Genehmigungspflichten
Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen des Betreuers im Überblick
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Systematischer Überblick
Die Genehmigungsvorbehalte finden sich in folgenden Vorschriften (insbes. des BGB):
- Im Eherecht: § 1411 (Ehevertrag), § 1484 Abs. 2 (Ablehnung der Fortsetzung der Gütergemeinschaft), § 1491 Abs. 3 (Verzicht auf Gesamtgutsanteil), § 1492 Abs. 3 (Aufhebung der Gütergemeinschaft), § 607 Abs. 2 ZPO (Eheaufhebungs- oder Ehescheidungsklage)
- Im Kindschaftsrecht: § 1596, 1597, 1599 (Vaterschaftsanerkennung und Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung)
- Im Namensrecht: Änderung des Familiennamens ((§ 2 NamensändG)
- In der Gesundheitssorge: § 1904 (gefährliche Heilbehandlung), § 1905 (Sterilisation), § 6 Kastrationsgesetz (Kastration)
- Bei der Aufenthaltsbestimmung: § 1906 Abs. 1 (Freiheitsentziehung), § 1906 Abs. 4 (unterbringungsähnliche Maßnahmen)
- Bei Wohnungsangelegenheiten: § 1907 Abs. 1 (Wohnungskündigung, Mietvertragsauflösung), § 1907 Abs. 3 (Abschluss von Miet- und Pachtverträgen)
- Bei Pachtverträgen: § 1822 Nr. 4 (Landgut und Gewerbebetrieb)
- Im Bereich der Geldanlage: § 1803 Abs. 2 BGB (Abweichen von den Anordnungen des Schenkers oder Erblassers), § 1809 BGB (Sperrvermerk bei Geldanlage), § 1810 (regelmäßige Geldanlage in mündelsicherer Form nach § 1807), § 1811 BGB (andersartige Anlage), § 1812 (Verfügung über angelegtes Geld), § 1814 (Hinterlegung von Inhaberpapieren), §§ 1815/1820 (Umschreibung von Inhaberpapieren), § 1816 (Sperrung von Buchforderungen), §§ 1818/1819 (Hinterlegung von Wertpapieren),
- Bei Grundstückangelegenheiten und eingetragenen Schiffen: § 1821 (Grundstücks- und Schiffsgeschäfte) Online-Kommentar zu § 1821 BGB - Genehmigungen bei Grundstücksgschäften - Jusline
- Bei Verfügungen über das gesamte Vermögen: § 1822 Nr. 1
- Bei Erbschaftsangelegenheiten: § 1822 Nr. 1, 2 (Verfügung und Ausschlagung von Erbansprüchen, Vermächtnissen, Pflichtteilen, Erbteilungsverträge)
- Bei Erwerbsgeschäften: § 1822 Nr. 3 (Erwerb und Veräußerung), § 1823 (Beginn und Beendigung)
- Bei der Berufsausübung: § 1822 Nr. 6 (Ausbildungsvertrag), § 1822 Nr. 7 (Dienst- und Arbeitsvertrag)
- Bei Schuldverpflichtungen: § 1822 Nr. 8 (Kreditaufnahme), § 1822 Nr. 9 (Schuldverschreibung), § 1822 Nr. 10 (Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaftserteilung)
- Bei Vollmachtserteilung: § 1822 Nr. 11 (Prokura)
- Bei Vergleichen und Schiedsverträgen: § 1822 Nr. 12 (Ausnahme: Wert unter 3.000 Euro oder auf gerichtlichen Vorschlag)
- Bei Rechtsgeschäften, die Sicherheiten aufheben: § 1822 Nr. 13
Überlassung von Gegenständen an den Betreuten: § 1824 (soweit deren Verkauf genehmigungspflichtig wäre)
- Bei Schenkungen: § 1908 (Ausstattung aus dem Vermögen).
Von größerer praktischer Bedeutung ist neben den Bestimmungen aus der Personensorge vor allem § 1822 BGB.
Genehmigungspflichtige Geschäfte, die ohne vorherige Einwilligung des Gerichtes abgeschlossen werden, sind schwebend unwirksam. Ihre Wirksamkeit hängt von der nachträglichen Genehmigung des Gerichtes ab (§ 1828 - § 1831 i.V.m. 1908i BGB).
