Abschlussbericht

Aus Online-Lexikon Betreuungsrecht
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Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Betreuungsrecht

Zur 74. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, Juni 2003

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen


Vorsorgevollmacht

  1. Stärkung des Selbstbestimmungsrechts

Die Vorsorgevollmacht ist als einziges Rechtsinstitut geeignet, das Selbstbestimmungsrecht für den Fall einer psychischen Erkrankung sowie einer geistigen oder seelischen Behinderung umfassend zu sichern. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Betreuungsrecht (Arbeitsgruppe) schlägt deshalb vor, die Rahmenbedingungen des Rechtsinstituts der Vorsorgevollmacht wie folgt zu stärken:


  • Flächendeckende Verwendung der Mustervorsorgevollmacht und Informationsbroschüre durch das Bundesministerium der Justiz und die Landesjustizverwaltungen in Kooperation mit den Betreuungsbehörden und Betreuungsvereinen.
  • Institutionalisierung einer zentralen Registrierung aller Vorsorgevollmachten durch die Bundesnotarkammer.
  • Schaffung einer Beglaubigungskompetenz für die Betreuungsbehörden.
  • Erweiterung der Beratungskompetenz von Betreuungsbehörden und Betreuungsvereinen.
  • Berücksichtigung der Belange der Vorsorgevollmacht bei der Reform des Rechtsberatungsgesetzes.
  • Anpassung der ZPO sowie des Pass-, Personalausweis- und Melderechts an die Bedürfnisse der Vorsorgevollmacht.

2.Handlungsempfehlungen


Notwendig ist eine schnelle gesetzgeberische Umsetzung, insbesondere um der Bundesnotarkammer die Registrierung nicht notariell beurkundeter oder beglaubigter Vollmachten und den Betreuungsbehörden die Beglaubigung von Vollmachten zu ermöglichen. Eine Anbindung dieser im Herbst vorzulegenden Gesetzesvorschläge an ein dann aktuelles Gesetzgebungsvorhaben erscheint sehr bedenkenswert.


Gesetzliche Vertretungsmacht

1.Sicherung des mutmaßlichen Willens der Betroffenen


Für die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen kann es hilfreich sein, wenn insbesondere Ehegatten oder Lebenspartnern gesetzlich eine begrenzte Befugnis eingeräumt wird, den anderen zu vertreten. Damit dürfte - ähnlich wie beim gesetzlichen Erbrecht - der Wille der Menschen und die von ihnen gelebte familiäre Realität abgebildet werden.


  • Daher schlägt die Arbeitsgruppe die Normierung einer gesetzlichen Vertretungsmacht vor, die für Ehegatten und Lebenspartner die Bereiche der Gesundheitssorge, der Sozialleistungen, des Abschlusses eines Heimvertrags, die Abgabe von Einkommensteuererklärungen und den beschränkten Zugriff auf ein Girokonto umfasst, sowie Eltern und Kindern eine gegenüber Ehegatten und Lebenspartnern nachrangige Vertretungsbefugnis im Bereich der Gesundheitssorge einräumt.
  • Eine alle Bereiche umfassende gesetzliche Vertretungsmacht dürfte dagegen nicht generell dem Willen der Menschen entsprechen und wäre kaum praktikabel.
  • Die gesetzliche Vertretungsmacht soll nicht mit der Eheschließung/Begrün-dung der Lebenspartnerschaft entstehen. Dies sichert zwar die Unabhängigkeit der Vertretungsmacht von einer Bedingung, führt aber zu erheblichen Vorbehalten bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Wirksamkeit der Vertretungsmacht nach außen ist deshalb grundsätzlich an die Vorlage eines ärztlichen Attests zu knüpfen, aus dem sich die krankheitsbedingte Handlungsunfähigkeit des Ehegatten oder Lebenspartners ergibt.
  • Zur Begleitung der nahen Angehörigen ist die Beratungskompetenz der Betreuungsbehörden und Betreuungsvereine zu erweitern.

2.Handlungsempfehlungen


Die gesetzliche Vertretungsmacht sollte Bestandteil des zur Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister vorzulegenden Gesetzentwurfs sein.


Erforderlichkeitsprinzip

1.Erforderlichkeit, Subsidiarität und Rehabilitation


Der Erforderlichkeitsgrundsatz und in seiner Ausprägung die Prinzipien der Subsidiarität und der Rehabilitation haben Verfassungsrang. An einer flächendeckenden und hinreichenden Umsetzung mangelt es aber:


  • Das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht ist nur dann eine Alternative zu einer Betreuung (Grundsatz der Subsidiarität), wenn die Bürgerinnen und Bürger hinreichend über die Möglichkeiten eigenverantwortlicher Vorsorge informiert werden.
  • Die Nutzung betreuungsvermeidender Hilfen (Grundsatz der Subsidiarität) ist nur möglich, wenn das Vormundschaftsgericht hinreichend über den Lebensalltag des Betroffenen und die tatsächlich zur Verfügung stehenden sozialen Dienste informiert ist.
  • Die Vormundschaftsgerichte sind für die Bestimmung der Aufgabenkreise (Grundsatz der Erforderlichkeit) darauf angewiesen, dass die konkreten Bedürfnisse des Betreuten bekannt sind.

-Für eine erfolgreiche Rehabilitation ist eine konkrete Betreuungsplanung notwendig.


Zur Verwirklichung dieser elementaren Anforderungen der Betreuungsrechtsreform von 1992 schlägt die Arbeitsgruppe zwei Maßnahmen vor:


  • Der Vorrang des freien Willens eines Menschen als Ausdruck seiner Würde und seines Selbstbestimmungsrechts ist ausdrücklich in § 1896 BGB zu verankern.
  • Die für eine Verwirklichung des Erforderlichkeitsprinzips unabdingbare Zusammenarbeit aller im Betreuungswesen tätiger Professionen sollte in Form von örtlichen Arbeitsgemeinschaften in den Landesausführungsgesetzen zum Betreuungsrecht institutionalisiert werden.

2. Handlungsempfehlungen


Die Modifikation des § 1896 BGB sollte Bestandteil des zur Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister vorzulegenden Gesetzentwurfs sein. Die Institutionalisierung örtlicher Arbeitsgemeinschaften entsprechend dem Gesetzesvorschlag wird den Landesgesetzgebern empfohlen.


IV.Verfahrensrecht


1.Änderungsbedarf


Entsprechend ihrem Zwischenbericht ist die Arbeitsgruppe weiterhin der Auffassung, dass im Verfahrensrecht kein grundsätzlicher Reformbedarf besteht. Vorgeschlagen wird eine Ergänzung des § 67 FGG (Verfahrenspflegschaft) und – unter Bedingungen – eine Modifizierung von § 68b FGG (Sachverständigengutachten):


-Im Recht der Verfahrenspflegschaft sollte der Vorrang des Ehrenamts herausgestellt werden. Der Ausgleich der Defizite der Betroffenen erfordert in vielen Fällen nicht - wie in der gerichtlichen Praxis üblich - die Bestellung eines Rechtsanwalts.


  • Die Arbeitsgruppe befürwortet für das Krankheitsbild der Demenz, ein ärztliches Zeugnis statt eines Sachverständigengutachtens ausreichen zu lassen. Diese Forderung steht unter der Voraussetzung, dass das entsprechende Krankheitsbild auch hinreichend sicher diagnostiziert und zu Ausfallerscheinungen, die nicht die Qualität eines Gebrechens im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB aufzeigen, abgegrenzt werden kann. Ob sich eine derartig sichere Diagnostik treffen lässt, lässt sich nur anhand empirischer Untersuchungen belegen, die der Arbeitsgruppe aber noch nicht vorliegen.

2. Handlungsempfehlungen


Die Vorschläge sollten Bestandteil des zur Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister vorzulegenden Gesetzentwurfs sein.


V.Pauschalisierung der Vergütung und des Aufwendungsersatzes

1.Pauschalisierung


Das bestehende Vergütungssystem kann seine Zielsetzung nicht erreichen, trägt zur Qualität der Betreuung nicht bei, benachteiligt im Gegenteil gut ausgebildete und effektiv arbeitende Berufsbetreuerinnen und -betreuer und verursacht einen erheblichen Zeit- und Personalaufwand - insbesondere bei den Vormundschaftsgerichten -, der den Betreuten nicht zugute kommt.


Zur Beseitigung dieses Missstandes, insbesondere zur Stärkung einer effektiven, qualitätsmäßig hochwertigen Betreuungsarbeit schlägt die Arbeitsgruppe deshalb vor:


  • Die Bildung von verbindlichen und unabhängig vom Einzelfall geschnittenen Vergütungspauschalen, die einfach zu handhaben, streitvermeidend und für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer auskömmlich sind. Eine Differenzierung sollte ausschließlich nach dem Aufenthalt des Betroffenen und nach der Dauer der Betreuung erfolgen:


Zeitraum Betroffener lebt in Einrichtung Betroffener lebt zu Hause
1. bis 3. Monat 4,5 Stunden im Monat 7 Stunden im Monat
4. bis 6. Monat 3,5 Stunden im Monat 5,5 Stunden im Monat
7. bis 12. Monat 3 Stunden im Monat 5 Stunden im Monat
ab 2. Jahr 2 Stunden im Monat 3,5 Stunden im Monat

Die betragsmäßige Höhe der Vergütungspauschale richtet sich nach den Stundensätzen des § 1 des Berufsvormündervergütungsgesetzes.


Ausnahmetatbestände sind nicht vorzusehen, da sie den Vereinfachungseffekt der Pauschale konterkarieren. Die Pauschalen sind so gebildet, dass ein erhöhter Arbeitsaufwand in einem Fall durch einen geringeren Arbeitsaufwand in einem anderen Fall ausgeglichen wird (Mischkalkulation). Die Pauschalen ermöglichen den effektiv arbeitenden Betreuerinnen und Betreuern auskömmliche Einnahmen. Der bisher erforderliche Zeitaufwand für die Erstellung der Abrechnungen kann nunmehr für die Betreuungsarbeit genutzt werden.


  • Die Pauschalisierung des Aufwendungsersatzanspruchs im Umfang von 3 Euro je abrechenbarer Stunde. Diese Pauschale in Höhe von ca. 10% der Vergütung pro Stunde orientiert sich an den bisherigen Erfahrungen in der betreuungsrechtlichen Praxis.
  • Die Reduzierung der Aufwandspauschale für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer auf 180 €. Die Reduzierung der Pauschale erscheint notwendig, um eine angemessene Relation zu der vorgeschlagenen Aufwandspauschale für Berufsbetreuer zu wahren. Davon unabhängig bleibt es den Ländern überlassen, durch finanzielle Anreize das Ehrenamt zu stärken oder beispielsweise durch eine verstärkte finanzielle Unterstützung der Betreuungsvereine die Akquirierung, Anleitung und Begleitung ehrenamtlicher Betreuer zu unterstützen. Die Entwicklung seit der letzten Erhöhung der Pauschale zum 01.01.1999 hat gezeigt, dass mit dieser Erhöhung kein Zuwachs von ehrenamtlichen Betreuern - insbesondere außerhalb des familiären Bereichs - verbunden war, allerdings auch kein Absinken der Zahl ehrenamtlicher Betreuer.
  • Die Institutionalisierung der Betreuungsplanung als Ansatz zu einer inhaltsbezogenen und damit qualitätssteigernden Kontrolle der Tätigkeit von Berufsbetreuerinnen und -betreuern.

2.Vorteile des vorgeschlagenen Pauschalisierungssystems


Das vorgeschlagene Pauschalisierungssystem bietet für die Betreuten, die Berufsbetreuerinnen und -betreuer sowie die staatliche Gemeinschaft erhebliche Vorteile:


  • Die Betreuten werden auch tatsächlich zum Mittelpunkt der rechtlichen Betreuung. Das gegenwärtig geltende Abrechnungssystem vergütet aufgewendete Zeit mit einem bestimmten Stundensatz. Die Berufsbetreuerinnen und -betreuer haben deshalb zeitaufwändige Übersichten zu erstellen, die Art und Umfang der Tätigkeit möglichst minutiös dokumentieren. Die Prüfung dieser Vergütungsabrechnungen beansprucht wegen des Umfangs der Stundennachweise und der Vielzahl der Abrechnungen einen Großteil der Gesamtbearbeitungszeit der Vormundschaftsgerichte in Betreuungssachen. Durch das Pauschalisierungssystem werden Arbeitskapazitäten der Vormundschaftsgerichte und der Berufsbetreuerinnen und -betreuer freigesetzt, die die Vormundschaftsgerichte und die Berufsbetreuerinnen und -betreuer nunmehr für die Betroffenen einsetzen können. Für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer bedingt der Wegfall des bürokratischen Aufwandes, der nicht vergütungsfähig ist, dass sie stattdessen Betreuungsarbeit leisten können, die vergütungsfähig ist.
  • Durch das Pauschalisierungssystem wird eine effektive, zielorientierte und qualitativ hochwertige Betreuungsarbeit gewährleistet. Im Ergebnis wird die vorgeschlagene Pauschalisierung zu einer Professionalisierung der Berufsbetreuer führen, wie sie von den Verbänden der Berufsbetreuer gefordert wird.
  • Mit vergütungsrechtlichen Anreizen soll die Umsetzung des Willens der meisten Menschen, möglichst lange in der eigenen Wohnung leben zu können, gefördert zu werden.
  • Das Pauschalisierungssystem gewährt eine auskömmliche Vergütung, die zu feststehenden Fälligkeitsterminen gezahlt wird und nicht länger vom zufälligen Zeitpunkt gerichtlicher Festsetzungen abhängig ist.
  • Das Pauschalisierungssystem vermeidet die Abrechnungsprüfung und den damit verbundenen erheblichen personellen und bürokratischen Aufwand. Zusätzlich werden Abrechnungsstreitigkeiten und die damit verbundenen Beschwerdeverfahren ausgeschlossen. Das dient dem Rechtsfrieden und gibt die Möglichkeit, finanzielle Ressourcen nicht für ein mit sich selbst beschäftigtes System, sondern für die Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.
  • Das Pauschalisierungssystem fördert die Bereitschaft, länger dauernde Betreuungen an dafür geeignete ehrenamtliche Betreuer abzugeben.

Nachteile sind demgegenüber nicht erkennbar. Wie das jetzige System zeigt, ist eine inhaltliche, an Qualitätsstandards ausgerichtete Kontrolle betreuerischen Handelns nicht über das Vergütungssystem zu erreichen. Notwendig ist die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Institutionalisierung der Betreuungsplanung.


3.Handlungsempfehlungen


Die Vorschläge zur Pauschalisierung sollten Bestandteil des zur Herbstkonferenz der Justizministerinnen und –minister vorzulegenden Gesetzentwurfs sein.


VI.Verbesserung der Kontrolldichte


1.Kontrollsystem


Im jetzigen System fehlt eine hinreichende Kontrollmöglichkeit, um durch eine Ge-

samtschau aller Vergütungsabrechnungen Missbräuche/Fehler wie z.B. die Abrechnung von 25-Stunden-Tagen aufzudecken:


Die Plausibilitätsprüfung der Vergütungsanträge ist auf das einzelne Betreuungsverfahren und auf das jeweilige Vormundschaftsgericht beschränkt. Ein Abgleich mit Festsetzungsanträgen aus anderen Betreuungsverfahren, die gegebenenfalls auch noch bei verschiedenen Vormundschaftsgerichten geführt werden, ist ausgeschlossen.


Obwohl die Auszahlung in den meisten Ländern über zentral eingerichtete Kassen erfolgt, ist es wegen des vorgegebenen Kassenbuchführungssystems nicht möglich, die an einen Berufsbetreuer insgesamt aus der Staatskasse erbrachten Zahlungen zu ermitteln. Bei Festsetzungen der Vergütung aus dem Vermögen des Betreuten fehlt eine zentrale Stelle, bei der entsprechende Zahlungen aus dem Einkommen oder Vermögen des Betroffenen zusammengefasst und registriert werden.


Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb – unabhängig von der Einführung eines Pauschalisierungssystems – vor,


  • die gesetzlichen Grundlagen zur Institutionalisierung einer zentralen Erfassungsstelle für alle an einen Berufsbetreuer erfolgten Zahlungen zu schaffen;
  • den Berufsbetreuern die Verwendung eines bestimmten – maschinenles-

baren – Vergütungsantragsformulars vorzugeben, um eine einheitliche Datenerfassung zu gewährleisten;


  • dem Bezirksrevisor zu ermöglichen, Anträge auf Entlassung des Berufsbetreuers wegen Abrechnungsunehrlichkeit nach § 1908b BGB zu stellen. Ein wichtiger Grund für die umfassende Entlassung des Berufsbetreuers sollte in der Regel auch dann vorliegen, falls der Berufsbetreuer zu Lasten der Staatskasse falsch abrechnet.

2.Handlungsempfehlungen


Die Vorschläge zur Verbesserung der Überwachung im jetzigen Abrechnungssystem sollten schnell umgesetzt werden, um den Gerichten kurzfristig und unabhängig von der Verwirklichung eines Pauschalisierungssystems eine effektivere Überprüfung zu ermöglichen. Eine Anbindung dieser im Herbst vorzulegenden Gesetzesvorschläge an ein dann aktuelles Gesetzgebungsvorhaben erscheint sehr bedenkenswert.


VII.Stärkung der Aufsicht im Betreuungsrecht


1.Handlungsbedarf


Nicht zuletzt die Medienberichte über Missstände im Betreuungswesen haben die Arbeitsgruppe veranlasst, auch die Regelungen bezüglich der Aufsicht über Betreuer einer Überprüfung zu unterziehen.


Diese Überprüfung hat ergeben, dass die wesentlichen Erkenntnis- und Aufsichtsmittel im geltenden Recht bereits zur Verfügung stehen. In den Missbrauchsfällen wurden einerseits die gesetzlichen Regelungen von den Betreuern vorsätzlich umgangen, und hat andererseits das Vormundschaftsgericht nicht immer zeitnah und umfangreich genug seine Aufsichtsmittel angewendet.


Es besteht deshalb kein grundsätzlicher gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Anlass besteht nur für einzelne Modifikationen, insbesondere:


-Anordnung der Vorlage eines Führungszeugnisses sowie der Einholung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis im Rahmen der Prüfung eines erstmals im Gerichtsbezirk zu bestellenden Berufsbetreuers nach § 1897 Abs. 7 BGB.


-Zur Verwirklichung einer Qualitätskontrolle der Betreuungsarbeit ist die Betreuungsplanung, in der die Ziele und Möglichkeiten der Betreuungsführung aufzunehmen sind, zu institutionalisieren.


2.Handlungsempfehlungen


Die Vorschläge zur Aufsicht sollten Bestandteil des zur Herbstkonferenz der Justizministerinnen und –minister vorzulegenden Gesetzentwurfs sein.


VIII.Übertragung richterlicher Aufgaben auf die Rechtspflegerschaft


1.Aufgabenverlagerung


Die Arbeitsgruppe hat sich eingehend mit der Frage der Aufgabenverlagerung auseinandergesetzt und ist zu folgenden Ergebnissen gelangt:


  • Verfassungsrechtlich ist es allein geboten, bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, der Genehmigung eines schweren ärztlichen Eingriffs, der Genehmigung der Sterilisation und der Genehmigung einer Unterbringung oder unterbringungsähnlichen Maßnahme eine Zuständigkeit der Richterschaft vorzusehen. Bei einer solchen Zuständigkeitsregelung dürften sich keine erheblichen Reibungsverluste in der vormundschaftsgerichtlichen Praxis ergeben. Dies zeigen die Verhältnisse in Württemberg, wo die Aufgaben des Vormundschaftsgerichts durch das Notariat wahrgenommen werden.
  • Für die Rechtspflegerschaft ist das Betreuungsrecht eine zentrale Aufgabenstellung, der in der Ausbildung an der Fachhochschule für Rechtspflege ein besonderer Stellenwert zukommt. Dementsprechend groß ist das Interesse, sich eingehend und über den juristischen Kontext hinaus kontinuierlich mit dem Betreuungsrecht auseinander zu setzen. Die Rechtspflegerschaft ist bereits nach geltendem Recht in Betreuungsverfahren mit Fragen der Streitentscheidung und Beweiswürdigung und der Entscheidung grundrechtsintensiver Maßnahmen befasst, so dass die Übertragung richterlicher Aufgaben keine qualitativ neuen Anforderungen an diese stellt. Durch eine Verlagerung richterlicher Aufgaben auf besonders qualifizierte und erfahrene Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ist deshalb ein Qualitätsverlust für die Betreuten nicht zu befürchten.
  • Bedingung für eine Aufgabenverlagerung ist die Schaffung von ausreichenden Personalkapazitäten bei Rechtspflegern. Dies wird durch eine Umsetzung der Vorschläge zu einer Vergütungspauschalisierung in einem großen Umfang erreicht.

2.Handlungsempfehlungen


Die Vorschläge zur Aufgabenverlagerung sollten Bestandteil des zur Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister vorzulegenden Gesetzentwurfs sein.


IX.Berufsbild

Das Gesetz enthält keine fachlichen Anforderungen an Betreuer, die ihre Betreuungen berufsmäßig führen. Auch für sie gilt die allgemeine Vorschrift des § 1897 Abs. 1 BGB, dass der Betreuer „geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn hierbei im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen“.


Die Arbeitsgruppe sieht keinen Grund, über die im Rahmen der Aufsicht über Berufsbetreuer vorgesehenen Ergänzungen hinaus, Anforderungen an die berufliche Vor- und Ausbildung von Berufsbetreuern zu normieren. Das beruht auf folgenden Erwägungen:


    1. -Die Einführung einer Mindestqualifikation als Voraussetzung für die Bestellung zum Berufsbetreuer ist ebenso wie eine gesetzliche Regelung der Tätigkeit des Berufsbetreuers als „(akademischer) Fachberuf“ mit der Grundkonzeption der gesetzlichen Regelung des Betreuungsrechts nicht vereinbar. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine ehrenamtlich tätige Person ohne formelle Qualifikation grundsätzlich in der Lage ist, eine Betreuung zu führen.

-Die Einführung einer einheitlichen Mindestqualifikation passt nicht zu § 1897 Abs. 1 BGB, wonach die Eignung des Betreuers an den konkreten Anforderungen der Betreuung auszurichten ist. Die in dem jeweiligen Einzelfall erforderliche Qualifikation kann demnach nur konkret festgestellt und geprüft werden.


-Die Analyse der Rechtswirklichkeit ergibt, dass die Aufgaben, die vom Berufsbetreuer wahrgenommen werden, und die Qualifikation, die diese gegenwärtig aufweisen, derart weit gespannt sind, dass die Normierung von einheitlichen Qualifikationsanforderungen nicht sinnvoll erscheint.


-Es ist deshalb davon auszugehen, dass nach wie vor die Feststellung der Eignung im konkreten Fall durch die Betreuungsbehörde und das Vormundschaftsgericht den Bedürfnissen der Betreuten am Besten gerecht wird. Die Einführung zentraler Zulassungsstellen oder eines Berufsregisters erscheint daher weder erforderlich noch sinnvoll.


  • Den Berufsverbänden bleibt es unbenommen, die Diskussion über Berufsbilder und Qualifikationsanforderungen weiter zu führen. Sollten dort definierte Qualitätsanforderungen und Zertifizierungen tatsächlich zu einer besseren Eignung führen, ist davon auszugehen, dass sich diese Betreuer im Rahmen der Eignungsprüfung durchsetzen werden.

X.Reform der Betreuungsstruktur


1.Stärkere Einbindung der Betreuungsbehörde


Die Arbeitsgruppe hat sich unter Beteiligung von Betreuungsbehörden, Betreuungsvereinen und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene eingehend mit den Möglichkeiten einer Veränderung der Betreuungsstrukturen durch eine stärkere Einbindung der Betreuungsbehörden auseinandergesetzt. Die Arbeitsgruppe ist zu folgenden Ergebnissen gelangt:


-Die heutige Struktur – Vorrangstellung des Vormundschaftsgerichts – wurde im 19. Jahrhundert in den meisten Ländern Deutschlands gesetzlich festgelegt und ist seit In-Kraft-Treten des BGB am 01.01.1900 nicht wesentlich verändert worden. Das Betreuungsgesetz hat zwar 1992 die Vormundschaft über Erwachsene inhaltlich revolutioniert, die zur Umsetzung erforderlichen Strukturen aber nicht geschaffen. Das führt zu Qualitätsverlusten und einem wenig effizienten Verfahren zur Feststellung der Betreuungsbedürftigkeit und des Betreuungsbedarfs.


-Die Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts sind von Voraussetzungen abhängig, die es selbst nicht schaffen kann. Die Vorrangstellung der Vormundschaftsgerichte ist nicht zweckmäßig. Es geht vielmehr um komplexe Problematiken, die auf der Ebene der Betreuungsbehörden und Betreuungsvereine eigenverantwortlich zu lösen sind. Die bloße Unterstützungsfunktion ist einem originären Zuständigkeitsprofil gewichen.


-Zur Gestaltung einer dienstleistungsorientierten Betreuungsstruktur hat die Arbeitsgruppe zwei Modelle in Form von Gesetzentwürfen entwickelt:


Modell 1 umfasst die Institutionalisierung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz und darauf aufbauend die Übernahme weiterer Teilbereiche ohne Zuweisung einer Entscheidungskompetenz.


Modell 2 umfasst die Verlagerung aller Aufgaben mit Ausnahme der verfassungsrechtlich der Richterschaft vorbehaltenen Zuständigkeiten.


Die Arbeitsgruppe bezeichnet diese Gesetzesentwürfe bewusst nicht als Vorschläge, sondern Modelle, um den weitergehenden Diskussionsbedarf herauszustellen.


-Da der inhaltliche Disput nicht von der Frage getrennt werden kann, welche Auswirkungen eine Aufgabenverlagerung auf den personellen und sachlichen Ausstattungsbedarf der Kommunen hat und wie dieser zu finanzieren ist, hat die Arbeitsgruppe versucht, eine tatsächliche Grundlage zu schaffen. Die Arbeitsgruppe hat sämtliche Betreuungsbehörden angeschrieben und um Übermittlung aussagekräftiger Daten zur Feststellung des Status quo gebeten. Der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag und die Landkreistage Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig Holstein haben ihren Mitgliedern die Nichtteilnahme an der Befragung empfohlen. Eine Vielzahl von Betreuungsbehörden ist dieser Empfehlung gefolgt. Der Arbeitsgruppe war es deshalb nicht möglich, ein Gesamtkonzept vorzulegen, das neben den inhaltlichen Fragen auch finanzielle Aspekte berücksichtigt.


2.Handlungsempfehlungen


Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die notwendige weitere Diskussion im politischen Raum zu führen und ggf. die anderen Fachministerkonferenzen zu beteiligen.

Einleitung


I.Arbeitsauftrag der Arbeitsgruppe


Die 72. Konferenz der Justizministerinnen und -minister vom 11. bis 13. Juni 2001 in Trier hat die Arbeitsgruppe „Betreuungsrecht“ eingesetzt und das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen gebeten, den Vorsitz zu übernehmen. Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, unter Auswertung der bisher in den Ländern gewonnenen Erfahrungen konkrete Lösungsvorschläge zu Änderungen des Betreuungsrechtes zu erarbeiten, die dazu beitragen, die Zahl der Betreuungsfälle zu reduzieren, fehlgeleitete Ressourcen im Interesse der eigentlichen Betreuungsarbeit zu bündeln und die Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auf das Notwendige zu beschränken. Die Arbeitsgruppe soll auch die Erfahrungen der Betreuungsbehörden mit der Umsetzung des Betreuungsrechts berücksichtigen.


Auf dieser Grundlage hat die Arbeitsgruppe Schwerpunktthemen gebildet und in ihrem Zwischenbericht für die 73. Konferenz der Justizministerinnen und -minister eingehend dargelegt, in welchen Bereichen des Betreuungsrechts Reformen verwirklicht werden sollten. Den Zwischenbericht haben die Justizministerinnen und -minister gebilligt und die Arbeitsgruppe beauftragt, ihre Arbeit fortzusetzen.


Die Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister am 14.11.2002 hat – den Auftrag konkretisierend und erweiternd – die Arbeitsgruppe gebeten, bis zur Frühjahrskonferenz 2003 einen Abschlussbericht mit Handlungsempfehlungen für die Länder mit dem Ziel vorzulegen, die Betreuungsleistungen auf das Erforderliche zu beschränken und die Kosten wesentlich zu senken, und bis zur Herbstkonferenz im November 2003 einen Gesetzentwurf vorzulegen.


II. Gang der Beratungen


Nach der Billigung des Zwischenberichtes hat die Unterarbeitsgruppe am 10.07.2002 den weiteren Ablauf besprochen und in Klausursitzungen vom 18.-20.09., 06./07.11., 11.-13.12.2002, 22.-24.01.2003, 12.-14.02.2003, 19.-21.03.2003 und 9.-11.04.2003 die Reformansätze eingehend beraten, Gesetzesänderungsbedarf definiert und weitgehend Gesetzesvorschläge formuliert.


Thema der Sitzung am 06./07.11.2002 waren die Strukturveränderungsansätze zur Erweiterung der Zuständigkeiten der Betreuungsbehörden. An dieser Sitzung hat die Arbeitsgruppe Vertreterinnen und Vertreter von Betreuungsbehörden, Betreuungsvereinen und Vormundschaftsgerichten aus dem gesamten Bundesgebiet und die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene beteiligt.


Zusätzlich haben die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitsgruppe an vielen Fachveranstaltungen zum Betreuungsrecht teilgenommen, um die Ideen des Zwischenberichts zu vermitteln und durch Teilnahme an Diskussionen Kritik aufzunehmen und in die Klausursitzungen einfließen zu lassen. Im einzelnen handelt es sich um folgende Veranstaltungen:


23.11.2001:Nürnberg – Arbeitstagung der Betreuungsvereine


25.01.2002:Veranstaltung des Landesverbandes Bayern des BdB


28.01.2002/: Dresden – Arbeitsgruppe Qualitätsanforderungen – Richter,

25.03.2002/Rechtspfleger, Betreuungsbehörden, Betreuungsvereine

24.10.2002


11.02.2002:Rendsburg – Interdisziplinärer Arbeitskreis Betreuungsrecht des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages


04.03.2002:Dresden – Expertengespräch zur Strukturreform – Betreuungsbehörden

08.03.2002:Recklinghausen – Workshop Vorsorgevollmacht und gesetzliche Vertretungsmacht; Strukturreform – Richter und Rechtspfleger, Betreuungsvereine, Betreuungsbehörden, Berufsbetreuer


23.04.2002:Westdeutscher Vormundschaftsgerichtstag – Betreuungsvereine,

Betreuungsbehörden, Berufsbetreuer


25.04.2002:Hamm – Betreuungstag – Richter und Rechtspfleger, Betreu-

ungsvereine, Betreuungsbehörden, Betreuer, Betroffene


04.07.2002:Tagung von Leitern von Betreuungsvereinen der AWO


05.07.2002: Hamm – OLG Hamm Richter und Rechtspfleger


19.08.2002:Frankfurt am Main – Treffen mit Spitzenvertretern der Verbände der hessischen Betreuungsvereine und Betreuungsbehörden


23.08.2002:Treffen der Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein mit dem Vorstand des Berufsverbandes der

Berufsbetreuer-/innen e.V.


27.08.2002:Wiesbaden-Naurod – Tagung hessischer Vormundschaftsrichter und Rechtspfleger


05.09.2002/:Dresden – Landesarbeitsgemeinschaft/Bewertung des Zwischenbe-

05.12.2002richts – Richter, Rechtspfleger, Betreuungsvereine, Betreuungsbehörden


26.09.2002:Münster – Betreuungstag – Betreuungsvereine, Betreuungsbe-

hörden, Betreuer


08.10.2002:Soest – Betreuungstag – Betreuungsvereine, Betreuungsbe-

hörden, Betreuer


09.10.2002:Detmolder Erbrechtstage zur Vorsorgevollmacht – Volksbank,

Notare, Betroffene


30.10.2002:Baden-Württemberg – Interessengemeinschaft der Betreuungsvereine


30.10.2002:Podiumsdiskussion anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Betreuungsvereins Storman e.V. zum Thema "Zehn Jahre Betreuungsrecht"


30.10.2002:Niedersachsen – Betreuungsvereine


07.-

09.11.2002:Vormundschaftsgerichtstag – alle Professionen


20.11.2002:Baden-Württemberg – Landesarbeitsgemeinschaft für Betreuungsfragen


20.11.2002:Betreuungstag in Wuppertal – Richter, Betreuungsvereine,

Betreuungsbehörden, Ärzte, Betreuer


25.11.2002:Nürnberg – Arbeitstagung der Betreuungsvereine


02.12.2002:Workshop zum Betreuungsrecht der Universität Göttingen – Pro-

fessoren, Richter


02.12.2002:Dresden – „Betreuungsgipfel“ zur Strukturreform und Pauschalisierung – Minister, Abgeordnete, Richter, Betreuungsvereine, Betreuungsbehörden, Berufsbetreuerverbände, Notarkammer, kommunale Spitzenverbände


04.12.2002:Düsseldorf – Betreuungsbehörden des Rheinlands


10.01.2003/:Dresden – Expertengespräch zur Pauschalisierung – Betreuungsverei-

16.01.2003ne


05.02.2003:Bayern – Arbeitskreis Vorsorge der Akademie für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit


06.02.2003:Frankfurt am Main – Treffen mit Spitzenvertretern der hessischen Betreuungsvereine und Behörden


18.02.2003:Rendsburg – Treffen der Vertreter und Vertreterinnen der

Betreuungsvereine in Schleswig-Holstein


11.03.2003:Münster – Betreuungsbehörden Lippe und Westfalen


13.03.2003:Dresden – Expertengespräch zur Arbeit der Betreuungsvereine und zum Vergütungsrecht – Richter, Rechtspfleger/Bezirksrevisoren, Betreuungsvereine, Betreuungsbehörden


14.03.2003:Veranstaltung des Landesverbandes Bayern des BdB


25.03.2003:Alsfeld – Tagung mit Vertretern der hessischen Betreuungsstellen


31.03.2003:Tagung der ev. Akademie Loccum „Die Reform der Reform“ – Richter und Rechtspfleger, Betreuungsvereine, Betreuungsbehörden, Berufsbetreuer, Ärzte, Betroffene


01.04.2003:Höhr-Grenzhausen – Betreuungsvereine Rheinland-Pfalz


III.Gegenstand des Berichts


Auf der Grundlage des Zwischenberichts, der Diskussionen mit allen am Betreuungsverfahren Beteiligten, schriftlicher Stellungnahmen auch von Betroffenen und des in der Fachliteratur geführten Disputs hat sich die Arbeitsgruppe eingehend mit folgenden Themen auseinandergesetzt:


  • Betreuungsvermeidung durch Stärkung der Vorsorgevollmacht
  • Betreuungsvermeidung durch Normierung einer gesetzlichen Vertretungsmacht
  • Betreuungsvermeidung durch Stärkung des Erforderlichkeitsprinzips
  • Verfahrensrecht
  • Pauschalisierung der Vergütung und des Aufwendungsersatzes
  • Verbesserung der Kontrolldichte im Vergütungsabrechnungssystem
  • Verbesserung der vormundschaftsgerichtlichen Aufsicht über Betreuer
  • Verlagerung der Zuständigkeiten von der Richterschaft auf Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger
  • Berufsbild
  • Betreuungsstruktur

Die Reformvorschläge zu diesen Bereichen, die zumindest mehrheitlich beschlossen wurden, werden nachfolgend dargestellt.

Kapitel 1:Stärkung der Vorsorgevollmacht


Nach dem Grundsatz der Subsidiarität ist es staatlichen Institutionen verwehrt, durch die Bestellung eines Betreuers Grundrechte der betroffenen Menschen einzuschränken, wenn und soweit durch einen Bevollmächtigten die notwendigen Angelegenheiten wahrgenommen werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2, 1. Fall BGB). Die Vorsorgevollmacht ist damit als einziges Rechtsinstitut geeignet, das Selbstbestimmungsrecht für den Fall einer psychischen Erkrankung sowie einer geistigen oder seelischen Behinderung umfassend zu sichern. Das Interesse der Bevölkerung ist dementsprechend groß. Im gesamten Bundesgebiet sind Informationsveranstaltungen zu diesem Thema gut besucht, und die Informationsbroschüren des Bundes und der Länder sind sehr gefragt. So wurden von der entsprechenden Informationsbroschüre des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz in zwei Jahren bereits 500.000 Exemplare verteilt.


Diesem starken Interesse an der Vermeidung staatlicher Eingriffe und der Führung eines eigenbestimmten Lebens wird die gegenwärtige Rechtslage nicht gerecht. Die Arbeitsgruppe hat deshalb in ihrem Zwischenbericht von Juni 2002 Forderungen an eine bürgerorientierte Ausgestaltung des Rechtsinstituts gestellt. Diese betreffen die Vorsorgevollmacht als Außenvollmacht, die Schaffung einer Mustervorsorgevollmacht nebst Informationsbroschüre, die Registrierung der Vorsorgevollmacht und die Stärkung der Akzeptanz im Geschäftsverkehr. Die Vorschläge des Zwischenberichts sind in der fachlichen Diskussion[1] und in den Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern begrüßt worden. Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb zur Verwirklichung einer effektiven Selbstbestimmung durch Vorsorgevollmacht folgende Maßnahmen vor:


Informationsbroschüre und Mustervollmacht

Im Bundesgebiet kursieren eine unüberschaubare Anzahl unterschiedlicher Vollmachtsvordrucke, die zumeist nicht mit einer Informationsbroschüre verbunden sind. Es besteht deshalb eine erhebliche Unsicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und den Rechtsverkehr, unter welchen Voraussetzungen die Vorsorgevollmacht wirksam ist und akzeptiert werden muss. So enthalten viele Vordrucke Formulierungen, die zu einer bedingten und damit im Rechtsverkehr kaum akzeptierten Vollmacht führen. Zudem wird ohne eine schriftliche Aufklärung für Viele unklar bleiben, welche Chancen und Risiken mit einer Vollmacht verknüpft sind.


Mit einer Mustervollmacht als (abtrennbaren) Bestandteil einer Informationsbroschüre verfolgt die Arbeitsgruppe dementsprechend drei Ziele:


  • Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger über das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht.
  • Einheitliche Handhabung der Vorsorgevollmacht zur Stärkung der Akzeptanz bei den Betroffenen und dem Rechtsverkehr.
  • Verwendung von Formulierungen, die Betreuungsverfahren vermeiden (Außenvollmacht).
  1. Informationsbroschüre nach geltendem Recht

Auf der Grundlage der derzeit geltenden Gesetze bietet sich folgende Informationsbroschüre an:

FRAGEN, DIE SICH JEDER STELLEN SOLLTE ...


    1. Wofür sollte ich denn überhaupt Vorsorge treffen? Was kann denn schon passieren?

Jeder von uns kann durch Unfall, Krankheit oder Alter in die Lage kommen, dass er wichtige Angelegenheiten seines Lebens nicht mehr selbstverantwortlich regeln kann. Sie sollten sich für diesen Fall einmal gedanklich mit folgenden Fragen befassen:


  • Was wird, wenn ich auf die Hilfe anderer angewiesen bin?
  • Wer handelt und entscheidet für mich?
  • Wird dann mein Wille auch beachtet werden?

oder noch konkreter gefragt:


  • Wer verwaltet mein Vermögen?
  • Wer erledigt meine Bankgeschäfte?
  • Wer organisiert für mich nötige ambulante Hilfen?
  • Wer sucht für mich einen Platz in einem Senioren- oder Pflegeheim?
  • Wer kündigt meine Wohnung oder meinen Telefonanschluß?
  • Wie werde ich ärztlich versorgt?
  • Wer entscheidet bei Operationen und medizinischen Maßnahmen?

und überhaupt


  • Wer kümmert sich um meine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse?

