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==Allgemeines==
 
Ein '''Verhinderungsbetreuer''' ist ein Betreuer, der zusätzlich zu einem bereits bestellten [[Betreuer]] seitens des [[Betreuungsgericht]]es für bestimmte Situationen [[Betreuerbestellung|bestellt]] werden kann. Rechtsgrundlage ist {{Zitat de §|1899|bgb}} Abs. 4 BGB. Andere Bezeichnungen sind Vertretungsbetreuer, Ersatzbetreuer oder Ergänzungsbetreuer.
 
Ein '''Verhinderungsbetreuer''' ist ein Betreuer, der zusätzlich zu einem bereits bestellten [[Betreuer]] seitens des [[Betreuungsgericht]]es für bestimmte Situationen [[Betreuerbestellung|bestellt]] werden kann. Rechtsgrundlage ist {{Zitat de §|1899|bgb}} Abs. 4 BGB. Andere Bezeichnungen sind Vertretungsbetreuer, Ersatzbetreuer oder Ergänzungsbetreuer.
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==Rechtliche Verhinderung des Betreuers==
 
==Rechtliche Verhinderung des Betreuers==
Ein Verhinderungsbetreuer kann bestellt werden, wenn der Betreuer in eigener Person ein [[wikipedia:de:Rechtsgeschäft|Rechtsgeschäft]] mit dem Betreuten nicht abschließen kann (verbotenes [[wikipedia:de:Insichgeschäft|Insichgeschäft]], {{Zitat de §|181|bgb}} BGB) oder wenn der Betreuer wegen eines Rechtsgeschäftes zwischen dem Betreuten und dem [[wikipedia:de:Ehegatte|Ehegatte]]n, [[wikipedia:de:Lebenspartner|Lebenspartner]] oder [[wikipedia:de:Verwandtschaft|Verwandten]] des Betreuers (in gerader Linie, vgl. § 1795 BGB) verhindert ist (BayObLG BtPrax 1998, 32 = NJW-RR 1998, 869; BayObLG [[wikipedia:de:FamRZ|FamRZ]] 2002, 61)  
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Ein Verhinderungsbetreuer kann bestellt werden, wenn der Betreuer in eigener Person ein [[wikipedia:de:Rechtsgeschäft|Rechtsgeschäft]] mit dem Betreuten nicht abschließen kann (verbotenes [[Insichgeschäft]], {{Zitat de §|181|bgb}} BGB) oder wenn der Betreuer wegen eines Rechtsgeschäftes zwischen dem Betreuten und dem [[wikipedia:de:Ehegatte|Ehegatte]]n, [[wikipedia:de:Lebenspartner|Lebenspartner]] oder [[wikipedia:de:Verwandtschaft|Verwandten]] des Betreuers (in gerader Linie, vgl. § 1795 BGB) verhindert ist (BayObLG BtPrax 1998, 32 = NJW-RR 1998, 869; BayObLG [[wikipedia:de:FamRZ|FamRZ]] 2002, 61)  
    
Des weiteren bestehen weitere Vertretungshindernisse, die in § 1795 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BGB genannt sind. Rechtlich verhindert dürfte der Betreuer auch sein, wenn der Betreute gegen ihn wegen [[Betreuerhaftung|Pflichtverletzungen]] (§ 1833 i.V.m. § 1908 i BGB) belangen will oder im umgekehrten Fall der Betreuer gegen den Betreuten Erb- oder Pflichtteilsansprüche (vgl. BayObLG BtPrax 2001, 252; BayObLG [[BtPrax]] 2004, 32; OLG Zweibrücken FGPrax 1999, 182 = Rpfleger 1999, 534; OLG Nürnberg NJW-FER 2001, 316) oder [[wikipedia:de:Schadensersatz|Schadensersatz]]ansprüche nach § 823 oder § 812 BGB geltend machen will. Außerdem kann das Gericht dem Betreuer gem. §§ 1796 BGB die Vertretungsmacht für einzelne Angelegenheiten entziehen, insbesondere, weil ein Interessenkonflikt droht (BayObLG FamRZ 1999, 1303).
 
