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'''Bestellung eines Betreuers'''
 
'''Bestellung eines Betreuers'''
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Liegen die [[Betreuungsvoraussetzung]]en vor, können zum rechtlichen Betreuer [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Privatpersonen]], [[Vereinsbetreuer]] (die bei einem [[Betreuungsverein]] beschäftigt sind), [[Behördenbetreuer]] (bei einer für Betreuungen zuständigen [[Betreuungsbehörde|Behörde]] tätige Mitarbeiter), [[Berufsbetreuer]], ein [[Betreuungsverein]] selbst oder die zuständige Behörde bestellt werden. Sonstige juristische Personen (andere Vereine, GmbH usw.) können nicht zum Betreuer bestellt werden. Für die Betreuerbestellung ist das [[Betreuungsgericht]], ehemals [[Vormundschaftsgericht]] zuständig.
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Liegen die [[Betreuungsvoraussetzung]]en vor, können zum rechtlichen Betreuer [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Privatpersonen]], [[Vereinsbetreuer]] (die bei einem [[Betreuungsverein]] beschäftigt sind), [[Behördenbetreuer]] (bei einer für Betreuungen zuständigen [[Betreuungsbehörde|Behörde]] tätige Mitarbeiter), [[Berufsbetreuer]], ein [[Betreuungsverein]] selbst oder die zuständige Behörde bestellt werden. Sonstige juristische Personen (andere Vereine, GmbH usw.) können nicht zum Betreuer bestellt werden. Für die Betreuerbestellung ist das [[Betreuungsgericht]] zuständig.
 
[[Bild:Gericht2.jpg|right]]
 
[[Bild:Gericht2.jpg|right]]
 
[[Bild:Berufsbetreuer_anteile.gif|thumb|300px|right|Anteile bei neuen Betreuungen]]
 
[[Bild:Berufsbetreuer_anteile.gif|thumb|300px|right|Anteile bei neuen Betreuungen]]
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== Rangfolge der Betreuerauswahl ==
 
== Rangfolge der Betreuerauswahl ==
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Achtung: seit 1.1.2023 steht die Auswahl in § 1816 BGB und ergänzend in § 1818 BGB.
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Bei der Auswahl des Betreuers im [[Betreuungsverfahren]] hat das Gericht folgende Rangfolge einzuhalten:
 
Bei der Auswahl des Betreuers im [[Betreuungsverfahren]] hat das Gericht folgende Rangfolge einzuhalten:
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*weitere [[wikipedia:de:Verwandtschaft|Verwandte]] oder Bekannte
 
*weitere [[wikipedia:de:Verwandtschaft|Verwandte]] oder Bekannte
 
*andere [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Betreuer]]
 
*andere [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Betreuer]]
*[[Vereinsbetreuer]], [[Behördenbetreuer]] oder [[Berufsbetreuer]]
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*[[Vereinsbetreuer]], oder [[Berufsbetreuer]]
*[[Betreuungsverein]] oder [[Betreuungsbehörde]]
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*[[Behördenbetreuer]]
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*[[Betreuungsverein]]  
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*[[Betreuungsbehörde]]
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Nur triftige Gründe rechtfertigen eine Abweichung. Vom Vorschlag des Betroffenen darf das [[Betreuungsgericht]] nur abweichen, wenn dieser dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. In Form einer [[Betreuungsverfügung]] kann bereits ein Vorschlag für den Fall gemacht werden, dass die Betreuerbestellung unerwartet zu erfolgen hat. Dadurch kann ein eventueller [[wikipedia:de:Familienkonflikt|Familienkonflikt]] verhindert werden. Die [[Betreuungsbehörde]] unterbreitet oft auf Wunsch des Gerichtes einen konkreten [[Betreuervorschlag]], vgl. § 8 BtBG.
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Nur triftige Gründe rechtfertigen eine Abweichung. Vom Vorschlag des Betroffenen darf das [[Betreuungsgericht]] nur abweichen, wenn dieser dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. In Form einer [[Betreuungsverfügung]] kann bereits ein Vorschlag für den Fall gemacht werden, dass die Betreuerbestellung unerwartet zu erfolgen hat. Dadurch kann ein eventueller [[wikipedia:de:Familienkonflikt|Familienkonflikt]] verhindert werden. Die [[Betreuungsbehörde]] unterbreitet oft auf Wunsch des Gerichtes einen konkreten [[Betreuervorschlag]], vgl. {{Zitat de §|12|btog}} BtOG.
    
In der Praxis wird auch die obige Reihenfolge eingehalten, so dass in den meisten Fällen die Betroffenen von nahen [[wikipedia:de:Angehöriger|Angehörigen]] betreut werden.
 
In der Praxis wird auch die obige Reihenfolge eingehalten, so dass in den meisten Fällen die Betroffenen von nahen [[wikipedia:de:Angehöriger|Angehörigen]] betreut werden.
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==Geeignetheit von Betreuern==
 
==Geeignetheit von Betreuern==
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Wer zum '''Betreuer''' bestellt werden soll, muss in zweifacher Hinsicht dazu geeignet sein ({{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 1 BGB),
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Wer zum '''Betreuer''' bestellt werden soll, muss in zweifacher Hinsicht dazu geeignet sein (§ 1816 Abs. 1 BGB),
nämlich fachlich und persönlich. Fachlich geeignet ist der Betreuer, wenn er die ihm zugewiesenen [[Aufgabenkreis]]e zweckentsprechend besorgen kann. Siehe auch unter [[Ausbildung]].
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nämlich fachlich und persönlich. Fachlich geeignet ist der Betreuer, wenn er den ihm zugewiesenen [[Aufgabenkreis]] zweckentsprechend besorgen kann. Siehe auch unter [[Ausbildung]].
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Persönlich ist zum Betreuer geeignet, wer die Gewähr bietet, dass er den Betroffenen „im
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Persönlich ist zum Betreuer geeignet, wer die Gewähr bietet, dass er den Betroffenen „im erforderlichen Umfang” auch „persönlich” betreuen kann. Der Betroffene soll nicht zur anonym verwalteten „Nummer” werden, wie es unter dem alten Recht vor 1992 zum Teil der Fall war. Es besteht hier ein enger Zusammenhang mit der in § 1821 BGB geregelten Besprechungspflicht. Die Eignung zur persönlichen Betreuung kann insbesondere bei Überlastung oder sehr weiter räumlicher Entfernung zum Wohnort des Betreuten fehlen.
erforderlichen Umfang” auch „persönlich” betreuen kann. Der Betroffene soll nicht zur anonym
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verwalteten „Nummer” werden, wie es unter dem alten Recht zum Teil der Fall war. Es besteht hier ein
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enger Zusammenhang mit der in {{Zitat-dej|§|1901|bgb}} Abs. 3 Satz 3 BGB geregelten Besprechungspflicht. Die Eignung zur
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persönlichen Betreuung kann insbesondere bei Überlastung oder sehr weiter räumlicher Entfernung zum Wohnort des Betreuten fehlen.
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Rechtsprechung:
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Seit 2023 sind auch bei ehrenamtlichen Betreuern ein [[wikipedia:de:Führungszeugnis|Führungszeugnis]] und eine Auskunft aus dem [[wikipedia:de:Schuldnerverzeichnis|Schuldnerverzeichnis]] (ggü der [[Betreuungsbehörde]] vorzulegen,  {{Zitat de §|21|btog}}BtOG.
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<div class="mw-collapsible mw-collapsed" data-expandtext="Gerichtsentscheidungen dazu einblenden" data-collapsetext="Gerichtsentscheidungen ausblenden">
    
'''BGH, Beschluss vom 8. November 2017 - XII ZB 90/17''':
 
'''BGH, Beschluss vom 8. November 2017 - XII ZB 90/17''':
 
   
 
   
Die Beurteilung, ob eine bestimmte Person als Betreuer eines konkreten Betroffenen geeignet ist, erfordert die Prognose, ob der potentielle Betreuer voraussichtlich die sich aus der Betreuungsführung und den damit verbundenen Pflichten im Sinne des § 1901 BGB folgenden Anforderungen erfüllen kann (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30. September 2015 XII ZB 53/15 FamRZ 2015, 2165).
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Die Beurteilung, ob eine bestimmte Person als Betreuer eines konkreten Betroffenen geeignet ist, erfordert die Prognose, ob der potentielle Betreuer voraussichtlich die sich aus der Betreuungsführung und den damit verbundenen Pflichten im Sinne des § 1901 BGB (jetzt § 1821 BGB) folgenden Anforderungen erfüllen kann (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30. September 2015 XII ZB 53/15 FamRZ 2015, 2165).
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== Bestellung von Betreuern ==
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'''BGH, Beschluss vom 26. Juni 2019 - XII ZB 373/18''':
Bei den Erstbestellungen von Betreuern ist seit Jahren ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Auch hat sich der Rückgang des Anteils der ehrenamtlichen Betreuungen weiter fortgesetzt und beschleunigt. Der Gesamtanteil für ehrenamtliche Betreuer lag bei 56,98 % (2013: 59,06 %; 2012: 60,49 %), wobei der Anteil der nicht familienangehörigen Ehrenamtler ebenfalls weiter geringfügig sank (Anteil an der Gesamtzahl 2014: 5,56 %; 2013: 5,47 %; 2012: 5,39 %).  
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Zum Umfang der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht betreffend die Auswahl eines Betreuers.
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'''BGH, Beschluss vom 3. Februar 2021 - XII ZB 181/20''':
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Ein Betreuer ist nur dann geeignet im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB (jetzt § 1816 BGB), wenn er neben der fachlichen Qualifikation auch in persönlicher Hinsicht zur Führung der Betreuung geeignet ist.
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Bei den beruflichen Betreuungen wurde 2014 zum zweiten Mal die 40-Prozent-Marke überschritten (2014: 43,02 %; 2013: 40,94 %; 2012: 39,51 %) und stieg der Anteil der Vereinsbetreuungen weiter leicht an (2014: 6,47 %; 2013: 6,37 %; 2012: 6,27 %). Der Behördenbetreueranteil verminderte sich auf bisher niedrigstem Niveau (2014: 0,22 %; 2013: 0,25 %; 2012: 0,24 %).  Selbstständige Berufsbetreuer wurden 2014 zu 36,33 % bestellt (2013: 34,32 %; 2012: 33 %). Der Anteil der nicht anwaltlichen Berufsbetreuer betrug dabei 2014 28,59 % (2013: 27,17 %; 2012: 26,23 %). Anwälte als Berufsbetreuer wurden zu 7,74 % bestellt (2013: 7,15 %; 2012: 6,77 %).  Siehe dazu Abb. 2.
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(''[http://www.btprax.de/download/Betreuungszahlen2008.pdf Quelle: Bundesamt für Justiz, Sondererhebung: Verfahren nach dem Betreuungsgesetz; PDF]'')
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== Bestellung von Betreuern ==
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Bei den Erstbestellungen von Betreuern ist seit Jahren ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Auch hat sich der Rückgang des Anteils der ehrenamtlichen Betreuungen weiter fortgesetzt und beschleunigt. Der Gesamtanteil für ehrenamtliche Betreuer lag zuletzt deutlich unterhalb von 40 % (Konkrete Zahlen liegen derzeit nicht aus allen Bundesländern vor.
    
