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Liegen die [[Betreuungsvoraussetzung]]en vor, können zum rechtlichen Betreuer [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Privatpersonen]], [[Vereinsbetreuer]] (die bei einem [[Betreuungsverein]] beschäftigt sind), [[Behördenbetreuer]] (bei einer für Betreuungen zuständigen [[Betreuungsbehörde|Behörde]] tätige Mitarbeiter), [[Berufsbetreuer]], ein [[Betreuungsverein]] selbst oder die zuständige Behörde bestellt werden. Sonstige juristische Personen (andere Vereine, GmbH usw.) können nicht zum Betreuer bestellt werden. Für die Betreuerbestellung ist das [[Betreuungsgericht]], ehemals [[Vormundschaftsgericht]] zuständig.
 
Liegen die [[Betreuungsvoraussetzung]]en vor, können zum rechtlichen Betreuer [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Privatpersonen]], [[Vereinsbetreuer]] (die bei einem [[Betreuungsverein]] beschäftigt sind), [[Behördenbetreuer]] (bei einer für Betreuungen zuständigen [[Betreuungsbehörde|Behörde]] tätige Mitarbeiter), [[Berufsbetreuer]], ein [[Betreuungsverein]] selbst oder die zuständige Behörde bestellt werden. Sonstige juristische Personen (andere Vereine, GmbH usw.) können nicht zum Betreuer bestellt werden. Für die Betreuerbestellung ist das [[Betreuungsgericht]], ehemals [[Vormundschaftsgericht]] zuständig.
 
[[Bild:Gericht2.jpg|right]]
 
[[Bild:Gericht2.jpg|right]]
[[Bild:Neue_Betreuungen1995_2007.gif|thumb|300px|right|Anteile bei neuen Betreuungen 1995 - 2009]]
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[[Bild:Berufsbetreuer_anteile.gif|thumb|300px|right|Anteile bei neuen Betreuungen]]
 
== Rangfolge der Betreuerauswahl ==
 
== Rangfolge der Betreuerauswahl ==
 
Bei der Auswahl des Betreuers im [[Betreuungsverfahren]] hat das Gericht folgende Rangfolge einzuhalten:
 
Bei der Auswahl des Betreuers im [[Betreuungsverfahren]] hat das Gericht folgende Rangfolge einzuhalten:
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enger Zusammenhang mit der in {{Zitat-dej|§|1901|bgb}} Abs. 3 Satz 3 BGB geregelten Besprechungspflicht. Die Eignung zur
 
enger Zusammenhang mit der in {{Zitat-dej|§|1901|bgb}} Abs. 3 Satz 3 BGB geregelten Besprechungspflicht. Die Eignung zur
 
persönlichen Betreuung kann insbesondere bei Überlastung oder sehr weiter räumlicher Entfernung zum Wohnort des Betreuten fehlen.
 
persönlichen Betreuung kann insbesondere bei Überlastung oder sehr weiter räumlicher Entfernung zum Wohnort des Betreuten fehlen.
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Rechtsprechung:
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'''BGH, Beschluss vom 8. November 2017 - XII ZB 90/17''':
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Die Beurteilung, ob eine bestimmte Person als Betreuer eines konkreten Betroffenen geeignet ist, erfordert die Prognose, ob der potentielle Betreuer voraussichtlich die sich aus der Betreuungsführung und den damit verbundenen Pflichten im Sinne des § 1901 BGB folgenden Anforderungen erfüllen kann (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30. September 2015 XII ZB 53/15 FamRZ 2015, 2165).
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'''BGH, Beschluss vom 26. Juni 2019 - XII ZB 373/18''':
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Zum Umfang der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht betreffend die Auswahl eines Betreuers.
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'''BGH, Beschluss vom 3. Februar 2021 - XII ZB 181/20''':
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Ein Betreuer ist nur dann geeignet im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB, wenn er neben der fachlichen Qualifikation auch in persönlicher Hinsicht zur Führung der Betreuung geeignet ist.
    
