Betreuerwechsel: Unterschied zwischen den Versionen

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==Falschabrechnung des Betreuers==
 
==Falschabrechnung des Betreuers==
  
Seit dem 1.7.2005 steht es direkt im Gesetz: Gem. § 1908 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein Betreuer zu entlassen, wenn er vorsätzlich eine Abrechnung falsch erteilt hat. Das OLG Köln stellt in einer Entscheidung vom 30.6.2006 (Az.: 16 Wx 102/06) klar, dass auch ein vor der Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz erfolgter Abrechnungsbetrug zu einer Entlassung führen kann und dass mögliche Versäumnisse des Vormundschaftsgerichts – das die Vergütungsanträge möglicherweise nicht ausreichend genau überprüft hatte – den Betreuer nicht entlasten.
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Seit dem 1.7.2005 steht es direkt im Gesetz: Gem. § 1908 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein Betreuer zu entlassen, wenn er vorsätzlich eine Abrechnung falsch erteilt hat. Das OLG Köln stellt in einer Entscheidung vom 30.6.2006 ({{Rspr|16 Wx 102/06}}) klar, dass auch ein vor der Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz erfolgter Abrechnungsbetrug zu einer Entlassung führen kann und dass mögliche Versäumnisse des Vormundschaftsgerichts – das die Vergütungsanträge möglicherweise nicht ausreichend genau überprüft hatte – den Betreuer nicht entlasten.
  
 
==Entlassung auf Antrag des Betreuten==
 
==Entlassung auf Antrag des Betreuten==

Version vom 16. Oktober 2008, 12:57 Uhr

Für den Betreuten kann es nachteilig sein, wenn sein Betreuer ausgetauscht wird und er sich an eine neue Person gewöhnen muss. Deshalb soll ein Wechsel in der Betreuung nach Möglichkeit vermieden werden. Im Jahre 2007 wurden 33.717 neue Betreuerbestellungen nach Betreuerwechsel vorgenommen. Dies bedeutet, dass bei rund 3,5 % aller Betreuten ein solcher Wechsel stattfand.

Betreuerwechsel 2007

Antrag des Betreuers, wenn Unzumutbarkeit vorliegt

Ein Betreuer kann, wenn ihm die Betreuung aufgrund neu eingetretener Umstände nicht mehr zugemutet werden kann, seine Entlassung beim Vormundschaftsgericht verlangen (§ 1908b Abs. 2 BGB).

Aufgrund der weiten Fassung der Bestimmung können alle in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob sie in der Person des Betreuers, des Betroffenen oder eines Dritten liegen. Dies betrifft familiäre, berufliche oder persönliche Umstände. Solche Umstände können z.B. sein, dass eine Überforderung mit den Bestimmungen für die Betreuertätigkeit vorliegt. Weiter kann es sein, dass der Betreute den Betreuer ständig belästigt oder bedroht oder von ihm erheblich mehr Zeit an Betreuertätigkeit verlangt, als der Betreuer erbringen kann. Auch ein beruflicher Wechsel beim Betreuer, z.B. in eine weit entfernte Stadt oder erhebliche Belastungen in der familiären Sphäre des Betreuers können eine solche Unzumutbarkeit begründen.

Der Richter hat bei der Prüfung, ob die Fortführung der Betreuung unzumutbar ist, das Interesse des Betreuers an seiner Entlassung gegen das Interesse des Betreuten, diesen Betreuer zu behalten, abzuwägen. Allein der Umstand, dass der Betreuer die Betreuung nicht mehr fortführen möchte, kann für sich genommen die Unzumutbarkeit nicht begründen. Bei dem Begriff der Unzumutbarkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff.

Die Frage, ob die vom Richter festgestellten Umstände in ihrer Gesamtheit die Merkmale des unbestimmten Rechtsbegriffs erfüllen, unterliegt als Rechtsfrage grundsätzlich der vollen Überprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde (BayObLGZ 2001, 149/151). Selbst eine in einem Einzelfall möglicherweise zu Unrecht erfolgte Vergütungskürzung muss nicht dazu führen, dass dem Betreuer die Betreuung nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. Schl.-Holst. OLG BtPrax 1997, 241). Wohl aber kann die durch das BtÄndG geschaffene neue Vergütungsregelung den Wunsch des Betreuers, entlassen zu werden, rechtfertigen (BayObLGZ 2001, 149).

Allerdings hat kein Betreuer das Recht, die Entlassung innerhalb eines von ihm bestimmten Zeitpunktes zu verlangen. Sicher wird das Vormundschaftsgericht sich bemühen, bei besonderer Eilbedürftigkeit schnell einen anderen Betreuer zu bestellen, aber feste Zeiträume i.S. von Kündigungsfristen gibt es nicht. Darüber sollte sich jedermann im Klaren sein, der sich zum Betreuer bestellen lässt und seine Zustimmung dazu nach (§ 1898 BGB gegeben hat

Rechtsprechung:

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Januar 1995, 3 Wx 347/94,:

1. Wird ein Betreuer gegen seinen Willen entlassen und bestellt das Amtsgericht gleichzeitig einen neuen Betreuer, so steht diesem kein eigenes Beschwerderecht zu, wenn das Landgericht die Entlassung des ursprünglichen Betreuers aufhebt und die Neubestellung rückgängig macht. 2. Zu den Voraussetzungen eines Betreuerwechsels nach § 1908 b Abs. 3 BGB.

Fehlende Eignung

Betreuerwechsel bei fehlender Eignung des Betreuers für die Betreuertätigkeit

Ein weiterer Grund der Beendigung der Betreuung aus Sicht des Betreuers ist neben dem Tod des Betreuten die Entlassung aus wichtigem Grund (z.B. bei langer Krankheit des Betreuers oder weil ein vorrangig zu Bestellender nun zur Verfügung steht).

Die mangelnde Eignung, die einen vom Gesetz besonders hervorgehobenen wichtigen Grund für die Entlassung darstellt, bezieht sich auf die physischen und psychischen Eigenschaften des Betreuers (BayObLG FamRZ 1994, 1353). Dieser muss zur Führung seines Amts tauglich sein. Es genügt jeder Grund, der den Betreuer nicht mehr als geeignet im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB erscheinen lässt, um seine Entlassung herbeizuführen (BayObLG NJWE-FER 2000, 11 m.w.N.). Ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung liegt vor, wenn der Betreuer zwar keine Eignungsmängel aufweist, ein Betreuerwechsel aber dennoch im Interesse des Betreuten liegt, weil es dessen Wohl mehr als unerheblich schaden würde, bliebe der Betreuer im Amt (BayObLG FamRZ 1994, 1353; 1996, 1105). Die Anwendung des Begriffs wichtiger Grund setzt eine genaue, durch Tatsachen gestützte Abwägung der beteiligten Interessen voraus (BayObLG FamRZ 1994, 323).

Eine Entlassung gegen den Willen des Betreuers ist nur zulässig, wenn sie das einzige Mittel ist, das Wohl des Betreuten zu sichern. Zunächst hat das Vormundschaftsgericht sein Aufsichts- und Weisungsrecht (§ 1837 Abs. 2 BGB) einzusetzen. Gegen den Entlassungsbeschluss steht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zur Verfügung (§ 69g FGG). Es kommt vor, dass eine als Betreuer ausgewählte Person von Anfang an nicht geeignet war, als Betreuer tätig zu werden. Solche Fehlentscheidungen sollen zwar vermieden werden, insbesondere durch Einbindung der Betreuungsbehörde (§ 8 Betreuungsbehördengesetz), lassen sich aber nicht immer vermeiden.

Wer z.B. nicht in der Lage ist, die Interessen des Betreuten gegenüber Dritten wie Behörden, Vermietern oder anderen Vertragspartnern zu vertreten, ist in der Regel ungeeignet. Das gleiche gilt für Personen, die auch mit Hilfestellung von Vereinen und Betreuungsbehörden ihre Pflichten gegenüber dem Betreuten und dem Vormundschaftsgericht nicht wahrnehmen können oder sich sogar am Vermögen des Betreuten bereichern (Untreue).