Dies sind nur einige von vielen Gesichtspunkten, die Sie beschäftigen sollten.


    1. Aber ich habe doch Angehörige! Mein Ehepartner oder meine Kinder werden sich doch darum kümmern?

Natürlich werden Ihre Angehörigen Ihnen - hoffentlich - beistehen, wenn Sie selbst wegen Unfalls, Krankheit oder Behinderung Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Wenn aber rechtsverbindliche Erklärungen oder Entscheidungen gefordert sind, dürfen Ehegatte oder Kinder Sie nicht gesetzlich vertreten. In unserem Recht haben nur Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern ein umfassendes Sorgerecht und damit die Befugnis zur Entscheidung und Vertretung in allen Angelegenheiten. Für einen Volljährigen können hingegen die Angehörigen nur in zwei Fällen entscheiden oder Erklärungen abgeben: Entweder aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht oder wenn Sie gerichtlich bestellter Betreuer sind.


Näheres zum Begriff der Vollmacht und der durch sie entstehenden Rechtsbeziehungen finden Sie auf S.... Dort wird auch der Begriff der Betreuungsverfügung im Unterschied zur Vollmacht erklärt.


    1. Was spricht denn für eine Vollmacht zur Vorsorge?

Die Vollmacht zur Vorsorge ermöglicht Ihnen ein hohes Maß an Selbstbestimmung. Sie benennen eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens, die bereit sind, für Sie im Bedarfsfall zu handeln. Hierbei können Sie sich von Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen leiten lassen sowie zusätzlich Anweisungen geben, wie Ihre Angelegenheiten geregelt werden sollen. Es ist sehr zweckmäßig, nach Möglichkeit die gewünschten Bevollmächtigten (z. B. Angehörige oder Freunde) bereits bei der Abfassung der Vollmacht mit einzubeziehen.

    1. Was ist eine Generalvollmacht? Genügt sie zur Vorsorge?

Eine Generalvollmacht kann etwa "zur Vertretung in allen Angelegenheiten" ermächtigen. Sie deckt aber mehrere wichtige Fälle nicht ab:


  • Der Bevollmächtigte kann an Ihrer Stelle keiner ärztlichen Untersuchung, einer Heilbehandlung oder einem medizinischen Eingriff zustimmen, wenn hierbei Lebensgefahr besteht (etwa bei einer Herzoperation) oder ein schwerer, länger andauernder Gesundheitsschaden zu erwarten ist (z. B. bei einer Amputation).
  • Der Bevollmächtigte kann an Ihrer Stelle nicht in eine zu Ihrem Schutz notwendige geschlossene Unterbringung oder in eine andere freiheitsbeschränkende Maßnahme (etwa ein Bettgitter) einwilligen.
  • Der Bevollmächtigte kann an Ihrer Stelle nicht in eine Organspende einwilligen.

In diesen Fällen verlangt das Gesetz, dass die schriftliche Vollmacht diese Befugnisse ausdrücklich bezeichnet. Eine "Generalvollmacht" genügt also nicht. Außerdem braucht der Bevollmächtigte in den ersten beiden Fallgruppen für seine Entscheidung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.


Ferner ist zu beachten, dass in einigen ausländischen Staaten der Bevollmächtigte nur in Angelegenheiten handeln darf, die in der Vollmacht ausdrücklich benannt sind.


Aber auch im übrigen empfiehlt es sich, in der Vollmacht genauer zu bezeichnen, wozu sie im einzelnen ermächtigen soll.


Grundsätzlich ist es möglich, die Vollmacht nur auf bestimmte Aufgabengebiete zu beschränken (z.B. nur für den Gesundheitsbereich). Dies bedeutet aber, dass im Bedarfsfall für die anderen Aufgaben möglicherweise ein Betreuer bestellt werden muss (vgl. unten zu Fragen 6 und 10). Selbst wenn der Bevollmächtigte vom Gericht auch für die ergänzenden Aufgaben als Betreuer ausgewählt werden kann: Ein Nebeneinander von Vollmacht und Betreuung sollte besser vermieden werden.


    1. Muss eine solche Vollmacht eine bestimmte Form haben?

Schon aus Gründen der Klarheit und Beweiskraft ist eine schriftliche Abfassung notwendig. Die Vollmacht zur Vorsorge muss nicht handschriftlich verfasst sein (in diesem Fall wäre allerdings die Gefahr der Fälschung am geringsten; außerdem lässt sich späteren Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtausstellers eher begegnen, wenn er den Text vollständig selbst geschrieben hat). Sie können eine Vollmacht auch mit Maschine schreiben oder von einer anderen Person schreiben lassen. Schließlich können Sie sich auch eines geeigneten Vordruckmusters hierfür bedienen. Ort, Datum und vollständige eigenhändige Unterschrift dürfen jedoch keinesfalls fehlen.


Bei der Abfassung einer Vollmacht können Sie selbstverständlich auch den Rat eines Rechtsanwalts oder eines Notars einholen. Dies ist besonders dann zu empfehlen, wenn Sie z.B. umfangreiches Vermögen besitzen, mehrere Bevollmächtigte einsetzen oder neben der Vollmacht sehr eingehende Handlungsanweisungen an den oder die Bevollmächtigten festlegen wollen. Die notarielle Beurkundung ist dann notwendig, wenn Ihre Vollmacht auch zum Erwerb oder zur Veräußerung von Grundstücken oder zur Darlehensaufnahme berechtigen soll.


Sie können Ihre Unterschrift unter der Vollmacht in Baden-Württemberg auch durch den Ratschreiber in Gemeinden, die einen solchen bestellt haben, in Hessen und Rheinland-Pfalz durch die Ortsgerichte beglaubigen lassen. Damit können Sie Zweifel an der Echtheit und Identität Ihrer Unterschrift beseitigen.


Weitere Hinweise zur Mitwirkung eines Notars bei der Abfassung einer Vollmacht finden Sie auf S....


    1. Muss ich nicht einen Missbrauch der Vollmacht befürchten?

Eine Vollmacht zur Vorsorge gibt - je nach ihrem Umfang - dem Bevollmächtigten gegebenenfalls sehr weitreichende Befugnisse. Deshalb ist die wichtigste Voraussetzung hierfür Ihr Vertrauen zu der Person, die Sie womöglich bis zu Ihrem Lebensende mit dieser Vollmacht ausstatten wollen.


Dies wird in der Regel ein Angehöriger oder eine Ihnen sonst sehr nahestehende Person sein. Die Bevollmächtigung von Personen oder Vereinen, die eine solche Rechtsbesorgung geschäftsmäßig anbieten wollten, wäre im Hinblick auf die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes nur zulässig, wenn der Bevollmächtigte bzw. der für den Verein Handelnde, etwa als Rechtsanwalt, zur berufsmäßigen Rechtsbesorgung befugt ist.


Auch bei Bevollmächtigung einer Vertrauensperson müssen Sie nicht auf Vorkehrungen gegen Missbrauch verzichten (z.B. Kontroll- bzw. Widerrufsrecht für einen Dritten oder Bestellung mehrerer Bevollmächtigter).


Sie können für verschiedene Aufgabengebiete (z.B. Gesundheitsfürsorge und Vermögensangelegenheiten) jeweils einen eigenen Bevollmächtigten einsetzen. Allerdings benötigt dann jeder eine eigene Vollmachtsurkunde. Dazu können Sie das beigefügte Formular mehrfach verwenden.


Wenn Sie mehrere Bevollmächtigte mit dem selben Aufgabengebiet betrauen, besteht allerdings die Gefahr, dass die unterschiedlichen Personen verschiedener Meinung sind, was die Wahrnehmung Ihrer Interessen gefährden kann.


Sie können die Vollmacht aber auch so erteilen, dass mehrere Bevollmächtigte Sie nur gemeinsam vertreten dürfen. Dies können Sie etwa bei Angelegenheiten vorsehen, die ihnen besonders wichtig sind (Beispiel: Für die bei einer Haushaltsauflösung notwendigen Rechtsgeschäfte dürfen ihre beiden Kinder nur gemeinsam handeln).


Für den Fall, dass der von Ihnen Bevollmächtigte "im Ernstfall" verhindert ist, sollte möglichst eine weitere Vertrauensperson als Ersatzbevollmächtigter zur Verfügung stehen. Dass diese nur bei Verhinderung des eigentlichen Bevollmächtigten für Sie handeln darf, sollte intern abgesprochen werden. Im Text der Vollmacht wäre eine solche Einschränkung fehl am Platz (vgl. die Hinweise am Ende). Am besten gehen Sie also folgendermaßen vor: Sie erteilen Ihrer Vertrauensperson und demjenigen, der diese im Notfall vertreten soll (Ihrem Ersatzbevollmächtigten) jeweils eine uneingeschränkte Vollmacht, z. B. indem Sie das beigefügte Formular mehrfach verwenden. Intern sprechen Sie mit Ihrem Bevollmächtigten und dem Ersatzbevollmächtigten ab, dass der Vertreter nur dann handelt, wenn der erste Bevollmächtigte verhindert ist.


Sie können in der Vollmacht auch vorsehen, dass der Bevollmächtigte weiteren Personen Untervollmacht erteilen darf, die Sie dann im Bedarfsfall vertreten können. Damit legen Sie die Entscheidung über die Untervollmacht aber in die Hände Ihrer Vertrauensperson.


    1. Wo bewahre ich die Vollmachtsurkunde auf?

Die Vollmacht sollte zu Ihrer Sicherheit so erteilt werden, dass der

Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts für Sie dem Geschäftspartner im Original vorzulegen hat. Sorgen Sie deshalb

stets dafür, dass die Vollmacht zur Vorsorge dem Berechtigten zur Verfügung

steht, wenn sie benötigt wird.


Handlungsfähig ist Ihr Bevollmächtigter dann nur, wenn er die Vollmachtsurkunde im Original vorweisen kann. Sorgen Sie deshalb stets dafür, dass die Vollmachtsurkunde dem Berechtigten zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird.


Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten:


  • Sie verwahren die Vollmachtsurkunde an einem im Ernstfall leicht zugänglichen Ort, den der Bevollmächtigte kennt (z. B. in Ihrem häuslichen Schreibtisch).
  • Sie übergeben die Vollmachtsurkunde von vornherein dem Bevollmächtigten mit der Maßgabe, von dieser nur in dem besprochenen Fall Gebrauch zu machen. Wie schon gesagt, sollten Sie ohnehin nur den bevollmächtigen, dem Sie vorbehaltlos vertrauen können. Sollte diese Person absprachewidrig schon vorzeitig von der Vollmacht Gebrauch machen, können Sie die Vollmacht widerrufen und Schadenersatz fordern.
  • Sie übergeben die Vollmachtsurkunde einer anderen Vertrauensperson zur treuhänderischen Verwahrung mit der Auflage, sie dem Bevollmächtigten im Bedarfsfall auszuhändigen.
  • In den Ländern... können Sie eine Kopie der Vollmachtsurkunde beim Vormundschaftsgericht hinterlegen. Dies empfiehlt sich, weil dann das Gericht im Bedarfsfall Kenntnis von der Vollmacht hat. Es wird dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Bevollmächtigte hinreichend geeignet ist, weil eine wirksame Vollmacht im Rahmen ihrer Reichweite eine Betreuung entbehrlich macht und so Ihren persönlichen Wünschen entsprochen werden kann.
  • Bei einer notariellen Vollmacht können Sie auch an folgende Möglichkeit denken: Sie können den Notar anweisen, an den Bevollmächtigten nur dann eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde herauszugeben, wenn dieser ein ärztliches Attest vorlegt, wonach sie die in der Vollmacht bezeichneten Angelegenheiten nicht mehr besorgen können. Sie können mit dem Notar absprechen, wie alt das Attest sein darf und dass er dessen Richtigkeit nicht überprüfen muss.
    1. Ab wann und wie lange gilt die Vollmacht?

Die Vollmacht gilt im "Außenverhältnis" ab ihrer Ausstellung. Im "Innenverhältnis" zum Bevollmächtigten ist aber die mit ihm getroffene Vereinbarung maßgebend (zu diesen Begriffen vgl. näher S...). Diese wird wörtlich oder stillschweigend dahingehend lauten, dass er von der Vollmacht erst Gebrauch machen darf, wenn Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind.


Wenn Sie Ihre Vollmacht widerrufen wollen, müssen Sie das ausgehändigte Formular zurückverlangen.


Der Tod des Vollmachtgebers führt in der Regel nicht zum Erlöschen der Vollmacht. (Auch hierzu finden Sie weitere Erläuterungen auf S...).


    1. Wie kann ich dem Bevollmächtigten meine Wünsche und Vorstellungen verdeutlichen?

Zunächst sollte beachtet werden, dass die Vollmacht eine für Dritte bestimmte Erklärung ist. Sie bezeichnet die Person des rechtsgeschäftlichen Vertreters und beschreibt, was dieser "im Außenverhältnis" mit Rechtswirkung für Sie tun darf.


Deshalb sollten Anweisungen an den Bevollmächtigten zum inhaltlichen Gebrauch der Vollmacht nicht in diese selbst aufgenommen werden.


Beispiel:


Eine Vollmacht kann zum Abschluss eines Heimvertrages ermächtigen. Etwaige Wünsche, welches Heim vorrangig in Betracht kommt - oder umgekehrt keinesfalls ausgewählt werden sollte - gehören nicht in diese Erklärung mit Außenwirkung. Dies kann vorweg mit dem Bevollmächtigten als "Auftrag" besprochen oder auch in einer schriftlichen Handlungsanweisung, etwa einem Brief, niedergelegt werden.


Dasselbe gilt z. B. für die Aufforderung, bestimmte Angehörige an Geburtstagen, Weihnachten usw. zu beschenken oder die bisherigen Spendengewohnheiten fortzuführen. All dies sollte nicht in den Text der Vollmacht, sondern in den Auftrag an den Bevollmächtigten aufgenommen werden.


Welchen Inhalt dieser im einzelnen haben kann, hängt wesentlich von Ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen ab.


    1. Was kann geschehen, wenn ich keine Vollmacht erteilt habe?

Wenn Sie infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung oder auch aufgrund nachlassender geistiger Kräfte im Alter Ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr regeln können und Sie keine Vollmacht erteilt haben, kann die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters ("Betreuers") für Sie notwendig werden. Hierfür ist das Vormundschaftsgericht zuständig. Wird diesem z. B. durch Mitteilung von Angehörigen, Ärzten oder auch Behörden ein entsprechender Anlass bekannt, prüft es, ob ein Betreuer für Sie zu bestellen ist und welchen Aufgabenkreis dieser dann haben soll. Hierzu müssen Sie in jedem Fall vom Richter persönlich angehört werden. Außerdem ist regelmäßig ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen. Häufig wird auch die Betreuungsstelle Ihrer Stadt oder Ihres Landkreises um Äußerung gebeten. Wenn Sie Ihre Rechte nicht mehr selbst wahrnehmen können, kann das Gericht einen Verfahrenspfleger, z.B. eine Ihnen nahestehende Person, aber ausnahmsweise auch einen Rechtsanwalt, für Sie bestellen.


Bestellt das Gericht einen Betreuer, wird dieser Ihr gesetzlicher Vertreter in dem festgelegten Aufgabenkreis.


    1. Was ist eine Betreuungsverfügung?

Das Gericht hört Sie auch zur Frage an, wen Sie gegebenenfalls als Betreuer wünschen. Falls Sie sich nicht mehr äußern können, hat das Gericht Wünsche, die Sie zuvor festgelegt haben, zu berücksichtigen. Dies geschieht zweckmäßig in einer schriftlichen vorsorgenden Verfügung für den Betreuungsfall, auch "Betreuungsverfügung" genannt. Sie können darin bestimmen, wer Ihr Betreuer werden soll. Sie können aber auch festlegen, wer keinesfalls als Betreuer in Betracht gezogen werden soll. Diese Wünsche sind für das Gericht grundsätzlich verbindlich. Im beigefügten Vollmachtsformular können Sie deshalb auch verfügen, dass Ihr Bevollmächtigter als Betreuer ausgewählt werden soll, wenn trotz der Vollmacht eine Betreuerbestellung notwendig werden sollte.


    1. Soll ich statt einer Vollmacht eine Betreuungsverfügung errichten?

Das lässt sich nicht allgemein beantworten.


  • Ist jemand, dem Sie vollständig vertrauen können, bereit, sich im Bedarfsfall um Ihre Angelegenheiten zu kümmern, dürfte eine Vollmacht vorzuziehen sein. Mit Ausnahme der schon erwähnten Fälle - eine risikoreiche Heilbehandlung oder eine geschlossene Unterbringung bzw. andere freiheitsbeschränkende Maßnahmen - braucht er für seine Entscheidungen auch keine gerichtlichen Genehmigungen. Sie vermeiden damit das mit der Betreuerbestellung verbundene gerichtliche Verfahren. Ihr Bevollmächtigter steht - anders als der Betreuer - nicht unter der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts.Allerdings kann das Vormundschaftsgericht, wenn ihm ein entsprechender Anlass bekannt wird, für einen Bevollmächtigten eine Kontrollperson bestellen. Dieser "Vollmachtsbetreuer" hat nur die Aufgabe, den Bevollmächtigten zu überwachen, ihre Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten wahrzunehmen und die Vollmacht notfalls auch zu widerrufen. Wird das nötig, müsste das Gericht dann einen Betreuer für den Aufgabenkreis bestellen, der zuvor dem "ungetreuen" Bevollmächtigten übertragen war.
  • Wenn Sie hingegen niemanden haben, dem Sie eine Vollmacht anvertrauen wollen, empfiehlt sich die Festlegung einer Betreuungsverfügung. Damit erwarten Sie, dass im Bedarfsfall ein Betreuer für Sie bestellt wird. Sie nehmen dann Einfluss auf dessen Auswahl und dessen späteres Handeln für Sie. Wenn Sie also eine Betreuungsverfügung errichten wollen, sollten Sie sich darüber gesondert informieren.
    1. Wer entscheidet über meine ärztliche Behandlung?

Solange Sie als Patient einwilligungsfähig sind, entscheiden Sie selbst nach Aufklärung und Beratung durch den Arzt über alle Sie betreffenden ärztlichen Maßnahmen. Dies gilt auch, wenn für Sie eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge angeordnet wurde.


Falls Sie aber nicht mehr entscheidungsfähig sind, vor allem Ihren Willen nicht mehr äußern können, muss ein Bevollmächtigter oder Betreuer für Sie entscheiden. Ist weder ein Bevollmächtigter noch Betreuer bestellt, muss bei eilbedürftigen Maßnahmen der Arzt nach Ihrem "mutmaßlichen Willen" handeln. Bei nicht eilbedürftigen ärztlichen Behandlungen muss gegebenenfalls ein vorläufiger Betreuer bestellt werden. Ihr mutmaßlicher Wille ist überhaupt maßgebend für jede ärztliche Behandlung, zu der Sie sich selbst nicht mehr äußern können. Es muss - gegebenenfalls von Ihrem Bevollmächtigten oder Betreuer - ermittelt werden, wie Sie sich in der gegebenen Situation entscheiden würden, wenn Sie Ihren Willen noch kundtun könnten. Dies kann sehr schwierig sein, wenn Sie in der Vergangenheit niemals schriftlich oder auch nur mündlich, z.B. gegenüber Angehörigen, Ihre Vorstellungen für eine medizinische Behandlung, insbesondere in der letzten Lebensphase, geäußert haben. Deshalb ist es wichtig, dies vorausschauend in einer "Patientenverfügung" festzulegen. Darüber sollten Sie sich also auch Gedanken machen, wenn Sie sich mit der Erteilung einer Vollmacht beschäftigen. Auch hierüber können Sie gesonderte Informationen einholen.


Wenn Sie es etwas genauer wissen wollen...


  • Zusätzliche Erläuterungen zu Frage 2, S...(Begriff der Vollmacht, zugrundeliegendes Rechtsverhältnis)

Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht. Sie wird im Regelfall durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden erteilt. Wie jedes Rechtsgeschäft setzt sie die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers voraus.


Man unterscheidet bei der Vollmacht ein Außenverhältnis und ein Innenverhältnis. Das Außenverhältnis besteht zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten einerseits sowie auf der anderen Seite Dritten, denen gegenüber Erklärungen abzugeben sind (z.B. Vertragspartner, Behörden, Ärzte usw.). Im Außenverhältnis interessiert für die Wirksamkeit der Erklärungen des Bevollmächtigten nur der Inhalt der Vollmacht, nicht aber z.B. Absprachen zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten zu deren Gebrauch.


Diese betreffen vielmehr das Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten.


Diesem liegt rechtlich ein Auftrag zur Geschäftsbesorgung, also ein - auch stillschweigend abschließbarer - Vertrag zugrunde. In diesem Rahmen kann der Vollmachtgeber z.B. Weisungen zum Gebrauch der Vollmacht erteilen. Dieses Auftragsverhältnis sollte zweckmäßigerweise schriftlich mit dem Bevollmächtigten vereinbart werden, vor allem, wenn es um Vermögensangelegenheiten geht. Auf diese Weise kann der Vollmachtgeber zum einen die Rahmenbedingungen für die Vollmacht festlegen, gegebenenfalls aber auch die Frage der Vergütung des Bevollmächtigten klären.


Eine ausdrückliche Regelung des Innenverhältnisses vermeidet auch Streit über die Rechte des Bevollmächtigten und dient damit sowohl dem Schutz des Vollmachtgebers (oder dessen Erben) als auch dem des Bevollmächtigten. So lässt sich z.B. die - häufig streitige - Frage eindeutig regeln, ob die Vollmacht nur zur Verwaltung oder auch zur Veräußerung von Grundbesitz erteilt worden ist.


Von der Vollmacht zu unterscheiden ist eine Betreuungsverfügung. Diese berechtigt nicht zur Vertretung bei Rechtsgeschäften. In ihr werden vielmehr Wünsche festgelegt für den Fall, dass - weil keine Vollmacht erteilt wurde - ein Betreuer bestellt werden muss.


  • Ergänzende Hinweise zu Frage 7, S...(Notarielle Mitwirkung bei der Abfassung der Vollmacht)

Wie schon gesagt, ist die notarielle Beurkundung einer Vollmacht nicht allgemein vorgeschrieben, aber stets notwendig, wenn sie zum Erwerb oder zur Veräußerung von Grundstücken oder zur Aufnahme von Darlehen berechtigen soll.


Ferner ist eine notarielle Beurkundung dann sinnvoll, wenn Sie ein Handelsgewerbe betreiben oder Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft sind. Für eine Erbausschlagung, die z.B. wegen Überschuldung des Nachlasses in Ihrem Namen erklärt werden soll, ist eine notariell beglaubigte Vollmacht notwendig.


Unter Umständen können durch eine notarielle Beurkundung spätere Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht leichter vermieden werden.


Die hierdurch entstehenden Gebühren liegen durchschnittlich zwischen 45 und 156 €. Im Höchstfall beträgt die Beurkundungsgebühr 403,50 €, im geringsten Fall 10 € (zuzüglich MwSt).


  • Zusätzliche Erläuterungen zu Frage 8 S...

(Wirkung der Vollmacht über den Tod hinaus)


Nach dem Gesetz endet ein Auftrag im Zweifel nicht mit dem Tod des Auftraggebers. Da der Vollmacht ein Auftrag zugrunde liegt, ist der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Vollmachtgebers befugt, von seiner Vertretungsmacht Gebrauch zu machen. Seine Erklärungen berechtigen und verpflichten die Erben hinsichtlich des Nachlasses. Die Erben können Rechenschaft vom Bevollmächtigten verlangen und die Vollmacht widerrufen. Diese Wirkung Ihrer Vollmacht über den Tod hinaus können Sie aber auch ausschließen, indem Sie eine entsprechende Bestimmung in die Vollmachtsurkunde aufnehmen. Enthält Ihre Vollmacht einen derartigen Ausschluss, kann es aber sein, dass bei Verwendung der Vollmacht zur Vornahme von Rechtsgeschäften eine Lebensbescheinigung verlangt wird.

Noch zwei wichtige Hinweise zur Vollmacht:Eine Vollmacht, die zur Vertretung in Vermögensangelegenheiten befugt, sollte in keinem Fall Zweifel am Eintritt ihrer Wirksamkeit zulassen. Sie sollten daher einleitend nicht etwa schreiben:"Für den Fall, dass ich selbst einmal nicht mehr handeln kann, soll an meiner Stelle..." o. ä.. Damit bliebe nämlich für den Rechtsverkehr ungeklärt, ob diese Voraussetzung wirklich eingetreten ist. Es wäre auch unzweckmäßig, die Gültigkeit der Vollmacht etwa von ärztlichen Zeugnissen über Ihren Gesundheitszustand abhängig zu machen. Dies würde wiederum Fragen aufwerfen, z.B. wie aktuell diese Bescheinigungen jeweils sein müssen. Eine Vollmacht zur Vorsorge ist nur dann uneingeschränkt brauchbar, wenn sie an keine Bedingungen geknüpft ist.

Privatschriftliche Vollmachten (erst recht bankintern, notariell oder behördlich beglaubigte) sind in der Regel zu akzeptieren. Sie sollten aber mit Ihrer Bankfiliale sprechen. Dabei können Sie auch klären, ob die Bank eine genauere Umschreibung der von der Vollmacht umfassten Bankgeschäfte verlangt (neben der Verfügung über das Konto ist an die Eröffnung von Konten und Depots, die Beantragung von Bankkarten, die Rücknahme oder die Bestellung von Sicherheiten zu denken). Wenn Sie zum Abschluss eines Darlehensvertrages bevollmächtigen wollen, müssen Sie die Vollmacht notariell erteilen.

wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig .

Bitte beachten Sie:* Die vorgesehenen Ankreuzmöglichkeiten und die Leerzeilen sollen Ihnen eine individuelle Gestaltung der Vollmacht nach Ihren Bedürfnissen ermöglichen. Dies bedingt aber auch, dass Sie sich jeweils für "Ja" oder Nein" entscheiden. Lassen Sie etwa eine Zeile unangekreuzt oder füllen versehentlich beide Kästchen aus, ist die Vollmacht in diesem Punkt unvollständig bzw. widersprüchlich und ungültig. Wollen Sie jeden Zweifel vermeiden, können Sie jeden Absatz mit Ihrer Unterschrift versehen. Wollen Sie in die vorgesehenen Leerzeilen nichts eintragen, so sollten Sie mit Füllstrichen den Vorwurf möglicher nachträglicher Veränderung entkräften. Bitte verwenden Sie Sorgfalt auf das Ausfüllen!

  • Die Unterschrift des Bevollmächtigten ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Vollmacht. Die vorgesehene Zeile hierfür soll Sie nur daran erinnern, dass die frühzeitige Einbindung Ihrer Vertrauensperson höchst sinnvoll ist.
  • Bei Zweifeln oder Unsicherheiten sollten Sie unbedingt den Rat eines Rechtsanwalts oder Notars suchen.

wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig .


  1. Informationsbroschüre nach beabsichtigtem Recht

Zur Stärkung der Vorsorgevollmacht schlägt die Arbeitsgruppe Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen vor. Zudem empfiehlt die Arbeitsgruppe die Einführung einer gesetzlichen Vertretungsmacht in Teilbereichen für Ehegatten sowie Lebenspartner und für die Gesundheitssorge zusätzlich für Eltern und Kinder. Unter Berücksichtigung dieser Vorschläge ist die Broschüre wie folgt zu fassen:

FRAGEN, DIE SICH JEDER STELLEN SOLLTE ...


  1. Wofür sollte ich denn überhaupt Vorsorge treffen? Was kann denn schon passieren?

Jeder von uns kann durch Unfall, Krankheit oder Alter in die Lage kommen, dass er wichtige Angelegenheiten seines Lebens nicht mehr selbstverantwortlich regeln kann. Sie sollten sich für diesen Fall einmal gedanklich mit folgenden Fragen befassen:


  • Was wird, wenn ich auf die Hilfe anderer angewiesen bin?
  • Wer handelt und entscheidet für mich?
  • Wird dann mein Wille auch beachtet werden?

oder noch konkreter gefragt:


  • Wer verwaltet mein Vermögen?
  • Wer erledigt meine Bankgeschäfte?
  • Wer organisiert für mich nötige ambulante Hilfen?
  • Wer sucht für mich einen Platz in einem Senioren- oder Pflegeheim?
  • Wer kündigt meine Wohnung oder meinen Telefonanschluß?
  • Wie werde ich ärztlich versorgt?
  • Wer entscheidet bei Operationen und medizinischen Maßnahmen?

und überhaupt


  • Wer kümmert sich um meine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse?

Dies sind nur einige von vielen Gesichtspunkten, die Sie beschäftigen sollten.# Aber ich habe doch Angehörige! Mein Ehepartner, mein Lebenspartner oder meine Kinder werden sich doch darum kümmern?

Natürlich werden Ihre Angehörigen Ihnen - hoffentlich - beistehen, wenn Sie selbst wegen Unfalls, Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Wenn aber rechtsverbindliche Erklärungen oder Entscheidungen gefordert sind, dürfen Ehegatte, Lebenspartner oder Kinder Sie nur in eng umgrenzten Fällen gesetzlich vertreten. In unserem Recht haben nur Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern ein umfassendes Sorgerecht und damit die Befugnis zur Entscheidung und Vertretung in allen Angelegenheiten. Ehegatten und Lebenspartner können sich im Notfall nur bei Verfügungen über ein Girokonto bis zum monatlichen Höchstbetrag von 3000 €, bei der Beantragung von Sozial- und Versicherungsleistungen, im Steuerverfahren (Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag), bei der Kündigung oder Aufhebung des Mietvertrages und der Begründung eines Heimvertrages, sowie bei Erklärungen zur Gesundheitsfürsorge vertreten. Ihre volljährigen Kinder und Ihre Eltern können Sie kraft Gesetzes nur bei den Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge vertreten. Für Volljährige können ansonsten umfassend nur rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte oder gerichtlich bestellte Betreuer handeln.


Näheres zum Begriff der Vollmacht und der durch sie entstehenden Rechtsbeziehungen finden Sie auf S.... Dort wird auch der Begriff der Betreuungsverfügung im Unterschied zur Vollmacht erklärt.


  1. Was spricht denn für eine Vollmacht zur Vorsorge?

Die Vollmacht zur Vorsorge ermöglicht Ihnen ein hohes Maß an Selbstbestimmung. Sie benennen eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens, die bereit sind, für Sie im Bedarfsfall zu handeln. Hierbei können Sie sich von Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen leiten lassen sowie zusätzlich Anweisungen geben, wie Ihre Angelegenheiten geregelt werden sollen. Deshalb sollten Sie sich auch nicht allein darauf verlassen, dass im Notfall die eingeschränkte gesetzliche Vertretungsmacht Ihrer nahen Angehörigen weiterhilft. Es ist sehr zweckmäßig, nach Möglichkeit die gewünschten Bevollmächtigten (z. B. Angehörige oder Freunde) bereits bei der Abfassung der Vollmacht mit einzubeziehen. Eine Regelung durch Vollmacht ist auch dann notwendig, wenn Sie die beschränkte gesetzliche Vertretungsmacht Ihres Ehegatten, Ihres Lebenspartners, Ihrer Kinder oder Eltern ausschließen wollen.

  1. Was ist eine Generalvollmacht? Genügt sie zur Vorsorge?

Eine Generalvollmacht, kann etwa "zur Vertretung in allen Angelegenheiten" ermächtigen. Sie deckt aber mehrere wichtige Fälle nicht ab:


  • Der Bevollmächtigte kann an Ihrer Stelle keiner ärztlichen Untersuchung, einer Heilbehandlung oder einem medizinischen Eingriff zustimmen, wenn hierbei Lebensgefahr besteht (etwa bei einer Herzoperation) oder ein schwerer, länger andauernder Gesundheitsschaden zu erwarten ist (z. B. bei einer Amputation).
  • Der Bevollmächtigte kann an Ihrer Stelle nicht in eine zu Ihrem Schutz notwendige geschlossene Unterbringung oder in eine andere freiheitsbeschränkende Maßnahme (etwa ein Bettgitter) einwilligen.
  • Der Bevollmächtigte kann an Ihrer Stelle nicht in eine Organspende einwilligen.

In diesen Fällen verlangt das Gesetz, dass die schriftliche Vollmacht diese Befugnisse ausdrücklich bezeichnet. Eine "Generalvollmacht" genügt also nicht. Außerdem braucht der Bevollmächtigte in den ersten beiden Fallgruppen für seine Entscheidung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.


Ferner ist zu beachten, dass in einigen ausländischen Staaten der Bevollmächtigte nur in Angelegenheiten handeln darf, die in der Vollmacht ausdrücklich benannt sind.


Aber auch im übrigen empfiehlt es sich, in der Vollmacht genauer zu bezeichnen, wozu sie im einzelnen befugen soll.


Grundsätzlich ist es möglich, die Vollmacht nur auf bestimmte Aufgabengebiete zu beschränken (z.B. nur für den Gesundheitsbereich). Dies bedeutet aber, dass im Bedarfsfall für die anderen Aufgaben möglicherweise ein Betreuer bestellt werden muss (vgl. unten zu Fragen 6 und 10), soweit nicht die gesetzliche Vertretungsmacht eingreift. Selbst wenn der Bevollmächtigte vom Gericht auch für die ergänzenden Aufgaben als Betreuer ausgewählt werden kann: Ein Nebeneinander von Vollmacht und Betreuung sollte besser vermieden werden.


  1. Muss eine solche Vollmacht eine bestimmte Form haben?

Schon aus Gründen der Klarheit und Beweiskraft ist eine schriftliche Abfassung notwendig. Die Vollmacht zur Vorsorge muss nicht handschriftlich verfasst sein (in diesem Fall wäre allerdings die Gefahr der Fälschung am geringsten; außerdem lässt sich späteren Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtausstellers eher begegnen, wenn er den Text vollständig selbst geschrieben hat). Sie können eine Vollmacht auch mit Maschine schreiben oder von einer anderen Person schreiben lassen. Schließlich können Sie sich auch eines geeigneten Vordruckmusters hierfür bedienen. Ort, Datum und vollständige eigenhändige Unterschrift dürfen jedoch keinesfalls fehlen.


Bei der Abfassung einer Vollmacht können Sie selbstverständlich auch den Rat eines Rechtsanwalts oder eines Notars einholen. Dies ist besonders dann zu empfehlen, wenn Sie z.B. umfangreiches Vermögen besitzen, mehrere Bevollmächtigte einsetzen oder neben der Vollmacht sehr eingehende Handlungsanweisungen an den oder die Bevollmächtigten festlegen wollen. Die notarielle Beurkundung ist dann notwendig, wenn Ihre Vollmacht auch zum Erwerb oder zur Veräußerung von Grundstücken oder zur Darlehensaufnahme berechtigen soll.


Sie können Ihre Unterschrift unter der Vollmacht auch durch die Betreuungsbehörde beglaubigen lassen (in Baden-Württemberg auch durch den Ratschreiber in Gemeinden, die einen solchen bestellt haben, in Hessen und Rheinland-Pfalz durch die Ortsgerichte). Damit können Sie Zweifel an der Echtheit und Identität Ihrer Unterschrift beseitigen.


Weitere Hinweise zur Mitwirkung eines Notars bei der Abfassung einer Vollmacht finden Sie auf S. ...


  1. Muss ich nicht einen Missbrauch der Vollmacht befürchten?

Eine Vollmacht zur Vorsorge gibt - je nach ihrem Umfang - dem Bevollmächtigten gegebenenfalls sehr weitreichende Befugnisse. Deshalb ist die wichtigste Voraussetzung hierfür Ihr Vertrauen zu der Person, die Sie womöglich bis zu Ihrem Lebensende mit dieser Vollmacht ausstatten wollen.


Dies wird in der Regel ein Angehöriger oder eine Ihnen sonst sehr nahestehende Person sein. Die Bevollmächtigung von Personen oder Vereinen, die eine solche Rechtsbesorgung geschäftsmäßig anbieten wollten, wäre im Hinblick auf die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes nur zulässig, wenn der Bevollmächtigte bzw. der für den Verein Handelnde, etwa als Rechtsanwalt, zur berufsmäßigen Rechtsbesorgung befugt ist.


Auch bei Bevollmächtigung einer Vertrauensperson müssen Sie nicht auf Vorkehrungen gegen Missbrauch verzichten (z.B. Kontroll- bzw. Widerrufsrecht für einen Dritten oder Bestellung mehrerer Bevollmächtigter).


Sie können für verschiedene Aufgabengebiete (z.B. Gesundheitsfürsorge und Vermögensangelegenheiten) jeweils einen eigenen Bevollmächtigten einsetzen. Allerdings benötigt dann jeder eine eigene Vollmachtsurkunde. Dazu können Sie das beigefügte Formular mehrfach verwenden.

Wenn Sie mehrere Bevollmächtigte mit dem selben Aufgabengebiet betrauen, besteht allerdings die Gefahr, dass die unterschiedlichen Personen verschiedener Meinung sind, was die Wahrnehmung Ihrer Interessen gefährden kann.


Sie können die Vollmacht aber auch so erteilen, dass mehrere Bevollmächtigte Sie nur gemeinsam vertreten dürfen. Dies können Sie etwa bei Angelegenheiten vorsehen, die ihnen besonders wichtig sind (Beispiel: Für die bei einer Haushaltsauflösung notwendigen Rechtsgeschäfte dürfen ihre beiden Kinder nur gemeinsam handeln.)


Für den Fall, dass der von Ihnen Bevollmächtigte "im Ernstfall" verhindert ist, sollte möglichst eine weitere Vertrauensperson als Ersatzbevollmächtigter zur Verfügung stehen. Dass diese nur bei Verhinderung des eigentlichen Bevollmächtigten für Sie handeln darf, sollte intern abgesprochen werden. Im Text der Vollmacht wäre eine solche Einschränkung fehl am Platz (vgl. die Hinweise Ende). Am besten gehen Sie also folgendermaßen vor: Sie erteilen Ihrer Vertrauensperson und demjenigen, der diese im Notfall vertreten soll (Ihrem Ersatzbevollmächtigten) jeweils eine uneingeschränkte Vollmacht, z. B. indem Sie das beigefügte Formular mehrfach verwenden. Intern sprechen Sie mit Ihrem Bevollmächtigten und dem Ersatzbevollmächtigten ab, dass der Vertreter nur dann handelt, wenn der erste Bevollmächtigte verhindert ist.


Sie können in der Vollmacht auch vorsehen, dass der Bevollmächtigte weiteren Personen Untervollmacht erteilen darf, die Sie dann im Bedarfsfall vertreten können. Damit legen Sie die Entscheidung über die Untervollmacht aber in die Hände Ihrer Vertrauensperson.


  1. Wo bewahre ich die Vollmachtsurkunde auf?

Die Vollmachtsurkunde sollte zu Ihrer Sicherheit so erteilt werden, dass der

Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts für Sie dem Geschäftspartner im Original vorzulegen hat. Sorgen Sie deshalb

stets dafür, dass die Vollmachtsurkunde dem Berechtigten zur Verfügungsteht, wenn sie benötigt wird.


