Mittellosigkeit: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. Juli 2008, 13:31 Uhr
Mittellosigkeit bei der Betreuerentschädigung
Die Frage der Mittellosigkeit war im Recht vor 1999 nicht gesetzlich definiert. Bei der Frage, ob der Betreute die Betreuervergütung und den Aufwendungsersatz aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu bezahlen hat oder ob die Staatskasse hierfür aufzukommen hat, wendeten bisher die meisten Gerichte Maßstäbe aus dem Bereich der Prozeßkostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO) an. In der Gerichtspraxis kam in der Vergangenheit meist nur eine Inanspruchnahme von Vermögenswerten in Frage (§ 115 ZPO). Laufendes Einkommen der betreuten Personen wurde kaum herangezogen.
In der Neufassung (§ 1836 c und d) ist die Abgrenzung der Mittellosigkeit gesetzlich definiert worden. Hiernach hat die betreute Person, soweit ihr Einkommen die Freigrenzen der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen (§ 82 SGB-XII) übersteigt, dieses übersteigende Einkommen zur Finanzierung der Vergütung und des Aufwendungsersatzes einzusetzen. Barvermögen ist einzusetzen, sobald es oberhalb der Schonbeträge liegt, die in den meisten Betreuungsfällen bei 2600 Euro (Stand 1.1.2005) anzusetzen sind (§ 1836 c BGB in Verbindung mit § 90 SGB-XII und der Verordnung hierzu). Die Freigrenze bei Blinden und Schwerstpflegebedürftigen (4091 Euro) ist zum 1.1.2005 entfallen). Kann die beabsichtigte Betreuerverütung unter Berücksichtigung der Freibeträge und Schongrenzen nicht in einer Summe aus dem Einkommen bzw. vermögen des Betreuten gezahlt werden, gilt er insgesamt als mittellos (§ 1836d BGB), d.h., der Betreuer erhält seine Ansprüche aus der Staatskasse.
Die Feststellung der Mittellosigkeit im konkreten Betreuungsfall ist wie im alten Recht Pflicht des Vormundschaftsgerichtes (§ 12 FGG; vgl. BayObLG BtPrax 1995, 227 = FamRZ 1996, 244 = BtE 1994/95, 59; LG Frankfurt/Main FamRZ 1993, 218 = JurBüro 1993, 11 = Rpfleger 1992, 433 = BtE 1992/93, 30). Im Rahmen des Ermessens muss jedoch auch der Sinn und Zweck der Regelung berücksichtigt werden und ein wichtiger Unterschied zum Sozialhilferecht: während die Sozialhilfe grundsätzlich der Vermeidung von Armut dient und auch bei der Erbringung von Hilfen in besonderen Lebenslagen dem Hilfebezieher grundsätzlich eine Einschränkung seiner Lebensführung zugemutet werden kann, mag dies bei der Betreuung anders sein (Jürgens u.a.: Das neue Betreuungsrecht, 4. Aufl., Rz. 280d).
Der Antragsteller hat bei der Ermittlung nach besten Kräften mitzuwirken (§ 56 g Abs. 2 Satz 1 FGG; bereits für altes Recht: LG Frankfurt/Main, JurBüro 1993, 111; LG Münster JurBüro 1993, 415 = MDR 1993, 450 =BtE 1992/93, 30; LG Kleve BtE 1992/93, 38). Problematisch ist diese Rechtsauffassung dann, wenn der Antragsteller den Aufgabenkreis Vermögenssorge nicht innehat, was bei Betreuungen Volljähriger, aber auch bei Pflegschaften der Fall sein kann.
Beispiel für eine Berechnung
Der Einkommensfreibetrag beträgt nach § 82 SGB-XII beträgt vom 1.7.2007 an: 694 Euro, jeweils zuzüglich Kosten der Unterkunft (Mietkosten). Dieser Freibetrag gilt unabhängig davon, ob die betreute Person die individuellen Voraussetzungen für die Hilfen in besonderen Lebenslagen erfüllt (vgl. BR-Drs. 960/96 S. 30). Ob zu den Kosten der Unterkunft neben der Miete und den Betriebskosten auch die Kosten der Heizung zählen, ist in der sozialhilferechtlichen Literatur umstritten (für die Berücksichtigung LPK BSHG § 79 Rz 4; Oestreicher § 79 Rz. 8; dagegen Schellhorn § 79 Rz. 26; Gottschick § 79 Rz. 7.3; OVG Lüneburg FEVS 36,108). Die Kosten des Haushaltsstroms zählen nach h.M. nicht dazu (entsprechend § 3 Abs. 2 der VO zu § 22 BSHG).
Obwohl das Einkommen des Ehegatten/Lebenspartners des Betreuten mitrechnet, sind die Zahlungen für Betreuervergütung und Aufwendungsersatz nur aus dem Einkommen bzw. Vermögen des Betreuten selbst zu zahlen. Daher ist genau zu ermitteln, in welcher Höhe Einkommen und Vermögen vorhanden ist. Hierzu gibt § 82 SGB-XII erste Hinweise.
Einkommensermittlung
Zum Einkommen zählen grundsätzlich alle Einnahmen geldwerter Art (siehe im Einzelnen die Verordnung zu § 82 SGB-XII). Einkommen im Sinne des § 82 SGB-XII sind nur tatsächliche Zuflüsse in Geld oder Geldeswert. Nicht alsbald realisierbare Ansprüche sind dagegen kein Einkommen (BVerwGE 31, 100). Bestimmte Formen des Einkommens werden allerdings von vornherein nicht als solches betrachtet. Hierbei handelt es sich in der Regel um Einkommensarten, die als besonders sozialverträglich geschützt sind, da sie der Deckung besonderer Lebensrisiken und Belastungen dienen sollen. Sofern diese Einkommensformen sozialhilferechtlich nicht als Einkommen gelten, muss dies aufgrund der Verweisungen in § 1836c auf das Sozialhilferecht auch für die Einkommensermittlung im Bereich der Betreuervergütung und des Aufwendungsersatzes gelten.
Nicht als Einkommen angesehen werden im Sozialhilferecht:
-Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und dem Bundesentschädigungsgesetz (Kriegsbeschädigten-/-hinterbliebenenversorgung und gleichgestellte Zahlungen), (§ 82 Abs. 1 SGB-XII, § 80 Soldatenversorgungsgesetz, § 47 Zivildienstgesetz, § 51 Bundesseuchengesetz für Impfschäden, §§ 1, 10a Opferentschädigungsgesetz; § 292 Lastenausgleichsgesetz)
-Grundrente der Stiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder" (§ 21 Abs. 2 des Stiftungsgesetzes; sog. "Contergan-Renten")
-Leistungen der Bundesstiftung Mutter und Kind (§ 5 Abs. 2 des Stiftungsgesetzes) sowie gleichgestellter Landesstiftungen
-Kindererziehungsleistungsrenten nach dem Kindererziehungsleistungsgesetz (§ 299 SGB-V)
-Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (und den ergänzenden Landeserziehungsgeldgesetzen einiger Bundesländer); vgl. § 8 Abs. 1 BErzGG
-Unterstützungsleistungen für SED-Opfer (§ 16 Abs. 4 des 1. Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht)
-Entschädigungsleistungen nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz und dem Häftlingshilfegesetz, dem Heimkehrerstiftungsgesetz, dem HIV-Hilfegesetz, dem § 59 Bundesgrenzschutzgesetz
-Vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers (nicht der Arbeitnehmeranteil)
-Motivationshilfen nach dem Europäischen Sozialfonds bis zu 100 Euro mtl. (zuzügl. Je 38 Euro für jedes haushaltsangehörige Kind)
- Sozialhilfeleistungen selbst (LPK BSHG § 76 Rz 18)
Gemäß § 83 SGB-XII werden weitere Einkünfte nicht angerechnet, da Sie als zweckbestimmte Leistungen nicht dem Lebensunterhalt zu dienen bestimmt sind, z. B.:
Blindenführhundleistungen (§ 14 BVG), Blinden- und Gehörlosengeld (BVerwGE 34, 164/166; LPK BSHG § 77 Rz24, 34a), humanitäre Soforthilfe für HIV-Infizierte (LPK BSHG § 77 Rz 38), Krankenversicherungszuschuß für freiwillig versicherte Rentner (§ 106 SGB-VI), Kurzuschüsse (§ 23 SGB-V), Pflegegeld (§ 37 SGB-IX, soweit es an Pflegepersonen weitergegeben wird), Rehabilitationsleistungen (LPK BSHG § 77 Rz 60), Überbrückungsbeihilfe für Strafentlassene (§ 75 StVollzG), Schmerzensgeld (§ 253 BGB).