Die Entlassung des Betreuers kann gerechtfertigt sein,

  • wenn er den ihm übertragenen Aufgabenkreis nur unzulänglich und unter Gefährdung der Interessen des Betroffenen bewältigen kann (BayObLG FamRZ 1999, 1169/1170);
  • er nicht willens oder nicht in der Lage ist, den ihm über tragenen Aufgabenkreis zum Wohl des Betreuten wahrzunehmen; ein entgegenstehender Wille des Betroffenen oder verwandt schaftliche oder sonstige Bindungen hindern die Entlassung des Betreuers nicht (BayObLG FamRZ 1996, 1105; 2000, 1183 LS);
  • er seinen Aufgaben nicht gewachsen ist, etwa mit der rechtlichen Beurteilung von Verträgen überfordert ist (BayObLG FamRZ 2000, 514);
  • er nicht sicherstellen kann, dass der Betroffene vor kör perlichen Übergriffen des Ehepartners des Betreuers geschützt ist (BayObLG BtPrax 2000, 123);
  • sich die bei seiner Bestellung noch positive Eignungsprognose nicht erfüllt hat (BayObLG NJWE-FER 1998, 273);
  • er wiederholt und über einen längeren Zeitraum gegen seine Berichtspflichten verstößt (BayObLG FamRZ 1996, 509) oder seiner Verpflichtung zur Rechnungslegung nicht nachkommt (BayObLG FamRZ 1996, 1105).
  • Interessenkollisionen in Vermögensbelangen auftreten (BayObLG FamRZ 1996, 1105/1106). Hierbei muss es sich um konkrete Gefahren handeln (BayObLG BtPrax 2001, 37/38).

Das Wohl des Betroffenen hat im Vordergrund zu stehen, bei der Auswahl des neuen Betreuers ist der Rechtsgedanke des § 1897 Abs. 4 BGB auch hier zu beachten (BayObLG BtPrax 2001, 163/164). Hingegen rechtfertigt das fehlende Einverständnis des Betreuten mit einer Maßnahme seines Betreuers für sich allein nicht dessen Entlassung (BayObLG FamRZ 1996, 509).

Bisweilen wird die Eignung, die Angelegenheiten für den Betreuten zu besorgen, auch später beeinträchtigt, z.B. durch schwere Erkrankung des Betreuers.

Der bisherige Betreuer hat kein Recht auf Beibehaltung „seiner“ Betreuung. Jedoch kann er in seinen Rechten beeinträchtigt sein, wenn die Betreuung ohne seine vorherige Anhörung und damit unter Verletzung des rechtlichen Gehörs entzogen worden ist. In solch einem Falle kann er das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen.

Rechtsprechung:

LG Mainz, Beschluss vom 14.12.1992, 8 T 254/92 :

Eine Entlassung des bisherigen Betreuers kommt trotz dessen Einverständnis nicht in Betracht, wenn der vorgeschlagene neue Betreuer nicht gleich geeignet ist. Der in § 1897 Abs. 5 bekundete Vorrang der persönlichen Betreuung rechtfertigt nicht grundsätzlich einen Betreuerwechsel.

BayObLG, Beschluss vom 22.12.1994, 3Z BR 293/94 :

1. Die Beschwerdeberechtigung des Betreuers nach seiner Entlassung ergibt sich aus § 20 FGG, nicht aus § 69 g Abs. 1 FGG. 2. Entlassung eines Betreuers wegen Pflichtverletzung.

BayObLG, Beschluss vom 10.11.1995, 3Z BR 267/95:

Ein Betreuer, der wiederholt und über einen längeren Zeitraum gegen seine Berichtspflichten verstößt, kann entlassen werden.

OLG Schleswig, Beschluss vom 18.11.2005, 2 W 185/05

Ein wichtiger Grund für die Entlassung eines Betreuers kann darin liegen, dass dieser trotz mehrerer Aufforderungen sowie einer Fristsetzung mit Entlassungsandrohung seiner Berichts- und Rechnungslegungspflicht nicht nachgekommen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn das VormG infolge des Verhaltens des Betreuers seine Aufsichts- und Kontrollfunktion nicht mehr sachgerecht wahrnehmen kann. Auch der Umstand, dass der Betreuer über einen langen Zeitraum jedwede Kooperation mit dem VormG verweigert, kann einen wichtigen Grund für die Entlassung abgeben.

OLG München, Beschluss vom 04.05.2005, 33 Wx 10/05

Die Entlassung eines Betreuers, dem die Vermögenssorge obliegt, kann darauf gestützt werden, dass er nicht in der Lage ist, die Differenz von mehreren tausend Euro zwischen nachgewiesenen Fahrtkosten und tatsächlich dem Vermögen des Betroffenen entnommenen Aufwendungsersatz für Fahrtkosten nachvollziehbar zu erläutern.

OLG Köln, Beschluss vom 30.06.2006, 16 Wx 102/06:

Eine rechtskräftige Verurteilung des Betreuers wegen Betrugs, der überhöhte Abrechnungen seiner Leistungen in einer Vielzahl von Fällen und über einen langen Zeitraum hinweg zugrunde liegen, begründet ernsthafte Zweifel an der Zuverlässigkeit dieses Betreuers und können – insbesondere wenn er mit der Vermögenssorge betraut ist - seine Entlassung rechtfertigen.

