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===Errichtung===
 
===Errichtung===
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Bei einem Testament handelt es sich um eine Bestimmung, was nach dem Tod aus dem Vermögen der verstorbenen Person wird. Das Recht auf Bestimmung auch über den Tod hinaus wird aus dem [[Grundrechte|Grundrecht]] auf Eigentum ({{Zitat Art|14|gg}} Grundgesetz) hergeleitet.
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Bei einem Testament handelt es sich um eine Bestimmung, was nach dem Tod aus dem Vermögen der verstorbenen Person wird. Das Recht auf Bestimmung auch über den Tod hinaus wird aus dem [[Grundrechte|Grundrecht]] auf Eigentum ({{Zitat Art|14|gg}} Grundgesetz) hergeleitet.Der Erblasser muss ein Testament persönlich errichten, §§ 2064, 2065 BGB. Die mit dieser Vorschrift gesicherte Testierfreiheit stellt ein höchstpersönliches, unübertragbares Recht dar.
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Während sich § 2064 BGB nach seinem Wortlaut nur auf letztwillige Verfügungen in der Form des Testaments bezieht, richtet sich das Verbot der Drittbestimmung in § 2065 BGB an alle letztwilligen Verfügungen. § 2064 BGB gilt gleichermaßen für das Einzeltestament und das gemeinschaftliche Testament. Etwa gleichlautende Vorschriften existieren für den Erbvertrag (§ 2274 BGB) und eingeschränkt für den Erbverzicht, § 2347 Abs. 2 BGB. 
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Im Rahmen dieses Persönlichkeitsgebots kommt weder eine Vertretung im Willen, noch eine Vertretung in der Erklärung in Betracht. §§ 164 ff. BGB sind nicht anwendbar. Zulässig ist lediglich die Hilfe eines Dritten, soweit sie auf Beratung und Beistand abzielt. Da der Erblasser die gesetzliche Möglichkeit hat, durch letztwillige Verfügung von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen, soll er sich dieser Verantwortung nicht durch die Einschaltung eines Vertreters entziehen können (BGHZ 15, 199 f.). Dabei wird dieser in § 2064 BGB aufgestellte Grundsatz der Unzulässigkeit der Willensvertretung durch § 2065 BGB konkretisiert. 
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Für eine solche Verfügung von Todes wegen (Testament = letzter Wille) ist auch ein [[Einwilligungsvorbehalt]] nicht möglich, somit können anders als im früheren Vormundschaftsrecht (vor 1992) auch Personen, für die ein Betreuer bestellt ist, grundsätzlich ein Testament errichten.
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Für eine solche Verfügung von Todes wegen (Testament = letzter Wille) ist ein [[Einwilligungsvorbehalt]] nicht möglich, somit können anders als im früheren Vormundschaftsrecht (vor 1992) auch Personen, für die ein Betreuer bestellt ist, grundsätzlich ein Testament errichten.
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Allerdings besagt § 2229 Abs. 4 BGB, dass eine Person, die wegen geistiger Störungen die Bedeutung einer Willenserklärung nicht zu erkennen und danach zu handeln vermag, kein Testament errichten kann (siehe auch unter § 104 Ziffer 2 BGB). Eine solche geistige Einschränkung hebt die Testierfähigkeit auf, wenn der Testierende nicht mehr die Tragweite seiner Entscheidungen erkennen und seinen [[freier Wille|Willen frei]] von Einflüssen dritter Personen bilden und äußern kann. Testierunfähigkeit ist eine Sonderform der [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] (BayObLG FamRZ 2005, 2019 = NJW-RR 2005, 1025 = ZEV 2005, 345).
 
