Anhörung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Version vom 14. November 2009, 21:42 Uhr

Die Anhörung im Gerichtsverfahren

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Betroffener ist persönlich vom Vormundschaftsrichter anzuhören

Der Vormundschaftsrichter muss vor einer Entscheidung über die Bestellung eines Betreuers den Betroffenen – von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – persönlich anhören und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm verschaffen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich das Gericht hinreichend über die Persönlichkeit des Betroffenen informiert. Die Regelung findet sich in § 68 FGG, ab 1.9.2009 in § 278 FamFG.

Die Anhörung soll in der üblichen Umgebung des Betroffenen stattfinden Den unmittelbaren Eindruck soll sich das Gericht in der üblichen Umgebung des Betroffenen verschaffen, wenn dieser es verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient. Gegen seinen Willen soll der Betroffene jedoch in seiner Privatsphäre nicht gestört werden. Widerspricht er daher einem Besuch des Vormundschaftsrichters, so findet die Anhörung im Gericht statt.

Weitere Anwesende

Soweit ein Verfahrenspfleger (§ 67 FGG), ab 1.9.2009 § 276 FamFG, bestellt ist, soll die Anhörung in dessen Gegenwart durchgeführt werden. Das Gericht kann auch bereits in dieser Phase des Verfahrens einen Sachverständigen hinzuziehen. Auf Wunsch des Betroffenen kann eine Person seines Vertrauens an der Anhörung teilnehmen. Weiteren Personen kann das Gericht die Anwesenheit gestatten, jedoch nicht gegen den Willen des Betroffenen. Häufig handelt es sich bei diesen Personen um Mitarbeiter der Betreuungsbehörde oder den möglichen Betreuer, damit der Betroffene die Gelegenheit erhält, von diesem einen ersten Eindruck zu erhalten.

Betroffener kann zur Anhörung vorgeführt werden

Sofern der Betroffene sich weigert, an der Anhörung teilzunehmen, hat die Betreuungsbehörde ihn auf Anweisung des Gerichtes zur persönlichen Anhörung (§ 68 Abs. 3 FGG) und zur Untersuchung durch den Sachverständigen (§ 68b Abs. 3 FGG) vorzuführen.

Die zwangsweise Vorführung von Betroffenen zu Anhörungen und Untersuchungen stellt einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar (Art. 2 GG). Daher muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hier besonders streng beachtet werden.

Da die Maßnahmen dem Wohl des Betroffenen dienen sollen, muss Schaden, der erst durch die Vorführung entstehen kann, unbedingt vermieden werden. Durch die zwangsweise Vorführung können beim Betroffenen Verhaltensweisen entstehen oder sich derart verstärken, dass diese erst die Betreuung erforderlich erscheinen lassen. Der Vormundschaftsrichter sollte Vorführungen daher nur im Ausnahmefall anordnen.

Anhörung kann ausnahmsweise unterbleiben

Dies ist möglich, wenn durch sie eine Gesundheitsgefahr beim Betroffenen droht oder der Betroffene zu einer Willensäußerung nicht im Stande ist. Beispielsfälle wären mit Verfolgungswahn einhergehende Erkrankungen oder komatöse Zustände. In solchen Fällen ist nach § 67 Abs. 1 FGG regelmäßig die Bestellung eines Verfahrenspflegers notwendig.

Ergebnis der Anhörung

Das Ergebnis der Anhörungen, das Sachverständigengutachten oder das ärztliche Zeugnis sowie die Person des Betreuers und dessen mögliche Aufgabenbereiche werden mit dem Betroffenen erörtert, soweit dies zur Gewährung des rechtlichen Gehörs oder zur Sachaufklärung notwendig ist (sog. Schlussgespräch). Das Schlussgespräch kann mit der persönlichen Anhörung des betroffenen Menschen verbunden werden.

Nach der Betreuerbestellung führt der Rechtspfleger mit dem Betreuer ein Einführungsgespräch, in dem er auf seine Rechte und Pflichten hingewiesen wird (§ 69b FGG), ggf. gemeinsam mit dem Betreuten. Der Betreuer erhält bei dieser Gelegenheit auch einen Betreuerausweis, mit dem er sich gegenüber Dritten ausweisen kann.

Im Regelfall soll auch die Betreuungsbehörde beteiligt werden. Des weiteren soll auch Familienangehörigen Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden (§ 68a FGG ), es sei denn, der Betroffene widerspricht dieser Anhörung.

Rechtsprechung

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Siehe unter: Rechtsprechung zur Anhörung

Bücher im Bundesanzeiger-Verlag

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Weitere Literatur

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  • Berger: Das rechtliche Gehör; BWNotZ 1996, 137
  • Coeppicus: Durchführung und Inhalt der Anhörung in Betreuungs- und Unterbringungssachen; FamRZ 1991, 892
  • ders.: Verschaffung des unmittelbaren Eindrucks vom Betroffenen; FamRZ 1992, 16
  • ders.: Protokollierungen in Anhörungen durch Protokollführer oder Diktiergerät? BtPrax 1995, 201
  • Dümig: Anhörungspflicht bei nachlassgerichtlicher Genehmigung; Rpfleger 2000, 248
  • Eickmann: Das rechtliche Gehör in Verfahren vor dem Rechtspfleger; Rpfleger 1982, 449
  • ders.: Anhörungspflicht bei nachlassgerichtlicher Genehmigung; Rpfleger 2000, 245
  • Habscheid: Verfahren vor dem Rechtspfleger - rechtliches Gehör und faires Verfahren; Rpfleger 2001, 209
  • Hoffmann: Pflicht von Arzt und Betreuer; BtPrax 2007, 143
  • Linnhoff: Anhörungen in Verfahren bez. freiheitsentziehender Maßnahmen; BtPrax 1995, 167
  • Pentz: Verfahrensfehler bei der Freiheitsentziehung, NJW 1990, 2777
  • Sonnenfeld: Anhörungspflicht bei nachlassgerichtlicher Genehmigung; Rpfleger 2000, 246
  • Waldner: Anmerkung zu OLG Schleswig (zur Anhörung im gerichtl. Genehmigungsverfahren), DNotZ 2001, 650

Weblinks