=== Wünsche des Betreuten bei der Betreuerauswahl===
 
=== Wünsche des Betreuten bei der Betreuerauswahl===
 
Das Gericht hat den Betreuer zu bestellen, den der Betroffene vorschlägt, solange keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen. Es ist nicht zulässig, einen vom Betreuten vorgeschlagenen Betreuer abzulehnen, weil ein geeigneterer Betreuer von Dritten, etwa durch die [[Betreuungsbehörde]] vorgeschlagen wird. [[Wunscherfüllung|Wünsche der betroffenen Person]] bezüglich der Person des Betreuers sind grundsätzlich vom Gericht zu beachten, gleichgültig ob der Betroffene  [[Geschäftsfähigkeit|geschäftsfähig]] ist oder nicht (BayObLG, EZFamR 1996, 258; OLG Düsseldorf, FamRZ 1996, 1373). Siehe auch unter [[Betreuungsverfügung]].
 
Das Gericht hat den Betreuer zu bestellen, den der Betroffene vorschlägt, solange keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen. Es ist nicht zulässig, einen vom Betreuten vorgeschlagenen Betreuer abzulehnen, weil ein geeigneterer Betreuer von Dritten, etwa durch die [[Betreuungsbehörde]] vorgeschlagen wird. [[Wunscherfüllung|Wünsche der betroffenen Person]] bezüglich der Person des Betreuers sind grundsätzlich vom Gericht zu beachten, gleichgültig ob der Betroffene  [[Geschäftsfähigkeit|geschäftsfähig]] ist oder nicht (BayObLG, EZFamR 1996, 258; OLG Düsseldorf, FamRZ 1996, 1373). Siehe auch unter [[Betreuungsverfügung]].
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Das Auswahlermessen des Betreuungsrichters ist stark eingeengt, wenn der Betroffene eine bestimmte Person als Betreuer vorschlägt. Diesem Vorschlag muss der Richter entsprechen, wenn es dem Wohl des Volljährigen nicht zuwiderläuft ({{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 4 S. 1 BGB) und der Vorgeschlagene nicht zu dem unter aa) behandelten Personenkreis des {{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 3 BGB ([[Heimmitarbeiter als Betreuer|Heimmitarbeiter]] gehört (vgl. BayObLGZ 1996, 250).  
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Das Auswahlermessen des Betreuungsrichters ist stark eingeengt, wenn der Betroffene eine bestimmte Person als Betreuer vorschlägt. Diesem Vorschlag muss der Richter entsprechen, wenn es dem Wohl des Volljährigen nicht zuwiderläuft (§ 1816 Abs. 2 BGB) und der Vorgeschlagene nicht zu dem unter aa) behandelten Personenkreis des § 1816 Abs. 6 BGB ([[Heimmitarbeiter als Betreuer|Heimmitarbeiter und ambulant Pflegende als Betreuer]] gehört (vgl. BayObLGZ 1996, 250).  
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Das Vorschlagsrecht des Betroffenen bezieht sich nur auf natürliche Personen. Der Wunsch einen Verein zu bestellen, ist nicht verbindlich, er kann den Vorrang der Betreuung durch eine natürliche Person nicht beseitigen (BayObLG FamRZ 1999, 52).Der Vorschlag einer natürlichen Person durch den Betroffenen begründet den Vorrang des Vorgeschlagenen vor allen anderen als Betreuer in Betracht kommenden Personen (BayObLGZ 1996, 136), auch vor dem möglicherweise am besten Geeigneten (BayObLG BtPrax 2001, 218 LS) und/oder dem ebenfalls als geeignet erscheinenden Vater.
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Das Vorschlagsrecht des Betroffenen bezieht sich nur auf natürliche Personen. Der Wunsch einen Verein zu bestellen, ist nicht verbindlich, er kann den Vorrang der Betreuung durch eine natürliche Person nicht beseitigen (BayObLG FamRZ 1999, 52). Dieser Nachrang ist in § 1818 Abs. 1 BGB nun eingeschränkt. Der Vorschlag einer natürlichen Person durch den Betroffenen begründet den grundsätzlichen Vorrang des Vorgeschlagenen vor allen anderen als Betreuer in Betracht kommenden Personen (BayObLGZ 1996, 136), auch vor dem möglicherweise am besten Geeigneten (BayObLG BtPrax 2001, 218 LS) und/oder dem ebenfalls als geeignet erscheinenden Vater.
    
Die Rechtswirksamkeit des Vorschlags hängt weder von der Wahrung einer bestimmten Form ab noch setzt sie [[Geschäftsfähigkeit]] oder einen besonderen Grad von Einsichtsfähigkeit voraus (BayObLG FamRZ 1999, 53). Es genügt, wenn der Betroffene seinen Wunsch mit natürlichem Willen ernsthaft geäußert hat (vgl. BayObLG FGPrax 2002, 117). Auch früher geäußerte Wünsche, z.B. in einer [[Betreuungsverfügung]], sollen erfüllt werden, es sei denn, die betroffene Person hält erkennbar nicht mehr an ihnen fest (BayObLG BtPrax 2000, 260).
 
Die Rechtswirksamkeit des Vorschlags hängt weder von der Wahrung einer bestimmten Form ab noch setzt sie [[Geschäftsfähigkeit]] oder einen besonderen Grad von Einsichtsfähigkeit voraus (BayObLG FamRZ 1999, 53). Es genügt, wenn der Betroffene seinen Wunsch mit natürlichem Willen ernsthaft geäußert hat (vgl. BayObLG FGPrax 2002, 117). Auch früher geäußerte Wünsche, z.B. in einer [[Betreuungsverfügung]], sollen erfüllt werden, es sei denn, die betroffene Person hält erkennbar nicht mehr an ihnen fest (BayObLG BtPrax 2000, 260).
 
[[Bild:Gericht2.jpg|right]]
 
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Rechtsprechung:  
 
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'''Beschluss des BayObLG, 3. Zivilsenat, 3Z BR 54/93, BtPrax 1993, 171''': Betreuervorschlag durch den Betreuten:
 
'''Beschluss des BayObLG, 3. Zivilsenat, 3Z BR 54/93, BtPrax 1993, 171''': Betreuervorschlag durch den Betreuten:
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Gegenüber dem ernsthaft geäußerten Vorschlag des Betroffenen, eine hierzu geeignete Person zum Betreuer zu bestellen, begründet allein die Tatsache, daß noch geeignetere Personen in Betracht kommen, grundsätzlich nicht die Annahme, die Bestellung der vorgeschlagenen Person laufe dem Wohl des Betroffenen zuwider.
 
Gegenüber dem ernsthaft geäußerten Vorschlag des Betroffenen, eine hierzu geeignete Person zum Betreuer zu bestellen, begründet allein die Tatsache, daß noch geeignetere Personen in Betracht kommen, grundsätzlich nicht die Annahme, die Bestellung der vorgeschlagenen Person laufe dem Wohl des Betroffenen zuwider.
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Dem Wohl des Volljährigen zuwider im Sinn von {{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 4 Satz 1 BGB läuft der Vorschlag des Betroffenen, wenn zwischen Betroffenem und Betreuer schwerwiegende Interessenkonflikte zu befürchten sind, durch die das Wohl des Betroffenen erheblich gefährdet wird (BayObLG Report 1996, 28). Um dem Willen des Betroffenen ausreichend Geltung zu verschaffen, setzt die Nichtberücksichtigung seines Vorschlags voraus, dass das Ergebnis der vorzunehmenden umfassenden Abwägung aller Umstände (BayObLGZ 1996, 136) deutlich gegen die vorgeschlagene Person spricht (BayObLG BtPrax 2002, 36/37).  
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Dem Wohl des Volljährigen zuwider im Sinn von {{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 4 Satz 1 BGB a.F. läuft der Vorschlag des Betroffenen, wenn zwischen Betroffenem und Betreuer schwerwiegende Interessenkonflikte zu befürchten sind, durch die das Wohl des Betroffenen erheblich gefährdet wird (BayObLG Report 1996, 28). Um dem Willen des Betroffenen ausreichend Geltung zu verschaffen, setzt die Nichtberücksichtigung seines Vorschlags voraus, dass das Ergebnis der vorzunehmenden umfassenden Abwägung aller Umstände (BayObLGZ 1996, 136) deutlich gegen die vorgeschlagene Person spricht (BayObLG BtPrax 2002, 36/37).  
    
Hierfür genügt allein der Umstand, dass der Vorgeschlagene erbberechtigt ist, nicht (BayObLG FamRZ 1996, 1373/1374; OLG Düsseldorf FGPrax 1996, 184), auch nicht die Gefahr von geringeren Interessenkonflikten, wie sie sich bei verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen kaum völlig ausschließen lassen (KG FamRZ 1995, 1442/1443), ebenso wenig die allgemeine Befürchtung nachteiligen Handelns (BayObLG FGPrax 2002, 117/118 = FamRZ 2002, 1145). Zu erwägen ist gegebenenfalls auch, ob die vorgeschlagene Person nicht wenigstens für einen Teil der [[Aufgabenkreis]]e als Betreuer des Betroffenen bestellt werden kann (BayObLG BtPrax 2000, 260).
 