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Allerdings besagt § 2229 Abs. 3 BGB, dass eine Person, die wegen geistiger Störungen die Bedeutung einer Willenserklärung nicht zu erkennen und danach zu handeln vermag, kein Testament errichten kann (siehe auch unter § 104 Ziffer 2 BGB). Eine solche geistige Einschränkung hebt die Testierfähigkeit auf, wenn der Testierende nicht mehr die Tragweite seiner Entscheidungen erkennen und seinen [[freier Wille|Willen frei]] von Einflüssen dritter Personen bilden und äußern kann. Testierunfähigkeit ist eine Sonderform der [[Geschäftsfähigkeit|Geschäftsunfähigkeit]] (BayObLG FamRZ 2005, 2019 = NJW-RR 2005, 1025 = ZEV 2005, 345).
      
Ob eine solche Testierunfähigkeit vorliegt, ist vom Nachlassgericht (§ 72 FGG) bei Erteilung des Erbscheins von Amts wegen zu prüfen (§§ 12 FGG; 2353, 2358 BGB), wenn konkrete Zweifel an der Testierfähigkeit bestehet. Die Tatsache, dass ein Betreuer bestellt war, beweist allein noch nicht die Testierunfähigkeit (BayObLG 1982, 309 zur Gebrechlichkeitspflegschaft). Bei solchen Zweifeln hat das Nachlassgericht zunächst die behaupteten auffälligen Verhaltensweisen des Erblassers (dh. hier des Betreuten) aufzuklären (zB den Umfang der Cerebralsklerose, der Verwirrtheit) und hierauf das [[Sachverständigengutachten]] eines Psychiaters einzuholen (OLG Hamm Rpfleger 1989, 23). Das Gutachten, das früher anlässlich der [[Betreuungsverfahren|Bestellung des Betreuers]] erstellt wurden, wird dem neuen Sachverständigen hier u.U. wertvolle Hilfe leisten.
 
Ob eine solche Testierunfähigkeit vorliegt, ist vom Nachlassgericht (§ 72 FGG) bei Erteilung des Erbscheins von Amts wegen zu prüfen (§§ 12 FGG; 2353, 2358 BGB), wenn konkrete Zweifel an der Testierfähigkeit bestehet. Die Tatsache, dass ein Betreuer bestellt war, beweist allein noch nicht die Testierunfähigkeit (BayObLG 1982, 309 zur Gebrechlichkeitspflegschaft). Bei solchen Zweifeln hat das Nachlassgericht zunächst die behaupteten auffälligen Verhaltensweisen des Erblassers (dh. hier des Betreuten) aufzuklären (zB den Umfang der Cerebralsklerose, der Verwirrtheit) und hierauf das [[Sachverständigengutachten]] eines Psychiaters einzuholen (OLG Hamm Rpfleger 1989, 23). Das Gutachten, das früher anlässlich der [[Betreuungsverfahren|Bestellung des Betreuers]] erstellt wurden, wird dem neuen Sachverständigen hier u.U. wertvolle Hilfe leisten.
    
Nach § 11 I Satz 1 BeurkG soll der Notar die Beurkundung ablehnen, wenn einem der Beteiligten nach der Überzeugung des Notars die erforderliche Testierfähigkeit fehlt. Bei Zweifeln daran soll der Notar diese nach § 11 Absatz 1 Satz 2, § 28 BeurkG in der Niederschrift feststellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Notar die Testierfähigkeit positiv feststellen kann. Hierzu fehlt ihm als einem medizinischen Laien bereits die erforderliche Sachkunde (BayObLG, 1Z BR 053/04). Eine Letztentscheidungskompetenz steht dem Notar hinsichtlich der Frage der Testierfähigkeit nicht zu.
 
