Unterbringung

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1906 BGB)

Definition

Unter Unterbringung wird im Betreuungsrecht nur eine mit einer Freiheitsentziehung verbundene Maßnahme verstanden. Freiheitsentziehung liegt vor, wenn der Betreute:

  • auf einem beschränkten Raum festgehalten,
  • sein Aufenthalt ständig überwacht
  • und Kontaktaufnahme mit Personen außerhalb durch Sicherungsmaßnahmen verhindert werden kann.

Ort der Freiheitsentziehung

Die freiheitsentziehende Unterbringung kann in einem Krankenhaus, einem Heim oder auch in einer Wohnung gegeben sein. Freiheitsentziehung durch den Betreuer ist zulässig, wenn der Betreute sich zu töten oder schwer zu verletzen droht

Verhältnismäßigkeit

Wegen des erheblichen Eingriffes in die grundgesetzlich garantierte Freiheit (Art. 2 Grundgesetz) ist die Verhältnismäßigkeit besonders zu beachten, d.h. dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für den Betreuten gegeben sein muss, die bloße Möglichkeit reicht nicht aus.

Unterbringungen zum Schutz dritter Personen, zu erzieherischen Zwecken und zu Bestrafungszwecken sind nach dem BGB nicht zulässig. Hierfür sind die Landesgesetze für psychisch Kranke und die Strafgesetze maßgebend.

Voraussetzungen

Eine Unterbringung zur Vermeidung einer Selbstschädigung setzt voraus,

  • dass der Betreute aufgrund seiner Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann,
  • oder der Betreute dringend medizinisch behandlungsbedürftig ist.

Der typische Fall a) ist die Suizidgefahr. Eine erhebliche Gefahr sehen manche Gerichte auch bei Drohen der Chronifizierung einer Schizophrenie oder Manie) mit dem damit verbundenden Persönlichkeitsabbau, oder wenn durch die Krankheit extreme Zustände (z.B. Leben zwischen eigenen Fäkalien) geschaffen werden, die nach allen Wertungen menschenunwürdig sind. Wegen des erheblichen Eingriffes in die grundgesetzlich garantierte Freiheit (Art. 2 Grundgesetz) ist die Verhältnismäßigkeit besonders zu beachten, d.h. dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für den Betreuten gegeben sein muss, die bloße Möglichkeit reicht nicht aus. Manche Gerichte bejahen bei einer eigentlichen Fremdgefährdung wegen möglicher Verteidigungsreaktionen anderer eine Eigengefährdung.

Bei b) reicht nicht jede Gesundheitsgefährdung aus. Mögliche Gründe sind z.B. die durch psychisch Krankheit bedingte Verweigerung lebensnotwendiger Medikamente oder Nahrung, das regelmäßige und planlose Umherirren im Straßenverkehr oder die notwendige Entgiftungsphase nach Drogen- oder Alkoholmißbrauch (im Gegensatz dazu die nachfolge Entwöhnungsbehandlung, die kein Unterbringungsgrund sein soll).

Meist wird diese Maßnahme bei schizophrenen Erkrankungen getroffen, manchmal auch bei Manisch-Depressiven Erkrankungen oder bei krisenbedingten ernstlichen Suizidabsichten.

Auch hier ist stets die Frage alternativer Versorgungs- und Behandlungsmöglichkeiten sowie der zu erwartenden negativen Auswirkungen der Unterbringung im Vergleich zum möglichen Heilerfolg zu prüfen.

Soll die Unterbringung zum Zwecke einer Heilbehandlung erfolgen, ist stets zu fragen, ob der Betroffene bezüglich der ärztlichen Behandlung einwilligungsfähig ist, er also Bedeutung und Tragweite des Eingriffs zu erkennen und seinen Willen danach zu bestimmen vermag. Ist dies der Fall, ist der Betroffene mit der Behandlung aber nicht einverstanden, so ist eine Unterbringung zur Erzwingung dieser Einsicht ebenfalls unzulässig. Ist dies der Fall, ist der Betroffene mit der Behandlung aber nicht einverstanden, so ist eine Unterbringung zur Erzwingung dieser Einsicht ebenfalls unzulässig.

Im übrigen kommt eine Unterbringung nicht in Betracht, wenn die vorgesehene Behandlung keinen hinreichenden Erfolg verspricht, z.B. eine Alkoholentziehungskur gegen den Willen des Betreuten.

