Natürlicher Wille

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Der natürliche Wille ist der Wille, der in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit gefasst wird.

Die Unterscheidung zwischen freiem und natürlichem Willen ist insbesondere im Betreuungsrecht wichtig, da ein Betreuer nicht gegen den freien Willen eines Volljährigen bestellt werden darf (§ 1896 Abs. 1a BGB). Durch das Fehlen eines freien Willens ist der Mensch weder geschäfts- noch einwilligungsfähig. Der natürliche Wille ist aber keinesfalls bedeutungslos.

Das Grundrecht auf ein selbstbestimmtes Leben (Art. 2 Absatz 1 GG) darf durch den Betreuer nur nach dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit verletzt werden. Auch die Auswahl des Betreuers hat sich nach dem natürlichen Willen des Betreuten zu richten.

Der natürliche Wille taucht im Betreuungsrecht noch an anderer Stelle auf, bei den Sterilisationsvoraussetzungen in § 1905 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Eine Sterilisation darf nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nämlich auch dem natürlichen Willen des Betroffenen nicht entgegenstehen.

Rechtsprechung

OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2000 - 15 W 50/00; BtPrax 2000,168 (mit Anm. Hoffmann S. 2357 und Pöld-Krämer S. 237) = FamRZ 2001,314 = FGPrax 2000,107 = NJW 2001,1800 = OLGR 2000,176 = RdLH 2000,139:

  1. Werden die Verfahren auf Bestellung eines Betreuers für die Einwilligung in die Sterilisation und betreuungsgerichtliche Genehmigung der Einwilligung des Betreuers zeitlich eng nacheinander durchgeführt, dann brauchen Verfahrenshandlungen gleichen Inhalts und Zwecks, wie die Bestellung von Sachverständigen und die persönliche Anhörung der Betroffenen, nicht doppelt vorgenommen zu werden.
  2. Die Annahme eines der Sterilisation widersprechenden natürlichen Willens erfordert die Feststellung, dass der Betreute sich gegen die Sterilisation als solche wehrt. Richtet sich der Widerstand des Betroffenen gegen andere Beeinträchtigungen, so müssen die diesen Widerstand hervorrufenden Verhältnisse geändert werden.

LG Freiburg, Beschluss vom 16.05.2012, 4 T 93/12:

Eine Unterbringung zur Heilbehandlung kann auch dann genehmigt werden, wenn sie allein darauf gerichtet ist, die Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchzusetzen.