Betreuungsrechtsreform: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Markierungen: Mobile Web-Bearbeitung Mobile Bearbeitung
Zeile 33: Zeile 33:
 
Das Reformpaket umfasst u. a. folgende Bereiche:
 
Das Reformpaket umfasst u. a. folgende Bereiche:
  
*Das Vormundschafts- und das Betreuungsrecht werden insgesamt modernisiert und neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur [[Vermögenssorge]], zu [[Aufsicht]] des Gerichts sowie zum [[Aufwendungsersatz]] (§ 1877 BGB 2023) und zur [[Vergütung]] (§ 1876 BGB 2023) werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und – soweit erforderlich – an das Betreuungsrecht angepasst.
+
*Das Vormundschafts- und das Betreuungsrecht werden insgesamt modernisiert und neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden [[wikipedia:de:Vormundschaft|Vormundschaftsrechts]] zur [[Vermögenssorge]], zu [[Aufsicht]] des Gerichts sowie zum [[Aufwendungsersatz]] (§ 1877 BGB 2023) und zur [[Vergütung]] (§ 1876 BGB 2023) werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und – soweit erforderlich – an das Betreuungsrecht angepasst.
 
*Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, die [[Selbstbestimmung]] und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinne von Artikel 12 [[UN-Behindertenrechtskonvention]] zu stärken (§ 1821 BGB 2023).
 
*Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, die [[Selbstbestimmung]] und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinne von Artikel 12 [[UN-Behindertenrechtskonvention]] zu stärken (§ 1821 BGB 2023).
 
*Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes [[Selbstbestimmung|selbstbestimmtes Handeln]] gewährleistet und der Betreuer das Mittel der [[gesetzliche Vertretung|Stellvertretung]] nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist (§ 1823 BGB 2023).
 
*Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes [[Selbstbestimmung|selbstbestimmtes Handeln]] gewährleistet und der Betreuer das Mittel der [[gesetzliche Vertretung|Stellvertretung]] nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist (§ 1823 BGB 2023).
 
*Der Vorrang der [[Wunscherfüllung|Wünsche des Betreuten]] wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das [[Betreuerpflichten|Betreuerhandeln]], die [[Betreuerauswahl|Eignung des Betreuers]] (§ 1816 BGB 2023) und die Wahrnehmung der gerichtlichen [[Aufsicht]] gilt.
 
*Der Vorrang der [[Wunscherfüllung|Wünsche des Betreuten]] wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das [[Betreuerpflichten|Betreuerhandeln]], die [[Betreuerauswahl|Eignung des Betreuers]] (§ 1816 BGB 2023) und die Wahrnehmung der gerichtlichen [[Aufsicht]] gilt.
*Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des [[Betreuungsverfahren]]s besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der [[Betreuerbestellung]], in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht (§ 1862 BGB 2023).
+
*Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des [[Betreuungsverfahren]]s besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der [[Betreuerbestellung]], in die [[Betreuerauswahl|Auswahl]] des konkreten Betreuers, aber auch in dessen [[Aufsicht|Kontrolle]] durch das [[Betreuungsgericht]] (§ 1862 BGB 2023).
 
*Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtlichen Betreuern]] wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten [[Betreuungsverein]] im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt.
 
*Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtlichen Betreuern]] wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten [[Betreuungsverein]] im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt.
 
*Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der [[Berufsbetreuer|beruflichen Betreuung]] soll ein formales [[Registrierung]]sverfahren mit persönlichen und fachlichen [[Betreuervorschlag|Mindesteignungsvoraussetzungen]] für berufliche Betreuer eingeführt werden.
 
*Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der [[Berufsbetreuer|beruflichen Betreuung]] soll ein formales [[Registrierung]]sverfahren mit persönlichen und fachlichen [[Betreuervorschlag|Mindesteignungsvoraussetzungen]] für berufliche Betreuer eingeführt werden.
Zeile 46: Zeile 46:
 
*Im Bereich der Betreuerentschädigung sollen folgende Änderungen erfolgen:  
 
*Im Bereich der Betreuerentschädigung sollen folgende Änderungen erfolgen:  
 
**Erhöhung der [[Aufwandspauschale]] auf 425 € (§ 1878 BGB 2023),  
 
**Erhöhung der [[Aufwandspauschale]] auf 425 € (§ 1878 BGB 2023),  
**Wegfall des Vergütungsverbots für Betreuungsvereine
+
**Wegfall des Vergütungsverbots für [[Betreuungsverein]]e
 