Eine geschlossene Unterbringung einer Betreuten durch den Betreuer ist grundsätzlich dann möglich, wenn der Betreute an fortschreitender Demenz leidet, wiederholte dokumentierte Vorfälle in der nahen Vergangenheit den Antrieb, die geschlossene Abteilung bei sich bietender Gelegenheit zu verlassen, vorliegen und das unbeaufsichtigte Verlassen eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit darstellen würde. In einem solchen Fall ist es nicht erforderlich, nachzuweisen, dass der Betreute bereits aus der Einrichtung weggelaufen ist der ggf. weglaufen würde (OLG München, Beschluss vom 13. April 2006 - Az: 33 Wx 41/06).

Das OLG Hamm stellte anläßlich einer Schadensersatzforderung gegen einen Betreuer fest, dass der Aufgabenkreis Gesundheitssorge für eine Unterbringung nicht ausreichend ist (OLG Hamm FamRZ 2001, 861 m. Anm. Beck in BtPrax 2001, 195). Es wird der Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung benötigt.

Das Bundesverfassungsgericht beschloss 1998, dass es nicht rechtens war, einen Mann, der meinte Wanzen in den Ohren implantiert zu haben, zwangsweise unterzubringen. Ein drohende Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung reiche dazu nicht aus. Es müsse auch nach Betreungsrecht eine erhebliche Selbstgefährdung vorliegen, sonst darf nicht zwangsweise untergebracht werden (Beschluss 2 BvR 2270/ 96).

Weitere Rechtsprechung:

LG Bremen, 6 T 1037/93, Beschluss vom 08. März 1993:

1. Eine zwangsweise Heimunterbringung ist zulässig und vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen, wenn die Maßnahme zum Wohle des Betroffenen objektiv erforderlich ist. 2. Das Betreuungsrecht enthält eine Regelungslücke, so daß bei einer zwangsweisen Heimunterbringung § 1906 BGB sinngemäß anzuwenden ist

BayObLG, Beschluss 3Z BR 7/93 vom 21.01.1993, MDR 1993, 545

Eine Unterbringung zur Vermeidung einer Selbstschädigung setzt voraus, dass der Betreute aufgrund seiner Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann.

OLG Düsseldorf, 3 Wx 406/94 Beschluss vom 29.07.1994:

Eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist nur zulässig, wenn und solange die Einsichts und Steuerungsfähigkeit aus den dort genannten Gründen fehlt. Die Unterbringungsgenehmigung nach § 1906 Abs. 2 BGB muß die Art der Unterbringung konkret angeben, hat aber keine bestimmte Einrichtung zu bezeichnen. Auch im Falle der Unterbringung ist für Medikationen, die sich als unterbringungsähnliche Maßnahmen im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB darstellen, eine gesonderte vormundschaftliche Genehmigung erforderlich. Die zuständige Behörde im Sinne des § 70 d Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 FGG ist im Unterbringungsverfahren zwingend anzuhören.

BayObLG, 3Z BR 300/95, Beschluss vom 24. 10. 1995:

Eine Unterbringung des Betreuten gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt voraus, daß der Widerstand des Betroffenen gegen eine nur durch die Unterbringung ermöglichte Heilbehandlung auf einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung beruht.

Landgericht Offenburg, Beschluss vom 08.07.1996 - 4 T 88/96:

Die zwangsweise Verbringung eines Betreuten in ein offenes Altenpflegeheim ist unzulässig.


OLG Schleswig. Beschluss v. 3.11.1999 - 2 W 173/99:

Die Unterbringung zu einer Heilbehandlung ist nicht erforderlich, weil nicht erfolgversprechend, wenn der Betroffene zu der beabsichtigten psychiatrischen Behandlung nicht bereit ist. Die Krankheits- und Behandlungseinsicht darf durch die Unterbringung nicht erzwungen werden.

OLG Hamm, Beschluss vom 21.10.2002, 15 W 189/02:

Für die zwangsweise Unterbringung des durch seine Verwahrlosung gefährdeten Betroffenen in einer offenen Alten- oder Pflegeeinrichtung kann eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erteilt werden.