Nach § 11 I Satz 1 BeurkG soll der Notar die Beurkundung ablehnen, wenn einem der Beteiligten nach der Überzeugung des Notars die erforderliche Testierfähigkeit fehlt. Bei Zweifeln daran soll der Notar diese nach § 11 Absatz 1 Satz 2, § 28 BeurkG in der Niederschrift feststellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Notar die Testierfähigkeit positiv feststellen kann. Hierzu fehlt ihm als einem medizinischen Laien bereits die erforderliche Sachkunde (BayObLG, 1Z BR 053/04). Eine Letztentscheidungskompetenz steht dem Notar hinsichtlich der Frage der Testierfähigkeit nicht zu.
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==Amtliche Verwahrung eines Testamentes==
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Notarielle Testamente werden vom Notar in amtliche Verwahrung beim Amtsgericht gegeben. Auch eigenhändige Testamente können dort in Verwahrung gegeben werden. Dies kann auch von einem Betreuer oder (Vorsorge-)Bevollmächtigten veranlasst werden, so das OLG München. Für die Verwahrung ist eine Gebühr von 75 € (zuzügl 18 € zur Registrierung im zentralen Testamentsregister) zu entrichten.
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Rechtsprechung:
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'''OLG München, Beschluss vom 25.6.2012, 31 Wx 213/12''', DNotZ 2012, 868 = FamRZ 2013, 156 = MDR 2012, 1295 = NJW-RR 2012, 1288 = Rpfleger 2012, 693:
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Das Gesetz fordert nur, dass die Verwahrung auf Verlangen des (zukünftigen) Erblassers erfolgen muss (§ 2248 BGB). Es wird jedoch nicht verlangt, dass die Verwahrung (höchst)persönlich zu erfolgen hat. Im Ergebnis ist deshalb eine Stellvertretung möglich. Die Erteilung der Vorsorgevollmacht ist eine wirksame Ermächtigung zur Stellvertretung.
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'''OLG Köln, Beschl. v 12.7.2013, 2 Wx 177/13''', FGPrax 2013, 216 = NJW-RR 2013, 1421 = Rpfleger 2014, 24:
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Die Rückgabe eines in amtlicher Verwahrung genommenen Testaments stellt eine letztwillige Verfügung dar. Sie setzt daher Testierfähigkeit voraus. Ist diese nicht vorhanden, so kann keine Rückgabe erfolgen.
    
===Widerruf des Testamentes===
 
===Widerruf des Testamentes===
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Der testierfähige Betreute kann sein Testament jederzeit wirksam widerrufen, der testierunfähige dagegen nicht. Vernichtet der testierunfähige Betreute sein Testament, indem er es wegwirft, bleibt es gültig; eine andere Frage ist, wie die Errichtung des Testaments dann bewiesen werden kann.
 
Der testierfähige Betreute kann sein Testament jederzeit wirksam widerrufen, der testierunfähige dagegen nicht. Vernichtet der testierunfähige Betreute sein Testament, indem er es wegwirft, bleibt es gültig; eine andere Frage ist, wie die Errichtung des Testaments dann bewiesen werden kann.
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*[http://www.dnoti.de/Report/2002/rep0302.htm#BGB%20%A7%A7%201903,%202064,%202229,%202256,%202259 Gutachten des Deutschen Notarinstitutes zur Rücknahme von Testamenten aus der amtlichen Verwahrung durch Betreuer]
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Rechtsprechung:
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'''LG Hamburg, Beschluss vom 17.2.2000 – 301 T 264/99''':
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Gehört zum [[Aufgabenkreis]] des Betreuers die [[Vermögenssorge]], kann auch der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments gegenüber dem Betreuer erklärt werden.
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'''OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.06.2013 - 15 W 764/13''':
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Der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament kann auch gegenüber einem testierunfähigen Ehegatten erklärt werden. Es genügt der Zugang der notariell beurkundeten Widerrufserklärung an einen für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellten Ersatzbetreuer, auch wenn dieser ein Abkömmling des Erblassers ist.
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'''AG Altötting, Beschluss v. 08.08.2023 – XVII 152/15''', ZEV 2024, 111:
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# Auf Anregung des widerrufswilligen Ehepartners ist eine Betreuung zum Zwecke der Entgegennahme des Widerrufs eines gemeinschaftlichen Testaments anzuordnen. Es liegt hier einer der wenigen Fälle vor, in denen die rechtliche Betreuung im Drittinteresse berechtigt ist, weil die Betreuerbestellung für den Dritten die einzige Möglichkeit darstellt, seine Rechte diesem gegenüber zu verfolgen.
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# Erforderlich ist die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers, wenn der Betreuer aus Rechtsgründen an der Vertretung gehindert ist, was bei der Entgegennahme des selbst erklärten Widerrufs eines mit der Betreuten errichteten gemeinschaftlichen Testaments der Fall ist.
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# Bei der Auswahl des Ergänzungsbetreuers scheiden sowohl der Widerrufende als auch die Abkömmlinge aus. (Leitsätze der Redaktion)
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# Ist bei einem gemeinschaftlichen Testament der andere Testierende und nun Widerrufende auch Betreuer seines Ehegatten, sollte ein anderer (Ergänzungs-)Betreuer (zur Entgegennahme der Widerrufserklärung) bestellt werden, damit die Wirksamkeit des Rücktritts gesichert ist.
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# Ein Betreuungsinteresse ist gegeben, weil die mit dem Widerruf verbundene Rechtssicherheit auch für den geschäftsunfähigen Ehepartner von Vorteil ist.
    
