ist auch dann anzunehmen, wenn als einziger Vermögenswert ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einer für eigene Wohnzwecke bestimmten und bereits genutzten Eigentumswohnung zur Abgeltung eines Pflichtteilsanspruches besteht. Dem steht nicht entgegen, dass der Ergänzungsbetreuer, der seine Vergütung aus der Staatskasse beantragt, gerade zur Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches bestellt worden war.

BayObLG, Beschluss vom 05.07.2001, 3Z BR 185/01; BtPrax 2001, 252 = bt-info 2002, 26 (LS)= FamRZ 2002, 61

Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zur Prüfung der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Betreuer im Zusammenhang mit einem Erbfall. Das Vormundschaftsgericht darf einen weiteren Betreuer abweichend vom Grundsatz der Einzelbetreuung dann bestellen, wenn der ursprüngliche Betreuer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen verhindert ist (§ 1899 Abs. 4 BGB). Rechtlich verhindert ist der Betreuer unter anderem dann, wenn er nach § 181 BGB oder nach § 1908i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1795 BGB von der Vertretung des Betroffenen ausgeschlossen ist. Dann ist der weitere Betreuer mit eigenem Aufgabenkreis in alleiniger Verantwortung zu bestellen (vgl. BayObLGZ 1997, 288/290).

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.04.2002 - 20 W 512/01; BtPrax 2002,170 =FamRZ 2002, 1362 (LS; mit Anm. Bienwald S.1362) = FGPrax 2002,178 = OLGR 2002,223 = Rpfleger 2002, 359

Die Übertragung sämtlicher Betreuungsaufgaben durch den Berufsbetreuer auf einen von ihm bevollmächtigten Dritten als Urlaubsvertreter ist unzulässig. Deshalb sind die für die Urlaubsvertretung aufgewendeten Kosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Eine Erstattung aus der Staatskasse kann ausnahmsweise geboten sein, wenn die Einschaltung des Urlaubsvertreters vor Klärung dieser Rechtsfrage durch obergerichtliche Rechtsprechung in Absprache mit der Betreuungsbehörde geschah und dem Betreuungsgericht rechtzeitig angezeigt wurde, ohne dass eine Beanstandung oder Bestellung eines Verhinderungsbetreuers erfolgte.

OLG Köln, Beschluss vom 25.08.2003, 16 Wx 168/03; BtPrax 2004, 77

Ist ein Betreuer lediglich für den Vertretungsfall bestellt, besteht der Anspruch auf pauschalen Aufwendungsersatz nur in dem Zeitraum, in dem der eigentliche Betreuer verhindert und der Vertretungsbetreuer tätig war.

BayObLG, Beschluss vom 17.09.2003, 3Z BR 118/03; BtPrax 2004, 34 = FamRZ 2004, 405 (LS) = NJOZ 2004, 955

Teilt ein Betreuungsverein dem Betreuungsgericht eine länger dauernde Verhinderung eines bestellten Vereinsbetreuers mit und regt die Bestellung eines vereinsintern zur Vertretung eingeteilten Mitarbeiters zum Ergänzungsbetreuer an, wird aber der benannte Vereinsmitarbeiter erst mit erheblicher Verzögerung bestellt, kann für von ihm zwischenzeitlich erbrachte Tätigkeiten der Verein Vergütung und Aufwendungsersatz fordern (vgl. OLG Brandenburg MDR 2002,397).

BayObLG, Beschluss vom 18.09.2003, 3Z BR 167/03; BayObLGZ 2003, 248 (Nr. 46) = BayObLGR 2004, 7 = BtPrax 2004, 32 = FamRZ 2004, 906 und 1750 (LS; mit Anm. Bienwald S. 1750) = FGPrax 2003, 268 = NJW-RR 2004, 1157 = Rpfleger 2004, 42 = ZErb 2004, 69

  1. Das Betreuungsgericht kann bei Vorliegen eines erheblichen Interessenkonflikts zwischen Betreuer und Betroffenem dem Betreuer die Vertretungsmacht konkludent durch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für den betreffenden Aufgabenkreis entziehen.
  2. Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für die Prüfung und Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen des Betroffenen gegen Vater und Schwester, die zu seinen Betreuern bestellt sind, ist auch dann erforderlich, wenn ein Sozialhilfeträger diese Ansprüche auf sich übergeleitet hat. Wie jeder andere Betreuer darf auch ein Ergänzungsbetreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, für die dies erforderlich ist. Kann der Betroffene durch andere Hilfen seine Angelegenheiten besorgen oder fallen im Rahmen eines Aufgabenkreises keine zu besorgenden Angelegenheiten an, fehlt es an der Erforderlichkeit.