Des weiteren bestehen weitere Vertretungshindernisse, die in § 1795 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BGB genannt sind. Rechtlich verhindert dürfte der Betreuer auch sein, wenn der Betreute gegen ihn wegen [[Betreuerhaftung|Pflichtverletzungen]] (§ 1833 i.V.m. § 1908 i BGB) belangen will oder im umgekehrten Fall der Betreuer gegen den Betreuten Erb- oder Pflichtteilsansprüche (vgl. BayObLG BtPrax 2001, 252; BayObLG [[BtPrax]] 2004, 32; OLG Zweibrücken FGPrax 1999, 182 = Rpfleger 1999, 534; OLG Nürnberg NJW-FER 2001, 316) oder [[wikipedia:de:Schadensersatz|Schadensersatz]]ansprüche nach § 823 oder § 812 BGB geltend machen will. Außerdem kann das Gericht dem Betreuer gem. §§ 1796 BGB die Vertretungsmacht für einzelne Angelegenheiten entziehen, insbesondere, weil ein Interessenkonflikt droht (BayObLG FamRZ 1999, 1303).
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Die Bestellung des Verhinderungsbetreuers, der in diesem Falle auch als Ergänzungsbetreuer bezeichnet wird (um die Nähe zur [[wikipedia:de:Ergänzungspflegschaft|Ergänzungspflegschaft]] des {{Zitat de §|1909|bgb}} BGB zu betonen), wird sich in der Regel auf einen kleinen, näher bezeichneten Aufgabenkreis, z.B. den Abschluss eines bestimmten [[wikipedia:de:Rechtsgeschäft|Rechtsgeschäft]]es oder die Führung eines bestimmten Prozesses beziehen. Die Aufgaben des Ergänzungsbetreuers, und damit der Umfang der vergütungsfähigen Tätigkeiten, reichen nur so weit, wie die Verhinderung des eigentlichen Betreuers gegeben ist.  
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Die Bestellung des Verhinderungsbetreuers, der in diesem Falle auch - und ab 1.1.23 auch offiziell als Ergänzungsbetreuer bezeichnet wird (um die Nähe zur [[wikipedia:de:Ergänzungspflegschaft|Ergänzungspflegschaft]] des {{Zitat de §|1909|bgb}} BGB zu betonen), wird sich in der Regel auf einen kleinen, näher bezeichneten Aufgabenkreis, z.B. den Abschluss eines bestimmten [[wikipedia:de:Rechtsgeschäft|Rechtsgeschäft]]es oder die Führung eines bestimmten Prozesses beziehen. Die Aufgaben des Ergänzungsbetreuers, und damit der Umfang der vergütungsfähigen Tätigkeiten, reichen nur so weit, wie die Verhinderung des eigentlichen Betreuers gegeben ist.  
    
Die Ergänzungsbetreuung endet nicht kraft Gesetzes mit der Erledigung des Rechtsgeschäftes, an der der eigentliche Betreuer verhindert war bzw. mit dessen Wiederherstellung der [[Geschäftsfähigkeit]]. Die Ergänzungsbetreuung ist daher gem. § 1908d Abs. 1 BGB ausdrücklich aufzuheben. Zum [[Betreuungsverfahren]] siehe § 294 FamFG.
 
Die Ergänzungsbetreuung endet nicht kraft Gesetzes mit der Erledigung des Rechtsgeschäftes, an der der eigentliche Betreuer verhindert war bzw. mit dessen Wiederherstellung der [[Geschäftsfähigkeit]]. Die Ergänzungsbetreuung ist daher gem. § 1908d Abs. 1 BGB ausdrücklich aufzuheben. Zum [[Betreuungsverfahren]] siehe § 294 FamFG.
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===Sonderfall Behinderte im Haushalt der Eltern===
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Sozialämter wollen künftig volljährigen behinderten Kindern, die bei ihren Eltern wohnen, in vielen Fällen keine Kosten für die Unterkunft zahlen und so öffentliche Gelder einsparen. Möglich macht das ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.04.2011 – B 8 SO 18/09 R. Das Gericht entschied, dass keine Pro-Kopf-Aufteilung der Unterkunftskosten erfolgt, wenn Leistungsberechtigte in Haushaltsgemeinschaft mit ihren Eltern leben und tatsächlich keine eigenen Einkünfte für die Unterkunft aufwenden, weil "aus einem Topf" gewirtschaftet wird.
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Für Menschen mit Behinderung, die im Haushalt ihrer Eltern leben und Grundsicherungsleistungen wegen Erwerbsminderung beziehen, bedeutet dies, dass Kosten der Unterkunft zukünftig nicht mehr auf die im Haushalt lebenden Personen gleichmäßig verteilt werden, sondern lediglich die Kosten, die das behinderte Kind tatsächlich für Unterkunft bezahlt, bei der Berechnung der Grundsicherung geltend gemacht werden können.
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Durch diese neue Rechtsprechung des BSG werden Eltern volljähriger Menschen mit Behinderung, die noch im Haushalt der Eltern leben, zukünftig gezwungen sein, mit ihren Kindern einen Mietvertrag abzuschließen, der eine wirksame Mietzinsforderung begründet. Anderenfalls werden die Sozialämterzukünftig die Leistungen der Grundsicherung um die Unterkunftskosten kürzen.
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'''Ergänzungsbetreuer einsetzen '''
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Sind Eltern zugleich Betreuer ihres Kindes mit entsprechendem Aufgabenkreis kann der wirksame Abschluss eines Mietvertrages die Einsetzung eines [[Ergänzungsbetreuer]]s (§ 1899 Abs. 4 BGB) als Vertretung des betreuten Kindes durch das Betreuungsgericht erfordern, da ansonsten ein sogenanntes "In-sich-Geschäft" vorliegt. Anders sieht es aus, wenn der betreute Mensch geschäftsfähig ist, Verträge unterschreiben darf und daher zum selbstständigen Abschluss eines Mietvertrages mit seinen Eltern in der Lage ist.
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In einem weiteren Urteil des BSG vom 25.08.2011 – B 8 SO 29/10 R – wurden zwar grundsätzlich Mietverträge zwischen Angehörigen zur Begründung eines grundsicherungsrechtlichen Bedarfs für zulässig erachtet. In dem vom BSG zu entscheidenden Fall wurde jedoch ein zwischen dem Vater und dem Ergänzungsbetreuer seines Sohnes abgeschlossener Mietvertrag nicht anerkannt, weil mangels Bindungswillen dieser nicht wirksam geschlossen wurde. Das Gericht ging davon aus, dass der Leistungsberechtigte keinen ernsthaften Mietforderungen seines Vaters ausgesetzt war.
    
