Beratung

Version vom 12. Juli 2022, 14:12 Uhr von Hdeinert (Diskussion | Beiträge) (→‎Hilfe bei Aufwendungsersatz/Vergütung)
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Beratung von Betreuern

Der Betreuungsverein berät und unterstützt die ehrenamtlichen Betreuer auf deren Wunsch bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben (§ 1908f BGB). Die Beratung und Unterstützung ist stets für den Betreuer freiwillig, eine Zwangsberatung kennt das Gesetz nicht. Die Beratung ist Teil der sogenannten Querschnittsaufgaben.

Der Betreuer hat neben dem Beratungsanspruch gegen den Betreuungsverein auch einen solchen gegen die Betreuungsbehörde (§ 4 BtBG) und das Vormundschaftsgericht (§ 1837 Abs. 1 BGB ). Probleme sieht der Gesetzgeber in dieser Doppelzuständigkeit nicht, zumal die Angebote aufeinander abgestimmt werden sollen.

Beratungsstellen in freier Trägerschaft sind auch deshalb vorteilhaft, da hier der Behördencharakter, der trotz aller Freiwilligkeit bei der Beratung durch die Behördenmitarbeiter immer latent verbleibt, hier nicht besteht. Dies gilt vor allem für die Bewältigung von Konfliktlagen zwischen Betreuer und Betreuten.

Seit 1.7.2005 hat der Betreuungsverein auch Bevollmächtigte zu beraten und ist berechtigt (aber nicht verpflichtet), auch Personen bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht zu beraten. Die Betreuungsbehörde hat ebenfalls seit 1.7.2005 Bevollmächtigte zu beraten.

Beispiele für die Beratung

Beratung bei Konfliktlagen

Die Übernahme einer Betreuung für einen meist psychisch Kranken stellt für einen Betreuer, der in den medizinischen Grundlagen der Psychiatrie oft nicht geschult ist, eine kaum zu bewältigende Problematik dar; selten war das übernommene Ehrenamt gewünscht, eine primäre Motivation liegt somit nicht vor. Auch der Betreute hat seinen Betreuer meist nicht gewünscht, daher kann letzterer eine emotionale Gratifikation für seine Arbeit kaum erwarten. Der Druck, der durch Dritte ausgeübt wird und die Diskrepanz zwischen dem eigenen Normensystem und dem des Betreuten können große Spannungen auslösen. Die notwendige Empathie zwischen Betreuer und Betreutem kann nicht zustande kommen. Mißtrauen des Betreuten gegenüber dem Betreuer und dessen Reaktionen auf Vorwürfe können eine Eskalation auslösen. Eine fachkundige psychologisch versierte Beratung, die auch eine Mittlerrolle einnehmen kann, könnte hier eine Reihe von Konflikten im Vorfeld entschärfen.

Vermittlung von Sozialdiensten

Der vom Gesetzgeber eingeführte Begriff "Betreuung" (und nicht, wie oft gefordert, "Beistandschaft" ), verschleiert, dass der Betreuer nicht derjenige sein soll, der soziale Dienstleistungen am Betreuten selbst erbringt, sondern dass er der Organisator dieser Dienste sein soll, die dem Betreuten den Alltag meistern helfen, ihm Rehabilitationsmaßnahmen und Hilfe bei psychischen Problemen leisten sollen. Dies setzt aber Kenntnisse über die in einer Stadt bzw. einem Kreis und Umgebung vorhandenen sozialen Dienste und deren Finanzierung voraus.

In Frage kommen hauptsächlich mobile soziale Hilfsdienste, die Angelegenheiten des tägl. Lebens erledigen (z.B. Einkaufen, Putzen usw.), weiterhin Sozialstationen, die ambulante medizinische Versorgung, z.T. auch Körperpflege durchführen, sowie Einrichtungen wie Essen auf Rädern oder Fahrdienste für Behinderte.

