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Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen die Bestattungskosten (§ 1968 BGB), aber auch alle sonstigen Schulden, die der Erblasser an seinem Todestag hat (Kredite, Unterhaltsrückstände, Kontoüberziehung usw.)
 
Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen die Bestattungskosten (§ 1968 BGB), aber auch alle sonstigen Schulden, die der Erblasser an seinem Todestag hat (Kredite, Unterhaltsrückstände, Kontoüberziehung usw.)
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==Erforderlicher Aufgabenkreis des Betreuers==
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==Erforderlicher Aufgabenbereich des Betreuers==
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Der Betreuer mit dem [[Aufgabenkreis]] [[Vermögenssorge]] vertritt den Betreuten auch in [[Erbschaft|erbrechtlichen Fragen]]. Allerdings kann die Geltendmachung von Erbansprüchen auch als separater Aufgabenkreis festgelegt werden. Ob und inwieweit die Angelegenheit "Ausschlagung einer dem Betreuten angefallenen Erbschaft" von dem einen oder anderen Aufgabenkreis des Betreuers gedeckt wird, ist bislang noch nicht vertieft erörtert bzw. ausdrücklich gerichtlich entschieden worden. Von daher ist eine gewisse Rechtsunsicherheit gegeben. Hierzu der BGH:
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Der Betreuer mit dem [[Aufgabenkreis]] [[Vermögenssorge]] vertritt den Betreuten auch in [[Erbschaft|erbrechtlichen Fragen]]. Allerdings kann die Geltendmachung von Erbansprüchen auch als separater Aufgabenbereich festgelegt werden. Ob und inwieweit die Angelegenheit "Ausschlagung einer dem Betreuten angefallenen Erbschaft" von dem einen oder anderen Aufgabenbereich des Betreuers gedeckt wird, ist bislang noch nicht vertieft erörtert bzw. ausdrücklich gerichtlich entschieden worden. Von daher ist eine gewisse Rechtsunsicherheit gegeben. Hierzu der BGH:
    
'''BGH Beschl v 29.6.2016; XII ZB 300/15'''; FamRZ 2016, 1660 = NJW 2016, 3032 = MDR 2016, 1149 = Rpfleger 2016, 735
 
'''BGH Beschl v 29.6.2016; XII ZB 300/15'''; FamRZ 2016, 1660 = NJW 2016, 3032 = MDR 2016, 1149 = Rpfleger 2016, 735
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Die Ausschlagung einer dem Betreuten angefallenen Erbschaft soll nach Auffassung der Literatur keine rein vermögensrechtliche Angelegenheit darstellen. Vielmehr müsse der Aufgabenkreis ggf. in gebotener Eile auf die Angelegenheit "Entscheidung über die Ausschlagung der Erbschaft" erweitert werden (so Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 1999, § 1896 BGB Rn. 215, S. 155; MünchKomm-Schwab, § 1896 BGB Rn. 103; Palandt/Diederichsen, § 1896 BGB Rn. 20).
 