OLG München, Beschluss vom 25.01.2007, 33 Wx 6/07 - Keine Ungeeignetheit des Betreuers bei Ablehnung lebenserhaltender Maßnahmen:

Ein Betreuer ist nicht allein deshalb als ungeeignet zu entlassen, weil er lebenserhaltende Maßnahmen gegenüber dem Betroffenen unter Berufung auf dessen unterstellten Willen ablehnt. Die unterlassene Einholung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vor einem Behandlungsabbruch (hier: Einstellung der Sondenernährung) stellt keinen Pflichtverstoß des Betreuers dar, wenn der Arzt die weitere Behandlung nicht für medizinisch indiziert hält und deshalb nicht "anbietet".

BayObLG, Beschluss vom 13.10.2004, 3Z BR 173/04: Betreuerwechsel nach Störung des Vertrauensverhältnisses begründet

Ein wichtiger Grund für einen Betreuerwechsel kann auch dann vorliegen, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Betroffenen und seinem Betreuer gestört ist und der Betroffene aus diesem Grund eigenständig und ernsthaft einen anderen Betreuer wünscht. Besteht wie hier zwischen Geschwistern ein beständiger Streit und fühlt die Betroffene sich vom betreuenden Bruder bevormundet, dann erscheint der Bruder als Betreuer nicht mehr geeignet.

OLG München, Beschluss vom 24.08.2006, 33 Wx 222/05

1. Hebt das AG eine Betreuung auf, weil es den bisherigen Betreuer wegen mangelnder Eignung entlassen muss und der geschäftsfähige Betroffene die Bestellung eines anderen Betreuers ablehnt, so steht dem bisherigen Betreuer ausnahmsweise eine Beschwerdebefugnis gegen die Aufhebung der Betreuung zu.

2. Stellt sodann das Beschwerdegericht fest, dass mangels psychischer Erkrankung eine Betreuung nicht mehr erforderlich ist, so kann es die insoweit nicht entscheidungserhebliche Frage der Eignung des Betreuers und seine Pflichtverletzungen nicht zu einem eigenständigen Gegenstand des Beschwerdeverfahrens machen.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 5.4.2007, 11 Wx 4/07:

Die sofortige weitere Beschwerde weist mit Recht darauf hin, dass die Bestellung eines Verfahrenspflegers im Beschwerdeverfahren unterblieben ist. Nach § 69 i Abs. 7 FGG hat das Gericht den Betroffenen anzuhören, wenn es eine Entlassung des Betreuers beabsichtigt. Mit dem Merkmal der Entlassung ist nicht nur die vollständige Entziehung des Betreueramts gemeint, sondern ausreichend ist insoweit schon - wie hier - der Entzug einzelner Aufgabenkreise, der gleichzeitig einem anderen Betreuer übertragen wird.

Falschabrechnung des Betreuers

Seit dem 1.7.2005 steht es direkt im Gesetz: Gem. § 1908 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein Betreuer zu entlassen, wenn er vorsätzlich eine Abrechnung falsch erteilt hat. Das OLG Köln stellt in einer Entscheidung vom 30.6.2006 (16 Wx 102/06) klar, dass auch ein vor der Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz erfolgter Abrechnungsbetrug zu einer Entlassung führen kann und dass mögliche Versäumnisse des Vormundschaftsgerichts – das die Vergütungsanträge möglicherweise nicht ausreichend genau überprüft hatte – den Betreuer nicht entlasten.

Entlassung auf Antrag des Betreuten

Dem Leitbild des Betreuungsrechts, dem Willen des Betreuten möglichst Geltung zu verschaffen, folgt § 1908b Abs. 3 BGB, der bestimmt, dass das Gericht den Betreuer entlassen kann, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme der Betreuung bereit ist, vorschlägt. Der Vorschlag des Betroffenen ist aber für das Gericht nach Sinn und Zweck der Regelung nicht schlechthin verbindlich. § 1908b Abs. 3 BGB räumt dem Tatrichter schon dem Wortlaut nach ein Ermessen ein (BayObLG FamRZ 1994, 1353), bei dessen Ausübung er zu berücksichtigen hat, dass dem Wunsch des Betroffenen bezüglich der Person seines Betreuers besonderes Gewicht zukommt (vgl. § 1897 Abs. 4 BGB).