Bereinigung des Einkommens:
Das Einkommen des Betreuten ist um die in § 82 SGB-XII genannten Beträge zu bereinigen. Hierbei handelt es sich zunächst um die gesetzlichen Abgaben, Steuern und Versicherungen. Neben den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen oder ihnen gleichwertigen freiwilligen Zahlungen zur Renten- , Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung können auch angemessene weitere Beträge zur Risikovorsorge gerechnet werden, z.B. Privathaftpflicht- und Hausratversicherungen (vgl. LPK BSHG § 76 Rz. 28) sowie, soweit landesrechtlich vorgesehen, eine Gebäudebrandversicherung. Sterbeversicherungen (Lebensversicherungen auf den Todesfall) werden anerkennt (LPK BSHG § 76 Rz. 28), jedoch keine Kapitallebensversicherungen (auf den Erlebensfall). Eine KFZ-Haftpflichtversicherung ist anzurechnen, wenn der PKW zur Berufstätigkeit der betreuten Person notwendig ist (LPK BSHG § 76 Rz 27). Bei Erwerbseinkünften sind die mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundenen Ausgaben abzugsfähig (Werbungskosten - berufsbedingte Aufwendungen). Siehe hierzu im einzelnen § 3 der Verordnung zu § 82 SGB XII.
Bei der Inanspruchnahme ist zu berücksichtigen, dass der Einsatz des Einkommens nur "nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 SGB-XII" erfolgt (§ 1836 c Nr. 1 BGB). Nach dieser Vorschrift ist der die Einkommensgrenze übersteigende Anteil des Einkommens für die Aufbringung der Mittel eines sozialhilferechtlich relevanten Bedarfs "in angemessenem Umfang zuzumuten". Das bedeutet, dass nicht das gesamte über der Einkommensgrenze liegende Einkommen herangezogen wird, sondern nur ein - nach Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers festzusetzender – Anteil, der im Einzelfall allerdings auch bis zum vollen Betrag gehen kann. Dies gilt nunmehr auch bei der Beurteilung der Mittellosigkeit nach § 1836c. Auch hier muss daher eine Ermessensentscheidung getroffen werden, in welchem Umfange dem Betreuten der Einsatz seines über der Einkommensgrenze liegenden Einkommens zuzumuten ist.
Hiermit kann der bisher schon vertretenen Auffassung (OLG Schleswig, BtPrax 1994, 139; LG Oldenburg, BtPrax 1994, 215; LG Koblenz, BtPrax 1998, 82), dem Betreuten könne nicht zugemutet werden, mit der Betreuung zugleich eine Einschränkung seiner Lebensverhältnisse hinzunehmen, Rechnung getragen werden durch die Ermessensausübung in Anwendung des § 84 Abs. 1 BSHG. Es muss im Rahmen des Ermessens auch der Sinn und Zweck der Regelung berücksichtigt werden und ein wichtiger Unterschied zum Sozialhilferecht ist: während die Sozialhilfe grundsätzlich der Vermeidung von Armut dient und auch bei der Erbringung von Hilfen in besonderen Lebenslagen dem Hilfebezieher grundsätzlich eine Einschränkung seiner Lebensführung zugemutet werden kann, mag dies bei der Betreuung anders sein (Jürgens/Marschner u.a.: Das neue Betreuungsrecht, 4. Aufl, Rz 280d).
Die Zahlung der Betreuervergütung aus der Staatskasse bekommt nach dem 1. BtÄndG weitgehend den Charakter eines Darlehens. Nicht nur der Betreute hat ratenweise bis zu zehn Jahren nach Bewilligung der jeweiligen Vergütung (also auch ggf. bis zu zehn Jahren nach dem Ende einer Betreuung) die Vergütungszahlungen ratenweise an die Staatskasse zurückzuzahlen.
Auch die Erben des verstorbenen Betreuten sollen innerhalb eines 10-JahresZeitraumes herangezogen werden, jedoch sollen diese anders als nach der bisherigen Rechtsprechung nur mit der Höhe des geerbten Betreutenvermögens haften, und außerdem sollen ihnen die auch im Sozialhilferecht eingeräumten Freibeträge von derzeit 2082 Euro, Stand 1.7.2007, (§ 102 SGB XII) zustehen.
Um dem Vormundschaftsgericht eine Grundlage für die Rückforderung der Betreuervergütungen zu verschaffen, haben Betreuer bei Vergütungsanträgen (aus der Staatskasse) künftig die Einkommens und Vermögenslage des Betreuten offenzulegen (durch entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Prozeßkostenhilfe); dies dürfte vor allen Dingen in den Fällen schwierig werden, in denen der Betreuer die Vermögenssorge nicht innehat.
Durch die Heranziehung der Familienangehörigen im Wege des Unterhaltes sollen diese so wird es klar in der Begründung erläutert animiert werden, selbst die Betreuung zu übernehmen, statt einen bezahlten Berufsbetreuer zu akzeptieren.
Schuldverpflichtungen
Die Berücksichtigung von sonstigen Zahlungspflichten, insbesondere Tilgung zivilrechtlicher Verbindlichkeiten, ist im Sozialhilferecht grundsätzlich nicht vorgesehen, da es von ihrem gesetzlichen Verständnis nicht Aufgabe der Sozialhilfe ist, dritte Personen, die selbst nicht bedürftig sind, zu unterstützen. Eine Ausnahme bildet nur die Tilgung von Mietschulden, da der Erhalt der Wohnung als schützenswertes Ziel anerkannt ist, auch wenn durch die Übernahme dieser Zahlungspflichten direkt ein Dritter (der Vermieter) profitiert und nur indirekt der Hilfeempfänger.
Da das Betreuungsrecht (und auch das Vormundschaftsrecht Minderjähriger) ebenfalls grundsätzlich keine Tätigkeit im Interesse dritter Personen darstellt (BGH, BtPrax 1995, 103 = FamRZ 1995, 282 = Der Betrieb 1995, 319 = Rechtsdienst der Lebenshilfe 2/95, 20), könnte man daran denken, dies ungeprüft auch bei der Vergütung der Betreuungspersonen zu übernehmen.
Wird dieser Gedanke jedoch weiterverfolgt, wird der Widerspruch zu den Aufgaben des Betreuers deutlich. Gerade wenn diesem die Vermögenssorge als Aufgabenkreis übertragen wurde, ist die Entschuldung der betreuten Person eine vorrangige Aufgabe. Wird daher eine vom Betreuer veranlaßte Schuldentilgung im Rahmen eines ordentlichen Tilgungsplan bei der Betreuervergütung gänzlich unberücksichtigt, könnte die Betreueraufgabe u.U. nicht mehr ordnungsgemäß erfolgen, weil die nach Abzug der vom Gericht festzusetzenden Zahlungsraten (§ 1836e; § 56 g Abs. 1 Satz 2 FGG) zusammen mit den Schuldentilgungen den Lebensunterhalt des Betreuten nicht mehr sicherstellen können.
