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'''BayObLG, Beschluss vom 06.05.1993, 3Z BR 79/93 = BayObLGZ 1993 Nr. 49''':
 
'''BayObLG, Beschluss vom 06.05.1993, 3Z BR 79/93 = BayObLGZ 1993 Nr. 49''':
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# Auch wenn der Betreute mit gerichtlicher Genehmigung untergebracht ist, ist eine weitere gerichtliche Genehmigung erforderlich, wenn ihm durch mechanische Vorrichtungen für einen längeren Zeitraum oder regelmäßig zusätzlich die Freiheit entzogen werden soll. # Die Unterbringungsgenehmigung umfaßt grundsätzlich alle mit der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung regelmäßig verbundenen Beschränkungen der körperlichen Bewegungsfreiheit. Hierzu gehört nicht ein Anbinden des Betreuten im Bett durch einen Beckengurt für einen längeren Zeitraum oder regelmäßig.  
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# Auch wenn der Betreute mit gerichtlicher Genehmigung untergebracht ist, ist eine weitere gerichtliche Genehmigung erforderlich, wenn ihm durch mechanische Vorrichtungen für einen längeren Zeitraum oder regelmäßig zusätzlich die Freiheit entzogen werden soll.  
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# Die Unterbringungsgenehmigung umfaßt grundsätzlich alle mit der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung regelmäßig verbundenen Beschränkungen der körperlichen Bewegungsfreiheit. Hierzu gehört nicht ein Anbinden des Betreuten im Bett durch einen Beckengurt für einen längeren Zeitraum oder regelmäßig.  
 
# Eine zur Vermeidung einer Selbstschädigung genehmigte Freiheitsentziehung durch mechanische Vorrichtungen über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig setzt voraus, daß der Betreute auf Grund seiner Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann (Ergänzung zu BayObLGZ 1993, 18).  
 
# Eine zur Vermeidung einer Selbstschädigung genehmigte Freiheitsentziehung durch mechanische Vorrichtungen über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig setzt voraus, daß der Betreute auf Grund seiner Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann (Ergänzung zu BayObLGZ 1993, 18).  
 
# Fügt das Amtsgericht der Genehmigung eines Anbindens des Betreuten im Bett den Zusatz hinzu, der Betreute dürfe nur nach ausdrücklicher Anordnung des behandelnden Arztes angebunden werden, so wird damit nicht die Verantwortung des Betreuers auf den Arzt übertragen, sondern nur die dem Betreuer erteilte gerichtliche Genehmigung durch das Erfordernis eingeschränkt, daß zu seinem Einverständnis mit einem Anbinden des Betreuten die in jedem einzelnen Fall des Anbindens zu treffende Anordnung des behandelnden Arztes hinzukommen muß.
 
# Fügt das Amtsgericht der Genehmigung eines Anbindens des Betreuten im Bett den Zusatz hinzu, der Betreute dürfe nur nach ausdrücklicher Anordnung des behandelnden Arztes angebunden werden, so wird damit nicht die Verantwortung des Betreuers auf den Arzt übertragen, sondern nur die dem Betreuer erteilte gerichtliche Genehmigung durch das Erfordernis eingeschränkt, daß zu seinem Einverständnis mit einem Anbinden des Betreuten die in jedem einzelnen Fall des Anbindens zu treffende Anordnung des behandelnden Arztes hinzukommen muß.
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# Bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Vorkehrungen zur Verhinderung einer Selbstschädigung durch den Bewohner eines Pflegeheims ist maßgebend, ob im Einzelfall wegen der körperlichen oder geistigen Verfassung des Bewohners aus der ex-ante-Sicht ernsthaft damit gerechnet werden musste, dass er sich ohne Sicherungsmaßnahmen selbst schädigen könnte. Dabei muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bereits eine Gefahr, deren Verwirklichung nicht sehr wahrscheinlich ist, aber zu besonders schweren Folgen führen kann, geeignet ist, Sicherungspflichten des Heimträgers zu begründen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 28. April 2005 - III ZR 399/04, BGHZ 163, 53 und vom 22. August 2019 - III ZR 113/18, BGHZ 223, 95).
 
# Bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Vorkehrungen zur Verhinderung einer Selbstschädigung durch den Bewohner eines Pflegeheims ist maßgebend, ob im Einzelfall wegen der körperlichen oder geistigen Verfassung des Bewohners aus der ex-ante-Sicht ernsthaft damit gerechnet werden musste, dass er sich ohne Sicherungsmaßnahmen selbst schädigen könnte. Dabei muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bereits eine Gefahr, deren Verwirklichung nicht sehr wahrscheinlich ist, aber zu besonders schweren Folgen führen kann, geeignet ist, Sicherungspflichten des Heimträgers zu begründen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 28. April 2005 - III ZR 399/04, BGHZ 163, 53 und vom 22. August 2019 - III ZR 113/18, BGHZ 223, 95).
 
# Bei erkannter oder erkennbarer Selbstschädigungsgefahr darf ein an Demenz erkrankter Heimbewohner, bei dem unkontrollierte und unkalkulierbare Handlungen jederzeit möglich erscheinen, nicht in einem - zumal im Obergeschoss gelegenen - Wohnraum mit unproblematisch erreichbaren und einfach zu öffnenden Fenstern untergebracht werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung besteht hingegen keine Pflicht zu besonderen (vorbeugenden) Sicherungsmaßnahmen.
 
# Bei erkannter oder erkennbarer Selbstschädigungsgefahr darf ein an Demenz erkrankter Heimbewohner, bei dem unkontrollierte und unkalkulierbare Handlungen jederzeit möglich erscheinen, nicht in einem - zumal im Obergeschoss gelegenen - Wohnraum mit unproblematisch erreichbaren und einfach zu öffnenden Fenstern untergebracht werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung besteht hingegen keine Pflicht zu besonderen (vorbeugenden) Sicherungsmaßnahmen.
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'''AG Frankfurt/Main, Beschl. V. 29.10.2021; 38 XVII 3632/21'''
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#Eine Fixierung eines hilfsbedürftigen und gefährdeten Menschen darf nach den medizinischen Standards immer nur das letzte Mittel nach anderen Interventionsmaßnahmen sein. Daher sind mildere Maßnahmen zwingend auszuschöpfen.
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#Kann nicht gewährleistet werden, dass die betroffene Person durch eine Eins-zu-Eins-Betreuung im Sinne einer ständigen Anwesenheit durch pflegerisches oder therapeutisches Personal während der Fixierung betreut wird oder betreut werden kann, darf die Maßnahme nicht durch gerichtliche Genehmigung legitimiert werden.
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#Die Fixierungsmaßnahme ist dann übermäßig sowie gefährlich für den Betroffenen und daher unverhältnismäßig.
    
'''AG Brandenburg, Beschluss vom 17.03.2022, 85 XVII 80/21 (2)'''
 
'''AG Brandenburg, Beschluss vom 17.03.2022, 85 XVII 80/21 (2)'''
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*Brosey: Freiheitseinschränkungen in der Haus. Pflege - kein rechtsfreier Raum; BtPrax 2020, 94
 
*Brosey: Freiheitseinschränkungen in der Haus. Pflege - kein rechtsfreier Raum; BtPrax 2020, 94
 
*Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V::  Genehmigungserfordernis für Bettgitter; Rechtsdienst der Lebenshilfe 1/1994, 29
 
*Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V::  Genehmigungserfordernis für Bettgitter; Rechtsdienst der Lebenshilfe 1/1994, 29
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*Diehl: Fixierungen in Krankenhäusern – Unsicherheiten auf Kosten der Patienten? GuP 2022, 144
 
*Diekmann: Unterbringung, Zwangsbehandlung, Fixierung - Entwicklung in der Rechtsprechung; BtPrax 2019, 99
 
*Diekmann: Unterbringung, Zwangsbehandlung, Fixierung - Entwicklung in der Rechtsprechung; BtPrax 2019, 99
 
*Dodegge: Freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB; MDR 1992, 437
 
*Dodegge: Freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB; MDR 1992, 437

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