Rechtsprechung:

Beschluss des BayObLG, 3Z BR 54/93, BtPrax 93, 171: Betreuervorschlag durch den Betreuten:

1. Der Grundgedanke von (§ 1897 Abs. 4 BGB (Berücksichtigung von Wünschen des Betreuten) ist auch im Rahmen von § 1908b BGB zu beachten.

2. Der Wunsch des Betreuten auf Bestellung eines neuen Betreuers ist unabhängig von der Geschäftsfähigkeit des Betreuten zu berücksichtigen.”

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.1994, 3 Wx 494/94 :

1. Zur Entlassung eines Betreuers ist das Vormundschaftsgericht nur im Verhältnis zum Betroffenen, nicht auch gegenüber dessen nahen Angehörigen verpflichtet. 2. Die Ablehnung der Entlassung eines Vermögensbetreuers begründet auch dann kein Beschwerderecht für einen Angehörigen, wenn dieser seine eigene Betreuerbestellung erstrebt. 3. Die Beschwerdebefugnis aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG ist nicht zur Wahrnehmung von Eigeninteressen verliehen.

BezG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 30.03.1993, 11 T 7/93:

1. Die sofortige Beschwerde findet statt gegen eine Entscheidung, durch die der Betreuer gegen seinen Willen entlassen worden ist. 2. Eine Entscheidung, mit der der Betreuer ohne Angaben von Gründen entlassen wird, enthält einen schweren Mangel und verstößt gegen § 12 FGG.

LG München I, Beschluss vom 20.03.1995, 13 T 5118/95:

Verwandte des Betreuten sind nicht berechtigt, gegen den eine Entlassung des Betreuers ablehnenden Beschluß Beschwerde einzulegen.

BayObLG, Beschluss vom 28.07.2004, 3Z BR 094/04, BtPrax 2004, 240; FamRZ 2005, 390

Auswechslung des Betreuers auf Wunsch des Betreuten und Entlassung des Betreuers gegen seinen Willen

1. Eine Auswechslung des Betreuers auf Wunsch des Betreuten kann durch das Vormundschaftsgericht nur dann vorgenommen werden, wenn der Betroffene aus eigenem Antrieb die Auswechslung des Betreuers anstrebt und auf Grund eigenständiger Wiilensbildung einen bestimmten neuen Betreuer wünscht.

2. Voraussetzung für eine Entlassung des Betreuers gegen seinen Willen wegen fehlender Eignung oder aus einem anderen wichtigen Grund ist grundsätzlich, dass das Wohl des Betreuten bei einer fortbestehenden Betreuerstellung entweder nicht oder erheblich schlechter gewahrt ist als bei einer Betreuerauswechslung.

BayObLG, Beschluss vom 22.09.2004, 3Z BR 150/04

Ein Vorschlag des Betreuten, für ihn einen anderen, von ihm benannten Betreuer zu bestellen, ist nur dann ein maßgebliches Kriterium für einen Betreuerwechsel, wenn dieser Vorschlag auf einer ernsthaften und auf Dauer angelegten eigenständigen Willensbildung beruht. Wird gegen die Entlassungsentscheidung des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt, ist hinsichtlich dieses Kriteriums auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung abzustellen.

OLG Jena, Beschluss vom 17.12.2002, 6 W 517/02 :

Wird im Verfahren gem. § 1908b Abs. 3 BGB, der im vorliegenden Betreuungsverfahren allein in Betracht kommenden Vorschrift, die Entlassung des Betreuers abgelehnt, richtet sich die Beschwerdeberechtigung ausschließlich nach § 20 Abs. 1 FGG. Beschwerdeberechtigt sind die Betreute, der Betreuer und die Verfahrenspflegerin. Dritte haben kein Beschwerderecht

Wechsel von beruflicher zu ehrenamtlicher Betreuung

Soweit bisher ein Berufsbetreuer bestellt ist ((§ 1897 Abs. 6 BGB), soll dieser entlassen werden wenn der Betreute durch eine oder mehrere andere Personen außerhalb einer Berufsausübung betreut werden kann.

Rechtsprechung dazu:

LG Duisburg, BtPrax 2000, 43; LG Saarbrücken, BtPrax 2000, 266:

Entlassung des Berufsbetreuers zugunsten ehrenamtlichen Betreuers hat dann zu erfolgen, wenn die wesentlichen Angelegenheiten, die professionelles Wissen und Können verlangen, geregelt sind und ein geeigneter ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht. Dies ist zu begründen.