Eine Idee in der Richtung wäre, ggf. eine Kontrollrechung unter Berücksichtigung der Pfändungstabelle (§ 850c ZPO) zu tätigen. Bei der Schuldentilgung durch Betreuer darf man u.E. in der Regel davon ausgehen, daß es sich um titulierte (oder jedenfalls unstrittige) Forderungen gegenüber dem Betreuten handelt, die also bei Nichtzahlung auch zwangsvollstreckt werden könnten.
U. E. wäre eine sachgerechte Lösung, die Tilgungsraten, soweit mit den Gläubigern vereinbart und tatsächlich geleistet (und natürlich innerhalb der gem. § 850 c ZPO) pfändbaren Beträge liegend, zumindest teilweise zu berücksichtigen. Die Möglichkeit hierzu bietet die gem. § 1836 c vorgesehene Anwendung des § 87 SGB-XII, der eine nur teilweise Heranziehung der oberhalb der Einkommensgrenzen liegenden Beträge ermöglicht (so auch LPK BSHG § 84 Rz 7).
Die betreute Person sollte nach Abzug der Mietkosten, etwaiger Unterhaltsverpflichtungen, der Schuldentilgung und der Ratenzahlungen gem. § 1836 e zumindest soviel übrig behalten, wie der pfandfreie Betrag nach § 850 c ZPO mindestens beträgt. Dies entspricht auch in der Vergangenheit vereinzelt durch Gerichte geäußerten Berechnungsvorschlägen (LG Kiel, JurBüro 94, 415; OLG Hamm BtPrax 94, 216 = BtE 1994/95, 75; LG Frankfurt/Main FamRZ 1996, 1360 = BtE 1994/95, 76; LG Paderborn FamRZ 1995, 1377 = BtE 1994/95, 75).
Hier ebenfalls der Hinweis auf die ursprünglichen Gesetzespläne: nach dem Referentenentwurf zum BtÄndG (Stand 7. Februar 1996) war beabsichtigt, als Maßstab für die Mittellosigkeit auf den Einnahmenseite nicht auf das BSHG, sondern auf die Bestimmungen über die Prozeßkostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO) zurückzugreifen. Hiernach wären Schuldentilgungen als besondere Belastung im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO anerkennungsfähig gewesen, jedenfalls dann, wenn sie vor Stellung des PKH-Antrags bereits vereinbart waren (Baumbach/Lauterbach, ZPO 48. Aufl., § 115 Anm. 3 C, mit weiteren Nachweisen).
Vermögensinanspruchnahme
Kleines Barvermögen
Das kleine Barvermögen (sog. Schonvermögen) ist in § 1 Abs. 1 der VO zu § 90 SGB-XII geregelt.
Es beträgt bei der (Sozial-) Hilfe in besonderen Lebenslagen 2600 Euro.
Ungeachtet dieser Regelungen kann das Gericht im Einzelfall einen höheren Vermögensbetrag anrechnungsfrei stellen, wenn eine Härte vor allem insoweit vorliegt, als eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde (§ 90 Abs. 3 Satz 2 SGB-XII), vgl. auch BayObLGZ 1995, 307/310; BayObLG BtPrax 1998, 31/32; OLG Oldenburg FamRZ 1996, 953/955.
Bestattungssparbücher/Bestattungsvorverträge
Häufig stellt sich die Frage, ob Geldbeträge, die zum Zwecke der späteren Bestattung angelegt wurden (in der Regel auf einem gesperrten Sparbuch für diese Zwecke oder durch einen Bestattungsvorvertrag festgelegt), zu den o.g. jeweiligen Schonbeträgen zählen.
U. E. nein, denn Geld, welches für andere Zwecke (z.B. Bestattung, Grabpflege) verbindlich festgelegt ist, ist nicht verfügbar i. S. des § 90 SGB-XII. Nur verfügbares Vemögen wird vom § 90 SGB-XII erfaßt. Mangels einer Kündigungs- oder Rücktrittsmöglichkeit, die bei Bestattungsverträgen im Regelfall aaufgrund ausdrücklichen Ausschlusses nicht gegeben ist, hat die betroffene Person keine Möglichkeit, über dieses Geld nach Vertragsschluß noch zu verfügen. Nach Schellhorn § 88 BSHG Rz 12, gelten Guthaben auf Sperrkonten nicht als verfügbares Vermögen.
Auch ist es auch potentiellen Sozialhilfeempfängern, also Personen, die voraussichtlich in absehbarer Zeit auf Sozialhilfe angewiesen sind, erlaubt, unbegrenzt über ihr Vermögen zu verfügen (LPK BSHG § 88 Rz 73). Auf den Umfang der Sozialhilfe wirken sich solche Geschäfte nur aus, wenn sie in der Absicht getätigt wurden, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Sozialhilfe herbeizuführen.
Dies kann bei einem Bestattungsvertrag, der sich im Rahmen der Verhältnisse, in denen der Betroffene gelebt hat, üblich waren, nicht unterstellt werden. Das Recht der Bestimmung über die eigene Bestattung ist als allgemeines Persönlichkeitsrecht, das aus Artikel 2 Grundgesetz resultiert, anerkannt (vgl. zum Vorrang des Willens des Verstorbenen auch Widmann, FamRZ 1992, 759 sowie § 2 des Feuerbestattungsgesetzes sowie die Bestattungsgesetze vieler Bundesländer). Wenn das Recht zur Bestimmung der eigenen Bestattung als Persönlichkeitsrecht anerkannt ist, dann muß hierzu auch die Möglichkeit bestehen, für die Bezahlung der Bestattung zu sorgen (in diesem Sinne auch Spranger ZfSh/SGB 1998, 98). Auch stellt die Bestattungsvorsorge gem. § 74 SGB-XII im Sozialhilferecht eine anerkennenswerte Risikovorsorge dar und sollte aus diesem Grunde auch bei der Vermögensinanspruchnahme nach § 1836 c Ziff. 2 unberücksichtigt bleiben.
Hausgrundstück
Ein angemessenes Hausgrundstück zählt ebenfalls nicht zum einzusetzenden Vermögen (§ 90 Ziff. 8 SGB-XII). Voraussetzungen hierfür sind:
a) das Haus wird von der betreuten Person selbst bewohnt und/oder von seinem Ehegatten oder minderjährigen Kindern (oder wenn die betreute Person selbst minderjährig ist, von ihren Eltern);
b) die Haus- und Grundstücksgröße ist angemessen. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner und evtl. zusätzlichen Wohnbedarf bei Behinderung oder Pflegebedürftigkeit.
Als angemessene Hausgröße gelten gem. § 39 des 2. WoBauG bei Eigenheimen 130 qm Wohnfläche, bei Eigentumswohnungen 120 qm (LPK BSHG § 88 Rz. 34). Leben mehr als 4 Personen in der Wohnung, erhöht sich die Wohnfläche je Person um weitere 20 qm. Ist häusliche Pflege für eine der in der Wohnung lebenden Personen erforderlich, erhöht sich die angemessene Wohnfläche um 20 %, auf 156 qm bei Häusern und 144 qm bei Eigentumswohnungen. Bei ständiger Betreuungsnotwendigkeit durch eine Pflegeperson ist eine weitere Erhöhung um 20 qm sachgerecht (analog § 82 Abs. 3 2. WoBauG). Die Größe des Grundstücks hat den Gepflogenheiten des öffentlich geförderten Wohnungsbaues zu entsprechen; als angemessen gelten in der Regel bei einem Reihenhaus 250 qm, einem Reihenendhaus/einer Doppelhaushälfte 350 qm und einem freistehenden Haus 500 qm (LPK BSHG § 88 Rz 41).