Die Ausschlagung einer dem Betreuten angefallenen Erbschaft soll nach Auffassung der Literatur keine rein vermögensrechtliche Angelegenheit darstellen. Vielmehr müsse der Aufgabenkreis ggf. in gebotener Eile auf die Angelegenheit "Entscheidung über die Ausschlagung der Erbschaft" erweitert werden (so Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 1999, § 1896 BGB Rn. 215, S. 155; MünchKomm-Schwab, § 1896 BGB Rn. 103; Palandt/Diederichsen, § 1896 BGB Rn. 20).
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Diese Rechtsansicht ist u. E. allerdings widersprüchlich, da die zitierten Autoren zum Teil – wie dargelegt – davon ausgehen, dass die Entscheidung über die Erbschaftsannahme vom Aufgabenkreis "Vermögenssorge" erfasst werde. Im Ergebnis ist die Rechtsansicht auch wenig überzeugend, weil es sich bei der Entscheidung über die Annahme oder die Ausschlagung einer dem Betreuten angefallenen Erbschaft letztlich um dieselbe Angelegenheit handelt, die – je nachdem, zu welchem Ergebnis der Entscheidungsprozess gelangt ist – rechtlich nicht unterschiedlich qualifiziert werden kann. Außerdem handelt es sich bei der Erbausschlagung inhaltlich auch ohne weiteres primär um eine Angelegenheit, die die Verwaltung bzw. Mehrung des Vermögens des Betreuten betrifft. Schließlich erfordert das Gesetz bei der Ausschlagung der Erbschaft auch keine ausdrückliche Übertragung des Aufgabenkreises zur Begründung einer entsprechenden Vertretungsmacht, wie dies beispielsweise in § 1896 Abs. 4 BGB im Hinblick auf die [[Postkontrolle|Kontrolle des Post- und Fernmeldeverkehrs]] des Betreuten oder gem. § 1899 Abs. 2 BGB im Hinblick auf eine [[Sterilisation]] des Betreuten der Fall ist.
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Diese Rechtsansicht ist u. E. allerdings widersprüchlich, da die zitierten Autoren zum Teil – wie dargelegt – davon ausgehen, dass die Entscheidung über die Erbschaftsannahme vom Aufgabenbereich  "Vermögenssorge" erfasst werde. Im Ergebnis ist die Rechtsansicht auch wenig überzeugend, weil es sich bei der Entscheidung über die Annahme oder die Ausschlagung einer dem Betreuten angefallenen Erbschaft letztlich um dieselbe Angelegenheit handelt, die – je nachdem, zu welchem Ergebnis der Entscheidungsprozess gelangt ist – rechtlich nicht unterschiedlich qualifiziert werden kann.  
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Außerdem handelt es sich bei der Erbausschlagung inhaltlich auch ohne weiteres primär um eine Angelegenheit, die die Verwaltung bzw. Mehrung des Vermögens des Betreuten betrifft. Schließlich erfordert das Gesetz bei der Ausschlagung der Erbschaft auch keine ausdrückliche Übertragung des Aufgabenbereiches zur Begründung einer entsprechenden Vertretungsmacht, wie dies beispielsweise in § 1815 Abs. 2 BGB im Hinblick auf die [[Postkontrolle|Kontrolle des Post- und Fernmeldeverkehrs]] des Betreuten oder gem. § 1817 Abs. 2 BGB im Hinblick auf eine [[Sterilisation]] des Betreuten der Fall ist.
    
Rechtsprechung:
 
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==Genehmigungspflicht==
 
==Genehmigungspflicht==
Der Betreuer benötigt hierzu die [[Genehmigungspflichten|betreuungsgerichtliche Genehmigung]] (§ 1822 BGB), ebenso wie ein Vormund oder die Eltern eines Minderjährigen (§ 1643 BGB), dann allerdings ist das Familiengericht zuständig. Die Zeit, die das Gericht benötigt, um über den Antrag auf Genehmigung zu entscheiden, wird der 6-Wochenfrist nicht zugerechnet. Vielmehr ist der Fristablauf während dieser Zeit gehemmt ([http://www.betreuerhaftung.de/pdf/BayObLG.pdf allgemeine Meinung, vgl. zuletzt BayObLG BtPrax 1998, 76].  Die Hemmung der Frist beginnt mit dem Eingang des Antrags bei Gericht und endet mit der Wirksamkeit der Genehmigungserteilung (Bekanntmachung an Betreuer), denn das Genehmigungsverfahren führt zur vollständigen Vertretungsmacht des Betreuers (als Vertreter des Erben) und liegt außerhalb des Einflussbereichs des Betreuers (höhere Gewalt); die Hemmungswirkung ergibt sich aus § 209 BGB.  
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Der Betreuer benötigt hierzu die [[Genehmigungspflichten|betreuungsgerichtliche Genehmigung]] (§ 1851 BGB). Die Zeit, die das Gericht benötigt, um über den Antrag auf Genehmigung zu entscheiden, wird der 6-Wochenfrist nicht zugerechnet. Vielmehr ist der Fristablauf während dieser Zeit gehemmt (§ 1858 Abs. 3 BGB).  Die Hemmung der Frist beginnt mit dem Eingang des Antrags bei Gericht und endet mit der Rechtskraft der Genehmigungserteilung (2 Wochen nach Bekanntmachung an Betreuer, § 40 Abs. 2 FamFG), denn das Genehmigungsverfahren führt zur vollständigen Vertretungsmacht des Betreuers (als Vertreter des Erben) und liegt außerhalb des Einflussbereichs des Betreuers (höhere Gewalt); die Hemmungswirkung ergibt sich aus § 209 BGB.  
    