LG Chemnitz, FamRZ 2000, Heft 20, S. II = FamRZ 2001, 313:

Eine Entlassung des bestellten beruflich tätigen Betreuers nach (§ 1908b Abs. 1 S. 2 BGB ist dann nicht erforderlich, wenn er die bisher beruflich geführte Betreuung als ehrenamtlicher Betreuer weiterführt:

OLG Jena, Beschluss vom 17.12.2002, 6 W 517/02

Durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz wurde in § 1908b Abs. 1 Satz 2 BGB niedergelegt, dass das Gericht einen bestellten Berufsbetreuer entlassen soll, sobald der Betreute durch einen oder mehrere andere ehrenamtliche Betreuer betreut werden kann. Damit ist der ehrenamtlichen Betreuung bewusst der Vorrang vor der beruflich geführten Betreuung gegeben worden, um die Bestellung überqualifizierter Betreuer zu vermeiden und die Staatskasse bei Mittellosigkeit des Betreuten zu schonen (vgl. Senatsbeschluss vom 18.09.2000, 6 W 489/00, FGPrax 2000, 239). Die Entlassung ist allerdings nicht zwingend. Sie kann unterbleiben z.B. bei starker persönlicher Bindung, wie umgekehrt erfolgen trotz eines gegenteiligen Wunsches des Betreuten (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 1105).

Nach § 1908b Abs. 3 BGB hingegen kann das Vormundschaftsgericht den Betreuer entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person als neuen Betreuer vorschlägt. Dem Wortlaut der Vorschrift nach muss der Betreute eine bestimmte Person benennen; eine Personenmehrheit zur Auswahl des Gerichts entspricht dem nicht (Staudinger-Bienwald, §§ 1896-1921 BGB, Bd. IV, 13. Bearb., 1999, § 1908b Rz.: 32; MüKo-Schwab, § 1908b Rz. 15). Die unklare Betreuerbestimmung im Antrag vom 21.03.2002 hätte das Gericht durch einen Hinweis versuchen müssen aufzuklären. Ebenso den Umstand, dass dem Antrag der Betroffenen bislang keine Übernahmeerklärung des zukünftigen Betreuers beigefügt war. Erst wenn ein Antrag sämtliche notwendigen Bestandteile enthält, tritt das Gericht - der Rechtspfleger gem. § 3 Nr. 2 lit. a RPflG - in die Sachprüfung ein, die sich darauf zu erstrecken hat, ob der Wunsch ernsthaft ist, der Vorgeschlagene „gleich geeignet" ist, ob er zur Übernahme bereit ist, ob gegebenenfalls die Einwilligung des Anstellungsträgers (noch im Zeitpunkt der Entscheidung) vorliegt, ob Hinderungsgründe gesetzlicher Art bestehen, ob Hinderungsgründe ähnlich denen des § 1897 Abs. 5 BGB (Gefahr von Interessenskonflikten) bestehen, die dem Wohl des Betreuten abträglich sein können. Insbesondere kann der Wunsch der Betreuten dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Einfluss eines Dritten festgestellt ist und der den Einfluss ausübende Dritte ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Wechsel des Betreuers hat (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 1234; BayObLG FamRZ 1994, 1353).

BayObLG, Beschluss vom 23.03.2005, 3Z BR 143/04 : Berufsmäßiger Betreuer muss nicht entlassen werden, wenn ehrenamtlicher Betreuer zur Übernahme der Betreuung bereit ist:

Die Bestimmung des § 1908b Abs. 1 Satz 2 BGB zwingt nicht dazu, einen berufsmäßigen Betreuer zu entlassen, wenn eine ehrenamtlich tätige Person zur Übernahme der Betreuung bereit ist. Auch im Rahmen dieser Vorschrift ist Maßstab für die zu treffende Entscheidung über die Entlassung des Betreuers, ob sie dem Wohl des Betroffenen entspricht.

Amtsgericht Kassel, Beschluss 784a XVII 133/04 vom 19.1.2006, BtPrax 2006, 115 = FamRZ 2006, 1484:

Werden anstelle des bisherigen Berufsbetreuers zwei Betreuer bestellt, davon einer Berufsbetreuer und der andere ehrenamtlicher Betreuer (mit unterschiedlichen Aufgabenkreisen), wird dem bisherigen Berufsbetreuer keine Pauschalvergütung über das Betreuungsende hinaus entsprechend § 5 Abs. 5 VBVG gewährt.