**Auszahlung der [[Betreuervergütung]] im quartalsweisen Dauerverfahren,  
 
**Auszahlung der [[Betreuervergütung]] im quartalsweisen Dauerverfahren,  
 
**[[Mittellosigkeit]]sberechnung nur noch anhand des Vermögens (§ 1880 BGB 2023).  
 
**[[Mittellosigkeit]]sberechnung nur noch anhand des Vermögens (§ 1880 BGB 2023).  
**Berufsbetreuer/innen sollen in der Vergütung verlässlich eingestuft werden, um [[Stundensatz|Rückstufungen]] zu vermeiden.  
+
**[[Berufsbetreuer]]/innen sollen in der Vergütung verlässlich eingestuft werden, um [[Stundensatz|Rückstufungen]] zu vermeiden.  
 
**Zu den weiteren bereits 2019 in Kraft getretenen Änderungen siehe unter [[Vergütungsreform 2019]].
 
**Zu den weiteren bereits 2019 in Kraft getretenen Änderungen siehe unter [[Vergütungsreform 2019]].
  

Version vom 26. Juni 2022, 08:55 Uhr

Basisdaten
Volltitel: Gesetz zur Reform des Vormundschafts-
und Betreuungsrechts
Kurztitel: Betreuungsreformgesetz
Abkürzung: VBRRG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Betreuungsrecht
Fundstellennachweis: 404-33
Datum des Gesetzes: 4.5.2021 (BGBl. I S. 882)
Inkrafttreten: 01.01.2023

Informationen zur neuen Reform des Betreuungsrechtes

Das Betreuungsrecht sowie das Vormundschaftsrecht werden erneut geändert. Von Mitte 2018 bis Ende 2019 fanden vorbereitende Gespräche in einer interdiziplinären Arbeitsgruppe beim Bundesjustizministerium statt. Im Juni 2020 wurde ein Referentenentwurf vorgelegt und Ende September 2020 ein Regierungsentwurf dem Bundesrat zugeleitet. Der Bundestag hat am 5.3.2021 das Gesetz verabschiedet. Am 26. März 2021 hat der Bundesrat das parlamentarische Verfahren durch seine Zustimmung abgeschlossen. Ein Inkrafttreten der Neuregelungen ist für den 1.1.2023 beschlossen und am 12.5.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden.

Übersicht über die Änderungen

Lupe.jpg

Das Reformpaket umfasst u. a. folgende Bereiche:

Zeitplan zur Gesetzesreform

Beabsichtigt ist folgende Zeitschiene:

  • 23.6.2020 Referentenentwurf
  • 23.9.2020 Regierungsentwurf, Zuleitung an Bundesrat
  • 6.11.2020 (Bundesrat 1. Durchgang: Stellungnahme Bundesrat, Gegenäußerung der Bundesregierung)
  • 26.11.2020 Bundestag 1. Lesung
  • 16.12.2020 Anhörung Sachverständige im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages
  • 3.3.2021 Stellungnahme des Rechtsausschusses des Bundestags
  • 5.3.2021 Bundestag 2./3. Lesung: Gesetzesbeschluss
  • 26.3.2021 Bundesrat 2. Durchgang: Zustimmung zum Gesetz
  • 4.5.2021 Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten
  • 12.5.2021 Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt
  • 21.3.2022 "Reparaturnovelle"; Regierungsentwurf
  • 19.5.2022 Bundestag beschließt Reparaturnovelle
  • 10.6.2022 Bundesrat billigt Reparaturnovelle
  • 8.7.2022 Bundesratsbeschluss zur Betreuerregistrierungsverordnung
  • 1.1.2023: Inkrafttreten des Gesetzes (inkl. Reparaturnovelle und Registrierverordnung)
  • 1.7.2023: Frist zur Registrierung für "Bestandsbetreuer" (nur dann mit Sachkundenachweis, wenn sie nach dem 1.1.2020 die Tätigkeit begonnen haben)
  • 1.1.2024: Überprüfung der Betreuungen mit Aufgabenkreis alle Angelegenheiten /Art. 229 § 54 Abs. 3 EGBGB)
  • 1.1.2025 Evaluation der 2019 eingeführten Betreuervergütung
  • 30.6.2025: Vorlage des Sachkundenachweises für Bestandsbetreuer sowie längste Frist für vorläufige Registrierung von Neubetreuern
  • 1.1.2028 Überprüfung der Aufgabenbereiche, Art. 229 § 54 Abs.4 EGBGB

Materialien zur Gesetzesreform

Die Materialien zum Gesetzentwurf werden an dieser Stelle verlinkt.

