Betreuungsplan
Achtung: ab 1.1.2023 ist der Betreuungsplan weggefallen und bei allen Betreuungen ein Anfangsbericht obligatorisch, der u.a. die Ziele der Betreuung enthalten muss (§ 1863 Abs. 1 BGB). Bei der Ermittlung und Verfolgung der Ziele können die Handlungsempfehlungen für den Betreuungsplan eine Orientierung bieten.
Allgemeines
Nach der Neufassung des § 1901 Abs. 4 BGB hatte der Berufsbetreuer seit 1.7.2005 einen Betreuungsplan zu erstellen. Die Betreuungsbehörde sollte nach § 4 BtBG dabei behilflich sein. Es ging hierbei nur um eine Hilfestellung, nicht etwa eine eigenverantwortliche Erstellung des Planes wie im Kinder- und Jugendhilferecht.
Anforderungen an berufliche Betreuer
- Die persönliche Betreuung verlangt, dass im engen Kontakt mit dem Betreuten und seinem sozialen Umfeld verkehrt wird. Kenntnisse über Art und Genese der Erkrankung/Behinderung der Betroffenen sowie Möglichkeiten des Umgehens damit scheinen mir daher unverzichtbar. Bei dem schwierigen Klientel der selbstständigen Berufsbetreuer sollten diese persönlich belastbar sein.
- Die Bewerkstelligung der für die Betroffenen zu regelnden Angelegenheiten muß gewährleistet sein. Statt der oft von Betreuer/innen verlangten Omnipotenz sind Fähigkeiten in den Bereichen wie Organisation, Verwaltung, Delegation und Care- und Casemanagement notwendig. Wo Dienste durch den Betreuer selbst geleistet werden, muß die entsprechende (Büro-)Ausstattung vorhanden sein.
- Zur professionellen Betreuung gehört, die Betreuung zielgerichtet zu planen, durchzuführen, zu dokumentieren und die Ergebnisse zu überprüfen.
- Zur Führung von Betreuungen ist zudem ein - wenn auch begrenztes - Fachwissen in rechtlichen, soziologischen, psychologischen und sozialmedizinischen Disziplinen notwendig. Ein abgeschlossenes Studium oder ein Berufsabschluß im sozialen Bereich und/oder mehrjährige praktische Erfahrungen und/oder Kurse/Fortbildungen im Bereich Betreuung sollten als Nachweis der erforderlichen Fachkenntnisse dienen.
- Zum Schutz der Betreuten müssen die erforderlichen Versicherungen abgeschlossen sein.
- Die Bereitschaft zur Fortbildung und Supervision, der fachliche Austausch in Sozietäten sowie das Vorhalten von Vertretungsregelungen und die Eingliederung in das örtliche Betreuungswesen durch Mitarbeit in den Arbeitsgemeinschaften/Gremien sind für mich Mindestanforderungen an professionelle Betreuungsarbeit.
- Letztlich muß der selbständige Berufsbetreuer in der Lage sein, wirtschaftlich und organisatorisch seine eigene Existenz abzusichern.
Die LAG Betreuungsangelegenheiten Sachsen hatte dazu Handlungsempfehlungen zusammengestellt. Diese sind nachstehend abgedruckt.
Handlungsempfehlungen
Handlungsempfehlung der Landesarbeitsgemeinschaft für Betreuungsangelegenheiten des Freistaates Sachsen zur Betreuungsplanung (Stand: 20.5.2005)
Mit der Einführung der Pflicht zur Erstellung eines Betreuungsplanes gemäß § 1901 Abs. 4 Satz 2 und 3 BGB durch das 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz zum 01.07.2005 wollte der Gesetzgeber u.a. erreichen, dass sich ein Betreuer bereits zu Beginn der Betreuung mit den zu erreichenden (ersten) Zielen der Betreuung auseinandersetzen muss und fortlaufend einer Zielreflexion ausgesetzt ist (s.a. BR-Drs. 865/03 zu § 1901 Abs. 4 Satz 2 und 3 BGB).
Zuerst sollte eine sog. „Akut-Planung" erfolgen.
Diese sollte nachfolgende Schritte enthalten:
- Sicherung der täglichen Geschäfte/des Lebensunterhaltes des Betroffenen
- dringende Antragsstellungen
- Organisation der Verwaltung der Unterlagen des Betroffenen/Erstellung Kalender Wiedervorlage
- Eruierung der nächsten notwendigen Behörden.
Waren diese Schritte im Rahmen der Akut-Planung erledigt, musste eine längerfristige Planung unter Berücksichtigung der Wünsche des Betroffenen erfolgen.
Betreuungsplanung im Gesamtblick
- Erarbeitung der Zielstellungen/Lösungswege
- Fortschreibung Betreuungsplan mit entsprechenden Zeitvorgaben zur Überprüfung
Gemäß § 4 2. HS BtBG war die örtlich zuständige Betreuungsbehörde zur Unterstützung bei der Erstellung eines Betreuungsplanes (auf Wunsch des Betreuers) verpflichtet. Folgendes Verfahren zur Erstellung eines Betreuungsplanes wurde für notwendig erachtet:
Zu Beginn der Betreuung und nach Feststellung gemäß § 1901 Abs. 4 Satz 2 BGB sollten dem Betreu-er für die Erstellung der Betreuungsplanung folgende Unterlagen durch das Vormundschaftsgericht ausgehändigt wer-den: |
* Sachverständigengutachten oder ärztliches Zeugnis |
* Sozialbericht/Ermittlungsgutachten der örtlichen Betreuungsbehörde |
Der Betreuer hat nun unverzüglich vorzunehmen |
1.Erhebung der persönlichen Daten, |
2. Festlegung seiner nächsten Aufgaben - Führung eines Kalenders zur Wiedervorlage |
3. Erstellung der Vermögensübersicht innerhalb von 6 Wochen, in begründeten Einzelfällen auch bis zu 3 Monaten |
4. Übersicht Aufgabenkreise und Zuordnung der notwendigen/gewünschten (kurz – und längerfristi-gen) Ziele führt zum Betreuungsplan. |
Betreuungsplan - vorzulegen innerhalb von 4 Wochen. |
Für die Erstellung der Übersichten zu Pkt. 1 -3 empfiehlt es sich, die bereits in der Literatur zum Betreuungsrecht (z.B. Heidelberger Kommentar zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht – HKBUR -Handbuch des Betreuers/Walhalla-Verlag etc.) vorhandenen Checklisten o.ä. heranzuziehen. |
Bei sog. Eilfällen/vorläufigen Betreuungen ist ein Betreuungsplan auch erst erforderlich, wenn die entsprechende Fest-stellung nach § 1901 Abs. 4 Satz 2 BGB getroffen wurde. § 1901 Abs. 4 Satz 2 BGB unterscheidet nicht zwischen einer auf Dauer oder als vorläufig eingerichteten Betreuung.
Gemäß § 4 2. HS BtBG ist vorgesehen, dass die örtliche Betreuungsbehörde auf Wunsch des betreffenden Betreuers diesen bei der Erstellung des Betreuungsplanes unterstützen muss.
Diese Unterstützung kann jedoch nicht vorsehen, dass die örtliche Betreuungsbehörde bei der Organisation und Umset-zung der Maßnahmen innerhalb der Betreuungsführung eingebunden werden kann.
Die örtliche Betreuungsbehörde sollte hier ihre Unterstützungsfunktion insbesondere sehen bei
- der Vermittlung von anderen Dienstleistungen innerhalb der Behörde, so z.B. dem Sozialamt, der Wohngeldstelle, dem sozialen Dienst etc.
- der Beratung zu Möglichkeiten der Umsetzung der Betreuungsplanung
- der Beratung des Betreuers in Konfliktsituationen.
Die örtliche Betreuungsbehörde muss sich als Partner im Netzwerk der Kommune, aber vor allem als Dienstleister im Interesse des Betroffenen verstehen.
Ein Instrument zur Umsetzung sollte dabei auch die gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 Sächsisches Ausführungsgesetz zum Betreuungsgesetz- SächsAGBtG - durch die örtliche Betreuungsbehörde einzurichtende Arbeitsgemeinschaft auf örtlicher Ebene sein.
Für die Landesarbeitsgemeinschaft für Betreuungsangelegenheiten ergibt sich des Weiteren folgendes Verfahren:
Der erarbeitete Betreuungsplan sollte nach oben benannter Frist dem VormG vorgelegt werden. Dieses hat diesen da-nach zu überwachen (§§ 1837 Abs. 2, 1839. 1840 Abs. 1 BGB), ggf. bei der Feststellung von Pflichtwidrigkeiten ent-sprechende Maßnahmen (Gebote/Verbote) zu ergreifen, die die ordnungsgemäße Führung der Betreuung sicherstellen.
