Ermessensvergütung

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Ermessensvergütung für ehrenamtliche Betreuer gem. § 1836 Abs. 2 BGB

Wenn der Betreute über Vermögen verfügt (also nicht mittellos ist und der Umfang und die Bedeutung der Betreuungsgeschäfte es rechtfertigen, kann das Betreuungsgericht dem ehrenamtlichen Betreuer gem. § 1836 Abs. 2 BGB für die seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung (aus dem Vermögen des Betreuten) zubilligen.

Bei dieser Regelung handelt es sich um die alte "Ermessensvergütung", die bereits vor 1992 für Vormundschaften galt, nicht um die Vergütung des Berufsvormundes/betreuers nach § 4, § 5 VBVG, bei der ggf. die Staatskasse einzuspringen hat und die nicht im Ermessen des Gerichtes liegt.

Aus der Formulierung in § 1836 Abs. 2 BGB kann geschlossen werden, dass die Zubilligung einer solchen Ermessensvergütung einen Ausnahmefall darstellen soll. Es muss daher, soll die Vergütung in Anspruch genommen werden, die Besonderheit des Einzelfalls herausgestellt werden. Literatur: Palandt/Diederichsen BGB-Kommentar, 52. Aufl. Anm. 1 zu § 1836 BGB

Die Regelungen gelten über § 8 VBVG auch für Behördenbetreuer.

Rechtsprechung:

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Vergütung ehrenamtlicher Betreuer (§ 1836 Abs. 2 BGB)

OLG Hamm ZEV 2002, 466 = FGPrax 2002, 229 = Rpfleger 2002, 518 = FamRZ 2003, 116

Bei der Festsetzung der Vergütung ehrenamtlicher Betreuer (hier bei Nachlasspfleger) ist es ermessensfehlerfrei, die Vergütung nach Zeitaufwand und Schwierigkeit zu bewerten (anstelle nach einem Prozentsatz vom verwalteten Vermögen). Dem Ausnahmecharakter des § 1836 Abs. 2 BGB widerspricht es, dem ehrenamtlichen Betreuer eine höhere Vergütung zu bewilligen, als einem berufsmäßigen Betreuer hätte bewilligt werden dürfen.

BayObLG BayObLGZ 2004, 177 = FamRZ 2004, 1138 = BtPrax 2004, 151 = Rpfleger 2004, 488

Grundsätze für die Vergütungsbemessung eines ehrenamtlichen Betreuers; u.a.: keine höhere Vergütung als bei einem Berufsbetreuer (bezieht sich auf das Vergütungsrecht vor dem 1.7.2005)

FG Rheinland-Pfalz DstRE 2002, 241:

Vergütung ehrenamtlichen Betreuers, der an sich als Freiberufler umsatzsteuerpflichtig ist, ist nur dann steuerfrei, wenn sich die Zahlung lediglich als Auslagenersatz darstellt.

LG Lübeck BtPrax 2004, 156 (bestätigt durch OLG Schleswig):

Kein Anspruch auf eine Sondervergütung nach § 1836 I BGB (a.F., vor 1999) für den Zeitaufwand eines Grundstücksverkaufes.

BayObLG, Beschluss vom 09.07.2004, 3Z BR 82/04, BtPrax 2004, 243 = FamRZ 2005, 390:

  • Auch bei der Vergütung eines ehrenamtlichen Betreuers (§ 1836 Abs. 2 BGB) ist eine weitere Beschwerde nur dann zulässig, wenn das LG diese ausdrücklich zugelassen hat; keine außerordentliche Beschwerdemöglichkeit.

Das LG Kassel, Beschluss 3 T 160/06 vom 10.03.2006, BtPrax 2006, 115 = FamRZ 2006, 1302,

will die §§ 4 und 5 VBVG auch auf die Ermessensvergütung eines ehrenamtlichen Betreuers nach § 1836 Abs. 2 BGB sowohl von der Systematik als auch der Vergütungshöhe angewendet wissen. Es bezieht sich insoweit auf die vor dem VBVG erlassene Rspr. des BayObLG BayObLGZ 2004, 177 = FamRZ 2004, 1138 = BtPrax 2004, 151 = Rpfleger 2004, 488, wonach einem ehrenamtlichen Betreuer grundsätzlich keine höhere Vergütung als einem Berufsbetreuer zustehen kann. Erhält ein ehrenamtlicher Betreuer bereits eine Vergütung im Sinne des § 1836 Abs. 2 BGB, die der eines Berufsbetreuers entspricht, kann für die Anfertigung der Steuererklärung des Betreuten keine höhere Vergütung verlangt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn ansonsten kein umfangreicher Zahlungsverkehr zu organisieren ist.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.03.2007, 11 Wx 74/06 ; BtPrax 2007, 184 = FamRZ 2007, 1270 = NJW-RR 2007, 1084:

Nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) am 01.07.2005 kann die Vergütung des Berufsbetreuers nicht mehr als Kontroll- und Höchstwert der angemessenen Vergütung eines ehrenamtlichen Betreuers angesehen werden. Vielmehr kann letztere die entsprechende Vergütung eines Berufsbetreuers übersteigen. Die angemessene Vergütung für die Führung einer ehrenamtlichen Betreuung richtet sich nach dem Umfang der konkreten Betreuungsgeschäfte. Eine Pauschalisierung durch Stundensätze gem. § 5 Abs. 1 und 2 VBVG erfolgt daher nicht.

LG Kleve, Beschluss vom 25.10.2007, 4 T 237/07, BtPrax 2008, 139:

Im Fall der nicht berufsmäßigen Betreuung kann das Gericht dem Betreuer ausnahmsweise eine angemessene Vergütung bewilligen, wenn der Umfang oder die Schwierigkeit der vormundschaftlichen Geschäfte dies rechtfertigen und der Betroffene nicht mittellos ist. Die Vergütung ist vom Gericht unter Berücksichtigung des Umfangs, der Schwierigkeit und des gegebenenfalls zu schätzenden Zeitaufwandes nach seinem Ermessen festzusetzen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass einem ehrenamtlichen Betreuer keine höhere Vergütung zugebilligt werden kann als einem Berufsbetreuer.

OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 22.05.2008, 20 W 38/08 , FamRZ 2008, 2153 = BtPrax 2008, 275 (Ls) = BtMan 2008, 226 (Ls)

Ehrenamtlicher Betreuer hinsichtlich Ausnahmevergütung mit Berufsvormund vergleichbar: Als Kontroll- oder Höchstwert für die einem ehrenamtlichen Betreuer nach dem Ermessen des Betreuungsgerichts ausnahmsweise zuzubilligende Vergütung kann nicht auf die Vergütung eines entsprechenden Berufsbetreuers zurückgegriffen werden. Die vom Gesetzgeber nach der neuen Rechtslage bewusst geschaffenen Unterschiede bezüglich der Vergütung der Berufsbetreuer und der ehrenamtlichen Betreuer stehen einer weiteren Heranziehung des für die konkrete Betreuung einem Berufsbetreuer hypothetisch zu bewilligenden Betrages für den ehrenamtlichen Betreuer nunmehr entgegen. Es kommt jedoch die Vergütung des Berufsvormundes in Betracht (ähnlich auch LG München II, Beschluss vom 28.1.2008, 6 T 39/08; FamRZ 2008, 1118 = BtMan 2008, 165 (Ls); OLG München, Beschluss vom 09.07.2008, 33 Wx 119/07, BtMan 2008, 227 (Ls) = BtPrax 2009, 32 = FamRZ 2009, 78).

OLG Köln, Beschluss vom 30.06.2008, 16 Wx 263/07 , BtPrax 2008, 271 = FGPrax 2008, 246 = FamRZ 2009, 76 = NJOZ 2008, 3698:

Hoher Vergütungsanspruch eines ehrenamtlichen Betreuers für umfangreiche Verwaltung in- und ausländischer Immobilien des Betreuten:

Der Vergütungsanspruch eines ehrenamtlichen Betreuers in Höhe von EUR 14.000,00 ist angemessen, wenn er über einen Zeitraum von acht Monaten vielfältige Tätigkeiten bezüglich der Verwaltung mehrerer in- und ausländischer Immobilien des Betreuten ausgeübt hat und die Betreuung wegen der Persönlichkeit des Betreuten und seiner privaten Situation anspruchsvoll war.

LG Kassel, Beschluss vom 10.07.2009, 3 T 783/08, BtMan 2009, 221 (LS) = NJOZ 2009, 4520:

Die dem Behördenbetreuer nach § 8 VBVG i.V.m. § 1836 Absatz 2 BGB zu gewährende Vergütung darf nicht höher sein als die Vergütung, die ein Berufsbetreuer beanspruchen könnte.

Literatur