BGH, Beschluss vom 13.2.2002 - XII ZB 191/00 (München), Quelle: NJW 2002, 1801 - Unmittelbare Unterbringung durch das Gericht nur in Eilfällen

Es ist grundsätzlich zulässig, eine zivilrechtliche Unterbringung anzuordnen, ohne dass zugleich damit schon ein Betreuer bestellt werden muss. Das Gericht ist in einem solchen Fall aber verpflichtet, zugleich mit der Anordnung der Unterbringung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass dem Betroffenen unverzüglich ein Betreuer oder jedenfalls ein vorläufiger Betreuer (§ 69f FGG) zur Seite gestellt wird. Unterlässt das Gericht solche Maßnahmen, ist die Anordnung der Unterbringung unzulässig.

BayObLG, 3.Zivilsenat, Beschluss vom 27.7.2000, 3Z BR 64/00 = BayObLGZ 2000 Nr.48

1. Nach Beendigung einer vormundschaftsgerichtlich genehmigten Unterbringung ist bzw. bleibt trotz der damit eingetretenen Erledigung der Hauptsache ein Rechtsmittel des Betroffenen mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme zulässig, wenn die Unterbringung nicht länger als sechs Wochen gedauert hat (Ergänzung zu BayObLGZ 1999, 24).

2. Die persönliche Anhörung des Betroffenen gehört, auch wenn eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme angeordnet wird, zu den durch Art.104 Abs.1 GG zum Verfassungsgebot erhobenen Grundsätzen.

3. Der Richter darf vor der Anordnung einer vorläufigen Unterbringungsmaßnahme von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nur absehen, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, welche die erforderliche Gefahr im Verzug begründen. Eine unterlassene vorherige Anhörung ist in aller Regel - ggf. durch den Eilrichter - spätestens an dem auf die Beschlussfassung folgenden Tag nachzuholen.

OLG Schleswig, Beschluss vom 16.5.2001 - 2 W 96/01:

Eine vorläufige Unterbringung durch das Vormundschaftsgericht nach § 1846 BGB ist nur so lange zulässig, wie der gleichzeitig bestellte vorläufige Betreuer gehindert ist, selbst eine Entscheidung über die Unterbringung zu treffen.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.04.2003, 8 W 135/03:

1. Eine Unterbringung durch den Betreuer (§ 1906 BGB) zur Verhinderung einer Selbstschädigung infolge psychischer Erkrankung setzt voraus, dass der Betreute krankheitsbedingt seinen Willen nicht frei bestimmen kann, er also außerstande ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen.

2. Alkoholismus rechtfertigt eine Unterbringung regelmäßig nur dann, wenn dieser im ursächlichen Zusammenhang mit einem geistigen Gebrechen, insbesondere einer psychischen Erkrankung, steht oder ein auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführender Zustand eingetreten ist, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat.


OLG Hamm, Beschluss vom 19.12.2006; 15 W 126/06: Patientenverfügung gegen Unterbringung?:

Schließt eine mit einer Vorsorgevollmacht verbundene Patientenverfügung die stationäre psychiatrische Behandlung aus, so steht dies einer Unterbringung auf der Grundlage des § 11 PsychKG Nordrhein-Westfalen nicht entgegen, sofern der Vorsorgebevollmächtigte den Schutz des Betroffenen bei einer erheblichen Eigengefährdung nicht gewährleisten kann. Eine Behandlung gegen den Willen des Patienten ist aber nur bei akuter Fremdgefährdung gestattet.

OLG Celle Beschluss 17 W 37/05 i.V.m. BGH, Beschluss XII ZB 236/ 05:

Das Vorliegen einer wirksamen und damit den rechtlichen Vertreter (Betreuer/Bevollmächtigter) und den Arzt bindenden Patientenverfügung ist auch bei Unterbringung in der Psychiatrie in ausreichender Weise aufzuklären.

OLG München, Beschluss vom 13.11.2006 - Az: 33 Wx 244/06: Unterbringungsdauer richtet sich nach Gutachten:

Wird die Notwendigkeit der Unterbringung eines Betreuten wegen der Gefahr der Selbsttötung vom Beschwerdegericht bejaht und stützt sich das Gericht hierbei auf ein hinreichend zeitnah erstattetes erstinstanzliches Gutachten das die weitere Unterbringung "zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten" befürwortet, so ist die Festlegung der Höchstdauer der genehmigten Unterbringung grundsätzlich an dem Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens auszurichten. Auch der Umstand, daß bei einer zwei Monate später stattfindenden Anhörung des Betroffenen eine behandelnde Psychologin den weiteren Unterbringungsbedarf erneut "auf ca. ein halbes Jahr" schätzt, ändert hieran nichts.