== Bestellung von Betreuern ==
 
== Bestellung von Betreuern ==
[[Bild:Neue_Betreuungen_Anteile.gif|thumb|300px|right|Anteile bei neuen Betreuungen 2008]]
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Bei den Erstbestellungen von Betreuern ist seit Jahren ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Auch hat sich der Rückgang des Anteils der ehrenamtlichen Betreuungen weiter fortgesetzt und beschleunigt. Der Gesamtanteil für ehrenamtliche Betreuer lag bei 56,98 % (2013: 59,06 %; 2012: 60,49 %), wobei der Anteil der nicht familienangehörigen Ehrenamtler ebenfalls weiter geringfügig sank (Anteil an der Gesamtzahl 2014: 5,56 %; 2013: 5,47 %; 2012: 5,39 %).  
Bei den Erstbestellungen von Betreuern (2009: 250.529; 2008: 245.669) hat sich der Rückgang der ehrenamtlichen Betreuungen nach einer Stagnation im Vorjahr wieder fortgesetzt. Der Gesamtanteil für ehrenamtliche Betreuer lag bei 64,9 % (2008: 67,8 %), wobei der Anteil der nicht familienangehörigen Ehrenamtlern allerdings wieder etwas anstieg (Anteil an der Gesamtzahl 2009: 5,49 %; 2008: 5,19 %,). Bei den beruflichen Betreuungen (2009 insgesamt 35,1 %; 2008: 34,29 %) stieg der Anteil der Vereinsbetreuungen leicht an (2009: 5,79 %; 2008: 5,61 %. Der Behördenbetreueranteil blieb nahezu gleich (2009: 0,46 % 2008: 0,42 %) . Selbstständige Berufsbetreuer wurden 2009 zu 28,81 % (2008: 27,95 %) bestellt. Der Anteil der nichtanwaltlichen Berufsbetreuer betrug 23,4 % (2008 22,81 %). Anwälte als Berufsbetreuer wurden zu 5,4 % (2008: 5,14 %) bestellt
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Bei den beruflichen Betreuungen wurde 2014 zum zweiten Mal die 40-Prozent-Marke überschritten (2014: 43,02 %; 2013: 40,94 %; 2012: 39,51 %) und stieg der Anteil der Vereinsbetreuungen weiter leicht an (2014: 6,47 %; 2013: 6,37 %; 2012: 6,27 %). Der Behördenbetreueranteil verminderte sich auf bisher niedrigstem Niveau (2014: 0,22 %; 2013: 0,25 %; 2012: 0,24 %). Selbstständige Berufsbetreuer wurden 2014 zu 36,33 % bestellt (2013: 34,32 %; 2012: 33 %). Der Anteil der nicht anwaltlichen Berufsbetreuer betrug dabei 2014 28,59 % (2013: 27,17 %; 2012: 26,23 %). Anwälte als Berufsbetreuer wurden zu 7,74 % bestellt (2013: 7,15 %; 2012: 6,77 %).  Siehe dazu Abb. 2.
    
(''[http://www.btprax.de/download/Betreuungszahlen2008.pdf Quelle: Bundesamt für Justiz, Sondererhebung: Verfahren nach dem Betreuungsgesetz; PDF]'')
 
(''[http://www.btprax.de/download/Betreuungszahlen2008.pdf Quelle: Bundesamt für Justiz, Sondererhebung: Verfahren nach dem Betreuungsgesetz; PDF]'')
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# Im Verfahren über die Verlängerung einer bestehenden Betreuung nach § 295 FamFG ist gegen die Beschwerdeentscheidung die zulassungsfreie [[Beschwerde|Rechtsbeschwerde]] gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Dies gilt auch, wenn sich der Betroffene nicht gegen die Verlängerung der Betreuung, sondern nur gegen die Auswahl des Betreuers wendet.
 