OLG Hamm, Beschluss vom 6.9.2007; 15 W 143/07, FamRZ 2008, 92:

Die für den Fall des Wechsels von beruflicher zu ehrenamtlicher Betreuung in § 5 Abs. 5 VBVG vorgesehene Vergütungsberechnung findet auch dann Anwendung, wenn der zunächst berufsmäßig tätige Betreuer die Betreuung selbst ehrenamtlich weiterführt.

Entlassung von Vereins- oder Behördenbetreuern

Sofern ein Vereinsbetreuer oder ein Behördenbetreuer nach (§ 1897 Abs. 2 BGB bestellt ist, kann der Arbeitgeber dieser Personen jederzeit deren Entlassung beantragen.

Allerdings ist es hier möglich, dass das Vormundschaftsgericht stattdessen anordnet, dass der bisherige Vereins- oder Behördenmitarbeiter diese Betreuung als Einzelperson weiterführt (§ 1908b Abs. 4 BGB).

Ist der Betreuungsverein oder die Betreuungsbehörde selbst zum Betreuer bestimmt, so ist sie als Betreuer zu entlassen, sobald Einzelbetreuung möglich ist (§ 1908 b Abs. 5 BGB). Es besteht somit eine Mitteilungspflicht des Vereins bzw. der Behörde an das Gericht ((§ 1900 Abs. 3 BGB ).

Der persönlich bestellte Vereins- oder Behördenbetreuer (§ 1897 Abs. 2 BGB ) ist vom Gericht auf Verlangen des Vereins bzw. der Behörde zu entlassen (§ 1908 b Abs. 4 BGB ). Zum Wohle des Betreuten und mit Einverständnis des bisherigen Vereins- oder Behördenbetreuers kann dieser zum Einzelbetreuer bestellt werden.

Betreuerwechsel nach dem Tod des Betreuers

Nach dem Tod des Betreuers ist ebenfalls ein neuer Betreuer zu bestellen ((§ 1908c BGB). Der Erbe des Betreuers hat dessen Tod beim Vormundschaftsgericht zu melden ((§ 1894 BGB).

Wird nach dem Tod des Betreuers ein neuer Berufsbetreuer bestellt, kann im Bereich der Betreuervergütung dies jedenfalls dann nicht einer Erstbestellung mit entsprechend erhöhtem Stundenansatz gleichgestellt werden, wenn die zeitliche Lücke innerhalb der Betreuung drei Monate nicht überschreitet (OLG München, Beschluss 33 Wx 237/05 v. 9.2.2006, BtPrax 2006, 73 = BdB-Aspekte 58/06, 26 = FamRZ 2006, 647).

Anhörung des Betreuten

Nach dem Beschluss des OLG Brandenburg vom 5.4.2007; Az: 11 Wx 4/07 muss bei einer beabsichtigten Betreuerentlassung der Betroffene angehört werden. Wird die Entlassung des Betreuers beabsichtigt, so ist der Betroffene vom Gericht anzuhören (§ 69 i Abs. 7 FGG). Dies betrifft nicht nur die vollständige Entziehung des Betreueramtes, sondern auch den Entzug einzelner Aufgabenkreise, der sodann einem anderen Betreuer übertragen wird.


Beschwerderecht von Angehörigen

BGHZ 132,157 ; FamRZ 96,607; DAVorm 96,511; FGPrax 96,107; NJW 96,1825; MDR 96,714; JuS 96,750; BtPrax 97,28: Zur Beschwerdebefugnis naher Angehöriger des Betreuten hinsichtlich der Auswahl des Betreuers (hier verneint für die Ablehnung des Begehrens der Tochter, den bestellten Betreuer zu entlassen und ihr selbst die Betreuung zu übertragen).

Für die 1903 geborene, in einem Altenheim lebende Betroffene wurde 1992 auf Antrag ihrer Tochter ein Betreuer bestellt. Seinerzeit war diese nicht bereit, selbst die Betreuung zu übernehmen. Nachdem 1993 ihr Ehemann verstorben und 1994 ein weiterer Betreuer bestellt worden war, begehrte sie die Entlassung des Betreuers und die Übertragung der Betreuung auf sich selbst. Das AG lehnte das ab. Ihre Beschwerde blieb beim LG erfolglos. Die weitere Beschwerde der Tochter hat das OLG gem. § 28 II FGG vorgelegt, weil es abweichend von BayOLGZ 95, 305 eine Beschwerdebefugnis der Tochter in diesem Fall nicht verneinen will.