OLG Schleswig, Beschluss 2 W 99/98 - Alkoholsucht - Unterbringung?

Die Voraussetzungen zur Unterbringung durch den Betreuer liegen nicht vor, wenn eine Alkoholsucht weder Symptom einer bestehenden psychischen Krankheit noch Ursache eines Persönlichkeitsabbaus ist und die Betreute nicht zur einer Entwöhnungsbehandlung bereit ist.

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.9.2004, 5 W 236/04; 5 W 236/04 - 75:

Die über die Anordnung der Vorführung hinausgehende Anordnung der Unterbringung setzt eine strenge Verhältinismäßigkeitsprüfung voraus. Allein die Stellung einer Vielzahl unsinniger oder keinen Erfolg versprechender Anträge bei Gericht ergibt nicht zwangsläufig die Notwendigkeit der Betreuerbestellung.

OLG Schleswig, Beschluss vom 01.12.2005, 2 W 214/05

Wird entgegen der regelmäßigen Höchstfrist von einem Jahr eine Unterbringung von 2 Jahren genehmigt, so ist näher zu begründen, weshalb eine geringere Unterbringungsfrist nicht ausreicht. Das gilt insb. dann, wenn zuvor Unterbringungsfristen von 6 Wochen für ausreichend gehalten wurden.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 20.12.2005, 1 W 170/03 und 1 W 182/03

Die probeweise Verlegung des Untergebrachten aus der geschlossenen auf eine offene Station führt dann nicht zur Wirkungslosigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn die ihr zugrunde liegenden Voraussetzungen weiter bestehen und die Verlegung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des genehmigten Unterbringungszeitraums steht. Das kann bei einer probeweisen Verlegung zehn Tage vor Entlassung des Untergebrachten der Fall sein.

OLG München, Beschluss vom 01.08.2005, 33 Wx 86/05

1. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Unterbringung wegen Selbstgefährdung (hier: Weglaufen eines dementen Heimbewohners) hat das Gericht die Personalsituation der Einrichtung grundsätzlich hinzunehmen (OLG Frankfurt v. 29.04.1993 – 20 W 156/93, OLGReport Frankfurt 1993, 185 = FamRZ 1994, 992; OLG Hamm v. 22.06.1993 – 15 W 145/93, BtPrax 1993, 172). Das Gericht kann ihr weder die permanente Besetzung der Pforte zur Auflage machen noch die – im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen liegende – Genehmigung versagen, weil es hieran fehle. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für Auflagen zu baulichen Gegebenheiten.

2. Der Betreuer – und im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung auch das Gericht – haben aber zu prüfen, ob eine für den Betroffenen mildere Form der Freiheitsentziehung in einer anderen Einrichtung in Betracht kommt, z.B. ein Heim, das dem Betroffenen mehr Freiraum zur – auch ziellosen – Fortbewegung bieten würde. Hierbei sind im Rahmen einer Gesamtabwägung sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Ein erheblicher Gesichtspunkt ist, wie sich die Unterbringung konkret für den Betroffenen auswirkt, in welchem Ausmaß sie von ihm als Einschränkung der ihm verbliebenen Lebensqualität empfunden wird (OLG Hamm v. 22.06. 1993 – 15 W 145/93, BtPrax 1993, 172 [174]).

OLG München, Beschluss vom 13.04.2006, 33 Wx 41/06:

Steht fest, dass eine an fortschreitender Demenz leidende, aber noch verhältnismäßig mobile Bewohnerin sich bei einem unbeaufsichtigten Verlassen des Heimes erheblich an Leben oder Gesundheit gefährden würde und belegen wiederholte dokumentierte Vorfälle in der nahen Vergangenheit ihren Antrieb, die geschlossene Abteilung bei sich bietender Gelegenheit zu verlassen, kann dies grundsätzlich die weitere geschlossene Unterbringung durch den Betreuer rechtfertigen. Nicht erforderlich ist der Nachweis, dass die Betroffene aus der Einrichtung als solcher bereits weggelaufen ist oder ggf. weglaufen würde.

OLG Köln, Beschluss vom 17.07.2006 - Az: 16 Wx 142/06: Unterbringungsmaßnahme muß näher umschrieben werden:

Wird eine Entscheidung getroffen, die zu einer Unterbringungsmaßnahme führt, so ist die Art der Unterbringung zu bezeichnen. Dies kann dergestalt erfolgen, das der Einrichtungstyp näher beschrieben wird (z.B. Heim für Alkoholkranke etc.).