# Im Verfahren über die Verlängerung einer bestehenden Betreuung nach § 295 FamFG ist gegen die Beschwerdeentscheidung die zulassungsfreie [[Beschwerde|Rechtsbeschwerde]] gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Dies gilt auch, wenn sich der Betroffene nicht gegen die Verlängerung der Betreuung, sondern nur gegen die Auswahl des Betreuers wendet.
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'''BGH, Beschluss vom 10.11.2010, XII ZB 355/10''':
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'''BGH, Beschluss vom 10.11.2010, XII ZB 355/10''', MDR 2011, 44 = FGPrax 2011, 22 = NJW-RR 2011, 289 = FamRZ 2011, 100:
    
Der Wille des Betreuten bei der Auswahl des Betreuers kann dann unberücksichtigt bleiben,
 
Der Wille des Betreuten bei der Auswahl des Betreuers kann dann unberücksichtigt bleiben,
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Abwägung aller relevanten Umstände müssen sich Gründe von erheblichem Gewicht ergeben,
 
Abwägung aller relevanten Umstände müssen sich Gründe von erheblichem Gewicht ergeben,
 
die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen.
 
die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen.
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'''BGH, Beschluss vom 27.07.2011, XII ZB 118/11''', BeckRS 2011, 20615 = MDR 2011, 1039 = FamRZ 2011, 1577 = BtPrax 2011, 208 = RdLH 2011, 141:
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Bei der Auswahl des Betreuers sind gemäß § 1897 Abs. 4 BGB auch die Wünsche eines Geschäftsunfähigen zu berücksichtigen, sofern dieser seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Dabei kommt es maßgeblich auf die Wünsche des Betroffenen im Zeitpunkt der Betreuerbestellung an; das gilt auch für Vorschläge, bestimmte Personen nicht zu bestellen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16.03.2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ 2011, 880 Rn. 21).
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'''BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 220/14''':
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Wendet sich der Betroffene nach der Anordnung der Betreuung noch innerhalb der Beschwerdefrist allein gegen die Betreuerauswahl, so ist dieses Anliegen als Beschwerde gegen den Ausgangsbeschluss auszulegen und nicht als Antrag nach § 1908 b Abs. 3 BGB zu behandeln.
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'''LG Kleve, Beschluss vom 23.05.2016, 4 T 39/16''':
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Der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung gilt auch, wenn der Betreute die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s wünscht, dessen [[Vergütung]] er aus seinem Vermögen zahlen könnte.
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'''BGH, Beschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 100/17''':
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Verbindet der Betroffene seine Beschwerde gegen die Betreuerbestellung mit der Erklärung, dass er sich ausschließlich eine Zusammenarbeit mit einem bestimmten, nicht jedoch mit einem anderen Betreuer vorstellen könne, ist die Beschwerde nicht wirksam auf die Betreuerauswahl beschränkt (Fortführung von Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 XII ZB 493/15 FamRZ 2016, 626).
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'''BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - XII ZB 521/17'''
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Zu den Anforderungen und zur Bindungswirkung eines Betreuervorschlags des Betroffenen (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 14. März 2018 - XII ZB 589/17 - juris und vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612).
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'''BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - XII ZB 553/17'''
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Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 222/17 - FamRZ 2018, 55).
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'''BGH, Beschluss vom 17. März 2021 - XII ZB 289/20'''
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Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. Mai 2018 - XII ZB 553/17 - FamRZ 2018, 1192).
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'''BGH, Beschluss vom 30. Juni 2021 - XII ZB 133/21'''
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Lehnt der Betroffene eine Person als Betreuer ab, so ist das Gericht hieran - anders als bei einem positiven Betreuervorschlag des Betroffenen - zwar nicht gebunden. Um eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Betroffenen und seinem Betreuer zu gewährleisten, hat das Gericht jedoch den Wunsch des Betroffenen bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen.
    
