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==Befugnisse des Betreuers bei der Antragstellung==
 
==Befugnisse des Betreuers bei der Antragstellung==
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Ab Vollendung des 16. Lebensjahres hat der Betroffene bei der Ausweisbehörde (üblicherweise Gemeindeverwaltung) den Ausweis zu beantragen (§ 9 Abs. 1 PAuswG) . Die Verletzung dieser Pflicht ist bußgeldbewährt, das Bußgeld beträgt bis zu 5.000 Euro (§ 32 Abs. 1 und 3 PAuswG). Für gesetzliche Vertreter Minderjähriger besteht eine Antragsfrist von 6 Wochen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 PAuswG), diese wird man analog dem Betreuer nach Wirksamkeit der Betreuerbestellung (§ 287 FamFG) zubilligen müssen.
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Ab Vollendung des 16. Lebensjahres hat der Betroffene bei der Ausweisbehörde (üblicherweise Gemeindeverwaltung) den Ausweis zu beantragen (§ 9 Abs. 1 PAuswG) . Die Verletzung dieser Pflicht ist bußgeldbewehrt, das Bußgeld beträgt bis zu 5.000 (§ 32 Abs. 1 und 3 PAuswG). Für gesetzliche Vertreter Minderjähriger besteht eine Antragsfrist von 6 Wochen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 PAuswG), diese wird man analog dem Betreuer nach Wirksamkeit der [[Betreuerbestellung]] (§ 287 FamFG) zubilligen müssen.
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Bei volljährigen Personen, die [[Geschäftsfähigkeit|geschäftsunfähig]] sind, ist nach § 9 Abs. 2 PAuswG der Betreuer zur Antragstellung verpflichtet, wenn die Aufenthaltsbestimmung zu seinem [[Aufgabenkreis]] gehört. Es handelt sich um eine ausschließliche Antragszuständigkeit, sie tritt nicht neben ein weiterbestehendes Antragsrecht des Betreuten. Freilich ist der geschäftsfähige Betreute (auch wenn ein [[Einwilligungsvorbehalt]] besteht) weiterhin antragsberechtigt und –verpflichtet. Allerdings ist hier auch eine Antragstellung durch den Betreuer zulässig (§ 9 Abs. 1 PAuswG).
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Bei volljährigen Personen, die [[Geschäftsfähigkeit|geschäftsunfähig]] sind, ist nach § 9 Abs. 2 PAuswG der Betreuer zur Antragstellung verpflichtet, wenn die [[Aufenthaltsbestimmung]] zu seinem [[Aufgabenkreis]] gehört. Es handelt sich um eine ausschließliche Antragszuständigkeit, sie tritt nicht neben ein weiterbestehendes Antragsrecht des Betreuten. Freilich ist der geschäftsfähige Betreute (auch wenn ein [[Einwilligungsvorbehalt]] besteht) weiterhin antragsberechtigt und –verpflichtet. Allerdings ist hier auch eine Antragstellung durch den Betreuer zulässig (§ 9 Abs. 1 PAuswG).
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Die entscheidende Frage, u.a. wer sich im Falle der unterlassenen Antragstellung ordnungswidrig verhalten hat und wem also das Bußgeld droht, ist die der [[Geschäftsfähigkeit]] des Betreuten. Bekanntlich beeinträchtigt die Betreuerbestellung eine bestehende Geschäftsfähigkeit nicht. Allerdings kann sie gem. § 104 Nr. 2 BGB entfallen, wenn die freie Willensbestimmung krankheitsbedingt nicht gegeben ist. Im Zweifel muss derjenige die Geschäftsunfähigkeit beweisen, der sich darauf beruft. Beabsichtigt die Passbehörde, den Betreuer wegen Nichtantragstellung eines Personalausweises  ein Bußgeld aufzuerlegen, ist sie also beweispflichtig.
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Die entscheidende Frage, u.a. wer sich im Falle der unterlassenen Antragstellung ordnungswidrig verhalten hat und wem also das Bußgeld droht, ist die der [[Geschäftsfähigkeit]] des Betreuten. Bekanntlich beeinträchtigt die [[Betreuerbestellung]] eine bestehende Geschäftsfähigkeit nicht. Allerdings kann sie gem. § 104 Nr. 2 BGB entfallen, wenn die [[freier Wille|freie Willensbestimmung]] krankheitsbedingt nicht gegeben ist. Im Zweifel muss derjenige die Geschäftsunfähigkeit beweisen, der sich darauf beruft. Beabsichtigt die Passbehörde, den Betreuer wegen Nichtantragstellung eines Personalausweises  ein Bußgeld aufzuerlegen, ist sie also beweispflichtig.