==Tatsächliche Verhinderung des Betreuers==
 
==Tatsächliche Verhinderung des Betreuers==
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Ist die Verhinderung rechtlicher Art, hat der Verhinderungsbetreuer Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz entsprechend dem nachgewiesenen Zeit- und Sachaufwand. Der Stundensatz beträgt nach § 6 i.V.m. § 3 VBVG 19,50 Euro, bei Fachkenntnissen aufgrund [[wikipedia:de:Berufsausbildung|Berufsausbildung]] 25,00 Euro, aufgrund Studienabschluss 33,50 Euro, jeweils zuzügl. Mehrwertsteuer.
 
Ist die Verhinderung rechtlicher Art, hat der Verhinderungsbetreuer Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz entsprechend dem nachgewiesenen Zeit- und Sachaufwand. Der Stundensatz beträgt nach § 6 i.V.m. § 3 VBVG 19,50 Euro, bei Fachkenntnissen aufgrund [[wikipedia:de:Berufsausbildung|Berufsausbildung]] 25,00 Euro, aufgrund Studienabschluss 33,50 Euro, jeweils zuzügl. Mehrwertsteuer.
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Bei tatsächlicher Verhinderung ist nicht [[Aufwendungsersatz]] nach {{Zitat de §|1835|bgb}} BGB und Vergütung nach {{Zitat de §|3|vbvg}} [[VBVG]] für tatsächliche Tätigkeiten, sondern die pauschale Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG zu bewilligen. Der Stundensatz ist hier je nach Vorliegen betreuungsspezifischer Fachkenntnisse bei 27,00 € 33,50 € bzw. 44,00 € anzusetzen. Der Stundensatz beinhaltet Barauslagenersatz nach {{Zitat de §|1835|bgb}} Abs. 1 BGB sowie etwaige [[wikipedia:de:Umsatzsteuer|MWSt.]].
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Bei tatsächlicher Verhinderung ist nicht [[Aufwendungsersatz]] nach {{Zitat de §|1835|bgb}} BGB und Vergütung nach {{Zitat de §|3|vbvg}} [[VBVG]] für tatsächliche Tätigkeiten, sondern die pauschale Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG zu bewilligen. Der Stundensatz ist hier je nach Vorliegen betreuungsspezifischer Fachkenntnisse bei 27,00 € 33,50 € bzw. 44,00 € anzusetzen. Der Stundensatz beinhaltet Barauslagenersatz nach {{Zitat de §|1835|bgb}} Abs. 1 BGB. [[wikipedia:de:Umsatzsteuer|MWSt.]].
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Im Rahmen der Vergütungsreform 2019 erhöhten sich die Stundensätze ab 27.7.2019:
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*Vergütungsstufe 1: von 19,50 € auf 23 €
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*Vergütungsstufe 2: von 25 € auf 29,50 €
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*Vergütungsstufe 3: von 33,50 € auf 39 €.
    
==Rechtsprechung==
 
==Rechtsprechung==
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# Die Bestellung eines [[Kontrollbetreuer]]s im Sinne des § 1896 Abs. 3 BGB kommt in Betracht, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles ein konkretes Bedürfnis für eine Überwachung festzustellen ist.
 
# Die Bestellung eines [[Kontrollbetreuer]]s im Sinne des § 1896 Abs. 3 BGB kommt in Betracht, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles ein konkretes Bedürfnis für eine Überwachung festzustellen ist.
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'''BayObLG, Beschluss vom 12.07.2004, 3Z BR 95/04'''; FamRZ 2004, 1993
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'''BayObLG, Beschluss vom 12.07.2004, 3Z BR 95/04'''; FamRZ 2004, 1993 = Rpfleger 2005, 23:
    
Ein Ersatzbetreuer kann auch für Verhinderungsfälle tatsächlicher Art bestellt werden. Die Bestellung eines Ersatzbetreuers kommt nur in Betracht, wenn sie sich auf Grund der konkreten Sachlage als erforderlich erweist (vgl. § 1896 Abs. 2 BGB). Die weder zeitlich noch inhaltlich konkretisierte Möglichkeit, dass der Betreuer wegen Krankheit zeitweise an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert sein könnte, genügt nicht.
 
Ein Ersatzbetreuer kann auch für Verhinderungsfälle tatsächlicher Art bestellt werden. Die Bestellung eines Ersatzbetreuers kommt nur in Betracht, wenn sie sich auf Grund der konkreten Sachlage als erforderlich erweist (vgl. § 1896 Abs. 2 BGB). Die weder zeitlich noch inhaltlich konkretisierte Möglichkeit, dass der Betreuer wegen Krankheit zeitweise an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert sein könnte, genügt nicht.
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Waren mehrere berufsmäßig tätige Betreuer bereits vor dem 01.07.2005 bestellt, so stellt gleichwohl die durch § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB eingeführte Gesetzesänderung (im Rahmen des [[2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz]]es) einen wichtigen Grund zur [[Betreuerwechsel|Entlassung]] eines dieser Betreuer dar (Fortführung der Rechtsprechung OLG München vom 07.11.2005, BtPrax 2006, 34).
 