In der Regel wird der Betreuer durch Erklärung vor dem Nachlassgericht die Erbschaft für den Betreuten ausschlagen, {§ 1945 Abs. 1 BGB, und zwar innerhalb der Sechswochenfrist des § 1944 Abs. 1 BGB. Anschließend beantragt der die Genehmigung und hemmt den Weiterlauf der Ausschlagungsfrist bis zur Bekanntmachung an ihn. Innerhalb der Restfrist muss er die Genehmigung dem  Nachlassgericht mitteilen (vorlegen). Zum Teil werden hier andere Ansichten vertreten, siehe Sonnenfeld/Zorn in Rpfleger 2004, 536.  
 
In der Regel wird der Betreuer durch Erklärung vor dem Nachlassgericht die Erbschaft für den Betreuten ausschlagen, {§ 1945 Abs. 1 BGB, und zwar innerhalb der Sechswochenfrist des § 1944 Abs. 1 BGB. Anschließend beantragt der die Genehmigung und hemmt den Weiterlauf der Ausschlagungsfrist bis zur Bekanntmachung an ihn. Innerhalb der Restfrist muss er die Genehmigung dem  Nachlassgericht mitteilen (vorlegen). Zum Teil werden hier andere Ansichten vertreten, siehe Sonnenfeld/Zorn in Rpfleger 2004, 536.  
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Fraglich könnte sein, ob es für § 1944 Abs. 2 S. 3 BGB i.V.m. § 206 BGB ausreicht, wenn der Betreuer die Genehmigung beantragt und dies dem Nachlassgericht mitteilt, ohne dass er zunächst die Ausschlagung erklärt, diese aber dann noch innerhalb der Restfrist nachholt, wenn er die Genehmigung erhalten hat.
 
Fraglich könnte sein, ob es für § 1944 Abs. 2 S. 3 BGB i.V.m. § 206 BGB ausreicht, wenn der Betreuer die Genehmigung beantragt und dies dem Nachlassgericht mitteilt, ohne dass er zunächst die Ausschlagung erklärt, diese aber dann noch innerhalb der Restfrist nachholt, wenn er die Genehmigung erhalten hat.
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Einem rechtsunkundigen Betreuer wurde zugebilligt, sich für Angelegenheiten der Erbschaftsfragen entlassen zu lassen. Der Entlassungsantrag während der 6wöchigen Ausschlagungsfrist wurde als Unterbrechungsgrund für die Frist angesehen ([http://www.betreuerhaftung.de/pdf/BayObLG.pdf BayObLG BtPrax 1998, 76]).
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Einem rechtsunkundigen Betreuer wurde zugebilligt, sich für Angelegenheiten der Erbschaftsfragen entlassen zu lassen. Der Entlassungsantrag während der 6wöchigen Ausschlagungsfrist wurde als Unterbrechungsgrund für die Frist angesehen (BayObLG BtPrax 1998, 76).
    
