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Wegfall zum 1.1.2023

Im Rahmen der Betreuungsrechtsreform wurde die Funktion des Gegenbetreuers (§§ 1908i Abs. 1, 1792 BGB a.F.) mit Ablauf des 31.12.2022 abgeschafft. Bisherige Gegenbetreuungen sind am 31.12.2022 automatisch geendet (Art. 229 § 54 Abs. 2 EGBGB). Das gilt auch für den Vergütungsanspruch.

In einem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums vom Oktober 2014 war erstmals angeregt worden, im Rahmen der beabsichtigten Reform der Vermögensverwaltung (im Vormundschafts- und Betreuungsrecht) den Gegenvormund/-betreuer abzuschaffen. Wörtlich heißt es unter Ziff. 6:

Das Rechtsinstitut des Gegenvormunds (§ 1792 BGB a.F.) soll abgeschafft werden. Der Gegenvormund, der den Vormund bei der Vermögensverwaltung unterstützen und das Gericht bei der Aufsicht entlasten soll, kommt in der Praxis so gut wie nicht vor. Das Rechtsinstitut verkompliziert die gesetzlichen Regelungen in der Vermögenssorge erheblich, ohne dass es zur beabsichtigten Entlastung der Gerichte kommt. Für das Betreuungsrecht soll geprüft werden, ob anstelle des Gegenbetreuers (§§ 1908i Abs. 1, 1792 BGB a.F.) ein besonderes Kontrollinstrument zur Entlastung der Gerichte eingeführt werden soll.

Bestellung des Gegenbetreuers

Zuständig für die Bestellung war der Rechtspfleger der Betreuungsgerichtes. Der Gegenbetreuer wurde in der Praxis in Einzelfällen und auch nur selten bei der Verwaltung größererer Vermögenswerte bestellt. Der Gegenbetreuer hatte insbesondere die Aufgabe, den Betreuer zu überwachen und bei Pflichtwidrigkeiten das Gericht einzuschalten. Der Betreuer hatte dem Gegenbetreuer Auskunft zu erteilen (§ 1799 BGB a.F.).

Der Gegenbetreuer konnte ehrenamtlich oder beruflich tätig sein. Im letzteren Falle musste die berufliche Tätigkeit nach (§ 1 VBVG a.F.) ausdrücklich vom Gericht im Bestellungsbeschluss genannt werden.

Aufgaben des Gegenbetreuers

Nicht dagegen genehmigen konnte der Gegenbetreuer Geldanlagen des Vormundes nach § 1811 BGB a.F. oder die genehmigungsbedürftigen Geschäfte nach §§ 1821, 1822 BGB a.F.

Rechtsprechung

LG Bonn, Beschluss vom 29.12.1992, 5 T 207/92, Rpfleger 1993,233

Für die Bestellung eines Gegenbetreuers gemäß §§ 1908i, 1792 BGB ist funktionell der Rechtspfleger zuständig (folgt daraus, dass § 15 RPflG nicht auf § 1908i BGB verweist).

BayObLG, Beschluss vom 28.10.1993, 3Z BR 220/93; BayObLGR 1994,3 (LS) = FamRZ 1994,325

  1. Die Frage der Beschwerdeberechtigung in einem Verfahren auf Bestellung eines Gegenbetreuers ist in entsprechender Anwendung von § 69g Abs. 1 FGG zu entscheiden. Dabei bleibt offen, ob dies mit §§ 1908i, 1792 Abs. 2 BGB oder mit § 69i Abs. 5 FGG zu begründen ist.
  2. Die Höhe des Vermögens eines Betreuten ist bei der Entscheidung der Frage, ob die Verwaltung des Vermögens erheblich ist im Sinn von § 1792 Abs. 2 BGB, ohne unmittelbare Bedeutung.
  3. Einzelfall fehlender Kausalität bei Verstoss gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs.
  4. Im Verfahren auf Bestellung eines Gegenbetreuers besteht keine Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen gemäß § 68 FGG, wenn der Aufgabenkreis der Betreuung nicht erweitert werden soll.