Zeiträume der Überprüfung werden durch dieses festgelegt. Ob die bereits praktizierte Frist nach § 1840 Abs. 1 BGB weiterhin Anwendung findet oder sich eine Überprüfung in kürzeren zeitlichen Abständen erforderlich macht, liegt im Entscheidungsspielraum das VormG.
Analog der geplanten Einführung der Vergütungspauschale unter Zugrundelegen des erhöhten Tatigkeitsaufwandes zu Beginn der Betreuung und späteren Senkung des Zeitaufwandes nach dem Ablauf von monatlichen Abständen wäre die Überprüfung des Betreuungsplanes in diesen vorgesehenen Abständen denkbar.
Für den Fall der Einbeziehung der örtlichen Betreuungsbehörde bei der Überprüfung des Betreuungsplanes gemäß § 8 Satz 1 BtBG sollte beachtet werden;
- eine Überprüfung der Betreuungsplanung kann nur durch einen Verlaufsabgleich mit dem erstellten Betreuungsplan erfolgen,
- es erfolgt eine kurze Berichterstattung durch den Betreuer an die örtliche Betreuungsbehörde, bei der ggf. gravierende Abweichungen vom Betreuungsplan begründet werden,
- die örtliche Betreuungsbehörde gibt an das Vormundschaftsgericht einen entsprechenden Sachstandsbericht ab,
- weitere Festlegungen durch die örtliche Betreuungsbehörde können nicht erfolgen.
Die Landesarbeitsgemeinschaft für Betreuungsangelegenheiten des Freistaates Sachsen hofft, mit dieser Handlungsempfehlung zur Erstellung eines Betreuungsplanes eine erste Hilfestellung für die Beteiligten vorgeben zu können.
Es ist dabei unverkennbar, dass sich die Betreuungsplanung bei der professionellen Übernahme und Führung von Betreuungen sicher bereits vielfach in der Vergangenheit manifestiert hat (haben muss), um die entstehenden Aufgaben entsprechend wahrnehmen und die notwendig zu regelnden Angelegenheiten auch erledigen zu können. Hier bedarf es immer einer Planung aller Maßnahmen, um effizient arbeiten zu können. Unter dem Gesichtspunkt, dass sich auf Grund der Einführung der Vergütungspauschale eine (bereits jetzt) erkennbare Steigerung der Fallzahlen bei den Berufsbetreuern aufzeigt, macht sich eine Vorgabe zur Umsetzung der Betreuungsplanung unentbehrlich.
Im Ergebnis jedoch - und dies zeigt sich bereits lm vorliegenden Papier - wird sich die Umsetzung des § 1901 Abs. 4 Satz 2 und 3 BGB am Zusammenwirken aller Beteiligten messen lassen müssen.
Siehe auch
Literatur
- Adler (Hrsg.): Qualitätssicherung in der Betreuung; Köln 2003, ISBN 3898172554
- Deinert: Zur Qualität der Weiterbildung von Betreuern; BtPrax 2006, 58
- Engelfried: Erwartungen des Betreuungsgerichtes an die Qualität rechtlicher Betreuung; BtPrax 2016, 137
- Förter-Vondey: » Qualitätssicherung im Betreuungswesen - Zur Einführung eines Fachberufs „Betreuung“; BtPrax 2003, 101
- Fröschle: Der Betreuungsplan nach § 1901 BGB; BtPrax 2006, 43
- Harm: Qualität der Betreuungsarbeit; BtPrax 2006, 48
- Klie: Betreuungsplanung. In: Zander, Karl-Heinz (Hrsg.): Rechtsfürsorge im Sozialstaat. Was ist die Aufgabe der Betreuung? Bochum 2005, S. 96
- Klie: Betreuungsplanung; Betrifft: Betreuung 8, S. 98/99 (1,4 MB)
- Meier: Qualität und gerichtliche Aufsicht nach dem 2. BtÄnG, BtPrax 2006, 54
- Pufhan, Thar: Betreuungsplanung; Betrifft: Betreuung 9, S. 49-52 (0,9 KB)
- Roder: Betreuungs(case)management - Mehr Professionalität und Erfolg im Berufsalltag; BtPrax 2004, 87
- Thielke: Anfangsbericht - Anfangsgespräch - Jahresbericht - Schlussbericht; BtPrax 2022, 39
- Zander: Elemente einer Qualitätsdiskussion im Betreuungswesen; BtPrax 2006, 50
- Thar: Qualitätssicherung in der Betreuerarbeit; BtPrax 2006, 59
- Walther: Einige Anmerkungen zum Betreuungsplan; Betrifft: Betreuung 8, S. 104-109 (1,4 MB)