=== Nahe soziale Bindungen ===
 
=== Nahe soziale Bindungen ===
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Grundsätzlich stellt die Entscheidung des bestellten Betreuers, einer Fortführung einer künstlichen Ernährung nicht zuzustimmen, für sich genommen keinen Eignungsmangel dar, sofern der Betroffene irreversibel erkrankt ist und die Nichtfortführung lebensverlängernder Massnahmen wie z.B. [[PEG-Sonde|künstlicher Ernährung]], welche einen kontinuierlichen Eingriff in die körperliche Integrität darstellen und deswegen nur mit Einwilligung des Patienten zulässig sind, dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Betroffenen entspricht.
 
Grundsätzlich stellt die Entscheidung des bestellten Betreuers, einer Fortführung einer künstlichen Ernährung nicht zuzustimmen, für sich genommen keinen Eignungsmangel dar, sofern der Betroffene irreversibel erkrankt ist und die Nichtfortführung lebensverlängernder Massnahmen wie z.B. [[PEG-Sonde|künstlicher Ernährung]], welche einen kontinuierlichen Eingriff in die körperliche Integrität darstellen und deswegen nur mit Einwilligung des Patienten zulässig sind, dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Betroffenen entspricht.
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'''BGH, Beschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 390/16'''
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Ein naher Verwandter des Betroffenen, der zum Betroffenen persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, kann nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 XII ZB 165/10 FamRZ 2011, 285).
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'''BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 - XII ZB 475/19'''
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Die Bestellung eines Familienangehörigen, den der Betroffene als Betreuer wünscht, kann mit dem Wohl des Betroffenen unvereinbar sein, wenn dieser entweder persönlich unter den Spannungen zwischen seinen Familienangehörigen leidet oder die Regelung seiner wirtschaftlichen oder sonstigen Verhältnisse wegen der Spannungen innerhalb der Familie nicht gewährleistet ist (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Mai 2019 XII ZB 57/19 FamRZ 2019, 1356).
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'''BVerfG, Beschluss v. 31.03.2021, 1 BvR 413/20'''
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Die Verfassungsgrundsätze in Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gebieten eine bevorzugte Berücksichtigung der Familienangehörigen bei der Auswahl von Pflegern und Vormündern für das (minderjährige) Kind, sofern keine Interessenkollisionen bestehen oder der Zweck der Fürsorgemaßnahme aus anderen Gründen die Bestellung eines Dritten verlange. Dem Schutz des Familiengrundrechts ist auch bei der Bestellung eines Betreuers Rechnung zu tragen.
    
=== Sonstige ehrenamtliche Betreuer ===
 
=== Sonstige ehrenamtliche Betreuer ===
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Der [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Betreuer]] erhält (Vergütung nur im Ausnahmefall bei sehr wohlhabenden Betreuten) lediglich [[Aufwendungsersatz]] gem. {{Zitat-dej|§|1835|bgb}} / {{Zitat-dej|§|1835a|bgb}} BGB (entweder eine [[Aufwandspauschale]] von derzeit 323 Euro jährlich oder wahlweise Ersatz der tatsächlich angefallenen Auslagen wie Fahrtkosten, Porto etc., aber keine Vergütung der Arbeitszeit). Die Vergütung und die [[Aufwandspauschale|Auslagenpauschale]] sind vom Betreuten zu zahlen und werden nur bei Mittellosigkeit des Betreuten von der Staatskasse getragen. Die [[Mittellosigkeit]] bestimmt sich nach den [[wikipedia:de:Sozialhilfe|sozialhilferechtlichen]] Grundsätzen ({{Zitat de §|1836c|bgb}} BGB / {{Zitat de §|90|sgb_12}} SGB-XII, zurzeit besteht ein [[Mittellosigkeit|Schonvermögen]] von etwa 2.600 Euro. Auch ein selbstbewohntes Einfamilienhaus bleibt unberücksichtigt.
 