Ist ein Haus in diesem Sinne angemessen, dürfen auch keine Sicherungshypotheken u.ä. auf dem Grundstück angebracht werden. Ist es nicht mehr als angemessen zu betrachten, steht es einen Hinderungsgrund für die Verwertung dar, wenn ein Verkauf des Hauses eine Härte für die betroffene Person darstellen würde, was von den Umständen des Einzelfalles abhängig zu machen ist.
Die Verwertung des Hausgrundstücks einer betreuten Person ohne unterhaltsberechtigte Angehörige soll dann keine Härte darstellen, wenn sichergestellt ist, daß diese weiterhin im Haus wohnen bleiben kann (z.B. durch ein Dauerwohnrecht), so BayObLG FamRZ 1996, 245 = BtPrax 1995, 217 = BtE 1994/95, 77. Auch ein im Ausland (im entschiedenen Fall in Polen) gelegenes Grundstück zählt mit zum Vermögen (LG Hannover FamRZ 1994, 777 = BtE 1992/93, 39).
Ob das Hausgrundstück, welches die Schongrenze von der Größe her übersteigt, wirklich zu verwerten ist, hängt auch davon ab, ob auf dem Grundstück Belastungen eingetragen sind (Hypotheken, Grundschulden), die einen Verkaufserlös schmälern oder gar ganz aufzehren würden (BayObLG BtPrax 1998, 31/32).
Sonstiges Schonvermögen
Sonstige geschützte Vermögensgegenstände sind gem. § 90 SGB-XII, z.B. angemessener Hausrat, Gegenstände, die zur Berufsausübung nötig sind, Familien- und Erbstücke, deren Veräußerung eine Härte für die betroffene Person darstellen würde und Gegenstände zur Befriedigung geistiger, insbes. wissenschaftlicher oder kultureller Bedürfnisse.
Regressansprüche der Staatskasse
Ist der Betroffene mittellos, d.h. kann er Vergütung oder Auslagen der Betreuungsperson
- nicht
- nur zum Teil
- nur in Raten
- nur dadurch, daß er Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend macht
zahlen, wird die Betreuungsperson zunächst aus der Staatskasse entschädigt, §§ 1836a, 1836d. Neu ist, dass es sich bei den Zahlungen aus der Staatskasse jedoch nur um eine Vorleistung handelt.
Wenn die Staatskasse Auslagen oder Vergütung an die Betreuungsperson gezahlt hat, kann sie sich diese Beträge vom Betroffenen zurückholen, wenn er Einkünfte oder Vermögen hat, das über der Grenze der Mittellosigkeit liegt (aber zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche des Vormunds Pflegers oder Betreuers nicht ausreicht). Diesen Gedanken hat der Gesetzgeber offenbar aus vereinzelter Rechtsprechung entnommen, die die Möglichkeit einer Darlehensgewährung an den Betreuer und Rückzahlung durch den Betreuten als möglich ansah (LG Cottbus, Beschluß vom 16.11.95, 10 T 75/95, nicht veröffentlicht ????).
Ein Rückgriffsanspruch entsteht auch dann, wenn der Betroffene später Vermögen erwirbt. Nach dem Tod des Betroffenen kann die Staatskasse sich an den Nachlaß halten.
§ 1836 e [Forderungsübergang]
Soweit die Staatskasse den Vormund oder Gegenvormund befriedigt, gehen Ansprüche des Vormundes oder Gegenvormundes gegen den Mündel auf die Staatskasse über. Der übergegangene Anspruch erlischt in 10 Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse die Aufwendungen oder die Vergütung bezahlt hat. Nach dem Tod des Mündels haftet sein Erbe nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Todes vorhandenen Nachlasses; ...
Der Anspruch der Staatskasse, auf das Vermögen des Betroffenen zurückzugreifen besteht von dem Zeitpunkt der Zahlung an 10 Jahre lang. Das bedeutet, daß ein zunächst mittelloser Betroffener, der später Vermögen erwirbt, z.B. durch eine Erbschaft, dieses erworbene Vermögen an die Staatskasse abführen muß, natürlich nur, soweit es die Grenze der Mittellosigkeit übersteigt.
Stirbt der Betroffene innerhalb von 10 Jahren nach der Zahlung durch die Staatskasse, kann diese auf den Nachlaß zurückgreifen (siehe hierzu weiter unten).
Wie das Vormundschaftsgericht diesen Rückgriff auf das Vermögen des Betroffenen zu handhaben hat, ist in § 56g Abs. 1 FGG geregelt:
Mit der Festsetzung bestimmt das Gericht Höhe und Zeitpunkt der Zahlungen, die der Mündel an die Staatskasse nach den §§ 1836 c bis 1836 e des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu leisten hat. Es kann die Zahlungen gesondert festsetzen, wenn dies zweckmäßig ist. |
Das Gericht kann also zusammen mit der Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung und/oder der Auslagen bestimmen, in welchem Umfang der Betroffene Beträge an die Staatskasse zurückzahlen muß. |
Dabei kann es |
- den Betroffenen zu einer einmaligen Zahlung auffordern, z.B. zur Zahlung des über den „Schonbetrag„ hinausgehenden Teil des Sparguthabens |
- den Betroffenen zu regelmäßigen, beispielsweise monatlichen, Zahlungen auffordern, z.B. wenn er Einkommen hat, das die Grenze der Mittellosigkeit überschreitet. |
Es kann die vom Betroffenen zu zahlenden Beträge aber auch später festsetzen. |
Eine spätere Festsetzung kommt dann in Betracht, wenn |
- zunächst davon ausgegangen worden war, daß der Betroffene mittellos war, sich dies aber im nachhinein als falsch herausgestellt hat; |
- der Betroffene später über Einkünfte verfügt, die ihm Zahlungen ermöglichen oder er später Vermögen erwirbt. |
Ist der Betroffene verstorben, bestimmt das Gericht, wann und in welcher Höhe Zahlungen aus dem Nachlass zu leisten sind. Bei Ansprüchen der Staatskasse gegen den Nachlaß wird in der Regel nur ein einmaliger Betrag in Betracht kommen. Gehören aber wiederkehrende Leistungen von dritten Personen, z.B. Mieteinnahmen oder Zinsen zum Nachlass, sind auch regelmäßige Erstattungsbeträge an die Staatskasse denkbar.
Die Festsetzung des Rückgriffsanspruchs durch das Gericht setzt natürlich voraus, daß dieses die Höhe das Vermögen des Betroffenen bzw. die Höhe des Nachlasses kennt.
Der bzw. die Erben sind daher verpflichtet dem Gericht auf dessen Wunsch ein Nachlassverzeichnis einzureichen, § 56g Abs. 3 FGG.
In einem noch laufenden Vormundschafts-, Pflegschafts- oder Betreuungsverfahren ist das Gericht, wenn die Vermögenssorge zu den Aufgaben der Betreuungsperson gehört, durch das Vermögensverzeichnis und die regelmäßigen Abrechnungen über das Vermögen des Betroffenen informiert.
Außerdem muß die Betreuungsperson, wenn sie die Festsetzung von Vergütung und/oder Auslagen aus der Staatskasse beantragt, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses des Betroffenen darlegen. Dies kann natürlich dann schwierig sein, wenn z.B. in einem Betreuungsverfahren die Vermögenssorge nicht zum Aufgabenkreis des Betreuers gehört und der Betreute nicht bereit ist, darüber Auskunft zu geben.