Nicht genehmigungspflichtige Vorgänge sind z.B.
- Erteilung einer Vollmacht (aber Vorsicht bei der Auswahl des Bevollmächtigten)
- Umwandlung einer Buchgrundschuld in eine Briefgrundschuld
- Berichtigungsbewilligung (z.B. für falsche Grundbucheintragung)
- Auflösung einer GmbH
- Schenkung eines unbelasteten Grundstücks an den Betreuten
- Anfechtung der Vaterschaft (Änderung durch Kindschaftsreform seit 1.7.1998)
- Abschluss von Bestattungs- und Grabpflegeverträgen
- Vornahme erlaubter Sittlichkeitsschenkungen im Namen des Betreuten
Streitig ist derzeit
ob z.B.:
- Änderung eines Gesellschaftsvertrags
- Beteiligung als stiller Gesellschafter an Handelsgewerbe
- Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte sind.
Im Zweifel daher Genehmigung beantragen!
Eine vg. Genehmigung zwingt den Betreuer nicht, er bleibt weiter selbst für die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen verantwortlich, er erhält lediglich eine Erlaubnis zu einem bestimmten Tun. Die Genehmigung entbindet auch nicht von der Haftung für Schäden.
Vorherige oder nachträgliche Genehmigung?
Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen sollen grundsätzlich VOR einer genehmigungspflichtigen Rechtshandlungen eingeholt werden. Eine Vorgenehmigung ist nach § 1831 BGB immer dann zwingend erforderlich, wenn der Betreuer ein einseitiges Rechtsgeschäft vornimmt; bei Verträgen kann die Genehmigung vorher eingeholt werden (dann ist der Vertrag sofort wirksam) oder nachträglich, § 1829 Abs. 1 BGB (dann wird der schwebend unwirksame Vertrag rückwirkend wirksam). Es verbleibt bei der nachträglichen Genehmigung das Risiko für den Betreuer, dass das Gericht die Genehmigung verweigert.
Kündigt der Betreuer einen Girovertrag (Girokonto) des Betreuten gegenüber der Bank, ist die erforderliche Genehmigung nach § 1812 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 BGB vorher einzuholen, da die Kündigung ein einseitiges Rechtsgeschäft darstellt. Vereinbart der Betreuer mit der Bank die Auflösung des Girovertrags (Aufhebungsvertrag), so kann die Genehmigung auch noch nachträglich eingeholt werden. Gleiches gilt bei Wohnungsangelegenheiten: kündigt der Betreuer den Wohnraummietvertrag nach § 1907 Abs. 1 BGB, ist die Genehmigung vorher einzuholen; bei einem Auflösungsvertrag ist sie auch im Nachhinein möglich.
Auch bei einer freiheitsentziehenden Unterbringung (§ 1906 Abs. 2 BGB) ist die Genehmigung nachträglich möglich, sie sollte aber tunlichst innerhalb von 2 Tagen, also der Frist des Art. 104 GG erfolgen.
Bei einer dringenden genehmigungspflichtigen Heilbehandlung ist hingegen nach § 1904 Abs. 1 BGB der Betreuer dann ausnahmsweise zu einer Erklärung ohne gerichtliche Genehmigung berechtigt, diese ist nicht nachzuholen. Inhaltlich würde so etwas auch keinen Sinn ergeben, da die bereits vollzogene Heilbehandlung ja nicht rückgängig gemacht werden kann.
Bei Sterilisationen ist ausnahmslos die vorherige gerichtliche Genehmigung zulässig (§ 1905 BGB). Hier ist im Anschluss noch eine Wartezeit von 2 Wochen (vor Durchführung der Sterilisation) vorgesehen.
Rechtsprechung
BGH, Urteil v. 7. 10. 1997 - XI ZR 129/96; Rpfleger 1998, 110:
Keine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für Finanzierungsgrundschuld.
§ 1821 I Nr. 1 BGB schützt nur bereits vorhandenes Grundvermögen und findet auf Belastungen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb keine Anwendung. Das gilt auch für Grundschuldbestellungen, durch die Mittel für andere Zwecke als die Kaufpreisfinanzierung beschafft werden sollten.