Weiter können je nach Beeinträchtigung des Betreuten Behindertenwohnheime, beschützende Werkstätten, psychosoziale Kontakt- und Freizeitstätten, Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, Selbsthilfegruppen oder Spezialeinrichtungen der Psychiatrie, z.B. Tageskliniken zu den Diensten und Einrichtungen gehören, die die Behörde dem Betreuer zugänglich machen sollte; hierzu gehört auch das Erschließen entsprechender Informationen, Antragsformulare und das Herstellen eines Erstkontaktes. Dies setzt voraus, dass die Mitarbeiter des Betreuungsvereins (bzw. der Betreuungsbehörde) selbst entsprechend informiert sind. Eine Betreuungsinfrastruktur muss häufig erst geschaffen werden. Enge Kontakte zu kommunalen Stellen, zur Arbeitsagentur und zum Versorgungsamt, zu Sozialversicherungsträgern und anderen Wohlfahrtsverbänden empfehlen sich daher sehr (Vernetzung sozialer Dienste).

Beantragen von Sozialleistungen

Die o.g. sozialen Dienste müssen finanziert werden; darüber hinaus ist bei Übernahme einer Betreuung häufig der Lebensunterhalt des Betreuten nicht oder ungenügend gesichert. Hilfe bei der Feststellung, ob und in welcher Höhe der Betreute Ansprüche auf Sozialleistungen gleich welcher Art hat, erleichtert dem Betreuer die Übernahme des Amtes erheblich. Am häufigsten dürfte auch hier die Beantragung von Arbeitslosengeld 1 und 2, Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt und in besonderen Lebenslagen sowie Grundsicherung), von Wohngeld, Pflegewohngeld oder Renten sein. Weiter können in Frage kommen: Schwerbehindertenausweise (incl. Freifahrt im öff. Nahverkehr), Leistungen der Arbeitsförderung (incl. Reha- Maßnahmen), Pflegebeihilfen der Krankenkasse, Wohnberechtigungsscheine, Befreiung von den Eigenanteilen in der Krankenversicherung (Sozialklausel), Befreiung und Ermäßigung von Rundfunk- und Telefongebühren, Kindergeld, Kindergeldzuschlag, Steuerermäßigungen für Behinderte und Pflegebedürftige.

Die Vielzahl dieser Leistungen, die Vielzahl der Leistungsträger und die unterschiedlichsten Anspruchsgrundlagen machen deutlich, dass Einzelbetreuer, die meist auch keine Experten im Sozialrecht sind, hier einen sachkundigen Ansprechpartner brauchen. Zwar sind alle Sozialleistungsträger nach § 14 SGB-Abs. 1 zur Auskunft verpflichtet, aber dies steht häufig angesichts unübersichtlicher Behördenstrukturen und aus anderen Gründen oft nur auf dem Papier.

Siehe auch unter Vertretung gegenüber Behörden.

Zivilrechtliche Ansprüche

Hierbei kann es sich um unterschiedlichste Angelegenheiten aus dem Bereich des BGB handeln. Zu denken ist in erster Linie an mietrechtliche Streitigkeiten, die die Wohnung des Betreuten betreffen, weiter um vertragsrechtliche Streitigkeiten ( natürliche Geschäftsunfähigkeit etc.), Schmerzensgeldfragen, Haftungsfragen wegen unerlaubter Handlungen und Erbangelegenheiten. Hier besteht die Beratung in einer Klärung der Rechtslage und Erläuterung der Risiken und Erfolgsaussichten eventueller Klagen. Auch ist der Betreuer auf die Möglichkeiten der Prozesskostenhilfe (§ 114 ff. ZPO ) und der rechtsanwaltlichen bzw. gerichtlichen Beratungshilfe hinzuweisen. Formulierungshilfen bei Eingaben an das Gericht und Erläuterung der üblicherweise in einem unverständlichen Juristendeutsch gehaltenen gerichtlichen Schriftstücke gehören ebenfalls zur Unterstützung durch den Betreuungsverein.

