Betreuungsverein: Unterschied zwischen den Versionen

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*[http://shop.bundesanzeiger-verlag.de/1524911_Familie_Betreuung_Soziales/Die_Verguetung_des_Betreuers.html Deinert/Lütgens: Die Vergütung des Betreuers; Nauauflage 2008]
 
*[http://shop.bundesanzeiger-verlag.de/1524857_Familie_Betreuung_Soziales/Die_Haftung_des_Betreuers.html Deinert/Lütgens/Meier: Die Haftung des Betreuers (Neuauflage 2007)]
 
  
 
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Version vom 19. April 2015, 08:46 Uhr

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Allgemeines

Den anerkannten Betreuungsvereinen misst der Gesetzgeber eine große Bedeutung bei der Umsetzung des Betreuungsgesetzes in die Praxis zu. Es handelt sich um eingetragene Vereine. Zurzeit existieren in Deutschland etwa 825 Betreuungsvereine. Die Zahl ist seit einigen Jahren leicht rückläufig, zumal einige Bundesländer und Kommunen die Finanzierung für die sog. Querschnittsarbeit (mit Ehrenamtlichen) beschränkt oder eingestellt haben.

Die Grundkonzeption eines Betreuungsvereines hat der Gesetzgeber aus dem Bereich der kirchlichen Sozialarbeit stammenden Konzept der „organisierten Einzelvormundschaft“ übernommen. Hiernach führen ehrenamtliche Mitglieder des Vereins die Betreuungen und werden von den hauptamtlichen Fachkräften bei schwierigen Einzelfragen unterstützt.

Für die Tätigkeit eines Betreuungsvereines ist es erforderlich, dass dieser nach § 1908f BGB (in Verbindung mit Landesrecht) von der zuständigen Behörde (meist überörtliche Betreuungsbehörde) anerkannt wurde.

Bestellung zum Vereinsbetreuer

Hauptamtliche Mitarbeiter des Betreuungsvereines können in dieser Eigenschaft gemäß § 1897 Abs. 2 BGB zum Betreuer bestellt werden. Sie sind rechtlich Einzelbetreuer. Voraussetzung ist die Zustimmung des Vereins und des Mitarbeiters. Der Vereinsmitarbeiter ist von dienstlichen Weisungen in Bezug auf die Führung der Betreuung weitgehend frei. Allerdings kann der Verein jederzeit die Entlassung als Betreuer beim Betreuungsgericht verlangen (§ 1908b BGB).

Auch der Verein selbst kann zum Betreuer bestellt werden, wenn eine Betreuung durch eine natürliche Person nicht ausreicht (§ 1900 BGB). Er muss die tatsächliche Führung der Betreuung einem oder mehreren Mitarbeitern oder Mitgliedern übertragen und seine Entlassung aus dem Amt beantragen, sobald eine natürliche Person als Betreuer ausreichend ist. Gegen die Personalauswahl des Vereines kann der Betreute bei Gericht Beschwerde einlegen (§ 291 FamFG).

Ist der Verein selbst zum Betreuer bestimmt, darf er nicht über eine Sterilisation entscheiden (§ 1900 Abs. 5 BGB).

Für die Tätigkeit seiner Vereinsbetreuer kann der Verein gem. § 7 VBVG (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz) Aufwendungsersatz und Betreuervergütung beantragen. Außerdem ist als befreiter Betreuer von einigen Formerfordernissen befreit, beispielsweise der Rechnungslegungspflicht.

Vereinsmitarbeiter können auch als Verfahrenspfleger bestellt werden. Der Vergütungsanspruch liegt wie beim Vereinsbetreuer beim Verein (§ 277 Abs. 4 FamFG).

Querschnittsaufgaben

Der Verein hat über die Führung von Betreuungen hinaus eine planmäßige Gewinnung, Beratung und Fortbildung ehrenamtlicher Betreuer durchzuführen. Nach einigen Landesbestimmungen hat er in örtlichen Betreuungsarbeitsgemeinschaften zur Koordination mitzuwirken. Für diese Tätigkeiten werden in den meisten Bundesländern und z.T. durch Kommunen Zuschüsse gewährt.

Seit dem 1. Januar 1999 haben Betreuungsvereine auch planmäßig über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen zu informieren. Personen, die Vorsorgevollmachten errichten wollen, dürfen seit dem 1. Juli 2005 von anerkannten Betreuungsvereinen beraten werden.

Die Zahl der anerkannten Betreuungsvereine sank 2008 von 809 auf 806. Die Zahl der durch Landesmittel geförderten Vereine blieb mit 634 gleich. Die Fördersumme betrug 9,551 Mio Euro (2007: 9,544 Mio. Euro). Dies war bundesweit je 1000 Einwohner eine Summe von 116,48 Euro (2007: 116,08 Euro). Es gibt erhebliche Unterschiede in den Bundesländern. Die Kommunalförderung wird nicht bundesweit statistisch erfasst, da sie dazu zu unterschiedlich ist.