Hierfür genügt allein der Umstand, dass der Vorgeschlagene erbberechtigt ist, nicht (BayObLG FamRZ 1996, 1373/1374; OLG Düsseldorf FGPrax 1996, 184), auch nicht die Gefahr von geringeren Interessenkonflikten, wie sie sich bei verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen kaum völlig ausschließen lassen (KG FamRZ 1995, 1442/1443), ebenso wenig die allgemeine Befürchtung nachteiligen Handelns (BayObLG FGPrax 2002, 117/118 = FamRZ 2002, 1145). Zu erwägen ist gegebenenfalls auch, ob die vorgeschlagene Person nicht wenigstens für einen Teil der [[Aufgabenkreis]]e als Betreuer des Betroffenen bestellt werden kann (BayObLG BtPrax 2000, 260).
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Nicht so stark eingeschränkt wie durch einen positiven Vorschlag des Betroffenen ist das Auswahlermessen des Gerichts durch die Ablehnung einer Person als Betreuer durch den Betroffenen. Das Gericht soll gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB hierauf Rücksicht nehmen. Auch insoweit gilt der Willensvorrang des Betreuten. Von den Fällen abgesehen, dass der Betroffene jede Person als Betreuer ablehnt, wird seine Ablehnung regelmäßig zu beachten sein.
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Nicht so stark eingeschränkt wie durch einen positiven Vorschlag des Betroffenen ist das Auswahlermessen des Gerichts durch die Ablehnung einer Person als Betreuer durch den Betroffenen. Das Gericht soll gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB a.F. hierauf Rücksicht nehmen. Auch insoweit gilt der Willensvorrang des Betreuten. Von den Fällen abgesehen, dass der Betroffene jede Person als Betreuer ablehnt, wird seine Ablehnung regelmäßig zu beachten sein.
    
'''BayObLG, Beschluss vom 26.11.1997, 3Z BR 422/97''', Rpfleger 1998, 199': Vorrang der Betreuung durch natürliche Person vor Vereinsbetreuung:
 
'''BayObLG, Beschluss vom 26.11.1997, 3Z BR 422/97''', Rpfleger 1998, 199': Vorrang der Betreuung durch natürliche Person vor Vereinsbetreuung:
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Verbindet der Betroffene seine Beschwerde gegen die Betreuerbestellung mit der Erklärung, dass er sich ausschließlich eine Zusammenarbeit mit einem bestimmten, nicht jedoch mit einem anderen Betreuer vorstellen könne, ist die Beschwerde nicht wirksam auf die Betreuerauswahl beschränkt (Fortführung von Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 XII ZB 493/15 FamRZ 2016, 626).
 
Verbindet der Betroffene seine Beschwerde gegen die Betreuerbestellung mit der Erklärung, dass er sich ausschließlich eine Zusammenarbeit mit einem bestimmten, nicht jedoch mit einem anderen Betreuer vorstellen könne, ist die Beschwerde nicht wirksam auf die Betreuerauswahl beschränkt (Fortführung von Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 XII ZB 493/15 FamRZ 2016, 626).
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'''BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - XII ZB 521/17'''
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Zu den Anforderungen und zur Bindungswirkung eines Betreuervorschlags des Betroffenen (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 14. März 2018 - XII ZB 589/17 - juris und vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612).
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'''BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - XII ZB 553/17'''
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Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 222/17 - FamRZ 2018, 55).
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'''BGH, Beschluss vom 17. März 2021 - XII ZB 289/20'''
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Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. Mai 2018 - XII ZB 553/17 - FamRZ 2018, 1192).
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'''BGH, Beschluss vom 30. Juni 2021 - XII ZB 133/21'''
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Lehnt der Betroffene eine Person als Betreuer ab, so ist das Gericht hieran - anders als bei einem positiven Betreuervorschlag des Betroffenen - zwar nicht gebunden. Um eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Betroffenen und seinem Betreuer zu gewährleisten, hat das Gericht jedoch den Wunsch des Betroffenen bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen.
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'''BGH, Beschluss vom 10. Januar 2024 - XII ZB 217/23'''
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# Die Einrichtung oder Erweiterung der Betreuung mit einem anderen als dem gewünschten Betreuer widerspricht dem Willen des Betroffenen, wenn dieser sein Einverständnis mit der Einrichtung oder Erweiterung der Betreuung mit der Bestellung der von ihm gewünschten Person verknüpft (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 21. Juni 2017 - XII ZB 237/17 - FamRZ 2017, 1612).
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# Beruht die Entscheidung des Betroffenen gegen die Bestellung eines anderen als des von ihm gewünschten Betreuers auf einer freien Willensbildung, muss diese Entscheidung auch dann respektiert werden, wenn die Fortführung der bestehenden Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre. In einem solchen Fall ist trotz der Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen und fortbestehendem Betreuungsbedarf die Einrichtung oder Erweiterung der Betreuung ausgeschlossen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 21. Juni 2017 - XII ZB 237/17 - FamRZ 2017, 1612).
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=== Nahe soziale Bindungen ===
 
=== Nahe soziale Bindungen ===
Hat der Betroffene keinen [[Betreuervorschlag]] gemacht oder kann der Vorgeschlagene aus den o.g. Gründen, oder weil er sich selbst weigert, nicht bestellt werden, so muss das Gericht weiter prüfen, ob jemand aus dem unmittelbaren verwandtschaftlichen und sozialen Umfeld des Betroffenen zum Betreuer bestellt werden kann. Hierbei kann das Gericht gem. {{Zitat de §|8|btbg}} BtBG die [[Betreuungsbehörde]] auffordern, entsprechende Ermittlungen anzustellen.
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Hat der Betroffene keinen [[Betreuervorschlag]] gemacht oder kann der Vorgeschlagene aus den o.g. Gründen, oder weil er sich selbst weigert, nicht bestellt werden, so muss das Gericht weiter prüfen, ob jemand aus dem unmittelbaren verwandtschaftlichen und sozialen Umfeld des Betroffenen zum Betreuer bestellt werden kann. Hierbei kann das Gericht {{Zitat de §|12|btog}} BtOG die [[Betreuungsbehörde]] auffordern, entsprechende Ermittlungen anzustellen.
    
=== Bestellung von Familienangehörigen ===
 
=== Bestellung von Familienangehörigen ===
Bei der Suche nach einem Betreuer im konkreten Einzelfall wird erfahrungsgemäß zunächst im [[wikipedia:de:Verwandte|Verwandte]]nkreis des Betroffenen gesucht werden, zumal dort eher als bei der Bevölkerung im allgemeinen mit einer sozialen Selbstverpflichtung gegenüber dem Betroffenen gerechnet wird. Außerdem bestimmt {{Zitat de §|1897|bgb}} Abs. 5 BGB, dass, schlägt der Betroffene keinen geeigneten Betreuer vor, bei der Auswahl auf verwandtschaftliche und persönliche Bindungen Rücksicht zu nehmen ist.
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Bei der Suche nach einem Betreuer im konkreten Einzelfall wird erfahrungsgemäß zunächst im [[wikipedia:de:Verwandte|Verwandte]]nkreis des Betroffenen gesucht werden, zumal dort eher als bei der Bevölkerung im allgemeinen mit einer sozialen Selbstverpflichtung gegenüber dem Betroffenen gerechnet wird. Außerdem bestimmt § 1816 Abs. 3 BGB, dass, schlägt der Betroffene keinen geeigneten Betreuer vor, bei der Auswahl auf verwandtschaftliche und persönliche Bindungen Rücksicht zu nehmen ist.
    
Dennoch ist es fraglich, ob [[wikipedia:de:Verwandtschaft|Verwandte]] generell gegenüber anderen gleich geeigneten Personen vorgezogen werden sollten; so sollte das Gericht bei seiner Auswahl stets das soziale Umfeld des Betroffenen mit einbeziehen; sind Verstrickungen zwischen Betroffenen und potentiellem Betreuer vorhanden, die sich durch die Anordnung der Betreuung verstärken könnten?
 
Dennoch ist es fraglich, ob [[wikipedia:de:Verwandtschaft|Verwandte]] generell gegenüber anderen gleich geeigneten Personen vorgezogen werden sollten; so sollte das Gericht bei seiner Auswahl stets das soziale Umfeld des Betroffenen mit einbeziehen; sind Verstrickungen zwischen Betroffenen und potentiellem Betreuer vorhanden, die sich durch die Anordnung der Betreuung verstärken könnten?
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Z.B. kann bei geistig [[wikipedia:de:Behinderte|Behinderte]]n die wünschenswerte Verselbständigung verzögert oder verhindert werden, wenn ein überbehütender Elternteil zum Betreuer bestellt wird. Wie ist das Eigeninteresse eines verwandten Betreuers an der Erhaltung des Vermögens des Betreuten und evtl. späteren [[wikipedia:de:Erbe|Erbe]]s einzuschätzen? Kann hierdurch der vom Gesetzgeber ausgesprochene Gedanke des {{Zitat-dej|§|1901|bgb}} Abs. 1 Satz 2 BGB (Lebensgestaltung nach eigenen Wünschen) beeinträchtigt werden? Diese möglichen Interessenskonflikte werden auch in {{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 5 BGB erwähnt und sind mit möglichen Vorteilen (der Betreuer ist der betreuten Person bekannt; es ist keine Eingewöhnung nötig) abzuwägen.
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Z.B. kann bei geistig [[wikipedia:de:Behinderte|Behinderte]]n die wünschenswerte Verselbständigung verzögert oder verhindert werden, wenn ein überbehütender Elternteil zum Betreuer bestellt wird. Wie ist das Eigeninteresse eines verwandten Betreuers an der Erhaltung des Vermögens des Betreuten und evtl. späteren [[wikipedia:de:Erbe|Erbe]]s einzuschätzen? Kann hierdurch der vom Gesetzgeber ausgesprochene Gedanke des § 1821 BGB (Lebensgestaltung nach eigenen Wünschen) beeinträchtigt werden? Diese möglichen Interessenskonflikte werden auch in § 1816 Abs. 6 BGB erwähnt und sind mit möglichen Vorteilen (der Betreuer ist der betreuten Person bekannt; es ist keine Eingewöhnung nötig) abzuwägen.
    
Interessenkonflikte müssen aber stets konkret feststellbar sein, eine lediglich abstrakte Gefahr rechtfertigt es nicht, eine vom Betreuten gewünschte Person als Betreuer abzulehnen (KG Berlin, [[BtPrax]] 95, 107; OLG Düsseldorf, BtPtrax 95, 110). Abstrakte Gefahren, wie die Erbberechtigung, schließen die Betreuerbestellung nicht aus (BayObLG NJWE-FER 2000, 259/260). Diese Gefahr betrifft auch nur Konflikte zwischen Betreuer und Betreutem, nicht solche zum zuständigen Richter (BayObLG FamRZ 1994, 531).
 
