Jahresbericht
Achtung: diese Seite ist bezüglich der Paragraphen an die Rechtslage ab 1.1.23 angepasst; die inhaltliche Überarbeitung ist noch nicht vollständig erfolgt.
Die jährliche Berichterstattung
Der Betreuer hat dem Betreuungsgericht mindestens einmal jährlich in einem Jahresbericht über die Führung der Betreuung zu berichten (§ 1863 Abs. 3 BGB). Wurde der Betreuer für den Aufgabenbereich Vermögenssorge bestellt, erfolgt i.d.R. die Einreichung der jährlichen Rechnungslegung und/oder Selbstverwaltungserklärung zusammen mit dem Jahresbericht.
Der Jahresbericht knüpft an den Anfangsbericht oder den letzten Jahresbericht an. Der Betreuer hat die folgenden inhaltlichen Anforderungen nach § 1863 Abs. 3 BGB bei der Erstellung des Jahresberichtes zu beachten:
- Art, Umfang und Anlass der persönlichen Kontakte zum Betreuten und der persönliche Eindruck vom Betreuten,
- Umsetzung der bisherigen Betreuungsziele und Darstellung der bereits durchgeführten und beabsichtigten Maßnahmen, insbesondere solcher gegen den Willen des Betreuten,
- Gründe für die weitere Erforderlichkeit der Betreuung und des Einwilligungsvorbehalts, insbesondere auch hinsichtlich des Umfangs,
- bei einer beruflich geführten Betreuung die Mitteilung, ob die Betreuung zukünftig ehrenamtlich geführt werden kann, und
- die Sichtweise des Betreuten zu den Sachverhalten nach den Nummern 1 bis 4.
Der Jahresbericht muss vom Betreuer mit dem Betreuten adressatengerecht besprochen werden, um die Sichtweise des Betroffenen zu ermitteln und nach Nr. 5 im Jahresbericht mit aufzunehmen. Von der Besprechung kann abgesehen werden, wenn dadurch erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu erwarten sind oder der Betroffene offensichtlich nicht in der Lage ist den Inhalt zu verstehen. Dies wäre im Jahresbericht z.B. mit dem Krankheitsbild zu begründen.
Mustervorlagen für die Berichterstattung
Einige Gerichte stellen Vordrucke zur Verfügung. Die LAG Hamburg (Landesarbeitsgemeinschaft Betreuungsgesetz Hamburg) empfiehlt z.B. die Hamburger Mustergliederung (weitere Vorlagen siehe Weblinks unten). Der Betreuer ist nicht an die Nutzung einer dieser Vorlagen gebunden. Er kann in Ausnahmefällen den Bericht auch persönlich beim Gericht (zur Niederschrift) erstatten.
Bei ehrenamtlichen Betreuern wird meist zugleich mit dem Jahresbericht und der Rechnungslegung die Auszahlung der Aufwandspauschale beantragt.
Verletzung der Berichtspflichten
Eine einmalige Verletzung der Berichtspflichten (s.o.) rechtfertigt noch keine Entlassung des Betreuers, bei nachhaltiger Verletzung dieser Pflichten ist jedoch ein Grund für die Entlassung des Betreuers gegeben (BayObLG BtPrax 1996, 67/69 = FamRZ 1996, 509 = Rpfleger 1996, 244 = BtE 1994/95, 142 = Report BayObLG 1996, 11; BayObLG NJWE-FER 1998, 273; BayObLG NJWE-FER 2000, 180 = BtPrax 2000, 123; BayObLG NJWE-FER 2000, 11 = FamRZ 2000, 514; OLG Köln FamRZ 1999, 1169).
Eine Betreuerentlassung kommt z.B. dann in Betracht, wenn dieser mit der rechtlichen Beurteilung von Verträgen überfordert ist, eindeutige gerichtliche Hinweise mißversteht und nicht in der Lage ist, ein aussagekräftiges Vermögensverzeichnis zu erstellen: BayObLG FamRZ 2000, 514.
Siehe auch
Berichterstattung, Anfangsbericht, Schlussbericht, Vermögenssorge, Rechnungslegung, Schlussrechnungslegung
Rechtsprechung
BayObLG, Beschl v 25.02.2004 , 3Z BR 9/04, FamRZ 2004, 1323 (Ls.):
Anforderungen an die Entlassung eines Betreuers wegen mangelnder Eignung; Pflicht zur Erschöpfung sämlicher möglicher Aufsichtsmaßnahmen bis hin zur Festsetzung von Zwangsgeld; Wiederholte Verstöße gegen die Berichtspflicht wie auch gegen die Nichterstellung eines geeigneten Vermögensverzeichnisses; Gefährdung des Wohles des Betroffenen als maßgebliches Kriterium für eine Entlassungsentscheidung
BayObLG, Beschluss vom 27. Januar 2021 – 1 VA 37/20
Zum Datenschutz bei Übersendung des Jahresberichts an den Sozialhilfeträger im Wege der Amtshilfe
- Ersucht ein Sozialhilfeträger, der dem Betroffenen eines Betreuungsverfahrens Sozialhilfe gewährt, um Amtshilfe durch Übersendung des Jahresberichts, so bedarf es wegen des Gesetzesvorbehalts für Grundrechtseingriffe einer einfachgesetzlichen Vorschrift sowohl für das Amtshilfeersuchen des Trägers der Sozialhilfe als auch für eine dem Ersuchen ganz oder teilweise entsprechende Übermittlung des Jahresberichts.
- Eine Befugnis der Justizverwaltung zur Übermittlung des Jahresberichts im Rahmen der Amtshilfe besteht – wenn keine spezialgesetzlichen Bestimmungen einschlägig sind – im Rahmen der durch die maßgeblichen datenschutzrechtlichen Vorschriften gezogenen Grenzen.
- Gemäß Art. 5 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BayDSG trägt die ersuchende öffentliche Stelle die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung, während der ersuchten Stelle regelmäßig lediglich die Prüfung obliegt, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt.
- Die ersuchte Justizbehörde ist jedoch gemäß Art. 5 Abs. 4 Satz 3 BayDSG verpflichtet, selbst in die Prüfung der materiellen Zulässigkeit der Übersendung des Jahresberichts einzutreten, wenn ein besonderer Prüfungsanlass gegeben ist.
- Ein besonderer Prüfungsanlass in diesem Sinne besteht mit Blick auf die Sensibilität der im Jahresbericht üblicherweise enthaltenen Angaben, zu denen insbesondere Gesundheitsdaten zählen, regelmäßig bereits wegen des Gewichts eines mit der Übermittlung verbundenen Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten.
LG Hamburg, Beschluss vom 16.05.2022, 301 T 114/22
Zur Aufhebung einer Zwangsgeldandrohung und zum Umfang des Berichts über die persönlichen Verhältnisse einer demenzkranken Heimbewohnerin nach § 1868 Abs. 1 ivm. § 1863 Abs. 3 Nr. 1 BGB, wenn der Betreuer aufgrund von Kontaktbeschränkungen wegen der sog. Corona-Pandemie seine Betreute nicht besuchen und sich keinen Eindruck von den persönlichen Verhältnissen machen konnte.
Literatur
- Bittler u.a.: Formulare für Betreuer
- Bienwald: Eine vergessene Regelung zur Eignung einer Person als rechtlicher Betreuer; Rechtspfleger-Stud 2016, 93
- Thielke: Anfangsbericht - Anfangsgespräch - Jahresbericht - Schlussbericht; BtPrax 2022, 39