Waren mehrere berufsmäßig tätige Betreuer bereits vor dem 01.07.2005 bestellt, so stellt gleichwohl die durch § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB eingeführte Gesetzesänderung (im Rahmen des [[2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz]]es) einen wichtigen Grund zur [[Betreuerwechsel|Entlassung]] eines dieser Betreuer dar (Fortführung der Rechtsprechung OLG München vom 07.11.2005, BtPrax 2006, 34).
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'''[http://lexetius.com/2006,748 BGH, Beschluss vom 15.03.2006]; IV ZR 32/05'''; MDR 2006, 1250 = FamRZ 2006, 942 = NJW-RR 2006, 937 = VersR 2007, 225'''
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'''BGH, Beschluss vom 15.3.2006; IV ZR 32/05'''; MDR 2006, 1250 = FamRZ 2006, 942 = NJW-RR 2006, 937 = VersR 2007, 225'''
    
Zur Notwendigkeit eines rechtzeitigen Hinweises auf das Fehlen einer Prozessvoraussetzung (hier: ordnungsgemäße Vertretung einer Partei) bei von der Vorinstanz abweichender Beurteilung der Rechtslage durch das Rechtsmittelgericht.
 
Zur Notwendigkeit eines rechtzeitigen Hinweises auf das Fehlen einer Prozessvoraussetzung (hier: ordnungsgemäße Vertretung einer Partei) bei von der Vorinstanz abweichender Beurteilung der Rechtslage durch das Rechtsmittelgericht.
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'''BGH v. 5.3.2008 - XII ZB 2/07, NJW-RR 2008, 963 = FamRZ 2008, 1156:
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# Ist der Vater eines minderjährigen Erben zum (Verwaltungs-) Testamentsvollstrecker bestellt worden, so kommt die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft (§ 1909 BGB) zur Wahrnehmung der Rechte des Erben aus den in den Nachlass fallenden Gesellschaftsanteilen auch dann nicht in Betracht, wenn der Vater Mitgesellschafter und die Mutter von der Vertretung des Kindes für das ererbte Vermögen ausgeschlossen ist; denn die mit einer solchen Pflegschaft einhergehende Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht des Vaters ändert an dessen Verwaltungsbefugnissen als Testamentsvollstrecker nichts.
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# Ob in einem solchen Fall eine Ergänzungspflegschaft zur Wahrnehmung der Rechte des Minderjährigen gegenüber dem Vater als Testamentsvollstrecker angeordnet werden muss, ist – im Rahmen der tatrichterlichen Verantwortung – im Einzelfall zu entscheiden.
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# Ein „typischer” Interessengegensatz wird zwar im Regelfall die Annahme rechtfertigen, dass es auch im zu entscheidenden Einzelfall zu Konfliktsituationen kommen kann, denen durch die Bestellung eines Pflegers rechtzeitig vorgebeugt werden sollte. Anderes kann sich jedoch dann ergeben, wenn auf Grund der bisherigen Erfahrungen und des engen persönlichen Verhältnisses zwischen Vater und Kind keinerlei Anlass zu der Annahme besteht, der Vater werde unbeschadet seiner eigenen Interessen die Belange des Kindes nicht in gebotenem Maße wahren und fördern.
    
'''OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 21.08.2008, 20 W 105/08''', Rpfleger 2008, 637 = FGPrax 2009, 18
 
'''OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 21.08.2008, 20 W 105/08''', Rpfleger 2008, 637 = FGPrax 2009, 18
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§ 1899 Abs. 1 BGB sieht die Bestellung eines weiteren Betreuers nach § 1899 BGB zum Zwecke der Delegation der Kontrolle der Amtsführung des bisherigen Betreuers und zur Vermeidung etwaiger Missstände durch dessen Tätigkeit auf einen weiteren Betreuer nicht zu. Denn mit einer derartigen Zielrichtung würde die Betreuung nicht dem Wohl des Betroffenen und der besseren Erledigung von dessen Angelegenheiten dienen, sondern der Entlastung des Betreuungsgerichts. An der Unzulässigkeit der Bestellung eines Mitbetreuers zu Kontrollzwecken vermag auch der Hinweis in der amtsgerichtlichen Entscheidung nichts zu ändern, das Gericht sehe sich ebenso wie die Betreuungsstelle weder zeitlich noch personell in der Lage, sich häufiger einen unmittelbaren Eindruck von der Versorgungssituation des Betreuten zu verschaffen oder jeweiligen Vorwürfen nachzugehen.
 
§ 1899 Abs. 1 BGB sieht die Bestellung eines weiteren Betreuers nach § 1899 BGB zum Zwecke der Delegation der Kontrolle der Amtsführung des bisherigen Betreuers und zur Vermeidung etwaiger Missstände durch dessen Tätigkeit auf einen weiteren Betreuer nicht zu. Denn mit einer derartigen Zielrichtung würde die Betreuung nicht dem Wohl des Betroffenen und der besseren Erledigung von dessen Angelegenheiten dienen, sondern der Entlastung des Betreuungsgerichts. An der Unzulässigkeit der Bestellung eines Mitbetreuers zu Kontrollzwecken vermag auch der Hinweis in der amtsgerichtlichen Entscheidung nichts zu ändern, das Gericht sehe sich ebenso wie die Betreuungsstelle weder zeitlich noch personell in der Lage, sich häufiger einen unmittelbaren Eindruck von der Versorgungssituation des Betreuten zu verschaffen oder jeweiligen Vorwürfen nachzugehen.
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'''OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.12.2008, 11 Wx 77/08 '''
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'''OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.12.2008, 11 Wx 77/08 ''', FamRZ 2009, 912:
    
Die Zulässigkeit der Bestellung des Ergänzungsbetreuers - neben der bereits bestehenden, nicht den unmittelbaren Verfahrensgegenstand betreffenden Betreuung - richtet sich nach § 1899 Abs. 4 BGB. Nach dieser Vorschrift ist die Verhinderung, auch aus Rechtsgründen, Voraussetzung dafür, dass ausnahmsweise mehrere Betreuer bestellt werden dürfen.
 