Rechtsprechung
zu § 1836c Nr. 1 BGB (Einsatz des Einkommens)
- Zur Mittellosigkeit nach neuem Recht (Einkommensfreigrenze, Anwendung von § 82 SGB-XII): LG Koblenz BtPrax 1999, 113 (mit Anmerkung Jürgens BtPrax 1999, S. 99), abgeändert: LG Koblenz FamRZ 2001, 308 = BtPrax 2001, 222, erneut LG Koblenz FamRZ 2006, 361
- Zur Mittellosigkeit nach neuem Recht (Einkommensfreigrenze, Anwendung von § 81 I BSHG; ab 1.1.05 § 85 SGB-XII): LG Bautzen FamRZ 2000, 1535 = BtPrax 2000, 267 = JurBüro 2001, 42; LG Dresden 2 T 1293/00 vom 24.4.01
- Verfahrenspflegertätigkeit löst keinen Unterhaltsanspruch aus: LG Braunschweig BtPrax 1999, 34
- Betreuertätigkeit löst Unterhaltsanspruch aus: OLG Nürnberg BtPrax 1999, 236, ebenso LG Kleve FamRZ 2000, 1534 sowie LG Duisburg, 22 T 15/00 vom 15.2.2000 und LG Düsseldorf 19 T 493/00 vom 25.9.2000 und 25 T 202/01 vom 17.9.2001; LG Kiel, 3 T 23/00 vom 11.12.2000;
- Unterhaltsansprüche sind auch gegen Verwandte 2 Grades (Enkel) zu prüfen; keine Einschränkung wie im Sozialhilferecht: LG Duisburg JurBüro 2001, 267
- Erfordernis gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ist von Amts wegen durch das Gericht zu prüfen, ggf. ist der Unterhaltspflichtige durch das Gericht anzuhören: OLG Düsseldorf FamRZ 2001, 1099 = FGPrax 2001, 110
- Kein Übergang von Unterhaltsansprüchen auf Staatskasse; keine Prüfung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit durch VormG: LG Verden/Aller BtPrax 2000, 268 = Rpfleger 2000, 550 =NJW-RR 2001, 579 = NJWE-FER 2001, 180 m. Anm. Hellmann in RdLh 2001, 179; BayObLG BtPrax 2002, 40 m. Anm. Hellmann in RdLh 2002, 36
- Bei einem Regress der Staatskasse wegen u.U. bestehender Unterhaltsansprüche ist das VormG grundsätzlich nicht verpflichtet zu prüfen, ob solche Ansprüche tatsächlich bestehen. Dies ist vielmehr Gegenstand eines gerichtlichen Unterhaltsverfahrens, das von der Staatskasse gem. § 1 I Nr. 4b JBeitrO i.V.m. §§ 829, 835 ZPO betrieben werden kann: BayObLG NJW-RR 2002, 943 = Rpfleger 2002, 313 = FPR 2002, 69, ähnlich LG Kleve FamnRZ 2002, 1290 sowie OLG Schleswig FGPrax 2005, 159
- Keine Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Ehegatten des Betreuers, wenn dieser der Elternteil des Betreuten ist: OLG Düsseldorf BtPrax 2002, 267 = FamRZ 2002, 1590
- Unterhaltsbedarf für Betreuervergütungsansprüche kann nicht separat zu sonstigen Unterhaltsansprüchen geltend gemacht werden; es handelt sich nicht um Sonderbedarf nach § 1613 BGB: AG Westerstede; FamRZ 2003, 552 m.Anm. Bienwald FamRZ 2003, 886 (im Berufungsverfahren durch OLG Oldenburg bestätigt)
- Pflegegeld als Einkommen: BayObLG BtPrax 2000, 83 = FamRZ 2000, 562 m. Anm. Jürgens BtPrax 2000, 71 sowie OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 309 m. Anm. Hellmann in Rechtsdienst der Lebenshilfe 2/2001, S. 91
- Leistungen der Pflegeversicherung sind kein Einkommen i.S. des § 1836c BGB: LG Koblenz BtPrax 2000, 222= FamRZ 2001, 308
- Bei Anrechnung von Pflegegeld als Einkommen sind Krankheits- und Behinderungskosten als besondere Belastung gem. § 84 BSHG (ab 1.1.05 § 87 SGB-XII) zu berücksichtigen: BayObLG BtPrax 2001, 254 = FamRZ 2002, 419
- Zur Berücksichtigung von Einkommensfreibeträgen bei Heimbewohnern: BayObLG FamRZ 2000, 562 = NJW-RR 2001, 584
- Kindergeld ist kein Einkommen des Betreuten, sondern seines Elternteils: LG Passau, 2 T 257/99 vom 14.10.99, Rechtsdienst der Lebenshilfe 1999, 174
- Unstreitige bzw. titulierte Schuldverpflichtungen des Betreuten sind im Rahmen der nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge nach § 87 SGB-XII zu berücksichtigen; nach deren Abzug ist dem Betreuten der Sozialhilfesatz der Hilfe zum Lebensunterhalt zu belassen: LG Braunschweig 8 T 720/01 vom 21.6.2001
- Verbindlichkeiten, die in § 82 II SGB-XII nicht genannt sind, können bei der Einkommensberechnung nicht berücksichtigt werden; ob diese tituliert sind, ist unerheblich: LG Koblenz FamRZ 2005, 306
- Die Kosten einer gerichtlich angeordneten Betreuung in Folge eines Arbeitsunfalls sind im Rahmen der sozialen Rehabilitation vom Unfallversicherer zu übernehmen:LSG Rheinland-Pfalz BtPrax 2005, 115
- Die Staatskasse kann wegen Betreuungskosten bei der betreuten Person Rückgriff nehmen, soweit diese ihr Einkommen und Vermögen gem. § 1836c BGB einzusetzen hat. Bei einem verbleibenden freien Betrag aus dem monatlichen Einkommen von 639,92 Euro ist die Anordnung einer mtl. Zahlung von 500 Euro nicht unangemessen: LG Koblenz FamRZ 2007, 236
Zu § 1836c Nr. 2 BGB (Einsatz des Vermögens)
- Zur Vermögensfreigrenze: BayObLG BtPrax 2000, 83 m. Anm. Jürgens BtPrax 2000, 71
- Schonvermögen beträgt auch nach 1.1.99 (bis 31.12.2004) grundsätzlich 4091 Euro: LG München I BtPrax 2000, 134, ebenso LG Stuttgart – 10 T 243/99- vom 25.10.1999 und LG Krefeld (AZ unbek.), LG Marburg 3 J 363/99 vom 16.08.00; LG Hamburg 322 T 148/00; LG Wuppertal, 6 T 337/00 vom 12.5.2000 ; OLG Köln 16 WX 97/00 vom 13.9.2000, OLG-Report Köln 2001, 92;
- Auch bei schwerstpflegebedürftigen Betreuten (Pflegestufe 3) ist ab 1.1.2005 von einem Vermögensschonbetrag von 2.600 Euro (nicht von 4.091 Euro) auszugehen: LG Koblenz FamRZ 2006, 507
- Schonvermögen beträgt grundsätzlich 2301 Euro (ab 1.1.05 2600 €): OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 264 = FGPrax 2000, 231 = FGPrax 2000, 231 = MDR 2001, 278= NJW-RR 2001, 578; BayObLG BtPrax 2001, 77 = Rpfleger 2001, 179 = BayObLGZ 2000, Nr. 71 = NJWE-FER 2001, 121 = FamRZ 2001, 793 und FamRZ 18/2001, II = BtPrax 2001, 207 = FGPrax 2001, 203 = Rpfleger 2001, 547 (Vorlage an BGH); OLG Schleswig FGPrax 2001, 75 =NJW-RR 2001, 796 = RUP 2001, 108; LG Duisburg, 22 T 131/00 vom 6.9.2000; LG Regensburg 7 T 479/00 vom 18.7.2000; LG Koblenz 2 T 55/98, OLG Frankfurt/Main BtPrax 2002, 131 (s.a. Beitrag von Deinert in BtPrax 2001, 103)
- Der BGH hat entschieden, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein Betreuter mittellos i.S.d. §§ 1836 c BGB ist, im Regelfall von einem Schonbetrag i.H.v. 2301 Euro (ab 1.1.05 2600 €)auszugehen ist: Beschluss XII ZB 142/01 v. 24.10.2001, FamRZ 2002, 157= MDR 2002, 277 = FGPrax 2002, 23 = FuR 2002, 43 = RdLh 2002, 34 = BtPrax 2002, 75 = BtInfo 2002, 18 = Rpfleger 2002, 262 = JurBüro 2002, 267
- Der Einsatz des Barvermögens bei der Betreuervergütung bestimmt sich allein nach der zu § 88 BSHG erlassenen Durchführungsverordnung. Andere Vorschriften, z.B. die im Bundesversorgungsgesetz festgelegten Schongrenzen, sind ohne Belang: BayObLG FamRZ 6/2002, II = FamRZ 2002, 701 = BtPrax 2002, 123 = BtPrax 2002, 270 = FGPrax 2002, 73 sowie LG Regensburg, Beschluss 7 T 483/01 vom 22.11.2001, OLG Frankfurt/Main FGPrax 2004, 72 = FamRZ 2004, 836 = BtPrax 2004, 117; OLG Hamm FamRZ 2004, 1324
- Freibetrag nach § 88 III Satz 3 BSHG (25.311 Euro) bei Behinderten in Werkstatt gilt auch im Betreuungsrecht (bis 31.12.2004): LG Schweinfurt, Rechtsdienst der Lebenshilfe 2000, 87 = FamRZ 2000, 1532, ebenso vom Ergebnis LG Dresden FamRZ 2001, 712, LG Chemnitz FamRZ 2001, 1026, OLG Dresden Beschluss 15 W 677/00 vom 17.5.2000; OLG Celle FamRZ 2003, 1047 = FGPrax 2003, 130; LG Münster BtPrax 2003, 233; BayObLG FamRZ 2003, 966 = BtPrax 2003, 180 = NJW-RR 2002, 1520; LG Trier 5 T 134/04 vom 20.8.04, BtG-Rundbrief 3/04, S. 47; a.A. (nur bei Vorliegen besonderer Härte): LG Osnabrück FamRZ 2002, 702 = Nds. Rpfleger 2001, 261 (aufgehoben durch OLG Celle, s.o.)