Siehe auch

Betreuerausbildung, Beratung, Querschnittsaufgaben, Vereinsbetreuer, Vorsorgevollmacht

Rechtsprechung


Finangericht Niedersachsen, Urteil vom 14.01.2010, 5 K 162/09:

Die von einem Betreuungsverein, der einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen ist, durch seine Vereinsbetreuer erbrachten Betreuungsleistungen sind sowohl gegenüber bemittelten als auch gegenüber mittellosen Personen steuerfrei gemäß § 4 Nr. 18 UStG bzw. nach Art. 13 A Abs. 1 Buchstabe g) i.V.m. Art. 13 A Abs. 2 Buchstabe a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Artikel 132 und Artikel 133 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, MwStSystRL).

VGH München, Beschluss vom 14. April 2010, 4 ZB 09.910: Zum Widerruf der Anerkennung als Betreuungsverein:

Ein Fehlverhalten eines Mitarbeiters eines Betreuungsvereins führt nicht generell zu dessen Ungeeignetheit. Wenn der Mitarbeiter fortwährend von den Betreuungsgerichten als Betreuer eingesetzt wird, belegt dies, dass er keineswegs allgemein als ungeeignet angesehen wird. Daran ändert nichts, dass in einem Fall durch rechtskräftigen Gerichtsbeschluss die Ungeeignetheit des Mitarbeiters für die Betreuung in einem bestimmten Einzelfall gerichtlich festgestellt worden ist. Von einer generellen Ungeeignetheit dieses Mitarbeiters kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.

Eine bestimmte Quantität der Bemühungen wird von § 1908f Abs. 1 Nr. 2 und 2a BGB nicht vorgeschrieben. Die entsprechenden Bemühungen hängen somit ersichtlich von der Größe des Vereins, der Anzahl seiner Mitarbeiter und den ihm zur Verfügung stehenden Fördermitteln ab.

Dem § 1908f Abs. 1 BGB ist im Einzelnen nicht zu entnehmen, wie und unter welchen Umständen und mit welcher Organisationsstruktur Vereinsmitarbeiter zu beaufsichtigen sind. Auch der Landesgesetzgeber hat hierzu, obwohl ihm in § 1908f Abs. 3 Satz 2 BGB die Kompetenz hierfür eingeräumt ist, in seinem Gesetz zur Ausführung des Betreuungsgesetzes (AGBtG) keine konkreteren Anforderungen geregelt. Einen allgemein bestehenden Rechtsgrundsatz, dass bei Einsetzung etwa der Ehefrau eines Beschäftigten des Vereins als Vereinsvorstand nicht mehr von einer Aufsicht auszugehen ist, gibt es nicht.

OLG Koblenz, Beschluss vom 23.06.2010, 13 WF 408/10, FamRZ 2011, 61:

Kein Aufwandsentschädigungs- oder Vergütungsanspruch für Vereinsvormund, wenn der Verein als juristische Person zum Vormund bestellt wird.

BGH Beschl v 25.5.2011, XII ZB 625/10, BtPrax 2011, 274 = FamRB 2011, 280 = FamRZ 2011, 1394 (mAnm Bienwald) = = FGPrax 2011, 231 =JAmt 2011 363 = Rpfleger 2011, 602 = ZKJ 2011, 471:

  1. Wird ein Verein gem § 1791 a BGB selbst zum Vormund bestellt, kann er gem § 1836 III BGB keine Vergütung und keinen Aufwendungsersatz verlangen (Änderung der Senatsrechtsprechung - Beschl v 14.3.2007 , XII ZB 148/03 , FamRZ 2007, 900).
  2. Wird der Mitarbeiter eines Vereins, der gemäß § 1791 a BGB iVm § 54 I SGB VIII zur Übernahme von Vormundschaften geeignet ist, zum Vormund bestellt und ist er im Verein ausschließlich oder teilweise als solcher tätig (§ 1897 II 1 BGB analog), kann der Verein in entsprechender Anwendung von § 7 VBVG eine Vergütung und Aufwendungsersatz von der Staatskasse beanspruchen (im Anschl an Beschl v 14.03.2007 , XII ZB 148/03 , FamRZ 2007, 900). Hinweis der Red: am gleichen Tag ergingen die Parallelentscheidungen XII ZB 626/10, BeckRS 2011, 19097 und XII ZB 627/10, BeckRS 2011, 19098.


AG Mannheim, Beschluss vom 27.03.2014, Kaf 5 XVII 1277/12:

  1. Für die Verlängerung einer Betreuung gelten die Regeln über die erstmalige Auswahl gem. § 1897 BGB.
  2. Ein Vereinsbetreuer ist dann nicht zu bestellen, wenn seinem Betreuungsverein die landesrechtliche Anerkennung fehlt. Darin liegt keine übermäßige oder systemwidrige Beschränkung, sondern verhält sich spiegelbildlich zur Befugnis des Betreuungsvereins, ihren Betreuer austauschen zu können.

AG Mannheim, Beschluss vom 17.04.2014, Se 5 XVII 1257/10:

  1. Die Entlassung eines Betreuers setzt nicht stets eine Gefährdung des Wohls des Betreuten voraus, dazu kann die fehlende Anerkennung des Betreuungsvereins im Bundesland des neuen Wohnsitzes des Betreuten genügen.
  2. Die Anordnung einer Betreuung bedeutet kein garantiertes Beschäftigungsverhältnis; auch die besondere Stellung der Betreuungsvereine rechtfertigt nicht die Annahme des Gegenteils.