Handlungsfähig ist Ihr Bevollmächtigter dann nur, wenn er die Vollmachtsurkunde im Original vorweisen kann. Sorgen Sie deshalb stets dafür, dass die Vollmachtsurkunde dem Berechtigten zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird.


Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten:


  • Sie verwahren die Vollmachtsurkunde an einem im Ernstfall leicht zugänglichen Ort, den der Bevollmächtigte kennt (z. B. in Ihrem häuslichen Schreibtisch).
  • Sie übergeben die Vollmachtsurkunde von vornherein dem Bevollmächtigten mit der Maßgabe, von dieser nur in dem besprochenen Fall Gebrauch zu machen. Wie schon gesagt, sollten Sie ohnehin nur den bevollmächtigen, dem Sie vorbehaltlos vertrauen können. Sollte diese Person absprachewidrig schon vorzeitig von der Vollmacht Gebrauch machen, können Sie die Vollmacht widerrufen und Schadenersatz fordern.
  • Sie übergeben die Vollmachtsurkunde einer anderen Vertrauensperson zur treuhänderischen Verwahrung mit der Auflage, sie dem Bevollmächtigten im Bedarfsfall auszuhändigen.
  • In den Ländern,... können Sie eine Kopie der Vollmachtsurkunde beim Vormundschaftsgericht hinterlegen. Außerdem können Sie die Vollmachtsurkunde bei der Bundesnotarkammer registrieren lassen. Dies empfiehlt sich, weil dann das Gericht im Bedarfsfall Kenntnis von der Vollmacht nehmen kann. Es wird dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Bevollmächtigte hinreichend geeignet ist, weil eine wirksame Vollmacht im Rahmen ihrer Reichweite eine Betreuung entbehrlich macht und so Ihren persönlichen Wünschen entsprochen werden kann.
  • Bei einer notariellen Vollmacht können Sie auch an folgende Möglichkeit denken: Sie können den Notar anweisen, an den Bevollmächtigten nur dann eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde herauszugeben, wenn dieser ein ärztliches Attest vorlegt, wonach sie die in der Vollmacht bezeichneten Angelegenheiten nicht mehr besorgen können. Sie können mit dem Notar absprechen, wie alt das Attest sein darf und dass er dessen Richtigkeit nicht überprüfen muss.
  1. Ab wann und wie lange gilt die Vollmacht?

Die Vollmacht gilt im "Außenverhältnis" ab ihrer Ausstellung. Im "Innenverhältnis" zum Bevollmächtigten ist aber die mit ihm getroffene Vereinbarung maßgebend (zu diesen Begriffen vgl. näher S. ...). Diese wird wörtlich oder stillschweigend dahingehend lauten, dass er von der Vollmacht erst Gebrauch machen darf, wenn Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind.


Wenn Sie Ihre Vollmacht widerrufen wollen, müssen Sie das ausgehändigte Formular zurückverlangen.


Der Tod des Vollmachtgebers führt in der Regel nicht zum Erlöschen der Vollmacht. (Auch hierzu finden Sie weitere Erläuterungen auf S. ...).


  1. Wie kann ich dem Bevollmächtigten meine Wünsche und Vorstellungen verdeutlichen?

Zunächst sollte beachtet werden, dass die Vollmacht eine für Dritte bestimmte Erklärung ist. Sie bezeichnet die Person des rechtsgeschäftlichen Vertreters und beschreibt, was dieser "im Außenverhältnis" mit Rechtswirkung für Sie tun darf.


Deshalb sollten Anweisungen an den Bevollmächtigten zum inhaltlichen Gebrauch der Vollmacht nicht in diese selbst aufgenommen werden.


Beispiel:


Eine Vollmacht kann zum Abschluss eines Heimvertrages ermächtigen. Etwaige Wünsche, welches Heim vorrangig in Betracht kommt - oder umgekehrt keinesfalls ausgewählt werden sollte - gehören nicht in diese Erklärung mit Außenwirkung. Dies kann vorweg mit dem Bevollmächtigten als "Auftrag" besprochen oder auch in einer schriftlichen Handlungsanweisung, etwa einem Brief, niedergelegt werden.


Dasselbe gilt z. B. für die Aufforderung, bestimmte Angehörige an Geburtstagen, Weihnachten usw. zu beschenken oder die bisherigen Spendengewohnheiten fortzuführen. All dies sollte nicht in den Text der Vollmacht, sondern in den Auftrag an den Bevollmächtigten aufgenommen werden.


Welchen Inhalt dieser im einzelnen haben kann, hängt wesentlich von Ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen ab.


  1. Was kann geschehen, wenn ich keine Vollmacht erteilt habe?

Wenn Sie infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung oder auch aufgrund nachlassender geistiger Kräfte im Alter Ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr regeln können und Sie keine Vollmacht erteilt haben, kann die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters ("Betreuers") für Sie notwendig werden, soweit nicht Ihr Ehepartner, Ihre Kinder oder Ihre Eltern als gesetzliche Vertreter handeln können. Hierfür ist das Vormundschaftsgericht zuständig. Wird diesem z. B. durch Mitteilung von Angehörigen, Ärzten oder auch Behörden ein entsprechender Anlass bekannt, prüft es, ob ein Betreuer für Sie zu bestellen ist und welchen Aufgabenkreis dieser dann haben soll. Hierzu müssen Sie in jedem Fall vom Richter persönlich angehört werden. Außerdem ist regelmäßig ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen. Häufig wird auch die Betreuungsstelle Ihrer Stadt oder Ihres Landkreises um Äußerung gebeten. Wenn Sie Ihre Rechte nicht mehr selbst wahrnehmen können, kann das Gericht einen Verfahrenspfleger, z. B. eine Ihnen nahestehende Person, aber ausnahmsweise auch einen Rechtsanwalt, für Sie bestellen.


Bestellt das Gericht einen Betreuer, wird dieser Ihr gesetzlicher Vertreter in dem festgelegten Aufgabenkreis.


  1. Was ist eine Betreuungsverfügung?

Das Gericht hört Sie auch zur Frage an, wen Sie gegebenenfalls als Betreuer wünschen. Falls Sie sich nicht mehr äußern können, hat das Gericht Wünsche, die Sie zuvor festgelegt haben, zu berücksichtigen. Dies geschieht zweckmäßig in einer schriftlichen vorsorgenden Verfügung für den Betreuungsfall, auch "Betreuungsverfügung" genannt. Sie können darin bestimmen, wer Ihr Betreuer werden soll. Sie können aber auch festlegen, wer keinesfalls als Betreuer in Betracht gezogen werden soll. Diese Wünsche sind für das Gericht grundsätzlich verbindlich. Im beigefügten Vollmachtsformular können Sie deshalb auch verfügen, dass Ihr Bevollmächtigter als Betreuer ausgewählt werden soll, wenn trotz der Vollmacht eine Betreuerbestellung notwendig werden sollte.


  1. Soll ich statt einer Vollmacht eine Betreuungsverfügung errichten?

Das lässt sich nicht allgemein beantworten.


  • Ist jemand, dem Sie vollständig vertrauen können, bereit, sich im Bedarfsfall um Ihre Angelegenheiten zu kümmern, dürfte eine Vollmacht vorzuziehen sein. Ihr Bevollmächtigter steht - anders als der Betreuer - nicht unter der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts. Mit Ausnahme der schon erwähnten Fälle - eine risikoreiche Heilbehandlung oder eine geschlossene Unterbringung bzw. andere freiheitsbeschränkende Maßnahmen - braucht er für seine Entscheidungen auch keine gerichtlichen Genehmigungen. Sie vermeiden damit das mit der Betreuerbestellung verbundene gerichtliche Verfahren. Allerdings kann das Vormundschaftsgericht, wenn ihm ein entsprechender Anlass bekannt wird, für einen Bevollmächtigten eine Kontrollperson bestellen. Dieser "Vollmachtsbetreuer" hat nur die Aufgabe, den Bevollmächtigten zu überwachen, ihre Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten wahrzunehmen und die Vollmacht notfalls auch zu widerrufen. Wird das nötig, müsste das Gericht dann einen Betreuer für den Aufgabenkreis bestellen, der zuvor dem "ungetreuen" Bevollmächtigten übertragen war.
  • Wenn Sie hingegen niemanden haben, dem Sie eine Vollmacht anvertrauen wollen, empfiehlt sich die Festlegung einer Betreuungsverfügung. Damit erwarten Sie, dass im Bedarfsfall ein Betreuer für Sie bestellt wird. Sie nehmen dann Einfluss auf dessen Auswahl und dessen späteres Handeln für Sie. Wenn Sie also eine Betreuungsverfügung errichten wollen, sollten Sie sich darüber gesondert informieren.
  1. Wer entscheidet über meine ärztliche Behandlung?

Solange Sie als Patient einwilligungsfähig sind, entscheiden Sie selbst nach Aufklärung und Beratung durch den Arzt über alle Sie betreffenden ärztlichen Maßnahmen. Dies gilt auch, wenn für Sie eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge angeordnet wurde.


Falls Sie aber nicht mehr entscheidungsfähig sind, vor allem Ihren Willen nicht mehr äußern können, muss ein Bevollmächtigter, Ihr Ehegatte, Ihr Lebenspartner, Ihre Kinder oder Ihre Eltern als gesetzliche Vertreter oder ein Betreuer für Sie entscheiden. Ist weder ein Bevollmächtigter noch Betreuer bestellt und ein gesetzlicher Vertreter nicht erreichbar, muss bei eilbedürftigen Maßnahmen der Arzt nach Ihrem "mutmaßlichen Willen" handeln. Bei nicht eilbedürftigen ärztlichen Behandlungen muss gegebenenfalls ein vorläufiger Betreuer bestellt werden. Ihr mutmaßlicher Wille ist überhaupt maßgebend für jede ärztliche Behandlung, zu der Sie sich selbst nicht mehr äußern können. Es muss - gegebenenfalls von Ihrem Bevollmächtigten oder Betreuer - ermittelt werden, wie Sie sich in der gegebenen Situation entscheiden würden, wenn Sie Ihren Willen noch kundtun könnten. Dies kann sehr schwierig sein, wenn Sie in der Vergangenheit niemals schriftlich oder auch nur mündlich, z.B. gegenüber Angehörigen, Ihre Vorstellungen für eine medizinische Behandlung, insbesondere in der letzten Lebensphase, geäußert haben. Deshalb ist es wichtig, dies vorausschauend in einer "Patientenverfügung" festzulegen. Darüber sollten Sie sich also auch Gedanken machen, wenn Sie sich mit der Erteilung einer Vollmacht beschäftigen. Auch hierüber können Sie gesonderte Informationen einholen.


Wenn Sie es etwas genauer wissen wollen...


  • Zusätzliche Erläuterungen zu Frage 2, S...(Begriff der Vollmacht, zugrundeliegendes Rechtsverhältnis)

Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht. Sie wird im Regelfall durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden erteilt. Wie jedes Rechtsgeschäft setzt sie die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers voraus.


Man unterscheidet bei der Vollmacht ein Außenverhältnis und ein Innenverhältnis. Das Außenverhältnis besteht zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten einerseits sowie auf der anderen Seite Dritten, denen gegenüber Erklärungen abzugeben sind (z.B. Vertragspartner, Behörden, Ärzte usw.). Im Außenverhältnis interessiert für die Wirksamkeit der Erklärungen des Bevollmächtigten nur der Inhalt der Vollmacht, nicht aber z.B. Absprachen zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten zu deren Gebrauch.


Diese betreffen vielmehr das Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten.


Diesem liegt rechtlich ein Auftrag zur Geschäftsbesorgung, also ein - auch stillschweigend abschließbarer - Vertrag zugrunde. In diesem Rahmen kann der Vollmachtgeber z.B. Weisungen zum Gebrauch der Vollmacht erteilen. Dieses Auftragsverhältnis sollte zweckmäßigerweise schriftlich mit dem Bevollmächtigten vereinbart werden, vor allem, wenn es um Vermögensangelegenheiten geht. Auf diese Weise kann der Vollmachtgeber zum einen die Rahmenbedingungen für die Vollmacht festlegen, gegebenenfalls aber auch die Frage der Vergütung des Bevollmächtigten klären.


Eine ausdrückliche Regelung des Innenverhältnisses vermeidet auch Streit über die Rechte des Bevollmächtigten und dient damit sowohl dem Schutz des Vollmachtgebers (oder dessen Erben) als auch dem des Bevollmächtigten. So lässt sich z.B. die - häufig streitige - Frage eindeutig regeln, ob die Vollmacht nur zur Verwaltung oder auch zur Veräußerung von Grundbesitz erteilt worden ist.


Von der Vollmacht zu unterscheiden ist eine Betreuungsverfügung. Diese berechtigt nicht zur Vertretung bei Rechtsgeschäften. In ihr werden vielmehr Wünsche festgelegt für den Fall, dass - weil keine Vollmacht erteilt wurde - ein Betreuer bestellt werden muss.


  • Ergänzende Hinweise zu Frage 7, S. ...(Notarielle Mitwirkung bei der Abfassung der Vollmacht)

Wie schon gesagt, ist die notarielle Beurkundung einer Vollmacht nicht allgemein vorgeschrieben, aber stets notwendig, wenn sie zum Erwerb oder zur Veräußerung von Grundstücken oder zur Aufnahme von Darlehen berechtigen soll.


Ferner ist eine notarielle Beurkundung dann sinnvoll, wenn Sie ein Handelsgewerbe betreiben oder Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft sind. Für eine Erbausschlagung, die z.B. wegen Überschuldung des Nachlasses in Ihrem Namen erklärt werden soll, ist eine notariell beglaubigte Vollmacht notwendig.


Unter Umständen können durch eine notarielle Beurkundung spätere Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht leichter vermieden werden.


Die hierdurch entstehenden Gebühren liegen durchschnittlich zwischen 45 und 156 €. Im Höchstfall beträgt die Beurkundungsgebühr 403,50 €, im geringsten Fall 10 € (zuzüglich MwSt).


  • Zusätzliche Erläuterungen zu Frage 8 S. ...

(Wirkung der Vollmacht über den Tod hinaus)


Nach dem Gesetz endet ein Auftrag im Zweifel nicht mit dem Tod des Auftraggebers. Da der Vollmacht ein Auftrag zugrunde liegt, ist der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Vollmachtgebers befugt, von seiner Vertretungsmacht Gebrauch zu machen. Seine Erklärungen berechtigen und verpflichten die Erben hinsichtlich des Nachlasses. Die Erben können Rechenschaft vom Bevollmächtigten verlangen und die Vollmacht widerrufen. Diese Wirkung Ihrer Vollmacht über den Tod hinaus können Sie aber auch ausschließen, indem Sie eine entsprechende Bestimmung in die Vollmachtsurkunde aufnehmen. Enthält Ihre Vollmacht einen derartigen Ausschluss, kann es aber sein, dass bei Verwendung der Vollmacht zur Vornahme von Rechtsgeschäften eine Lebensbescheinigung verlangt wird.

Noch zwei wichtige Hinweise zur Vollmacht:

Eine Vollmacht, die zur Vertretung in Vermögensangelegenheiten befugt, sollte in keinem Fall Zweifel am Eintritt ihrer Wirksamkeit zulassen. Sie sollten daher einleitend nicht etwa schreiben:"Für den Fall, dass ich selbst einmal nicht mehr handeln kann, soll an meiner Stelle..." o. ä.. Damit bliebe nämlich für den Rechtsverkehr ungeklärt, ob diese Voraussetzung wirklich eingetreten ist. Es wäre auch unzweckmäßig, die Gültigkeit der Vollmacht etwa von ärztlichen Zeugnissen über Ihren Gesundheitszustand abhängig zu machen. Dies würde wiederum Fragen aufwerfen, z.B. wie aktuell diese Bescheinigungen jeweils sein müssen. Eine Vollmacht zur Vorsorge ist nur dann uneingeschränkt brauchbar, wenn sie an keine Bedingungen geknüpft ist.

Privatschriftliche Vollmachten (erst recht bankintern, notariell oder behördlich beglaubigte) sind in der Regel zu akzeptieren. Sie sollten aber mit Ihrer Bankfiliale sprechen. Dabei können Sie auch klären, ob die Bank eine genauere Umschreibung der von der Vollmacht umfassten Bankgeschäfte verlangt (neben der Verfügung über das Konto ist an die Eröffnung von Konten und Depots, die Beantragung von Bankkarten, die Rücknahme oder die Bestellung von Sicherheiten zu denken). Wenn Sie zum Abschluss eines Darlehensvertrages bevollmächtigen wollen, müssen Sie die Vollmacht notariell erteilen.

wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig .

Bitte beachten Sie:* Die vorgesehenen Ankreuzmöglichkeiten und die Leerzeilen sollen Ihnen eine individuelle Gestaltung der Vollmacht nach Ihren Bedürfnissen ermöglichen. Dies bedingt aber auch, dass Sie sich jeweils für "Ja" oder Nein" entscheiden. Lassen Sie etwa eine Zeile unangekreuzt oder füllen versehentlich beide Kästchen aus, ist die Vollmacht in diesem Punkt unvollständig bzw. widersprüchlich und ungültig. Wollen Sie jeden Zweifel vermeiden, können Sie jeden Absatz mit Ihrer Unterschrift versehen. Wollen Sie in die vorgesehenen Leerzeilen nichts eintragen, so sollten Sie mit Füllstrichen den Vorwurf möglicher nachträglicher Veränderung entkräften. Bitte verwenden Sie Sorgfalt auf das Ausfüllen!

  • Die Unterschrift des Bevollmächtigten ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Vollmacht. Die vorgesehene Zeile hierfür soll Sie nur daran erinnern, dass die frühzeitige Einbindung Ihrer Vertrauensperson höchst sinnvoll ist.
  • Bei Zweifeln oder Unsicherheiten sollten Sie unbedingt den Rat eines Rechtsanwalts oder Notars suchen.

wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig . wichtig .

  1. Vollmachtsmuster

Vollmacht

Ich, ......................................................................................................... (Vollmachtgeber/in)

(Name, Vorname, Geburtsdatum)............................................................................................................................................(Adresse, Telefon, Telefax)

erteile hiermit Vollmacht an


..........................................................................................................(bevollmächtigte Person)

(Name, Vorname, Geburtsdatum)


........................................................................................................

(Adresse, Telefon, Telefax)


Diese Vertrauensperson wird hiermit bevollmächtigt, mich in allen Angelegenheiten zu vertreten, die ich im Folgenden angekreuzt oder angegeben habe. Durch diese Vollmachtserteilung soll eine vom Gericht angeordnete Betreuung vermieden werden. Die Vollmacht bleibt daher in Kraft, wenn ich nach ihrer Errichtung geschäftsunfähig geworden sein sollte.


Die Vollmacht ist nur wirksam, solange die bevollmächtigte Person die Vollmachtsurkunde besitzt und bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Urkunde im Original vorlegen kann.


Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit


* Sie darf in allen Angelegenheiten der Gesundheitssorge entscheiden, ebenso über alle Einzelheiten einer ambulanten oder (teil-)stationären Pflege. Sie ist befugt, meinen in einer Patientenverfügung festgelegten Willen durchzusetzen.


ja  nein 
* Sie darf insbesondere in sämtliche Maßnahmen zur Untersuchung des Gesundheitszustandes und in Heilbehandlungen einwilligen, auch wenn diese mit Lebensgefahr verbunden sein könnten oder ich einen schweren oder länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleiden könnte (§ 1904 Abs.1 BGB). Sie darf die Einwilligung zum Unterlassen oder Beenden lebensverlängernder Maßnahmen erteilen.


ja  nein 
* Sie darf Krankenunterlagen einsehen und deren Herausgabe an Dritte bewilligen. Ich entbinde alle mich behandelnden Ärzte und nichtärztliches Personal gegenüber meiner bevollmächtigten Vertrauensperson von der Schweigepflicht.


ja  nein 
* Sie darf über meine Unterbringung mit freiheitsentziehender Wirkung (§ 1906 Abs.1 BGB) und über freiheitsentziehende Maßnahmen (z.B. Bettgitter, Medikamente u. ä. ) in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung (§ 1906 Abs. 4 BGB) entscheiden, solange dergleichen zu meinem Wohle erforderlich ist.


ja  nein 
* .........................................................................................................................................................................................................................................................................


ja  nein 
......................................................................................

(Unterschrift der Vollmachtgeberin/des Vollmachtgebers)

Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten


* Sie darf meinen Aufenthalt bestimmen, Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag über meine Wohnung einschließlich einer Kündigung wahrnehmen sowie meinen Haushalt auflösen.


ja  nein 
* Sie darf einen Heimvertrag abschließen.


ja  nein 
* ........................................................................................................................................................................................................................................................


ja  nein 
......................................................................................

(Unterschrift der Vollmachtgeberin/des Vollmachtgebers)

Behörden


  • Sie darf mich bei Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern vertreten.


ja  nein 
* ................................................................................................................................. ......................................................................................................................................


ja  nein 
......................................................................................

(Unterschrift der Vollmachtgeberin/des Vollmachtgebers)

Vermögenssorge


Sie darf mein Vermögen verwalten und hierbei alle Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im In- und Ausland vornehmen, Erklärungen aller Art abgeben und entgegennehmen, sowie Anträge stellen, abändern, zurücknehmen,

namentlich

ja  nein 
* über Vermögensgegenstände jeder Art verfügen


ja  nein 
* Zahlungen und Wertgegenstände annehmen


ja  nein 
* Verbindlichkeiten eingehen


ja  nein 
* Willenserklärungen bezüglich meiner Konten, Depots und Safes abgeben. Sie darf mich im Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten vertreten


ja  nein 
* Schenkungen in dem Rahmen vornehmen, der einem Betreuer rechtlich gestattet ist.


ja  nein 
* Folgende Geschäfte soll sie nicht wahrnehmen können.............................................................................................................................................................................


ja  nein 
* ............................................................................................................................................................................


ja  nein 
......................................................................................

(Unterschrift der Vollmachtgeberin/des Vollmachtgebers)

(Achtung: Kreditinstitute verlangen oft eine Vollmacht auf bankeigenen Vordrucken! Für Immobilien-geschäfte, Aufnahme von Darlehen, sowie für Handelsgewerbe ist eine notarielle Vollmacht erforderlich!)


Post und Fernmeldeverkehr


Sie darf die für mich bestimmte Post entgegennehmen und öffnen sowie über den Fernmeldeverkehr entscheiden. Sie darf alle hiermit zusammenhängenden Willenserklärungen (z.B. Vertragsabschlüsse, Kündigungen) abgeben.

ja  nein 
Vertretung vor Gericht


Sie darf mich gegenüber Gerichten vertreten sowie Prozesshandlungen aller Art vornehmen.

ja  nein 



Untervollmacht


Sie darf in einzelnen Angelegenheiten Untervollmacht erteilen.


ja  nein 



Betreuungsverfügung


Falls trotz dieser Vollmacht eine gesetzliche Vertretung („rechtliche Betreuung“) erforderlich sein sollte, bitte ich, die oben bezeichnete Vertrauensperson als Betreuer zu bestellen.


ja  nein 



Weitere Regelungen..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

...................................................................................................................(Ort, Datum)(Unterschrift der Vollmachtgeberin/des Vollmachtgebers)


...............................................................................................................................................

(Ort, Datum)(Unterschrift der Vollmachtnehmerin/des Vollmachtnehmers)


Beglaubigungsvermerk:


II.Zentrale Registrierung


Für die betroffenen Menschen ist es von grundlegender Bedeutung, dass durch ein zentrales Registrierungssystem die zur Vermeidung eines Betreuungsverfahrens notwendige Kenntnis der Vormundschaftsgerichte von der Vorsorgevollmacht sichergestellt wird. Ein solches System fehlt. Darin liegt ein nicht unerhebliches Hindernis für die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts.


Die Arbeitsgruppe hat deshalb in ihrem Zwischenbericht von Juni 2002 empfohlen, ein bundesweites Registrierungssystem zu errichten. Zur Verwirklichung dieser Absicht hat die Arbeitsgruppe Gespräche mit verschiedenen potentiellen privaten Anbietern und der Bundesnotarkammer geführt. Dabei sind – teilweise erhebliche – Differenzen in der inhaltlichen Ausgestaltung zu Tage getreten. Nach eingehender Diskussion ist die Arbeitsgruppe zu folgenden Ergebnissen gelangt:


1.Inhaltliche Ausgestaltung

    1. a)Keine Beschränkung


Das Registrierungssystem muss offen sein für alle Vorsorgevollmachten, unabhängig davon, ob sie von einem Notar beurkundet oder beglaubigt sind, unter Hilfe eines Rechtsanwalts, einer Betreuungsstelle oder eines Betreuungsvereins errichtet wurden oder von den Betroffenen selbständig zur Registrierung angemeldet werden.


b)Datenumfang


Zur Registrierung sind zwingend die Personalien des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten sowie die Erklärung des Vollmachtgebers, eine Vollmacht errichtet zu haben, anzumelden. Zudem sollte angegeben werden, welche Aufgabenkreise von der Vollmacht erfasst werden. Dies eröffnet den Vormundschaftsgerichten unmittelbar die Prüfung, ob der akute Fürsorgebedarf durch den Bevollmächtigten abgedeckt wird. Im Idealfall wird die Aufgabe des Vormundschaftsgerichts allein darin bestehen, den Bevollmächtigten zu kontaktieren und auf den Fürsorgefall hinzuweisen. Ob das Vormundschaftsgericht darüber hinaus nach § 12 FGG weitere Maßnahmen ergreift, muss nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

Die Registrierung der Aufgabenkreise ist aber nur sinnvoll, wenn die Richtigkeit der Anmeldung hinsichtlich der Aufgabenkreise sichergestellt werden kann. Das wird ohne weiteres anzunehmen sein, soweit Vollmachten im Auftrag der Vollmachtgeber von Notaren oder Rechtsanwälten zur Registrierung angemeldet werden. Im Übrigen kann die Richtigkeit der Anmeldung durch ein Anmeldeformular gewährleistet werden, das in der Gestaltung der Aufgabenkreise der von der Arbeitsgruppe empfohlenen Mustervollmacht entspricht. Betreuungsbehörden, Betreuungsvereine und Vollmachtgeber können damit auf einfachem Weg den Inhalt der Vorsorgevollmacht in das Anmeldeformular transformieren. Die Arbeitsgruppe hält deshalb eine inhaltliche Prüfung der Anmeldung durch die registrierende Stelle für nicht erforderlich und nicht geboten. Der erhebliche Verwaltungsaufwand würde außer Verhältnis zum Nutzen stehen.


3.Öffentlich-rechtliche Anbindung des Registrierungssystems


Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die Registrierung der Daten einer Vorsorgevollmacht öffentlich-rechtlich anzubinden und umfassend der Bundesnotarkammer anzuvertrauen. Diese Empfehlung beruht auf folgenden Erwägungen:


Eine Reihe privater Anbieter hat sich für die Umsetzung des Registrierungssystems interessiert. Zu einem Teil fehlte jedoch die Bereitschaft, die inhaltlichen Vorgaben umzusetzen. Zudem war es fraglich, ob das notwendige technische Können vorhanden ist. Ein Anbieter verfolgte das Ziel, selbst als Bevollmächtigter bestellt zu werden, und verband diese Absicht mit der Forderung, eine Gebührenordnung für Bevollmächtigte zu schaffen. Teilweise waren private Anbieter dagegen bereit, die inhaltlichen Vorgaben zu akzeptieren, und in der Lage, die technischen Voraussetzungen zu schaffen. Die Finanzierung sollte über Anmeldegebühren der Vollmachtgeber erfolgen, und zwar sowohl hinsichtlich des Aufwands als auch eines – nicht konkret definierten – Gewinns.


Die Einbindung privater Anbieter wird aber nach Auffassung der Arbeitsgruppe den Zielen der Registrierung nicht gerecht. Für die Bürgerinnen und Bürger soll ein auf Dauer angelegtes System geschaffen werden, das ein hohes Maß an Vertrauen genießt und damit geeignet ist, eine eigenverantwortliche Lebensführung zu ermöglichen. Ein privater Anbieter, der – naturgemäß – nicht absehen kann, ob er aufgrund gesamtwirtschaftlicher Entwicklungen und Veränderungen in der Unternehmensstruktur auf Dauer in der Lage ist, das Registrierungssystem entsprechend den inhaltlichen und technischen Anforderungen aufrecht zu erhalten, kann das notwendige Vertrauen nicht vermitteln. Zudem wäre es für viele Menschen unverständlich, gewinnorientierte private Anbieter zu finanzieren, wenn durch eine öffentlich-rechtliche Anbindung das Ziel effektiver erreicht werden kann.


Die Arbeitsgruppe hat deshalb Gespräche mit der Bundesnotarkammer geführt, um ein einheitliches Registrierungssystem für alle – nicht nur notariell beurkundete und beglaubigte – Vollmachten zu institutionalisieren. Die Bundesnotarkammer hat die inhaltlichen Voraussetzungen akzeptiert und in technischer Sicht bereits Vorarbeiten geleistet, die eine Realisierung des Konzepts in näherer Zukunft ermöglichen dürften.


3.Gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Registrierung durch die Bundesnotarkammer


Die Arbeitsgruppe schlägt vor, durch eine Ergänzung der Zuständigkeiten der Bundesnotarkammer und inhaltliche sowie technische Vorgaben an die Führung des Registers die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.


a)Ergänzung von § 78 BNotO


Für die Führung eines umfassenden, für alle Vorsorgevollmachten offenen Systems durch die Bundesnotarkammer dürfte eine Ergänzung ihres Aufgabenkatalogs notwendig sein:


Die der Bundesnotarkammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts vom Gesetzgeber zugewiesenen Aufgaben werden in § 78 BNotO beschrieben. Als Rechtsgrundlage für die Führung eines umfassenden Registers könnte allenfalls § 78 Abs. 2 Satz 1 BNotO herangezogen werden. Danach kann die Bundesnotarkammer weitere dem Zweck ihrer Einrichtung entsprechende Aufgaben wahrnehmen. In der amtlichen Begründung hat der Gesetzgeber als Zweck des Zusammenschlusses der Ländernotarkammern zur Bundesnotarkammer die berufsständische Vertretung der Notare auf Bundesebene, die Repräsentation der gesamten Notare in der Bundesrepublik, die Förderung der fachlichen Zusammenarbeit der Notare untereinander und die Zusammenarbeit der Notare mit den Bundesbehörden in Fragen des notariellen Berufsrecht angesehen.


Ein Angebot an die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, privatschriftlich erstellte Vorsorgeverfügungen in ein von der Bundesnotarkammer betriebenes Datennetz einzuspeisen, dürfte über die vorbezeichnete Zwecksetzung hinausgehen.


Notwendig ist deshalb eine Aufgabenerweiterung zur Führung eines umfassenden Registers. Dem stehen verfassungsrechtliche Hindernisse unter dem Gesichtspunkt von Aufgabenverlagerungen auf einen öffentlich-rechtlichen Zwangsverband nicht entgegen:


Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Zwangsmitgliedschaft in einem öffentlich-rechtlichen Verband beurteilt sich nach Art. 2 Abs. 1 GG. Neben Art. 2 Abs. 1 GG ist Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, wenn der Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Zwangsverbandes eine berufsregelnde Tendenz zukommt, etwa wenn Berufspflichten fixiert werden.[2] Die hier in Rede stehende Führung eines Vorsorgevollmachtsregisters hat für die Notare jedoch keine berufsregelnde Wirkung.


Aus Art. 2 Abs. 1 GG ergibt sich für die Zwangsmitgliedschaft in einem öffentlich-rechtlichen Verband, dass eine solche nur durch ein Gesetz festgelegt werden kann, das in formeller wie in materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.[3] Dazu gehört auch, dass das Gesetz dem Erfordernis der Rechtsstaatlichkeit genügt, das den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs in sich schließt. Dem Einzelnen erwächst aus Art. 2 Abs. 1 GG das Recht, nicht durch eine Zwangsmitgliedschaft von "unnötigen" Körperschaften in Anspruch genommen zu werden.[4]


Erste Voraussetzung für die Errichtung eines öffentlich-rechtlichen Verbandes mit Zwangsmitgliedschaft ist die Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben.[5] Es ist jedoch Bestandteil des gesetzgeberischen Ermessens, welche Aufgaben der Staat nicht durch seine Behörden, sondern durch eine öffentlich-rechtliche Anstalt oder Körperschaft erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, es könne nur nachprüfen, ob der Gesetzgeber die Grenzen seines Ermessens beachtet habe, nicht aber, ob die Wahl der Organisationsform zweckmäßig oder notwendig gewesen sei.[6]


Legitime öffentliche Aufgaben in diesem Sinne sind solche, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber so geartet sind, dass sie weder im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss. Wenn der Staat solche Aufgaben Körperschaften des öffentlichen Rechts überträgt, handelt er grundsätzlich im Rahmen des ihm hier zustehenden weiten Ermessens.[7]


Neben der Wahrnehmung legitimer öffentlicher Aufgaben durch den Verband muss die Aufgabenübertragung verhältnismäßig sein. Zur Erreichung des vom Gesetzgeber erstrebten Zieles muss sie geeignet und erforderlich sein. Das Ziel darf nicht auf eine andere, den Einzelnen weniger belastende Weise ebenso gut erreicht werden können. Schließlich muss das Maß der den Einzelnen durch seine Pflichtzugehörigkeit treffenden Belastung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den ihm und der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen stehen.[8]


Diese Erwägungen gelten nicht nur für die Schaffung neuer öffentlich-rechtlicher Zwangsverbände, sondern ebenso für die Übertragung zusätzlicher Aufgabenbereiche, wenn es nicht bei der Erfüllung der ursprünglichen, verfassungsrechtlich unbedenklichen Aufgaben bleibt und die neuen Aufgaben den Charakter des Zwangsverbandes wesentlich verändern.[9]


Für die Führung des Vollmachtsregisters kann offen bleiben, ob damit der Charakter der Bundesnotarkammer – partiell – wesentlich verändert würde. Selbst wenn man dies annähme, dürfte die Übertragung dieser Aufgabe nach den genannten Maßstäben verfassungsrechtlich unbedenklich sein.


  1. Inhaltliche und technische Vorgaben

Die inhaltlichen und technischen Anforderungen können in Anlehnung an die Vorschriften des HGB über die Führung des elektronischen Registers erfolgen. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass die Erfüllung der der Bundesnotarkammer zu übertragenden Aufgabe der verfassungsrechtlich notwendigen Staatsaufsicht unterliegt. Dazu könnte es sich anbieten, § 77 Abs. 2 Satz 2 BNotO zu modifizieren.


III.Form der Vorsorgevollmacht


Im Rechtsverkehr, insbesondere bei Banken und Sparkassen, findet die Vorsorgevollmacht häufig keine Akzeptanz, da nicht gesichert ist, ob sie tatsächlich vom Vollmachtgeber stammt und seinen Willen wiedergibt (Problem der Identität und der Authentizität). Die Arbeitsgruppe hat deshalb bereits in ihrem Zwischenbericht dargelegt, wie durch formale Gestaltung Rechtssicherheit geschaffen werden kann. Darauf aufbauend war die Frage zu klären, welche der aufgezeigten Möglichkeiten am besten geeignet ist, einerseits Identität und Authentizität weitmöglichst zu gewährleisten, und andererseits so niedrigschwellig ist, dass sie in großem Umfang in der Bevölkerung Akzeptanz findet.


  1. Notarielle Beurkundung der Vorsorgevollmacht

Die notarielle Beurkundung bietet mehrere Vorteile. Im Geschäftsverkehr wird die Vollmachtsurkunde unproblematisch akzeptiert, da Zweifel an der Identität des Vollmachtgebers und der Authentizität seines Willens im Regelfall nicht entstehen. Zusätzlich wird der Vollmachtgeber über die rechtliche Tragweite seines Tuns belehrt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG). Schließlich ist der Notar nach § 11 BeurkG verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zu prüfen.[10] Fehlt dem Vollmachtgeber nach der Überzeugung des Notars die Geschäftsfähigkeit, soll er die Beurkundung ablehnen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BeurkG). Zweifel soll der Notar in die Niederschrift aufnehmen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BeurkG). Damit kommt der notariellen Urkunde ein gewisser Beweiswert zu, wenn die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers später in Frage gestellt wird.[11] Dieser Beweiswert wird aber wesentlich davon abhängen, nach welchen Kriterien der Notar die Geschäftsfähigkeit geprüft hat.[12] Zweifelsfälle wird die gerichtliche Praxis – unabhängig von dem Gehalt der notariellen Prüfung – ohnehin nur mit Hilfe eines Sachverständigen klären können.


Die notarielle Beurkundung hat jedoch den – nicht unerheblichen – Nachteil, dass die Schwelle für die Errichtung einer Vorsorgevollmacht wesentlich erhöht wird.[13] Eine gesetzliche Regelung, die die notarielle Beurkundung vorschreibt, hätte zur Folge, dass das Ziel, mit der Vorsorgevollmacht einen möglichst großen Teil der Bevölkerung zu erreichen, nur auf einem Weg erreicht werden kann, den weite Kreise der Bevölkerung als beschwerlich ansehen.


  1. Eigenhändig geschriebene und unterschriebene Vorsorgevollmacht

Das an die Testamentsform des § 2247 Abs. 1 BGB angelehnte Erfordernis des eigenhändigen Schreibens und Unterschreibens kann zwar ebenfalls Identität und Authentizität belegen. Für den Rechtsverkehr ist das jedoch nicht unmittelbar nachvollziehbar, da im Regelfall keine Kenntnisse über die Schrift des Vollmachtgebers vorhanden sind. Die eigenhändig geschriebene und unterschriebene Vorsorgevollmacht dürfte deshalb nicht reibungslos und damit Betreuungsverfahren vermeidend umgesetzt werden können.


  1. Notarielle und behördliche Beglaubigung der Vorsorgevollmacht

Eine notarielle Beglaubigung beugt ebenfalls möglichen Identitätszweifeln vor. Den Notar trifft aber weder eine Belehrungs- noch eine Prüfungspflicht nach §§ 11, 17 BeurkG.[14] Er darf nach §§ 40 Abs. 2, 4 BeurkG aber die Beglaubigung verweigern, wenn erkennbar unredliche Zwecke verfolgt werden. Das dürfte in Fällen offensichtlicher Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers der Fall sein.[15]


Eine behördliche – öffentliche – Beglaubigungskompetenz könnte in Anlehnung an §§ 59, 87e SGB VIII geschaffen werden.[16] Über § 1 Abs. 2 BeurkG würden die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes bei Schaffung einer (weiteren) Urkundsperson entsprechende Anwendung finden.[17] Da die Betreuungsbehörden bereits jetzt nach § 6 Satz 2 Betreuungsbehördengesetz verpflichtet sind, über die Möglichkeiten eigenverantwortlicher Vorsorge zu informieren, erscheint eine behördliche Beglaubigungskompetenz im Sinne einer öffentlichen Beglaubigung als ein sinnvolles Instrument, einerseits Rechtssicherheit zu schaffen und andererseits möglichst viele Menschen zu erreichen.


