Betreuungszahlen

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Anzahl der Betreuten am Jahresende
Betreuungen je Einwohner

Betreuungszahlen 2005 - 2009

Gesamtübersichten:

Gesamtzahlen (2009)

Die Zahl der Betreuungsverfahren ist zum Jahresende 2009 auf 1.291.410 und somit um 1,43 % (18.145 Personen) angestiegen. Damit ist die Steigerungsrate gegenüber 2008 wieder gefallen, sie bewegt sich im Mittel der letzten Jahre (2006: 2,35 %, 2007: 1,27 %, 2008: 2,5 %) Zugleich sind sowohl die Registrierungen von Vorsorgevollmachten als auch die von Bevollmächtigten gestellten Genehmigungsanträge weiter angestiegen.

Erstbestellungen zum Betreuer

Bei den Erstbestellungen von Betreuern (2009: 250.529; 2008: 245.669) hat sich der Rückgang der ehrenamtlichen Betreuungen nach einer Stagnation im Vorjahr wieder fortgesetzt. Der Gesamtanteil für ehrenamtliche Betreuer lag bei 64,9 % (2008: 67,8 %), wobei der Anteil der nicht familienangehörigen Ehrenamtlern allerdings wieder etwas anstieg (Anteil an der Gesamtzahl 2009: 5,49 %; 2008: 5,19 %,). Bei den beruflichen Betreuungen (2009 insgesamt 35,1 %; 2008: 34,29 %) stieg der Anteil der Vereinsbetreuungen leicht an (2009: 5,79 %; 2008: 5,61 %. Der Behördenbetreueranteil blieb nahezu gleich (2009: 0,46 % 2008: 0,42 %). Selbstständige Berufsbetreuer wurden 2009 zu 28,81 % (2008: 27,95 %) bestellt. Der Anteil der nichtanwaltlichen Berufsbetreuer betrug 23,4 % (2008 22,81 %). Anwälte als Berufsbetreuer wurden zu 5,4 % (2008: 5,14 %) bestellt.

Im Jahre 2005 waren nach dem Zwischenbericht 2007 des Kölner ISG:

  • 26,5 % der von Berufsbetreuern betreuten Personen im Alter von 18 – 39 Jahren,
  • 47,0 % im Alter von 40 – 69 Jahren sowie
  • 26,5 % 70 Jahre und älter.

Nach dem Zwischenbericht 2007 des Kölner ISG waren folgende medizinische Diagnosen Grundlagen die Bestellung beruflicher Betreuer im Jahre 2005:

  • 6,9 % Körperliche Behinderung
  • 19,9 % Demenz
  • 16,7 % Sucht
  • 33,4 % sonstige psychische Krankheit
  • 15,9 % geistige Behinderung
  • 19,7 % Mischbild Krankheit und Behinderung

Betreuerwechsel

Bei Betreuerwechseln (2009: 38.796; 2008: 35.948) waren die Betreueranteile erneut höchst unterschiedlich gegenüber den Erstbestellungen. Familienangehörige wurden zu 24,71 % (2008: 27,03 %) bestellt, sonstige Ehrenamtler zu 13,88 % (2008: 14,96 %), selbstständige Berufsbetreuer wurden zu 43,15 (2008: 42,15 %), Vereinsmitarbeiter zu 16,65 % (2008: 15,38 %), Behördenmitarbeiter zu 1,61 % (2008: 0,49 %) bestellt . In 4.936 Fällen erfolgte ein Wechsel von beruflicher zu ehrenamtlicher Betreuung (entspricht 12,72 %; 2008: 4.530 = 12,6 %)

Verfahrenspfleger

Verfahrenspflegerbestellungen in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren

Die Bestellung von Verfahrenspflegern ist im Jahre 2009 erneut erheblich angestiegen (2009: 113.104; 2008: 98.019) und lag höher als in allen früheren Jahren. 2009 wurden in 67,25 % der Fälle Anwälte als Verfahrenspfleger bestellt, in 32,75 % andere beruflich tätige Personen. Ehrenamtliche Verfahrenspflegerbestellungen wurden nicht gezählt.