Interessenkonflikte müssen aber stets konkret feststellbar sein, eine lediglich abstrakte Gefahr rechtfertigt es nicht, eine vom Betreuten gewünschte Person als Betreuer abzulehnen (KG Berlin, [[BtPrax]] 95, 107; OLG Düsseldorf, BtPtrax 95, 110). Abstrakte Gefahren, wie die Erbberechtigung, schließen die Betreuerbestellung nicht aus (BayObLG NJWE-FER 2000, 259/260). Diese Gefahr betrifft auch nur Konflikte zwischen Betreuer und Betreutem, nicht solche zum zuständigen Richter (BayObLG FamRZ 1994, 531).
 
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Rechtsprechung:  
 
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'''BayObLG, Beschluss vom 03.12.1997, 3Z BR 364/97 ''': zur Auswahl und Überwachung eines der in § 1908i Abs. 2 S. 2 BGB genannten Angehörigen
 
'''BayObLG, Beschluss vom 03.12.1997, 3Z BR 364/97 ''': zur Auswahl und Überwachung eines der in § 1908i Abs. 2 S. 2 BGB genannten Angehörigen
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Der Tatrichter hat bei der Auswahl eines der in § 1908i Abs. 2 S. 2 BGB genannten Angehörigen des Betroffenen als Betreuer auch zu prüfen, ob etwaigen Gefahren für das Wohl des Betroffenen durch Mittel der Aufsicht oder Ausübung des Weisungsrechts begegnet werden kann. Hierzu kommt insbesondere die Aufhebung der Befreiung von der [[Rechnungslegung]]spflicht in Betracht.
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Der Tatrichter hat bei der Auswahl eines der in § 1908i Abs. 2 S. 2 BGB (jetzt § 1859 BGB) genannten Angehörigen des Betroffenen als Betreuer auch zu prüfen, ob etwaigen Gefahren für das Wohl des Betroffenen durch Mittel der Aufsicht oder Ausübung des Weisungsrechts begegnet werden kann. Hierzu kommt insbesondere die Aufhebung der Befreiung von der [[Rechnungslegung]]spflicht in Betracht.
    
'''BayObLG, Beschluss vom 13.10.1999, 3Z BR 289/99, FamRZ 2000, 1183''':
 
'''BayObLG, Beschluss vom 13.10.1999, 3Z BR 289/99, FamRZ 2000, 1183''':
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Ein naher Verwandter des Betroffenen, der zum Betroffenen persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, kann nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 XII ZB 165/10 FamRZ 2011, 285).
 
Ein naher Verwandter des Betroffenen, der zum Betroffenen persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, kann nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 XII ZB 165/10 FamRZ 2011, 285).
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'''BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 - XII ZB 475/19'''
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Die Bestellung eines Familienangehörigen, den der Betroffene als Betreuer wünscht, kann mit dem Wohl des Betroffenen unvereinbar sein, wenn dieser entweder persönlich unter den Spannungen zwischen seinen Familienangehörigen leidet oder die Regelung seiner wirtschaftlichen oder sonstigen Verhältnisse wegen der Spannungen innerhalb der Familie nicht gewährleistet ist (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Mai 2019 XII ZB 57/19 FamRZ 2019, 1356).
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'''BVerfG, Beschluss v. 31.03.2021, 1 BvR 413/20'''
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Die Verfassungsgrundsätze in Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gebieten eine bevorzugte Berücksichtigung der Familienangehörigen bei der Auswahl von Pflegern und Vormündern für das (minderjährige) Kind, sofern keine Interessenkollisionen bestehen oder der Zweck der Fürsorgemaßnahme aus anderen Gründen die Bestellung eines Dritten verlange. Dem Schutz des Familiengrundrechts ist auch bei der Bestellung eines Betreuers Rechnung zu tragen.
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=== Sonstige ehrenamtliche Betreuer ===
 
=== Sonstige ehrenamtliche Betreuer ===
 
Die Betreuung ist (wie auch die [[wikipedia:de:Vormundschaft|Vormundschaft]] und [[wikipedia:de:Pflegschaft|Pflegschaft]]) grundsätzlich  ein unentgeltliches [[Betreuer (Ehrenamt)|Ehrenamt]]. Daher sollen in erster Linie Einzelpersonen ehrenamtlich die Betreuungen übernehmen. Ehrenamtliche Betreuer haben verschiedene Ansprüche, die aus dem [[wikipedia:de:Ehrenamt|Ehrenamt]] erwachsen, gegenüber der betreuten Person bzw. dem Staat, z.B. auf Beratung oder [[wikipedia:de:Unfallversicherung|Unfallversicherung]]sschutz.
 
Die Betreuung ist (wie auch die [[wikipedia:de:Vormundschaft|Vormundschaft]] und [[wikipedia:de:Pflegschaft|Pflegschaft]]) grundsätzlich  ein unentgeltliches [[Betreuer (Ehrenamt)|Ehrenamt]]. Daher sollen in erster Linie Einzelpersonen ehrenamtlich die Betreuungen übernehmen. Ehrenamtliche Betreuer haben verschiedene Ansprüche, die aus dem [[wikipedia:de:Ehrenamt|Ehrenamt]] erwachsen, gegenüber der betreuten Person bzw. dem Staat, z.B. auf Beratung oder [[wikipedia:de:Unfallversicherung|Unfallversicherung]]sschutz.
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Jede Bürgerin und jeder Bürger ist verpflichtet, eine Betreuung zu übernehmen, wenn sie zur persönlichen Betreuung der betroffenen Person geeignet ist und die Übernahme zugemutet werden kann ({{Zitat-dej|§|1898|bgb}} BGB). Hierzu werden sonstige, insbesondere familiäre und gesundheitliche Belastungen berücksichtigt. Zur Bestellung als Betreuer ist dennoch eine Einverständniserklärung des zu Bestellenden nötig. Es kann niemand zur Abgabe dieser Erklärung gezwungen werden. Anders als bei einer [[wikipedia:de:Vormundschaft|Vormundschaft]] nach {{Zitat-dej|§|1788|bgb}} BGB gibt es bei Betreuungen kein [[wikipedia:de:Zwangsgeld|Zwangsgeld]]. [[wikipedia:de:Beamte|Beamte]] benötigen zur Übernahme einer Betreuung eine [[Beamte als Betreuer|Nebentätigkeitsgenehmigung]] ihres Dienstherrn.
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Jede Bürgerin und jeder Bürger ist verpflichtet, eine Betreuung zu übernehmen, wenn sie zur persönlichen Betreuung der betroffenen Person geeignet ist und die Übernahme zugemutet werden kann (§ 1819 BGB). Hierzu werden sonstige, insbesondere familiäre und gesundheitliche Belastungen berücksichtigt. Zur Bestellung als Betreuer ist dennoch eine Einverständniserklärung des zu Bestellenden nötig. Es kann niemand zur Abgabe dieser Erklärung gezwungen werden. [[wikipedia:de:Beamte|Beamte]] benötigen zur Übernahme einer bezahlten Betreuung eine [[Beamte als Betreuer|Nebentätigkeitsgenehmigung]] ihres Dienstherrn.
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Der [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Betreuer]] erhält (Vergütung nur im Ausnahmefall bei sehr wohlhabenden Betreuten) lediglich [[Aufwendungsersatz]] gem. {{Zitat-dej|§|1835|bgb}} / {{Zitat-dej|§|1835a|bgb}} BGB (entweder eine [[Aufwandspauschale]] von derzeit 323 Euro jährlich oder wahlweise Ersatz der tatsächlich angefallenen Auslagen wie Fahrtkosten, Porto etc., aber keine Vergütung der Arbeitszeit). Die Vergütung und die [[Aufwandspauschale|Auslagenpauschale]] sind vom Betreuten zu zahlen und werden nur bei Mittellosigkeit des Betreuten von der Staatskasse getragen. Die [[Mittellosigkeit]] bestimmt sich nach den [[wikipedia:de:Sozialhilfe|sozialhilferechtlichen]] Grundsätzen ({{Zitat de §|1836c|bgb}} BGB / {{Zitat de §|90|sgb_12}} SGB-XII, zurzeit besteht ein [[Mittellosigkeit|Schonvermögen]] von etwa 2.600 Euro. Auch ein selbstbewohntes Einfamilienhaus bleibt unberücksichtigt.
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Der [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Betreuer]] erhält (Vergütung nur im Ausnahmefall bei sehr wohlhabenden Betreuten) lediglich [[Aufwendungsersatz]] gem. {{Zitat-dej|§|1877|bgb}} / {{Zitat-dej|§|1878|bgb}} BGB (entweder eine [[Aufwandspauschale]] von derzeit 425 Euro jährlich oder wahlweise Ersatz der tatsächlich angefallenen Auslagen wie Fahrtkosten, Porto etc., aber keine Vergütung der Arbeitszeit). Die Vergütung und die [[Aufwandspauschale|Auslagenpauschale]] sind vom Betreuten zu zahlen und werden nur bei Mittellosigkeit des Betreuten von der Staatskasse getragen. Die [[Mittellosigkeit]] bestimmt sich nach den [[wikipedia:de:Sozialhilfe|sozialhilferechtlichen]] Grundsätzen ({{Zitat de §|1880|bgb}} BGB / {{Zitat de §|90|sgb_12}} SGB-XII, zurzeit besteht ein [[Mittellosigkeit|Schonvermögen]] von 10.000 Euro. Auch ein selbstbewohntes Einfamilienhaus bleibt unberücksichtigt.
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'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 28.4.2009, 1 W 129/07''', NJW-RR 2009, 1452:
 
'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 28.4.2009, 1 W 129/07''', NJW-RR 2009, 1452:
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Die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s ist nicht gerechtfertigt, wenn eine zur Übernahme der ehrenamtlichen Betreuung grundsätzlich geeignete und bereite Person zur Verfügung steht, die in der Lage ist, ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache mit Hilfe Dritter zu kompensieren und so die Angelegenheit des Betroffenen eigenverantwortlich rechtlich zu besorgen.
 
Die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s ist nicht gerechtfertigt, wenn eine zur Übernahme der ehrenamtlichen Betreuung grundsätzlich geeignete und bereite Person zur Verfügung steht, die in der Lage ist, ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache mit Hilfe Dritter zu kompensieren und so die Angelegenheit des Betroffenen eigenverantwortlich rechtlich zu besorgen.
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'''LG Kleve, Beschl v 23.5.2016, 4 T 39/16 ''', BtPrax 2016, 246:
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'''LG Kleve, Beschl v 23.5.2016, 4 T 39/16 ''', BtPrax 2016, 246 = FamRZ 2016, 2034:
    
Der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung gilt auch, wenn der Betreute die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s wünscht, dessen [[Vergütung]] er aus seinem Vermögen zahlen könnte.
 