Die Zulässigkeit der Bestellung des Ergänzungsbetreuers - neben der bereits bestehenden, nicht den unmittelbaren Verfahrensgegenstand betreffenden Betreuung - richtet sich nach § 1899 Abs. 4 BGB. Nach dieser Vorschrift ist die Verhinderung, auch aus Rechtsgründen, Voraussetzung dafür, dass ausnahmsweise mehrere Betreuer bestellt werden dürfen.
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'''LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 03.09.2007, 13 T 3666/07''', FamRZ 2008, 719 = BtMan 2008, 100 (Ls);
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Nicht gesetzlich geregelt ist die Frage der Auslagenerstattung in dem vorliegenden Fall, in dem neben dem ehrenamtlichen (Haupt-) Betreuer ein beruflicher Betreuer als Verhinderungsbetreuer bestellt worden ist. Für die Berechnung dar Vergütung und des Aufwendungsersatzes in einem solchen Fall findet sich lediglich in § 6 Satz 2 VBVG eine gesetzliche Bestimmung. Danach sind die Vergütung und der Aufwendungsersatz für Hauptbetreuer und den Verhinderungsbetreuer jeweils nach § 4 i .V.m. § 5 VBVG zu bewilligen und nach Tagen zu teilen sind. § 6 Satz 2 VBVG regelt damit aber nur den Fall der Bestellung zweier beruflicher Betreuer. Aus der vorbenannten Regelung in insofern lediglich das Prinzip herausgelesen dass bei tatsachlicher Verhinderung des (Haupt-) Betreuers eine zeitanteilige Berechnung der Entschädigung beider Betreuer gewünscht ist, da im Fall der Verhinderung eines Betreuers aus tatsächlichen Gründen zur gleichen Zeit immer nur entweder der Hauptbetreuer oder der Verhinderungsbetreuer tätig ist, der Betreuungsaufwand insgesamt nicht steigt. Damit muss auch für die hier vorliegenden Fallkonstellation im Ergebnis grundsätzlich eine Kürzung der Vergütungs- und Auslagenersatzansprtiche der ehrenamtlichen (Haupt-) Betreuerin (hier konkret nur geltend gemacht die Auslagenpauschale gernaß § 1835a BGB) für den Zeitraum, in welchem die Verhinderungsbetreuerin tätig gewesen ist, angenommen werden. Der ehemaligen ehrenamtlichen (Haupt-) Betreuerin ist deshalb ihre eigene Aufwandspauschale zeitanteilig für die Tage zu kürzen, in denen nicht sie als Betreuerin, sondern die Verhinderungsbetreuerin tätig geworden ist.
    
'''OLG München, Beschluss vom 15.09.2010, 33 Wx 60/10''':
 
'''OLG München, Beschluss vom 15.09.2010, 33 Wx 60/10''':
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Wird ein Betreuer neben einem Bevollmächtigten bestellt, weil dessen Vollmacht für bestimmte Rechtsgeschäfte nicht ausreicht, ist die Vergütung dieses "Ergänzungsbetreuers" in entsprechender Anwendung des § 6 Satz 1 VBVG nach konkretem Zeitaufwand zu bemessen. Angesichts der Vergleichbarkeit zum Fall des § 1899 Abs. 4 BGB liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. Das in der Vergütungsvorschrift erkennbare Ziel, zusätzlichen finanziellen Aufwand für den Zahlungspflichtigen ohne gleichwertige Betreuungsleistung zu vermeiden, rechtfertigt den Analogieschluss.
 
Wird ein Betreuer neben einem Bevollmächtigten bestellt, weil dessen Vollmacht für bestimmte Rechtsgeschäfte nicht ausreicht, ist die Vergütung dieses "Ergänzungsbetreuers" in entsprechender Anwendung des § 6 Satz 1 VBVG nach konkretem Zeitaufwand zu bemessen. Angesichts der Vergleichbarkeit zum Fall des § 1899 Abs. 4 BGB liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. Das in der Vergütungsvorschrift erkennbare Ziel, zusätzlichen finanziellen Aufwand für den Zahlungspflichtigen ohne gleichwertige Betreuungsleistung zu vermeiden, rechtfertigt den Analogieschluss.
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'''OLG Bremen, Beschluss vom 22.09.2010, 4 UF 91/10''', NJW-RR 2011, 154:
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'''OLG Bremen, Beschluss vom 22.09.2010, 4 UF 91/10''', NJW-RR 2011, 154 = FamRZ 2011, 232 = JAmt 2011, 355:
    