Literatur

Bücher

Bücher im Bundesanzeiger-Verlag

Weitere Bücher

Zeitschriftenbeiträge

  • Bauer/Mahr: Haftung der Vereinsbetreuer; BtMan 2005, 78
  • Becker-Laros: Die Vergütung des Vereinsbetreuers, BtPrax 1993, 164
  • Bienwald/Oetjen: Betreuungsvereine in Deutschland, 1994
  • Brill: Hoffnung auf Einsicht; BlWohlfpfl. 1991, 284
  • Coen: Aufsicht des Betreuungsvereins über Vereinsbetreuer; NJW 1999, 535
  • Dahle: Der Kreisverband als Betreuungsverein, BtPrax 1993, 12
  • Dannhäuser: Vielfalt unter einem Dach; BtMan 2009, 131
  • Deinert: Die Ausführung des BtG durch die Bundesländer, DAVorm 1992, 133
  • Deinert: Neues Vergütungssystem für Vereinsbetreuer; NDV 6/2005
  • Doleczik: Das Ehrenamt pflegen - Curriculum; BtMan 2009, 140
  • Ehl/Wessels: Reformiertes Betreuungsrecht und mögliche Zusammenarbeit am Beispiel des Bochumer Modells, BtPrax 1994, 79
  • Finke: Die neue Vergütungspraxis aus der Sicht eines Vereinsbetreuers, BtPrax 93, 52
  • Formella: Entlassung des Betreuungsvereines unter gleichzeitiger Bestellung eines Vereinsbetreuers; BtPrax 1995, 21
  • Fröschle: Der Betreuungsverein und das Rechtsdienstleistungsgesetz; BtMan 2009, 137
  • Fröschle: Haftung im Verein und in der Behörde; BtPrax 2008, 190 (PDF)
  • Geistert: Der Vereinsbetreuer zwischen Anspruch und Wirklichkeit, DAVorm 1995, 1095
  • Geistert: Wieviele Betreuungen kann ein Vereinsbetreuer führen?; BtPrax 1994, 2 (PDF)
  • Hellmann: Betreuungsvereine, Perspektiven und Probleme, BtPrax 1992, 4
  • ders.: Finanzierung eines Betreuungsvereins (Marburg), BtPrax 1995, 95, 59
  • Jaeger: Situation des Betreuungsvereins SKFM Cochem, BtPrax 1994, 55
  • Kleinz: Organisierte Einzelbetreuung, BtPrax 1993, 113
  • Mathew: Die Zukunft der Düsseldorfer Betreuungsvereine, BtPrax 1995, 139
  • Meyer-Höger: Die finanzielle Förderung von Betreuungsvereinen in Rheinland-Pfalz, BtPrax 1993, 201
  • Oehlhoff: Gesetz und Wirklichkeit - Der Betreuungsverein gem. § 1908 f BGB, BtPrax 1996, 136
  • Ortseifen/Scholl: Aufgabe und Struktur der Betreuungsvereine; Betrifft: Betreuung 9, S. 103-106 (0,9 MB)
  • Pippir: Betreuungsverein Biberach, BtPrax 1996, 53
  • Pippir/Pohlmann: Qualitätssicherung in der Querschnittsarbeit der Betreuungsvereine; Betrifft: Betreuung 9, S. 107-112 (0,9 MB)
  • Poschmann: Der Betreuungsverein Fürsorge e.V., BtPrax 1995, 90
  • Reichel: Eine Jahresbilanz aus Mecklenburg-Vorpommern, BtPrax 1993, 120
  • Schleicher: Vom Förderverein Rampe zum Betreuungsverein, BtPrax 1992, 28
  • Seichter: Überlegungen zum vermehrten Einsatz ehrenamtlicher Betreuer, BtPrax 2008, 157 (PDF)
  • Sigusch: Querschnittsarbeit - Leistungsbereiche, Personalbemessung und Kostenkalkulation, BtPrax 2014, 159
  • Stein: Aufbau von Strukturen zur Umsetzung des BtR in Sachsen-Anhalt, BtPrax 1995, 130
  • Tänzer, Jörg: Zum Stand der Entwicklung des Betreuungswesens im Lande Brandenburg BtPrax 1993, 163
  • Teiting: Qualität durch Vernetzung; BtMan 2009, 143
  • Wagner: Zur Umsetzung des Betreuungsrechtes in NRW; FuR 1994, 284
  • Walther: Förderung von Betreuungsvereinen; BtMan 2009, 126
  • Wessels: Die Rolle des Betreuungsvereins, BtPrax 1992, 96
  • Winterstein: Die Landesausführungsgesetze und die Förderung von Betreuungsvereinen; BtPrax 1995, 194
  • Würtz/Just: Bezirksrevisor ./. Betreuungsverein, BtPrax 1993, 13

Weblinks


Infos zum Haftungsausschluss



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