4.Gesetzesvorschlag


Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb vor, eine Beglaubigungskompetenz der Betreuungsbehörden für Vorsorgevollmachten wie folgt zu schaffen:


„Artikel X


Änderung des Betreuungsbehördengesetzes


§ 6 des Betreuungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. September 1990 (BGBl I S. 2002, 2025), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:


    1. Der Inhalt der Vorschrift wird Absatz 1.
    1. Es werden folgende Absätze angefügt:

„(2) Die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde ist befugt, Unterschriften oder Handzeichen auf Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen zu beglaubigen. Dies gilt nicht für Unterschriften oder Handzeichen ohne dazugehörigen Text. Die Zuständigkeit der Notare, anderer Personen oder sonstiger Stellen für öffentliche Beurkundungen und Beglaubigungen bleibt unberührt.


(3) Die Urkundsperson soll eine Beglaubigung nicht vornehmen, wenn ihr in der betreffenden Angelegenheit die Vertretung eines Beteiligten obliegt.


(4) Die Betreuungsbehörde hat geeignete Beamte und Angestellte zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 zu ermächtigen. Die Länder können Näheres hinsichtlich der fachlichen Anforderungen an diese Personen regeln.


(5) Für jede Beglaubigung nach Absatz 2 wird eine Gebühr von 10 Euro erhoben; Auslagen werden gesondert nicht erhoben. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung der Gebühr im Einzelfall abgesehen werden. Die Beratung nach Absatz 1 ist gebühren- und auslagenfrei.


(6) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Gebühren und Auslagen für die Beratung und Beglaubigung abweichend von Absatz 5 zu regeln. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.”


Begründung


a)Allgemeines

Zur Erleichterung des täglichen Rechtsverkehrs, insbesondere gegenüber Sparkassen und anderen Instituten erscheint es sinnvoll und zweckmäßig, in den Aufgabenkreis der Betreuungsbehörden die Beglaubigung von Unterschriftsleistungen und Handzeichen aufzunehmen, um (damit) die Akzeptanz im Rechtsverkehr zu erhöhen.

b)zu § 6 BtBG


Der Inhalt der bisherigen Vorschrift wird Abs. 1. Es werden die Absätze 2 bis 5 angefügt.


Die neuen Absätze 2 bis 5 sind der Vorschrift des § 59 SGB VIII nachgebildet und enthalten die Regelungen zur Beglaubigungsfunktion der Betreuungsbehörde. Beglaubigungen von Unterschriften und Handzeichen auf Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen können danach unabhängig von einer vorherigen Beratung durch die Betreuungsbehörde vorgenommen werden. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist festzuhalten, dass eine Vorsorgevollmacht grundsätzlich nicht formbedürftig ist, § 167 Abs. 2 BGB, abgesehen von den Fällen der §§ 1904 Abs. 2, 1906 Abs. 5 S. 1 BGB, die Schriftform verlangen. Der öffentlichen Beglaubigung als einer „gesteigerten Schriftform“ kommt aber ein stärkeres Gewicht zu; sie eröffnet dem Erklärungsempfänger eine Rechtssicherheit erzeugende Nachweismöglichkeit[18]. Damit können im Geschäftsverkehr Identifizierungsprobleme beim Gebrauch der Vollmacht vermieden und ihre Akzeptanz insbesondere gegenüber Banken gestärkt werden. Ihnen wird das Risiko genommen, dass die Unterschrift unter der Vollmacht tatsächlich nicht von dem Vollmachtgeber stammt.

Die Kompetenz des Bundes für die Einführung einer Beglaubigungsbefugnis und einer Gebührenregelung folgt aus Art. 84 Abs.1 GG. Danach kann der Bund den Ländern durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren vorschreiben, wenn es um den Vollzug von Bundesgesetzen geht[19]. Diese Voraussetzungen treffen auf die im Entwurf enthaltenen Regelungen (Umsetzung von §§ 1904 Abs. 2, 1906 Abs. 5 BGB) zu.


Im Verhältnis zu den notariellen Beglaubigungen nach §§ 126, 129 BGB handelt es sich bei der Beglaubigungsbefugnis der Betreuungsbehörde um einen eigenständigen Formtatbestand einer öffentlichen – nicht notariellen – Beglaubigung für die dort angegebenen Zwecke. Er geht den Regeln des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches als Spezialvorschrift vor. Daher muss daneben ausdrücklich angeordnet werden, dass die Zuständigkeit der Notare für Beglaubigungen unberührt bleibt. Als ausdrückliche Spezialregelung zu den allgemeinen Bestimmungen der §§ 126, 129 BGB kommt ihr auch die Beweis- und Vermutungswirkung der §§ 416, 440 Abs. 2 ZPO zu, ohne dass diese Vorschriften geändert werden müssten.


§ 6 Abs. 3 und 4 BtBG-E dienen dazu, die Qualität der Beratung durch die Behörden sicherzustellen sowie Interessenkollisionen zu vermeiden und entsprechen damit § 59 Abs. 2 und 3 SGB VIII.


§ 6 Abs. 5 BtBG-E regelt die zu erhebenden Gebühren. Sie unterscheiden sich von denen der Notare. Notare erhalten für Beglaubigungen nach §§ 141, 45 Abs. 1, 41, 32, 33, 151 a KostO eine Gebühr von € 10 bis € 130 zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Höhe berechnet sich nach dem Geschäftswert. Zugrunde gelegt wird nach § 45 Abs. 1 S. 2, 41 KostO der Geschäftswert der Vollmacht. Dieser bestimmt sich bei Vollmachten zum Abschluss eines genau konkretisierten Geschäfts nach dem Wert dieses Geschäftes (§ 41 Abs. 1  KostO); bei allgemeinen Vollmachten wird der Wert nach freiem Ermessen bestimmt, wobei der Umfang der Ermächtigung und das Vermögen des Vollmachtgebers zu berücksichtigen sind (§ 41 Abs. 2 KostO). Die Gebühren der Notare sind also vom Einzelfall abhängig und können höher sein als die für Beglaubigungen der Betreuungsbehörde vorgesehene Pauschalgebühr von € 10.


Für die Beratung, die der Notar anlässlich der Beglaubigung ggf. durchführen muss (§ 17 BeurkG), erhält er nach §§ 35, 141 KostO keine gesonderte Gebühr. Dies gilt auch, wenn der Notar eine Vollmacht beurkundet. Insoweit besteht also kein Unterschied zu der vorgesehenen Gebührenregelung, die eine Kostenfreiheit der Beratung vorsieht. Gebührenfrei sind Beurkundungen nach § 62 Abs. 1 BeurkG (§ 55a KostO, h.M.[20]) sowie bestimmte Beurkundungen und Beglaubigungen, die im Sozial-, Kinder- und Jugendhilferecht sowie im Recht der Kriegsopferfürsorge erforderlich werden (§ 143 Abs. 2 Satz 2 KostO i.V. m. § 64 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Auslagen können in diesen Fällen aber erhoben werden


Bei Mittellosigkeit einer Person gilt für die notarielle Tätigkeit § 17 Abs. 2 BNotO, der die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe in der ZPO für entsprechend anwendbar erklärt. Eine entsprechende Regelung für die Betreuungsbehörden wäre angesichts der geringen Höhe der Beglaubigungsgebühr einerseits und der relativ komplizierten Vorschriften über die Prozesskostenhilfe andererseits nicht sinnvoll. Deshalb ist in Satz 2 die Möglichkeit vorgesehen, ohne allzu großen bürokratischen Aufwand von der Erhebung der Gebühr in Einzelfällen abzusehen.


Durch die in Absatz 6 enthaltene Öffnungsklausel soll den Ländern die Möglichkeit gegeben werden, Besonderheiten in landesrechtlichen Regelungen berücksichtigen zu können.

IV.Erweiterung der Beratungskompetenz von Betreuungsvereinen und Betreuungsbehörden


Nach jetziger Rechtslage sind die Betreuungsvereine verpflichtet, planmäßig über Vorsorgevollmachten zu informieren (§ 1908 f Abs. 1 Nr. 2a BGB). Eine Beratung der Bevollmächtigten – parallel zur Beratung ehrenamtlicher Betreuer – sieht das Gesetz aber nicht vor. Das gilt entsprechend für den Tätigkeitsbereich der Betreuungsbehörde. Diese fördert die Aufklärung und Beratung über Vorsorgevollmachten (§ 6 Satz 2 BtBG), ist aber nur verpflichtet, Betreuer bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen (§ 4 BtBG).


Zur weiteren Förderung der Vorsorgevollmacht hält es die Arbeitsgruppe deshalb für erforderlich, die Kompetenzen der Betreuungsvereine und der Betreuungsbehörden zu erweitern. Dies betrifft die Beratung bei der Erstellung von Vorsorgevollmachten und die Begleitung von Bevollmächtigten nach Eintritt des Vertretungsfalls. In gleichem Umfang sollen auch die Betreuungsbehörden Beratungsaufgaben übernehmen. Eine wesentliche zusätzliche Belastung für Betreuungsvereine und Betreuungsbehörden dürfte mit diesen Vorschlägen nicht einhergehen, da in vielen Fällen der Vollmachtserteilung an die Stelle eines zu beratenden ehrenamtlichen Betreuers der Bevollmächtigte tritt.


Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb folgende Ergänzungen in §§ 1908 f Abs. 1 BGB, 6 BtBG vor:


„Artikel X


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:


§ 1908 f Abs. 1 wird wie folgt geändert:


a)Nr. 2 wird wie folgt gefasst:


„2.sich planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer bemüht, diese in ihre Aufgaben einführt und fortbildet.“


b)Nach Nr. 2a wird folgende neue Nr. 2b eingefügt:


„2b.Personen bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung sowie ehrenamtliche Betreuer und Bevollmächtigte berät,“


Artikel X


Änderung des Betreuungsbehördengesetzes


§ 6 des Betreuungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. September 1990 (BGBl I S. 2002, 2025), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:


„(1) Zu den Aufgaben der Behörde gehört es auch,


1.die Tätigkeit einzelner Personen sowie von gemeinnützigen und freien Organisationen zu Gunsten Betreuungsbedürftiger anzuregen und zu fördern;


2.die Aufklärung und Beratung über Vollmachten und Betreuungsverfügungen zu fördern;


3.Personen bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung sowie Bevollmächtigte zu beraten.“


Begründung


a)Allgemeines


Derzeit obliegt es den Betreuungsvereinen u.a., ehrenamtliche Betreuer zu gewinnen, sie in ihre Aufgaben einzuführen, fortzubilden und zu beraten, § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 BGB. Über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen haben die Betreuungsvereine zu informieren, § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 a BGB.


Der Aufgabenkreis der Betreuungsbehörden umfasst u.a., die Tätigkeit einzelner Personen sowie von gemeinnützigen und freien Organisationen zugunsten Betreuungsbedürftiger anzuregen und zu fördern. Sie fördern auch die Aufklärung und Beratung über Vollmachten und Betreuungsverfügungen, § 6 BtBG. Die Bedeutung von Vorsorgevollmachten kann verstärkt werden, wenn die Betreuungsvereine und Betreuungsbehörden nicht nur allgemein über (mögliche) Inhalte informieren, sondern auch bei der Errichtung beratend und unterstützend mitwirken. Denn durch die Erteilung von Vorsorgevollmachten können Betreuungsanordnungen vermieden werden, vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB. Den Betreuungsvereinen und -behörden soll darüber hinaus die Aufgabe der Beratung der rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten übertragen werden. Sie dürften einen ähnlichen Beratungsbedarf wie die ehrenamtlichen Betreuer haben.


b)zu § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 und 2b BGB


In der neuen Nummer 2b werden die Bereiche zusammengefasst, in denen die Betreuungsvereine künftig beratend tätig werden sollen. Weil die Beratung von ehrenamtlichen Betreuern ebenfalls darunter fällt, kann dies in Nr. 2 gestrichen werden.


Die Aufgabe der Beratung umfasst auch die Rechtsberatung im Einzelfall. Die Vorschrift eröffnet anerkannten Betreuungsvereinen damit zugleich die Befugnis, rechtsberatend für Dritte tätig zu werden. Dabei hat, auch mit Rücksicht auf mögliche Haftungsfolgen, eine Verweisung des Rechtssuchenden an einen Rechtskundigen in Gestalt eines Rechtsanwalts oder Notars zu erfolgen, wenn schwierige Rechtsfragen betroffen sind, zu deren Klärung sich der Beratende nicht in der Lage sieht.


Einer Klarstellung der Rechtsberatungsbefugnis des Betreuungsvereins im Rechtsberatungsgesetz bedarf es nicht. Als spätere bundesgesetzliche Regelung geht die Vorschrift entgegenstehenden Regelungen im Rechtsberatungsgesetz vor.


c)zu § 6 BtBG


Der bisherige § 6 BtBG wird in dem neuen Absatz 1 wiedergegeben und durch die individuelle Beratungsaufgabe bei Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen und gegenüber den Bevollmächtigten entsprechend der Regelung in § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 b BGB ergänzt. Die Beratung der Betreuer ist weiterhin in § 4 BtBG geregelt. Hinsichtlich der Verweisung des um eine Beratung Nachsuchenden an einen Notar oder Rechtsanwalt gilt das zu der Beratungspflicht der Betreuungsvereine Gesagte entsprechend.


  1. Rechtsberatungsgesetz

Vorsorgevollmacht und Rechtsberatungsgesetz haben unter Berücksichtigung der zu IV. vorgeschlagenen Modifizierungen drei Berührungspunkte: Die Beratungstätigkeit der Betreuungsbehörden und Betreuungsvereine sowie die Wahrnehmung der Interessen des Vollmachtgebers durch den Bevollmächtigten. Zu diesen Konstellationen ist anzumerken:


1.

Die Beratungstätigkeit der Betreuungsbehörde unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes (§ 3 Nr. 1 RBerG).

2.

Für die Beratungstätigkeit der Betreuungsvereine bedarf es keiner Klarstellung im Rechtsberatungsgesetz. Als spätere bundesgesetzliche Regelung geht die Neufassung von § 1908f Abs. 1 Nr. 2b BGB entgegenstehenden Regelungen im Rechtsberatungsgesetz vor.


3.

Die Tätigkeit der Bevollmächtigten ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG danach zu beurteilen, ob sie geschäftsmäßig betrieben wird. Geschäftsmäßigkeit erfordert eine selbständige, mit Wiederholungsabsicht erfolgende Tätigkeit, die nicht nur aus besonderen Gründen als Gefälligkeit ausgeübt wird.[21] Soweit der Bevollmächtigte ausschließlich für einen Vollmachtgeber unentgeltlich tätig wird und werden will, dürfte bereits deshalb kein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz gegeben sein.


Problematischer erscheint die Konstellation, dass ein Bevollmächtigter aufgrund verwandtschaftlicher oder freundschaftlicher Beziehungen unentgeltlich in mehr als einem Fall als Vorsorgebevollmächtigter tätig wird bzw. werden will. Liegt darin insgesamt eine Tätigkeit, die als Gefälligkeit und damit nicht geschäftsmäßig ausgeübt wird? Diese Frage ist in der Rechtsprechung bisher nicht beantwortet.


Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die besondere Konstellation der Vorsorgevollmacht bei der im Jahr 2004 beabsichtigten Änderung des Rechtsberatungsgesetzes zu berücksichtigen, und schlägt für eine Neuregelung folgende Eckpfeiler vor:


  • Die Beauftragung als Vorsorgebevollmächtigter im nahen Angehörigenkreis sollte nicht dem Rechtsberatungsgesetz unterfallen.
  • Außerhalb des familiären Bereichs sollte an eine Begrenzung von bis zu drei Vollmachten gedacht werden. Damit wird zum einen geeigneten Personen ermöglicht, als Vertrauenspersonen im Freundeskreis für mehrere Vollmachtgeber tätig zu werden. Zum anderen wird mit der Begrenzung die Herausbildung eines Berufsbevollmächtigten verhindert, dessen Tun nicht durch eine Vertrauensbasis legitimiert ist und sich einer gerichtlichen Kontrolle entzieht.
  1. Prozessfähigkeit: §§ 51, 52 ZPO

§ 51 ZPO bestimmt, dass eine nicht prozessfähige natürliche Person prozessual (nur) durch einen gesetzlichen Vertreter handeln kann. Das legt die Frage nahe, ob die Vorsorgevollmacht prozessual unerheblich ist.


1.

Die Lösung des Problems könnte in § 52 ZPO gesehen werden. Danach ist prozessfähig, wer sich durch Verträge verpflichten kann. Prozess- und Geschäftsfähigkeit sollen gleich laufen. Wer eines gesetzlichen Vertreters bedarf, weil er rechtsgeschäftlich handlungsunfähig geworden ist, muss prozessual ebenfalls gesetzlich vertreten werden. Umgekehrt: Wer rechtsgeschäftlich keines gesetzlichen Vertreters bedarf, muss prozessual nicht gesetzlich vertreten werden.


Aus § 1896 Abs. 2 Satz 2, 1. Fall BGB folgt, dass ein Volljähriger keines gesetzlichen Vertreters bedarf, wenn ein wirksam Bevollmächtigter seine Angelegenheiten wahrnimmt. Dementsprechend ist der Kranke durch seinen Bevollmächtigten rechtsgeschäftlich handlungsfähig (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) und damit prozessfähig[22].


2.

Demgegenüber wird jedoch vertreten, dass eine nicht geschäftsfähige und damit nicht prozessfähige Partei für das gerichtliche Verfahren eines gesetzlichen Vertreters bedarf.[23] Dies folge aus § 51 Abs. 1 ZPO, wonach geschäftsunfähige Parteien durch einen gesetzlichen Vertreter prozessuale Handlungsfähigkeit erlangten.


Dieses Ergebnis ist mit dem Prinzip der Subsidiarität nicht vereinbar, belastet den Betroffenen, der eine Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen sowie eine Anhörung durch das Gericht und ggf. Verfahrenspfleger erdulden muss, und ist unökonomisch.


3.

Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb vor, § 51 Abs. 1 ZPO dahingehend zu modifizieren, dass der Klammerzusatz „(gesetzlicher Vertreter)“ gestrichen wird. Damit wird klargestellt, dass auch im Zivilprozess ein Geschäftsunfähiger durch einen Bevollmächtigten vertreten werden kann.


Pass-, Personalausweis- und Melderecht

1.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 PaßG kann für Personen, die geschäftsunfähig sind, nur der zur Bestimmung des Aufenthaltsrechts befugte Sorgeberechtigte einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses stellen. Notwendig ist deshalb die Bestellung eines Betreuers mit dem Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung. Eine rechtsgeschäftliche Vertretung durch einen Bevollmächtigten ist dagegen in § 6 Abs. 1 Satz 4 PaßG ausdrücklich ausgeschlossen. Begründet wird der Ausschluss eines Bevollmächtigten mit dem Hinweis darauf, bei der Antragstellung handele es sich um eine höchstpersönliche Tätigkeit.[24]


Im PAuswG und den Landespersonalausweisgesetzen fehlen Regelungen, die § 6 Abs. 1 Satz 4 PaßG entsprechen, wonach eine Vertretung durch einen Bevollmächtigten ausdrücklich ausgeschlossen wird. Die Landespersonalausweisgesetze enthalten lediglich Vorschriften, die ähnlich § 6 Abs. 1 Satz 5 PaßG die Antragstellung für den Fall, dass ein Betreuer bestellt ist, diesem zuweist. Gleichwohl wird angenommen, dass für einen Geschäftsunfähigen nur ein Betreuer handeln könne und eine rechtsgeschäftliche Vertretung wegen des höchstpersönlichen Charakters der Antragstellung unzulässig sei.[25]


Entsprechendes gilt im Bereich des Melderechts. Obwohl weder das MRRG noch die Landesmeldegesetze eine rechtsgeschäftliche Vertretung bei der Anmeldung ausdrücklich ausschließen, wird zu den Vorschriften der Landesmeldegesetze zur Durchführung der allgemeinen Meldepflicht die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Meldepflicht um eine höchstpersönliche Pflicht handele, die der Meldepflichtige selbst zu erfüllen habe und daher eine Vertretung unzulässig sei[26].


2.

Das Argument, wegen der Höchstpersönlichkeit des Antrags sei gerade eine rechtsgeschäftliche, aber keine gesetzliche Vertretung ausgeschlossen, erscheint fraglich. Wenn ein Rechtsgeschäft oder eine Verfahrenshandlung nur höchstpersönlich wahrgenommen werden kann, ist jede Art von Vertretung ausgeschlossen, auch die gesetzliche.


Die Arbeitsgruppe hat deshalb mit dem Bundesinnenministerium und mit einzelnen Landesinnenministerien Kontakt aufgenommen, um die Problematik zu erörtern. Von Seiten einzelner Innenressorts bestand keine umfassende Bereitschaft, die geltende Rechtslage zu modifizieren. Tragfähige Argumente, warum nur für die Beantragung eines Passes, eines Personalausweises oder der Erfüllung der Meldepflicht ein Betreuer bestellt werden muss, obwohl eine Vollmacht vorliegt, sind nicht mitgeteilt worden.


3.

Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb vor, die bundesrechtlichen und ggf. landesrechtlichen Gesetze zur Beantragung eines Passes und eines Personalausweises sowie zur Erfüllung der Meldepflicht dahingehend zu reformieren, dass eine Vertretung durch einen Bevollmächtigten möglich ist.

Kapitel 2:Gesetzliche Vertretungsmacht


Im familiären Bereich ist es weitverbreitete Auffassung, dass im Fall einer schweren Erkrankung die nahen Angehörigen, insbesondere der Ehegatte oder Lebenspartner, befugt sind, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Die Arbeitsgruppe hat deshalb in ihrem Zwischenbericht die Normierung einer gesetzlichen Vertretungsmacht für nahe Angehörige empfohlen, um typische Aufgabenkreise abzudecken. Zudem hat die Arbeitsgruppe angeregt, die Regelung einer umfassenden gesetzlichen Vertretungsmacht eingehend zu diskutieren.


  1. Ergebnisse der weiteren Beratung

Im Zuge der weiteren Beratungen ist die Arbeitsgruppe zu folgenden Ergebnissen gelangt:


1.

Eine umfassende, alle Bereiche umfassende gesetzliche Vertretungsmacht sollte nicht normiert werden:


-Eine so weit gehende Befugnis, insbesondere zur Vertretung in allen Vermögensangelegenheiten und in Unterbringungsverfahren, entspricht nicht generell der Vorstellung der betroffenen Personenkreise. Für die Erfassung aller Aufgabenkreise ist die Vorsorgevollmacht das richtige Rechtsinstitut, um einzelfallbezogen die notwendigen Anordnungen treffen zu können.


-Im Fall einer generellen gesetzlichen Vertretungsmacht müsste zum einen eine Widerrufsmöglichkeit mit Publizierung etwa im Güterrechtsregister geschaffen und zum anderen dem Rechtsverkehr das Recht eingeräumt werden, auf dieses – zentrale – Register schnell zuzugreifen. Das wäre mit erheblichen praktischen und datenschutzrechtlichen Schwierigkeiten verbunden, die das Rechtsinstitut in erheblicher Weise entwertete.


-Zur Verhinderung eines Missbrauchs der gesetzlichen Vertretungsmacht im Bereich der Vermögenssorge müssten an das Vormundschaftsrecht angelehnte Kontrollmechanismen eingebaut werden, die für den Rechtsverkehr schwerfällig wären und zu einem erheblichen Bürokratieaufwand führten.


2.

Entgegen dem Votum des Zwischenberichts soll die gesetzliche Vertretungsmacht nicht mit der Eheschließung begründet werden. Dies sichert zwar die Unabhängigkeit der Vertretungsmacht von einer Bedingung, führt aber zu erheblichen Vorbehalten bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Wirksamkeit der Vertretungsmacht nach außen ist deshalb grundsätzlich an die Vorlage eines ärztlichen Attests zu knüpfen, aus dem sich die krankheitsbedingte Handlungsunfähigkeit des Ehegatten oder Lebenspartners ergibt.


3.

Kinder und Eltern sind nur für den Bereich der Gesundheitssorge und nachrangig zu einem Ehegatten oder Lebenspartner in die gesetzliche Vertretungsmacht einzubeziehen. Damit sollen insbesondere auch folgende Fälle erfasst werden:


Ein alleinstehender Elternteil wird in einem nicht mehr ansprechbaren Zustand in ein Krankenhaus eingeliefert. Das (einzige) volljährige Kind muss befugt sein, mit den Ärzten die notwendigen Maßnahmen zu besprechen und für Vater oder Mutter in die Behandlung einzuwilligen.


Das 19 Jahre alte, nicht verheiratete Kind wird bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und komatös in ein Krankenhaus gebracht. Vater und/oder Mutter sind dazu berufen, mit den Ärzten zu sprechen und in die ärztliche Behandlung einzuwilligen.


4.

Auf diesen Grundlagen schlägt die Arbeitsgruppe entsprechend dem nachfolgenden Entwurf die Normierung einer gesetzlichen Vertretungsmacht vor, die für Ehegatten und Lebenspartner die Bereiche der Gesundheitssorge, der Sozialleistungen, den Abschluss eines Heimvertrags, die Abgabe von Einkommensteuererklärungen und den beschränkten Zugriff auf ein laufendes Girokonto umfasst, sowie Eltern und Kindern eine gegenüber Ehegatten und Lebenspartnern nachrangige Vertretungsbefugnis im Bereich der Gesundheitssorge einräumt. Damit sollen in der Gesellschaft weit verbreitete Vorstellungen im Gesetz abgebildet werden.


II.Gesetzesvorschlag


„Artikel 1


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:


1.Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:


a)Die § 1358 betreffende Zeile wird wie folgt gefasst:


„§ 1358 Gesetzliche Vertretungsmacht für Giroverträge“


b)Nach der § 1358 betreffenden Zeile werden folgende Zeilen eingefügt:


„§ 1358a Gesetzliche Vertretung für Sozial- und Versicherungsleistungen

§ 1358b Gesetzliche Vertretung im Steuerverfahren
§ 1358c Gesetzliche Vertretungs- und Erklärungsbefugnis für die Gesundheitssorge
§ 1358d Gesetzliche Vertretung in Wohnungsangelegenheiten“


c)Nach der § 1618a betreffenden Zeile wird folgende Zeile eingefügt:


„§ 1618b Gesetzliche Vertretungs- und Erklärungsbefugnis für die Gesundheitssorge“


2.Nach § 1357 werden folgende §§ 1358 bis 1358c eingefügt :


㤠1358

Gesetzliche Vertretung für Giroverträge


(1) Ist ein Ehegatte infolge eines Unfalles, einer Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage, seine Rechte und Pflichten aus einem Girovertrag selbst, durch einen Bevollmächtigten oder durch einen bestellten Betreuer wahrzunehmen, kann ihn der andere Ehegatte nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dies gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.


(2) Der Vertreter darf innerhalb von 30 Tagen [eines Kalendermonats] über vorhandene Guthaben in Höhe von 3000 Euro verfügen, die dem berechtigten Ehegatten gegenüber einem Kreditinstitut zustehen. Zusätzlich darf er über Guthaben aus einmaligen Geldleistungen nach den §§ 18 bis 29 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, privater Krankenversicherer sowie beamtenrechtlicher Beihilfestellen verfügen. Unterhält der berechtigte Ehegatte Girokonten bei verschiedenen Kreditinstituten, gilt der in Satz 1 genannte Höchstbetrag für jedes kontoführende Kreditinstitut gesondert. 


(3) Der andere Ehegatte gilt als vertretungsberechtigt, wenn er dem kontoführenden Kreditinstitut 


1.ein ärztliches Zeugnis über die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorlegt. Das Zeugnis muss bescheinigen, dass eine persönliche Untersuchung vor nicht länger als sechs Monaten stattgefunden hat und bei der Untersuchung soweit möglich ihr Zweck erläutert wurde,


  1. schriftlich erklärt, nicht getrennt zu leben,

3.schriftlich erklärt, dass ihm das Vorliegen einer Vollmacht oder Betreuung nicht bekannt ist.


Dies gilt nicht, wenn das Kreditinstitut bei Vornahme des Rechtsgeschäfts das Fehlen der Voraussetzungen des Absatzes 1 kennt oder kennen muss.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn der aus dem Girovertrag berechtigte Ehegatte durch Erklärung gegenüber dem Kreditinstitut einer Vertretung durch seinen Ehegatten vor Vornahme des Rechtsgeschäfts widersprochen hat.


§1358a

Gesetzliche Vertretung für Sozial- und Versicherungsleistungen


(1) Ist ein Ehegatte infolge eines Unfalles, einer Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage, selbst oder durch einen Bevollmächtigten oder durch einen bestellten Betreuer Leistungen nach den §§ 18 bis 29 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, nach dem Opferentschädigungsgesetz, aus privaten Krankenversicherungen, beamtenrechtlicher Beihilfe, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und aus einem Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge–Zertifizierungsgesetzes geltend zu machen und entgegenzunehmen, kann ihn der andere Ehegatte insoweit gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dies gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.


(2) Der andere Ehegatte gilt als vertretungsberechtigt, wenn er dem Leistungsträger


1.ein ärztliches Zeugnis über die Voraussetzungen des Absatz 1 Satz 1 vorlegt. Das Zeugnis muss bescheinigen, dass eine persönliche Untersuchung vor nicht länger als sechs Monaten stattgefunden hat und bei der Untersuchung soweit möglich ihr Zweck erläutert wurde.


  1. schriftlich erklärt, nicht getrennt zu leben.

3.schriftlich erklärt, dass ihm das Vorliegen einer Vollmacht oder Betreuung nicht bekannt ist.


Dies gilt nicht, wenn der Leistungsträger bei der Leistung das Fehlen der Voraussetzungen des Absatzes 1 kennt oder kennen muss.


(3) § 1358 Absatz 4 gilt entsprechend.


§ 1358b

Gesetzliche Vertretung im Steuerverfahren


§ 1358a gilt entsprechend für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung sowie die Abgabe von Erklärungen hinsichtlich der Einkommensteuer, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden steuerlichen Nebenleistungen und für die Entgegennahme von Erstattungen.


§ 1358c

Gesetzliche Vertretungs- und Erklärungsbefugnis für die Gesundheitssorge


(1) Soweit ein Ehegatte infolge eines Unfalles, einer Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, selbst oder durch einen Bevollmächtigten oder durch einen bestellten Betreuer Erklärungen abzugeben, die auf die Vornahme einer Untersuchung des Gesundheitszustandes, einer Heilbehandlung oder eines ärztlichen Eingriffs gerichtet sind, kann der andere Ehegatte diese Erklärungen abgeben. Dies gilt nicht, sofern ein entgegenstehender Wille des Betroffenen gegenüber dem Arzt, der Klink oder dem anderen Ehegatten bekundet wurde.


(2) § 1904 Abs. 1 gilt auch für Erklärungen nach Absatz 1.


(3) Der andere Ehegatte gilt als erklärungsbefugt, wenn er dem Arzt erklärt,


1.nicht getrennt zu leben,


  1. dass ihm das Vorliegen einer Vollmacht oder Betreuung nicht bekannt ist,

3.dass ihm ein entgegenstehender Wille des Ehegatten nicht bekannt ist.


Dies gilt nicht, wenn der Arzt das Fehlen der Voraussetzungen des Absatzes 1 kennt oder kennen muss.


§ 1358d

Gesetzliche Vertretung in Wohnungsangelegenheiten


(1) Ist ein Ehegatte infolge eines Unfalles, einer Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage, seine Rechte und Pflichten selbst, durch einen Bevollmächtigten oder durch einen bestellten Betreuer wahrzunehmen, kann ihn der andere Ehegatte nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dies gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.


(2) Der Ehegatte darf ein mit dem anderen Ehegatten bestehendes Mietverhältnis kündigen oder aufheben. § 1907 Abs. 1 gilt entsprechend. Der Ehegatte darf einen Heimvertrag abschließen und Rechte und Pflichten aus einem Heimvertrag wahrnehmen. 


(3) Der andere Ehegatte gilt gegenüber dem Vertragspartner als vertretungsberechtigt, wenn er ihm


  1. ein ärztliches Zeugnis über die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorlegt. Das Zeugnis muss bescheinigen, dass eine persönliche Untersuchung vor nicht länger als sechs Monaten stattgefunden hat und bei der Untersuchung soweit möglich ihr Zweck erläutert wurde,
  1. schriftlich erklärt, nicht getrennt zu leben,
  1. schriftlich erklärt, dass ihm das Vorliegen einer Vollmacht oder Betreuung nicht bekannt ist.

Dies gilt nicht, wenn der Vertragspartner bei Vornahme des Rechtsgeschäfts das Fehlen der Voraussetzungen des Absatzes 1 kennt oder kennen muss.


(3) § 1358 Absatz 4 gilt entsprechend.“


3.Nach § 1618a wird folgender § 1618b eingefügt:


㤠1618b

Gesetzliche Vertretungs- und Erklärungsbefugnis für die Gesundheitssorge


(1) § 1358c gilt im Verhältnis von Eltern und ihren volljährigen Kindern entsprechend, es sei denn, es ist ein erklärungsbefugter Ehegatte oder Lebenspartner vorhanden. Die nach § 1358c Abs. 3 abzugebende Erklärung hat sich auch auf diesen Umstand zu beziehen.


(2) Kinder sind vor Eltern erklärungsbefugt. Bei mehreren gleichrangigen Angehörigen genügt die Erklärung eines von ihnen; es ist jedoch der Widerspruch eines jeden von ihnen beachtlich. Ist ein vorrangiger Angehöriger innerhalb angemessener Zeit nicht erreichbar, genügt die Erklärung des nächsterreichbaren nachrangigen Angehörigen.“


4.§ 1896 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:


„(2) Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen


1.durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen gehört, oder


2.durch einen hierzu befugten Angehörigen in den Fällen der §§ 1358 bis 1358d, 1618b oder


3.durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird,


ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.“


Artikel 2


Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes


§ 8 Abs. 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) wird wie folgt gefasst:


„(2) Die §§ 1357 bis 1358d und die §§ 1365 bis 1370 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.“


Begründung:


a)Allgemeines:


Die Auseinandersetzung mit schweren psychischen Krankheiten, geistigen oder seelischen Behinderungen, mit Altersdemenz und dem Tod unterliegt einem Verdrängungsprozess. Viele Menschen werden sich daher – ähnlich wie beim Testament – nicht mit den Möglichkeiten privatautonomer Vorsorge durch Vollmachten auseinandersetzen. Das erscheint für die meisten Bürgerinnen und Bürger auch nicht notwendig, entspricht es doch allgemeiner Vorstellung, dass nahe Angehörige, insbesondere Ehepartner, berechtigt sind, im Krankheitsfall die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Die Betroffenen und ihre nahen Angehörigen sind deshalb häufig überrascht und verunsichert, wenn im Fall einer psychischen Erkrankung, geistigen oder seelischen Behinderung oder Altersdemenz ein Betreuungsverfahren eingeleitet wird. Folgendes typisches Beispiel dient zur Verdeutlichung der Problematik:


Ein verheirateter Mann von 65 Jahren muss sich einer Operation unterziehen. Als Folge der Narkose ist er – zumindest vorübergehend – zeitlich, örtlich und inhaltlich nicht orientiert. Als der Mann aus dem Krankenhaus entlassen wird, sind verschiedene Entscheidungen für ihn zu treffen: Sozialleistungen sind zu beantragen und entgegenzunehmen, die weitere medizinische Behandlung ist abzuklären, eine ambulante Pflege ist zu organisieren, ggf. ist ein Heimplatz zu suchen und zur Deckung der laufenden Kosten muss auf das Girokonto des Mannes zugegriffen werden können. Als die Ehefrau versucht, die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten, erfährt sie, dass sie dafür als Betreuerin ihres Mannes bestellt werden muss. Sie regt deshalb beim zuständigen Vormundschaftsgericht ihre Bestellung als Betreuerin an. Das Vormundschaftsgericht ordnet daraufhin die psychiatrische Begutachtung des Mannes an, bestellt für ihn einen Verfahrenspfleger, bittet die Betreuungsbehörde um einen Sozialbericht und verschafft sich selbst von den Eheleuten im Wege einer persönlichen Anhörung einen Eindruck. Gutachter, Verfahrenspfleger, Mitarbeiter der Betreuungsbehörde und das Gericht suchen deshalb das Ehepaar in ihrer Wohnung auf, um die Angelegenheit zu besprechen. Am Ende wird – entsprechend ihrer Anregung – die Ehefrau zur Betreuerin des Mannes bestellt (s. § 1897 Abs. 5 BGB).


Dieses Verfahren ist mit erheblichen Belastungen für den Betroffenen und seinen Ehepartner verbunden, die das Geschehen oft nur mit Angst und Unverständnis verfolgen ("Ich habe doch noch nie etwas mit dem Gericht zu tun gehabt!"). Zudem fragen sie sich, wofür die Gesamtmaschinerie des vormundschaftsgerichtlichen Verfahrens in Gang gesetzt wird, nur um – selbstverständlich – den Ehegatten zum Betreuer zu bestellen.


Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass es für die kranken Menschen und ihre Angehörigen hilfreich sein kann, wenn insbesondere Ehepartnern gesetzlich die Befugnis eingeräumt wird, den anderen zu vertreten. Damit kann – ähnlich wie beim gesetzlichen Erbrecht – der Wille der Menschen und die von ihnen gelebte familiäre Realität abgebildet werden. Die Frage ist im Rahmen der Beratungen zum Betreuungsrechtsänderungsgesetz bereits erörtert, aber nicht entschieden worden.[27]


Gesetzliche Grundlagen


Eine gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten und Lebenspartnern kennt das BGB nicht. § 1357 Abs. 1 BGB, der für Lebenspartner entsprechend gilt (§ 8 Abs. 2 LPartG), bestimmt aber, dass jeder Ehegatte berechtigt ist, mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden grundsätzlich beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet. Jeder Ehegatte kann, soweit ein ausreichender Grund besteht, diese Befugnis ausschließen. Dritten gegenüber wird der Ausschluss mit Eintragung in das Güterrechtsregister wirksam (§§ 1357 Abs. 2, 1412 BGB). Zudem endet die Befugnis mit der Trennung (§ 1567 BGB) der Ehegatten (§ 1357 Abs. 3 BGB).