Nur bei Bereitschaft zur Zeugenaussage gegen gesetzlichen Vertreter ist minderjährigem Kind ein Ergänzungspfleger beizuordnen Der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts (§ 52 StPO) des Kindes in einem gegen dessen gesetzlichen Vertreter gerichteten Ermittlungsverfahren bedarf es nur, wenn das Kind zur Zeugenaussage bereit ist, ihm aber die erforderliche Fähigkeit zur Einsicht in die Bedeutung seines Zeugnisverweigerungsrechts fehlt. Nur in diesem Falle bedarf es zu einer Zeugenvernehmung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Denn hätte das minderjährige Kind die nötige Verstandesreife, ist allein seine Entscheidung, ob es das Zeugnisverweigerungsrecht wahrnehmen will oder nicht, maßgebend. Hätte es sie nicht, wäre seine Entscheidung dann hinzunehmen, wenn sie lauten würde, nicht aussagen zu wollen. In beiden Fällen bedürfte es der Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht.
 
Nur bei Bereitschaft zur Zeugenaussage gegen gesetzlichen Vertreter ist minderjährigem Kind ein Ergänzungspfleger beizuordnen Der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts (§ 52 StPO) des Kindes in einem gegen dessen gesetzlichen Vertreter gerichteten Ermittlungsverfahren bedarf es nur, wenn das Kind zur Zeugenaussage bereit ist, ihm aber die erforderliche Fähigkeit zur Einsicht in die Bedeutung seines Zeugnisverweigerungsrechts fehlt. Nur in diesem Falle bedarf es zu einer Zeugenvernehmung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Denn hätte das minderjährige Kind die nötige Verstandesreife, ist allein seine Entscheidung, ob es das Zeugnisverweigerungsrecht wahrnehmen will oder nicht, maßgebend. Hätte es sie nicht, wäre seine Entscheidung dann hinzunehmen, wenn sie lauten würde, nicht aussagen zu wollen. In beiden Fällen bedürfte es der Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht.
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Ist der Ehegatte infolge Demenz geschäfts- und [[Testierfähigkeit|testierunfähig]], kann, wenn der andere Ehegatte, der zugleich Betreuer ist, das gemeinschaftliche Testament widerrufen will, für die Empfangnahme des Testamentswiderrufs Ergänzungsbetreuung angeordnet werden.
 
Ist der Ehegatte infolge Demenz geschäfts- und [[Testierfähigkeit|testierunfähig]], kann, wenn der andere Ehegatte, der zugleich Betreuer ist, das gemeinschaftliche Testament widerrufen will, für die Empfangnahme des Testamentswiderrufs Ergänzungsbetreuung angeordnet werden.
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'''OLG Saarland, Beschluss vom 22.03.2011, 6 UF 34/11''':
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'''OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22.03.2011, 6 UF 34/11''', NJW 2011, 2306 = MDR 2011, 920 = FamRZ 2011, 1304:
    
Eine Ergänzungspflegschaft für die Entscheidungsbefugnis über die Ausübung des strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts für einen Minderjährigen kann erst dann angeordnet werden, wenn die Aussagebereitschaft des Minderjährigen feststeht. Will das Familiengericht den Wirkungskreis einer Ergänzungspflegschaft zudem noch über diesen Bereich hinaus erstrecken, kann es sich dabei nicht auf die für die Aussage relevanten Vorschriften stützen, sondern muss die Ausweitung anhand der regulären Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft vornehmen.
 
Eine Ergänzungspflegschaft für die Entscheidungsbefugnis über die Ausübung des strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts für einen Minderjährigen kann erst dann angeordnet werden, wenn die Aussagebereitschaft des Minderjährigen feststeht. Will das Familiengericht den Wirkungskreis einer Ergänzungspflegschaft zudem noch über diesen Bereich hinaus erstrecken, kann es sich dabei nicht auf die für die Aussage relevanten Vorschriften stützen, sondern muss die Ausweitung anhand der regulären Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft vornehmen.
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= IBRRS 80806 = NJOZ 2011, 1282 = LSK 2011, 300498 = Rpfleger 2011, 499 = NJOZ 2011, 1282 = MDR 2011, 875 = FuR 2011, 521 = FamRZ 2011, 1219 = BtPrax 2011, 168 = http://lexetius.com/2011,2484:
 
= IBRRS 80806 = NJOZ 2011, 1282 = LSK 2011, 300498 = Rpfleger 2011, 499 = NJOZ 2011, 1282 = MDR 2011, 875 = FuR 2011, 521 = FamRZ 2011, 1219 = BtPrax 2011, 168 = http://lexetius.com/2011,2484:
 
   
 