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Für den Betreuer sollte folgende Faustregel gelten: Volljährige sind im Normalfall voll geschäftsfähig, Geschäftsunfähigkeit ist auch bei Betreuten die juristische Ausnahme. Eindeutige Fälle der Geschäftsunfähigkeit wie Koma, schwerste Demenz, erfüllen zugleich die Voraussetzungen zur Ausweisbefreiung (siehe unten). Ansonsten sollte der Betreute in den Bestellungsbeschluss des [[Betreuungsgericht]]es gem. § 286 FamFG scheuen, ob die Anordnung der Betreuung auch ohne oder gegen den Willen des Betreuten für zulässig erklärt wurde, weil dieser nach Überzeugung des Betreuungsrichters zur freien Willensbildung nach § 1896 Abs. 1a BGB nicht in der Lage war. Oder ein Einwilligungsvorbehalt wurde nicht angeordnet, weil der Richter eben der Ansicht war, der Betreute sei ohnehin geschäftsunfähig.  
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Für den Betreuer sollte folgende Faustregel gelten: Volljährige sind im Normalfall voll geschäftsfähig, Geschäftsunfähigkeit ist auch bei Betreuten die juristische Ausnahme. Eindeutige Fälle der Geschäftsunfähigkeit wie Koma, schwerste Demenz, erfüllen zugleich die Voraussetzungen zur Ausweisbefreiung (siehe unten). Ansonsten sollte der Betreute in den Bestellungsbeschluss des [[Betreuungsgericht]]es gem. § 286 FamFG scheuen, ob die Anordnung der Betreuung auch ohne oder gegen den Willen des Betreuten für zulässig erklärt wurde, weil dieser nach Überzeugung des [[Betreuungsrichter]]s zur freien Willensbildung nach § 1896 Abs. 1a BGB nicht in der Lage war. Oder ein [[Einwilligungsvorbehalt]] wurde nicht angeordnet, weil der Richter eben der Ansicht war, der Betreute sei ohnehin geschäftsunfähig.  
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Solche Angaben, ebenfalls noch – wenn auch eingeschränkter – vergleichbare Aussagen im [[Sachverständigengutachten]] nach § 280 FamFG sind Indizien. Zwar muss die Passbehörde oder die für das Bußgeld zuständige Gerichtsinstanz nicht zwingend zur gleichen Ansicht kommen; es empfiehlt sich aber bei solchen Fallgestaltungen als Betreuer, es auf die möglicherweise sehr ärgerlichen Folgen nicht ankommen zu lassen, zumal eine Haftpflichtversicherung des Betreuers das Bußgeld nicht übernimmt.  
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Solche Angaben, ebenfalls noch – wenn auch eingeschränkter – vergleichbare Aussagen im [[Sachverständigengutachten]] nach § 280 FamFG sind Indizien. Zwar muss die Passbehörde oder die für das Bußgeld zuständige Gerichtsinstanz nicht zwingend zur gleichen Ansicht kommen; es empfiehlt sich aber bei solchen Fallgestaltungen als Betreuer, es auf die möglicherweise sehr ärgerlichen Folgen nicht ankommen zu lassen, zumal eine [[Haftpflichtversicherung]] des Betreuers das Bußgeld nicht übernimmt.  
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Stellt also der Betreuer einen Antrag auf Erteilung eines Personalausweises (oder eines Reisepasses ), ist er nicht in der Beweispflicht, ob Geschäftsunfähigkeit besteht, da er – einen entsprechenden Aufgabenkreis voraussetzend – in jedem Fall den Antrag stellen darf.
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Stellt also der Betreuer einen Antrag auf Erteilung eines Personalausweises (oder eines Reisepasses), ist er nicht in der Beweispflicht, ob Geschäftsunfähigkeit besteht, da er – einen entsprechenden Aufgabenkreis voraussetzend – in jedem Fall den Antrag stellen darf.
    
