Natürlicher Wille: Unterschied zwischen den Versionen

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*[https://dl.dropboxusercontent.com/u/3487273/Kr%C3%BCger%20Nat%C3%BCrlicher%20Wille.pdf Michael Krüger: NATUR IM RECHT? Zum Umgang mit dem Widerspruch eines „natürlichen Willens" (PDF)]
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*[http://www.betreuungen-krueger.de Michael Krüger: NATUR IM RECHT? Zum Umgang mit dem Widerspruch eines „natürlichen Willens" (PDF)]
  
  
 
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Version vom 22. April 2020, 11:26 Uhr

Der natürliche Wille ist der Wille, der in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit gefasst wird.

Die Unterscheidung zwischen freiem und natürlichem Willen ist insbesondere im Betreuungsrecht wichtig, da ein Betreuer nicht gegen den freien Willen eines Volljährigen bestellt werden darf (§ 1896 Abs. 1a BGB). Durch das Fehlen eines freien Willens ist der Mensch weder geschäfts- noch einwilligungsfähig. Der natürliche Wille ist aber keinesfalls bedeutungslos.

Das Grundrecht auf ein selbstbestimmtes Leben (Art. 2 Absatz 1 GG) darf durch den Betreuer nur nach dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit verletzt werden. Auch die Auswahl des Betreuers hat sich nach dem natürlichen Willen des Betreuten zu richten.

Der natürliche Wille taucht im Betreuungsrecht noch an anderer Stelle auf, bei den Sterilisationsvoraussetzungen in § 1905 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Eine Sterilisation darf nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nämlich auch dem natürlichen Willen des Betroffenen nicht entgegenstehen.

Rechtsprechung

OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2000 - 15 W 50/00; BtPrax 2000,168 (mit Anm. Hoffmann S. 2357 und Pöld-Krämer S. 237) = FamRZ 2001,314 = FGPrax 2000,107 = NJW 2001,1800 = OLGR 2000,176 = RdLH 2000,139:

  1. Werden die Verfahren auf Bestellung eines Betreuers für die Einwilligung in die Sterilisation und betreuungsgerichtliche Genehmigung der Einwilligung des Betreuers zeitlich eng nacheinander durchgeführt, dann brauchen Verfahrenshandlungen gleichen Inhalts und Zwecks, wie die Bestellung von Sachverständigen und die persönliche Anhörung der Betroffenen, nicht doppelt vorgenommen zu werden.
  2. Die Annahme eines der Sterilisation widersprechenden natürlichen Willens erfordert die Feststellung, dass der Betreute sich gegen die Sterilisation als solche wehrt. Richtet sich der Widerstand des Betroffenen gegen andere Beeinträchtigungen, so müssen die diesen Widerstand hervorrufenden Verhältnisse geändert werden.

LG Freiburg, Beschluss vom 16.05.2012, 4 T 93/12:

Eine Unterbringung zur Heilbehandlung kann auch dann genehmigt werden, wenn sie allein darauf gerichtet ist, die Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchzusetzen.

BGH, Beschluss vom 08.08.2012, XII ZB 671/11:

  1. Da die Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung mangels gesetzlicher Grundlage nicht genehmigungsfähig ist, kommt die Genehmigung einer entsprechenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht in Betracht, wenn die Heilbehandlung wegen der Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht durchgeführt werden kann (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 und XII ZB 130/12 - jeweils juris).
  2. Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt allerdings noch in den Fällen in Betracht, in denen nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen wird, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht und er die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 166, 141, 152 = FamRZ 2006, 615, 618).

BGH, Beschluss vom 07. 08.2013, XII ZB 223/13:

Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen ist nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 28. September 2011 XII ZB 16/11 FamRZ 2011, 1866 und vom 4. August 2010 XII ZB 167/10 FamRZ 2010, 1648). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die beabsichtigte Entscheidung dem natürlichen Willen des Betroffenen entspricht.

LG Lübeck, Beschluss vom 09.07.2014, 7 T 398/14

Auch vor jeder erneuten oder verlängerten ärztlichen Zwangsmaßnahme ist nochmals darauf hinzuwirken, dass der Betroffene seinen natürlichen Willen so ändert, dass dieser sich nicht (mehr) gegen die Maßnahme richtet.

Literatur

Bücher

Zeitschriftenbeiträge

Weblinks