OLG München, Beschuss vom 13.11.2006, 33 Wx 244/06:

Bejaht das Beschwerdegericht die Notwendigkeit der Unterbringung der Betreuten wegen der Gefahr der Selbsttötung und stützt sich hierbei auf ein hinreichend zeitnah erstattetes erstinstanzliches Gutachten, in welchem der psychiatrische Sachverständige die weitere Unterbringung „zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten” befürwortet, ist die Festlegung der Höchstdauer der genehmigten Unterbringung grundsätzlich an dem Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens auszurichten. Das gilt auch dann, wenn bei der zwei Monate danach stattfindenden Anhörung der Betroffenen eine behandelnde Psychologin erneut „den weiteren Bedarf der Unterbringung auf ca. ein halbes Jahr” schätzt.

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 01.03.2007, Az. 11 Wx 7/07:

Anordnung der Unterbringung in einer Heilanstalt ist nur verhältnismäßig, wenn der Erfolg der Behandlung zumindest möglich ist -

Es muss sicher gestellt sein, dass eine Heilbehandlung nicht wegen finanzieller Probleme scheitert. In der Unterbringungsgenehmigung müssen Art, Inhalt und Dauer der Heilbehandlung genau festgelegt werden, weil der Zweck der Unterbringung entfällt, wenn die Heilbehandlung beendet oder undurchführbar geworden ist. Nur auf diese Weise kann der Betreuer einen verlässlichen Maßstab für spätere Entscheidungen über die Fortdauer der Unterbringung erlangen.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.07.2007, Az. 19 Wx 44/06: Eine auf Heilbehandlungsnotwendigkeit gestützte Unterbringung muss so genau wie möglich bestimmt sein.

In der Genehmigung einer Unterbringung ist die vom Betreuten zu duldende Behandlung so präzise wie möglich anzugeben. Dem genügt in der Regel, wenn dem Beschluss die zu behandelnde Krankheit und die Art der Behandlung zu entnehmen ist. Eine Genehmigung der Unterbringung ist aber nicht deshalb rechtswidrig, weil der Beschluss keine Angaben über die einzusetzende Arzneimittel oder Wirkstoffe und deren Höchstdosierung sowie Verabreichungshäufigkeit enthält.

Zwangsbehandlung

Der Bundesgerichtshof hatte ambulante Zwangsmaßnahmen zur Vermeidung einer Unterbringung bereits im Jahre 2000 für unzulässig erklärt (BGH-Beschluss XII ZB 69/00 vom 11. 10. 2000, BtPrax 2001, S. 32)

Eine Zwangsbehandlung des Betreuten im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung ist nicht generell unzulässig.

Entsprechende Zwangsbehandlungen sind vielmehr nach den allgemeinen für Behandlungen geltenden Grundsätzen zulässig, wenn der Betroffene einwilligungsunfähig und die Zwangsbehandlung im Hinblick auf drohende gewichtige Gesundheitsschäden verhältnismäßig ist. Diese Auffassung ist in letzter Zeit strittig geworden. Der BGH lässt jedoch die stationäre Zwangsbehandlung der Anlasserkrankung (die also den Unterbringungsgrund darstellt) unter engen Voraussetzungen zu: BGH-Beschluss vom 1.2.2006 zur stationären Zwangsbehandlung (siehe unten). Die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs legen nahe, dass eine Zwangsbehandlung dann gestattet ist, wenn der Betreute im Nachhinein, wenn er einwillungsfähig ist, der Behandlung zustimmt.

Ausführlich ist das Thema unter dem Stichwort "Zwangsbehandlung" nachzulesen.

Folgende Maßnahmen sind als Freiheitsentziehung zu werten

Fixieren des Betroffenen durch mechanische Vorrichtungen an Stuhl oder Bett durch

  • Bettgitter
  • Leibgurte
  • Schutzdecken oder Betttücher
  • Therapietische am ( Roll-) Stuhl
  • Gurte am ( Roll-) Stuhl
  • Hand-, Fuß- oder Bauchfesseln

Einsperren des Betroffenen durch

  • Absperren der Station oder des Zimmers
  • komplizierte Schließmechanismen an der Tür

Sedierende Medikamente wie

  • Schlafmittel, Psychopharmaka, wenn sie gegeben werden,
  • um den Betreuten an der Fortbewegung in der Einrichtung oder am Verlassen der Einrichtung zu hindern,
  • um die Pflege zu erleichtern,
  • um Ruhe auf der Station oder in der Einrichtung herzustellen.