Einwilligungsvorbehalte

Anordnung von Einwilligungsvorbehalten

Einwilligungsvorbehalte1903 BGB) wurden 14.132 mal (2008 13.306) angeordnet. Gegenüber dem Vorjahr war dies eine Steigerung von 6,21 %. Die Quote von Einwilligungsvorbehalten in Relation zu Erstbestellungen lag im regionalen Vergleich 2009 zwischen 3,35 % [Bayern] und 9,01 [Brandenburg], (2008 zwischen 2,96 % (Bayern) und 8,97 (Schl.-Holstein). Der Mittelwert lag 2009 bei 5,64 % (2008: 5,42 %)

Heilbehandlungen

Genehmigte Heilbehandlungen

Die Zahl der genehmigten Maßnahmen nach § 1904 BGB (gefährliche Heilmaßnahmen) im Bereich der Gesundheitssorge sank 2009 erneut geringfügig. Sie betrug 2009 3.383 (2008 3.481; Rückgang um 2,8 %). Statistisch wird bisher nicht erfasst, ob es sich um Genehmigungen nach § 1904 Abs. 1 BGB (gefährliche Behandlungen) oder nach Abs. 2 (Beendigung bzw. Nichteinleitung lebenserhaltender Maßnahmen) handelt. Im Jahre 2009 waren von den Genehmigungen nach § 1904 BGB 474 = 14,01 % (2008: 610 = 16,46 %) nicht von Betreuern, sondern von Bevollmächtigten beantragt worden

Quelle: Bundesamt für Justiz; Sondererhebung Verfahren nach dem Betreuungsgesetz 1992 - 2009 (Zahlen 2000 - 2007 ohne Hamburg), Grafik: Deinert

Einige weitere Zahlen:

Sterilisationsgenehmigungen1905 BGB) erfolgten 68 mal (2008: 89).

Bei Freiheitsentziehenden Maßnahmen ist ein unterschiedlicher Trend festzustellen. Sie wurden wie folgt genehmigt

  • Genehmigungen nach § 1906 Abs. 1 BGB

Freiheitsentziehende Maßnahmen wurden 54.131 mal (2008 52.811) genehmigt. Gegenüber dem Vorjahr war das ein Anstieg um 2,5 %. 2009 ging die Unterbringung in 6.952 Fällen (=12,81 %) auf Anträge von Bevollmächtigten zurück (2008: 6.151 = 11,28 %). Die Unterbringungsquote je 10.000 Einwohner lag 2009 zwischen 1,59 (Vorjahr 1,43, jeweils Thüringen) und 13,59 (2008: 13,12; jeweils Bayern). Mittelwert war 6,62 (2008: 6,44).

  • Genehmigungen nach § 1906 Abs. 4 BGB

Unterbringungsähnliche Maßnahmen wurden 2009 96.062 (2008 91.823) genehmigt. Dies ist ein Anstieg von 4,6 % ggü. 2008. Im Jahr 2009 gingen die unterbringungsähnlichen Maßnahmen in 23.676 Fällen (= 24,65 %) auf Anträge von Bevollmächtigten zurück (2008: 21.227 = 21,59 %). Die Quote unterbringungsähnlicher Maßnahmen je 10.000 Einwohner schwankte 2009 zwischen 0,96 (2008 1,14; jeweils Berlin) und 20,59 (2008 20,27; jeweils Bayern). Mittelwert war 11,74 (2008: 11,2).

Betreuungsvereine

Die Zahl der anerkannten Betreuungsvereine stieg wieder leicht an, auf 814 (2008: 806). Durch Landesmittel gefördert wurden 627 Vereine (2008: 634). Die Fördersumme betrug 2009 9,909 Mio Euro (2008: 9,551 Mio Euro). Dies war bundesweit je 1000 Einwohner eine Summe von 121,14 Euro (2008: 116,48 Euro). Es gibt erhebliche Unterschiede in den Bundesländern. Details siehe Abb. 3. Die kommunale Förderung konnte wegen der Unterschiedlichkeit der Modelle nicht verglichen werden.

Aufwendungsersatz und Vergütung

Die Ausgaben der Staatskasse für Aufwendungsersatz und Vergütungen der Betreuer und Verfahrenspfleger betrugen 2009 nach der Erhebung des BfJ 688,4 Mio Euro (2008: 614,27 Mio). Der Kostenanstieg ggü. dem Vorjahr beträgt hiernach 12,07 %