Diese Regelung enthält kein Vertretungsrecht, da die Bindung des nicht handelnden Ehegatten eintritt, ohne dass der Geschäftsverkehr weiß, ob und mit wem der Geschäftspartner verheiratet ist. Es fehlt damit an der für das Vertretungsrecht grundsätzlich konstitutiven Offenlegung des Vertretungshandelns (§ 164 Abs. 1 BGB).[28] Zudem treffen die Wirkungen des Rechtsgeschäftes beide Ehegatten und nicht nur einen Vertretenen. In seinen Rechtsfolgen ist § 1357 BGB aber mit den Regeln der Stellvertretung und der Vermögensverwaltung vergleichbar, so dass die Normen des Vertretungsrechtes und die Grundsätze der Vermögensverwaltung ergänzend herangezogen werden können.[29]


Für die Überlegungen zu einer gesetzlichen Vertretungsmacht ist es deshalb wichtig, den Hintergrund der Regelungen des § 1357 BGB zu analysieren:


§ 1357 BGB gestaltet das Rechtsinstitut der Ehe in wirtschaftlicher Sicht.[30] Maßgeblich für die Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft sind §§ 1356, 1360 BGB. Nach § 1356 BGB regeln die Ehegatten die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist sie einem Ehegatten überlassen, leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung. Nach § 1360 BGB sind beide Ehegatten unterhaltsverpflichtet (für Lebenspartner: § 5 Satz 1 LPartG). Durch die – alleinige – Führung des Haushalts wird die Unterhaltspflicht im Regelfall vollständig erfüllt. Wenn aber die Führung des Haushalts die Unterhaltspflicht ganz oder teilweise erfüllt, muss der Andere die dafür notwendigen Barmittel zur Verfügung stellen. Ohne § 1357 BGB wäre der haushaltsführende Ehegatte auf eine Zuteilung von Geld angewiesen. § 1357 BGB ermöglicht demgegenüber die selbstständige Erfüllung der Haushaltsführung durch automatische Mitverpflichtung des Unterhaltspflichtigen.[31] § 1357 BGB ist damit Ausdruck der gegenseitigen Verantwortung der Ehegatten,[32] deren unterhaltsrechtliche Folgen umgesetzt werden.[33]


Für eine gesetzliche Vertretungsmacht, die den Zugriff auf das laufende Girokonto und die Beantragung und Entgegennahme von Sozialleistungen ermöglicht, kann dieser Gedanke unmittelbar herangezogen werden. Ist der kontoführende Ehegatte nicht in der Lage, auf das Girokonto zuzugreifen, entspricht es der ehelichen Verantwortung und Wirtschaftsgemeinschaft, dass der andere Ehegatte zur Deckung des Lebensbedarfs das Konto in Anspruch nehmen kann.[34]


Über § 1357 BGB hinaus bestimmt § 1353 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB (für Lebenspartner: § 2 Satz 2 LPartG), dass die Ehegatten füreinander Verantwortung tragen. Diese gegenseitige Verpflichtung kann in vielfacher Weise Grundlage für eine gesetzliche Vertretungsmacht sein:


Für den Bereich der Gesundheitsfürsorge folgt aus § 1353 die Verpflichtung, einen psychisch kranken Ehegatten in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen[35] und Hilfe für einen süchtigen Partner zu organisieren.[36] Darüber hinaus besteht die Pflicht zur Unterstützung bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen und Rechtsangelegenheiten,[37] insbesondere Steuervorteile wahrzunehmen.[38] Schließlich folgt aus § 1353 BGB grundsätzlich die Pflicht zur häuslichen Gemeinschaft. Hindernisse, die dem entgegenstehen, sind – soweit möglich – zu beseitigen.[39] Im Krankheitsfall ist es deshalb Aufgabe des gesunden Ehegatten, die notwendigen organisatorischen Maßnahmen für ein weiteres Zusammenleben zu treffen wie z.B. die Umgestaltung einer Wohnung, das Suchen einer neuen Wohnung oder eines Heimplatzes.


Zusammenfassend ergibt sich, dass im Ehe- und Lebenspartnerschaftsrecht die Grundlage zu sehen ist, eine gesetzliche Vertretungsmacht zu normieren. Aber nicht nur für Ehegatten und Lebenspartner sind im Familienrecht vielfache Pflichten und Rechte begründet. Auch Eltern und Kinder sind nach § 1618a BGB einander Beistand schuldig. Diese Verpflichtung ist unabhängig davon, ob die Kinder minderjährig oder volljährig sind oder mit den Eltern in einem Haushalt leben.[40] Inhaltlich ist

§ 1618a BGB parallel zu § 1353 BGB entwickelt worden. Die Familie ist daher in allen Lebenslagen zur Unterstützung und Hilfeleistung verpflichtet.[41] Für die Bereiche außerhalb der Vermögenssorge – §§ 1357, 1360 BGB, die die Grundlage für die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft bilden, gelten nicht – ist es deshalb richtig, Kinder und Eltern – nachrangig zu Ehegatten und Lebenspartnern – in eine gesetzliche Vertretungskompetenz einzubeziehen.


Grundsätze für die Ausgestaltung einer gesetzlichen Vertretungsmacht


Die Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerung für eine gesetzliche Vertretungsmacht – zumindest in Teilbereichen – ist groß. Es entspricht einer weit verbreiteten Vorstellung in Umsetzung der Rechtsgedanken des § 1353 BGB, dass die Verpflichtung zur gegenseitigen Verantwortung auch das Recht begründet, die Interessen des Anderen nach außen wahrnehmen zu dürfen. Die Einführung einer gesetzlichen Vertretungsmacht könnte das Auseinanderfallen von sozialem Anspruch und rechtlicher Wirklichkeit beseitigen.[42]


Durch eine gesetzliche Vertretungsmacht darf die Privatautonomie nicht eingeschränkt werden. Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (Vollmacht, § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB) geht deshalb der gesetzlich zugewiesenen Vertretungskompetenz vor.


Die Möglichkeiten eines Missbrauchs sind im Rahmen bereichsspezifischer Vertretungsregelungen als gering anzusehen: Gesetzliche Sozialversicherungen und private Versicherer prüfen, ob der Betroffene tatsächlich pflegebedürftig, erwerbsunfähig usw. ist. Entscheidungen der Gesundheitssorge stehen unter der Kontrolle der Ärzteschaft. Die Auflösung der Wohnung und/oder der Abschluss eines Heimvertrages steht unter der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. Der Zugriff auf das Girokonto ist auf monatliche Höchstbeträge beschränkt.


b)Im Einzelnen:


Zu Artikel 1


Zu Nr. 1 (Inhaltsübersicht)


In die Inhaltsübersicht müssen die neu in das BGB eingefügten §§ 1358 bis 1358d und 1618b eingestellt werden.


Zu Nr. 2 (§§ 1358 bis 1358d)


Zu § 1358


§ 1358 des Entwurfs schafft für Ehegatten eine gesetzliche Vertretungsmacht für den praktisch besonders bedeutsamen Girovertrag, der nur von einem Ehegatten abgeschlossen wurde und für den der andere Ehegatte keine rechtsgeschäftliche Vollmacht hat.


Zu Absatz 1


Absatz 1 regelt die Grundvoraussetzungen der Vertretungsmacht. Die gesetzliche Vertretungsmacht tritt ein, wenn der aus einem Girovertrag berechtigte Ehegatte infolge eines Unfalls, einer Krankheit oder einer Behinderung verhindert ist, selbst Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag wahrzunehmen. Diese Voraussetzungen sind an die gesetzlichen Anforderungen einer rechtlichen Betreuung (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB) angenähert. Eine Vertretung ist deshalb nur im Fall der Verhinderung möglich. Sie entspricht damit den Notverwaltungsrechten bei der Gütergemeinschaft (§§ 1429, 1454 BGB).


Die Vertretungsmacht ist ausgeschlossen, wenn die Eheleute getrennt leben (vgl. § 1357 Abs. 3 BGB). Die Vertretungsmacht ist weiterhin ausgeschlossen, wenn ein Bevollmächtigter vorhanden ist (dies kann der andere Ehegatte sein, der lediglich eine Kontovollmacht hat, es kann sich aber auch um einen Vorsorgebevollmächtigten handeln). Die Vertretungsmacht gilt gleichfalls nicht, wenn ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ bestellt wurde. Weitere Voraussetzungen und der Umfang der Vertretungsmacht sind in den folgenden Absätzen näher geregelt.


Zu Absatz 2


Absatz 2 regelt den Umfang der Verfügungsbefugnis aus dem Girovertrag. Der Vertreter darf in einem Monat über 3.000 € verfügen. Diese Verfügungsgrenze ist an § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB angepasst. Mit der Beschränkung auf Guthaben, die dem berechtigten Ehegatten zustehen, wird klargestellt, dass der Vertreter das Girokonto nicht überziehen darf.


Mit Satz 2 werden einmalige Geldleistungen von Krankenversicherern und ähnliche Leistungen erfasst. Damit soll dem Vertreter ermöglicht werden, auch über eine Einmalzahlung, die über die Betragsgrenze von 3.000 € hinausgeht (z. B. eine Zahlung für ein aufwändiges Hilfsmittel, wie z. B. ein Bett) aus dem Guthaben zu verfügen.


Mit Satz 3 des Entwurfes sollen Abgrenzungsprobleme der Kreditinstitute untereinander verhindert werden.


Zu Absatz 3


Absatz 3 liefert die Grundlagen der Vertretungsmacht. Der Entwurf fingiert eine Vertretungsberechtigung des Ehegatten gegenüber dem kontoführenden Institut, wenn folgende Voraussetzungen von dem Ehegatten erfüllt werden:


-Durch ein ärztliches Zeugnis muss nachgewiesen werden, dass der Kontoinhaber selbst nicht handlungsfähig ist.


-Der verfügende Ehegatte muss erklären, nicht getrennt zu leben.


-Er muss zusätzlich erklären, dass ihm weder eine Vollmacht noch das Bestehen einer Betreuung bekannt ist.


Das Kreditinstitut wird, wenn diese Voraussetzungen von dem verfügenden Ehegatten vorgetragen werden, auch gegenüber dem berechtigten Ehegatten von seiner Leistungspflicht aus dem Girovertrag frei. Dies gilt nicht, wenn das Kreditinstitut wusste, dass die Voraussetzungen nicht gegeben sind.


Mit dieser Konstruktion wird einerseits dem Ehegatten mit relativ einfachen Mitteln ermöglicht, auf das Konto des handlungsunfähigen Ehegatten Zugriff zu nehmen. Andererseits werden die berechtigten Interessen des kontoführenden Kreditinstituts hinreichend abgesichert.


Zu Absatz 4


Die Regelung gestattet dem berechtigten Ehegatten, die Vertretungsmacht des anderen Ehegatten durch einseitige Erklärung gegenüber dem Kreditinstitut auszuschließen. Aus besonderen Gründen bestehende Sicherungsbedürfnisse auch des handlungsunfähigen Ehegatten sind damit gewahrt.


Zu § 1358a


Neben der Verfügung über ein Girokonto zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs besteht häufig auch die Notwendigkeit, Leistungen der Sozialversicherung, der Krankenversicherung, der Beihilfe oder der Altersvorsorge geltend zu machen. Der handlungsfähige Ehegatte soll unter den gleichen Voraussetzungen wie in § 1358 des Entwurfs berechtigt sein, derartige Leistungen zu beantragen und auch entgegenzunehmen. Auch hier muss der Ehegatte ein ärztliches Zeugnis vorlegen und erklären, nicht getrennt zu leben sowie von einer Vollmacht oder Betreuung keine Kenntnis zu haben (Abs. 2 des Entwurfs). Auch hinsichtlich solcher Leistungen kann der Ehegatte die Vertretung durch Erklärung gegenüber dem Leistungsträger ausschließen (Abs. 3 des Entwurfs).


Zu § 1358b


Neben den Girokonten, Sozial- und Versicherungsleistungen sind häufig auch steuerliche Angelegenheiten für den handlungsunfähigen Ehegatten zu regeln. Für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung hinsichtlich der Einkommenssteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und ähnliches gilt der handlungsfähige Ehegatte unter den Voraussetzungen des § 1358a des Entwurfs als zur Vertretung befugt.


Zu § 1358c


Zu Abs. 1


Die Voraussetzungen entsprechen denen des § 1358 BGB: Der Ehegatte muss infolge Unfall, Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sein, selbst Erklärungen abzugeben, die sich auf eine Untersuchung, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff beziehen. Damit soll der Ehegatte als die in der Regel nahestehendste Person gesetzlich ermächtigt werden, entsprechende Erklärungen abzugeben. Ausgeschlossen ist dies, wenn der Betroffene einen anderen Willen gegenüber dem behandelnden Arzt, der Klinik oder auch gegenüber dem Ehegatten erklärt hat.


Zu Absatz 2


Bei einer besonders gefährlichen Maßnahme hat der handlungsfähige Ehegatte entsprechend § 1904 Abs. 1 BGB eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen. Damit wird sichergestellt, dass der Ehegatte als gesetzlicher Vertreter bei der Gesundheitssorge nicht weitergehende Befugnisse als ein rechtsgeschäftlich Bevollmächtigter hat, vgl. § 1904 Abs. 2 S. 1 BGB.


Zu Absatz 3


Ähnlich wie in § 1358 Abs. 3 des Entwurfs ist die fingierte Erklärungsbefugnis gegenüber dem Arzt gegeben, wenn der andere Ehegatte erklärt, nicht getrennt zu leben, und dass ihm das Vorliegen einer Vollmacht, einer Betreuung oder ein ihm entgegenstehender Wille des Ehegatten nicht bekannt sind. Da es sich um eine ärztliche Behandlung handelt, ist ein gesondertes ärztliches Zeugnis über die Handlungsunfähigkeit des Betroffenen (vgl. § 1358 Abs. 3 Nr. 1, § 1358a Abs. 2 Nr. 1 des Entwurfs) nicht erforderlich.


Mit der Regelung wird die bei den Betroffenen häufig vorhandene Vorstellung, zu derartigen Erklärungen ohnehin berechtigt zu sein, gesetzlich festgeschrieben.


Zu § 1358d


Die Vorschrift regelt die Kündigung eines Mietverhältnisses. Ist ein Ehegatte infolge eines Unfalles, einer Krankheit oder einer Behinderung nicht mehr handlungsfähig, ergibt sich häufig die Notwendigkeit, das Mietverhältnis aufzulösen. Unter den im übrigen gleichen Voraussetzungen des § 1358 BGB des Entwurfs ist der andere Ehegatte berechtigt, auch insoweit den handlungsunfähigen Ehegatten zu vertreten. Ähnlich wie ein Betreuer muss er die entsprechende Erklärung durch das Vormundschaftsgericht genehmigen lassen (§ 1907 Abs. 1 BGB).


Im Übrigen bestehen die gleichen Einschränkungen wie bei § 1358 BGB.


Zu Nr. 3 (§ 1618b)


Neben Ehegatten und Lebenspartnern sollen auch Eltern und volljährige Kinder berechtigt sein, Erklärungen für einen handlungsunfähigen Angehörigen hinsichtlich der Gesundheitssorge abzugeben.


§ 1618b Abs. 1 des Entwurfs stellt klar, dass ein Ehegatte oder Lebenspartner Vorrang vor Eltern oder Kindern hat.


Sind sowohl volljährige Kinder als auch Eltern vorhanden, so regelt § 1618b Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs den Vorrang der Kinder. Sind mehrere Kinder oder Elternteile vorhanden, reicht nach § 1618b Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs die Erklärung einer Person, ein anderer Angehöriger kann jedoch dieser Erklärung widersprechen. Damit liegt keine wirksame Erklärung vor. Es muss dann gegebenenfalls ein Betreuer bestellt werden, um notwendige Erklärungen abzugeben.


Abs. 2 Satz 3 des Entwurfs regelt eine Ausnahme von dem angeführten Rangverhältnis im Eilfall: Kann der vorrangige Angehörige nicht erreicht werden, so genügt die Erklärung auch eines nachrangigen, aber erreichbaren Angehörigen.


Zu Nr. 4 (§ 1896 Abs. 2)


An die neuen Vertretungsregelungen in den §§ 1358 ff. und 1618b des Entwurfs ist § 1896 Abs. 2 BGB anzupassen. In den Aufgabenkreisen, die durch einen Bevollmächtigten nach den neuen Vorschriften des Entwurfs abgedeckt werden, ist kein Betreuer erforderlich. Dies wird durch die neue Nr. 2 des Absatzes 2 klargestellt.


Zu Artikel 2


Die Vorschriften hinsichtlich der gesetzlichen Vertretungsmacht für Ehegatten werden durch die Änderung des § 8 Abs. 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes auch auf Lebenspartner erstreckt.


III.Stärkung der Rahmenbedingungen


Den gesetzlichen Vertretern, die nach jetziger Rechtslage als Betreuer tätig werden, muss die Möglichkeit verbleiben, bei den Betreuungsvereinen und Betreuungsbehörden um Beratung bitten zu können.

Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb folgende Ergänzungen in §§ 1908 f Abs. 1 BGB, 6 BtBG vor:


„Artikel X


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


1.§ 1908 f Abs. 1 wird wie folgt geändert:


Nach Nr. 2a wird folgende neue Nr. 2b eingefügt:


„2b.Personen bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung sowie ehrenamtliche Betreuer, Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter nach §§ 1358 bis 1358 d und § 1618 b berät,“


Artikel X


Änderung des Betreuungsbehördengesetzes


§ 6 des Betreuungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.September 1990 (BGBl I S. 2002, 2025), das zuletzt durch...geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:


„(1) Zu den Aufgaben der Behörde gehört es auch,


3.Personen bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung sowie Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter nach §§ 1358 bis 1358 d und § 1618 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu beraten.“

Kapitel 3:Erforderlichkeit


Das Prinzip der Erforderlichkeit prägt das gesamte Betreuungsrecht (§§ 1896 Abs. 1 S. 1; Abs. 2 Satz 1 und Satz 2; 1901 Abs. 1 und Abs. 5; 1903 Abs. 1 Satz 1; 1906 Abs. 1; 1908a; 1908d BGB; 69 Abs. 1 Nr. 5 FGG).[43] Eine Betreuer darf nur und insoweit bestellt werden, wie der Betroffene seine rechtlichen Angelegenheiten selbst nicht mehr verantwortlich regeln kann (§§ 1896 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Aufgabenkreise des Betreuers sind dementsprechend eng zu fassen und auf die konkreten Belange des Betroffenen abzustimmen.[44]


Darüber hinaus ist eine Betreuung nach dem Prinzip der Subsidiarität nicht erforderlich, soweit andere Hilfestellungen vorhanden sind, die die Tätigkeit eines Betreuers entbehrlich machen (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Das ist der Fall, wenn der Betroffene für die von ihm nicht mehr wahrnehmbaren Aufgabenbereiche eine Vorsorgevollmacht erteilt hat oder andere – soziale – Hilfestellungen vorhanden sind, die ihn auffangen. Andere Hilfen können die eigene Familie, Nachbarn und Bekannte, das Heimpersonal oder allgemeine soziale Dienste sein.[45]


Schließlich ist die Betreuung nach dem Prinzip der Rehabilitation nur so lange erforderlich, wie der Betroffene für die konkreten Aufgabenbereiche der Hilfe eines Betreuers bedarf (§§ 1901 Abs. 5; 1908d Abs. 1 BGB). Der Betreuer darf deshalb nur für eine Zeitspanne bestellt werden, in der voraussichtlich eine Betreuungsnotwendigkeit besteht.[46] Der Betreuer hat zudem innerhalb seines Aufgabenkreises alle Möglichkeiten zu nutzen, die die Krankheit des Betreuten beseitigen, ihre Verschlimmerung verhüten und ihre Folgen mildern (§ 1901 Abs. 4 BGB). Ist eine Verbesserung des Krankheitszustandes eingetreten, so dass der Betroffene keiner oder nur einer eingeschränkten Betreuung bedarf, hat der Betreuer dies dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen (§ 1901 Abs. 5 BGB). Das Gesetz stellt damit klar, dass eine Betreuung – soweit möglich – kein Dauerzustand sein soll. Der Betreuer hat deshalb alle Maßnahmen zu ergreifen, die diesem Ziel dienen, insbesondere ärztliche oder pflegerische Leistungen im Sinne von Rechtsfürsorge zu organisieren.[47]


Der Erforderlichkeitsgrundsatz und in seiner Ausprägung die Prinzipien der Subsidiarität und der Rehabilitation haben Verfassungsrang.[48] Für ihre Verwirklichung sind erhebliche Anstrengungen nötig:


Das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht ist nur eine Alternative zu einer Betreuung (Grundsatz der Subsidiarität), wenn die Bürgerinnen und Bürger hinreichend über die Möglichkeiten eigenverantwortlicher Vorsorge informiert werden. Diese Aufgabe obliegt im Rahmen der Querschnittsarbeit den Betreuungsbehörden (§ 6 Satz 2 BtBG) und den Betreuungsvereinen (§ 1908f Abs. 1 Nr. 2a BGB).


Die Nutzung betreuungsvermeidender Hilfen (Grundsatz der Subsidiarität) ist nur möglich, wenn das Vormundschaftsgericht hinreichend über den Lebensalltag des Betroffenen und die tatsächlich zur Verfügung stehenden sozialen Dienste informiert ist. Entsprechende Kenntnisse werden beim Vormundschaftsgericht oft nicht vorhanden sein. Die Betreuungsbehörden haben deshalb das Vormundschaftsgericht bei der Feststellung des Sachverhaltes auf Anforderung zu unterstützen (§§ 8 BtBG; 68a FGG).


Des Weiteren sind die Vormundschaftsgerichte für die Bestimmung der Aufgabenkreise (Grundsatz der Erforderlichkeit) darauf angewiesen, dass die konkreten Bedürfnisse des Betreuten feststehen. Deshalb hat das für die Notwendigkeit der Betreuung einzuholende Sachverständigengutachten auch Ausführungen dazu zu enthalten, für welche Aufgabenkreise eine Betreuungsbedürftigkeit besteht (§ 68b Abs. 1 Satz 5 FGG).


Für eine erfolgreiche Rehabilitation ist eine konkrete Betreuungsplanung notwendig, für die die Betreuer die Hilfestellung der Betreuungsbehörde in Anspruch nehmen können (§ 4 BtBG). Macht der Betreuer davon keinen Gebrauch, obwohl dies notwendig ist, kann das Vormundschaftsgericht einschreiten (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1; 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB).[49] Verstößt der Betreuer gegen die Auflagen des Vormundschaftsgerichtes, kann seine Entlassung angeordnet werden (§ 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB).[50]


Zur Verwirklichung dieser elementaren Anforderungen der Reform des Vormundschaftsrechts von 1992 schlägt die Arbeitsgruppe eine Modifizierung des § 1896 BGB und die institutionalisierte Bildung örtlicher Arbeitsgemeinschaften im Landesrecht vor.


  1. Modifizierung des § 1896 BGB

1.Problem


Wohl keine andere Norm des Betreuungsrechts ist in der alltäglichen Praxis so weitgehend Fehlinterpretationen ausgesetzt wie § 1896 BGB. Die Obergerichte sind mit konstanter Regelmäßigkeit gezwungen, u.a. folgende Eckpfeiler zum Verständnis des § 1896 BGB herauszustellen:


  • „Altersstarrsinn“[51] und „Alkoholismus“[52] sind kein Krankheitsbild, das die Bestellung eines Betreuers rechtfertigt.

-Eine psychische Erkrankung, geistige oder seelische Behinderung führt nur und insoweit zur Bestellung eines Betreuers, wenn und in welchem Umfang ein Regelungsbedarf besteht.[53]


-Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn der Betroffene aufgrund seiner psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann.[54]


-Ein Betreuungsbedürfnis besteht nicht, wenn auch ein gesunder Mensch sich der Hilfe eines anderen (Rechtsanwalts, Steuerberaters usw.) bedienen würde, um seine Angelegenheiten zu regeln.[55]


-Die Aufgabenkreise des Betreuers sind eng zu fassen.[56]


-Eine Betreuerbestellung „auf Vorrat“ ist ausgeschlossen.[57]


Diese Prinzipien werden in der Praxis häufig nicht hinreichend beachtet. Betreuung wird als soziale Wohltat verstanden, die unabhängig von den gesetzlichen Voraussetzungen fürsorglich jedem kranken Menschen zukommen sollte.


Betroffene empfinden Betreuung aber zum Teil als eine Einschränkung ihrer persönlichen Handlungsfreiheit. Sie wollen zwar eine soziale Hilfestellung in schwierigen Situationen, aber keinen gesetzlichen Vertreter. Betreuung wird in einem sozialen und nicht rechtlichen Sinn verstanden.


2.Lösungsansätze


Grundsätzlich besteht keine Notwendigkeit, die von der Rechtsprechung aus dem Wortlaut entwickelten Eckpfeiler der Auslegung des § 1896 BGB klarstellend zu normieren. Wichtiger ist, dass die im Betreuungsrecht tätigen Institutionen und Professionen die Voraussetzungen des § 1896 BGB akzeptieren und diese umsetzen.


Der Arbeitsgruppe erscheint es aber erforderlich, den Vorrang des freien Willen eines Menschen als Ausdruck seiner Würde und seines Selbstbestimmungsrechts ausdrücklich in § 1896 BGB wie folgt zu verankern:


„Artikel X


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


In § 1896 Abs. 1 wird Satz 4 eingefügt:


„Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.“


a)Problem


Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiert Art. 1 Abs. 1 GG, dass niemand zum Objekt staatlichen Handelns in der Weise werden darf, dass seine Subjektsqualität prinzipiell in Frage gestellt wird[58]. Jeder hat somit das Recht, sein Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten, soweit nicht Rechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter betroffen sind; Art. 2 Abs. 1 GG. Ist letzteres nicht der Fall, hat der Staat nicht das Recht, den zur freien Willensbestimmung fähigen Betroffenen zu erziehen, zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen[59]. Soweit der Betroffene zur freien Willensbestimmung fähig ist, darf gegen seinen Willen ein Betreuer nicht bestellt werden[60]. Eine Bestellung gegen den freien Willen des Betroffenen stellte einen Eingriff in die Würde des Betroffenen dar, der zu unterlassen oder zu beseitigen ist.


Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 104 Nr. 2 BGB[61] liegt ein Ausschluss freier Willensbestimmung vor, wenn der Wille nicht frei und unbeeinflusst von einer Geistesstörung gebildet und nach zutreffend gewonnenen Einsichten nicht gehandelt werden kann. Entscheidend ist, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist, oder von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen.


Im systematischen Kontext kann eine „freie Willensbestimmung“ im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB nicht einen gänzlich anderen Sinngehalt haben, als eine freie Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB. § 104 Nr. 2 BGB und § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB umschreiben im Kern das gleiche Phänomen. Da die Geschäftsfähigkeit für die rechtsgeschäftlich ausgestalteten Teilaufgabenbereiche der Betreuung einen tauglichen Maßstab dafür liefert, wann die Rechtsordnung eine Entscheidung des Betroffenen als vollwirksam akzeptiert, müssen grundsätzlich die gleichen Erwägungen, die der Bestimmung der Geschäftsfähigkeit zugrunde liegen, auch für die anderen Aufgabenbereiche gelten.


Die beiden entscheidenden Kriterien sind daher die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln[62]. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern ein natürlicher Wille vor.[63]


  1. Kriterien

Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern.


Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen[64]. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können[65].


Eine eigenständige Abwägung kann der Betroffene jedoch nur vornehmen, wenn ihm die tatsächlich und rechtlich relevanten Umstände bekannt sind, er mithin den Sachverhalt erfasst hat[66].


Damit der Betroffene den Sachverhalt in dem geforderten Sinne zu erfassen in der Lage ist, muss er spätestens im Rahmen des Schlussgespräches durch den erkennenden Richter über Sinn und Zweck der Betreuung aufgeklärt werden. Hierbei ist auf die Erkrankung und auf die intellektuellen Fähigkeiten des Betroffenen Rücksicht zu nehmen, und eine entsprechend adäquate Aufklärung vorzunehmen.


Ist der Betroffene einsichtsfähig, so ist seine ablehnende Entscheidung zu respektieren, soweit er in der Lage ist, eine dieser Einsicht entsprechende Entscheidung zu fällen.


Selbstbestimmung setzt eine eigene, also unabhängige Entscheidung voraus. Das Vorliegen bestimmender Einflüsse Dritter vermag zur Bewertung einer Willensäußerung als „unfrei“ zu führen[67]. Dem Betroffenen steht aber das Recht zu, Interessen Dritter bei seiner Willensbildung zu berücksichtigen. Je deutlicher jedoch die Interessen Dritter den wohlverstandenen Belangen des Betroffenen widersprechen, desto eher wird ein beherrschender Einfluss Dritter anzunehmen sein.


  1. Verfahrensrecht

Den krankheitsbedingten Mangel des freien Willens festzustellen, obliegt dem Richter. Dieser hat gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 FGG ein Gutachten einzuholen und gegebenenfalls den Sachverständigen bei der Anhörung hinzuzuziehen. Der Sachverständige muss die Tatsachen darlegen, nach denen auf eine unfreie Willensbildung geschlossen werden kann[68]. Pauschal wertende Feststellungen reichen nicht.


  1. Natürlicher Wille

Betätigt der an einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene seinen Willen, mangelt es diesem jedoch an der Einsichtsfähigkeit oder an der Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, so liegt ein lediglich natürlicher Wille vor. Der natürliche Wille ist damit jede Willensäußerung, der es krankheitsbedingt an einem der beiden Merkmale fehlt. Terminologisch ist dieser allgemein verwendbare Begriff des natürlichen Willens von bereichsspezifisch gebrauchten Begriffen, wie der natürlichen Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen im Rahmen medizinischer Eingriffe, zu unterscheiden. Nach den bereits dargestellten Kriterien ist die „natürliche“ Einwilligungsfähigkeit nur bei Vorliegen eines freien Willens gegeben.


Genießt der freie Wille absoluten Vorrang, bedeutet dies nicht, dass der natürliche Wille stets unbeachtlich wäre. Das Betreuungsrecht will grundsätzlich auch diesem natürlichen Willen uneingeschränkt zur Geltung verhelfen. Der natürliche Wille kann jedoch bei Vorliegen gewichtiger sachlicher Erwägungen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingeschränkt werden[69].


Hiervon geht auch das geltende Recht aus: Ein Betreuervorschlag des Betroffenen kann nur abgelehnt werden, wenn dies seinem Wohl zuwiderliefe (§ 1897 Abs. 4 BGB). Eine Unterbringung, also eine Freiheitsentziehung des Betroffenen gegen oder ohne seinen Willen, ist nur in den Fällen des § 1906 Abs. 1 BGB gestattet. Schließlich kann eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu einer Sterilisation gegen den natürlichen Willen des Betroffenen nicht erteilt werden (§ 1905 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB).


II.Örtliche Arbeitsgemeinschaften auf Landesebene


1.Problem


Die Verwirklichung des Erforderlichkeitsprinzips verlangt eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Vormundschaftsgericht (Richterschaft und Rechtspflegerschaft), Betreuungsbehörden, Betreuungsvereinen, den Betreuern und den Sachverständigen. Alle Beteiligten müssen fachlich hoch qualifiziert und gut organisiert sein.[70] Dem entspricht die Realität des Betreuungswesens leider oft nicht.[71] Neben personellen Engpässen wird die Zusammenarbeit grundlegend durch die unterschiedlichen Strukturen erschwert. Es fehlt an einer institutionalisierten Verbindlichkeit der Zusammenarbeit. Die Kooperation und Kommunikation, insbesondere zwischen den Vormundschaftsgerichten und den Betreuungsbehörden, ist häufig personenabhängig. Werden die agierenden Personen ausgetauscht, kann eine vorhandene Kommunikationsbasis zusammenbrechen.


Es ist deshalb die Befürchtung gerechtfertigt, dass in zahlreichen Betreuungsfällen keine hinreichende Sachverhaltsermittlung erfolgt, um ausreichende Feststellungen zur Betreuungsbedürftigkeit und zum Betreuungsbedarf treffen zu können.


2.Verfahrensgarantien


Zur Lösung des Problems bedarf es keiner Änderungen des Verfahrensrechts. Die flexiblen Regelungen der §§ 65 ff. FGG gewährleisten eine umfassende Sachverhaltsaufklärung:


a)Sachverständigengutachten


Gemäß § 68 b Abs. 1 Satz 1 FGG darf ein Betreuer erst bestellt werden, nachdem das Gutachten eines Sachverständigen über die Notwendigkeit der Betreuung eingeholt worden ist. Damit ist klargestellt, dass in der Regel das Fehlen eines Gutachtens einen Verfahrensfehler darstellt. Mit dieser Verfahrensgarantie hat sich der Gesetzgeber bewusst von der Rechtslage vor 1992 abgesetzt, wonach für die Gebrechlichkeitspflegschaft ein Sachverständigengutachten nicht zwingend vorgeschrieben war[72].


Diese Verfahrensgarantie wird durchgängig von den Gerichten ernstgenommen. Allerdings besagt die Tatsache der Einholung eines Sachverständigengutachtens nichts darüber, welcher Erkenntniswert dem Gutachten zukommt. Ist das Gutachten, kritisch gewürdigt, schlüssig? Führen die Feststellungen des Gutachters zwingend zu einer Betreuerbestellung für einen bestimmten Aufgabenkreis? Krankheitsbedingte Auffälligkeiten sind zwar ein Indiz für die Erforderlichkeit einer Betreuerbestellung.

Darüber hinaus bedarf es aber der Feststellung, dass die Angelegenheiten in Folge der Krankheit oder Behinderung ganz oder teilweise nicht besorgt werden können[73]. Das folgt aus dem Amtsermittlungsprinzip des § 12 FGG. Die Forderungen an das Gericht, Gutachten hinreichend zu würdigen und kritisch zu überprüfen, lassen sich darüber hinaus gesetzgeberisch nicht manifestieren. Eine entsprechende Professionalität der Richterinnen und Richter muss vorausgesetzt werden.


b)Beteiligung der Betreuungsbehörde


Nach § 68a Satz 1 FGG ist das Vormundschaftsgericht verpflichtet, vor der Bestellung eines Betreuers der Betreuungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben, wenn es der Betroffene verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient. Der Gesetzgeber hat von einer obligatorischen Beteiligung der Betreuungsbehörde abgesehen. In der Gesetzesbegründung heißt es[74]:


”Von einer obligatorischen Beteiligung der Behörde in allen Fällen sieht der Entwurf ab, um die Behörde und die Gerichte von einer Vielzahl von Routinearbeiten zu entlasten. Anders als der Staatsanwaltschaft in bisherigen Entmündigungsverfahren wird der zuständigen Behörde kein förmliches Antragsrecht und keine förmliche Beteiligtenstellung eingeräumt. Die Anhörung dieser Behörde nach Satz 1 und ihr Beschwerderecht nach § 69 g Abs. 1 FGG-E reichen zum Schutz des Betroffenen aus.”


Der Gesetzgeber ging davon aus, im Einzelfall könne das Gericht die erforderlichen Ermittlungen selbst durchführen. Die Vormundschaftsgerichte wurden durch den Verzicht auf eine obligatorische Einbindung der Betreuungsbehörde aber nicht der Pflicht enthoben, den Sachverhalt umfassend festzustellen. Die Betreuungsbehörden sind dafür aber nur hilfreich, wenn der Betreuungsbericht Qualitätsstandards genügt und zeitgerecht vorgelegt wird.


Sowohl die Verfahrensweise des Vormundschaftsgerichts im Rahmen der §§ 68a, 12 FGG als auch die Arbeitsweise der Betreuungsbehörde im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung nach § 8 BtBG entziehen sich einer gesetzgeberischen Regelung.


c)Inhalt des Betreuungsbeschlusses


Um dem Erforderlichkeitsgrundsatz in stärkerem Umfang Bedeutung zu verleihen, könnte erwogen werden, die Begründungsanforderungen (§ 69 Abs. 2 FGG) wie folgt zu konkretisieren:


„Im Falle der Bestellung eines Betreuers ist insbesondere die Erforderlichkeit der Betreuung für jeden Aufgabenkreis gesondert zu begründen.“


Damit würde aber nur zum Ausdruck gebracht, was selbstverständliche richterliche Aufgabe ist. Die Arbeitsgruppe geht davon aus, dass die Richterinnen und Richter jenseits der Begründungsformulare und der entsprechenden Software am Einzelfall orientiert die Voraussetzungen des § 1896 BGB feststellen und begründen.


d)Überprüfungsfrist


Nach § 69 Abs. 1 Nr. 5 FGG ist der Zeitpunkt, zu dem das Gericht spätestens über die Aufhebung oder Verlängerung der Maßnahme zu entscheiden hat, in den Betreuerbestellungsbeschluss aufzunehmen. Dieser Zeitpunkt darf höchstens fünf Jahre nach Erlass der Entscheidung liegen. Damit besteht für die Vormundschaftsgerichte die Möglichkeit, je nach Umständen des Einzelfalls flexibel kürzere Fristen zu bestimmen, weil ein Betreuungsbedarf auf Dauer zweifelhaft erscheint.


Diese Regelung dahingehend zu modifizieren, eine wesentlich kürzere Regelüberprüfungsfrist von z.B. zwei Jahren zu normieren, dürfte nicht sinnvoll sein. Der daraus entstehende Aufwand stünde in keinem Verhältnis zum Nutzen.


3.Lösungsansatz


Die Arbeitsgruppe schlägt vor, die für eine Verwirklichung des Erforderlichkeitsprinzips unabdingbare Zusammenarbeit aller im Betreuungswesen tätiger Professionen in Form von örtlichen Arbeitsgemeinschaften in den Landesausführungsgesetzen zum Betreuungsrecht zu institutionalisieren.


a)Bestehende Modelle


Die Ausführungsgesetze der Länder zum Betreuungsrecht enthalten teilweise Bestimmungen zur Einrichtung örtlicher Arbeitsgemeinschaften. So hat beispielsweise Nordrhein-Westfalen in § 4 LBtG aufgenommen:


„Die örtliche Betreuungsbehörde soll zur Förderung der Zusammenarbeit in Betreuungsangelegenheiten auf örtlicher Ebene eine Arbeitsgemeinschaft einrichten, in der die Betreuungsbehörde, Gerichte und Betreuungsvereine vertreten sind.“


Baden-Württemberg und Sachsen haben in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ihrer jeweiligen Ausführungsgesetze geregelt:


„Die örtlichen Betreuungsbehörden sind insbesondere zuständig für die Einrichtung einer örtlichen Arbeitsgemeinschaft, in der die mit Betreuungsangelegenheiten befassten Institutionen und Organisationen einschließlich der Träger der freien Wohlfahrtspflege zur Koordinierung der Arbeit mitwirken.“


Erfahrungen mit Kooperationsprojekten auf der Grundlage der Landesausführungsgesetze oder auf freiwilliger Basis zeigen, dass die Betreuungsfallzahlen entgegen dem Trend sinken und die Betreuungsarbeit wesentlich effektiver gestaltet werden kann. Voraussetzung dafür ist u.a. eine an dem Erforderlichkeitsprinzip ausgerichtete inhaltliche Zusammenarbeit. Dazu gehört z.B. die Entwicklung betreuungsvermeidender Alternativen, die Einbindung von Mitarbeitern aller Institutionen als Multiplikatoren für Vorträge über Vorsorgevollmachten, eine konsequente Betreuungsplanung, die Benennung geeigneter Betreuer und die Vermeidung von Vergütungsstreitigkeiten. Die Teilnahme aller im Betreuungswesen vor Ort tätigen Institutionen und Professionen ist für das Gelingen einer solchen Zusammenarbeit unabdingbar.