Sonstige Vorkehrungen wie

  • Zurückhalten am Hauseingang durch Personal
  • Wegnahme von Bekleidung (wie z.B. Schuhe)
  • Wegnahme von Fortbewegungsmitteln wie z.B. Rollstuhl, Gehwagen

(Die Aufstellung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)

Umstritten ist die Zulässigkeit von sogenannten Sendeanlagen oder Personenortungsanlagen. Diese Sender lösen bei Verlassen der Einrichtung durch den Betroffenen ein Signal aus. Die Auffassung der Gerichte zur Zulässigkeit und Genehmigungsbedürftigkeit ist unterschiedlich. Bejaht wurde diese Frage u.a. durch AG Hannover, BtPrax 1992, 113; AG Bielefeld, BtPrax 1996, 232; AG Stuttgart-Bad-Cannstadt FamRZ 1997, 704.

In einer neuen Entscheidung spricht sich das OLG Brandenburg gegen die Genehmigungspflicht des Senderchips als solchen aus; genehmigungspflichtig sei es, wenn klar sei, dass tatsächlich freiheitsbeschränkende Maßnahmen in der Einrichtung getroffen werden (OLG Brandenburg FamRZ 2006, 1481).

Kommentar von Hellmann, Lebenshilfe, zur vorgenannten Entscheidung (PDF)

Weitere Rechtsprechung:

LG München I, Beschluss vom 07.07.1999,13 T 4301/99, NJW 1999, 3642:

Auch das zeitweise Einschließen eines Betreuten in seiner Wohnung stellt eine Freiheitsbeschränkung dar. Wird ein psychisch Kranker ausschließlich durch fremde ambulante Pflegekräfte in seiner Wohnung versorgt, so bedarf das zeitweise Absperren seiner Wohnung als beschränkte Freiheitsentziehung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.

Vorgehensweise

Die Unterbringungsgenehmigung (§ 1906 Abs. 2 BGB) des Vormundschaftsgerichtes erfolgt auf Antrag des Betreuers oder Bevollmächtigten und kann ausnahmsweise, wenn der Betreuer noch nicht bestellt wurde oder nicht erreichbar ist, vom Vormundschaftsgericht selbst angeordnet werden (§ 1846 BGB). In diesem Ausnahmefall ist aber zugleich ein Betreuer zu bestellen, es sei denn, ein Betreuer war nur vorläufig verhindert.

Gerichtliches Verfahren

Für Unterbringungen nach dem BGB und den Landesgesetzen für psychisch Kranke ist seit dem 1. Januar 1992 ein gemeinsames Unterbringungsverfahren beim Vormundschaftsgericht geregelt worden. Eine richterliche Genehmigung ist zwingend erforderlich (Art. 104 GG).

Beendigung der Unterbringung

Der Betreuer ist verpflichtet, die Unterbringung auch vorzeitig (vor Ablauf einer gerichtlichen Genehmigungsfrist) zu beenden, wenn die (medizinischen) Voraussetzungen nicht mehr vorliegen und muss das Vormundschaftsgericht davon unterrichten (§ 1906 Abs. 3 BGB).

Rechtsprechung:

OLG München, Beschluss vom 19.05.2005, 33 Wx 78/05

Die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung ist aufzuheben, wenn der Betroffene sich ernstlich und verlässlich bereit erklärt, freiwillig in der Einrichtung zu verbleiben und sich der erforderlichen Therapie zu unterziehen (vgl. BayOblG, FamRZ 1998, 1329). Diese Anforderungen erfüllt nicht die Erklärung, in erster Linie nach Hause zurückkehren zu wollen und nur „unter Umständen“ für einen von vornherein begrenzten Zeitraum freiwillig in der Einrichtung zu bleiben.

KG, Beschluss vom 20.12.2005, Az. 1 W 170/03; 1 W 182/03: Probeweise Verlegung eines psychisch Kranken zur Beobachtung

Soweit die Verlegung eines psychisch Kranken von der geschlossenen Unterbringung auf eine offene Station in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des genehmigten Unterbringungszeitraums erfolgt, ist die Verlegung sinnvoll. Insbesondere kann der Betreuer dann beurteilen, ob eine Verlängerung der Unterbringung notwendig ist.