OLG Schleswig, Beschluss vom 13.11.2003, 2 W 4/03; FamRZ 2004,835 (LS) = FGPrax 2004,70 = OLGR 2004, 229

  1. Eine Ergänzungsbetreuung im Sinne des § 1899 Abs. 4 BGB ist nur gegeben, wenn ein Betreuer im Bereich des ihm übertragenen Aufgabenkreises teilweise an der Besorgung der Angelegenheiten verhindert ist. Wird ein Betreuer für einen weiteren Aufgabenkreis bestellt, so handelt es sich um einen weiteren Betreuer im Sinne des § 1899 Abs. 1 BGB.
  2. Die Bestellung eines Kontrollbetreuers im Sinne des § 1896 Abs. 3 BGB kommt in Betracht, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles ein konkretes Bedürfnis für eine Überwachung festzustellen ist.

BayObLG, Beschluss vom 12.07.2004, 3Z BR 95/04; FamRZ 2004, 1993

Ein Ersatzbetreuer kann auch für Verhinderungsfälle tatsächlicher Art bestellt werden. Die Bestellung eines Ersatzbetreuers kommt nur in Betracht, wenn sie sich auf Grund der konkreten Sachlage als erforderlich erweist (vgl. § 1896 Abs. 2 BGB). Die weder zeitlich noch inhaltlich konkretisierte Möglichkeit, dass der Betreuer wegen Krankheit zeitweise an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert sein könnte, genügt nicht.

OLG München, Beschluss vom 07.11.2005, 33 Wx 164/05; BtPrax 2006, 34 = FamRZ 2006, 506 (LS) = OLGR 2006, 302 = Rpfleger 2006, 123 = ZEV 2006, 331 (LS)

  1. Sind für verschiedene Aufgabenkreise ein ehrenamtlicher und ein berufsmäßiger Betreuer bestellt, so stellt die Entlassung des ehrenamtlichen Betreuers jedenfalls dann einen wichtigen Grund für die Entlassung des anderen Betreuers dar, wenn für alle bestehenden Aufgabenkreise ein anderer berufsmäßiger Betreuer bestellt werden soll.
  2. In einem derartigen Fall ist jeder der bisherigen Betreuer beschwerdebefugt mit dem Ziel, seine Entlassung aufzuheben und ihn auch für die übrigen Aufgabenkreise zu bestellen.
  3. Bei der Auswahl des neuen Betreuers ist auch das Interesse des Betroffenen an der Kontinuität des Betreuungsverhältnisses zu berücksichtigen.

OLG München, Beschluss vom 22.02.2006; 33 Wx 020/06, 33 Wx 20/06; BtPrax 2006, 109 = FamRZ 2006, 890 (LS) = FGPrax 2006,117 = OLGR 2006,434 = Rpfleger 2006, 397

Waren mehrere berufsmäßig tätige Betreuer bereits vor dem 01.07.2005 bestellt, so stellt gleichwohl die durch § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB eingeführte Gesetzesänderung (im Rahmen des 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes) einen wichtigen Grund zur Entlassung eines dieser Betreuer dar (Fortführung der Rechtsprechung OLG München vom 07.11.2005, BtPrax 2006, 34).

BGH, Beschluss vom 15.03.2006; IV ZR 32/05; MDR 2006, 1250 = FamRZ 2006, 942 = NJW-RR 2006, 937 = VersR 2007, 225

Zur Notwendigkeit eines rechtzeitigen Hinweises auf das Fehlen einer Prozessvoraussetzung (hier: ordnungsgemäße Vertretung einer Partei) bei von der Vorinstanz abweichender Beurteilung der Rechtslage durch das Rechtsmittelgericht.

OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 21.08.2008, 20 W 105/08, Rpfleger 2008, 637 = FGPrax 2009, 18

§ 1899 Abs. 1 BGB sieht die Bestellung eines weiteren Betreuers nach § 1899 BGB zum Zwecke der Delegation der Kontrolle der Amtsführung des bisherigen Betreuers und zur Vermeidung etwaiger Missstände durch dessen Tätigkeit auf einen weiteren Betreuer nicht zu. Denn mit einer derartigen Zielrichtung würde die Betreuung nicht dem Wohl des Betroffenen und der besseren Erledigung von dessen Angelegenheiten dienen, sondern der Entlastung des Betreuungsgerichts. An der Unzulässigkeit der Bestellung eines Mitbetreuers zu Kontrollzwecken vermag auch der Hinweis in der amtsgerichtlichen Entscheidung nichts zu ändern, das Gericht sehe sich ebenso wie die Betreuungsstelle weder zeitlich noch personell in der Lage, sich häufiger einen unmittelbaren Eindruck von der Versorgungssituation des Betreuten zu verschaffen oder jeweiligen Vorwürfen nachzugehen.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.12.2008, 11 Wx 77/08

Die Zulässigkeit der Bestellung des Ergänzungsbetreuers - neben der bereits bestehenden, nicht den unmittelbaren Verfahrensgegenstand betreffenden Betreuung - richtet sich nach § 1899 Abs. 4 BGB. Nach dieser Vorschrift ist die Verhinderung, auch aus Rechtsgründen, Voraussetzung dafür, dass ausnahmsweise mehrere Betreuer bestellt werden dürfen.