Ein Vergleich der genannten Anforderungen mit den Landesausführungsgesetzen ergibt, dass


  • nicht immer alle Professionen angesprochen werden,
  • die Einrichtung der örtlichen Arbeitsgemeinschaft teilweise nicht verbindlich ist,
  • die Teilnahme der Vormundschaftsrichter nicht verbindlich geregelt ist (vgl. §§ 4 Abs. 2 Nr. 2; 42 DRiG),
  • die Aufgabenbeschreibung wenig konkret ist.

b)Reformvorschlag


Diese Defizite sollten beseitigt werden. Die Arbeitsgruppe schlägt folgende Formulierung für die Landesausführungsgesetze zum Betreuungsrecht vor:


㤠X Arbeitsgemeinschaften


  1. Die örtliche Betreuungsbehörde richtet zur Förderung der Zusammenarbeit in Betreuungsangelegenheiten auf örtlicher Ebene eine Arbeitsgemeinschaft ein, in der alle für das Betreuungswesen vor Ort maßgeblichen Institutionen vertreten sind, insbesondere die Betreuungsbehörde, die Vormundschaftsgerichte, die Betreuungsvereine und die Berufsbetreuer.
  1. Der Arbeitsgemeinschaft gehören alle Vormundschaftsrichterinnen und -richter und alle im Betreuungsrecht eingesetzte Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger der Vormundschaftsgerichte an, die im Bezirk der örtlichen Betreuungsbehörde liegen.
  1. Die örtliche Arbeitsgemeinschaft verfolgt insbesondere folgende Ziele:

-Aufzeigen und Entwicklung betreuungsvermeidender Alternativen

-Planung einer umfassenden Beratung über Vorsorgevollmachten

-Benennung geeigneter Betreuer

-Vermeidung von Vergütungsstreitigkeiten

-Organisation einer effektiven Betreuungsplanung.“

Kapitel 4:Verfahrensrecht


In ihrem Zwischenbericht hat die Arbeitsgruppe dargelegt, dass verfahrensrechtlich kein grundsätzlicher Reformbedarf besteht. Daran wird festgehalten[75]. Überlegenswert sind Modifikationen jedoch in folgenden Bereichen:


  1. Fachpsychiatrische Gutachten bei Demenz

Die Arbeitsgruppe hat in ihrem Zwischenbericht das Problem aufgeworfen, ob in Fällen eindeutiger Betreuungsbedürftigkeit die Einholung eines ärztlichen Attestes statt eines Sachverständigengutachtens erforderlich, aber auch ausreichend sein könnte. Zu dieser Frage stellt sich die jetzige Rechtslage wie folgt dar:


  • Ein Betreuer darf erst bestellt werden, nachdem das Gutachten eines Sachverständigen über die Notwendigkeit der Betreuung eingeholt worden ist; § 68b Abs. 1 Satz 1 FGG. Dies gilt entsprechend für die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers; § 69i Abs. 1 Satz 1 FGG. Wird der Aufgabenkreis nur unwesentlich erweitert, so kann das Gericht von der Einholung eines Gutachtens absehen. Dasselbe gilt, wenn der Aufgabenkreis zwar nicht nur unwesentlich erweitert wird, die letzte Begutachtung aber nicht länger als sechs Monate zurückliegt; 69i Abs. 1 Satz 1 FGG. Wird die Bestellung eines Betreuers verlängert, muss grundsätzlich ein Gutachten eingeholt werden; 69i Abs. 6 Satz 1 FGG. Hiervon kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat; § 69i Abs. 6 Satz 2 FGG. Diese Grundsätze gelten auch für das Beschwerdeverfahren, es sei denn, das vom Amtsgericht eingeholte Gutachten liegt zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch nicht so lange zurück, dass von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind[76].
  • Ein Verstoß gegen § 68b FGG führt zwar nicht zur Unwirksamkeit des Bestellungsbeschlusses, wohl aber zu dessen Aufhebbarkeit.
  • Statt eines Gutachtens genügt ein ärztliches Zeugnis in zwei Fällen:

Zum einen, wenn der Betroffene die Bestellung des Betreuers beantragt, auf die Begutachtung verzichtet und die Einholung des Gutachtens insbesondere im Hinblick auf den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers unverhältnismäßig wäre; § 68b Abs. 1 Satz 2 FGG. In diesem Fall ist aber die Begutachtung nachzuholen, wenn ein Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung oder auf Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers erstmals abgelehnt werden soll; § 69i Abs. 4 FGG.


Zum anderen dann, wenn lediglich ein Vollmachts- oder Kontrollbetreuer im Sinne von § 1896 Abs. 3 BGB bestellt werden soll; § 68b Abs. 1 Satz 3 FGG.


Die vormundschaftsgerichtliche Praxis erachtet das Erfordernis der Gutachteneinholung in Fällen eindeutiger Betreuungsbedürftigkeit für überzogen. Bei bestimmten Erkrankungen sei auch für eine nicht psychiatrisch-neurologisch geschulte Person das Bestehen einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB und das daraus resultierende Unvermögen zur Besorgung eigener Angelegenheiten beim Betroffenen erkennbar. Daher könne in diesen Fällen die Einholung eines ärztlichen Attests genügen. Der Vorteil bestünde darin, dass das Attest nicht von einem Psychiater oder einem in der Psychiatrie erfahrenen Arzt stammen[77] und nicht in einem förmlichen Beweisverfahren vom Gericht erholt werden muss, sondern auch von Betroffenen oder von Dritten vorgelegt werden kann[78]. Zudem kann es sich darauf beschränken, eine Krankheitsdiagnose wiederzugeben, ohne eine in sich nachprüfbare Begründung anzuführen[79]. Der Betroffene wäre den durch die Befragung und Untersuchung durch einen Sachverständigen und etwaigen angeordneten Vorführungen hervorgerufenen Belastungen nicht mehr ausgesetzt. Das Betreuungsverfahren könnte zeitlich beschleunigt unter Schonung finanzieller Ressourcen betrieben werden.


Wie bereits im Zwischenbericht der Arbeitsgruppe dargestellt, ist die Definition derartig eindeutiger Fälle mit erheblichen Schwierigkeiten belastet. Die Verwendung eines entsprechenden unbestimmten Rechtsbegriffes dürfte ausscheiden, da dies zu erheblichen Abgrenzungsproblemen führte.


Die andere Möglichkeit bestünde darin, bei Krankheitsbildern, die eine unumkehrbare Verfestigung der Ausfallerscheinungen aufzeigen, vom Erfordernis des Sachverständigengutachtens abzusehen, und die Einholung eines ärztlichen Attests mit der Begründung genügen zu lassen, es handele sich bei diesen Krankheitsbildern um typische irreversibel verlaufende Krankheitsformen, die stets zur Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen führten. Ins Blickfeld rückt dabei die Demenzerkrankung, da die Altersdemenz ein besonders häufiger und typischer Anlass für die Bestellung eines Betreuers ist.


Voraussetzung für das Absehen von gutachtlichen Untersuchungen dürfte jedoch sein, dass das entsprechende Krankheitsbild auch hinreichend sicher diagnostiziert und zu Ausfallerscheinungen, die nicht die Qualität eines Gebrechens im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB aufzeigen, abgegrenzt werden kann. Eine eindeutige Abgrenzung zu körperlich bedingten Ausfallerscheinungen, wie Stoffwechselstörungen oder Mangelernährungsfolgen, ist deswegen erforderlich, weil im Falle einer körperlich bedingten Behinderung die Bestellung eines Betreuers gegen den freien Willen des Betroffenen nicht zulässig und ein Antrag des Betroffenen grundsätzlich zwingende Verfahrensvoraussetzung ist; § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB.


Die Feststellung einer derartig sicheren Diagnostik lässt sich nur anhand empirischer Untersuchungen belegen. Stünde fest, dass in einer zu vernachlässigenden Zahl Demenzerkrankungen mit körperlichen Erkrankungen seitens der Ärzteschaft verwechselt würden, könnte eine hinreichend sichere Erkennbarkeit dieser Erkrankung bejaht werden. Derartige Untersuchungen liegen der Arbeitsgruppe noch nicht vor, so dass eine Einschränkung des Grundsatzes des § 68 b Abs. 1 Satz 1 FGG zur Zeit nicht befürwortet werden kann.


  1. Verfahrenspflegschaft

1.Problem


Durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers gemäß § 67 FGG soll der gesundheitliche Mangel des Betroffenen, im Betreuungsverfahren sich selbst angemessen vertreten zu können, ausgeglichen werden. Dies entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Gemäß §§ 67 Abs. 3 Satz 2 FGG, 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB wird die Verfahrenspflegschaft grundsätzlich unentgeltlich geführt. Damit geht das Gesetz, ebenso wie im Rahmen der Betreuung, vom Vorrang ehrenamtlicher Verfahrenspflegschaft aus.


Dem entspricht die Bestellungspraxis der Vormundschaftsgerichte nicht. Als Verfahrenspfleger werden überwiegend Rechtsanwälte herangezogen, ohne dass dafür ein Bedürfnis besteht.


Für die Verfahrenspflegschaft gelten jedoch die Gründe entsprechend, die für den Vorrang der ehrenamtlichen vor der berufsmäßigen Betreuung entscheidend sind:


Eine dem Betroffenen nahestehende Person ist im Regelfall mit den persönlichen Verhältnissen und Wünschen des Betroffenen in stärkerem Maße vertraut als ein Berufsverfahrenspfleger, der typischerweise den Betroffenen erstmalig im Zeitpunkt der Anhörung kennen lernt. Nahestehende Personen werden daher in stärkerem Maße auf die Interessen des Betroffenen Rücksicht nehmen und so dem Willen des Betroffenen zur Geltung verhelfen können. Je weniger der Betroffene gebrechensbedingt in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen, desto mehr bedarf er der persönlichen Betreuung[80]. Nur so kann die Umsetzung der Wünsche des Betroffenen sichergestellt werden.


Ihre Grenze fände der Vorrang der ehrenamtlichen Verfahrenspflegschaft in dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Eignung.


Ehrenamtlich Tätige sind nur dann geeignet, wenn sie an der beabsichtigten gerichtlichen Maßnahme kein unmittelbares eigenes Interesse haben[81]. Ein solches Interesse dürfte bei denjenigen anzunehmen sein, die die Bestellung eines Betreuers angeregt haben[82].


Soweit es auf die Sachkunde eines Rechtsanwalts auf dem Gebiet des formellen oder materiellen Rechts ankommt, wird das Vormundschaftsgericht zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen einen Rechtsanwalt zu bestellen haben[83]. Kommt es hingegen primär auf psychiatrische oder sozialpädagogische Kenntnisse an, wird die Bestellung einer im Umgang mit psychisch Erkrankten besonders erfahrenen Person angezeigt sein[84]. Soweit derartiges Sonderwissen oder eine derartige Erfahrung nicht erforderlich ist, dürfte daher die Bestellung einer dem Betroffenen nahestehenden Person in Betracht kommen[85].


2.Lösungsansatz


Entsprechend der Funktion des Verfahrenspflegers hält es die Arbeitsgruppe für sinnvoll, den Vorrang des Ehrenamts im Sinne des § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB ausdrücklich in das Recht der Verfahrenspflegschaft gemäß § 67 FGG zu übernehmen.


Eine gesetzliche Klarstellung des Vorrangs der ehrenamtlichen Verfahrenspflegschaft dürfte die am Verfahren Beteiligten für die Bestellung ehrenamtlicher geeigneter Personen sensibilisieren. Damit ist zu erwarten, dass die zum Teil automatische Bestellung von Rechtsanwälten zu Berufsverfahrenspflegern durch die Bestellung anderer geeigneterer Personen ergänzt wird:


„Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 7719), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


§ 67 Abs. 1 wird wie folgt geändert:


Nach Satz 5 wird folgender Satz eingefügt:


„§ 1897 Abs. 6 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend.“

Kapitel 5:Pauschalisierung der Vergütung und des Aufwendungsersatzes


  1. Problem

Das gegenwärtig geltende Abrechnungssystem vergütet aufgewendete Zeit mit einem bestimmten Stundensatz (§§ 1836, 1836a BGB, § 1 BVormVG).[86] Die Berufsbetreuerinnen und -betreuer haben deshalb zeitaufwändige Übersichten zu erstellen, die Art und Umfang der Tätigkeit möglichst minutiös dokumentieren. Die Prüfung dieser Vergütungsabrechnungen beansprucht wegen des Umfangs der Stundennachweise und der Vielzahl der Abrechnungen einem großen Teil der Gesamtbearbeitungszeit der Vormundschaftsgerichte in Betreuungssachen[87]. Den Betreuten kommt dieser Arbeitsaufwand nicht zugute. Der Vorwurf, die Betreuer und die Justiz müssten sich mehr mit Vergütungsabrechnungen als mit den Betroffenen beschäftigen, erscheint tendenziell berechtigt zu sein. Zudem ist die Kontrolle der Abrechnungen inhaltlich kaum sinnvoll:


  • Im Rahmen der Überprüfung der Vergütungsabrechnung muss das Vormundschaftsgericht die Grenzen beachten, die § 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB für die Aufsicht über die Betreuerinnen und Betreuer setzt. Danach unterliegt ein Betreuer nur einer Kontrolle im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns. Hingegen kann das Vormundschaftsgericht in bloßen Zweckmäßigkeitsfragen kein bestimmtes Handeln vorschreiben oder untersagen. Das Vormundschaftsgericht darf deshalb eine vom Betreuer geltend gemachte Vergütung nicht allein deshalb kürzen, weil es die Tätigkeit als solche für unangebracht hält. Anders stellt sich dies nur bei offensichtlich unzweckmäßigen Verfahrensweisen dar. Solange sich im Übrigen eine Tätigkeit im Rahmen des Aufgabenkreises der Betreuerinnen oder des Betreuers und damit einer rechtlichen Betreuung im Sinne von § 1901 Abs. 1 BGB hält, hat sich die Prüfung der Vergütungsanträge im Wesentlichen auf eine Plausibilitäts- und Missbrauchskontrolle zu beschränken[88].

In diesem Zusammenhang hat der Bayerische Oberste Rechnungshof [89] festgestellt, das gegenwärtige Abrechnungssystem führe dazu, dass die von den Betreuern für Telefonate, Schreiben, Besprechungen und Besuche aufgewendeten Zeiten – teilweise – großzügig nach oben gerundet würden. Bei der einzelnen Abrechnung stellte dies zwar nur ein geringes, in der Summe der Fälle aber ein finanziell bedeutsames Problem dar. Betroffen seien ca. 12% der Gesamtausgaben.


  • Im Tatsächlichen ist es den Vormundschaftsgerichten im Regelfall nicht möglich, den angegebenen Zeitaufwand auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Behauptet z.B. eine Betreuerin oder ein Betreuer, für einen Brief an eine Behörde 2,5 Stunden aufgewendet zu haben, kann dies mangels Beurteilungsmöglichkeit des Vormundschaftsgerichtes zumeist nur schwerlich beanstandet werden. Dadurch belohnt das Abrechnungssystem tendenziell den weniger gewandten, schlechter organisierten oder nicht hinreichend an den Erfordernissen einer rechtlichen Betreuung orientierten Betreuer, der im Zweifel einen größeren Zeitaufwand abrechnen kann.

Wie die vom Niedersächsischen Justizministerium in Auftrag gegebene „Empirische Studie über die Kostenentwicklung in Betreuungssachen und die Möglichkeit ihrer Reduzierung“ aufgezeigt hat, liegt in der zunehmenden Übernahme sozialer Aufgaben durch die Berufsbetreuer ein Grund für die Kostenexplosion im Betreuungswesen[90]. Einrichtungen (z.B. Pflegeheime), Kommunen oder das soziale Umfeld der Betroffenen tragen oft den Wunsch an die Berufsbetreuerinnen und -betreuer heran, auch soziale Tätigkeiten zu übernehmen, die nicht in den Bereich von § 1901 Abs. 1 BGB fallen.


  • Untersuchungen zeigen, dass in einem insgesamt nicht quantifizierbaren Umfang Tätigkeiten abgerechnet werden, die nicht erbracht wurden. So hat die „Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein zu der Kostenentwicklung in Betreuungssachen“ ergeben, dass in einigen Fällen die Richtigkeit der Angaben zumindest zweifelhaft war. In mehreren Fällen wurden für einzelne Tage mehr als 24 Stunden abgerechnet[91].

Das Abrechnungssystem kann diesen Missbrauch nicht verhindern. Die Rechtspfleger prüfen die Vergütungsabrechnung in der einzelnen Betreuungsakte. Eine Gesamtschau fehlt. Hat ein Betreuer den gleichen Zeitraum in einem anderen Verfahren ebenfalls abgerechnet, fällt dies nicht auf.


-Schließlich ist das Vergütungssystem nicht in der Lage, eine effektive Inhaltskontrolle zu garantieren.[92] Die stichwortartigen Beschreibungen wie „Besuch bei Betreuten“, „Telefonat mit Heimleitung“ oder „Gespräch mit Freundin“ besagen nichts über die Qualität der Betreuungsarbeit. Umfangreiche Vermerke über jede Tätigkeit würden dagegen zu einem unzumutbaren Aufwand für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer führen. Eine Qualitätssicherung bzw. Qualitätssteigerung ist nicht über das Abrechnungssystem zu erreichen, sondern nur durch eine konsequente Betreuungsplanung[93].


Fazit:


Das bestehende Vergütungssystem kann seine Zielsetzung nicht erreichen, trägt zur Qualität der Betreuung nicht bei, benachteiligt im Gegenteil gut ausgebildete und effektiv arbeitende Berufsbetreuerinnen und -betreuer und verursacht einen erheblichen Zeit- und Personalaufwand, der den Betreuten nicht zugute kommt.


Kein Lösungsansatz im jetzigen System

Mit dem zum 01.01.1999 in Kraft getretenen Betreuungsrechtsänderungsgesetz ist § 1836b in das BGB eingefügt worden, um eine erleichterte Handhabung der zeitbezogenen Vergütung zu ermöglichen.[94] Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836b Satz 1 Nr. 1 BGB kann das Vormundschaftsgericht einen festen Geldbetrag als Vergütung zubilligen, wenn die für die Führung der Betreuung erforderliche Zeit vorhersehbar und ihre Ausschöpfung durch den Vormund gewährleistet ist.[95] Weitere Vergütungsansprüche sind ausgeschlossen. Diese Regelung erspart den Berufsbetreuerinnen und -betreuern die Dokumentation und Darlegung des Zeitaufwandes und den Vormundschaftsgerichten die zeitintensive und gleichwohl nicht effektive Überprüfung der Vergütungsabrechnungen.[96] Darüber hinaus sind die Vormundschaftsgerichte nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836b Satz 1 Nr. 2 BGB berechtigt, die für die Führung der Vormundschaftsgerichte erforderliche Zeit zu begrenzen. Diese Regelung soll einerseits die Tätigkeit der Berufsbetreuerinnen und -betreuer erleichtern und andererseits deren Abrechnungsehrlichkeit fördern.[97]


Von § 1836b BGB wird nur in weniger als 10% aller Fälle Gebrauch gemacht[98]. Er hat sich in der Praxis nicht bewährt:


Sowohl die Zubilligung eines pauschalen Geldbetrages als die Zeitbegrenzung setzen voraus, dass der künftige Arbeitsaufwand im konkreten Betreuungsfall vorhersehbar ist. Lebens- und Gesundheitsverhältnisse des Betreuten müssen daher relativ stabil sein. Zu Beginn der Betreuung wird deshalb nur in Ausnahmefällen ein fester Geldbetrag bestimmt werden können.[99] Eine nachträgliche Pauschalisierung kommt nicht in Betracht.[100] Zudem soll die zugebilligte Pauschale in entsprechender Anwendung von § 323 ZPO modifiziert werden können, wenn sich die für die Festlegung maßgeblichen Verhältnisse geändert haben.[101] Schließlich ermöglicht § 1836b BGB nicht die – besonders zweckmäßige – Pauschalisierung der Aufwendungen.[102]


Die gerichtliche Praxis hat deshalb in einigen Gerichtsbezirken, insbesondere in Niedersachsen, Modellversuche gestartet, um auf der Basis von Vereinbarungen zwischen Vormundschaftsgerichten, Berufsbetreuerinnen und -betreuern und der Landeskasse Vergütungspauschalen zu entwickeln. Zur Zeit wird noch das sogenannte Oldenburger Modell praktiziert[103]. Die Pauschalisierungsmodelle haben zu erheblichen Kostensteigerungen geführt. Die – mangels Verankerung im geltenden Recht – notwendigen Vereinbarungen haben die Wirklichkeit nicht wiedergespiegelt.


Hinzu kommt, dass die Pauschalisierung nach den zu § 1836 b BGB entwickelten Modellen einen Betreuerwechsel hin zu ehrenamtlichen Betreuern behindert. Denn die Betreuer sind daran interessiert, die in der Pauschalisierung vorgesehene Mischung aus arbeitsintensiven und weniger arbeitsintensiven Fällen möglichst beizubehalten[104].


Entwicklung eines tragfähigen Pauschalisierungssystems

Die nicht hinnehmbaren Defizite des jetzigen Abrechnungssystems können nur durch ein Pauschalisierungssystem gelöst werden, das einfach, streitvermeidend, an der Realität orientiert und für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer auskömmlich ist.


Dazu sind folgende Kriterien maßgeblich:


1.Tatsachengrundlage


Für die Entwicklung eines allen Anforderungen genügenden Pauschalisierungssystems ist eine repräsentative Tatsachengrundlage erforderlich. Um dies zu erreichen, hat die Arbeitsgruppe in ihrem Zwischenbericht einen Fragenkatalog entwickelt, der Differenzierungen nach Alter der Betroffenen, Art der Erkrankung, Aufenthalt zu Hause oder in einer Einrichtung und Dauer der Betreuung vornimmt. Eine Differenzierung nach Aufgabenkreisen wäre dagegen nicht sinnvoll gewesen. Es gibt keine verbindliche Festlegung von Aufgabenkreisen, die Rechtsprechung ist sehr unterschiedlich, und eine Betreuung für „alle Angelegenheiten“ einer im Heim lebenden Betroffenen muss keineswegs aufwändiger sein, als z.B. die Gesundheitssorge für einen zu Hause lebenden psychisch Kranken, der „sehr schwierig“ und krankheitsuneinsichtig ist.


Die vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag gegebene „Rechtstatsächliche Untersuchung zur Qualität von Betreuungen, zur Aufgabenverteilung im Bereich der Betreuung und zum Verfahrensaufwand" des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG-GA) hat den Betreuungsaufwand zu den im Fragenkatalog entwickelten Fallgruppen erhoben. Grundlage der Untersuchung war eine repräsentative Auswahl von 1.808 Betreuungsakten[105].


Zu den erhobenen Einzelnennungen beim Betreuungsaufwand hat das ISG Häufigkeitstabellen nach Stundenspannen erstellt, aus denen sich die Häufigkeitsverteilung ergibt[106]. Diese enthalten neben dem rechnerischen (arithmetischen) Mittelwert ebenfalls die Standardabweichung sowie den Median.


Zur Bestimmung der Fallgruppen und des pauschalen Stundensatzes hat sich die Arbeitsgruppe nicht am arithmetischen Mittel, sondern am Median orientiert:


Zur Berechnung von Durchschnitten sind grundsätzlich mehrere Methoden bzw. Lage­maße anwendbar, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Anfälligkeit für Extremwerte unterscheiden [107].


Das gebräuchlichste Maß zur Berechnung von Durchschnittswerten ist das arithmetische Mittel, das gebildet wird, indem die Summe aller Werte durch die Summe aller Beobachtungseinheiten bzw. Fälle dividiert wird. Das arithmetische Mittel kann aber durch einige wenige sehr hohe Werte angehoben werden, auch wenn sich im unteren und mittleren Bereich der Verteilung nichts verändert hat.


Eine Alternative bildet der Median, der so ermittelt wird, dass zunächst alle Werte in einer Rangfolge geordnet werden. Sodann wird ein Einschnitt bei der Hälfte aller Fälle vorgenommen; der an dieser Stelle rangierende Wert ist der Median. „Ausreißer“ am oberen oder unteren Ende der Verteilung wirken sich hierauf nicht aus. Der Median teilt die Werte einer sortierten Stichprobe in zwei Hälften. Bei unsymmetrischen Verteilungen mit einer breiten Streuung in der oberen oder unteren Hälfte beeinflussen die Extremwerte den so gebildeten Mittelwert im Verhältnis zum arithmetischen Mittel nur geringfügig. Ist die Streubreite in der oberen Hälfte groß, liegt der Median unter dem arithmetischen Mittelwert.


Für die Berechnung von Betreuungspauschalen würde sich das arithmetische Mittel nur eignen, wenn die gesamte Spannbreite der Verteilungen berücksichtigt werden soll. Wenn dagegen der Einfluss von Extremwerten möglichst gering gehalten werden soll, um zuverlässig die Wirklichkeit abzubilden, ist eine Orientierung am Median zu empfehlen.


Die Analyse der Häufigkeitstabellen zum Betreuungsaufwand, differenziert nach Dauer der Betreuung und Aufenthaltsort des Betreuten[108], ergibt, dass in allen vorgegebenen Zeitspannen die ganz überwiegende Anzahl der Fälle im unteren Mittelfeld monatlich aufgewandter Stunden liegt. Da die Pauschalen den Großteil der Fälle und damit die Wirklichkeit abbilden sollen, ist eine Orientierung am Median sachgerechter als am arithmetischen Mittel. Denn dieses wird durch „Ausreißer“, auch nach unten, im Ergebnis verzerrt.


Auf der Grundlage der Mediane ergeben sich nachfolgende Konsequenzen für die Bildung der Fallgruppen und der Festlegung des pauschalen Stundensatzes.


2.Fallgruppen


Die Folgen aus den Ergebnissen der rechtstatsächlichen Studie für die Fallgruppen lassen sich wie folgt zusammenfassen:


-Die Unterschiede des Betreuungsaufwands bei den verschiedenen Krankheitsbildern sind verhältnismäßig gering[109]. Eine Differenzierung nach Krankheitsbildern ist deshalb nicht notwendig. Damit werden Streitigkeiten vermieden, die sich aus einer eindeutigen Abgrenzbarkeit der Krankheitsbilder ergeben.


-Der Betreuungsaufwand unterscheidet sich in den vorgegebenen Altersgruppen nicht wesentlich.


-Erhebliche Unterschiede im Betreuungsaufwand ergeben sich, je nachdem ob der Betroffene zu Hause oder in einer Einrichtung lebt. Der Betreuungsaufwand eines zu Hause wohnenden Betreuten ist signifikant höher.


-Von wesentlicher Bedeutung ist die Dauer der Betreuung. Nach Spitzenwerten während der ersten 3 Monate fällt der Betreuungsaufwand vom 4. bis 6. Monat und 7. bis 12. Monat sowie ab dem 2. Jahr der Betreuung kontinuierlich und stark ab.


Die Arbeitsgruppe schlägt daher vor, Fallgruppen ausschließlich in Abhängigkeit von der Dauer der Betreuung (1. bis 3. Monat, 4. bis 6. Monat, 7. bis 12. Monat, ab 2. Jahr) und dem Aufenthaltsort des Betroffenen zu bilden (zu Hause oder in einer Einrichtung).


Diese wenigen Fallgruppen dürften im Regelfall einfach feststellbar sein und damit streitvermeidend wirken.


3.Pauschaler Stundenansatz und Auskömmlichkeit


Die Arbeitsgruppe hat sodann die vorgeschlagenen Stundenpauschalen für die einzelnen Zeiträume getrennt nach dem Aufenthaltsort des Betroffenen eingegeben. Um die Bereitschaft zu fördern, eine neue Betreuung zu übernehmen und eine eingespielte Betreuung – sofern dies möglich ist – an eine ehrenamtliche Betreuerin oder einen ehrenamtlichen Betreuer abzugeben, wurden die Pauschalen ausgehend vom Median im 1. Jahr auf- und ab dem 2. Jahr abgerundet.


Daraus ergeben sich folgende Stundenpauschalen:


Zeitraum Betroffener lebt in Einrichtung Betroffener lebt zu Hause
1. bis 3. Monat 4,5 Stunden im Monat 7 Stunden im Monat
4. bis 6. Monat 3,5 Stunden im Monat 5,5 Stunden im Monat
7. bis 12. Monat 3 Stunden im Monat 5 Stunden im Monat
ab 2. Jahr 2 Stunden im Monat 3,5 Stunden im Monat

Die Arbeitsgruppe schlägt diese Pauschalen vor, weist aber auf Folgendes hin:


Wie sich aus den Berichten der Rechnungshöfe und der niedersächsischen Studie ergibt, beruhen die vom ISG festgestellten Stunden nicht vollständig auf dem für eine rechtliche Betreuung notwendigen und dem tatsächlich erbrachten Aufwand. Dies ist eingangs dargelegt worden. Es bestehen deshalb gute Gründe, von den statistisch ermittelten Pauschalsätzen einen Abschlag vorzunehmen. Davon sieht die Arbeitsgruppe nur deshalb ab, weil keine validen Angaben zur Höhe des Abschlags vorliegen. Es ist jedenfalls nicht gerechtfertigt, die Werte der Mediane zu erhöhen.


Die Pauschalen führen vielmehr zu auskömmlichen Einnahmen der Berufsbetreuerinnen und -betreuer. Zur Verdeutlichung dienen folgende Berechnungen:


Fall 1


Ein Berufsbetreuer betreut je zur Hälfte Betroffene in Einrichtungen und zu Hause. Eine Hälfte seiner Betreuungen läuft im ersten Jahr, die andere Hälfte bereits länger als ein Jahr.


Führt der Betreuer 35 Betreuungen, kann er insgesamt im Jahr 1.535,63 Stunden abrechnen, was bei einem Stundensatz von 31 € ein Einkommen (ohne Umsatzsteuer und Aufwendungsersatz) in Höhe von 47.604,53 € ergibt.


Werden 40 Betreuungen zugrundegelegt, kann der Betreuer 1.755 Stunden im Jahr abrechnen, was bei einem Stundensatz von 31 € ein Einkommen von 54.405 € (ohne Umsatzsteuer und Aufwendungsersatz) ergibt.


Fall 2


Ein Berufsbetreuer betreut je zur Hälfte Betroffene in Einrichtungen und zu Hause. Ein Viertel seiner Betreuungen läuft im ersten Jahr, drei Viertel bereits länger als ein Jahr.


Führt der Betreuer 35 Betreuungen, kann er insgesamt im Jahr 1.345,31 Stunden abrechnen, was bei einem Stundensatz von 31 € ein Einkommen (ohne Umsatzsteuer und Aufwendungsersatz) in Höhe von 41.704,70 € ergibt.


Werden 40 Betreuungen zugrundegelegt, kann der Betreuer 1.537,50 Stunden im Jahr abrechnen, was bei einem Stundensatz von 31 € ein Einkommen von 47.662,50 € (ohne Umsatzsteuer und Aufwendungsersatz) ergibt.


4.Notwendigkeit fester Pauschalen und Mischkalkulation


Um praktikabel und streitvermeidend zu sein, müssen die Pauschalen von Beginn des Betreuungsverfahrens an feststehen und dürfen nicht einzelfallbezogen ermittelt werden. Dies spricht auch gegen eine Vergütung nach einzelnen, typischen erledigten Aufgaben, wie sie etwa der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinem Bericht anspricht. Zudem müssen die Pauschalen unabänderlich sein. Es darf keinen Ausnahmetatbestand geben. Jeder Ausnahmetatbestand führt zu Streitigkeiten über seinen Anwendungsbereich und ggf. eine analoge Anwendung. Auch nur ein Ausnahmetatbestand ist deshalb geeignet, das aufwands- und streitvermeidende Gesamtsystem der Pauschalisierung in Frage zu stellen.


Darin liegt keine Ungerechtigkeit, sondern eine unabdingbare Notwendigkeit, um die betroffenen Menschen auch tatsächlich in den Mittelpunkt der Betreuungsarbeit zu rücken.


Wie die Arbeitsgruppe in ihrem Zwischenbericht dargelegt hat, ist eine pauschale Vergütung in vielen Dienstleistungsbereichen, insbesondere bei den Ärzten, den Rechtsanwälten, den Notaren, den Architekten und Ingenieuren üblich. Zur Vergütung der Ärzte entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Auskömmlichkeit – oder auch umgekehrt: die Notwendigkeit – der Pauschale nicht am Einzelfall gemessen werden darf. Es gibt im Einzelfall weder einen Zu- noch einen Abschlag. Entscheidend ist allein die Mischkalkulation[110]. Entsprechendes gilt für die Vergütung der Rechtsanwälte. Es ist unzulässig, einem Rechtsanwalt im Einzelfall deshalb eine höhere Vergütung zuzubilligen, weil die gesetzliche Vergütung kein angemessenes Entgelt darstellt, und ggf. noch nicht einmal die Geschäftskosten deckt. Umgekehrt kann seine Vergütung nicht gekürzt werden, weil nur ein geringer Aufwand nötig war, die Angelegenheit zu bearbeiten[111].


Die Angemessenheit der Vergütung ergibt sich für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer aus einer Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen innerhalb der Fallgruppen. Die Arbeitsgruppe hat die Schaffung einer gesetzlichen „Verteilungsregelung“ diskutiert, hält eine solche jedoch nicht für praktikabel:


Der Aufwand ist im Einzelfall nicht vorhersehbar und abgrenzbar, sichere Kriterien für „leichte“ und „schwierige“ Fälle gibt es nicht und eine gesetzliche Verteilungsregelung könnte zu einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten führen.

Die Arbeitsgruppe geht vielmehr davon aus, dass – wie bereits nach jetzigem Recht – etwa entstehende Härten im persönlichen Kontakt zwischen Gericht und Berufsbetreuern geklärt werden können. Die Berufsbetreuer können sich an die Vormundschaftsrichter ihrer Bezirke wenden und auf die Belastungssituation aufmerksam machen. Die Vormundschaftsgerichte werden sich einem berechtigten Anliegen nicht verschließen.


5.Fälligkeit der Vergütung


Seitens der Berufsbetreuer wird bei dem gegenwärtigen Rechtszustand oft zu Recht kritisiert, dass die Prüfung der Stundenabrechnungen durch die Vormundschaftsgerichte lange Zeit in Anspruch nehme und sie die ihnen zustehende Vergütung oft erst mit erheblicher Verspätung erhielten. Da die zu gewährenden Pauschalen von vornherein feststehen und keine Abrechnungen erstellt und geprüft werden müssen, kann die Fälligkeit der Pauschalen nach bestimmten Zeitabschnitten erfolgen.


Die Arbeitsgruppe schlägt eine Fälligkeit jeweils nach Ablauf eines Vierteljahres vor. Kürzere Zeitabstände sind wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes – erhebliche Steigerung der Auszahlungsvorgänge – nicht sinnvoll.


6.Stundensätze


Nach § 1 BVormVG ist der zu vergütende Stundensatz von der formalen Qualifikation des Berufsbetreuers abhängig. Angesichts dessen, dass sich nach Verabschiedung dieses Gesetzes im Jahre 1998 eine große Zahl von Berufsbetreuerinnen und -betreuern mit erheblichem Aufwand und Kosten fortgebildet haben, um eine höhere Vergütungsstufe zu erreichen, schlägt die Arbeitsgruppe vor, das jetzige, gestufte Vergütungssystem beizubehalten.


Gemäß § 1836a Abs. 1 BGB finden die festen Stundensätze des § 1 BVormVG nur auf die Fälle Anwendung, in denen der Betroffene mittellos ist und der Betreuer daher aus der Staatskasse vergütet wird. Nach der Rechtsprechung [112] sind sie jedoch auch bei bemittelten Betroffenen, die selbst für die Kosten ihrer Betreuung aufkommen müssen, eine wesentliche Orientierungshilfe und dürfen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen überschritten werden.


Die Arbeitsgruppe schlägt vor, es bei diesem System zu belassen.


IV.Zusammenfassende Würdigung


Das vorgeschlagene Pauschalisierungssystem bietet für die Betreuten, die Berufsbetreuerinnen und -betreuer sowie die staatliche Gemeinschaft erhebliche Vorteile:


  • Die Betreuten werden auch tatsächlich zum Mittelpunkt der rechtlichen Betreuung. Das gegenwärtig geltende Abrechnungssystem vergütet aufgewendete Zeit mit einem bestimmten Stundensatz. Die Berufsbetreuerinnen und -betreuer haben deshalb zeitaufwändige Übersichten zu erstellen, die Art und Umfang der Tätigkeit möglichst minutiös dokumentieren. Die Prüfung dieser Vergütungsabrechnungen beansprucht wegen des Umfangs der Stundennachweise und der Vielzahl der Abrechnungen einen Großteil der Gesamtbearbeitungszeit der Vormundschaftsgerichte in Betreuungssachen. Durch das Pauschalisierungssystem werden Arbeitskapazitäten der Vormundschaftsgerichte und der Berufsbetreuerinnen und -betreuer freigesetzt, die die Vormundschaftsgerichte und die Berufsbetreuerinnen und -betreuer nunmehr für die Betroffenen einsetzen können. Für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer bedingt der Wegfall des bürokratischen Aufwandes, der nicht vergütungsfähig ist, dass sie stattdessen Betreuungsarbeit leisten können, die vergütungsfähig ist.
  • Durch das Pauschalisierungssystem wird eine effektive, zielorientierte und qualitativ hochwertige Betreuungsarbeit gewährleistet. Im Ergebnis wird die vorgeschlagene Pauschalisierung zu einer Professionalisierung der Berufsbetreuer führen, wie sie von den Verbänden der Berufsbetreuer gefordert wird.
  • Mit vergütungsrechtlichen Anreizen soll die Umsetzung des Willens der meisten Menschen, möglichst lange in der eigenen Wohnung leben zu können, gefördert zu werden.
  • Das Pauschalisierungssystem gewährt eine auskömmliche Vergütung, die zu feststehenden Fälligkeitsterminen gezahlt wird und nicht länger vom zufälligen Zeitpunkt gerichtlicher Festsetzungen abhängig ist.
  • Das Pauschalisierungssystem vermeidet die Abrechnungsprüfung und den damit verbundenen erheblichen personellen und bürokratischen Aufwand. Zusätzlich werden Abrechnungsstreitigkeiten und die damit verbundenen Beschwerdeverfahren ausgeschlossen. Das dient dem Rechtsfrieden und gibt die Möglichkeit, finanzielle Ressourcen nicht für ein mit sich selbst beschäftigtes System, sondern für die Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.
  • Das Pauschalisierungssystem fördert die Bereitschaft, länger dauernde Betreuungen an dafür geeignete ehrenamtliche Betreuer abzugeben.

Nachteile sind demgegenüber nicht erkennbar. Wie das jetzige System zeigt, ist eine inhaltliche, an Qualitätsstandards ausgerichtete Kontrolle betreuerischen Handelns nicht über das Vergütungssystem zu erreichen. Notwendig ist die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Institutionalisierung der Betreuungsplanung[113].


V.Spezielle Fälle der Betreuung


Die Arbeitsgruppe hat eingehend die verschiedenen im Gesetz genannten Fälle besonderer Betreuungen sowie den Fall eines Betreuerwechsels, einer Erweiterung des Aufgabenkreises und einer Abfolge von Einrichtungen und Aufhebungen einer Betreuung bei dem gleichen Betroffenen diskutiert. Sie schlägt vor, Ausnahmen von dem vorgeschlagenen Pauschalisierungsmodell soweit wie möglich zu begrenzen. Anderenfalls würde der erstrebte Zweck der Vereinfachung und Streitvermeidung vereitelt. Zudem sind in den vom ISG ausgewerteten Akten die Fälle besonderer Betreuer sowie besonderer Betreuungssituationen enthalten und somit in die gebildeten Pauschalen eingeflossen.


Im Einzelnen gilt Folgendes:


1.Betreuerwechsel


Aus den oben dargestellten Gründen wird im Fall eines Betreuerwechsels eine Ausnahme von dem vorgeschlagenen Pauschalisierungsmodell abgelehnt. Der mit einem Betreuerwechsel regelmäßig einhergehende Mehrbedarf ist in den vom ISG erhobenen Zahlen enthalten.


Maßgebend für die Anwendung der Pauschalen ist daher die erstmalige Bestellung eines Betreuers. Dies soll auch dann gelten, wenn es sich hierbei um einen ehren­amtlichen Betreuer handelt und später ein Berufsbetreuer bestellt wird. Geschieht dies z.B. im 3. Jahr einer Betreuung, kann der Berufsbetreuer nur die Pauschale für den Zeitraum ab dem 2. Jahr beanspruchen.