- Betreuten, die Eingliederungshilfe in einer WfbM beziehen, steht ein erweitertes Schonvermögen wie früher nach § 88 Abs. 3 Satz 3 BSHG seit 1.1.2005 nicht mehr zu. Das erweiterte Schonvermögen ist aber auf Regressansprüche der Staatskasse für Betreuerentschädigungen aus der Zeit vor dem 1.1.2005 weiterhin anzuwenden: OLG München BtPrax 2006, 79, ebenso OLG Hamm, Beschluss 15 W 322/05 vom 11.4.2006 FamRZ 2006, 1876 = Rpfleger 2006, 466 = RdLH 2006, 78 sowie OLG Brandenburg, Beschluss 11 Wx 45/06 vom 14.11.2006
- Vermögensfreibetrag von 1279 Euro (Hilfe zum Lebensunterhalt) ist bei der Betreuervergütung nicht anzuwenden: LG Leipzig FamRZ 2001, 656
- Angespartes Schmerzensgeld ist beim Schonvermögensbetrag nicht mitzurechnen: LG Essen Beschluss 7 T 206+210-212/95 vom 21.6.1995; OLG Köln FamRZ 1988, 95; OLG Hamm AnwBl 1981, 72; OLG Jena FamRZ 2005, 1199 = FGPrax 2005, 125
- Werden laufende Versorgungsbezüge nach dem OEG nicht verbraucht, sondern dem Vermögen zugeführt, steht dieses grundsätzlich für die Betreuervergütung zur Verfügung: BayObLG FamRZ 2002, 1289 = FGPrax 2003, 73, BayObLG BtPrax 2005, 108 = FamRZ 2005, 1199 = FGPrax 2005, 119
- Kein Einsatz einer Unterhaltsabfindung, die für den laufenden Lebensbedarf benötigt wird, zur Deckung der Betreuervergütung, wegen Anwendung der Härtefallregelung (§ 88 III S. 2 BSHG; ab 1.1.05 § 90 III SGB-XII): OLG Hamm FamRZ 2003, 1875
- Kein Einsatz von Entschädigungen nach dem StrRehaG für eine zu Unrecht verhängte Freiheitsentziehung für die Betreuervergütung: LG Verden FamRZ 2004, 221
- Kein Einsatz von angesparten Leistungen der Stiftung “Hilfswerk für das behinderte Kind“ für die Betreuervergütung: LG Hamburg Rpfleger 2003, 503
- Anspruch auf Schenkungsrückforderung wegen Verarmung (§ 528 BGB) kann Vermögen i.S. des § 1836c BGB sein: OLG Hamm FamRZ 2003, 1873
- Bausparvertrag zur Erhaltung oder Beschaffung von Wohnraum für Behinderte ist kein verfügbares Vermögen: LG Koblenz, 2 T 232/99 vom 31.5.99, Rechtsdienst der Lebenshilfe 1999, 174
- Bausparguthaben ist in Höhe des Rückkaufswertes einzusetzendes Vermögen nach § 90 SGB-XII, dies gilt auch, wenn bei einer Kündigung staatliche Zulagen zurück zu zahlen sind: OVG Münster NvwZ-RR 2000, 685 = FEVS Bd. 51, 551; LG Koblenz FamRZ 2005, 306
- Forderungen aus Prämiensparverträgen sind grundsätzlich dem Kto.inhaber als Vermögen zuzurechnen: OVG Lüneburg NVwZ-RR 2000, 166
- Auf Grund eines Grabpflegevertrags gebildetes Vermögen ist kein Schonvermögen i.S: des § 88 BSHG; die Kündigung des Vertrags ist zuzumuten: VG Minden NVwZ-RR 2000, 167; aufgehoben durch nachstehenden Beschluss des OVG Münster
- Ersparnisse älterer Menschen für eine würdige, den persönlichen Vorstellungen entsprechende Bestattung betreffen die Alterssicherung und können daher in angemessenem Umfang Schonvermögen i. S. v. § 88 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Satz 1 BSHG sein. Die Angemessenheit ist nicht schon dann infrage gestellt, wenn die erforderlichen Kosten einer Bestattung i. S. v. § 15 BSHG (§ 74 SGB-XII) (maßvoll) überschritten werden. OVG Münster, Beschluss 16 B 2078/03 vom 19.12.03 , FEVS 55, 478 = info also 2004, 82
- Es ist nicht zu beanstanden, dass eine Betreute ihren angesparten Barbetrag nach § 21 III BSHG für die Grabpflege des verstorbenen Ehemannes verwendet, auch in Form eines Dauergrabpflegevertrags. In dieser Form angelegte Beträge sind kein verfügbares Vermögen nach § 88 BSHG (§ 90 SGB-XII): VG Frankfurt/Main, Urteil vom 14.6.1999 – 3 E 1084/99
- Der Verwertung eines Dauergrabpflegevertrags durch Kündigung kann entgegenstehen, dass die Grapflege des Verstorbenen ihrerseits zum notwendigen Bedarf des Verpflichteten zählt und dieser Bedarf mangels einer sozialhilferechtlichen Alternative nur durch den Grabpflegevertrag gedeckt werden kann: OVG Münster NVwZ-RR 2002, 199
- Für Bestattungsvertrag angelegtes Geld ist verbindlich festgelegt und ist somit bei der Berechnung des Vermögensfreibetrags nicht mitzurechnen: OLG Frankfurt/Main BtPrax 2001, 128 = FamRZ 2001, 868 = FGPrax 2001, 115 = OLG-Report Frankfurt 2001, 134, ebenso VG Sigmaringen BtPrax 1999, 33 und LG Stade BtPrax 2003, 233 sowie für das Sozialhilferecht OVG Münster, Beschluss 16 B 2078/03 vom 19.12.03, ZEVS 55, 478 = info also 2004, 82; OVG Berlin FEVS 49, 218
- Mit entsprechender Zweckbindung für eine angemessene Bestattungsvorsorge angespartes Vermögen des Betroffenen ist nicht für die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Betreuers einzusetzen (Anschluss an OLG Zweibrücken Rpfleger 2005, 666): OLG München, 33 Zivilsenat, Beschluss vom 4.4.2007 - 33 Wx 228/06, FamRZ 2007, 1189; LG Verden FamRZ 2007, 1189
- Eine Sterbegeldversicherung, die erkennbar nur der Sicherung einer würdigen Bestattung dient, ist unabhängig davon, ob der Rückkaufswert günstig ist oder nicht, Vermögen „zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung im Sinne des § 88 BSHG (ab 1.1.05 § 90 SGB-XII) und somit nicht für die Betreuervergütung heranzuziehen: OLG Köln Beschluss 16 Wx 188/02 vom 27.9.2002 sowie zuvor LG Köln 1 T 294/02 vom 9.9.2002; OLG Zweibrücken BtPrax 2006, 80 = FGPrax 2006, 21 = MDR 2006, 398 = Rpfleger 2005, 666 (im letzteren Fall Sterbegeldversicherung in Höhe von 3.000 Euro) sowie [OLG Schleswig FamRZ 2007, 1188]
