Rechtsanwalt
Rechtsanwälte spielen im Betreuungs- und Unterbringungsrecht an vielen Stellen eine Rolle.
Anwalt als Verfahrensbevollmächtigter im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren
Betroffene sind im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren unabhängig von Ihrer Geschäftsfähigkeit stets verfahrensfähig, § 275 FamFG und § 316 FamFG. Dazu gehört auch, dass für solche Verfahren wirksam ein Anwalt als Verfahrensbevollmächtigter bestellt werden kann (§ 11 FamFG). Der Anwaltsvertrag wird als rechtswirksam betrachtet, einschl. des Honoraranspruchs. Und die Bestellung eines Verfahrenspflegers (§§ 276 FamFG, § 317 FamFG) kann in solchen Fällen unterbleiben.
Rechtsprechung:
Anwaltliche Verfahrenspfleger
Rund 2/3 aller bestellten Verfahrenspfleger sind Rechtsanwälte. Sie werden nach konkretem Stundenaufwand (§ 277 FamFG) aus der Staatskasse vergütet. Sind mit der Verfahrenspflegertätigkeit aber typische Anwaltstätigkeiten verbunden, kommt statt der Zeitvergütung ein Aufwendungsersatz für berufliche Dienste (§ 1835 Abs. 3 BGB) in Betracht. Dieser wird dann üblicherweise nach RVG-Sätzen berechnet.
Anwalt als Berufsbetreuer
Rund 7 % aller neu bestellten Betreuungen werden durch Rechtsanwälte geführt. Auch bei einer Bestellung eines Anwaltes muss in jedem Einzelfall die Beruflichkeit der Betreuungsführung im Bestellungsbeschluss aufgenommen werden, damit ein Vergütungsanspruch nach dem VBVG besteht (§ 286 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Anwälte erhalten üblicherweise die 3. Vergütungsstufe nach § 4 VBVG. Sofern sie ihm Rahmen der Betreuertätigkeit typisch anwaltliche Tätigkeiten verrichten, können sie diese - ohne Kürzung der Pauschalvergütung - nach § 4 Abs. 2 VBVG i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB als Aufwendungsersatz für berufliche Dienste abrechnen.
Tätigkeitsverbot als Betreuer
Ist ein Anwalt bereits in einer Angelegenheit für oder gegen einen Betroffenen als Anwalt tätig geworden, kann er nach § 45 BRAO nicht mehr als Betreuer bestellt werden.
Rechtsprechung:
BGH, Beschluss vom 18. 12. 2013 – XII ZB 460/13:
Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramtes gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 2 BRAO verstoßen würde, kann auch auf Wunsch des Betroffenen nicht zum Betreuer bestellt werden.
BGH, Beschluss vom 18. 11. 2015 – XII ZB 106/15:
Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramtes gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 2 BRAO verstoßen würde, kann nicht zum Betreuer bestellt werden.
Besonderheiten im Steuer- und Sozialversicherungsrecht
Bis 2010 galten berufliche Betreuertätigkeiten als Gewerbe. Dies konnte Anwälte, die Betreuertätigkeiten verrichteten, steuerrechtlich aufgrund der Infektionstheorie in eine schwierige Lage bringen. Nachdem der BGH 2010 die Einkünfte aus Betreuertätigkeit als sonstige selbstständige Tätigkeit nach § 18 EStG bezeichnet hat, ist diese Unsicherheit beendet.
Rechtsprechung:
BFH, Urteile vom 15.06.2010, VIII R 14/09, BStBl. 2010 II S. 909 = FamRZ 2010, 1731 und VIII R 10/09, BStBl. 2010 II S. 906 = BtPrax 2010, 232 = DStR 2010, 1669: Berufsbetreuer und Verfahrenspfleger erzielen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit.
In Bezug auf die gesetzliche Unfallversicherung ist für anwaltliche Berufsbetreuer abweichend von anderen Berufsbetreuern die Verwaltungsberufsgenossenschaft zuständig.
Einkünfte aus Betreuertätigkeiten sind für Beiträge in ein anwaltliches Versorgungswerk nicht mitzurechnen.
Rechtsprechung:
OVG Niedersachsen Urt v 14.02.2013 - 8 LB 154/12, AuR 2013, 172 = BtPrax 2013, 123 = DÖV 2013, 529 = DStR 2013, 14 = DStR 2013, 1259 = DStRE 2013, 1085 = FamFR 2013, 211 = GewArch 2013, 376 = JurionRS 2013, 33496 = NdsVBl 2013, 291 = SozSich 2013, 9 = StBW 2013, 231
Einkünfte aus der Tätigkeit einer Rechtsanwältin als Berufsbetreuerin sind keine Einkünfte aus "anwaltlicher Tätigkeit" im Sinne des § 24 Abs. 6 Satz 1 der Satzung des Niedersächischen Versorgungswerks der Rechtsanwälte und daher bei der Bemessung der von der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen erhobenen Versorgungsbeiträge nicht zu berücksichtigen.
Gewerbeanmeldung
BVerwG, Urteile vom 27.02.2013, 8 C 7.12, BeckRS 2013, 48687 und 8 C 8.12, BeckRS 2013, 50522 = FamFR 2013, 288:
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass auch Rechtsanwälte, die sich neben ihrem Anwaltsberuf als Berufsbetreuer betätigen, verpflichtet sind, die Betreuertätigkeit als Gewerbe anzumelden. Die Kläger wurden von der beklagten Stadt aufgefordert, die gewerbliche Tätigkeit „Berufsbetreuer(in)“ anzumelden. Die hiergegen gerichteten Klagen hatten in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Revision wrde zurückgewiesen. Bei der Tätigkeit des Berufsbetreuers handele es sich um den Betrieb eines stehenden Gewerbes mit der Folge, dass die Tätigkeit gewerberechtlich angezeigt werden muss. Das gilt auch dann, wenn sie von einem Rechtsanwalt ausgeübt wird.