2.Erweiterung des Aufgabenkreises


Das Pauschalisierungssystem ist von den Aufgabenkreisen unabhängig. Zudem ist ein durch die Erweiterung des Aufgabenkreises verbundener Mehraufwand in den vom ISG erhobenen Zahlen enthalten. Eine Abweichung von den vorgeschlagenen Pauschalen ist daher nicht gerechtfertigt.


3.Zeitliche „Lücken“ in der Betreuung


Problematisch erscheinen die Fälle, in denen (z.B. bei jeweils befristeten Unterbringungen) über die Jahre für einen Betroffener immer wieder für bestimmte Zeit ein Betreuer bestellt, dann jedoch mehrfach wieder entlassen wird.


Die Arbeitsgruppe schlägt vor, die Lösung dieses Problems der Rechtsprechung zu überlassen.


4.Mehrere Betreuer gem. § 1899 Abs.1 BGB


Nach der Auffassung der Arbeitsgruppe ist die Vorschrift für den Bereich der Berufsbetreuer ohne praktische Bedeutung. Sie sollte daher dahingehend geändert werden, dass sie nur noch auf ehrenamtliche Betreuer Anwendung findet. Die Frage einer Ausnahme vom vorgeschlagenen Pauschalisierungssystem erübrigt sich daher.


5.Verhinderungsbetreuer gem. § 1899 Abs. 4, 1. Alt. BGB


Zwei Fallgruppen sind zu unterscheiden:


Die Verhinderung des Betreuers kann auf tatsächlichen Gründen beruhen, z.B. Krankheit oder Urlaub. In diesem Fall ist zur gleichen Zeit immer nur entweder der Betreuer oder der Verhinderungsbetreuer tätig. Insgesamt steigt der Betreuungsaufwand nicht. Es ist daher sachgerecht, die nach der Pauschale bemessene Vergütung zwischen Haupt- und Verhinderungsbetreuer zeitanteilig zu teilen.


Die Verhinderung des Betreuers kann aber auch auf Rechtsgründen beruhen, z.B. bei einem Vertretungsausschluss nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1; 1795, 1796 BGB. Sind Haupt- und Verhinderungsbetreuer Berufsbetreuer, entsteht die Ausnahmesituation, dass zur selben Zeit für denselben Betreuten zwei Berufsbetreuer bestellt sind. Da der Ergänzungsbetreuer nur für die Vornahme eines bestimmten, punktuellen Geschäfts bestellt ist, passt für ihn die Gewährung einer Zeitpauschale nach dem vorgeschlagenen System nicht. Die Arbeitsgruppe schlägt daher vor, es für diesen Sonderfall bei einer Abrechung nach der tatsächlich aufgewandten und erforderlichen Zeit, also dem bisherigen Abrechungssystem zu belassen.


6.Delegationsbetreuer gem. § 1899 Abs. 4, 2. Alt. BGB


Mit dieser Vorschrift sollte der Wechsel von Vereins- und Behördenbetreuern sowie die Einarbeitung eines ehrenamtlichen Betreuers durch einen Berufsbetreuer erleichtert werden (sog. Tandem-Betreuung). Nach Auffassung der Arbeitsgruppe gilt sie zu Recht als überflüssig und missglückt [114]. Die erwünschten Ergebnisse lassen sich auch auf andere Weise (§ 1899 Abs.1, 3 BGB) erreichen. Es wird daher vorschlagen, in § 1899 Abs. 4 BGB die Worte „oder ihm die Besorgung überträgt“ zu streichen.


7.Besonderer Betreuer für die Sterilisation gemäß § 1899 Abs. 2 BGB


Nach § 1899 Abs. 2 BGB wird für die Entscheidung über die Einwilligung in eine Sterilisation ein besonderer Betreuer bestellt. Besteht schon eine Betreuung für andere Aufgabenkreise, ist dieser zeitgleich neben dem unverändert weiter tätigen Hauptbetreuer nur für diese Entscheidung zuständig. Die Situation ist vergleichbar derjenigen von § 1899 Abs. 4 Fall 1 BGB bei einer rechtlichen Verhinderung des Hauptbetreuers.


Die Arbeitsgruppe schlägt daher vor, es auch für den besonderen Betreuer für Sterilisation bei einer Abrechung nach der tatsächlich aufgewandten und erforderlichen Zeit, also dem bisherigen Abrechungssystem zu belassen.


8.Kontrollbetreuer gemäß § 1896 Abs. 3 BGB


Im Ergebnis handelt es sich bei dem Kontrollbetreuer um einen Betreuer mit einem bestimmten Aufgabenkreis. Da die Pauschalen grundsätzlich nicht nach Aufgabenkreisen differenzieren, besteht keine Rechtfertigung für eine Ausnahme vom vorgeschlagenen System.


VI.Aufwendungsersatz

Gemäß § 1835 BGB müssen Berufsbetreuerinnen und -betreuer die ihnen entstandenen Aufwendungen im Einzelnen darlegen. Dies verursacht sowohl bei ihnen als auch bei den Vormundschaftsgerichten einen erheblichen Arbeitsaufwand: Die Einzelposten (Fahrstrecke, Telefongebühren, Porto) müssen nachvollzogen und den Vergütungspositionen zugeordnet werden. Die Frage, ob der Aufwand für die Betreuung erforderlich war, stellt sich für jede Position neu.

Die Aufrechterhaltung dieser Rechtslage würde die durch die Stundenpauschalisierung erzielten Vorteile zunichte machen. Die Arbeitsgruppe schlägt daher vor, auch den Aufwendungsersatz der Berufsbetreuerinnen und -betreuer zu pauschalieren.


Das ISG hat in den repräsentativ ausgewählten Akten den gezahlten Aufwendungsersatz ermittelt. Nach den zum Aufwendungsersatz erstellten Häufigkeitstabellen bewegte sich die Vielzahl der abgerechneten Aufwandsentschädigungen im niedrigen Bereich unter 10 DM[115]. Hingegen waren erhöhte Kosten nur in Ausnahmefällen festzustellen[116]. Um zu verhindern, dass die festgestellte Überzahl der Kosten im geringen Bereich unter 10 DM und die unsymmetrischen Abweichungen nach oben die insgesamt festzusetzende Pauschale verzerrt und damit nicht realistisch abbildet, wurde auch hinsichtlich der Aufwandsentschädigungspauschale der Medianwert zugrunde gelegt. Eine Gesamtauswertung ergab dabei folgende – zeitlich differenzierte – Mediandurchschnittswerte:


Zeitraum Wohnsituation Einrichtung Wohnsituation zu Hause
1.-3. Monat 21,28 34,59
4.-6. Monat 19,90 28,62
7.-12. Monat 15,27 24,67
2. Jahr 12,02 20,09
3. Jahr 10,44 19,69
4. Jahr 10,79 17,57
5. Jahr 9,58 16,59

Da der Aufwand (also insbesondere: Fahrt-, Telefon- und Portokosten) entsprechend der entfalteten Tätigkeit steigt, erscheint es sinnvoll, die Aufwandspauschale in Abhängigkeit von der Stundenpauschale zu berechnen. Eine Vergleichsberechnung zwischen dem Medianwert der tatsächlich abgerechneten monatlichen Stunden multipliziert mit dem seinerzeitigen Höchstsatz von 60 DM[117] und dem Medianwert des tatsächlich gezahlten monatlichen Aufwendungsersatzes ergibt, dass innerhalb der zugrundegelegten Zeitabschnitte der Betreuung der Aufwendungsersatz jeweils 8 bis 9% der so ermittelten Betreuervergütung ausmacht. Danach besteht ein proportionales Verhältnis zwischen den entstandenen Aufwendungen und den abgerechneten Stunden. Bezogen auf den Stundensatz von 31 Euro für eine Betreuerstunde ergibt dies bei 9 % einen Betrag von 2,79 Euro. Dieser Betrag wurde im Hinblick auf die nach dem Entwurf des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetzes (JVEG-E) anstehenden Erhöhungen des Auslagenersatzes bei Zeugen und Sachverständigen auf knapp 10% des Höchstsatzes der Vergütung für eine Betreuerstunde angehoben:


Ein wesentlicher Bestandteil der Aufwendungen sind Fahrkosten. Nach § 5 Abs. 2 JVEG-E ist geplant, die Fahrtkosten für Sachverständige und Zeugen einheitlich auf 0,30 € zu erhöhen. Nach Meinung der Arbeitsgruppe sollte dies auch für die Berufsbetreuer gelten. Der Betrag von 2,79 € ist daher geringfügig zu erhöhen, da in seine Ermittlung der bisher gezahlte niedrigere Kilometersatz von 0,27 € (§ 1835 Abs.1 S.1 HS. 2 BGB i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr.1 ZSEG) eingeflossen ist.


Im Ergebnis schlägt die Arbeitsgruppe daher eine feste Aufwandspauschale in Höhe von 3 € für jede pauschal abrechenbare Stunde vor.


VII.Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer


1.Problem


Die Betreuung wird grundsätzlich unentgeltlich, d.h. ehrenamtlich geführt (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ein Vermögensopfer soll dem Betreuer allerdings nicht zugemutet werden, deshalb kann er Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zur Vermeidung umfangreicher und zeitaufwändiger Abrechnungen kann er eine pauschalisierte Aufwandsentschädigung verlangen (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835a Abs. 1 Satz 1 BGB). Die ursprüngliche Pauschale wurde auf das 15fache der Zeugenentschädigung festgelegt (§ 1836a Satz 1 BGB a.F.). Dieser Betrag belief sich auf 20 DM, die Pauschale betrug damit 300 DM. Durch Gesetz vom 24.06.1994 wurde die Zeugenentschädigung auf maximal 25 DM erhöht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZuSEG in der ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung). Die Pauschale betrug damit 375 DM. Durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz wurde § 1836a BGB zu § 1835a Abs. 1 BGB und gleichzeitig der Faktor 15 auf 24 geändert. Damit betrug die Aufwandsentschädigung 600 DM. Mit Wirkung ab 1. Januar 2002 wurde die Stundenentschädigung auf maximal 13 € festgelegt und beträgt seit dem 312 €.


Durch die Gewährung der pauschalisierten Aufwandsentschädigung wollte der Gesetzgeber die Rechtsstellung der ehrenamtlichen Betreuer verbessern und das Ehrenamt stärken. Dem ehrenamtlichen Betreuer bleibt die Auflistung einzelner Aufwendungen und die Sammlung entsprechender Belege erspart.


Die Untersuchung des ISG sowie andere rechtstatsächliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die tatsächlich jährlich anfallenden Aufwendungen hinter der Aufwandsentschädigungspauschale stark zurückbleiben. Dementsprechend ist in der Aufwandsentschädigung ein Vergütungselement enthalten, das dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit der ehrenamtlichen Betreuung der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB widerspricht. Für den ehrenamtlichen Betreuer zeigt sich diese Folge daran, dass die gewährte Pauschale steuerrechtlich grundsätzlich nicht als Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Abs. 1 Ziffer 12 EStG[118], sondern als zu versteuerndes Einkommen behandelt wird[119]. Dies führt zu der für den ehrenamtlichen Betreuer misslichen Folge, dass er – entgegen der Intention des Betreuungsrechts – die im Einzelnen entstandenen Aufwendungen gegenüber dem Finanzamt nachweisen und darlegen muss.


Der Widerspruch zur Regelung des § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB und den steuerrechtlichen Vorschriften ließe sich nur durch eine Absenkung der Aufwandsentschädigungspauschale im Sinne des § 1835 a Abs. 1 Satz 1 BGB erreichen. Zusätzlich ist es geboten, das Ehrenamt weiterhin hinreichend zu fördern.


2.Lösungsansätze


Die Arbeitsgruppe schlägt daher – mehrheitlich – zwei Maßnahmen vor:


  • Reduzierung der pauschalen Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer auf 180 € unter gleichzeitiger Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 EStG.
  • Stärkung der landesrechtlichen Förderung des Ehrenamts.

Den ehrenamtlichen Betreuern wird primär nicht durch die Gewährung einer verdeckten Vergütung, sondern durch eine qualifizierte Begleitung und Anleitung geholfen. Die Aufwandsentschädigungspauschale ist nur von untergeordneter Bedeutung. Wesentlich ist die persönliche oder familiäre Verbundenheit zum Betroffenen oder soziales Engagement. An erster Stelle steht deshalb das Bedürfnis, für die Betreuten das Optimale zu erreichen. Dafür ist eine qualifizierte Beratung, insbesondere durch die Betreuungsvereine nötig.


Dies lässt sich anhand der Entwicklung der Zahl der ehrenamtlichen Betreuer erkennen. Obwohl die Aufwandsentschädigungspauschale stetig erhöht wurde, ließ sich eine entsprechende Erhöhung des Anteils ehrenamtlicher Betreuer, insbesondere außerhalb des familiären Bereichs, nicht feststellen.


Ehrenamtlichen Betreuern sollten daher verstärkt Hilfestellungen in Form der Beratung und Begleitung angeboten werden, damit sie sich mit ihrer Aufgabe nicht alleine gelassen und dadurch überfordert fühlen. Derartige Hilfestellungen sollten zwar alle am Betreuungsverfahren beteiligten Institutionen leisten. Primär zur Unterstützung der ehrenamtlichen Betreuer werden vor allem die Betreuungsvereine herangezogen. Diese nehmen im Gesamtkonzept der Betreuung eine traditionell wichtige Rolle ein[120]. Der anerkannte Betreuungsverein bemüht sich planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer, führt diese in ihre Aufgaben ein, bildet sie fort und berät sie; § 1908f Abs. 1 Nr. 2 BGB. Im Betreuungsverein hat der ehrenamtliche Betreuer nach der gesetzlichen Grundkonzeption den erforderlichen Ansprechpartner.

Ein durch die angespannten Haushaltslagen bedingter Rückzug der Länder und Kommunen aus der finanziellen Förderung der Betreuungsvereine hätte zur Folge, dass das für die Qualität des Betreuungsrechts wichtige Prinzip der Ehrenamtlichkeit nicht mehr hinreichend verwirklicht werden könnte. Zudem könnten die für die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts und des mutmaßlichen Willens wichtigen Aufgaben der Aufklärung über Vorsorgevollmachten und der Begleitung gesetzlicher Vertreter und Vorsorgebevollmächtigter nicht mehr hinreichend erfüllt werden.


Notwendig ist deshalb, die bisher ohne inhaltliche Berechtigung als Quasi-Vergütung ausgestattete Aufwendungspauschale zu modifizieren, um in den Ländern die finanziellen Ressourcen freizusetzen, die für eine effektive Querschnittsarbeit der Betreuungsvereine erforderlich sind.


VIII.Gesetzentwurf


1.Gesetzentwurf im jetzigen System


Auf der Grundlage des jetzigen Systems (Einbettung der Betreuervergütung in das Vormundschaftsrecht) schlägt die Arbeitsgruppe folgenden Gesetzentwurf (ohne Berücksichtigung von Folgeänderungen) vor:


“Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


1.Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:...


2.§ 1835 wird wie folgt geändert:a)Abs. 2 Satz 2 wird aufgehoben.

b)Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 angefügt:"(6) Wird die Vormundschaft berufsmäßig geführt, kann der Vormund oder Gegenvormund nur einen pauschalen Aufwendungsersatz in Höhe von 3 Euro für jede nach § 1836b angesetzte Stunde geltend machen. Die gesonderte Geltendmachung von Aufwendungen nach Abs. 3 bleibt unberührt.“


3.§ 1836 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 2 Satz 2 wird wie folgt neu gefasst:


"Der abrechenbare Zeitaufwand bestimmt sich nach § 1836b, die Höhe des Stundensatzes nach den für die Führung der Vormundschaft nutzbaren Fachkenntnissen des Vormunds sowie nach der Schwierig­keit der vormundschaftlichen Geschäfte."


b)Abs. 2 Satz 3 wird aufgehoben.


c)In Abs. 3 werden das Wort "angemessene" gestrichen und nach dem Wort "Vergütung" die Angabe "nach Abs. 2" eingefügt.


5.in § 1836a werden nach der Angabe "§ 1836 Abs.1 Satz 2, Abs. 2" ein Komma sowie die Angabe "1836b" eingefügt.

6.§ 1836b wird wie folgt neu gefasst:

"§ 1836bVergütung des Berufsvormunds, Zeitpauschale

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 1836 Abs.1 Satz 2 vor, ist der geleistete Zeitaufwand in den ersten drei Monaten nach Anordnung der Vormundschaft pauschal mit viereinhalb Stunden im Monat anzusetzen. Im vierten bis sechsten Monat ermäßigt sich der Ansatz auf dreieinhalb, im siebten bis zwölften Monat auf drei, danach auf zwei Stunden im Monat.


(2) Lebt der Mündel nicht in einem Pflegeheim oder einer vergleichbaren Einrichtung, beträgt der pauschale Stundenansatz in den ersten drei Monaten nach Anordnung der Vormundschaft sieben Stunden im Monat, im vierten bis sechsten Monat fünfeinhalb Stunden, im siebten bis zwölften Monat fünf Stunden, danach dreieinhalb Stunden im Monat.


(3) Die Vergütung wird jeweils nach Ablauf von drei Monaten für diesen Zeitraum fällig.“


7.§ 1908i wird wie folgt geändert:Nach Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt:"(3) Abweichend von § 1836b Abs. 1 und 2 ist die Vergütung des Berufs­betreuers in den Fällen des § 1899 Abs. 2 und Abs. 4 nach der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit zu bemessen. § 1835 Abs. 6 gilt entsprechend. Ist im Falle des § 1899 Abs. 4 die Verhinderung tatsächlicher Art, ist die nach § 1836b bemessene Vergütung zeitanteilig zu teilen."


Änderung des Berufsvormündervergütungsgesetzes


Das Berufsvormündervergütungsgesetz vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1580, 1586), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 13.12.2001 (BGBl. I S. 3574), wird wie folgt geändert:


In § 1 Abs. 1 Satz 1 werden die Worte "Stunde der für die Führung der Vormundschaft aufgewandten und erforderlichen" durch die Worte "abrechenbare Stunde" ersetzt.


2.Gesetzentwurf auf der Grundlage einer eigenständigen Regelung im Betreuungsrecht


Die folgenden Paragrafen stellen lediglich einen Rohentwurf des Kernbereichs der vorgeschlagenen Regelung dar. Die Folgeänderungen, die sich aus einer Änderung des bisherigen Prinzips der einheitlichen Vergütung von Vormundschaft und Pflegschaft ergeben, sind noch nicht berücksichtigt.


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


§ 1908 x

Vergütung des Berufsbetreuers


(1) Wird die Betreuung berufsmäßig geführt, ist der geleistete Zeitaufwand in den ersten drei Monaten der Betreuung pauschal mit viereinhalb Stunden im Monat anzusetzen. Im vierten bis sechsten Monat ermäßigt sich der Ansatz auf dreieinhalb, im siebten bis zwölften Monat auf drei, danach auf zwei Stunden im Monat.


(2) Lebt der Betreute nicht in einem Pflegeheim oder einer vergleichbaren Einrichtung, beträgt der pauschale Stundenansatz in den ersten drei Monaten der Betreuung sieben Stunden im Monat, im vierten bis sechsten Monat fünfeinhalb Stunden, im siebten bis zwölften Monat fünf Stunden, danach dreieinhalb Stunden im Monat.


(3) Ist der Betreute mittellos, bestimmt sich die Höhe des Stundensatzes nach § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern.(4) Die Vergütung wird jeweils nach Ablauf von drei Monaten für diesen Zeitraum fällig.


§ 1908 xx


Sonderfälle der Betreuung


Abweichend von § 1908 x Abs. 1 und 2 bemisst sich die Vergütung des Berufs­betreuers in den Fällen des § 1899 Abs. 2 und Abs. 4 nach der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit. Ist im Falle des § 1899 Abs. 4 die Verhinderung tatsächlicher Art, so ist die nach § 1908x bemessene Vergütung zeitanteilig zu teilen.


§ 1908xxx

Aufwendungsersatz des Berufsbetreuers


Wird die Betreuung berufsmäßig geführt, kann der Betreuer nur einen pauschalen Aufwendungsersatz in Höhe von 3 Euro für jede nach § 1908x angesetzte Stunde geltend machen. Die gesonderte Geltendmachung von Aufwendungen im Sinne von § 1835 Abs. 3 bleibt unberührt.

Kapitel 6:Überwachung im jetzigen System


I.Problem


Gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB wird die Betreuung grundsätzlich unentgeltlich geführt. Sie wird gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB ausnahmsweise entgeltlich geführt, wenn das Vormundschaftsgericht bei der Bestellung des Betreuers feststellt, dass er die Betreuung berufsmäßig führt.


Die Vergütung wird aus dem Einkommen oder Vermögen des Betreuten gewährt. Ist dieser mittellos, kann der Berufsbetreuer eine Vergütung aus der Staatskasse verlangen. Die Höhe der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung bestimmt sich gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836a BGB nach § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern.


Das Vormundschaftsgericht setzt die Vergütung aus Mitteln des Betreuten oder aus der Staatskasse gem. §§ 69e, 56g FGG fest. Die Festsetzung erfolgt gem. §§ 69e, 56g, 65 FGG, 14 Abs. 1 Ziffer 4 RPflG durch den Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts, in dessen Bezirk der Betreute sich gewöhnlich aufhält. Über jeden Antrag auf Festsetzung oder Verlangen nach Auszahlung wird gesondert entschieden. Dabei kann sich die Überprüfung der Vergütungsanträge allenfalls auf eine Plausibilitätskontrolle beschränken. Eine inhaltliche Nachprüfung der seitens des Berufsbetreuers gemachten Angaben ist tatsächlich nicht möglich[121].


Die Plausibilitätsprüfung der Vergütungsanträge ist auf das einzelne Betreuungsverfahren und auf das jeweilige Vormundschaftsgericht beschränkt. Ein Abgleich mit Festsetzungsanträgen aus anderen Betreuungsverfahren, die gegebenenfalls auch noch bei verschiedenen Vormundschaftsgerichten geführt werden, ist ausgeschlossen.


Obwohl die Auszahlung in den meisten Ländern über zentral eingerichtete Kassen erfolgt, ist es wegen des Kassenbuchführungssystems nicht möglich, die an einen Berufsbetreuer insgesamt aus der Staatskasse erbrachten Zahlungen zu ermitteln. Bei Festsetzungen der Vergütung aus dem Vermögen des Betreuten fehlt eine zentrale Stelle, bei der entsprechende Zahlungen aus dem Einkommen oder Vermögen des Betroffenen zusammengefasst und registriert werden.


Eine wirksame Kontrolle kann nicht über die Mitteilungspflicht der Berufsbetreuer nach § 1908k BGB verwirklicht werden. Mit dieser Vorschrift sollte der Betreuungsbehörde ein Instrument der Kontrolle und Steuerung an die Hand gegeben, sowie die Abrechnungsehrlichkeit der Berufsbetreuer gefördert werden. In der Praxis ließen sich die mit der Mitteilungspflicht verfolgten Ziele jedoch nicht erreichen.


Eine Kontrolle der aus dem Vermögen des Betreuten gezahlten Vergütung ist damit überhaupt nicht, eine effektive Kontrolle der aus der Staatskasse gezahlten Vergütung in nur beschränktem Umfange möglich.


Eine Kontrolle der Vergütungsanträge der Berufsbetreuer dürfte erforderlich sein, um die Abrechnungsunehrlichkeit einiger Berufsbetreuer und daraus resultierende Missstände zu beseitigen.


II.Lösungsansätze


Eine Kontrolle der Vergütungsabrechnungen könnte im jetzigen System – unabhängig von der Einführung einer Pauschalisierungsregelung – in zwei Systemen implementiert werden. Das erste System könnte durch die Schaffung einer vorgeschalteten zentralen Abrechnungsstelle, das zweite System durch Schaffung einer nachgeschalteten zentralen Datenerfassungsstelle verwirklicht werden.


1.Zentrale Abrechnungsstelle


Die Errichtung einer vorgeschalteten Abrechnungsstelle könnte derart erfolgen, dass sämtliche Betreuer ihre Vergütungsanträge bei einer zentralen Einrichtung einreichten. Diese prüfte die Anträge auf ihre inhaltliche Richtigkeit. Die zentrale Einrichtung könnte dabei als Kontrollstelle lediglich mit der Prüfung der Anträge, oder als Abrechnungs- und Auszahlungsstelle auch mit der Festsetzung der Vergütung und Veranlassung der Auszahlung befasst werden.


Wird die zentrale Einrichtung als Kontrollstelle eingerichtet, so wäre sie bei Unstimmigkeiten oder offenbaren Fehlern im Vergütungsantrag zu weiteren Ermittlungen verpflichtet. Eine Auszahlung könnte verweigert werden, wenn sich die Unstimmigkeiten oder Fehler nicht aufklären ließen. Bei nicht zu beanstandenden Vergütungsanträgen könnte der Antrag mit einer Unbedenklichkeitserklärung an das zuständige Vormundschaftsgericht weitergeleitet werden. Das Vormundschaftsgericht wäre zu weiterer Prüfung der Vergütungsanträge und zur Festsetzung der Vergütung verpflichtet.


Modellhaft ließe sich die Funktion einer solchen Abrechnungsstelle wie folgt darstellen:

Berufsbetreuer


Antrag auf Festsetzung der Vergütung aus der StaatskasseAntrag auf Festsetzung der Vergütung aus dem Vermögen des Betreuten


Kontrollstelle


bei Erreichen festgelegter Kriterien


Unbedenklichkeitserklärung/Beanstandung


Vormundschaftsgerichte


Wird die Abrechnungsstelle weitergehend mit der Festsetzung der Vergütungen befasst, wären sämtliche Vergütungsanträge von der zentralen Abrechnungsstelle zu bescheiden, so dass diese einen ständig abrufbaren und aktuellen Überblick über die laufenden Betreuungen und einen für die Rechnungsprüfung verwertbaren Datensatz eines jeden Berufsbetreuers gewinnen könnte.


Modellhaft ließe sich die Funktion einer solchen Abrechnungs- und Festsetzungsstelle stelle wie folgt darstellen:


Berufsbetreuer


Antrag auf Festsetzung der Vergütung aus dem Vermögen des BetreutenAntrag auf Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse


Abrechnungsstelle


Auszahlung an Betreuer/Verweigerung Auszahlung an Betreuer


Der Datenbestand enthielte die einzeln für die verschiedenen Betreuungen in Rechnung gestellte Zeit und Vergütung aller von einem Berufsbetreuer geführten Betreuungen. Damit könnte ein Abgleich der für verschiedene Vormundschaftsgerichte bestimmten Vergütungsanträge erfolgen. Sofern einzelne Anträge beanstandungsfrei blieben, könnte eine Gesamtschau der Anträge eine ungewöhnlich hohe, zu Nachforschungen Anlass bietende Gesamtvergütungssumme erkennbar machen, so dass die einzelnen Vergütungsanträge erneut überprüft werden könnten. Doppel- und Mehrfachabrechnungen würden auffällig. Auch die Glaubhaftigkeit einzelner Abrechnungen ließe sich sicherer beurteilen. Zudem würde bei einer personellen und örtlichen Bündelung der für die Festsetzung zuständigen Rechtspfleger sich eine größere Einheitlichkeit in der Festsetzungspraxis einstellen, gegebenenfalls bis zur Herausbildung von vergleichbaren Pauschalen bei bestimmten Aufgaben.


Vorteilhaft wäre ferner, dass persönliche Bindungen zwischen den Berufsbetreuern als Rechnungsleger und den Rechtspflegern als Entscheider unterbunden würden.


Die Errichtung vorgeschalteter zentraler Abrechnungsstellen dürfte jedoch in beiden Modellvarianten einen übermäßigen, nicht vernünftig zu bewältigenden organisatorischen Aufwand auslösen und mit weiteren Nachteilen verbunden sein, so dass deren Einführung nicht als empfehlenswert angesehen werden dürfte.


Zwingend erforderlich wäre ein ständiger Aktentransport zwischen den einzelnen Vormundschaftsgerichten und der zentralen Abrechnungsstelle. Die Vorlage der Akten ist für die Prüfung der Abrechnung zwingend erforderlich. Wird etwa für ein an das Vormundschaftsgericht gerichtetes Schreiben eine Vergütung begehrt, kann an Hand der Akte nachgeprüft werden, ob ein Schreiben eingegangen ist. Werden für die Teilnahme an einer Anhörung 45 Minuten in Rechnung gestellt, ergibt sich aus dem Aktenvermerk des Gerichts über die Anhörung aber lediglich eine Dauer von 30 Minuten bedarf es der Nachfrage beim Abrechnenden. Ob er die Differenz in den Zeiten damit erklären kann, dass er 15 Minuten auf den Richter gewartet habe, ändert nichts an der Notwendigkeit, eine diesbezügliche Überprüfung zu ermöglichen. Ohne Kenntnis des Akteninhalts ist nicht einmal ein Mindestmaß an Plausibilitätskontrolle möglich. Würde hierauf verzichtet, ginge man hinter den erreichten und erreichbaren Stand der Kontrollmöglichkeiten der Abrechnung der Berufsbetreuer zurück. Da die Abrechnungsstelle die Akten zur Festsetzung benötigt, fehlen sie während der Bearbeitungszeiten bei den Vormundschaftsgerichten. Aber auch das Anlegen von Aktendoppel schafft keine umfängliche Abhilfe und wäre zudem wegen des Umfangs der Betreuungsakten keine empfehlenswerte Maßnahme.


Vergütungsentscheidungen der Vormundschaftsgerichte könnten durch das Vormundschaftsgericht oder im Beschwerdeverfahren durch das Landgericht abgeändert oder aufgehoben werden. Daher wäre der Datenbestand der Abrechnungsstelle diesen Änderungen ständig anzupassen. Ein ständiger Informationsfluss zwischen Abrechnungsstelle, Vormundschaftsgericht und gegebenenfalls Beschwerdegericht wäre sicherzustellen. Dies ließe sich organisatorisch, wie am Beispiel von Aktenvermerken deutlich werdend, nur unzureichend sicherstellen.


Die Sach- und Ortskenntnis der Rechtspfleger bei den Vormundschaftsgerichten stünde in oder einer zentralen Abrechnungsstelle nicht mehr zur Verfügung. Die Kenntnisse der Rechtspfleger über die Gegebenheiten in ihrem Bezirk sind vielfach bei der Prüfung der geltend gemachten Vergütung und bei der Aufwandsentschädigung nutzbar. Nicht allein die Kenntnis der Verkehrswege ist hilfreich. Bedeutsam sind Kenntnisse über die persönliche und wirtschaftliche Situation des Betreuten in dessen sozialem Umfeld, die sich nicht aus den Akten erschließen lassen. Entsprechendes Wissen erwerben sich die Rechtspfleger durch ihre Außenkontakte, etwa bei den erforderlichen Anhörungen in Genehmigungsverfahren. So ist dem Rechtspfleger bekannt, ob ein Heim die Taschengeldauszahlung an seine Bewohner vornimmt, so dass der Vergütungsantrag korrigiert oder eine standardmäßige Abrechnung der Berufsbetreuer unterbunden werden kann.


Eine Personalbündelung von Rechtspflegeraufgaben in einer zentralen Abrechnungsstelle dürfte personalwirtschaftlich nicht sinnvoll sein. Den Rechtspflegern aus dem gesamten Spektrum der Aufgaben im Betreuungsrecht nur noch Aufgaben der Vergütungsfestsetzung zuzuweisen, führte mangels Abwechslungsreichtum zu einem nicht mehr attraktiven Betätigungsfeld.


Der Personalaufwand einer zentralen Abrechnungsstelle lässt sich nicht mit Personalabzug bei den Vormundschaftsgerichten ausgleichen. Allerdings würde die Begrenzung der Aufgaben die Vormundschaftsgerichte in einer Weise entlasten, die es den Rechtspflegern erlaubte, sich ihren weiteren Aufgaben verstärkt zu widmen.


Soweit dies jedoch für einzelne Länder sinnvoll und umsetzbar ist, sollte diesen die Einrichtung eines Zentralen Vormundschaftsgerichts, das zentral für die Abrechnung, Festsetzung und Auszahlung der Vergütung zuständig ist, im Wege einer in § 65 FGG zu installierenden Länderöffnungsklausel ermöglicht werden, soweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen.


2.Zentrale Erfassungsstelle


Insgesamt dürfte dem zweiten System der Vorzug zu geben sein. Danach könnte anhand genau festzulegender Kriterien zumindest eine nachträgliche Prüfung der Vergütungsanträge der Berufsbetreuer gewährleistet werden. Diese Prüfung könnte etwa dadurch erfolgen, dass sämtliche Daten, sowohl Zahlungen aus der Staatskasse, als auch Zahlungen aus dem Vermögen der Betroffenen betreffend, zentral einer Behörde übermittelt würden. Diese sollte die Vergütungsdaten speichern. Bei Überschreiten einer festgelegten Kappungsgrenze würden die betreffenden Betreuerdaten zur weiteren Überprüfung entweder an die Bezirksrevisoren oder zunächst an eine andere Zentralstelle, wie etwa den Präsidenten des Oberlandesgerichts, der die Daten an den Bezirksrevisor zur weiteren Prüfung und Veranlassung weiterleiten müsste, übermittelt.


Modellhaft könnte ein solches System wie folgt aussehen:


Vergütungsantrag des Berufsbetreuers

'Erlaubnis Entnahme aus Vermögen des Betroffenen'Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse


Vormundschaftsgericht


Auszahlung


Zentrale Erfassungsstelle


Bei Überschreiten

Kappungsgrenze


Mitteilung an


'Bezirksrevisor'Präsident OLG


Bezirksrevisor


Nachprüfung der einzelnen Vergütungsabrechnungen


Der Vorteil dieses Systems dürfte darin bestehen, dass nur eine geringe Menge an Daten (Betreuername, Aktenzeichen des Verfahrens, Höhe der jährlich, halb- oder vierteljährlich ausgezahlten Gesamtvergütungssumme, Zahl der Stunden) erforderlich wäre, um eine Überprüfung zu gewährleisten. Daher dürfte das System kurzfristig, allerdings abhängig von dem Stand der eingesetzten EDV-Verfahren und der Planungen zum weiteren EDV-Einsatz, installiert werden können.


Ein wichtiger Grund für die Entlassung des Berufsbetreuers gem. § 1908b BGB sollte in der Regel auch dann vorliegen, falls der Berufsbetreuer zu Lasten der Staatskasse falsch abrechnet[122]. Die Kompetenz des Bezirksrevisors müsste um die Berechtigung der Antragstellung gem. § 1908b BGB erweitert werden, um ihm eine wirksame Durchsetzung der Kontrolle zu ermöglichen.


Eine Beschwerdebefugnis des Bezirksrevisors hinsichtlich der Bestellung oder Nichtentlassung eines Berufsbetreuers müsste in § 69g Abs. 1 FGG normiert werden. Die Berechtigung des Bezirksrevisors zur Weiterleitung gewonnener Daten an das Vormundschaftsgericht dürfte bereits allgemein in § 35a Satz 2 FGG geregelt sein. Die Befugnis des Vormundschaftsgerichts zur Weiterleitung von Daten an die Zentralbehörde müsste hingegen noch gesetzlich in §§ 69k ff. FGG normiert werden.


Die Berufsbetreuer sollten ein bestimmtes – maschinenlesbares – Vergütungsantragsformular verwenden, um eine einheitliche Datenerfassung zu gewährleisten. Die Ermächtigung für die Normierung eines Formularzwanges sollte in §§ 1836 ff. BGB oder §§ 56g ff. FGG aufgenommen werden.

Kapitel 7:Stärkung der Aufsicht im Betreuungsrecht


I.Einleitung


Nicht zuletzt die Medienberichte über Missstände im Betreuungswesen geben Anlass, im Rahmen der Tätigkeit der Arbeitsgruppe auch die Regelungen bezüglich der Aufsicht über Betreuer einer Überprüfung zu unterziehen. Für eine Stärkung der Aufsicht im Betreuungsrecht kommen drei Ansatzebenen in Betracht:


-das gesetzliche Pflichtenprogramm für die Betreuer (z. B. bezüglich der Verwendung von Mündelgeld, §§ 1805, 1806 BGB, aber auch bezüglich der allgemeinen Pflichten des Betreuers, § 1901 BGB)


-die Aufsichtsmittel (z. B. Ge- und Verbote, § 1837 BGB, Entlassung, § 1908b BGB) sowie


-die Aufsichtsorgane (in der Hauptsache das Vormundschaftsgericht, § 1837 Abs. 2 BGB).


Eine eventuelle Stärkung der Aufsicht im Betreuungsrecht sollte nach Möglichkeit die Erhöhung des Verwaltungs- und damit auch Kostenaufwands bei Betreuern, Behörden und Gerichten auf ein Minimum beschränken. Zu beachten ist, dass die gesetzlich vorgesehene gerichtliche Aufsicht im Spannungsverhältnis zur eigenverantwortlichen Betreuertätigkeit steht und nicht zu einer gerichtlichen Bevormundung ausgeweitet werden darf.


II.Umfang der Aufsicht


Die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts erstreckt sich auf alle Tätigkeitsbereiche in der Betreuung. Ihr unterliegen ehrenamtliche Betreuer, Berufsbetreuer und mit Einschränkungen[123] auch die betreuend tätigen Vereine und Betreuungsbehörden (§§ 1897 Abs. 2, 1900 Abs. 1 und Abs. 4 BGB), ferner die Vollmachtsbetreuer (§ 1896 Abs. 3 BGB) und die Gegenbetreuer. Die Vorsorgebevollmächtigten stehen dagegen nur in besonders geschützten Teilbereichen unter der gerichtlichen Genehmigungskontrolle[124]. Zeitlich beginnt die Aufsicht mit der Bestellung des Betreuers und sie endet mit der Beendigung der Betreuung (§§ 1908b - d BGB) .


Ergebnis:


Damit ist die Betreuungstätigkeit in ausreichendem Umfang von der Aufsicht durch das Vormundschaftsgericht erfasst. Eine Ergänzung kommt nur für die neu einzuführenden gesetzlichen Vertreter (Ehegatten) für die besonders geschützten Teilbereiche in Betracht. Hier ist bereits vorgesehen, den gesetzlichen Vertreter für die Einwilligung in gefährliche medizinische Maßnahmen und für die Wohnungsauflösung ebenfalls in den Genehmigungsvorbehalt gem. §§ 1904 Abs. 1, 1907 Abs. 1 BGB einzubeziehen[125].


III.Das Pflichtenprogramm


Verstößt ein Betreuer gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen aus dem Betreuungsverhältnis, handelt er pflichtwidrig und gibt Anlass zu abhelfenden Aufsichtsmaßnahmen, die vom Vormundschaftsgericht von Amts wegen vorzunehmen sind. Auf ein Verschulden des Betreuers kommt es dabei nicht an.


Zu prüfen ist, ob eine Erweiterung des gesetzlichen Pflichtenprogramms in Betracht kommt.


1.Das Vermögen und sonstige Rechtsgeschäfte betreffende besondere Pflichten


a)Schenkungsverbot, §§ 1908i Abs. 2, 1804 BGB


Der Betreuer kann nicht Schenkungen in Vertretung des Betreuten machen. Eine Ausnahme besteht für Gelegenheitsgeschenke, wenn dies dem Wunsch des Betreuten entspricht und nach seinen Lebensverhältnissen üblich ist.


Über die Verweisung in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB:


  1. Vermögensverwaltung bei Erbschaft oder Schenkung, § 1803 BGB

Der Betreuer hat das vom Betreuten von Todes wegen erworbene oder das ihm unter Lebenden zugewendete Vermögen unter den gesetzlichen Einschränkungen zu verwalten.