BayObLG, 3. Zivilsenat, 3Z BR 82/96, Beschluss vom 29. 3. 1996:
1. Der Alleinerbe des Beschwerdeführers ist berechtigt, weitere Beschwerde einzulegen, wenn im Verfahren die Verletzung eines übertragbaren Vermögensrechts geltend gemacht worden war. 2. Ist die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Vertrags über den Verkauf eines Grundstücks des Betreuten wirksam geworden, ist eine Beschwerde gegen die Genehmigung grundsätzlich unzulässig.
BayObLG, Beschluss vom 28. 5. 1997 - 3Z BR 49/97; BtPrax 1997, 199:
Unabänderbarkeit einer vormundschaftlichen Genehmigung nach Wirksamwerden einem Dritten gegenüber.
1. Hat das Landgericht die Beschwerde des Betreuten gegen die vormundschaftsgerichliche Genehmigung eines vom Betreuer abgeschlossenen Rechtsgeschäfts als unzulässig verworfen, weil die Genehmigung einem Dritten gegenüber wirksam geworden ist, erledigt sich die Hauptsache nicht dadurch, daß nach Einlegung der weiteren Beschwerde die Betreuung aufgehoben wird.
2. Eine Bevollmächtigung des beurkundenden Notars durch die Vertragsteile, Genehmigungen für diese entgegenzunehmen, gegenseitig mitzuteilen und diese Mitteilung jeweils in Empfang zu nehmen, ist rechtlich zulässig.
OLG Frankfurt a. M., Beschluß vom 14. 11. 1996 - 20 W 391/96; Rpfleger 1997, 111 = amRZ 1997, 1424:
Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungsbedürftigkeit trotz Genehmigung des Betreuten
Veräußert der Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge kraft der ihm gesetzlich zustehenden Vertretungsmacht ein Grundstück des Betreuten, so bedarf es auch dann der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn der Betreute die Veräußerung genehmigt hat.
OLG Köln, Beschluss vom 31.3.2000 - Az: 19 U 128/99 - Keine Umgehung durch Vollmacht
Auch der geschäftsfähige Betreute kann seinen Betreuer nicht rechtsgeschäftlich bevollmächtigen, Geschäfte im Sinne der §§ 1821, 1822 BGB ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorzunehmen.
BayObLG, Beschluss vom 11.12.2002 - Az: 3Z BR 209/02: Genehmigung eines Grundstückskaufs
Die Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages ist eine Ermessensentscheidung. Maßgebend ist auf das Interesse des Betroffenen abzustellen. Die Genehmigung kann auch schon vor Abschluss des zu genehmigenden Vertrages erteilt werden, wenn der Vertragsinhalt im Wesentlichen feststeht.
LG Münster, Beschluss vom 09.11.2004 - 5 T 1001/04, FamRZ 2005,1860 (mit Anm. Bienwald S. 1861)=RDLH 2005,185-186 (mit Bem. Hellmann S. 186):
Ein Dienstvertrag des Betreuten (vertreten durch einen Ergänzungspfleger) und seinem Betreuer auf unbestimmte Zeit bedarf nicht der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nach § 1907 Abs. 3 BGB.
OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.11.2005, 20 W 231/05
Eine Genehmigung der vom Betreuer ausgesprochenen Wohnraumraumkündigung kommt in Anbetracht des hochrangigen Schutzes der Wohnung erst dann in Betracht, wenn eine Rückkehr in die eigene Wohnung ausgeschlossen erscheint. In Zweifelsfällen bedarf es immer der Einholung eines Sachverständigengutachtens, das sich insbesondere mit der Rückkehrprognose befasst. Regelmäßig ist der Betroffene auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erneut persönlich anzuhören.
LG Stendal, Beschluss vom 18.12.2006, 25 T 211/06:
Im Falle einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung der Wohnungskündigung ist die betreute Person gem. § 69d S. 2 FGG zwingend vorab anzuhören. Die in § 69d S. 3 FGG hierzu eröffnete Ausnahme ist restriktiv zu handhaben. Angesichts der überragenden Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt ist regelmäßig, insbesondere aber im Falle des Absehens von einer Anhörung gemäß § 67 FGG ein Verfahrenspfleger zu bestellen und regelmäßig gemäß § 12 FGG ein fachärztliches Gutachten zur Feststellung des Ausschlusses einer Rückkehr in die Wohnung einzuholen.