Der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung gilt auch, wenn der Betreute die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s wünscht, dessen [[Vergütung]] er aus seinem Vermögen zahlen könnte.
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'''BGH, Beschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 642/17'''
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Der Gesetzgeber hat der ehrenamtlichen Betreuung bewusst den Vorrang vor der beruflich geführten Betreuung gegeben. Das Betreuungsgericht hat diesen Vorrang deshalb auch gegenüber dem Vorschlag des Betroffenen, einen bestimmten Berufsbetreuer zu bestellen, zu beachten.
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'''BGH, Beschluss vom 22. Januar 2020 - XII ZB 329/19'''
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Der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung nach § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB kommt nur zum Tragen, wenn hierfür eine geeignete Person zur Verfügung steht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 642/17 - FamRZ 2018, 1772).
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[[Bild:Altenheim.jpg|200px|right]]
 
[[Bild:Altenheim.jpg|200px|right]]
    
=== Mitarbeiter von Heimen und Kliniken als Betreuer ===
 
=== Mitarbeiter von Heimen und Kliniken als Betreuer ===
Mitarbeiter des [[wikipedia:de:Altenheim|Altenheim]]es oder [[wikipedia:de:psychiatrische Klinik|psychiatrischen Krankenhauses]], in dem der Betreute wohnt, können auch dann nicht zum Betreuer bestellt werden, wenn die betreute Person es ausdrücklich wünscht. Hierdurch soll Interessenskonflikten zwischen den Interessen des Betreuten und der Einrichtung, für die der ”Wunschbetreuer” arbeitet, vorgebeugt werden ({{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 3 BGB).
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Mitarbeiter des [[wikipedia:de:Altenheim|Altenheim]]es oder [[wikipedia:de:psychiatrische Klinik|psychiatrischen Krankenhauses]], in dem der Betreute wohnt, können auch dann nicht zum Betreuer bestellt werden, wenn die betreute Person es ausdrücklich wünscht. Hierdurch soll Interessenskonflikten zwischen den Interessen des Betreuten und der Einrichtung, für die der ”Wunschbetreuer” arbeitet, vorgebeugt werden (§ 1816 Abs. 6 BGB). Dies gilt seit 2023 auch für ambulante Pflegekräfte.
    
Siehe dazu unter [[Heimmitarbeiter als Betreuer]]
 
Siehe dazu unter [[Heimmitarbeiter als Betreuer]]
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Bei der Abwägung der für und wider die Bestellung sprechenden Gesichtspunkte ist insbesondere zu bedenken, dass Angehörige die Bedürfnisse und das Äußerungsverhalten eines Betroffenen vielfach besser kennen als fremde Personen. Ausschlaggebend bleibt jedoch das Wohl des Betroffenen. Deshalb hat sich das Vormundschaftsgericht maßgeblich von der Frage leiten zu lassen, durch wen die bestmögliche Kombination von persönlicher Betreuung und Besorgung der Angelegenheiten des Betroffenen gewährleistet wird (BayObLG FamRZ 1996, 507 m.w.N.). Es kann hierbei auch zu dem Ergebnis kommen, dass auch wenn eine Person zur ehrenamtlichen Übernahme der Betreuung bereit ist, ein [[Berufsbetreuer]] zu bestellen ist, wenn dieser wesentlich besser geeignet ist (vgl. BayObLG BtPrax 2002, 130 LS).
 
Bei der Abwägung der für und wider die Bestellung sprechenden Gesichtspunkte ist insbesondere zu bedenken, dass Angehörige die Bedürfnisse und das Äußerungsverhalten eines Betroffenen vielfach besser kennen als fremde Personen. Ausschlaggebend bleibt jedoch das Wohl des Betroffenen. Deshalb hat sich das Vormundschaftsgericht maßgeblich von der Frage leiten zu lassen, durch wen die bestmögliche Kombination von persönlicher Betreuung und Besorgung der Angelegenheiten des Betroffenen gewährleistet wird (BayObLG FamRZ 1996, 507 m.w.N.). Es kann hierbei auch zu dem Ergebnis kommen, dass auch wenn eine Person zur ehrenamtlichen Übernahme der Betreuung bereit ist, ein [[Berufsbetreuer]] zu bestellen ist, wenn dieser wesentlich besser geeignet ist (vgl. BayObLG BtPrax 2002, 130 LS).
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Erst wenn aus den bisher genannten Kreisen (vom Betreuten benannte Personen, nahe Angehörige, sonstige Ehrenamtler) niemand als Betreuer in Frage kommt, ist die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s zulässig. So bestimmt es seit dem 1. Januar 1999 {{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 6 BGB.
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Erst wenn aus den bisher genannten Kreisen (vom Betreuten benannte Personen, nahe Angehörige, sonstige Ehrenamtler) niemand als Betreuer in Frage kommt, ist die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s zulässig. So bestimmt es § 1816 Abs. 5 BGB.
    
In diesem Zusammenhang sind auch Konflikte zu erwähnen, die sich aus dem [[wikipedia:de:Verwandtschaft|verwandtschaftlichen]] Verhältnis ergeben können und die gerade dagegen sprechen, einen nahen Angehörigen zum Betreuer zu bestellen; z.B. kann es erforderlich sein, Interessen des Betreuten gegen seine eigene Familie durchzusetzen, möglicherweise haben Angehörige ein Eigeninteresse daran, das Vermögen des Betreuten zum Zwecke der späteren [[wikipedia:de:Erbschaft|Erbschaft]] zusammenzuhalten, was wiederum den Wunsch des Betreuten nach einer angemessenen Lebensführung beeinträchtigen kann. Auch hier kann es angebracht sein, einen Betreuer, der nicht zur Familie der betreuten Person gehört, zu bestellen.
 
In diesem Zusammenhang sind auch Konflikte zu erwähnen, die sich aus dem [[wikipedia:de:Verwandtschaft|verwandtschaftlichen]] Verhältnis ergeben können und die gerade dagegen sprechen, einen nahen Angehörigen zum Betreuer zu bestellen; z.B. kann es erforderlich sein, Interessen des Betreuten gegen seine eigene Familie durchzusetzen, möglicherweise haben Angehörige ein Eigeninteresse daran, das Vermögen des Betreuten zum Zwecke der späteren [[wikipedia:de:Erbschaft|Erbschaft]] zusammenzuhalten, was wiederum den Wunsch des Betreuten nach einer angemessenen Lebensführung beeinträchtigen kann. Auch hier kann es angebracht sein, einen Betreuer, der nicht zur Familie der betreuten Person gehört, zu bestellen.
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Bei besonders komplizierten Betreuungen ([[wikipedia:de:psychische_Krankheit|Wahnerkrankung]]en, zahlreiche Gerichtsverfahren, großes Vermögen zu verwalten usw.) wird es sich ebenfalls empfehlen, einen professionellen Betreuer vorzuschlagen.
 
Bei besonders komplizierten Betreuungen ([[wikipedia:de:psychische_Krankheit|Wahnerkrankung]]en, zahlreiche Gerichtsverfahren, großes Vermögen zu verwalten usw.) wird es sich ebenfalls empfehlen, einen professionellen Betreuer vorzuschlagen.
 
   
 
   
Zum 01.07.2005 wurde die Vergütung der [[Berufsbetreuer]] wesentlich geändert, da die Kosten insbesondere durch die aus der Staatskasse zu zahlenden [[Betreuervergütung]]en in den vergangenen Jahren stark angestiegen waren. Der Vereins- und der Berufsbetreuer erhält nunmehr eine Vergütung, die den Betreuungsaufwand nach Stunden pauschaliert (und hierfür zwischen 27 und 44 Euro/Stunde incl. [[wikipedia:de:Mehrwertsteuer|MWSt.]] und [[Aufwendungsersatz]] je nach [[Stundensatz|Qualifikation]] des Betreuers).
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Zum 01.07.2005 wurde die Vergütung der [[Berufsbetreuer]] wesentlich geändert, da die Kosten insbesondere durch die aus der Staatskasse zu zahlenden [[Betreuervergütung]]en in den vergangenen Jahren stark angestiegen waren. Der Vereins- und der Berufsbetreuer erhält nunmehr eine pauschalierte Vergütung, die den Betreuungsaufwand pauschaliert. Siehe unter [[Betreuervergütung 2019]].
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Rechtsprechung:
 
Rechtsprechung:
    
'''BayObLG, Beschluss vom 14.01.2005, 3Z BR 256/04; FamRZ 2005, 931 (Ls.) ''':
 
'''BayObLG, Beschluss vom 14.01.2005, 3Z BR 256/04; FamRZ 2005, 931 (Ls.) ''':
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Bestehen konkrete Verdachtsmomente, dass die Tochter einer Betroffenen selbst psychisch krank und als Betreuerin für ihre Mutter aus diesem Grund nicht geeignet ist, ist die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s im Wege der [[einstweilige Anordnung|einstweiligen Anordnung]] nach § 69f FGG (jetzt §§ 300 ff. FamFG) nicht zu beanstanden, wenn andere geeignete Personen nicht als ehrenamtliche Betreuer zur Verfügung stehen.
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Bestehen konkrete Verdachtsmomente, dass die Tochter einer Betroffenen selbst psychisch krank und als Betreuerin für ihre Mutter aus diesem Grund nicht geeignet ist, ist die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s im Wege der [[einstweilige Anordnung|einstweiligen Anordnung]] nach §§ 300 ff. FamFG nicht zu beanstanden, wenn andere geeignete Personen nicht als ehrenamtliche Betreuer zur Verfügung stehen.
    
'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 27.06.2006, 1 W 36/06; FGPrax 2006, 258 ''':
 
'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 27.06.2006, 1 W 36/06; FGPrax 2006, 258 ''':
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Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramtes gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 2 BRAO verstoßen würde, kann nicht zum Betreuer bestellt werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2013 XII ZB 460/13 FamRZ 2014, 466).
 
Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramtes gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 2 BRAO verstoßen würde, kann nicht zum Betreuer bestellt werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2013 XII ZB 460/13 FamRZ 2014, 466).
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'''BGH, Beschluss vom 3. Februar 2021 - XII ZB 67/20'''
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Zur Auswahl eines Berufsbetreuers anstelle eines Angehörigen und von diesem hilfsweise benannter ehrenamtlicher Personen.
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===Bestellung von Vereinsbetreuern oder des Betreuungsvereins ===
 
===Bestellung von Vereinsbetreuern oder des Betreuungsvereins ===
Beschäftigte von [[Betreuungsverein]]en können zum [[Vereinsbetreuer]] bestellt werden ({{Zitat de §|1897|bgb}} Abs. 2 BGB).  
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Beschäftigte von [[Betreuungsverein]]en können zum [[Vereinsbetreuer]] bestellt werden (§ 1816 Abs. 5 BGB in Verbindung mit § 19 Abs. 2 BtOG).  
 
Vereinsbetreuer kann nur sein, wer in einem [[wikipedia:de:Arbeitsverhältnis|Arbeitsverhältnis]] zum Betreuungsverein steht. Der Betreuungsverein ist verpflichtet, qualifizierte Mitarbeiter vorzuhalten, diese zu beaufsichtigen, weiterzubilden und gegen Schäden, die diese im Rahmen der Betreuertätigkeit anrichten könnten, zu versichern.
 
Vereinsbetreuer kann nur sein, wer in einem [[wikipedia:de:Arbeitsverhältnis|Arbeitsverhältnis]] zum Betreuungsverein steht. Der Betreuungsverein ist verpflichtet, qualifizierte Mitarbeiter vorzuhalten, diese zu beaufsichtigen, weiterzubilden und gegen Schäden, die diese im Rahmen der Betreuertätigkeit anrichten könnten, zu versichern.
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Sofern die Betreuung durch eine oder mehrere [[wikipedia:de:natürliche Person|natürliche Person]]en (ehrenamtliche oder berufliche Betreuer) nicht möglich ist, kann auch der Betreuungsverein als Verein zum Betreuer bestellt werden ({{Zitat de §|1900|bgb}} Abs. 1 BGB). Jedoch hat in diesem Falle der Betreuungsverein keinen Vergütungsanspruch ({{Zitat de §|1836|bgb}} Abs. 3 BGB), lediglich Anspruch auf [[Aufwendungsersatz]] ({{Zitat de §|1835|bgb}} Abs. 5 BGB).
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Sofern die Betreuung durch eine oder mehrere [[wikipedia:de:natürliche Person|natürliche Person]]en (ehrenamtliche oder berufliche Betreuer) nicht möglich ist, kann auch der Betreuungsverein als Verein zum Betreuer bestellt werden (§ 1818 Abs. 1 BGB). Er erhält seit 1.1.2023 auch eine Vergütung, § 13 VBVG.
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'''Rechtsprechung'''
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Rechtsprechung: '''BayObLG, Beschluss vom 26.11.1997, {{Rspr|3Z BR 422/97}}, Rpfleger 1998, 199 ''': Vorrang der Betreuung durch natürliche Person vor Vereinsbetreuung
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'''BayObLG, Beschluss vom 26.11.1997, {{Rspr|3Z BR 422/97}}, Rpfleger 1998, 199 ''': Vorrang der Betreuung durch natürliche Person vor Vereinsbetreuung
    
# Zum Betreuer ist grundsätzlich eine natürliche Person zu bestellen. Die Bestellung eines Vereins ist nur zulässig, wenn der Betroffene durch natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden kann.  
 
# Zum Betreuer ist grundsätzlich eine natürliche Person zu bestellen. Die Bestellung eines Vereins ist nur zulässig, wenn der Betroffene durch natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden kann.  
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Interessenkollision bei Betreuung durch Vereinsbetreuer. Sind der Geschäftsführer und sein Stellvertreter eines eine Wohnungseinrichtung/Heim betreibenden sozialen Vereins (e.V.) zugleich Geschäftsführer sowie Stellvertreter eines weiteren sozialen Vereins (e.V.), kommt die Führung einer Betreuung des in der einen Einrichtung lebenden Betroffenen durch Mitarbeiter des anderen sozialen Vereins zur Vermeidung von Interessenkollision als dem Sinn und Zweck des § 1897 III BGB widersprechend nicht in Betracht.
 
Interessenkollision bei Betreuung durch Vereinsbetreuer. Sind der Geschäftsführer und sein Stellvertreter eines eine Wohnungseinrichtung/Heim betreibenden sozialen Vereins (e.V.) zugleich Geschäftsführer sowie Stellvertreter eines weiteren sozialen Vereins (e.V.), kommt die Führung einer Betreuung des in der einen Einrichtung lebenden Betroffenen durch Mitarbeiter des anderen sozialen Vereins zur Vermeidung von Interessenkollision als dem Sinn und Zweck des § 1897 III BGB widersprechend nicht in Betracht.
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===Bestellung von Behördenbetreuern oder der Betreuungsbehörde ===
 
===Bestellung von Behördenbetreuern oder der Betreuungsbehörde ===
Beschäftigte von Betreuungsbehörden können zum [[Behördenbetreuer]] bestellt werden ({{Zitat-dej|§|1897|bgb}} Abs. 2 BGB). Behördenbetreuer kann nur sein, wer in einem Dienst- oder [[wikipedia:de:Arbeitsvertrag|Arbeitsverhältnis]] zu einer [[Betreuungsbehörde]] bzw. deren Trägerkörperschaft (meist [[wikipedia:de:Kommune|Kommune]]) steht.
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Beschäftigte von Betreuungsbehörden können zum [[Behördenbetreuer]] bestellt werden (§ 1819 Abs. 2 BGB). Behördenbetreuer kann nur sein, wer in einem Dienst- oder [[wikipedia:de:Arbeitsvertrag|Arbeitsverhältnis]] zu einer [[Betreuungsbehörde]] bzw. deren Trägerkörperschaft (meist [[wikipedia:de:Kommune|Kommune]]) steht.
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Sofern die Betreuung durch eine oder mehrere natürliche Personen (ehrenamtliche oder berufliche Betreuer) und durch einen Betreuungsverein nicht möglich ist, kann auch die Betreuungsbehörde selbst zum Betreuer bestellt werden (§ 1818 Abs. 4 BGB). Die Betreuungsbehörde hat somit die Pflicht, die Betreuung zu übernehmen, wenn keine andere Möglichkeit zur Betreuungsübernahme vorhanden ist.
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Sofern die Betreuung durch eine oder mehrere natürliche Personen (ehrenamtliche oder berufliche Betreuer) und durch einen Betreuungsverein nicht möglich ist, kann auch die Betreuungsbehörde selbst zum Betreuer bestellt werden ({{Zitat-dej|§|1900|bgb}} Abs. 4 BGB). Die Betreuungsbehörde hat somit die Pflicht, die Betreuung zu übernehmen, wenn keine andere Möglichkeit zur Betreuungsübernahme vorhanden ist.
+
In diesem Falle hat die [[Betreuungsbehörde]] keinen Vergütungsanspruch ({{Zitat-dej|§|1836|bgb}} Abs. 3 BGB), lediglich bei nicht mittellosen Betreuten Anspruch auf [[Aufwendungsersatz]] (§ 14 VBVG).
   −
In diesem Falle hat die [[Betreuungsbehörde]] keinen Vergütungsanspruch ({{Zitat-dej|§|1836|bgb}} Abs. 3 BGB), lediglich bei nicht mittellosen Betreuten Anspruch auf [[Aufwendungsersatz]] ({{Zitat-dej|§|1835|bgb}} Abs. 5 BGB).
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'''Rechtsprechung'''
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<div class="mw-collapsible mw-collapsed" data-expandtext="Gerichtsentscheidungen dazu einblenden" data-collapsetext="Gerichtsentscheidungen ausblenden">
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'''LG Hamburg, Beschluss vom 11.02.2020, 309 T 24/20'''
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# Die Bestellung der örtlichen Betreuungsbehörde zur Betreuerin ist dann geboten, wenn die Betreuungsbehörde im konkreten Fall keinen im Einzelfall geeigneten und übernahmebreiten Einzelbetreuer und auch keinen Betreuungsverein vorschlagen kann.
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# Die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 26 FamFG gebietet es in diesem Fall nicht, selbst eigene umfangreiche Ermittlungen zur Suche eines geeigneten Betreuers anzustellen.
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# Es ist Aufgabe der Betreuungsbehörde, die notwendigen fachlichen und personellen  Ressourcen für die Bestellung als Betreuerin vorzuhalten. Die Übernahme einer Betreuung kann durch die Behörde jedenfalls nicht durch Verweis auf Überlastung und Personalknappheit verweigert werden.
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# Die Behörde hat dem Gericht mitzuteilen, wenn und soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betreute nunmehr (doch) durch eine natürliche Person oder einen Betreuungsverein hinreichend betreut werden kann.
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'''AG Brandenburg, Beschluss vom 07.03.2024, 85 XVII 33/24'''
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Zu den Voraussetzungen der Bestellung der örtlichen Betreuungsbehörde als Betreuer eines Betroffenen durch das Gericht 1816, § 1818 und § 1868 BGB in Verbindung mit § 26 und § 300 FamFG unter Beachtung von § 1 und § 2 BtOG).
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=== Kontroll-/Überwachungsbetreuer ===
 
=== Kontroll-/Überwachungsbetreuer ===
Ist ein [[Vorsorgevollmacht|Bevollmächtigter]] bestellt, kann zu dessen Überwachung ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Wahrnehmung von Rechten ggü. dem Bevollmächtigten“ gem. {{Zitat-dej|§|1896|bgb}} Abs. 3 BGB bestellt werden.  
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Ist ein [[Vorsorgevollmacht|Bevollmächtigter]] bestellt, kann zu dessen Überwachung ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Wahrnehmung von Rechten ggü. dem Bevollmächtigten“ gem. § 1820 BGB bestellt werden.  
    
Die Bestellung eines [[Kontrollbetreuer]]s ist bei Vorliegen einer [[wikipedia:de:Generalvollmacht|Generalvollmacht]] des Betroffenen dann erforderlich, wenn konkreter Überwachungsbedarf besteht und der Betroffene seinen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß {{Zitat-dej|§|666|bgb}} BGB gegenüber dem Bevollmächtigten auf Grund seiner psychischen Erkrankung nicht mehr selbst wahrnehmen kann. Der Verdacht des Missbrauchs ist nicht erforderlich (BayObLG [[wikipedia:de:FamRZ|FamRZ]] 1994, 1550; LG München I FamRZ 1998, 923, OLG Köln FamRZ 2000, 909).
 