Der BGH teilt die Rechtsauffassung des OLG im Ergebnis: Schon die Erstbeschwerde hätte wegen Fehlens einer Beschwerdebefugnis verworfen werden müssen. Zwar können nahe Angehörige gegen die erstmalige Bestellung eines Betreuers Beschwerde auch mit dem Ziel einlegen, die eigene Person an die Stelle des ausgewählten Betreuers zu setzen, weil es sich dabei um eine zulässige Teilanfechtung der die Bestellung und Auswahl umfassenden Einheitsentscheidung nach § 69 Nr.2 FGG handelt. Hier geht es dagegen um die Entlassung gem.§ 1908b BGB und ggf. um die Neubestellung eines Betreuers gem.§ 1908c BGB. Gegen die Ablehnung der Entlassung richtet sich die Beschwerdebefugnis allein nach § 20 FGG. Ein Beschwerderecht Dritter aus § 57 Nr. 9 FGG scheidet hier aus, weil insoweit eine einschränkende gesetzliche Sonderregelung besteht. Für Angehörige besteht kein Recht, wegen des Vorliegens eines wichtigen Grundes die Entlassung eines Betreuers zu fordern. Es besteht nur eine Verpflichtung des Gerichts zur Entlassung des Betreuers im Verhältnis zum Betreuten. Nur dieser kann ggf. die Belange seiner Angehörigen nach § 66 FGG ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit und auch gegen den Willen eines gemäß § 67 FGG bestellten Verfahrenspflegers durch Einlegung eines Rechtsmittels geltend machen.

LG München, Beschluss vom 14.02.2007, 33 Wx 244/06:

Begehrt der Sohn der Betroffenen mit der Beschwerde die Entlassung der bestellten Betreuerin und die eigene Bestellung als Betreuer, ist diese Beschwerde mangels Beschwerdebefugnis unzulässig. Sein Entlassungsbegehren stellt lediglich eine Anregung an das Gericht dar, nach § 1908b BGB einzuschreiten. Für die Beschwerdebefugnis wird jedoch vorausgesetzt, dass in ein subjektives Recht der Beteiligten eingegriffen wird. Eine solche Verletzung liegt durch die Ablehnung der Entlassung der Betreuerin durch das erstinstanzliche Gericht nicht vor.

'OLG Köln, Beschluss vom 23.08.2006, 16 Wx 69/06 sowie 16 Wx 187/06:

Stellen nahe Angehörige eines Betreuten Anträge zu einem Betreuerwechsel, nachdem das ursprüngliche Betreuerwechselverfahren abgeschlossen wurde, so handelt es sich lediglich um Anregungen an das Vormundschaftsgericht, von Amts wegen tätig zu werden. Wird das Vormundschaftsgericht nicht tätig, so steht den Angehörigen keine Beschwerdebefugnis gegen diese Entscheidung zu.

Entlassung bei Betreuermehrheit

OLG München, Beschluss vom 07.02.2007, 33 Wx 210/06:

1. Bei gemeinschaftlicher Mitbetreuung ist es ein Entlassungsgrund für zumindest einen der beiden Betreuer, wenn die gesetzliche Voraussetzung der Mitbetreuung entfallen ist.

2. Die entsprechende Entscheidung des Vormundschaftsgerichts bedarf als Eingriff in die Rechte eines Beteiligten einer nicht nur formelhaft den Gesetzeswortlaut wiedergebenden Begründung. Das gilt vor allem dann, wenn im Vorfeld der Entscheidung mehrere Entlassungsgründe (hier: zerrüttetes Verhältnis der Mitbetreuer und mangelnde persönliche Eignung eines von ihnen) erörtert wurden.

3. Ficht der entlassene Betreuer die Entscheidung an und verlangt zugleich neben seiner Wiedereinsetzung die Entlassung des verbliebenen Betreuers, hilfsweise die Bestellung eines Dritten als Einzelbetreuer, hat grundsätzlich das Beschwerdegericht als Tatsacheninstanz eine abschließende Entscheidung über die Fortführung der Betreuung zu treffen. Es ist ihm verwehrt, lediglich die Entlassung des Mitbetreuers aufzuheben und weitere Prüfungen von Amts wegen dem Vormundschaftsgericht zu überlassen.

Weblinks

Literatur

Vordrucke