Der [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtliche Betreuer]] erhält (Vergütung nur im Ausnahmefall bei sehr wohlhabenden Betreuten) lediglich [[Aufwendungsersatz]] gem. {{Zitat-dej|§|1835|bgb}} / {{Zitat-dej|§|1835a|bgb}} BGB (entweder eine [[Aufwandspauschale]] von derzeit 323 Euro jährlich oder wahlweise Ersatz der tatsächlich angefallenen Auslagen wie Fahrtkosten, Porto etc., aber keine Vergütung der Arbeitszeit). Die Vergütung und die [[Aufwandspauschale|Auslagenpauschale]] sind vom Betreuten zu zahlen und werden nur bei Mittellosigkeit des Betreuten von der Staatskasse getragen. Die [[Mittellosigkeit]] bestimmt sich nach den [[wikipedia:de:Sozialhilfe|sozialhilferechtlichen]] Grundsätzen ({{Zitat de §|1836c|bgb}} BGB / {{Zitat de §|90|sgb_12}} SGB-XII, zurzeit besteht ein [[Mittellosigkeit|Schonvermögen]] von etwa 2.600 Euro. Auch ein selbstbewohntes Einfamilienhaus bleibt unberücksichtigt.
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'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 28.04.2009, 1 W 129/07''', NJW-RR 2009, 1452:
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'''Kammergericht Berlin, Beschluss vom 28.4.2009, 1 W 129/07''', NJW-RR 2009, 1452:
    
Die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s ist nicht gerechtfertigt, wenn eine zur Übernahme der ehrenamtlichen Betreuung grundsätzlich geeignete und bereite Person zur Verfügung steht, die in der Lage ist, ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache mit Hilfe Dritter zu kompensieren und so die Angelegenheit des Betroffenen eigenverantwortlich rechtlich zu besorgen.
 
Die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s ist nicht gerechtfertigt, wenn eine zur Übernahme der ehrenamtlichen Betreuung grundsätzlich geeignete und bereite Person zur Verfügung steht, die in der Lage ist, ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache mit Hilfe Dritter zu kompensieren und so die Angelegenheit des Betroffenen eigenverantwortlich rechtlich zu besorgen.
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'''LG Kleve, Beschl v 23.5.2016, 4 T 39/16 ''', BtPrax 2016, 246 = FamRZ 2016, 2034:
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Der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung gilt auch, wenn der Betreute die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s wünscht, dessen [[Vergütung]] er aus seinem Vermögen zahlen könnte.
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'''BGH, Beschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 642/17'''
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Der Gesetzgeber hat der ehrenamtlichen Betreuung bewusst den Vorrang vor der beruflich geführten Betreuung gegeben. Das Betreuungsgericht hat diesen Vorrang deshalb auch gegenüber dem Vorschlag des Betroffenen, einen bestimmten Berufsbetreuer zu bestellen, zu beachten.
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'''BGH, Beschluss vom 22. Januar 2020 - XII ZB 329/19'''
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Der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung nach § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB kommt nur zum Tragen, wenn hierfür eine geeignete Person zur Verfügung steht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 642/17 - FamRZ 2018, 1772).
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[[Bild:Altenheim.jpg|200px|right]]
 
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Die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s ist nicht gerechtfertigt, wenn eine zur Übernahme der [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtlichen Betreuung]] grundsätzlich geeignete und bereite Person zur Verfügung steht, die in der Lage ist, ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache mit Hilfe Dritter zu kompensieren und so die Angelegenheit des Betroffenen eigenverantwortlich rechtlich zu besorgen.
 
Die Bestellung eines [[Berufsbetreuer]]s ist nicht gerechtfertigt, wenn eine zur Übernahme der [[Betreuer (Ehrenamt)|ehrenamtlichen Betreuung]] grundsätzlich geeignete und bereite Person zur Verfügung steht, die in der Lage ist, ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache mit Hilfe Dritter zu kompensieren und so die Angelegenheit des Betroffenen eigenverantwortlich rechtlich zu besorgen.
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'''BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2013 - XII ZB 460/13'''
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Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramtes gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 2 BRAO verstoßen würde, kann auch auf Wunsch des Betroffenen nicht zum Betreuer bestellt werden.
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'''BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - XII ZB 106/15''':
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Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramtes gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 2 BRAO verstoßen würde, kann nicht zum Betreuer bestellt werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2013 XII ZB 460/13 FamRZ 2014, 466).
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'''BGH, Beschluss vom 3. Februar 2021 - XII ZB 67/20'''
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Zur Auswahl eines Berufsbetreuers anstelle eines Angehörigen und von diesem hilfsweise benannter ehrenamtlicher Personen.
    