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg äußerte sich mit Beschluss vom 22.4.2014 dahingehend, dass die gerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung durch einen Betreuer für den Betroffenen dem Nachlassgericht binnen sechs Wochen zugehen muss. Ansonsten, so das OLG, ist die Erbausschlagung unwirksam (AZ.: 3 W 13/14, FamRZ 2015, 696). Das Unterlassen der Einreichung des Genehmigungsbeschlusses innerhalb der Ausschlagungsfrist kann nicht angefochten werden, da es sich hierbei weder um eine tatsächliche noch um eine fingierte Willenserklärung handelt (KG Beschl v 4.9.2015 - 6 W 92/15, ErbR 2016, 210).
 
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg äußerte sich mit Beschluss vom 22.4.2014 dahingehend, dass die gerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung durch einen Betreuer für den Betroffenen dem Nachlassgericht binnen sechs Wochen zugehen muss. Ansonsten, so das OLG, ist die Erbausschlagung unwirksam (AZ.: 3 W 13/14, FamRZ 2015, 696). Das Unterlassen der Einreichung des Genehmigungsbeschlusses innerhalb der Ausschlagungsfrist kann nicht angefochten werden, da es sich hierbei weder um eine tatsächliche noch um eine fingierte Willenserklärung handelt (KG Beschl v 4.9.2015 - 6 W 92/15, ErbR 2016, 210).
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==Kosten==
 
==Kosten==
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Die Kosten für die Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung und für die Beurkundung einer Ausschlagungserklärung berechnen sich nach dem Nachlasswert  (GNotKG, KV Nr. 21201). Die Mindestgebühr beträgt insgesamt 20,00 Euro. Bei Mittellosigkeit des Erklärenden besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Letzteres ist jedoch in neuerer Zeit wieder umstritten.
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Die Kosten für die Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung und für die Beurkundung einer Ausschlagungserklärung berechnen sich nach dem Nachlasswert  (GNotKG, KV Nr. 21201). Die Mindestgebühr beträgt insgesamt 30,00 Euro. Bei Mittellosigkeit des Erklärenden besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Letzteres ist jedoch in neuerer Zeit wieder umstritten.
    
Rechtsprechung:
 
Rechtsprechung:
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Eine solche Anfechtung setzt jedoch voraus, dass sich der Ausschlagende überhaupt ernsthaft mit dem Nachlass auseinander gesetzt hat. Meint der potenzielle Erbe, der aus zuverlässiger Quelle die Information hat, es befinde sich ein "größerer Geldbetrag" auf dem Girokonto seiner verstorbenen Mutter, die zu ihren Lebzeiten ihm gegenüber stets über Geldmangel geklagt hatte, die Erbschaft sei "wohl eher" überschuldet und stellt sich sodann ein Nachlasswert von ca.129.000 Euro heraus, so kann er seine notarielle Ausschlagungserklärung nicht mit der Begründung anfechten, er habe die Erbschaft irrtümlich für überschuldet gehalten. Der Sohn, der ohne weitere Nachprüfungen trotz der sechswöchigen Ausschlagungsfrist das Erbe bereits eine Woche nach dem Erbfall ausgeschlagen hatte, ging daher leer aus.
 
Eine solche Anfechtung setzt jedoch voraus, dass sich der Ausschlagende überhaupt ernsthaft mit dem Nachlass auseinander gesetzt hat. Meint der potenzielle Erbe, der aus zuverlässiger Quelle die Information hat, es befinde sich ein "größerer Geldbetrag" auf dem Girokonto seiner verstorbenen Mutter, die zu ihren Lebzeiten ihm gegenüber stets über Geldmangel geklagt hatte, die Erbschaft sei "wohl eher" überschuldet und stellt sich sodann ein Nachlasswert von ca.129.000 Euro heraus, so kann er seine notarielle Ausschlagungserklärung nicht mit der Begründung anfechten, er habe die Erbschaft irrtümlich für überschuldet gehalten. Der Sohn, der ohne weitere Nachprüfungen trotz der sechswöchigen Ausschlagungsfrist das Erbe bereits eine Woche nach dem Erbfall ausgeschlagen hatte, ging daher leer aus.
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'''KG Berlin Beschl v 16.3.2004, 1 W 120/01'''; FamRZ 2004, 1900 = FGPrax 2004, 127=     NJW-RR 2004, 941 = Rpfleger 2004, 490:
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'''KG Berlin Beschl v 16.3.2004, 1 W 120/01'''; FamRZ 2004, 1900 = FGPrax 2004, 127= NJW-RR 2004, 941 = Rpfleger 2004, 490:
    