BayObLG, Beschluss vom 05.11.1996; 3Z AR 81/96; BayObLGZ 1996, 274 (Nr. 59)= BayObLGR 1997, 14 (LS)=B tPrax 1997, 123 (LS)= FamRZ 1997, 438 = NJWE-FER 1997, 90:

  1. Das Gericht ist grundsätzlich nicht gehalten, dem Gegenbetreuer Gelegenheit zu geben, sich zu der beabsichtigten Abgabe des Betreuungsverfahrens zu äußern.
  2. Auch bei einer Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts des Betreuten sind für die Frage der Abgabe des Betreuungsverfahrens letztlich Zweckmäßigkeitserwägungen maßgebend.

BayObLG, Beschluss vom 26.3.2001, 3Z BR 5/01; BayObLGR 2001, 60 (LS)= BtPrax 2001, 218 (LS) und BtPrax 2002, 129 (LS) = FamRZ 2001, 1555:

  1. Bei der Bestellung eines Gegenbetreuers ist die persönliche Anhörung des Betroffenen in der Regel nicht erforderlich. Bestehen aber Zweifel, ob der Vorschlag des Betroffenen, eine bestimmte Person zu bestellen, dem wirklichen Willen des Betroffenen entspricht, so kann die persönliche Anhörung des Betroffenen geboten sein.
  2. Bestehen solche Zweifel, muss das Beschwerdegericht diese Anhörung wiederholen, wenn das Erstgericht nach Anhörung des Betroffenen deren Wünschen nicht entsprochen hat und das Beschwerdegericht anders entscheiden will.

BayObLG, Beschluss vom 21.04.2004; 3Z BR 051/04, 3Z BR 51/04; BayObLGR 2004, 286 = BtPrax 2004, 199 = FamRZ 2004, 1992:

Zu den Voraussetzungen der Bestellung eines Gegenbetreuers bei erheblicher Vermögensverwaltung. Diese liegt im pflichtgemäßen Ermessen des VormG. Der Gegenbetreuer ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen, sondern ein Überwachungsorgan, das dem Gericht Kontrollaufgaben abnehmen soll (BayObLG FamRZ 1994, 325; Zimmermann FamRZ 1991, 270/277 m.w.N.). Die Bestellung eines Gegenbetreuers liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Vormundschaftsgerichts (§ 1792 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieses Ermessen ist jedoch zugunsten der Bestellung eines Gegenbetreuers eingeschränkt durch die Sollvorschrift des § 1792 Satz 2 BGB, die über § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anwendbar ist. Die Vorschrift verlangt die Bestellung eines Gegenbetreuers, wenn der Betreuer ein Vermögen zu verwalten hat, es sei denn dass diese Verwaltung nicht erheblich ist. Für die Erheblichkeit ist nicht an den Wert des Vermögens anzuknüpfen (BayObLG aaO). Entscheidend ist der Umfang der zu erbringenden Tätigkeit des Betreuers.

BayObLG, Beschluss vom 10.05.2004; 3Z BR 011/04, 3Z BR 11/04; BtPrax 2004, 195 = FamRZ 2004, 1899 (LS) = FGPrax 2004, 236 = Rpfleger 2004, 565:

  1. Beschwerde ein und erhält hiervon weder der Betreuer noch der Betroffene vor der für diesen nachteiligen Beschwerdeentscheidung Kenntnis, ist diese Entscheidung auf Rechtsmittel des Betroffenen ohne Rücksicht auf ihre sachliche Richtigkeit wegen eines absoluten Beschwerdegrundes aufzuheben.
  2. Bewilligt das Vormundschaftsgericht dem Betreuer eines vermögenden Betroffenen im Hinblick auf die außergewöhnliche Schwierigkeit der Betreuung einen deutlich über dem Regelbetrag liegenden Stundensatz, kann dieser grundsätzlich auch für die Vergütung des zur Überwachung dieses Betreuers bestellten Gegenbetreuers herangezogen werden (zur Rechtslage bis zum 30.6.2005).