===Überprüfung zu Lebzeiten des Testators===
 
===Überprüfung zu Lebzeiten des Testators===
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Der geschäftsfähige Betreute kann Erbverträge schließen ({{Zitat de §|2275|bgb}} Abs. 1 BGB); dazu braucht er weder die Zustimmung des Betreuers noch die Genehmigung des Betreuungsgerichts. Allerdings muss ein Erbvertrag vor einem Notar geschlossen werden ({{Zitat de §|2276|bgb}} BGB). Der Notar soll sich vor einer Beurkundung von der Geschäftsfähigkeit des Beteiligten überzeugen (z B., indem er mit ihm ein ansführliches Gespräch führt) und dies in der Urkunde vermerken ({{Zitat de §|11|beurkg}}, {{Zitat de §|28|beurkg}} BeurkG). Dieser Notar-Vermerk ist zwar nicht bindend; auch wenn der Notar den Erblasser für testierfähig hielt, kann also durch ein [[Sachverständigengutachten]] das Gegenteil bewiesen werden. In der Praxis ist dies gleichwohl selten der Fall, weil die Zeugenaussage des Notars entgegen steht. Wer also von einem Betreuten als Erbe eingesetzt werden soll, tut gut daran, den Betreuten zu bitten die Testierung nicht privatschriftlich vorzunehmen, sondern das Testament beim Notar zu errichten; noch besser ist es für den Erbanwärter, wenn mit ihm ein Erbvertrag geschlossen wird, weil der Vertrag unwiderruflich ist.
 
Der geschäftsfähige Betreute kann Erbverträge schließen ({{Zitat de §|2275|bgb}} Abs. 1 BGB); dazu braucht er weder die Zustimmung des Betreuers noch die Genehmigung des Betreuungsgerichts. Allerdings muss ein Erbvertrag vor einem Notar geschlossen werden ({{Zitat de §|2276|bgb}} BGB). Der Notar soll sich vor einer Beurkundung von der Geschäftsfähigkeit des Beteiligten überzeugen (z B., indem er mit ihm ein ansführliches Gespräch führt) und dies in der Urkunde vermerken ({{Zitat de §|11|beurkg}}, {{Zitat de §|28|beurkg}} BeurkG). Dieser Notar-Vermerk ist zwar nicht bindend; auch wenn der Notar den Erblasser für testierfähig hielt, kann also durch ein [[Sachverständigengutachten]] das Gegenteil bewiesen werden. In der Praxis ist dies gleichwohl selten der Fall, weil die Zeugenaussage des Notars entgegen steht. Wer also von einem Betreuten als Erbe eingesetzt werden soll, tut gut daran, den Betreuten zu bitten die Testierung nicht privatschriftlich vorzunehmen, sondern das Testament beim Notar zu errichten; noch besser ist es für den Erbanwärter, wenn mit ihm ein Erbvertrag geschlossen wird, weil der Vertrag unwiderruflich ist.
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'''BGH, Beschluss vom 27. Januar 2021 - XII ZB 450/20'''
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# Dass der andere Vertragschließende geschäftsunfähig geworden ist, schließt den vertraglich vorbehaltenen Rücktritt vom Erbvertrag ihm gegenüber nicht aus.
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# Der Rücktritt vom Erbvertrag kann bei Geschäftsunfähigkeit des anderen Vertragschließenden jedenfalls grundsätzlich wirksam gegenüber dessen Vorsorgebevollmächtigtem erfolgen.
    
