Erbausschlagung

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Ausschlagung der Erbschaft

Der Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge vertritt den Betreuten auch in erbrechtlichen Fragen. Allerdings kann die Geltendmachung von Erbansprüchen auch als separater Aufgabenkreis festgelegt werden.

Anders als bei Verträgen kommt die Erbschaft (auch) durch stillschweigende Zustimmung zustande. Das heißt, man wird Erbe, auch ohne dass man es ausdrücklich irgendwo erklärt. In diesem Fall erhält man nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern muss auch für die Schulden aufkommen. Zu dem Vermögen gehören alle Gegenstände, Wertpapiere, Konten, die auf den Namen des Erblassers lauten.

Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen die Bestattungskosten, aber auch alle sonstigen Schulden, die der Erblasser an seinem Todestag hat (Kredite, Unterhaltsrückstände, Kontoüberziehung usw.)

Will man die (offenkundig überschuldete) Erbschaft NICHT antreten, muss man dies ausdrücklich beim Nachlassgericht zu Protokoll geben. Diese Erbausschlagung muss innerhalb von 6 Wochen (ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft) abgegeben werden (§ 1944 BGB)! Es ist zwingend erforderlich, die Ausschlagungserklärung persönlich beim Nachlassgericht zu Protokoll zu geben. Alternativ ist eine öffentlich (von einem Notar) beglaubigte schriftliche Erklärung möglich.

Der Betreuer benötigt hierzu die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung (§ 1822 BGB). Die Zeit, die das VormG benötigt, um über den Antrag auf vormg. Genehmigung zu entscheiden, wird der 6-Wochenfrist nicht zugerechnet. Vielmehr ist der Fristablauf während dieser Zeit gehemmt (allgemeine Meinung, vgl. zuletzt BayObLG BtPrax 1998, 76. Die Hemmung der Frist beginnt mit dem Eingang des Antrags bei Gericht und endet mit der Wirksamkeit der Genehmigungserteilung (Bekanntmachung an Betreuer), denn das Genehmigungsverfahren führt zur vollständigen Vertretungsmacht des Betreuers (als Vertreter des Erben) und liegt außerhalb des Einflussbereichs des Betreuers (höhere Gewalt); die Hemmungswirkung ergibt sich aus § 209 BGB.

In der Regel wird der Betreuer durch Erklärung vor dem Nachlassgericht die Erbschaft für den Betreuten ausschlagen, § 1945 Abs. 1 BGB, und zwar innerhalb der Sechswochenfrist des § 1944 Abs. 1 BGB. Anschließend beantragt der die Genehmigung und hemmt den Weiterlauf der Ausschlagungsfrist bis zur Bekanntmachung an ihn. Innerhalb der Restfrist muss er die Genehmigung dem Nachlassgericht mitteilen (vorlegen). Zum Teil werden hier andere Ansichten vertreten, siehe Sonnenfeld/Zorn in Rpfleger 2004, 536.

Fraglich könnte sein, ob es für § 1944 Abs. 2 S. 3 iVm § 206 BGB ausreicht, wenn der Betreuer die Genehmigung beantragt und dies dem Nachlassgericht mitteilt, ohne dass er zunächst die Ausschlagung erklärt, diese aber dann noch innerhalb der Restfrist nachholt, wenn er die Genehmigung erhalten hat.

Einem rechtsunkundigen Betreuer wurde zugebilligt, sich für Angelegenheiten der Erbschaftsfragen entlassen zu lassen. Der Entlassungsantrag während der 6wöchigen Ausschlagungsfrist wurde als Unterbrechungsgrund für die Frist angesehen (BayObLG BtPrax 1998, 76).

Tauchen nach der Erbausschlagung noch bisher unbekannte Vermögenswerte, dann kann die Erbausschlagung innerhalb von 6 Wochen ab Bekannt werden der Gründe angefochten und somit die Erbschaft angetreten werden (§ 1954 BGB). Auch diese Erklärung muss gegenüber dem Nachlassgericht (persönlich oder via notariell beglaubigter Erklärung) erfolgen.

Rechtsprechung

OLG Stuttgart, Beschluss v. 25.06.2001 – 8 W 494/99, BtPrax 2001, 255 = NJW 2001, 3484:

Zur Ausschlagung einer Erbschaft: Die Ausschlagung eines Erbteils, der einem Betreuten angefallen ist, durch den Betreuer kann vom Vormundschaftsgericht in der Regel nicht genehmigt werden (§§ 1908i, 1822 Nr. 2, 1942 ff BGB). Dies gilt insbesondere, wenn dadurch ein Zugriff des Sozialhilfeträgers verhindert wird:

Folgender Fall lag der obigen Entscheidung zugrunde: Die psychisch kranke Betreute und ihr gesunder Bruder waren von einem ledig verstorbenen Onkel zu Erben eingesetzt worden. Die Betreute lebt in einer beschützenden Einrichtung; die Kosten des Aufenthalts trägt der Sozialhilfeträger. Der Betreuer wollte die Erbschaft der Betreuten ausschlagen, so dass deren Bruder Alleinerbe würde. Dafür hat der Bruder sich verpflichtet, seiner Schwester, also der Betreuten "solche Zuwendungen als Gegenleistung zu erbringen, auf die der Sozialhilfeträger nicht zugreifen kann und die auch vom Sozialhilfeträger nicht erbracht werden. Diese Zuwendungen werden nicht limitiert". Das Vormundschaftsgericht verweigerte die Genehmigung der Ausschlagung durch den Betreuer; diese Entscheidung wurde vom LG und vom OLG bestätigt. Zur Begründung führte das OLG insbesondere aus: Mit der Aufgabe des Betreuers im Fall der Vermögenssorge sei die Ausschlagung einer Erbschaft regelmäßig schon deshalb unvereinbar, weil damit ein Vermögenserwerb des Betreuten rückgängig gemacht werde. Im vorliegenden Fall sei die Ausschlagung sittenwidrig und damit gem. § 138 BGB nichtig, weil sie zu absehbar zu Lasten des Sozialhilfeträgers gehe.

Die obige Entscheidung bezieht sich ausdrücklich auf nicht überschuldete Nachlässe. Ist der Nachlass jedoch eindeutig überschuldet, ist eine Ausschlagung der Erbschaft die erste Wahl für den Betreuer.

Siehe auch

Weblinks

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