# Ein Irrtum über die Zugehörigkeit von Rechten oder Verbindlichkeiten zum Nachlass kann gemäß §§ 119 II, 1954 I BGB zur Anfechtung einer Erbausschlagung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses berechtigen, wenn er zur Vorstellung einer tatsächlich nicht bestehenden Überschuldung führt.
 
# Ein Irrtum über die Zugehörigkeit von Rechten oder Verbindlichkeiten zum Nachlass kann gemäß §§ 119 II, 1954 I BGB zur Anfechtung einer Erbausschlagung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses berechtigen, wenn er zur Vorstellung einer tatsächlich nicht bestehenden Überschuldung führt.
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'''LG Bochum, Beschluss vom 12.09.2019 - I-7 T 108/19'''
 
'''LG Bochum, Beschluss vom 12.09.2019 - I-7 T 108/19'''
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Die betreuungsgerichtliche Genehmigung ist zwingendes Erfordernis für die Wirksamkeit einer Anfechtung der Annahme und einer Ausschlagung der Erbschaft. Gemäß § 1831 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 1822 Nr. 2 BGB ohne die erforderliche Genehmigung des Betreuungsgerichts unwirksam. Sowohl die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft als auch die Ausschlagung einer Erbschaft unterfallen § 1822 Nr. 2 BGB
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Die betreuungsgerichtliche Genehmigung ist zwingendes Erfordernis für die Wirksamkeit einer Anfechtung der Annahme und einer Ausschlagung der Erbschaft. Gemäß § 1831 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 1822 Nr. 2 BGB ohne die erforderliche Genehmigung des Betreuungsgerichts unwirksam. Sowohl die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft als auch die Ausschlagung einer Erbschaft unterfallen § 1822 Nr. 2 BGB.
    
'''BGH, Beschluss vom 18. März 2020 - XII ZB 474/19''' NJW 2020, 2959 = MDR 2020, 947 = FGPrax 2020, 181 = FamRZ 2020, 1034 = Rpfleger 2020, 585
 
'''BGH, Beschluss vom 18. März 2020 - XII ZB 474/19''' NJW 2020, 2959 = MDR 2020, 947 = FGPrax 2020, 181 = FamRZ 2020, 1034 = Rpfleger 2020, 585
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# Das Verfahren über die Erteilung der nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 2 BGB erforderlichen betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die Anfechtung einer Erbschaftsannahme oder einer Erbschaftsausschlagung gehört nicht zu den Verfahren, auf die sich der Anwendungsbereich des § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG erstreckt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015 - XII ZB 292/14 - FamRZ 2015, 1701).
 
# Das Verfahren über die Erteilung der nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 2 BGB erforderlichen betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die Anfechtung einer Erbschaftsannahme oder einer Erbschaftsausschlagung gehört nicht zu den Verfahren, auf die sich der Anwendungsbereich des § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG erstreckt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015 - XII ZB 292/14 - FamRZ 2015, 1701).
 
# In einem Betreuungsverfahren ist Voraussetzung für die Zustellungspflicht nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG, dass ein dem Beschluss nicht entsprechender Wille eines Beteiligten im Verfahren für das Gericht erkennbar geworden ist. Ausreichend ist, wenn sich ein entsprechender Wille durch sonstige Äußerungen des Beteiligten oder durch dessen Verhalten im Verfahren erkennen lässt. Bloßes Schweigen auf das Vorbringen eines anderen Beteiligten oder auf eine Äußerung des Gerichts sowie der mutmaßliche Wille eines Beteiligten genügen hierfür nicht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. März 2017 - XII ZB 51/16 - FamRZ 2017, 1151).
 