==Aus der Rechtsprechung:==
 
==Aus der Rechtsprechung:==
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Hinsichtlich des Zeugenbeweises eines Notars: „Auch seiner Aussage durfte das Gericht erhöhte Bedeutung beimessen, da er als Notar gem. § 28 BeurkG von Amts wegen zur Prüfung der Testierfähigkeit vor der Beurkundung verpflichtet war.
 
Hinsichtlich des Zeugenbeweises eines Notars: „Auch seiner Aussage durfte das Gericht erhöhte Bedeutung beimessen, da er als Notar gem. § 28 BeurkG von Amts wegen zur Prüfung der Testierfähigkeit vor der Beurkundung verpflichtet war.
 
Hinsichtlich „Laien“zeugen: „Denn bei ihnen handelt es sich ersichtlich um Laien auf humanmedizinischem Gebiet, die auch zur Beurteilung der Voraussetzungen von Testierunfähigkeit nicht besonders geschult sind. Eine Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung liegt in dem Absehen von ihrer Vernehmung daher nicht.“
 
Hinsichtlich „Laien“zeugen: „Denn bei ihnen handelt es sich ersichtlich um Laien auf humanmedizinischem Gebiet, die auch zur Beurteilung der Voraussetzungen von Testierunfähigkeit nicht besonders geschult sind. Eine Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung liegt in dem Absehen von ihrer Vernehmung daher nicht.“
 
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'''LG Hamburg, Beschluss vom 17.2.2000 – 301 T 264/99''':
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Gehört zum [[Aufgabenkreis]] des Betreuers die [[Vermögenssorge]], kann auch der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments gegenüber dem Betreuer erklärt werden.
      
'''OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.03.2000, ZERB 2000, 204'''
 
'''OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.03.2000, ZERB 2000, 204'''
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Die Frage, ob die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war oder nicht, lässt sich nach std. Rspr. in der Regel nur mit Hilfe eines psychiatrischen SV beantworten (vgl. BayObLG, FamRZ 1985, 742, 743; BayObLGZ 1995, 383, 391 = FamRZ 1996, 566). Allerdings ist die Hinzuziehung eines SV nur erforderlich, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte Anlass besteht, an der Testierfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu zweifeln (vgl. BayObLG, FamRZ 1998, 1242, 1243).
 
Die Frage, ob die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war oder nicht, lässt sich nach std. Rspr. in der Regel nur mit Hilfe eines psychiatrischen SV beantworten (vgl. BayObLG, FamRZ 1985, 742, 743; BayObLGZ 1995, 383, 391 = FamRZ 1996, 566). Allerdings ist die Hinzuziehung eines SV nur erforderlich, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte Anlass besteht, an der Testierfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu zweifeln (vgl. BayObLG, FamRZ 1998, 1242, 1243).
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'''[http://www.ra-kotz.de/testierfaehigkeit.htm OLG Celle, Beschluss vom 28.04.2003], 6 W 26/03; FamRZ 2003, 1700 = NJW-RR 2003, 1093  
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''' OLG Celle, Beschluss vom 28.04.2003, 6 W 26/03; FamRZ 2003, 1700 = NJW-RR 2003, 1093  
    