===Bestellung von Vereinsbetreuern oder des Betreuungsvereins ===
 
===Bestellung von Vereinsbetreuern oder des Betreuungsvereins ===
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# Zum Betreuer ist grundsätzlich eine natürliche Person zu bestellen. Die Bestellung eines Vereins ist nur zulässig, wenn der Betroffene durch natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden kann.  
 
# Zum Betreuer ist grundsätzlich eine natürliche Person zu bestellen. Die Bestellung eines Vereins ist nur zulässig, wenn der Betroffene durch natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden kann.  
 
# Der Vorrang der Betreuung durch eine natürliche Person wird nicht durch den Vorschlag des Betroffenen, ihm einen Verein zum Betreuer zu bestellen, beseitigt.
 
# Der Vorrang der Betreuung durch eine natürliche Person wird nicht durch den Vorschlag des Betroffenen, ihm einen Verein zum Betreuer zu bestellen, beseitigt.
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'''AmtsG Bremen-Blumenthal, Beschluss vom 20.06.2012, 60 XVII S 253/09''', FamRZ 2012, 1753:
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Interessenkollision bei Betreuung durch Vereinsbetreuer. Sind der Geschäftsführer und sein Stellvertreter eines eine Wohnungseinrichtung/Heim betreibenden sozialen Vereins (e.V.) zugleich Geschäftsführer sowie Stellvertreter eines weiteren sozialen Vereins (e.V.), kommt die Führung einer Betreuung des in der einen Einrichtung lebenden Betroffenen durch Mitarbeiter des anderen sozialen Vereins zur Vermeidung von Interessenkollision als dem Sinn und Zweck des § 1897 III BGB widersprechend nicht in Betracht.
    
===Bestellung von Behördenbetreuern oder der Betreuungsbehörde ===
 
===Bestellung von Behördenbetreuern oder der Betreuungsbehörde ===
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==Literatur==
 
==Literatur==
===Bücher im Bundesanzeiger-Verlag===
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===Bücher im Reguvis-Verlag===
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*[https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung-und-pflege/systematischer-praxiskommentar-betreuungsrecht/?cHash=163b9c5035a4108de5ff4a7ecbc0568f Dodegge u.a.: Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, Neuauflage 2010]
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*[https://shop.reguvis.de/betreuung-und-pflege/systematischer-praxiskommentar-betreuungsrecht/ Dodegge u.a.: Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, Neuauflage 2018]
   −
*[https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung-und-pflege/praxiskommentar-betreuungs-und-unterbringungsverf/?cHash=5d4dd6a1ffacf5b1e72e2e8c7dc09e1e Fröschle: Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, Neuauflage 2010]
+
*[https://shop.reguvis.de/betreuung-und-pflege/praxiskommentar-betreuungs-und-unterbringungsverf/ Fröschle: Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, Neuauflage 2020]
    
===Zeitschriftenbeiträge===
 
===Zeitschriftenbeiträge===
 +
*Allgeier: Angehörige und rechtliche Betreuer; BtPrax 2022, 90
 
*Bienwald: Zur Frage der Beurteilungskriterien für die Eignung eines Kindes des Betroffenen als Betreuer; FamRZ 2004, 1776
 
*Bienwald: Zur Frage der Beurteilungskriterien für die Eignung eines Kindes des Betroffenen als Betreuer; FamRZ 2004, 1776
 +
*ders.: Eine vergessene Regelung zur Eignung einer Person als rechtlicher Betreuer; Rechtspfleger-Stud 2016, 93
 +
*Bürkel: "Die haben mir gesagt, dass ich jemand anderen wählen kann"; BtPrax 2020, 127
 