Die Bestellung eines [[Kontrollbetreuer]]s ist bei Vorliegen einer [[wikipedia:de:Generalvollmacht|Generalvollmacht]] des Betroffenen dann erforderlich, wenn konkreter Überwachungsbedarf besteht und der Betroffene seinen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß {{Zitat-dej|§|666|bgb}} BGB gegenüber dem Bevollmächtigten auf Grund seiner psychischen Erkrankung nicht mehr selbst wahrnehmen kann. Der Verdacht des Missbrauchs ist nicht erforderlich (BayObLG [[wikipedia:de:FamRZ|FamRZ]] 1994, 1550; LG München I FamRZ 1998, 923, OLG Köln FamRZ 2000, 909).
    
=== Sterilisationsbetreuer===
 
=== Sterilisationsbetreuer===
Für die Einwilligung in eine [[Sterilisation]] des Betreuten (nach {{Zitat-dej|§|1905|bgb}} BGB) muss gem. {{Zitat-dej|§|1899|bgb}} Abs. 2 BGB stets ein [[Sterilisationsbetreuer|besonderer Betreuer]] bestellt werden. Die [[Betreuungsbehörde]] und der [[Betreuungsverein]] dürfen nach {{Zitat-dej|§|1900|bgb}} Abs. 5 BGB nicht für diesen Aufgabenkreis bestellt werden.
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Für die Einwilligung in eine [[Sterilisation]] des Betreuten (nach § 1830 BGB muss gem. § 1817 Abs. 2 BGB stets ein [[Sterilisationsbetreuer|besonderer Betreuer]] bestellt werden. Die [[Betreuungsbehörde]] und der [[Betreuungsverein]] dürfen nach § 1818 Abs. 5 BGB nicht für diesen Aufgabenkreis bestellt werden.
    
=== Bestellung mehrerer Betreuer ===
 
=== Bestellung mehrerer Betreuer ===
Es ist möglich, dass für einen Betreuten mehrere Betreuer bestellt werden, z.B. für verschiedene [[Aufgabenkreis]]e ({{Zitat-dej|§|1899|bgb}} Abs. 1 BGB). Allerdings dürfen seit 01.07.2005 nicht mehrere berufliche Betreuer für einen Betreuten bestellt werden. Möglich ist weiterhin die parallele Bestellung eines [[Betreuer (Ehrenamt)|Ehrenamtlers]] und eines [[Berufsbetreuer]]s. Außerdem können [[Verhinderungsbetreuer]] bestellt werden, wenn der Betreuer rechtlich oder tatsächlich (z.B. Urlaub, Krankheit) an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert ist.
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Es ist möglich, dass für einen Betreuten mehrere Betreuer bestellt werden, z.B. für verschiedene [[Aufgabenkreis]]e (§ 1817 Abs. 1 BGB). Allerdings dürfen seit 01.07.2005 nicht mehrere berufliche Betreuer für einen Betreuten bestellt werden. Möglich ist weiterhin die parallele Bestellung eines [[Betreuer (Ehrenamt)|Ehrenamtlers]] und eines [[Berufsbetreuer]]s. Außerdem können [[Verhinderungsbetreuer]] bestellt werden, wenn der Betreuer rechtlich oder tatsächlich (z.B. Urlaub, Krankheit) an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert ist (§ 1817 Abs. 4 und 5 BGB).
    
Siehe zu Details unter [[Bestellung mehrerer Betreuer]].
 
Siehe zu Details unter [[Bestellung mehrerer Betreuer]].
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== Betreuerwechsel ==
 
== Betreuerwechsel ==
 
[[Bild:Betreuerwechsel2007.gif|thumb|300px|right|Anteile bei Betreuerwechseln 2007]]
 
[[Bild:Betreuerwechsel2007.gif|thumb|300px|right|Anteile bei Betreuerwechseln 2007]]
Für den Betreuten kann es nachteilig sein, wenn sein Betreuer ausgetauscht wird und er sich an eine neue Person gewöhnen muss. Deshalb soll ein Wechsel in der Betreuung nach Möglichkeit vermieden werden. Im Jahre 2004 wurden 36.227 neue Betreuerbestellungen nach Betreuerwechsel vorgenommen ({{Zitat-dej|§|1908b|bgb}} BGB). Dies bedeutet, dass bei rund 3,5 % aller Betreuten ein solcher Wechsel stattfand (''Quelle: Bundesministerium der Justiz: Sondererhebung Verfahren nach dem Betreuungsgesetz'').
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Für den Betreuten kann es nachteilig sein, wenn sein Betreuer ausgetauscht wird und er sich an eine neue Person gewöhnen muss. Deshalb soll ein Wechsel in der Betreuung nach Möglichkeit vermieden werden. Im Jahre 2004 wurden 36.227 neue Betreuerbestellungen nach Betreuerwechsel vorgenommen (§ 1868 BGB). Dies bedeutet, dass bei rund 3,5 % aller Betreuten ein solcher Wechsel stattfand (''Quelle: Bundesministerium der Justiz: Sondererhebung Verfahren nach dem Betreuungsgesetz'').
    
===Betreuerwechsel auf Antrag des Betreuers, wenn Unzumutbarkeit vorliegt===
 
===Betreuerwechsel auf Antrag des Betreuers, wenn Unzumutbarkeit vorliegt===
Ein Betreuer kann, wenn ihm die Betreuung aufgrund neu eingetretener Umstände nicht mehr zugemutet werden kann, seine Entlassung beim Betreuungsgericht verlangen (§ 1908b Abs. 2 BGB, § 296 FamFG).  
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Ein Betreuer kann, wenn ihm die Betreuung aufgrund neu eingetretener Umstände nicht mehr zugemutet werden kann, seine Entlassung beim Betreuungsgericht verlangen (§ 1868 ABs. 4 BGB, § 296 FamFG).  
    
Solche Umstände können z.B. in einer Überforderung mit den Bestimmungen für die [[Betreuerpflichten|Betreuertätigkeit]] bestehen. Weiter kann es sein, dass der Betreute den Betreuten ständig belästigt oder bedroht oder von ihm erheblich mehr Zeit an Betreuertätigkeit verlangt, als der Betreuer erbringen kann. Auch ein beruflicher Wechsel beim Betreuer, z.B. in eine weit entfernte Stadt oder erhebliche Belastungen in der familiären Sphäre des Betreuers können eine solche Unzumutbarkeit begründen.
 
Solche Umstände können z.B. in einer Überforderung mit den Bestimmungen für die [[Betreuerpflichten|Betreuertätigkeit]] bestehen. Weiter kann es sein, dass der Betreute den Betreuten ständig belästigt oder bedroht oder von ihm erheblich mehr Zeit an Betreuertätigkeit verlangt, als der Betreuer erbringen kann. Auch ein beruflicher Wechsel beim Betreuer, z.B. in eine weit entfernte Stadt oder erhebliche Belastungen in der familiären Sphäre des Betreuers können eine solche Unzumutbarkeit begründen.
    
===[[Betreuerwechsel]] bei fehlender Eignung des Betreuers für die Betreuertätigkeit===
 
===[[Betreuerwechsel]] bei fehlender Eignung des Betreuers für die Betreuertätigkeit===
Es kommt vor, dass eine als Betreuer ausgewählte Person von Anfang an nicht geeignet war, als Betreuer tätig zu werden. Solche Fehlentscheidungen sollen zwar vermieden werden, insbesondere durch Einbindung der Betreuungsbehörde ({{Zitat-dej|§|8|btbg}} [[Betreuungsbehördengesetz]]), lassen sich aber nicht immer vermeiden.  
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Es kommt vor, dass eine als Betreuer ausgewählte Person von Anfang an nicht geeignet war, als Betreuer tätig zu werden. Solche Fehlentscheidungen sollen zwar vermieden werden, insbesondere durch Einbindung der Betreuungsbehörde (§ 12 BtOG [[Betreuungsbehördengesetz]]), lassen sich aber nicht immer vermeiden.  
    
Wer z.B. nicht in der Lage ist, die Interessen des Betreuten gegenüber Dritten wie Behörden, Vermietern oder anderen [[wikipedia:de:Vertragspartner|Vertragspartner]]n zu vertreten, ist in der Regel ungeeignet. Das gleiche gilt für Personen, die auch mit Hilfestellung von Vereinen und [[Betreuungsbehörde]]n  ihre [[Betreuerpflichten|Pflichten]] gegenüber dem Betreuten und dem Gericht nicht wahrnehmen können oder sich sogar am Vermögen des Betreuten bereichern ([[wikipedia:de:Untreue|Untreue]]).
 
Wer z.B. nicht in der Lage ist, die Interessen des Betreuten gegenüber Dritten wie Behörden, Vermietern oder anderen [[wikipedia:de:Vertragspartner|Vertragspartner]]n zu vertreten, ist in der Regel ungeeignet. Das gleiche gilt für Personen, die auch mit Hilfestellung von Vereinen und [[Betreuungsbehörde]]n  ihre [[Betreuerpflichten|Pflichten]] gegenüber dem Betreuten und dem Gericht nicht wahrnehmen können oder sich sogar am Vermögen des Betreuten bereichern ([[wikipedia:de:Untreue|Untreue]]).
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===Wechsel zu ehrenamtlicher Betreuung===
 
===Wechsel zu ehrenamtlicher Betreuung===
Soweit bisher ein [[Berufsbetreuer]] bestellt ist ({{Zitat de §|1897|bgb}} Abs. 6 BGB), soll dieser entlassen werden wenn der Betreute durch eine oder mehrere andere Personen außerhalb einer Berufsausübung betreut werden kann ({{Zitat de §|1908b|bgb}} Abs. 1 BGB). Dies betrifft Situationen, in denen die Betreuung nicht mehr die Fachkenntnis des Berufsbetreuers erfordert.
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Soweit bisher ein [[Berufsbetreuer]] bestellt ist (§ 1816 Abs. 5 BGB), soll dieser entlassen werden wenn der Betreute durch eine oder mehrere andere Personen außerhalb einer Berufsausübung betreut werden kann (§ 1868 Abs. 1 BGB). Dies betrifft Situationen, in denen die Betreuung nicht mehr die Fachkenntnis des Berufsbetreuers erfordert.
    