# In einem Betreuungsverfahren ist Voraussetzung für die Zustellungspflicht nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG, dass ein dem Beschluss nicht entsprechender Wille eines Beteiligten im Verfahren für das Gericht erkennbar geworden ist. Ausreichend ist, wenn sich ein entsprechender Wille durch sonstige Äußerungen des Beteiligten oder durch dessen Verhalten im Verfahren erkennen lässt. Bloßes Schweigen auf das Vorbringen eines anderen Beteiligten oder auf eine Äußerung des Gerichts sowie der mutmaßliche Wille eines Beteiligten genügen hierfür nicht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29. März 2017 - XII ZB 51/16 - FamRZ 2017, 1151).
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'''KG Berlin, Beschl. v. 20.1.2022 – 19 W 174/21''', ErbR 2023, 793
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# Trotz einer Betreuung mit dem Wirkungskreis „Vertretung vor Behörden und Gerichten“ kann der Betreute eine Erbschaft ausschlagen.
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# Bei der Erbschaftsausschlagung handelt es sich – obwohl die Erklärung gemäß § 1945 Abs. 1 BGB gegenüber dem Nachlassgericht abzugeben ist – nicht um eine Verfahrenshandlung, sondern um eine einseitige Willenserklärung.
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# Der Irrtum über die Realisierbarkeit eines Plans, mit der Ausschlagung eine Nachlasswohnung in eine Stiftung umwandeln zu können, begründet keinen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft iSv § 119 Abs. 2 BGB, sondern nur einen anfechtungsfreien Motivirrtum.
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# Eine Ausschlagung kann nicht im Hinblick auf die mit Erhalt der Erbschaft verbundene Entlastung der Sozialkasse als sittenwidrig angesehen werden.
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'''BGH Beschl v 16.3.2022, IV ZB 27/21'''; FamRZ 2022, 986 = FGPrax 2022, 126 = Rpfleger 2022, 395
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Der Nachlasspfleger ist nicht berechtigt, mit Wirkung für die unbekannten Erben eine in den Nachlass des Erblassers gefallene weitere Erbschaft auszuschlagen. Das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft ist ein allein dem Erben bzw. seinen Rechtsnachfolgern, den Erbeserben, persönlich zustehendes Recht.
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'''LG München II Beschl v 23.1.2023, 6 T 4230/22 BET'''; ErbR 2023, 399 = ZEV 2023, 377
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Das BetrG hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Im Rahmen dessen hat es die wirtschaftlichen Folgen des Rechtsgeschäfts für die Betreute, ihre Interessen und ihr Wohlergehen zu berücksichtigen. Gesetzwidrige Rechtsgeschäfte sind nicht genehmigungsfähig. Der zuletzt zur Genehmigung vorgelegte Erbauseinandersetzungsvertrag enthält, auch wenn er den der Betreuten im Ergebnis zustehenden Geldbetrag richtig berechnet, unter der Zwischenüberschrift „Nachlassbestandsverzeichnis“ Unvollständigkeiten und Unrichtigkeiten.
    
==Literatur==
 
==Literatur==
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* [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3832247289/internetsevon-21 Kiunke: ''Die Begrenzbarkeit der Ausschlagung auf die gewillkürte Erbschaft gem. § 1948 Abs. 1 BGB'' Shaker, Aachen 2006], ISBN 3-8322-4728-9, ISBN 978-3831683314
 
* [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3832247289/internetsevon-21 Kiunke: ''Die Begrenzbarkeit der Ausschlagung auf die gewillkürte Erbschaft gem. § 1948 Abs. 1 BGB'' Shaker, Aachen 2006], ISBN 3-8322-4728-9, ISBN 978-3831683314
 
*Kübler: Das sogenannte Behindertentestament unter besonderer Berücksichtigung der Stellung des Betreuers, 1998, ISBN 978-3831683314
 