Siehe auch

Unterbringungsähnliche Maßnahme, Unterbringungsverfahren, Zwangsbehandlung, Zuführung zur Unterbringung, Rechtsmittel

Literatur

Bücher im Bundesanzeiger-Verlag


Weitere Bücher

Zeitschriftenbeiträge

  • Baumann, Jürgen: Fehlende Rechtsgrundlage bei ärztl. Zwangsbehandlung Untergebrachter; NJW 80, 1873
  • Bergmann, Ernst Elmar: Das Unterbringungsrecht in den neuen Bundesländern, NJ 91, 211
  • Bischof, Martin / Wolff, Stephan: Unterbringungsähnliche Maßnahmen und richterliche Interventionen, BtPrax 93, 192
  • Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V:: Genehmigungserfordernis für Bettgitter; Rechtsdienst der Lebenshilfe 1/94, 29
  • Coeppicus, Rolf: Aushöhlung des Rechtsschutzes in Unterbringungssachen durch Arbeitszeitregelungen... BtPrax 94, 126
  • Dahle, Heiko: Zivilrechtliche Unterbringung in der Forensik?, BtPrax 94, 199
  • Damrau, Jürgen/Zimmermann, Walter: Das neue Betreuungs- und Unterbringungsrecht, NJW 91, 538
  • Feuerland: Zur Freiheitsentziehung durch sog. Personenortungsanlagen; BtPrax 1999, 93
  • Holzhauer, Heinz: Für ein enges Verständnis des § 1906 Abs. 4 BGB, BtPrax 92, 54
  • ders.: Der Umfang gerichtlicher Kontrolle privatrechtlicher Unterbringungen, FuR 92, 249
  • Kirchhof, Ralf-Rüdiger: Arbeitshilfe zum Umgang mit freiheitsbeschränkenden Maßnahmen in offenen Einrichtungen der stationären Altenhilfe; Ev. Heimstiftung Stuttgart 1992
  • Klüsener, Bernd: Die Anwaltsbeiordnung im Unterbringungsverfahren; FamRZ 1994, 487
  • Krüger, Rolf: Bürgerlichrechtliche, öffentlichrechtliche und strafrechtliche Zwangsunterbringung, BtPrax 92,92
  • Linnhoff, Bettina: Anhörungen in Verfahren bez. freiheitsentziehender Maßnahmen; BtPrax 95, 167
  • Marschner, Rolf: Plädoyer für die Abschaffung der zivilrechtlichen Unterbringung; RuP 1/85, 3
  • Rolf Marschner: Zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Unterbringung; BtPrax 2006, 125
  • Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Familie und Frauen Baden-Württemberg: Pflegerische Aspekte und rechtliche Anforderungen beim Umgang mit verwirrten und psychisch kranken Menschen im Heim (Arbeitshilfe), Stuttgart 1991
  • Peter Müller: Zum Recht und zur Praxis der betreuungsrechtlichen Unterbringung; BtPrax 2006, 123
  • Neumann: § 1906 Abs. 4 BGB analog in der ambulanten Pflege? Pflegerecht 2000, 286
  • Pardey, Karl-Dieter: Alltagsprobleme im Betreuungsrecht, insbes. zu §§ 1904 und 1906 IV BGB; BtPrax 1995, 81
  • Reichel, Herbert: Zum Unterbringungsrecht in den neuen Bundesländern, FamRZ 90, 1318
  • Ruhl, Werner: Einstweilige Anordnungen im Betreuungs- und Unterbringungsrecht; FuR 94, 254
  • Schumacher, Ulrich: Rechtsstaatliche Defizite im neuen Unterbringungsrecht, FamRZ 91, 281
  • Stolz, Konrad; BtG: Umsetzungsdefizite im Bereich Heilbehandlung und freiheitsentziehende Maßnahmen, FamRZ 93, 642
  • Andrea Tietze: Zwangsbehandlungen in der Unterbringung; BtPrax 2006, 135
  • Wagner, Bernd: Welche Rechte haben Patienten während der Zwangsunterbringung? Psychosoziale Umschau 3/93, 2
  • Wojnar, Jan: Freiheitsentziehende Maßnahmen und Demenz, BtPrax 95, 12
  • Zimmermann, Walter: Das neue Verfahren in Unterbringungssachen, FamRZ 90, 1308

Weblinks

Rechtsprechung

Wissenschaftliche Untersuchungen

Sonstige

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