*[http://www.vgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/VGT/Betrifft_Betreuung/8_Rechtsfuersorge_im_Soz.staat_200507.pdf#page=163 Crefeld/Fischbach/Wittek: Auswahl eines geeigneten Betreuers.Welche Kriterien legen Behörden und Gericht zu Grunde? In: Zander, Karl-Heinz (Hrsg.): Rechtsfürsorge im Sozialstaat. Was ist die Aufgabe der Betreuung? Bochum 2005, 161]
 
*[http://www.vgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/VGT/Betrifft_Betreuung/8_Rechtsfuersorge_im_Soz.staat_200507.pdf#page=163 Crefeld/Fischbach/Wittek: Auswahl eines geeigneten Betreuers.Welche Kriterien legen Behörden und Gericht zu Grunde? In: Zander, Karl-Heinz (Hrsg.): Rechtsfürsorge im Sozialstaat. Was ist die Aufgabe der Betreuung? Bochum 2005, 161]
 
*Dodegge: Die Auswahl und Kontrolle des Betreuers; FPR 2004, 664
 
*Dodegge: Die Auswahl und Kontrolle des Betreuers; FPR 2004, 664
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*Kleinz: Organisierte Einzelbetreuungen - ein Modell mit Zukunft? BtPrax 1993, 113
 
*Kleinz: Organisierte Einzelbetreuungen - ein Modell mit Zukunft? BtPrax 1993, 113
 
*Lindemann: Die Bedeutung der Ehrenamtlichkeit in der Umsetzung des Betreuungsrechtes; DAVorm 1996, 159
 
*Lindemann: Die Bedeutung der Ehrenamtlichkeit in der Umsetzung des Betreuungsrechtes; DAVorm 1996, 159
 +
*[http://www.bgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/VGT/Betrifft_Betreuung/9_Qualitaet_im_Betreuungswesen_200711.pdf#Page=37 Loer/Langholf: Eignung und Auswahl der Betreuer; Betrifft:Betreuung Nr. 9, S. 39 (PDF)]
 +
*Reh: Die Auswahl und Typisierung des Betreuers im Lichte des zum 1.1.2023 in Kraft tretenden Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts; FamRZ 2022, 673
 +
*Schneider: Reform des Betreuungsrechts - die Bestellung des Betreuers; BtPrax 2021, 9
 +
*[http://www.bt-portal.de/fileadmin/BT-Prax/Fachbeitraege_PDF/Betreuungsvereine/Betreuungsvereine_2008.pdf Seichter:  Überlegungen zum vermehrten Einsatz ehrenamtlicher Betreuer, BtPrax 2008, 157 (PDF)]
 
*Wesche: Auswahl des Vormunds oder Pflegers; Rpfleger 1988, 45
 
*Wesche: Auswahl des Vormunds oder Pflegers; Rpfleger 1988, 45
    
== Weblinks ==
 
== Weblinks ==
 +
*[https://www.landkreistag.de/images/stories/themen/Senioren/170116%20DLTDSTBAGS%20berarb%20Empf%20Betreuerauswahl%20Endfassung.pdf Empfehlungen zur Betreuerauswahl (BAGüs, PDF)] Empfehlungen zur Betreuerauswahl (BAGüS, PDF)]
 
*[http://www.uni-koeln.de/jur-fak/inststaa/gesundheitsrecht.net/urteile/betreuungsrecht/lg/landgericht_nuernberg_fuerth.pdf LG Nürnberg-Fürth 13 T 4255/02 vom 2.6.2002 zur Betreuerauswahl]
 
*[http://www.uni-koeln.de/jur-fak/inststaa/gesundheitsrecht.net/urteile/betreuungsrecht/lg/landgericht_nuernberg_fuerth.pdf LG Nürnberg-Fürth 13 T 4255/02 vom 2.6.2002 zur Betreuerauswahl]
 