Siehe auch


Literatur

  • Bienwald: Die betreute Republik. Zur übergroßen Zahl von Betreuungsfällen; BtPrax 2002,3
  • Böhm: Warum bestellen die Gerichte so viele (oder so wenige) Betreuer; BtPrtax 1996, 86
  • der Berufsbetreuer/innen: Situation und Perspektiven der Professionalisierung von Berufsbetreuern (bdb argumente Nr. 2), Hamburg 2004
  • Coeppicus, Faszinierende Zahlen zum Betreuungsrecht, Rpfleger 2000,50 sowie
  • ders.: Berichte aus der Praxis; in Einer trage des anderen Last, Tagungsdokumentation der Ev. Akademie Loccum; Rehburg-Loccum, 1999
  • Crefeld: Von den wachsenden Bedürfnissen nach Betreuern in unserer Gesellschaft; in: Einer trage des anderen Last; Tagungsdokumentation der Ev. Akademie Loccum; Rehburg-Loccum, 1999
  • Crefeld: Gesundheitsberichterstattung zur Anwendung des Unterbringungsrechts nach dem PsychKG NRW und dem Betreuungsrecht; FESA-Transfer-Beiträge, Band 12; Bochum 2005, ISSN 0948-2501
  • Crefeld: Das durchschnittliche Risiko, betreut zu werden (PDF)
  • Darsow-Schütte/Müller: Zahl der Einweisungen nach PsychKG in 10 Jahren verdoppelt. Nr. PsychPrax 28 / 2001 S. 226
  • Deinert: Aktuelle Zahlen zur Praxis des Betreuungsrechtes, FamRZ 1998, 934.
  • ders. Dokumentation Betreuungszahlen 2000; BtPrax 2002, 25
  • ders.: Zur steigenden Zahl von Menschen unter rechtlicher Betreuung; Verbandszeitung des BdB 39/2002, S. 21
  • ders.: Betreuungszahlen 2001; BtPrax 2002, 204
  • ders.: Betreuungszahlen 2002; BtPrax 2003, 257
  • ders.: Betreuungszahlen 2003; BtPrax 2004, 227
  • ders.: Betreuungszahlen 2004; BtPrax 2006, 65
  • ders.: Betreuungszahlen 2005; BtPrax 2007, 3
  • ders.: Betreuungszahlen 2006/2007; BtPrax 2008, 251
  • ders.: Betreuungszahlen 2008; BtPrax 2009, 273
  • ders.: Betreuungszahlen 2009; BtPrax 6/2010
  • Deutscher Bundestag: Bundestagsdrucksache 13/7133 vom 5.3.1997
  • Dodegge: Warum bestellen die Gerichte so viele Betreuer? BtPrax 1996, 8
  • Funk/Oberlander: Berufsbild und Qualitätssicherung in der Berufsbetreuung; Hamburg 2003
  • Goers: Sind Betreuungsvereine bald Vergangenheit? Ergebnisse einer bundesweiten Befragung; BdB Aspekte 42/2002, 15
  • Hoffmann/Tamayo Korte: Betreuungsrechtliche Praxis in Einrichtungen der stat. Altenhilfe; Stuttgart 2002
  • Lüdecke: Rechtliche Betreuer – die neuen Preistreiber ? BtPrax 2003, 217
  • Marschner: Zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Unterbringung; BtPrax 2006, 125
  • Müller: Zum Recht und zur Praxis der betreuungsrechtlichen Unterbringung; BtPrax 2006, 123
  • Müller P: Zwangseinweisungen nehmen zu. Dtsch Ärztebl 101, A 2794 – 2798 (Heft 2004, 42)
  • Oberloskamp u.a.: Hauptamtliche Betreuer und Sachverständige; Köln 1992
  • Rosenow: Warum es jedes Jahr mehr Betreuungen gibt, BtPrax 2002, 111
  • Schloemer: Warum regen Krankenhäuser, Altenheime und soziale Diensteso viele Betreuungen an? BtPrax 1996, 12
  • Sellin/Engels: Qualität, Aufgabenverteilung und Verfahrensaufwand bei rechtlicher Betreuung, Köln 2003
  • Spengler A et al.: Zwangseinweisungen – bundesweite Basisdaten und Trends. Nervenarzt 76: Jg. 2005, S. 363
  • VGT e.V.: Stellungnahme des VGT vom 24.2.04 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts, Anlage 1; *Betrifft: Betreuung Nr. 7, S. 58; Recklinghausen 2004
  • Weinbörner: Zur Vergabe einer rechtstatsächlichen Untersuchung zum Betreuungsrecht; BtPrax 2002, 22
  • Zenz u.a.: Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige, Köln 1987


Weblinks