- Ein zur Finanzierung der eigenen Bestattung gedachtes Sparguthaben muss nicht für die Bezahlung eines Betreuers verwendet werden. Denn nach Auffassung des Gerichts umfasst das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht auch die Befugnis, für die eigene Bestattung Vorsorge zu treffen. Keineswegs ist es vertretbar, einen Betroffenen auf die Möglichkeit des so genannten Armenbegräbnisses nach dem Sozialhilferecht zu verweisen. Auch das Kapital einer Sterbegeldversicherung wird als so genanntes Schonvermögen angesehen. Dies muss dann aber auch gelten, wenn jemand mit privatem Sparkapital für die Sicherstellung der eigenen Bestattung vorsorgt: LG Koblenz, Beschluss vom 20.06.2006, Az. 2 T 911/05 sowie LG Koblenz NJW-RR 2006, 724
- Mit entsprechender Zweckbindung für eine angemessene Bestattungsvorsorge angespartes Vermögen des Betroffenen ist nicht für die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Betreuers einzusetzen (OLG München, Beschluss vom 4.4.2007 - 33 Wx 228/06, BtPrax 3/2007, im Anschluss an OLG Zweibrücken Rpfleger 2005, 666).
- Ist ein erhebliches Vermögen, z.B. aus Nachlass, noch nicht auseinandersetzungsfähig, gilt der Betreute als mittellos: OLG Oldenburg FamRZ 2000, 1534 = Rpfleger 2000, 456 = FamRZ 2001, 309, ähnlich OLG Schleswig FamRZ 2003, 1130 und OLG Frankfurt FGPrax 2003, 33
- Berücksichtigung von Vermögensgegenständen setzt voraus, dass diese verwertbar sind. Hieran fehlt es insbesondere, wenn der Verwertung ein rechtliches oder tatsächliches Hindernis entgegensteht oder sie nicht in angemessener Zeit durchgeführt werden kann: BayObLG BayObLGZ 2001, 38; BayObLG 3 Z BR 251/01 vom 11.9.2001; BayObLG FamRZ 1999, 1234; LG Koblenz FamRZ 1995, 1444; BayObLG NJW-RR 2003, 1306
- An der Verwertbarkeit von Vermögen fehlt es, wenn der Verwertung ein rechtliches oder tatsächliches Hindernis entgegensteht, wenn die Verwertung wirtschaftlich unvertretbar wäre oder wenn sie nicht in angemessener Zeit durchgeführt werden kann: BayObLG NJW-RR 2001, 1515 = BtPrax 2002, 40; OLG Oldenburg FamRZ 2001, 309, ähnlich LG Koblenz BtPrax 2002, 222
- Eine schwierige Verwertung von Grundeigentum liegt nicht schon deshalb vor, weil nach Auskunft eines Maklers ein Verkauf unter Wert erfolgen müsste; ein halbes Jahr ist eine angemessene Frist für eine Verwertung; in der Zwischenzeit kann der Betreuer seinen Anspruch durch eine Hypothek absichern: LG Schweinfurt 42 T 221/01 vom 15.10.2001, ähnlich LG Koblenz FamRZ 2001, 1645
- Mittellosigkeit ist auch dann anzunehmen, als einziger Vermögenswert ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einer für eigene Wohnzwecke bestimmten und bereits genutzten Eigentumswohnung zur Abgeltung eines Pflichtteilsanspruchs besteht. Dem steht nicht entgegen, dass der Ergänzungsbetreuer, der seine Vergütung aus der Staatskasse beantragt, gerade zur Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs bestellt ist: OLG Frankfurt/Main, FGPrax 2001, 152 = OLG-Report Frankfurt 2001, 135
- Mittellosigkeit ist dann nicht gegeben, wenn eine Grundstücksverwertung längere Zeit in Anspruch nimmt; keine darlehnsweise Vergütung des Betreuers analog zu § 89 BSHG: LG Koblenz FamRZ 2002, 970
- Keine Mittellosigkeit, wenn eine zu eigenen Wohnzwecken nicht mehr benötige und vermietete Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von mind. 100.000 Euro lastenfrei verfügt. Ein Zeitraum von einem halben Jahr zur Vermögensverwertung ist dem Betreuer zumutbar: LG Schweinfurt FamRZ 2002, 1146
- Ein zum Kaufpreis von 750.000 DM (ca. 380.000 €) erworbenes Hausgrundstück mit einer Grundstücksfläche von 1.143 qm und einer Wohnfläche von 135 qm ist auch für eine 5köpfige Familie mit einem schwerstbehinderten Kind nicht mehr angemessen i.S. von § 88 II Nr. 7 BSHG (ab 1.1.05 § 90 II SGB-XII): VG Braunschweig ZfF 2000, 189
- Nur ein selbstgenutzes Familienheim ist Schonvermögen. Sonstige Hausgrundstücke sind zu verwerten, ggf. durch Beleihung: OLG Koblenz FamRZ 2005, 468
- Bei der Immobilienverwertung (hier 2 nicht selbst genutzte Eigentumswohnungen) ist zwar vor allem auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abzustellen, bei der Gesamtwürdigung kann indes auch das Krankheitsbild des Betroffenen einbezogen werden: LG Koblenz BtPrax 2005, 239, BayObLG FamRZ 2004, 566
- Gesellschaftsanteil gehört zum Vermögen des Betreuten i.S. des § 1836c BGB, auch wenn zunächst eine Auflösung der Gesellschaft erfolgen muss: OLG Frankfurt/Main BtPrax 2001, 167
- Rückgriff der Staatskasse (§ 1836e) nur so weit der Betroffene sein Einkommen und Vermögen einzusetzen hat. Auf geschütztes Vermögen i.S. des § 88 II BSHG (§ 90 SGB-XII) darf die Staatskasse erst zurückgreifen, wenn der Vermögenswert kein Schonvermögen mehr ist. Kein Anspruch auf Sicherung des Rückgriffsanspruchs durch Zwangshypothek: OLG Düsseldorf FGPrax 2001, 110; ähnlich OLG Frankfurt/Main BtPrax 2003, 85 = Rpfleger 2003, 365
- Bei Gewinnspiel gewonnene Luxuskreuzfahrt bildet einen verwertbaren Vermögenswert, dessen Verwertung grundsätzlich auch keine besondere Härte bedeutet: VG Düsseldorf info also 2000, 84
- Eine in einem Sparkassenbrief verbriefte Forderung ist als Vermögen zu berücksichtigen, auch wenn diese erst in 5 Jahren fällig wird, weil der Sparbrief als Sicherheit für ein Darlehen akzeptiert werden würde: LG Frankenthal FamRZ 2001, 1645
- Besitzt der Betreute Vermögen über der Schongrenze, ist er auch dann nicht mittellos, wenn Verbindlichkeiten ggü. dem Sozialhilfehilfeträger entgegenstehen, die bisher nicht durch Leistungsbescheid oder Überleitungsänzeige konkretisiert worden sind und der Sozialhilfeträger seine Leistungen ohne Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse des Betroffenen erbracht hat: BayObLG BtPrax 2002, 262 = FamRZ 2002, 1658