==Antragstellung durch Vorsorgebevollmächtigten==
 
==Antragstellung durch Vorsorgebevollmächtigten==
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Besteht eine [[Vorsorgevollmacht]], die entweder öffentlich beglaubigt ist  oder notariell beurkundet wurde (§ 129 BGB), ist der Vollmachtnehmer ebenfalls zur Beantragung eines Personalausweises oder Reisepasses berechtigt. Die Vollmacht muss aber eine solche Beantragung ausdrücklich gestatten, eine Generalvollmacht ist nicht ausreichend .  
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Besteht eine [[Vorsorgevollmacht]], die entweder [[Beglaubigung|öffentlich beglaubigt]] ist  oder notariell beurkundet wurde (§ 129 BGB), ist der Vollmachtnehmer ebenfalls zur Beantragung eines Personalausweises oder Reisepasses berechtigt. Die Vollmacht muss aber eine solche Beantragung ausdrücklich gestatten, eine Generalvollmacht ist nicht ausreichend .  
    
Bei der Vollmacht muss allerdings der Vollmachtgeber handlungs- oder einwilligungsunfähig sein. Der Begriff der Handlungsfähigkeit entspricht der vollen Geschäftsfähigkeit (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Bund). Der Begriff der [[Einwilligungsunfähigkeit]] ist offensichtlich irrtümlich in das Gesetz aufgenommen worden, er findet Gebrauch im Strafrecht (z.B. § 228 StGB) sowie in § 1901a Abs.1  BGB bezüglich der Wirksamkeit von [[Patientenverfügung]]en, ist im verwaltungsrechtlichen Jargon ungebräuchlich und sollte vernachlässigt werden. Ob Geschäfts-/Handlungsunfähigkeit vorliegt, müsste der Bevollmächtigte anlässlich der Antragstellung gegenüber der Passbehörde glaubhaft machen.
 
Bei der Vollmacht muss allerdings der Vollmachtgeber handlungs- oder einwilligungsunfähig sein. Der Begriff der Handlungsfähigkeit entspricht der vollen Geschäftsfähigkeit (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Bund). Der Begriff der [[Einwilligungsunfähigkeit]] ist offensichtlich irrtümlich in das Gesetz aufgenommen worden, er findet Gebrauch im Strafrecht (z.B. § 228 StGB) sowie in § 1901a Abs.1  BGB bezüglich der Wirksamkeit von [[Patientenverfügung]]en, ist im verwaltungsrechtlichen Jargon ungebräuchlich und sollte vernachlässigt werden. Ob Geschäfts-/Handlungsunfähigkeit vorliegt, müsste der Bevollmächtigte anlässlich der Antragstellung gegenüber der Passbehörde glaubhaft machen.
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Als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem angeführten Personenkreis gleichzustellen sind. Ob eine dieser Voraussetzungen vorliegt, müsste durch Vorlage des entsprechenden Schwerbehindertenausweises, des Schwerbehindertenbescheides oder, falls vorgenanntes nicht vorliegt, ärztliches Attest glaubhaft gemacht werden.
 
Als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem angeführten Personenkreis gleichzustellen sind. Ob eine dieser Voraussetzungen vorliegt, müsste durch Vorlage des entsprechenden Schwerbehindertenausweises, des Schwerbehindertenbescheides oder, falls vorgenanntes nicht vorliegt, ärztliches Attest glaubhaft gemacht werden.
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==Videos und Podcasts==
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*[https://youtu.be/H9SdHI_1CyI Youtube-Video (Betreuerschmiede) zum Ausweisrecht]
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==Literatur==
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*Deinert: Der Betreuer im Ausweis-, Pass- und Melderecht, BtPrax 2011, 57
 
[[Kategorie:Betreuerpflichten]]
 
[[Kategorie:Betreuerpflichten]]
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==Formulare==
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*[https://www.kommunenonline.de/jfs/findform?shortname=anz_j_befrei_ausweis&formtecid=2&areashortname=jena Musterantrag Befreiung von der Ausweispflicht (PDF)]

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