Da die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet, ist ein Erblasser solange als testierfähig anzusehen, als nicht die Testierunfähigkeit zur vollen Gewissheit des Gerichts feststeht. Die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit als eine das Erbrecht vernichtende Tatsache trägt derjenige, der sich auf die darauf beruhende Unwirksamkeit beruft. Bleiben deshalb trotz Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten nicht behebbare Zweifel, so muss von der Testierfähigkeit ausgegangen werden (BayObLG NJW-RR 2002, 1088 = FamRZ 2002, 497; OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 870 f.; 1996, 1159).
 
Da die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet, ist ein Erblasser solange als testierfähig anzusehen, als nicht die Testierunfähigkeit zur vollen Gewissheit des Gerichts feststeht. Die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit als eine das Erbrecht vernichtende Tatsache trägt derjenige, der sich auf die darauf beruhende Unwirksamkeit beruft. Bleiben deshalb trotz Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten nicht behebbare Zweifel, so muss von der Testierfähigkeit ausgegangen werden (BayObLG NJW-RR 2002, 1088 = FamRZ 2002, 497; OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 870 f.; 1996, 1159).
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Veranlasst ein Betreuer einen Testierunfähigen, durch eine letztwillige Verfügung sich selbst oder einen Dritten als Begünstigten einzusetzen, kann hierin - durch Benutzen des Testierenden als undoloses Werkzeug gegen sich selbst - eine Untreue bzw. eine Teilnahme hieran begründet sein.
 
Veranlasst ein Betreuer einen Testierunfähigen, durch eine letztwillige Verfügung sich selbst oder einen Dritten als Begünstigten einzusetzen, kann hierin - durch Benutzen des Testierenden als undoloses Werkzeug gegen sich selbst - eine Untreue bzw. eine Teilnahme hieran begründet sein.
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'''OLG Köln, Beschl. v 12.7.2013, 2 Wx 177/13''', FGPrax 2013, 216 = NJW-RR 2013, 1421 = Rpfleger 2014, 24:
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Die Rückgabe eines in amtlicher Verwahrung genommenen Testaments stellt eine letztwillige Verfügung dar. Sie setzt daher Testierfähigkeit voraus. Ist diese nicht vorhanden, so kann keine Rückgabe erfolgen.
      
'''OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2013 - 3 Wx 98/13''', FGPrax 2014, 70:
 
'''OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2013 - 3 Wx 98/13''', FGPrax 2014, 70:
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# Auch bei nachgewiesener Testierunfähigkeit hat der Erblasser kein eigenes Anfechtungsrecht entsprechend § 2282 II BGB hinsichtlich eigener nicht wechselbezüglicher Verfügungen.  
 