'LG Saarbrücken, Beschluss vom 07.06.2016, 5 T 147/16, BtPrax 2016, 246':

Ein Gegenbetreuer darf nicht gegen den freien Willen des Betroffenen bestellt werden.

Vergütung des beruflichen Gegenbetreuers

Ein beruflicher Gegenbetreuer durfte nach § 1899 Abs. 1 BGB a.F. neben einem beruflichen Betreuer bestellt werden. Dies war eine Ausnahme vom Verbot der Bestellung mehrerer Berufsbetreuer. Der Gegenbetreuer hat den gleichen pauschalierten Vergütungsanspruch wie der sonstige berufliche Betreuer. Rechtsgrundlagen: §§ 4, 5 VBVG a.F.

Rechtsprechung:

OLG Schleswig, Beschluss vom 02.02.2006; 2 W 12/06; FGPrax 2006, 166 = OLGR 2006, 438 = SchlHA 2006, 241:

Für die Bemessung der Betreuervergütung5 VBVG) eines nachträglich bestellten Gegenbetreuers ist die erstmalige Begründung des Betreuerverhältnisses durch Bestellung des Betreuers maßgeblich (Ergänzung zum Senatsbeschluss vom 25.01.2006 - 2 W 240/05, OLGR 2006,201).

OLG Köln, Beschluss vom 02.11.2006; 16 Wx 214/06, FamRZ 2007, 937 = FGPrax 2007, 123 = BtMan 2007, 104 (Ls) = BtPrax 2007, 255 (Ls):

Auch für die Bemessung der Vergütung des Gegenbetreuers ist von dem Grundsatz auszugehen, dass für die Beurteilung des Stundenansatzes des Gegenbetreuers die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses maßgebend ist.

OLG Köln, Beschluss vom 07.03.2008, 16 Wx 17/08; FamRZ 2008, 2064 = FGPrax 2008, 155 = BtMan 2008, 166 (Ls):

Der Senat bleibt bei seiner Rechtsprechung, dass auch die Vergütung eines auf ein Aufgabengebiet beschränkten Betreuers, worunter Kontroll- und Gegenbetreuer fallen, sich – wie die Vergütung des eigentlichen Betreuers – über §§ 1908 i, 1836 Abs. 1 BGB nach den §§ 4, 5 VBVG richtet (Senat vom 02.11.2006, OLGR Düsseldorf/Köln/Hamm 2007, 444).

Neben der Honorierung nach §§ 3 ff VBVG steht einem Berufsbetreuer nur in Ausnahmefällen ein zusätzlicher Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 Abs. 3 BGB zu. Seine Aufwendungen sind –wie § 4 Abs. 2 VBVG ausdrücklich regelt - mit der Vergütung nach §§ 3 ff VBVG abgegolten. Ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 VBVG, § 1835 Abs. 3 BGB verlangt, dass der Berufsbetreuer spezielle Dienste leistet, die zu seinem Beruf gehören. Es muss sich um Leistungen im Kernbereich des Berufsbetreuers handeln und die Tätigkeit muss ihm wegen seiner speziellen Kenntnisse übertragen worden sein, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind (vgl. Jurgeleit, Betreuungsrecht, § 1835 BGB, Rdnr. 50; Palandt/Diederichsen, 67. Auflage, § 1835 Rdnr.13).

OLG München, Beschluss vom 08.07.2008, 33 Wx 119/07, FamRZ 2008, 2309 = BtMan 2008, 227 (Ls) = FamRZ 2009, 78:

Wird ein Anwalt als Gegenbetreuer eingesetzt und rechnet seine bei der schwierigen Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Vergleiches (hier nach Schweizer Recht) zulässigerweise nach anwaltlichem Gebührenrecht (i.V.m. § 1835 III BGB) ab, kann er nicht auch noch eine Vergleichsgebühr verlangen.

Literatur

  • Bienwald: Zur Abschaffung des Gegenbetreuers und der Einführung eines anderen geeigneten Kontrollinstrumentes zur Entlastung des Betreuungsgerichts; Rechtspfleger-Studienhefte 2015, 42


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