- Durch Leistungsbescheid zum Zeitpunkt des Gerichtsbeschlusses titulierte Forderungen des Sozialhilfeträgers sind vom Vermögen in Abzug zu bringen: LG Koblenz FamRZ 2004, 1899
- Verbindlichkeiten bleiben bei der Mittellosigkeitsprüfung unberücksichtigt, auch wenn sie bereits tituliert, aber noch nicht vollstreckt sind: BayObLGZ 2003, 271 = FamRZ 2004, 308; a.A.: OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 799
- Kein Zurückhalten von Vermögenswerten durch den Betreuer gegenüber dem Sozialhilfeträger zugunsten der Refinanzierung der Betreuertätigkeit (so auch BVerwG BtPrax 1996, 101); für die Begleichung von Forderungen ist keine gerichtliche Genehmigung nötig: LG Saarbrücken FamRZ 2003, 60
- Härte im Sinne des § 88 III BSHG (ab 1.1.05 § 90 III SGB-XII), somit höherer Vermögensfreibetrag, kann auch durch aus dem Krankheitsbild des Betroffenen folgende Umstände gegeben sein: BayObLG FamRZ 2004, 566
- Kein Vermögenseinsatz, wenn dieser für den Betreuten oder seine unterhaltspflichtigen Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Bei der Bestimmung der Härte kommt es darauf an, ob der Vermögenseinsatz eine angemessene Lebensführung oder Alterssicherung wesentlich erschweren würde: LG Bochum BtPrax 2004, 247
- Betreuter mit Lebensversicherungsverträgen mit einem Rückkaufswert von zusammen ca. 8.500 Euro ist nicht als mittellos anzusehen: LG Koblenz FamRZ 2006, 292
- Der Rückkaufswert von Kapitallebensversicherungen ist Vermögen i.S. des § 88 BSHG (§ 90 SGB-XII): OVG Greifswald NVwZ-RR 2005, 420
- Ein Betreuter, der über nicht unerhebliches verwertbares Vermögen verfügt, ist nicht deshalb als mittellos anzusehen, weil er auf den Vermögenseinsatz für laufenden Lebensunterhalt angewiesen ist und die Bezahlung des Betreuers zu einem schnelleren Vermögensverbrauch und einem früher einsetzendem sozialhilferechtlichen Bedarfs führt: OLG München BtPrax 2005, 191 = FamRZ 2005, 1928 = FGPrax 2005, 120 = FGPrax 2005, 210 = MDR 2006, 336
- Von einem Betreuten kann nicht verlangt werden, die aus einer Härtebeihilfe (für Opfer von nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des allg. Kriegsfolgengesetzes) gebildeten Ersparnisse in Form einer Lebensversicherung einzusetzen, weil das eine Härte i.S. des § 88 Abs. 3 BSHG (§ 90 Abs. 3 SGB-XII) bedeuten würde: OLG Köln BtPrax 2005, 237
- Das Vermögen muss dann nicht verwertet werden, wenn dies für den Betreuten eine besondere Härte darstellt, insbesondere eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschweren würde: BayObLG FamRZ 2002, 416. Im Einzelfall wurde diese Ausnahme verweigert bei einem Betreuten mit einem Barvermögen von rund 37.000 Euro und laufender Rente von über 1.000 Euro: LG Koblenz FamRZ 2006, 647
- Es besteht auch dann Anspruch auf die Zahlungen aus der Staatskasse, wenn der Betreuer keinen Zugang zu Vermögen des Betreuten hat, das von einem Testamentsvollstrecker im Rahmen eines Behindertentestamentes zu anderen Zwecken verwaltet wird: LG Itzehoe, Beschluss 4 T 311/06 vom 1.8.2006, RdLH 2006, 180
- Beträge aus Sterbegeldversicherung sind dem Schonvermögen zuzurechnen: Das in Art. 2 Abs. 1 GG grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst das Recht, über die eigene Bestattung zu bestimmen. Hierzu zählt auch die Dispositionsfreiheit, bereits zu Lebzeiten in angemessenem Umfang für die Durchführung und Bezahlung der eigenen Bestattung Sorge zu tragen. Danach sind die für eine Sterbegeldversicherungaufgewendeten und dem Betroffenen im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung hieraus zustehenden Mittel jedenfalls dann dem Schonvermögen nach § 90 SGB XII zuzurechnen, wenn diese für eine angemessene Bestattung bestimmt sind: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 14.02.2007, 2 W 252/06
Rechtsprechung im Wortlaut
- OLG Hamm vom 11. 4.2006 - 15 W 322/05 - Schonvermögen bei Behindertenwerkstatt
- Ergänzende Info hierzu von der Lebenshilfe
- AmtsG Sinzig vom 5.12.2005 - 2 XVII 36/01 - Keine Mittellosigkeit eines Betreuten als Mitglied einer Erbengemeinschaft
- LG Koblenz vom 11.10.2005 - 2 T 517/05 - Keine besondere Härte bei ausreichender Altersversorgung
- LG Koblenz vom 9.11.2005 - 2 T 661/05 - Zeitpunkt der Mittellosigkeit
- LG Koblenz - /OLG Zweibrücken: Thema Leistungen der Pflegeversicherung als Einkommen i.S. der Betreuervergütung (Lebenshilfe-Info)
Weblinks
Literatur
- Deinert/Lütgens: Die Vergütung des Betreuers; Neuauflage 2008 Infos hierzu , ISBN 3898176851
Zeitschriftenbeiträge
- Baumhoer: Die Reform der Reform - scheitert des Betreuungsrecht an der reformierten Mittellosigkeit? BtPrax 1996, 1343
- Deinert, Die Heranziehung des Betreuten, seiner Familienangehörigen und Erben zu den Betreuungskosten, FamRZ 1999, 1187
- ders.: Zur Höhe des kleinen Barvermögens bei der Betreuervergütung; BtPrax 2001, 103
- ders. Betreuervergütung und Staatsregress nach dem Tod des Betreuten; FamRZ 2002, 375
- ders.: Betreuungsrechtliche Auswirkungen des Kostenrechtsänderungsgesetzes und des neuen Sozialhilferechtes; BtPrax 3/2004, M10
- Höcker: Stellungnahme zur Mittellosigkeit der betreuten Person; BtPrax 1993, 166
- Jürgens, Leistungen der Pflegeversicherung sind kein Einkommen!; BtPrax 2000, 71
- ders.: Änderung bei den Einkommensgrenzen in der Sozialhilfe; NDV 2005, 9
- Schulte: Schutz des angemessenen Hausgrundstücks in der Sozialhilfe; NJW 1991, 546
- Von König: Gesetzliche Änderungen bei Aufwendungsersatz, Aufwandsentschädigung und Vergütung des Vormunds, Pflegers, Betreuers; Rpfleger 2004, 391
- Weiß: Aufwendungsersatz bei Mittellosigkeit des Betreuten; Rpfleger 1994, 51