# Auch bei nachgewiesener Testierunfähigkeit hat der Erblasser kein eigenes Anfechtungsrecht entsprechend § 2282 II BGB hinsichtlich eigener nicht wechselbezüglicher Verfügungen.  
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'''BGH, Beschluss vom 24.07.2018, 3 StR 132/18'''
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Zur Vermögensbetreuungspflicht eines Betreuers gegenüber dem Betreuten als Erblasser bei dessen Testierunfähigkeit. Veranlasst ein vermögensfürsorgepflichtiger gesetzlicher Betreuer (§§ 1896 ff. BGB) eine von ihm betreute testierunfähige Person, ihn testamentarisch zu begünstigen, so liegt darin - entgegen dem Beschluss des OLG Celle vom 13. Februar 2013 (1 Ws 54/13, NStZ-RR 2013, 176, 177), an dem sich das Erstgericht augenscheinlich orientiert hat - noch kein Gefährdungsschaden: Solange die betreute Person lebt, ist durch das Testament der Wert ihres Vermögens nicht geschmälert. Dass sie infolge Testierunfähigkeit über ihr Vermögen nicht anderweitig letztwillig verfügen kann, berührt allein ihre Dispositionsfreiheit.
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'''OLG Celle, Urteil vom 07.01.2021, 6 U 22/20'''
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# Zur Feststellung der Testierunfähigkeit eines unter Betreuung stehenden Erblassers.
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# Ungeachtet der nach wie vor fehlenden Wertung des Gesetzgebers, dass Zuwendungen des Betreuten an den Betreuer als sittenwidrig anzusehen sind, kann ein notarielles Testament zugunsten einer [[Berufsbetreuer]]in und eines „Seniorenbetreuers“ sittenwidrig sein, wenn - wie vorliegend - eine Berufsbetreuerin ihre gerichtlich verliehene Stellung und ihren Einfluss auf einen älteren, kranken und alleinstehenden Erblasser dazu benutzt, gezielt auf den leicht beeinflussbaren Erblasser einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, vor einer von ihr herangezogenen Notarin in ihrem Sinne letztwillig zu verfügen.
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# Dass als Folge der Nichtigkeit des Testaments der Fiskus erben wird (§ 1936 S. 1 BGB), verändert den Maßstab bei der Anwendung von § 138 BGB nicht zu Gunsten der eingesetzten Erben.
    
*[http://www.juraforum.de/urteile/begriffe/testierfaehigkeit.html Weitere Rechtsprechungsbeispiele zur Testierunfähigkeit]
 
*[http://www.juraforum.de/urteile/begriffe/testierfaehigkeit.html Weitere Rechtsprechungsbeispiele zur Testierunfähigkeit]
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*[http://www.grin.com/e-book/5302/die-testierunfaehigkeit-von-schreib-und-sprechunfaehigen Fünfeich: Die Testierfähigkeit von Schreib- und Sprechunfähigen (Hausarbeit)]
 
*[http://www.grin.com/e-book/5302/die-testierunfaehigkeit-von-schreib-und-sprechunfaehigen Fünfeich: Die Testierfähigkeit von Schreib- und Sprechunfähigen (Hausarbeit)]
 
* [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3935625456/internetsevon-21 Köhler: Die Auskunftspflicht des Arztes beim Erbprätendentenstreit über die Testierfähigkeit des Erblassers ], 1996, ISBN 3935625456
 
* [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3935625456/internetsevon-21 Köhler: Die Auskunftspflicht des Arztes beim Erbprätendentenstreit über die Testierfähigkeit des Erblassers ], 1996, ISBN 3935625456
*[https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung-und-pflege/erbfall-und-betreuungsrecht/ Roth: Erbfall und Betreuungsrecht, Bundesanzeiger, 2016]
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*[https://shop.reguvis.de/betreuung-und-pflege/erbfall-und-betreuungsrecht/ Roth: Erbfall und Betreuungsrecht, Bundesanzeiger, 2016]
 
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3832955070/internetsevon-21  Schmoeckel: Demenz und Recht: Bestimmung der Geschäfts- und Testierfähigkeit; Nomos-Verlag 2010], ISBN 978-3832955076
 
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3832955070/internetsevon-21  Schmoeckel: Demenz und Recht: Bestimmung der Geschäfts- und Testierfähigkeit; Nomos-Verlag 2010], ISBN 978-3832955076
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*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3170293788/internetsevon-21 Wetterling: Freier Wille und neuropsychiatrische Erkrankungen: Ein Leitfaden zur Begutachtung der Geschäfts- und Testierfähigkeit], ISBN 3170293788
 
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3769411048/internetsevon-21 Zimmermann: Erbrecht und Betreuung; Gieseking-Verlag 2012], ISBN 978-3-7694-1104-1
 
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3769411048/internetsevon-21 Zimmermann: Erbrecht und Betreuung; Gieseking-Verlag 2012], ISBN 978-3-7694-1104-1
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*Hahn: Die Auswirkungen des Betreuungsrechtes auf das Erbrecht; FamRZ 1991, 27
 