Weblinks

Synopsen

Arbeitshilfen für Behörden

Literatur zur Reform

Bücher

Zeitschriftenbeiträge

  • Berger/Patrin: Vormundschaftsrechtsreform, "Was kommt auf die Vereine zu", JAmt 2021, 8
  • Bienwald: Zu einigen Reformanforderungen des BdB; Rofl-Stud 2021, 203
  • Braun: Mehr Selbstbestimmung im Betreuungsrecht; ZRP 2020, 201
  • Brosey: Reform des Betreuungsrechts: § 1821 BGB-E; BtPrax 2020, 161
  • Deinert: Änderungen des Betreuerstatus sowie der Rechte und Pflichten von Berufsbetreuern; BtPrax 2020, 169
  • Dieckmann: 30 Jahre Betreuungsrecht - Auf dem Weg zur Vollendung einer Jahrhundertreform, BtPrax 2022, 3
  • Dodegge: Vom Wohl des Betroffenen zu dessen Wünschen und Willen – neue Maßstäbe für die Betreuertätigkeit; FamRZ 2022, 844
  • Dürbeck: Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts v. 25.9.2020; FamRZ 2020, 1789
  • Dutta: Handlungsbefugnisse von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge, FamRZ 2020, 1881
  • Engel: Ehrenamt und Betreuungsverein im reformierten Betreuungsrecht; BtPrax 2020, 197
  • Fröschle/Pelkmann: Reformen im Betreuungsrecht - Verein und Behörde; BtPrax 2020, 165
  • Gottwald: Die neue Prozessfähigkeit bei rechtlicher Betreuung, FamRZ 2022, 331
  • Grziwotz: Struktureller Wandel des Betreuungsrechts? ZRP 2020, 248
  • Harm: Das neue Verfahren zur Wohnungsaufgabe ab 2023; BtPrax 2021, 174
  • Hoffmann: Kooperation zwischen Familiengericht und Vormundin nach dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, JAmt 2021, 2
  • Horn: Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts - fast der große Wurf, ZEV 2020, 748
  • Krämer: Die neue Funktion der Betreuungsbehörden nach der

Reform des Betreuungsrechts; FamRZ 2022, 927

  • Kurze: Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts; Berliner Anwaltsblatt 2020, 446
  • Leipold: Schutz der Testierfreiheit vor geldgierigen Berufsbetreuern: ein neues Urteil und ein neues Gesetz (§ 30 BtOG); ZEV 2021, 485
  • Mazur: Reform des Betreuungsrechts aus richterlicher Sicht, BtPrax 2021, 128 (Teil 1), BtPrax 2021, 168 (Teil 2)
  • Offergeld/Alabasse: Redet mit uns... und informiert uns! BtPrax 2020, 203
  • Pelkmann: Selbstbestimmung im Horizont von Möglichkeitsbedingungen; BtPrax 2021, 88
  • Pohlmann: Der Mensch im Mittelpunkt; BtPrax 2022, 7 und BtPrax 2022, 45
  • Reh: Die Auswahl und Typisierung des Betreuers im Lichte des zum 1.1.2023 in Kraft tretenden Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts; FamRZ 2022, 673
  • Schneider: Die Neuregelung des Betreuungsrechts; FamRZ 2020, 1796
  • Schneider: Reform des Betreuungsrechts - die Bestellung des Betreuers; BtPrax 2021, 9
  • Schnellenbach/Normann-Scheerer/Loer: Der Referentenentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts; BtPrax 2020, 119 sowie Ergänzung in BtPrax 2021, 83
  • Scholz, Der Betreuer als Unternehmer? Zu den Sorgfaltspflichten bei Unternehmensfortführung und Beteiligungsverwaltung im geltenden Recht und in der Reform des Betreuungsrechts, FamRZ 2020, 1693
  • Schwab: Die große Paragraphenwanderung und mehr; FamRZ 2020, 1321
  • Thar: Neue Herausforderungen für die berufliche Betreuung nach der Reform des Betreuungsrechts; BtPrax 2022, 8
  • Thielke: Anfangsbericht - Anfangsgespräch - Jahresbericht - Schlussbericht; BtPrax 2022, 39
  • Walther/Bürkel: Das BtOG – Neue Aufgaben für Betreuungsbehörden. Eine kritische Analyse; BtPrax 4/2021
  • Wiegel: Anregungen und Ideen zur Betreuungsrechtsreform; BtPrax 2021, 18
  • Zimmermann: Der Betreuer als Erbe des Betreuten: jetzt und ab 2023; ZErb 2021, 418

Siehe auch