OLG München, Beschluss vom 15.09.2010, 33 Wx 60/10:

Wird ein Betreuer neben einem Bevollmächtigten bestellt, weil dessen Vollmacht für bestimmte Rechtsgeschäfte nicht ausreicht, ist die Vergütung dieses "Ergänzungsbetreuers" in entsprechender Anwendung des § 6 Satz 1 VBVG nach konkretem Zeitaufwand zu bemessen. Angesichts der Vergleichbarkeit zum Fall des § 1899 Abs. 4 BGB liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. Das in der Vergütungsvorschrift erkennbare Ziel, zusätzlichen finanziellen Aufwand für den Zahlungspflichtigen ohne gleichwertige Betreuungsleistung zu vermeiden, rechtfertigt den Analogieschluss.

OLG Bremen, Beschluss vom 22.09.2010, 4 UF 91/10, NJW-RR 2011, 154:

Nur bei Bereitschaft zur Zeugenaussage gegen gesetzlichen Vertreter ist minderjährigem Kind ein Ergänzungspfleger beizuordnen Der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts (§ 52 StPO) des Kindes in einem gegen dessen gesetzlichen Vertreter gerichteten Ermittlungsverfahren bedarf es nur, wenn das Kind zur Zeugenaussage bereit ist, ihm aber die erforderliche Fähigkeit zur Einsicht in die Bedeutung seines Zeugnisverweigerungsrechts fehlt. Nur in diesem Falle bedarf es zu einer Zeugenvernehmung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Denn hätte das minderjährige Kind die nötige Verstandesreife, ist allein seine Entscheidung, ob es das Zeugnisverweigerungsrecht wahrnehmen will oder nicht, maßgebend. Hätte es sie nicht, wäre seine Entscheidung dann hinzunehmen, wenn sie lauten würde, nicht aussagen zu wollen. In beiden Fällen bedürfte es der Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht.

AG München, Beschluss vom 13.10.2010, 705 XVII 1559/08; NJW 2011, 618 = ZEV 2011, 81:

Anordnung von Ergänzungsbetreuung bei beabsichtigtem Wiederruf eines gemeinschaftlichen Testaments möglich, wenn widerrufender Ehegatte zugleich Betreuer

Ist der Ehegatte infolge Demenz geschäfts- und testierunfähig, kann, wenn der andere Ehegatte, der zugleich Betreuer ist, das gemeinschaftliche Testament widerrufen will, für die Empfangnahme des Testamentswiderrufs Ergänzungsbetreuung angeordnet werden.

OLG Saarland, Beschluss vom 22.03.2011, 6 UF 34/11:

Eine Ergänzungspflegschaft für die Entscheidungsbefugnis über die Ausübung des strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts für einen Minderjährigen kann erst dann angeordnet werden, wenn die Aussagebereitschaft des Minderjährigen feststeht. Will das Familiengericht den Wirkungskreis einer Ergänzungspflegschaft zudem noch über diesen Bereich hinaus erstrecken, kann es sich dabei nicht auf die für die Aussage relevanten Vorschriften stützen, sondern muss die Ausweitung anhand der regulären Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft vornehmen.

BGH, Beschluss vom 25.05.2011, XII ZB 283/10, BeckRS 2011, 16127 = FGPrax 2011, 181 (Ls) = IBRRS 80806 = NJOZ 2011, 1282 = LSK 2011, 300498 = Rpfleger 2011, 499 = NJOZ 2011, 1282 = MDR 2011, 875 = FuR 2011, 521 = FamRZ 2011, 1219 = BtPrax 2011, 168 = http://lexetius.com/2011,2484:

Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers gemäß §§ 1899 Abs. 4, 1908 i, 1795 Abs. 1, 1796 BGB wird ebenso wie die Ablehnung einer solchen Bestellung nicht von den §§ 70 Abs. 3 Nr. 1, 271 Nr. 1 FamFG erfasst. Deshalb ist die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts in solchen Verfahren nicht statthaft (im Anschluss an Se-natsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 und vom 9. Februar 2011 - XII ZB 364/10 - FamRZ 2011, 632).

Weblinks

Literatur

  • Keuter: Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Ergänzungspflegers für Tätigkeiten vor Bestellung, FamRZ 2010, 1955


Infos zum Haftungsausschluss

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