*Kübler: Das sogenannte Behindertentestament unter besonderer Berücksichtigung der Stellung des Betreuers, 1998, ISBN 978-3831683314
*[https://shop.reguvis.de/betreuung-und-pflege/erbfall-und-betreuungsrecht/ Roth: Erbfall und Betreuungsrecht, 2. Aufl., Köln 2016]
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*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3846212946/internetsevon-21 Roth: Erben und Vererben bei rechtlicher Betreuung, 3. Aufl., Köln 2022]
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* [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3093049946/internetsevon-21 Platz: Rechtsfragen beim Todesfall, 4. Aufl. 2011], ISBN 3093049946
 
* [http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3093049946/internetsevon-21 Platz: Rechtsfragen beim Todesfall, 4. Aufl. 2011], ISBN 3093049946
 
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3423056320/internetsevon-21 Zimmermann: Rechtsfragen bei einem Todesfall, 6. Aufl., 2010], ISBN 3423056320
 
*[http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3423056320/internetsevon-21 Zimmermann: Rechtsfragen bei einem Todesfall, 6. Aufl., 2010], ISBN 3423056320
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*Lange: Beseitigung von letztwilligen Verfügungen durch Betreuer, ZEV 2008, 313
 
*Lange: Beseitigung von letztwilligen Verfügungen durch Betreuer, ZEV 2008, 313
 
*Mayer: Zur Erbschaftsausschlagung im Rahmen der Betreuung; ZEV 2002, 369
 
*Mayer: Zur Erbschaftsausschlagung im Rahmen der Betreuung; ZEV 2002, 369
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*Müller-Engels, Vormundschafts- und Betreuungsrechtsreform 2023 Wissenswertes für den Erbrechtler, ErbR 2022, 666
 
*Olzen: Annahme der Erbschaft und Rechtsstellung des vorläufigen Erben, Jura 2001, 366
 
*Olzen: Annahme der Erbschaft und Rechtsstellung des vorläufigen Erben, Jura 2001, 366
 
*ders.: Die Erbenhaftung, Jura 2001, 520
 
*ders.: Die Erbenhaftung, Jura 2001, 520
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*Sonnenfeld/Zorn: Wirksamwerden gerichtlich genehmigungsbedürftiger Rechtsgeschäfte; Rpfleger 2004, 533
 
*Sonnenfeld/Zorn: Wirksamwerden gerichtlich genehmigungsbedürftiger Rechtsgeschäfte; Rpfleger 2004, 533
 
*Walter: Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft; ZEV 2008, 319
 
*Walter: Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft; ZEV 2008, 319
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*Zimmermann: Der Betreuer als Erbe des Betreuten: jetzt und ab 2023; ZErb 2021, 418
    
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
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==Weblinks==
 
==Weblinks==
*[http://www.rechtscentrum.de/search.php?q_all=Erbausschlagung&q_any=&q_exact=&q_not=&q_fref=&q_tframe=&q_date=&q_law=&db=zivilrecht&mode=Erweiterte+Suche Rechtsprechungsübersicht Erbannahme/-ausschlagung]]
   
*[http://www.palm-bonn.de/ausschlagung.htm Weitere Infos zur Erbausschlagung, Fristen, Formen, Anfechtung]
 
*[http://www.palm-bonn.de/ausschlagung.htm Weitere Infos zur Erbausschlagung, Fristen, Formen, Anfechtung]
 
*[http://www.iww.de/erbbstg/archiv/erbenhaftung-moeglichkeiten-der-haftungsbegrenzung-f48478 Übersicht über weitere Möglichkeiten zur Haftungsbegrenzung in Erbfällen]
 
*[http://www.iww.de/erbbstg/archiv/erbenhaftung-moeglichkeiten-der-haftungsbegrenzung-f48478 Übersicht über weitere Möglichkeiten zur Haftungsbegrenzung in Erbfällen]

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