*[http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&Art=en&Datum=2004&nr=5&anz=267&pos=21&Frame=2 OLG Saarbrücken zum (verneinten) Anspruch auf Aufnahme in die Betreuerliste der Betreuungsbehörde]
 
*[http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&Art=en&Datum=2004&nr=5&anz=267&pos=21&Frame=2 OLG Saarbrücken zum (verneinten) Anspruch auf Aufnahme in die Betreuerliste der Betreuungsbehörde]
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*[http://skm.bistum-trier.de/fachinfo/leitlag.htm LAG Betreuungsangelegenheiten Rheinland-Pfalz zu Anforderungen an Berufsbetreuer]
 
*[http://skm.bistum-trier.de/fachinfo/leitlag.htm LAG Betreuungsangelegenheiten Rheinland-Pfalz zu Anforderungen an Berufsbetreuer]
 
*[http://vermeersch.de/b-auswahl.html Weitere Infos zur Betreuerauswahl (Betreuerbüro Vermeersch)]
 
*[http://vermeersch.de/b-auswahl.html Weitere Infos zur Betreuerauswahl (Betreuerbüro Vermeersch)]
*[http://beck-online.beck.de/default.aspx?vpath=bibdata%2Fkomm%2FJuergensKoBtG%2Fcont%2FJuergensKoBtG%2EFile749%2Ehtm Auszug aus Jürgens: Betreuungsrechtskommentar zur Betreuereignung (beck online)]
+
*[http://www.anwalt.de/rechtstipps/die-als-betreuer-vorgeschlagene-person-ist-vor-ihrer-ablehnung-anzuhoeren_016029.html Rechtstipp: Anhörung der vorgeschlagenen Person vor Ihrer Ablehnung durch den Betreuungsrichter]
*[http://www.sueddeutsche.de/muenchen/artikel/790/15775/ Bericht aus der Süddt. Zeitung zur Missachtung von Wünschen der Betreuten bei der Betreuerauswahl in München]
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*[http://www.anwalt.de/rechtstipps/keine-ermessensenscheidung-des-gerichts-bei-der-betreuerbestellung_014288.html?pid=10268 Rechtstipp: Kein Ermessen des Richters bei der Betreuerauswahl]
*[http://www.vgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/PDF/Veroeffentlichungen/BB_9.pdf#Page=37 Loer/Langholf: Eignung und Auswahl der Betreuer; Betrifft:Betreuung Nr. 9, S. 39 (PDF)]
      
==Formulare==
 
==Formulare==
*[http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C9937828_L20.pdf Formular Anregung einer Betreuerbestellung (PDF)]
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*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/Allgemeine_Anmerkungen/3_Einverst__ndnis_zur___bernahme_einer_Betreuung.pdf Einverständniserklärung zur Übernahme einer Betreuung (PDF)]
*[http://www.kreis-unna.de/NR/rdonlyres/e4mkjtnlomzzcg5f4pwtnbbknbwnhxdusdqrjobrj5vsh5dqjkifu5ywhysdpfcvdgocjp7dw4mddnxmsu3trzrgmcb/Formular_Betreuung_AnregungeinerBetreuung.pdf#search=%22betreuungsgesetz%22 Weiteres Formulat zur Anregung einer Betreuung -ausführlich - (PDF)]
+
*[http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/betreuung/arbeitshilfen_ehrenamtliche_betreuer/2_Arbeitshilfen_und_Formulare_fuer_das_gerichtliche_Betreuungsverfahren/aenderungen_im_Betreuungsbedarf/5_Erweiterung_der_Betreuung.pdf Antrag auf Erweiterung einer Betreuung (PDF)]
*[http://www.btprax.de/pdf/Erkl%e4rung%20%fcber%20berufsm%e4%dfig%20gef%fchrte%20Betreuungen.pdf Erklärung zur beruflichen Betreuungsführung (§ 1897 Abs. 8 BGB), PDF}]
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[[Kategorie:Betreuungsverfahren]]
 
[[Kategorie:Betreuungsverfahren]]

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