'''OLG Hamm, Beschluss vom 17.04.2008, 15 W 415/07; FamRZ 2008, 2309 = FGPrax 2008, 246'''
 
'''OLG Hamm, Beschluss vom 17.04.2008, 15 W 415/07; FamRZ 2008, 2309 = FGPrax 2008, 246'''
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===Betreuerwechsel nach dem Tod des Betreuers===
 
===Betreuerwechsel nach dem Tod des Betreuers===
 
Nach dem [[wikipedia:de:Tod|Tod]] des Betreuers ist ebenfalls ein neuer Betreuer zu bestellen ({{Zitat-dej|§|1908c|bgb}} BGB). Der [[wikipedia:de:Erbe|Erbe]] des Betreuers hat dessen Tod beim [[Betreuungsgericht]] zu melden ({{Zitat-dej|§|1894|bgb}} BGB).
 
Nach dem [[wikipedia:de:Tod|Tod]] des Betreuers ist ebenfalls ein neuer Betreuer zu bestellen ({{Zitat-dej|§|1908c|bgb}} BGB). Der [[wikipedia:de:Erbe|Erbe]] des Betreuers hat dessen Tod beim [[Betreuungsgericht]] zu melden ({{Zitat-dej|§|1894|bgb}} BGB).
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==Videos und Podcasts==
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*[https://betroyt.de/podcast/folge-10-geeignetheit-die-entscheidung-uber-die-auswahl-der-s-betreuers-in/ Podcast - Betroyt.de: "Die Entscheidung über die Auswahl des Betreuers]
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*[https://betroyt.de/podcast/folge-8-bestallung-wie-betreuer-in-und-betroffene-r-zueinander-finden/ Podcast - Betroyt.de: "Wie Betreuer und Betroffene zueinander finden]
    
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
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==Literatur==
 
==Literatur==
===Bücher im Bundesanzeiger-Verlag===
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===Bücher im Reguvis-Verlag===
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*[https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung-und-pflege/systematischer-praxiskommentar-betreuungsrecht/?cHash=163b9c5035a4108de5ff4a7ecbc0568f Dodegge u.a.: Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, Neuauflage 2010]
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*[https://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3846212628/internetsevon-21 Dodegge u.a.: Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, Neuauflage 2023]
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*[https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung-und-pflege/praxiskommentar-betreuungs-und-unterbringungsverf/?cHash=5d4dd6a1ffacf5b1e72e2e8c7dc09e1e Fröschle: Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, Neuauflage 2010]
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*[https://shop.reguvis.de/betreuung-und-pflege/praxiskommentar-betreuungs-und-unterbringungsverf/ Fröschle: Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, Neuauflage 2020]
    
===Zeitschriftenbeiträge===
 
===Zeitschriftenbeiträge===
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*Allgeier: Angehörige und rechtliche Betreuer; BtPrax 2022, 90
 
*Bienwald: Zur Frage der Beurteilungskriterien für die Eignung eines Kindes des Betroffenen als Betreuer; FamRZ 2004, 1776
 
*Bienwald: Zur Frage der Beurteilungskriterien für die Eignung eines Kindes des Betroffenen als Betreuer; FamRZ 2004, 1776
 
*ders.: Eine vergessene Regelung zur Eignung einer Person als rechtlicher Betreuer; Rechtspfleger-Stud 2016, 93
 
*ders.: Eine vergessene Regelung zur Eignung einer Person als rechtlicher Betreuer; Rechtspfleger-Stud 2016, 93
*[http://www.vgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/VGT/Betrifft_Betreuung/8_Rechtsfuersorge_im_Soz.staat_200507.pdf#page=163 Crefeld/Fischbach/Wittek: Auswahl eines geeigneten Betreuers.Welche Kriterien legen Behörden und Gericht zu Grunde? In: Zander, Karl-Heinz (Hrsg.): Rechtsfürsorge im Sozialstaat. Was ist die Aufgabe der Betreuung? Bochum 2005, 161]
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*Bürkel: "Die haben mir gesagt, dass ich jemand anderen wählen kann"; BtPrax 2020, 127
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*Crefeld/Fischbach/Wittek: Auswahl eines geeigneten Betreuers.Welche Kriterien legen Behörden und Gericht zu Grunde? In: Zander, Karl-Heinz (Hrsg.): Rechtsfürsorge im Sozialstaat. Was ist die Aufgabe der Betreuung? Bochum 2005, 161
 
*Dodegge: Die Auswahl und Kontrolle des Betreuers; FPR 2004, 664
 
*Dodegge: Die Auswahl und Kontrolle des Betreuers; FPR 2004, 664
 
*Fesel: Die Eignung von Betreuern; BtPrax 1996, 57
 
*Fesel: Die Eignung von Betreuern; BtPrax 1996, 57
 
*Kleinz: Organisierte Einzelbetreuungen - ein Modell mit Zukunft? BtPrax 1993, 113
 
*Kleinz: Organisierte Einzelbetreuungen - ein Modell mit Zukunft? BtPrax 1993, 113
 
*Lindemann: Die Bedeutung der Ehrenamtlichkeit in der Umsetzung des Betreuungsrechtes; DAVorm 1996, 159
 
*Lindemann: Die Bedeutung der Ehrenamtlichkeit in der Umsetzung des Betreuungsrechtes; DAVorm 1996, 159
*[http://www.bgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/VGT/Betrifft_Betreuung/9_Qualitaet_im_Betreuungswesen_200711.pdf#Page=37 Loer/Langholf: Eignung und Auswahl der Betreuer; Betrifft:Betreuung Nr. 9, S. 39 (PDF)]
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*[https://www.bgt-ev.de/betrifft_betreuung_9.html#Page=37 Loer/Langholf: Eignung und Auswahl der Betreuer; Betrifft:Betreuung Nr. 9, S. 39 (PDF)]
*[http://www.bt-portal.de/fileadmin/BT-Prax/Fachbeitraege_PDF/Betreuungsvereine/Betreuungsvereine_2008.pdf Seichter: Überlegungen zum vermehrten Einsatz ehrenamtlicher Betreuer, BtPrax 2008, 157 (PDF)]
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*Mlosch: Eignung und Auswahl - Was sind die Regeln nach der Reform; BtPrax 2023, 89
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*Reh: Die Auswahl und Typisierung des Betreuers im Lichte des zum 1.1.2023 in Kraft tretenden Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts; FamRZ 2022, 673
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*Schneider: Reform des Betreuungsrechts - die Bestellung des Betreuers; BtPrax 2021, 9
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*Seichter: Überlegungen zum vermehrten Einsatz ehrenamtlicher Betreuer, BtPrax 2008, 157  
 
*Wesche: Auswahl des Vormunds oder Pflegers; Rpfleger 1988, 45
 
*Wesche: Auswahl des Vormunds oder Pflegers; Rpfleger 1988, 45
    
== Weblinks ==
 
== Weblinks ==
*[http://www.lwl.org/spur-download/bag/auswahl_rechtlicher_betreuer.pdf Empfehlungen zur Betreuerauswahl (BAG der überörtl. Betreuungsbehörden, Januar 2013, PDF)]
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*[https://www.bgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/Tagungen/BGT-Talk/V/Kosuch-BGTalk-2022-Praesentation.pdf BGT-Präsentation Betreuerbestellung - was ist neu (2023; Sabine Norman.Scherer)]
*[http://www.uni-koeln.de/jur-fak/inststaa/gesundheitsrecht.net/urteile/betreuungsrecht/lg/landgericht_nuernberg_fuerth.pdf LG Nürnberg-Fürth 13 T 4255/02 vom 2.6.2002 zur Betreuerauswahl]
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*[https://www.bgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/Tagungen/BGT-Talk/IV/Marx_Herausforderungen.pdf BGT-Präsentation Betreuerbestellung Herausforderung bei Behörden und Vereinen (Holger Marx)]
*[http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&Art=en&Datum=2004&nr=5&anz=267&pos=21&Frame=2 OLG Saarbrücken zum (verneinten) Anspruch auf Aufnahme in die Betreuerliste der Betreuungsbehörde]
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*[https://www.landkreistag.de/images/stories/themen/Senioren/170116%20DLTDSTBAGS%20berarb%20Empf%20Betreuerauswahl%20Endfassung.pdf Empfehlungen zur Betreuerauswahl (BAGüs, PDF)] Empfehlungen zur Betreuerauswahl (BAGüS, PDF)]
*[http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2006/15_W_472_05beschluss20060523.html OLG Hamm, Beschluss vom 23.5.2006; Verneinung der Verbindlichkeit von Betreuervorschlägen durch die Betreuungsbehörde]
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*[http://skm.bistum-trier.de/fachinfo/leitlag.htm LAG Betreuungsangelegenheiten Rheinland-Pfalz zu Anforderungen an Berufsbetreuer]
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*[http://vermeersch.de/b-auswahl.html Weitere Infos zur Betreuerauswahl (Betreuerbüro Vermeersch)]
   
*[http://www.anwalt.de/rechtstipps/die-als-betreuer-vorgeschlagene-person-ist-vor-ihrer-ablehnung-anzuhoeren_016029.html Rechtstipp: Anhörung der vorgeschlagenen Person vor Ihrer Ablehnung durch den Betreuungsrichter]
 
*[http://www.anwalt.de/rechtstipps/die-als-betreuer-vorgeschlagene-person-ist-vor-ihrer-ablehnung-anzuhoeren_016029.html Rechtstipp: Anhörung der vorgeschlagenen Person vor Ihrer Ablehnung durch den Betreuungsrichter]
 
*[http://www.anwalt.de/rechtstipps/keine-ermessensenscheidung-des-gerichts-bei-der-betreuerbestellung_014288.html?pid=10268 Rechtstipp: Kein Ermessen des Richters bei der Betreuerauswahl]
 
*[http://www.anwalt.de/rechtstipps/keine-ermessensenscheidung-des-gerichts-bei-der-betreuerbestellung_014288.html?pid=10268 Rechtstipp: Kein Ermessen des Richters bei der Betreuerauswahl]
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==Formulare==
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*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/Allgemeine_Anmerkungen/3_Einverst__ndnis_zur___bernahme_einer_Betreuung.pdf Einverständniserklärung zur Übernahme einer Betreuung (PDF)]
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*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/aenderungen_im_Betreuungsbedarf/5_Erweiterung_der_Betreuung.pdf Antrag auf Erweiterung einer Betreuung (PDF)]
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[[Kategorie:Betreuungsverfahren]]
 
[[Kategorie:Betreuungsverfahren]]
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{{Quelle Wikipedia|Betreuerbestellung|3. Juli 2006|3=http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Betreuerbestellung&oldid=18558079}}
         
Infos zum [[Betreuungsrecht-Lexikon:Haftungsausschluss|Haftungsausschluss]]
 
Infos zum [[Betreuungsrecht-Lexikon:Haftungsausschluss|Haftungsausschluss]]

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