*Hahn: Die Auswirkungen des Betreuungsrechtes auf das Erbrecht; FamRZ 1991, 27
 
*Helms: Der Widerruf und die Anfechtung wechselseitiger Verfügungen bei Geschäfts- und Testierunfähigkeit; DNotZ 2003, 104
 
*Helms: Der Widerruf und die Anfechtung wechselseitiger Verfügungen bei Geschäfts- und Testierunfähigkeit; DNotZ 2003, 104
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*Humm: Relative Geschäfts- und Testierunfähigkeit; ZEV 2022, 253
 
*Keim: Zum Widerruf wechselseitiger Verfügungen ggü. dem Bevollmächtigten eines Ehegatten; ZEV 2010, 358
 
*Keim: Zum Widerruf wechselseitiger Verfügungen ggü. dem Bevollmächtigten eines Ehegatten; ZEV 2010, 358
 
*Lange: Beseitigung von letztwilligen Verfügungen durch Betreuer, ZEV 2008, 313
 
*Lange: Beseitigung von letztwilligen Verfügungen durch Betreuer, ZEV 2008, 313
 +
*Losch: Testierfähigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Krankheitsbildes der Demenz und ihrer postmortalen Begutachtung; ZErb 2017, 188
 
*Müller: Zur Wirksamkeit lebzeitiger und letztwilliger Zuwendungen des Betreuten an seinen Betreuer; ZEV 1998, 219
 
*Müller: Zur Wirksamkeit lebzeitiger und letztwilliger Zuwendungen des Betreuten an seinen Betreuer; ZEV 1998, 219
 +
*Reinert, Zur Testierfähigkeit eines unter Betreuung stehenden Erblassers bei bestehender Demenz- und Alzheimererkrankung, ErbR 2021, 487
 
*Schmoeckel: Die Geschäfts- und Testierfähigkeit von Demenzerkrankten, NJW 2016, 433
 
*Schmoeckel: Die Geschäfts- und Testierfähigkeit von Demenzerkrankten, NJW 2016, 433
 
*Wetterling/ Neubauer: Psychiatrische Gesichtspunkte zur Testierfähigkeit Dementer; ZEV 1995, 46
 
*Wetterling/ Neubauer: Psychiatrische Gesichtspunkte zur Testierfähigkeit Dementer; ZEV 1995, 46
 +
* Wetterling, Zur Geschäfts- und Testierfähigkeit bei Depression, ErbR 2022, 285
 
*Widmann: Die Durchsetzung von Bestattungsanordnungen des Verstorbenen im Rahmen der familienrechtlichen Totenfürsorge, FamRZ 1992, 759
 
*Widmann: Die Durchsetzung von Bestattungsanordnungen des Verstorbenen im Rahmen der familienrechtlichen Totenfürsorge, FamRZ 1992, 759
 
*Zimmer: Demenz als Herausforderung für die erbrechtliche Praxis; NJW 2007, 1713
 
*Zimmer: Demenz als Herausforderung für die erbrechtliche Praxis; NJW 2007, 1713
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==Weblinks==
 
==Weblinks==
 
*[http://www.dnoti.de/Report/2002/rep0302.htm#BGB%20%A7%A7%201903,%202064,%202229,%202256,%202259 Gutachten des Deutschen Notarinstitutes zur Rücknahme von Testamenten aus der amtlichen Verwahrung durch Betreuer]
 
*[http://www.dnoti.de/Report/2002/rep0302.htm#BGB%20%A7%A7%201903,%202064,%202229,%202256,%202259 Gutachten des Deutschen Notarinstitutes zur Rücknahme von Testamenten aus der amtlichen Verwahrung durch Betreuer]
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*[https://www.testamentsregister.de/zentrales-testamentsregister/ Zentrales Testamentsregister]
    
==Vorlagen==
 
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