   
Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers gemäß §§ 1899 Abs. 4, 1908 i, 1795 Abs. 1, 1796 BGB wird ebenso wie die Ablehnung einer solchen Bestellung nicht von den §§ 70 Abs. 3 Nr. 1, 271 Nr. 1 FamFG erfasst. Deshalb ist die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts in solchen Verfahren nicht statthaft (im Anschluss an Se-natsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 und vom 9. Februar 2011 - XII ZB 364/10 - FamRZ 2011, 632).
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Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers gemäß §§ 1899 Abs. 4, 1908 i, 1795 Abs. 1, 1796 BGB wird ebenso wie die Ablehnung einer solchen Bestellung nicht von den §§ 70 Abs. 3 Nr. 1, 271 Nr. 1 FamFG erfasst. Deshalb ist die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts in solchen Verfahren nicht statthaft (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 und vom 9. Februar 2011 - XII ZB 364/10 - FamRZ 2011, 632).
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'''OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.04.2012, 11 WF 86/12''':
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Die [[Betreuervergütung|Vergütung des Ergänzungspflegers]] bestimmt sich regelmäßig nach dem [[VBVG]], auch dann, wenn dieser Rechtsanwalt ist. Die Feststellung, dass er die Ergänzungspflegschaft berufsmäßig führt, steht dem nicht entgegen.
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'''LG Wuppertal, Beschluss vom 14.6.2012, 6 T 276/12''', NJW-RR 2012, 1355:
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Nach § 1899 Abs. 4 BGB kann das Betreuungsgericht mehrere Betreuer auch in der Weise bestellen, dass der eine die Angelegenheiten des Betreuten nur zu besorgen hat, soweit der andere verhindert ist. Nach herrschender und zutreffender Ansicht umfasst diese gesetzliche Bestimmung auch die Verhinderung in tatsächlicher Hinsicht (vergleiche Nachweise bei BayObLG, FamRZ 2004, 1993 f). Es ist sachgerecht, einen Ersatzbetreuer für Fälle konkret zu erwartender tatsächlicher Verhinderung wie zum Beispiel die Abwesenheit wegen Jahresurlaubs zu bestellen und jedenfalls, wenn es sich um die tatsächliche Verhinderung in einem konkret umrissenen oder in einem anhand tatsächlicher Umstände bestimmbaren Zeitraum handelt, auch unter dem Aspekt des Grundsatzes der Einzelbetreuung keine Einwände gegen die Bestellung eines Ersatzbetreuers (auf Dauer) bestehen. Da regelmäßig wiederkehrende Verhinderungen des Betreuers im vorliegenden Falle sicher sind, entspricht auch allein diese Handhabung dem Wohle der Betroffenen, um eine dauerhafte und sichere stete Betreuung der Betroffenen sicherzustellen. Ferner entspricht alsdann die Bestellung eines dauerhaften Ersatzbetreuers, eher dem Leitbild der persönlichen Einzelbetreuung, da bei den sicher auftretenden Verhinderungsfällen die Vertretung des Betreuers stets durch die gleiche Person sichergestellt ist.
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'''BGH, Beschlüsse vom 19.12.2012,  XII ZB 241/12 und XII ZB 557/12''':
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Zur Unzulässigkeit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde bei der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach §§ 1899 Abs. 4, 1908 i Abs. 1, 1795 Abs. 1, 1796, 181 BGB.
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Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach den §§ 1899 Abs. 4, 1908 i Abs. 1, 1795 Abs. 1, 1796, 181 BGB lässt die angeordnete Betreuung und den betroffenen Aufgabenkreis in seinem Umfang unberührt. Eine Änderung ergibt sich allein hinsichtlich der Zuständigkeit der Betreuer zur Wahrnehmung einzelner Angelegenheiten: Soweit die Ergänzungsbetreuung reicht, tritt der Ergänzungsbetreuer an die Stelle des (eigentlichen) Betreuers; im Übrigen bleibt der Betreuer für den Aufgabenkreis zuständig. Ein solches Verfahren fällt ebenso wie die Entlassung des bisherigen Betreuers unter die Auffangbestimmung des § 271 Nr. 3 FamFG.
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'''OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.1.2013, 5 WF 215/11''':
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Zur Vergütung einer Ergänzungspflegerin mit dem Wirkungskreis der Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten.
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'''OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.1.2013, 6 UF 344/11''':
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# Überschreitet die Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers die typischerweise im Rahmen der Beratungshilfe zu erbringenden Leistungen, was im Fall eines ersten Asylverfahrens mit Anhörung vor dem Bundesamt regelmäßig der Fall ist, so kann er ohne Begrenzung durch die Gebührensätze der Beratungshilfe eine Vergütung nach §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 4 BGB i. V. m. dem RVG beanspruchen.
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# Sofern einem ohne Eltern eingereisten 16 Jahre alten Flüchtling ein Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis "ausländer- und asylrechtliche Betreuung" bestellt worden ist, hat der Ergänzungspfleger die Aufgabe - ungeachtet einer gemäß §§ 12 AsylVfG, 80 AufenthaltsG bestehenden Handlungsfähigkeit des Jugendlichen - gewissenhaft und vollumfänglich für den Minderjährigen in dessen Interesse wahrzunehmen.
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'''BGH, Beschluss vom 4.6.2014 – XII ZB 625/13'''
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Ein Ergänzungsbetreuer, der wegen einer rechtlichen Verhinderung des Betreuers bestellt worden ist, kann auch dann keine pauschale Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG verlangen, wenn seine Tätigkeit auf einen längeren Zeitraum angelegt ist und sich nicht in einer konkreten, punktuellen Maßnahme erschöpft.
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'''BGH, Beschluss vom 8.7.2015 - XII ZB 494/14''':
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Wird ein Betreuer neben einem Bevollmächtigten bestellt, weil dieser an einer Verrichtung bestimmter Tätigkeiten rechtlich verhindert ist, ist die Vergütung des Betreuers in entsprechender Anwendung des § 6 Satz 1 VBVG nach konkretem Zeitaufwand zu bemessen.
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'''OLG München, Beschl. vom 17.7.2015,  34 Wx 179/15''', ZEV 2015, 530:
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Bestellung eines Ergänzungsbetreuers bei Auflassung von Grundbesitz im Rahmen einer Erbauseinandersetzung. Für die Erbauseinandersetzung und die Erlösverteilung liegt, wenn Betreuer und Betreuter Miterben sind, bei Abgabe der Willenserklärung durch den Betreuer ein Insichgeschäft nach § 181 BGB vor. Dessen Vertretungsmacht ist deshalb ausgeschlossen, was es notwendig macht, einen (Ergänzungs-)Betreuer zu bestellen. Zusätzlich hat das Betreuungsgericht zuzustimmen. Anders ist der Sachverhalt zu beurteilen, wenn Betreuer und Betreuter einem volljährigen Miterben den gesamten Nachlass übereignen und letzterer sich verpflichtet, den Miterben jeweils eine bestimmte Abfindungssumme zu bezahlen. In diesem Fall ist ein Vertragsschluss des Miterben selbst sowie zugleich für den Betreuten als Miterben zugelassen.
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'''BGH, Beschluss vom 25. September 2019 - XII ZB 251/19'''
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Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach § 1899 Abs. 4 BGB ist veranlasst, wenn eine Verhinderung des Betreuers konkret zu besorgen und daher zu erwarten ist, dass der Ergänzungsbetreuer von seiner Entscheidungsverantwortung Gebrauch machen muss.
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'''BGH, Beschluss vom 20. November 2019 - XII ZB 501/18'''
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Besteht für den Betroffenen eine [[vorläufiger Betreuer|vorläufige Betreuung]], so kann ein sog. Ergänzungs- oder Verhinderungsbetreuer ebenfalls nur vorläufig und damit durch einstweilige Anordnung bestellt werden.
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'''Landgericht Berlin, Beschluss. v 11.5.2020, 83 T 35/20'''
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Keine Bestellung des Sohnes des Betreuten (Rechtsanwalt) als Ergänzungsbetreuer bei der Prüfung eines Grundstücksgeschäftes wegen Ausschluss nach § 1795 BGB. Keine Beschränkung der freien Anwaltswahl.
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'''BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – III ZB 59/20'''
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# Der Antrag (des Betreuten) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig, wenn für den Antragsteller ein Betreuer bestellt ist mit dem  [[Aufgabenkreis]] "Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren" einschließlich eines [[Einwilligungsvorbehalt]]s nach § 1903 BGB und eine Einwilligung seines Betreuers zur [[Prozessführung]] nicht vorliegt.
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# Dies gilt auch dann, wenn der Betroffenen einen Rechtsstreit gegen seinen Betreuer selbst führen möchte. Für diese (einzelne) Angelegenheit hat der insoweit nach § 275 FamFG iVm § 271 Nr. 1 FamFG verfahrensfähige Betroffene zunächst beim zuständigen Betreuungsgericht zu beantragen, gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB iVm § 1796 BGB analog seinem Betreuer die Betreuung wegen eines erheblichen Interessengegensatzes teilweise zu entziehen und gemäß § 1899 Abs. 4 BGB einen [[Ergänzungsbetreuer]] zu bestellen, der dann (gegebenenfalls) gemäß § 1903 BGB seine Einwilligung dazu erteilen kann, dass der Betreute gegen seinen (Haupt-)Betreuer prozessiert.
    