Die Grenze dieser Beratung und Unterstützung ist erreicht, wenn es um die eigentliche gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen geht. Wenn sich die Übertragung der Aufgabe an einen Anwalt aus irgendeinem Grund nicht empfiehlt, kann der Betreuungsverein dem Betreuer nahelegen, sich an das Vormundschaftsgericht zu wenden, damit für diese Teilaufgabe ein weiterer Betreuer, evtl. ein Vereinsbetreuer bestellt wird.

Siehe auch unter Prozessführung

Hilfe bei Pflichten gegenüber dem Gericht

Der Betreuer ist dem Vormundschaftsgericht gegenüber informationspflichtig. Nach § 1839 i.V.m. § 1908 i BGB hat der Betreuer dem Gericht auf Verlangen jederzeit Auskunft über die Führung der Betreuung und die persönlichen Verhältnisse des Betreuten zu geben. Weiter ist er nach § 1840 Abs. 1 i.V.m. § 1908 i BGB unaufgefordert zu einem jährlichen Bericht verpflichtet. Beinhaltet der Aufgabenkreis des Betreuers die Vermögenssorge, so hat der Betreuer zu Beginn der Betreuung außerdem ein Vermögensverzeichnis anzulegen und beim Vormundschaftsgericht einzureichen (§ 1802 Abs. 1 i.V.m. § 1908 i BGB). Danach ist in der Regel jährlich über die Vermögensverwaltung Rechnung zu legen (§ 1840 Abs. 2 bis Abs. 4 i.V.m. § 1908 i BGB).

Eine Reihe von Entscheidungen des Betreuers, die für den Betreuten von besonderer Bedeutung sind, dürfen darüber hinaus nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes getroffen werden .

An diesen Anforderungen scheitern viele Betreuer, da sie häufig nicht mehr Verwaltungs- und Buchhaltungskenntnisse haben als der Durchschnittsbürger. In diesem Bereich der Beratung und Unterstützung empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit mit den Rechtspflegern der Vormundschaftsgerichte, die ja ihrerseits eine Unterstützungspflicht haben (§ 1837 Abs. 1 i.V.m. § 1908 i BGB.

Die Unterstützung durch den Verein (bzw. durch die Betreuungsbehörde) besteht hier in der Regel in der Hilfe beim Zusammenstellen der Belege, der gemeinsamen Erarbeitung einer geeigneten Gliederung, im Zurverfügungstellen geeigneter Mustervordrucke für Einnahmen- und Ausgabenaufstellungen sowie in Formulierungshilfen bei den Berichten über die persönlichen Angelegenheiten des Betreuten.

Hilfe bei Aufwendungsersatz/Vergütung

Betreuer können für Ihre Tätigkeit Aufwendungsersatz und unter bestimmten Voraussetzungen Vergütungsansprüche ( oder pauschale Aufwandsentschädigung) geltend machen. Die Ansprüche richten sich gegen das Vermögen des Betreuten, bei Mittellosigkeit gegen die Staatskasse (Justizhaushalt), sofern es sich nicht um eine Ermessensvergütung nach § 1836 Abs. 3 BGB handelt.

Zu dieser Aufgabe gehört die Hilfestellung bei der Frage, was als anerkennungsfähige Aufwendung gilt, inwieweit Aufwendungen durch die Pauschale nach § 1835a BGB abgegolten sind und ob und ggf. in welcher Höhe eine Vergütung zustehen könnte, sowie Hilfe bei der Formulierung entsprechender Anträge an das Vormundschaftsgericht, außerdem Hinweise auf mögliche Rechtsmittel gegen ablehnende Entscheidungen des Gerichtes. Auch gehört dazu der Hinweis auf eine etwaige Steuerpflicht der Aufwandspauschale und der Betreuervergütung.

Rechtsprechung

Zur Durchsetzung der der Betreuungsbehörde nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BtBG obliegenden Beratungspflicht vor den Verwaltungsgerichten und zum Umfang dieser Pflicht.

Siehe auch

Einverständniserklärung, Formulare, Haftpflichtversicherung, Unfallversicherung

Literatur

Weitere Bücher

Zeitschriftenbeiträge

Weblinks

Checklisten

Vordrucke