Landgericht Wuppertal, Beschluss vom 18.1.2007 - 6 T 38/07:
Auch die Vermietung von Wohnraum des Betreuten ist vom Vormundschaftsgericht zu genehmigen, dies gilt auch für unbefristete Mietverträge
Siehe auch
Genehmigungen von a bis z, Betreuerhaftung, Genehmigung der Heilbehandlung, Unterbringungsverfahren, Wohnungsauflösung
Weblinks
- LG Münster vom 9.11.2004, 5 T 1001/04 - Genehmigung des VormG für Dienstleistungsverträge nicht erforderlich
- Online-Kommentar zu § 1821 BGB - Genehmigungen bei Grundstücksgeschäften - Jusline
Literatur
Bücher
Bücher im Bundesanzeiger-Verlag
- Fiala u.a.: Geldanlagen für Mündel und Betreute Buchrezension , ISBN 3898173992
- Fiala/Stenger: Genehmigungen bei Betreuung und Vormundschaft , ISBN 389172791
- Meier/Neumann: Handbuch Vermögenssorge
Sonstige Bücher
- Kampermann, Das Betreuungsrecht in der Bankpraxis, ISBN 386556139X
- Kerkloh: Das Wohl des Betreuten bei genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften auf dem Gebiet der Vermögungssorge; ISBN 3826552083
- Klingenhöfer: Vermögensverwaltung in Vormundschafts- und Nachlaßsachen, ISBN 3800512319
- Platz: Bankgeschäfte mit Betreuten 2. AUfl., Stuttgart 2006, ISBN 309306502X
- Spanl: Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer Buchrezension , ISBN 3802974484
Zeitschriftenbeiträge
- Bienwald: Von der Schwierigkeit eines Betreuers, Geld seines Betreuten anzulegen; BtPrax 95, 20
- ders.: Zur vormundschaftsger. Genehmigung eines Grundstückserwerbs für den Betreuten; Rpfleger 2000, 435
- Fiala/Müller/Braun: Genehmigungen bei Vormundschaft über Minderjährige, Betreuung und Nachlasspflegschaft; Rpfleger 2002, 389
- Holzhauer: Abhebungen des Betreuers vom Konto des Betreuten unter 5000,--DM immer genehmigungsfrei? BtPrax 1994, 42
- Krauß: Befreiung des Betreuers von der Aufsicht durch das VormG; Zeitschrift f.d.Notariat Baden-Württ. 1995, 20
- Klüsener: Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen nach § 1822 BGB; Rpfleger 1993, 133
- Mayer: Der Anspruch auf vormundschaftsgerichtliche Genehmigung von Rechtsgeschäften; FamRZ 94, 1007
- Wesche: Gerichtliche Genehmigung bei der Geldverwaltung; BtPrax 2004, 49
- Wüstenberg: Die Genehmigungspflicht des Betreuers zur Abhebung oder Überweisung von Beträgen bis 3.000 Euro; Rpfleger 2005, 177
Vordrucke
Geldanlage
Erbschaft
Heilbehandlung
- Antrag auf Genehmigung von Medikamentengabe (Word)
- Anschreiben an Arzt bez. Verschreibung von Medikamenten (Word)
- Antrag Genehmigung Heilbehandlung (Word)
- Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht (PDF)
- Antrag Genehmigung Heilbehandlung (Anwalt Online)
Wohnungsangelegenheiten
- Antrag auf Genehmigung der Wohnungskündigung
- Weiterer Antrag auf Genehmigung der Wohnungskündigung (Word)
Freiheitsentziehung
- Antrag Unterbringungsgenehmigung
- Weiterer Antrag Unterbringungsgenehmigung (Word)
- Antrag unterbringungsähnliche Maßnahmen (PDF)
- Weiterer Antrag unterbringungsähnliche Maßnahme (Word)
Infos zum Haftungsausschluss