==Weblinks==
 
==Weblinks==
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==Literatur==
 
==Literatur==
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*Alpenstedt: Dauerergänzungsbetreuung bei rechtlicher Verhinderung; BtPrax 2001, 106
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*Bestelmeyer: Die rechtlichen Voraussetzungen für die wirksame Bestellung eines Ergänzungspflegers - Erwiderung zu Keuter", FamRZ 2011, 950
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*Bienwald: Rechungslegungspflicht des Ersatzbetreuers nach dem Tod des Regelbetreuers? Rpfleger 2012, 593
 
*Keuter: Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Ergänzungspflegers für Tätigkeiten vor Bestellung, FamRZ 2010, 1955  
 
*Keuter: Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Ergänzungspflegers für Tätigkeiten vor Bestellung, FamRZ 2010, 1955  
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*Spanl: Ergänzungsbetreuung und Gegenbetreuung; Rpfleger 1992, 142
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==Formulare==
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*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/ergaenzungsbetreuer/1_Erg__nzungsbetreuer_wegen_Abschlusses_eines_Kaufvertrages.pdf Antrag auf Bestellung eines Ergänzungsbetreuers wegen Kaufvertrag (PDF)]
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*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/ergaenzungsbetreuer/2_Erg__nzungsbetreuer_wegen_Abschlusses_eines_Mietvertrages.pdf Antrag auf Bestellung eines Ergänzungsbetreuers wegen Abschluss eines Mietvertrags (PDF)]
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*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/ergaenzungsbetreuer/3_Erg__nzungsbetreuer_wegen_Abschlusses_eines_Dienstleistungsvertr.pdf Antrag auf Bestellung eines Ergänzungsbetreuers wegen Abschluss eines Dienstleistungsvertrags (PDF)]
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Infos zum [[Betreuungsrecht-Lexikon:Haftungsausschluss|Haftungsausschluss]]
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[[Kategorie:Betreuungspersonen]]
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