  1. Verwendung für den Vormund, § 1805 BGB

Der Betreuer darf Vermögen des Betreuten nicht für sich oder den Gegenbetreuer verwenden.


  1. Anlagepflicht, §§ 1806, 1807, 1810, 1811 BGB

Der Betreuer hat zum Vermögen des Betreuten gehörendes Geld verzinslich anzulegen und dabei die Anlagepflichten des Vormunds unter Einholung der vorgesehenen gerichtlichen Erlaubnisse zu beachten.


  1. Hinterlegung, §§ 1814, 1818 BGB

Der Betreuer hat die zum Vermögen des Betreuten gehörenden Inhaberpapiere sowie auf Anordnung des Gerichts weitere Vermögensbestandteile zu hinterlegen.


  1. Sperrvermerk, §§ 1809, 1815, 1816 BGB

Der Betreuer hat Geld bei Anlage bei einem Kreditinstitut (§ 1807 Abs. 1 Nr. 5 BGB ), sowie umgeschriebene Inhaberpapiere und Buchforderungen des Betreuten mit der Bestimmung zu versehen, dass er nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts über die Konten verfügen kann. Bei Bankanlagen reicht auch die Genehmigung des Gegenbetreuers, § 1809 BGB.


g)Ergebnis:


Die das Vermögen betreffenden Pflichten sind in a) bis f) umfangreich geregelt. Eine weitere Stärkung wird nicht empfohlen.


2.Das Vermögen und sonstige Rechtsgeschäfte betreffende Genehmigungsvorbehalte


Über die Verweisung in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB:


a)§§ 1810 ff BGB


Zur Bewirkung der Geldanlage, zur Verfügung über angelegtes Geld, Forderungen und Wertpapiere sowie zur Umschreibung oder Herausgabe von Inhaberpapieren bedarf der Betreuer der Genehmigung des Gegenbetreuers oder des Vormundschaftsgerichts[126], soweit nicht nach §§ 1819 bis 1822 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, § 1812 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BGB. Insoweit nimmt auch die Verweisung in § 1908i Abs. 1 BGB Bezug auf den Gegenbetreuer. Hiermit wird die Aufsicht über die das Vermögen des Betreuten betreffenden Rechtsgeschäfte des Betreuers sichergestellt.


Gegenbetreuer oder Vormundschaftsgericht haben bei der Anlage (§§ 1810, 1811, 1806, 1807 BGB) durch den Betreuer zu prüfen, ob sie einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht. Die Genehmigung hat nur die Wirkung einer Innengenehmigung und führt bei ihrem Fehlen nicht zur Unwirksamkeit der Anlage. Bei Verfügungen über Forderungen oder andere Leistungsrechte sowie Wertpapiere (§ 1812 BGB) hat die einzuholende Genehmigung zum Schutz des Betreuten Außenwirkung. Ihr Fehlen führt zur Unwirksamkeit der Verfügung und schränkt umfassend die gesetzliche Vertretungsmacht des Betreuers ein.


Sonderproblem genehmigungsfreie Verfügung über Bankguthaben:


Ausnahmen vom Genehmigungsvorbehalt bei Annahme einer geschuldeten Leistung sieht § 1813 BGB vor. Genehmigungsfrei gem. § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist die Annahme der geschuldeten Leistung, wenn der Zahlungsanspruch nicht mehr als 3000 € beträgt. Entscheidend ist dabei nicht die Höhe der einzelnen Teilleistung, sondern die Höhe der gesamten geschuldeten Forderung. Die Annahme von Teilleistungen, die unter 3000 € liegen, ist demnach dann genehmigungspflichtig, wenn die Gesamtforderung über 3000 € liegt. Dies führt zu Anwendungsproblemen bei der Verfügung des Betreuers über vorgefundene Bankguthaben. In Rechtsprechung und Literatur bestehen geteilte Ansichten, ob dies auch für Abhebungen von Giro- und Sparkonten gilt. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass jedenfalls beim Girokonto gemäß dem Konto-Zweck die Einzelabhebung bis 3000 € unabhängig vom jeweiligen Kontostand genehmigungsfrei sei. Danach könnten mit genehmigungsfreien Teilabhebungen beliebig hohe (vorgefundene) Bankguthaben aufgelöst werden. Dagegen soll nach einem Teil der Meinungen in Rechtsprechung und Literatur jedenfalls bei einem Sparkonto die Genehmigungspflicht ab einem Kontostand von 3000 € aufwärts auch für geringere Teilabhebungen gelten. Ein Schutz des Betreuten vor Missbrauch ergibt sich insoweit nur aus der Pflicht des Betreuers, das Geld des Betreuten verzinslich anzulegen, § 1806 BGB, sowie den anderen gesetzlichen Pflichten bezüglich der Verwendung des Geldes.


Ergebnis:


Eine Änderung der Befreiung von der Genehmigungspflicht gem. § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB wird nicht für erforderlich gehalten, da ein Missbrauch in diesem Bereich nicht evident ist. Für den Ehegatten/Lebenspartner als Betreuer ist § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht maßgeblich, da diese – wie auch Eltern und Abkömmlinge – ohnehin gem. §§ 1908i Abs. 2 Satz 2, 1857a, 1852 Abs. 2 BGB von der Genehmigungspflicht nach § 1812 BGB befreit sind.

b)§ 1821 BGB


Für Grundstücksgeschäfte bedarf der Betreuer der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.


  1. §§ 1822 – 1824 BGB

Für sonstige Geschäfte gem. dem Katalog in § 1822 BGB sowie Beginn und Auflösung eines Erwerbsgeschäfts (§ 1823 BGB) und Überlassung von Gegenständen an den Betreuten (§ 1824 BGB) bedarf der Betreuer ebenfalls der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Gem. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB gilt die Verweisung nicht für § 1822 Nr. 5 BGB (Miet-/Pachtvertrag), hier gilt §1907 BGB, der für den Betreuer bei Aufgabe der Mietwohnung ebenfalls einen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungsvorbehalt vorsieht.


Ergebnis:


Der Betreuer unterliegt damit bei vermögensbezogenen Geschäften umfangreichen Genehmigungspflichten, die eine gezielte Kontrolle des Vormundschaftsgerichts ermöglichen und sicherstellen. Zur Problematik der Aufsichtsfunktion des Gegenbetreuers im Betreuungsrecht wird auf Punkt VI. verwiesen.


3.Allgemeine Pflichten des Betreuers


Das allgemeine Pflichtenprogramm des Betreuers ergibt sich aus § 1901 BGB. Dazu gehören:


  • alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen, (Abs. 1);
  • Besorgung der Angelegenheiten, wie es dem Wohl des Betreuten entspricht, (Abs. 2 Satz 1);
  • die Möglichkeit des Betreuten, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (Mündigkeitserhalt), (Abs. 2 Satz 2);
  • den Wünschen des Betreuten in Grenzen zu entsprechen, (Abs. 3 Satz 1);
  • die Verpflichtung zur Rehabilitationsunterstützung, (Abs. 4);
  • die Wahrung des Erforderlichkeitsgebots durch Anregung der Aufhebung, Einschränkung, Erweiterung der Betreuung bei Vorliegen entsprechender Umstände, (Abs. 5).

Daraus sind konkrete Pflichtverletzungen abzuleiten, z. B:


  • Aufnötigung einer sparsamen Lebensführung, die nach den Umständen nicht erforderlich ist;
  • Verletzung des Besuchs- und Besprechungsgebots des Betreuers, §§ 1897 Abs. 1, 1901 Abs.3 Satz 3 BGB;
  • Verbot von Umgangsbeschränkungen, wenn diese nicht zum Wohl des Betreuten erforderlich sind;
  • Aufenthaltsbestimmung gegen den natürlichen Willen des Betreuten, wenn dies nicht zu dessen Wohl erforderlich ist.

Da der Betreuer sein Amt in eigener Verantwortung zum Wohl des Betreuten zu führen hat, dürfen im Rahmen der Aufsicht keine Zweckmäßigkeitsfragen überprüft werden, die allein im Ermessen des Betreuers liegen. Die gerichtliche Aufsicht hat nur einzuschreiten, wenn der Betreuer sein Ermessen pflichtwidrig ausübt und sich zum Nachteil des Betreuten von unsachlichen Erwägungen leiten lässt. Das Vormundschaftsgericht darf sich in seiner Aufsicht nicht an die Stelle des Betreuers setzen.


Ergebnis:


Die generalklauselartige Fassung des § 1901 BGB, unterstützt durch die Regelung in § 1901a BGB (schriftliche Betreuungswünsche), ist geeignet, einzelfallgerechte Pflichten abzuleiten und zu einer entsprechenden gerichtlichen Pflichtenkontrolle zu gelangen. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Lebenszuschnitt des Betreuten wird nicht für sinnvoll erachtet, da dieser im Begriff des Wohls des Betreuten, wie es in § 1901 Abs. 2 Satz 2 BGB konkretisiert ist, enthalten ist. Als Maßgabe des Handelns von Betreuern sollte aber das aus dem Erforderlichkeitsgrundsatz folgende Wirtschaftlichkeitsgebot stärker hervorgehoben werden. Im Rahmen der selbständigen Führung des Betreueramtes ist der Betreuer gleichwohl gehalten, den Umfang seiner einzelnen Tätigkeiten und Maßnahmen auf das Wirksame nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten angemessen zu beschränken, wie dies die Beispiele im Zwischenbericht, S. 48 zweiter Absatz, anhand einiger Beispiele skizzieren. Hierzu kann für Berufsbetreuer § 1836 Abs. 2 BGB um einen neuen Satz 3 erweitert werden, der bei Einführung einer Vergütungspauschalisierung für Berufsbetreuer überflüssig und entsprechend entfallen würde:


Vorschlag:


§ 1836 Absatz 2 BGB wird wie folgt geändert:


Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:


„Der Vormund hat die vormundschaftlichen Geschäfte so zu führen, dass seine Tätigkeit wirksam und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht übersteigt.“


Diese Formulierung ist § 29 SGB XI entnommen, der den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz für die Leistungen der Pflegeversicherung normiert: Diese müssen wirksam und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen


4.Betreuungsrechtliche Genehmigungsvorbehalte


a)Genehmigung bei ärztlichen Eingriffen, § 1904 BGB


Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet, § 1904 Abs. 1 Satz 1 BGB. Soweit es sich um eine Behandlung ohne Einwilligung des Betreuten und damit um einen Grundrechtseingriff handelt, ist eine Genehmigung nur unter Beachtung des Erforderlichkeits- und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig, wobei insbesondere das Wohl und die Wünsche des Betreuten bei der Abwägung zu berücksichtigen sind. Besondere Missbrauchsgefahren bestehen hier im Bereich der psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen, soweit es um die Verabreichung von Psychopharmaka geht. Hier besteht insbesondere die Gefahr von Ruhigstellungsmaßnahmen mit freiheitsentziehendem Charakter[127] aus heimpraktischen Gründen, die therapeutisch nicht erforderlich sind. Probleme der Aufsicht liegen darin, dass sich einerseits die genehmigenden Gerichte oftmals nicht zur eigenen Beurteilung in der Lage sehen. Andererseits wird von den Heimen eine Genehmigungspflicht häufig nicht gesehen und die Genehmigung entsprechend nicht eingeholt. Manche Ärzte wiederum tendieren dahin, für jeden Eingriff eine gerichtliche Genehmigung einzuholen.


Ergebnis:


Grundsätzlich besteht zwar die Möglichkeit, die Behandlung mit besonders potenten Psychopharmaka, z. B. Leponex und Lithium, und die Langzeitbehandlung mit Neuroleptika und Antikonvulsiva, z. B. Glianimon, Atosil und Neurocil, wegen der damit verbundenen Gefahr von Spätfolgen durch eine entsprechende Liste im Gesetz ausdrücklich unter die gerichtliche Genehmigungspflicht zu stellen. Dies würde eine bedenkenlose (unkontrollierte) Anwendung im Heimalltag vermutlich eindämmen. Andererseits lassen sich mit einer Liste nicht alle Mittel und schon gar nicht neue Produkte auf dem Markt erfassen. Bei der Erfassung nur eines Teils im Gesetz besteht wiederum die Gefahr, dass die Verabreichung der nicht erfassten Medikamente erst recht für genehmigungsfrei gehalten wird. Auch aus medizinischer Sicht ist es grundsätzlich erforderlich, eine jeweils individuelle Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen, um Schaden zu vermeiden. Eine dahingehende Normkonkretisierung ist daher abzulehnen.


  1. Genehmigung bei Sterilisation, § 1905 BGB

Für den Fall der Sterilisation bei einwilligungsunfähigen Betreuten ist die gerichtliche Genehmigungspflicht mit einem entsprechenden Voraussetzungskatalog normiert, der im einzelnen die gerichtliche Güterabwägung vorgibt, um so den Schutz der Betreuten angesichts der besonderen Schwere des Eingriffs zu wahren. Es ist für die Einwilligung ein besonderer Betreuer zu bestellen, § 1899 Abs. 2 BGB. Nach Einführung des Betreuungsgesetzes ist die Zahl der Sterilisationen einwilligungsunfähiger Menschen (vor Inkrafttreten ca. 1000 im Jahr) deutlich gesunken. Der 1. Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Regelung der Sterilisation im Betreuungsrecht[128] kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Regelung in der Praxis bewährt hat und keine gesetzlichen Änderungen erforderlich sind. Die statistischen Zahlen der letzten Jahre (im Jahr 2001 61 Genehmigungen bei 81 Anträgen) bestätigen die Fortdauer dieser positiven Entwicklung.[129]


Ergebnis:


Es besteht kein Handlungsbedarf.


  1. Genehmigung bei Unterbringung und unterbringungsähnlichen Maßnahmen, § 1906 BGB

Die Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer ohne oder gegen dessen Willen ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig, § 1906 Abs. 2 Satz 1 BGB. Auch hier hat die Aufsicht durch das Gericht die Wahrung der Grundrechte des Betreuten zu gewährleisten und dabei die aus dem verfassungsrechtlichen Erforderlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abzuleitenden Voraussetzungen, wie sie in Abs. 1 konkretisiert sind, zu beachten. Diese Voraussetzungen gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll, § 1906 Abs. 4 BGB (sogenannte freiheitsentziehende oder unterbringungsähnliche Maßnahmen).


Es war ein Ziel des Gesetzgebers, mit der Einführung des Betreuungsrechts die sogenannten unterbringungsähnlichen Maßnahmen „rechtserheblich“ zu machen und sie ebenfalls der richterlichen Kontrolle zu unterstellen. Es wurde davon ausgegangen, dass zahlreiche dieser Maßnahmen an sich überflüssig seien und durch die Einführung der gesetzlich normierten Genehmigungspflicht ein Rückgang herbeigeführt werden könnte. In der Praxis hat sich zwar ein hoher Mehraufwand an Genehmigungstätigkeit für die Gerichte ergeben, die erwartete Reduzierung der Anwendung der Maßnahmen ist dagegen nicht eingetreten. Der Gesetzgeber hat dies beim Betreuungsrechtsänderungsgesetz in Kauf genommen und die Vorschrift nur insoweit ergänzt, als nunmehr auch Bevollmächtigte in die Maßnahmen einwilligen können, § 1906 Abs. 5 BGB.


Dabei handelt es sich in der Praxis insbesondere um die Verwendung von Bettgittern, die Verwendung von Fixierungen und schwer zu öffnende Schließmechanismen sowie die Verabreichung von Psychopharmaka und Schlafmitteln. Immer wieder geraten hier Missstände in die öffentliche Diskussion, die erkennen lassen, dass die Erforderlichkeit zum Wohl des Betreuten bei Anordnung und/oder Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht ausreichend berücksichtigt wird. Nicht selten sind eher organisatorische und personelle Engpässe im Heimalltag denn der Schutz des Betreuten vor Gefahren eigentlicher Anlass der Maßnahmen. Nach empirischen Studien[130] muss davon ausgegangen werden, dass täglich etwa 350.000 bis 400.000 Menschen in bundesdeutschen Pflegeheimen von Fixierungs- und medikamentösen Ruhigstellungsmaßnahmen betroffen sind. Nur in den seltensten Fällen wird diesen Studien zufolge für diese Maßnahmen eine richterliche Genehmigung eingeholt. Auch wenn nicht alle Maßnahmen in betreuungsrechtlichem Zusammenhang stehen, ist die im Betreuungsrecht zu vermutende Dunkelziffer sehr hoch[131].


Ungeachtet dieser hohen Dunkelziffer wächst auch die Zahl der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen unterbringungsähnlicher Maßnahmen.


Mögliche Stärkung:


In Kenntnis dieses Sachverhalts hat sich die Arbeitsgruppe gleichwohl in ihrem Zwischenbericht dafür ausgesprochen, die Genehmigungspflicht beizubehalten und zu prüfen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen im Hinblick auf die Geltung des Erforderlichkeitsgrundsatzes noch verdeutlicht und verschärft werden können.


Hier ist zunächst festzustellen, dass für die unterbringungsähnlichen Maßnahmen die selben strengen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie für die Unterbringung gegeben sind. Aus § 1906 Abs. 4 i. V. m. § 1906 Abs. 1 – 3 BGB ist ohne weiteres zu folgern, dass freiheitsentziehende Maßnahmen mit dem Zweck der Erleichterung der Heimorganisation nicht zulässig sind, wenn nicht ihre Erforderlichkeit zum Schutz und zum Wohl des Betreuten zwingend gegeben ist. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit beinhaltet ohne weiteres auch, dass es keine anderen, weniger belastenden Alternativen zum Schutz des Betreuten geben darf.


Die Probleme der Normgeltung liegen hier ganz offenkundig weniger in der Fassung des Gesetzestextes als in den tatsächlichen Handlungsspielräumen des von der Norm betroffenen Pflegebereichs. So besteht aufgrund vorhandener oder vermeintlicher Sachzwänge in den Pflegeeinrichtungen immer noch ein hoher Anwendungsdruck zugunsten der mit weniger personellem Aufwand handhabbaren hergebrachten Fixierungs- und Ruhigstellungsmittel. Vor diesem Hintergrund ist auch verständlich, dass die beteiligten Einrichtungen die rechtliche Relevanz der konkret angewendeten Maßnahmen je nach Bedarf vor Ort unterschiedlich einschätzen und ihre Vorgehensweisen rechtlich unterschiedlich handhaben. So ist offen, ob etwa Bettgitter unterhalb einer bestimmten Höhe oder – wie schon dargestellt – die Verabreichung bestimmter Medikamente für genehmigungsbedürftig oder eben nicht genehmigungsbedürftig gehalten werden. Entsprechende Unsicherheiten dürften weiter bei der Frage, was eine Freiheitsentziehung ist, sowie bei der Frage, was in diesem Zusammenhang ein längerer Zeitraum ist, bestehen.


Ergebnis:


Es werden keine sinnvollen Möglichkeiten einer weiteren Präzisierung des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Rahmen von § 1906 BGB gesehen.


Mögliche weitere Stärkung:


Fraglich ist, ob aus der Normierung der Dokumentationspflicht der freiheitsentziehenden Maßnahmen eine Stärkung resultieren könnte.


Ergebnis:


Eine Dokumentationspflicht der Pflegeeinrichtungen hinsichtlich freiheitsbeschränkender und freiheitsentziehender Maßnahmen bei Bewohnern besteht bereits gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 9 HeimG. Die Dokumentation muss nicht nur die Maßnahme, sondern auch die Angabe des für die Anordnung der Maßnahme Verantwortlichen enthalten. Eine Stärkung sollte vorrangig bei der Heimaufsicht durch die zuständigen Behörden (§ 15 HeimG) und bei der allgemeinen Qualitätskontrolle etwa durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (§ 80 SGB XI) ansetzen. Die Arbeitsgruppe sieht dagegen keine Möglichkeit, mit Instrumenten des Betreuungsrechts die beobachteten Missstände im Pflegebereich einzudämmen. Die Schaffung einer neuen Institution, z.B. eines Patientenanwaltes, wird nicht befürwortet.


Zur Möglichkeit der Anhörung des Gegenbetreuers im Rahmen von §§ 1904, 1906 BGB analog § 1826 BGB wird auf Punkt VI. verwiesen.


  1. Genehmigung bei Aufgabe der Mietwohnung, § 1907 BGB

Zur Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den der Betreute gemietet hat, bedarf der Betreuer der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Vor allem im Hinblick auf eine mögliche spätere Rehabilitation ist die Wohnung des Betreuten in besonderem Maße zu schützen. Für eine Änderung besteht aus Sicht der Arbeitsgruppe kein Handlungsbedarf.


5.Auskunfts- und Berichtspflichten


Über die Verweisung in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB gelten auch für den Betreuer die Auskunfts-, Berichts- und Rechnungslegungspflichten des Vormundschaftsrechts. Sie bieten die Erkenntnisgrundlage für die vormundschaftsgerichtliche Aufsicht über die Tätigkeit des Betreuers. Ihre Wahrnehmung durch den Betreuer ist daher für die Aufsicht von besonderer Bedeutung.


a)Auskunftspflicht, § 1839 BGB


Das Vormundschaftsgericht kann grundsätzlich jederzeit schriftlich, mündlich, telefonisch vom Betreuer Auskunft verlangen, und zwar über die Führung der Betreuung und über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten. Auf Verlangen des Gerichts ist auch ein mündlicher Bericht bei persönlichem Erscheinen des Betreuers möglich. In entsprechender Anwendung von § 1799 Abs. 2 BGB ist dem Gericht auch Einsichtnahme in Papiere zu gewähren, die sich auf die Betreuung beziehen (Verträge, Sparbücher etc.), sofern der Betreute nicht widerspricht. Auch der befreite Betreuer (§§ 1908i Abs. 2 Satz 2, 1854 Abs. 2 BGB) einschließlich des Vereins- und des Behördenbetreuers sind ohne Ausnahme zur Auskunft verpflichtet[132].


  1. Berichtspflicht, § 1840 Abs. 1 BGB

Neben der jederzeitigen Auskunftspflicht (§ 1839 BGB) besteht eine periodische Berichtspflicht mindestens einmal jährlich, § 1840 Abs. 1 BGB. Der Bericht muss zu den persönlichen Verhältnissen des Betreuten erfolgen. Das gilt auch, wenn nur die Vermögenssorge eingerichtet ist, da diese ebenfalls persönlich zu führen ist. Die Berichtspflicht gilt ausnahmslos auch für den befreiten Betreuer und den Vereins-/Be-hördenbetreuer. Die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle legen unter anderem insbesondere eine mangelnde Information der Vormundschaftsgerichte nahe.


Mögliche Stärkung:


Da ein gesicherter Informationsfluss die wichtigste Grundlage für die Ausübung der Aufsicht durch das Vormundschaftsgericht ist, ist zu erwägen, die Berichtspflicht noch zu verstärken. Dabei wird nicht so sehr an eine allgemeine Verkürzung des Berichtszeitraums zu denken sein, als an eine Anknüpfung an die konkrete Betreuungssituation. Sinnvoll erscheint hier die Einführung eines Anfangs- und Zwischenberichts, wenn sich die Lebensverhältnisse des Betreuten unmittelbar nach der Bestellung des Betreuers oder zu einem späteren Zeitpunkt ändern, z. B. im Fall der Heimunterbringung. Diese könnten für das Jahr, in dem sie erstattet werden, den jährlichen Bericht ersetzen.

In Betracht kommt auch die Anordnung des Schriftformerfordernisses für diesen Bericht. Dabei würden konkrete Inhaltsanforderungen an den Bericht, z. B. zwingende Angaben über Aufenthaltsort, gesundheitliches Befinden sowie Darstellung der Betreuungssituation der Stärkung des Informationsgrades dienen. Auf Verlangen des Gerichts sollte der Bericht zusätzlich auch mündlich zu erstatten sein.


Der Vorteil läge darin, dass durch die schriftliche Dokumentation mit inhaltlichen Mindestvorgaben anknüpfend an die Lebensverhältnisse des Betreuten die für erforderlich erachteten Grundinformationen für das Vormundschaftsgericht gesichert werden und der Informationsfluss nachprüfbar ist. Insbesondere ist die Berichtspflicht in ihrer inhaltlichen und formalen Ausgestaltung in den Fällen von wesentlicher Bedeutung, in denen der Betreuer von der jährlichen Rechnungslegungspflicht befreit ist (§ 1840 Abs. 4 BGB) oder nicht für den Bereich der Vermögenssorge bestellt ist. Hier entfällt für das Gericht dieser periodische Anlass (in Schriftform zu den Akten gelangende Rechnung), sich mit der Führung der Betreuung zu befassen.


Diesen Vorteilen stehen allerdings die Nachteile des Bürokratisierungseffekts gegenüber. Insbesondere für ehrenamtliche Betreuer wird sich ein generelles Schriftformerfordernis abschreckend auswirken und den Zeitaufwand erhöhen. Ein möglicher Mehranfall in den gerichtlichen Akten ist dagegen erstrebt.


Ergebnis:


Sowohl der Jahresrhythmus der Berichtspflicht als auch die im übrigen bestehende Flexibilität des bisherigen Systems sollen erhalten bleiben. Die Schaffung faktischer Formularzwänge soll im Hinblick insbesondere auf die ehrenamtlichen Betreuer vermieden werden, für die vor allem ein guter Gesprächskontakt mit dem Gericht wichtig ist. Anfangs- und Zwischenbericht wie auch eine zukunftsorientierte Betreuungsplanung können dagegen sinnvolle Kommunikations- und Planungsmittel für Berufsbetreuer sein, wenn es zu einer Pauschalisierung der Vergütung kommt (mögliche Standorte: §§ 1840 Abs.1 Satz 2 BGBE, 1901 Abs. 4 Satz 2 BGBE).


  1. Rechnungslegung über die Vermögensverwaltung, §§ 1840 Abs. 2 – 4, 1841 BGB, und Vermögensherausgabe, § 1890 BGB

Der Betreuer hat dem Vormundschaftsgericht über seine Vermögensverwaltung jährlich Rechnung zu legen, § 1840 Abs. 2 u. 3 BGB. Bei Verwaltungen von geringem Umfang kann das Vormundschaftsgericht Rechnungslegung für längere Zeitabschnitte, höchstens jedoch für einen Zeitabschnitt von drei Jahren, anordnen, nachdem die Rechnung für das erste Jahr gelegt worden ist, § 1840 Abs. 4 BGB. Die Rechnungslegung soll eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, Auskunft über Ab- und Zugang des Vermögens geben sowie mit Belegen versehen sein, soweit solche erteilt zu werden pflegen, § 1841 Abs. 1 BGB. Nach Beendigung der Betreuung hat der Betreuer das verwaltete Vermögen an den Betreuten herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Soweit er dem Vormundschaftsgericht Rechnung gelegt hat, genügt die Bezugnahme auf diese Rechnung, § 1890 BGB.


Ergebnis:


Die Rechnungslegung ist umfangreich und ausreichend geregelt. Eine Streichung der Erleichterungsmöglichkeit bei geringfügiger Verwaltung scheint wenig sinnvoll, da hier keine erhebliche Missbrauchsgefahr besteht und die Verlängerung des Zeitabschnitts im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegt.


  1. Vermögensverzeichnis, § 1802 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3 BGB

Der Betreuer hat das Vermögen, das bei seiner Bestellung vorhanden ist oder später dem Betreuten zufällt, zu verzeichnen und das Verzeichnis, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen, § 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ist das eingereichte Verzeichnis ungenügend, kann das Vormundschaftsgericht anordnen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird, § 1802 Abs. 3 BGB. Ist das Anfangsverzeichnis lückenhaft oder vorsätzlich falsch erstellt, geht die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts über die Verwaltung des Vermögens ins Leere.

Mögliche Stärkung:


Das Vermögensverzeichnis ist somit als Grundlage aller weiteren Aufsicht im Bereich der Vermögensverwaltung von entscheidender Bedeutung. Dem vorbeugenden Schutz vor vorsätzlich unvollständigen oder sonst unrichtigen Verzeichnissen kommt daher besondere Bedeutung zu. Hier könnte die Einführung der Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit mit den sich daran knüpfenden weiteren strafrechtlichen Folgen eventuell zu einer Stärkung des Schutzes vor Missbrauch führen. Zu bedenken ist aber, dass hiermit zugleich auch eine weitere psychische Barriere für die ehrenamtliche oder berufliche Übernahme von Betreuungen in der Bevölkerung geschaffen wird, was angesichts der Knappheit an geeigneten Betreuern kaum zu vertreten wäre und den Zielen der Reform zuwider liefe.


Ergebnis:


Die Einführung einer eidesstattlichen Versicherung des Vermögensverzeichnisses wird nicht für sinnvoll gehalten. Die Einzelfälle vorsätzlicher Straftaten werden hierdurch nicht verhindert. Im übrigen ist in diesem Bereich mehr Sicherheit, etwa durch stärkere Umsetzung des Vieraugenprinzips (z.B. Gegenbetreuer), mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Diesen Mehraufwand hält die Arbeitsgruppe durch den tatsächlich festzustellenden eher geringen Missbrauch nicht für gerechtfertigt. Im übrigen steht die Verwertung verschleierter Vermögensgegenstände unter dem Schutz der gerichtlichen Genehmigungsvorbehalte. In vielen Fällen nimmt bereits die Betreuungsbehörde ein Vermögensverzeichnis in ihren Sozialbericht auf.


IV.Die Aufsichtsmittel


Über die Verweisung in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB:


1.Gebote und Verbote, § 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB


Das Vormundschaftsgericht hat über die gesamte Tätigkeit des Betreuers und des Gegenbetreuers die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. Dabei hat das Gericht nicht über Zweckmäßigkeitsfragen zu entscheiden, sondern nur die Rechtsaufsicht über den Betreuer zu führen. Mit Ge- und Verboten hat das Gericht den Betreuer zu pflichtgemäßem Handeln zu veranlassen. Das Gericht darf nicht eigenes Entscheiden und Handeln in der Sache an die Stelle desjenigen des Betreuers setzen.


2.Zwangsgeld, § 1837 Abs. 3 BGB


Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund und den Gegenvormund zur Befolgung seiner Anordnungen durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten (Ausnahme Betreuungsbehörde/Verein).


3.Entlassung des Betreuers, § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB


Das Vormundschaftsgericht hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist, oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt.


Mögliche Stärkung:


Analog zu den vorläufigen Maßregeln gem. § 1846 BGB könnte im Rahmen von § 1837 BGB die Ersatzvornahme durch das Vormundschaftsgericht vorgesehen werden für den Fall, dass der Betreuer trotz der eingesetzten Aufsichtsmittel seinen Pflichten nicht nachkommt und mit einem weiteren Aufschub Gefahr für das Wohl des Betreuten verbunden ist.


Ergebnis:


Aufsichtsmittel stehen in ausreichendem Maß zur Verfügung. Von der Einführung der Ersatzvornahme wird mangels praktischen Bedürfnisses und aus grundsätzlichen systematischen Erwägungen im Hinblick auf die Selbständigkeit des Vormundes/ Betreuers abgeraten. Insoweit reicht das System der partiellen Entlassung in Verbindung mit §1846 BGB aus.


V.Aufsichtsorgane


1.Vormundschaftsgericht


a)Aufsicht im engeren Sinn, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 BGB


Das zentrale Aufsichtsorgan ist das Vormundschaftsgericht, § 1837 BGB. Zuständig für die Aufsicht nach § 1837 BGB ist der Rechtspfleger, § 3 Nr. 2a RPflG, und zwar auch soweit die Ausübung der Personensorge betroffen ist.


  1. Entlassung des Betreuers, § 1908b BGB

Wie bei der Auswahl und Bestellung des Betreuers hat der Richter auch bei der Entlassung des Betreuers zu entscheiden, § 14 Abs. Nr. 4 RPflG. Ferner entscheidet der Richter über die Entziehung der Vertretungsmacht des Betreuers, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1796 BGB.


  1. Genehmigungsvorbehalte

Über Genehmigungsvorbehalte entscheidet der Rechtspfleger, mit Ausnahme der dem Richter vorbehaltenen Entscheidungen, hinsichtlich der Einwilligung in ärztliche Maßnahmen, § 1904 Abs. 1 BGB, in eine Sterilisation, § 1905 BGB und in eine Unterbringung oder eine unterbringungsähnliche Maßnahme, § 1906 BGB.


Überlegt wird eine Entlastung des Vormundschaftsgerichts bei der Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben im Betreuungsrecht.


Ergebnis:


Aufgrund der Eingriffsintensität der betreuungsrechtlichen Maßnahmen und der Schutzbedürftigkeit der Betreuten wird die gerichtliche Aufsicht allerdings in wesentlichen Bereichen unverzichtbar bleiben.


2.Betreuungsbehörde, § 1908k BGB, BtBG


Eine Aufgabe der Betreuungsbehörden besteht nach dem Gesetz darin, die gesetzlich vorgeschriebenen Mitteilungen der entgeltlich tätigen Betreuer über die Zahl der im Kalenderjahr geführten Betreuungen, die hierfür in Rechnung gestellte Zeit sowie den hierfür abgerechneten und den erhaltenen Geldbetrag entgegenzunehmen, § 1908k Abs. 1 BGB. Diese Mitteilungen kann die Betreuungsbehörde und muss es auf dessen Verlangen dem Vormundschaftsgericht mitteilen, § 1908k Abs. 3 BGB. Die Vorschrift sollte auch der Förderung der Abrechnungsehrlichkeit der Betreuer und mittelbar damit auch einer diesbezüglichen Aufsicht dienen. In der Praxis ist dies nicht umgesetzt worden.


Unter dem Gesichtspunkt der Steuerungsfunktion sieht der mit dem Betreuungsrechtsänderungsgesetz eingeführte § 1897 Abs. 7 BGB vor, dass die Betreuungsbehörde vor der erstmaligen Bestellung eines bestimmten Berufsbetreuers im Gerichtsbezirk regelmäßig zu dessen (genereller) Eignung (als Berufsbetreuer im Gerichtsbezirk) anzuhören ist. Mittelbar kann auch hiermit eine vorbeugende Aufsichtsfunktion verbunden sein.


Ferner unterstützt die Betreuungsbehörde das Vormundschaftsgericht, § 8 BtBG. Dies gilt insbesondere für die Feststellung des Sachverhalts, den das Gericht für aufklärungsbedürftig hält, sowie für die Gewinnung geeigneter Betreuer. Tatsächliche Aufklärungsarbeit der Betreuungsbehörde findet damit auch in den aufsichtsrelevanten Bereichen statt. Gem. § 7 Abs. 1 BtBG kann die Betreuungsbehörde dem Vormundschaftsgericht auch Umstände mitteilen, die Maßnahmen in Betreuungssachen erforderlich machen, soweit dies unter Beachtung der Interessen des Betroffenen nach den Erkenntnissen der Behörde erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen abzuwenden.


Mögliche Stärkung:


Eine Stärkung der vorbeugenden Aufsicht könnte hier darin bestehen, dass bereits von der Betreuungsbehörde obligatorisch ein Führungszeugnis sowie eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis zu einem erstmals im Gerichtsbezirk zu bestellenden Berufsbetreuer eingeholt wird.


Ergebnis:


Führungszeugnis und Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis könnten als Sicherung der Mindesteignungsvoraussetzungen ebenfalls in § 1897 BGB normiert werden. Die Frage, ob die Betreuungsbehörden lokal oder überregional weitergehende Eignungsprofile erstellen und ihrer Eignungsprüfung zugrundelegen, sollte dagegen der Entwicklung im Rahmen der Betreuungsbehörden vorbehalten bleiben.


Vorschlag:


§ 1897 Absatz 7 BGB wird wie folgt geändert:


Nach Satz 1 wird folgender Satz angefügt:


„Die zuständige Behörde soll die Person auffordern, ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis vorzulegen.“


Der Begriff „auffordern“ ist § 31 BZRG entnommen. Wenn eine solche Aufforderung nicht sachgemäß ist oder erfolglos bleibt, erhalten Behörden das Führungszeugnis über eine bestimmte Person, soweit sie es zur Erledigung ihrer hoheitlichen Aufgaben benötigen.


3.Betreuungsverein, § 1908f BGB


Ein weiteres Aufsichtsorgan stellen die Betreuungsvereine dar. Gem. § 1908f Abs. 1 Nr. 1 BGB können sie als solche nur anerkannt werden, wenn gewährleistet ist, dass sie eine ausreichende Zahl geeigneter Mitarbeiter haben und diese u. a. auch beaufsichtigen.


Ergebnis:


Die Entwicklung von Qualitätsstandards und Qualitätssicherung in der Betreuung wird schwerpunktmäßig als Aufgabe der Betreuungsvereine und ihrer Verbände erkannt. Diese richten sich an Berufsbetreuer. Nach dem gesetzlichen Auftrag sollen die Betreuungsvereine ehrenamtliche Betreuer gewinnen und anleiten. Eine Aufrechterhaltung der finanziellen Förderung der Betreuungsvereine durch Staat und Kommunen scheint aufgrund der angespannten Haushaltslagen fraglich. Das Problem könnte durch die vorgeschlagene Reduzierung der Aufwendungsentschädigungspauschale gelöst werden.


VI.Die Aufsichtsfunktion des Gegenbetreuers im Betreuungsrecht, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1792, 1799 BGB


Im Vormundschaftsrecht nimmt auch der Gegenvormund Aufsichtsaufgaben wahr.


Gem. § 1799 Abs. 1 Satz 1 BGB hat er generell darauf zu achten, dass der Vormund die Vormundschaft pflichtgemäß führt. Er hat Pflichtwidrigkeiten des Vormunds sowie Umstände, die eine Beendigung des Amtes des Vormunds betreffen, unverzüglich dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen (Abs. 1 Satz 2). Zur Ausübung seiner Aufsicht steht dem Gegenvormund ein Anspruch auf Auskunft und Einsichtnahme in die die Vormundschaft betreffenden Papiere gegen den Vormund zu (Abs. 2). Ausdrücklich ist die Mitwirkung eines Gegenvormunds bei der Erstellung des Vermögensverzeichnisses, § 1802 Abs. 1 Satz 2 BGB, der Rechnungslegung, § 1842 BGB, und der Rechnungslegung bei Vermögensherausgabe, § 1891 BGB, vorgesehen, sofern ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen ist. Verfügungen über Forderungen und Wertpapiere (§ 1812 BGB), die Anlegung und Erhebung von Mündelgeld (§§ 1809, 1810 BGB) und die Überlassung von Gegenständen an den Mündel (§1824 BGB) bedürfen der Genehmigung des Gegenvormunds. Ferner ist der Gegenvormund vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormunds erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts anzuhören (§ 1826 BGB).


Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine nicht unerhebliche Vermögensverwaltung verbunden ist, § 1792 Abs. 2 BGB. Für die Erheblichkeit der Verwaltung ist die Höhe des Vermögens nicht allein entscheidend. Maßgeblich ist auch Art, Umfang und Schwierigkeit der vom Vormund zu erbringenden Tätigkeit, was vor allem auch von der Zusammensetzung des Vermögens abhängt. Sind in größerem Umfang fortlaufende Einnahmen und Ausgaben zu verbuchen, soll nach überwiegender Meinung in der Literatur eine erhebliche Vermögensverwaltung anzunehmen sein[133].


Die Stellung des Gegenbetreuers im Betreuungsrecht ist widersprüchlich und unklar.


Nachdem der Regierungsentwurf keine Verweisung auf das Rechtsinstitut der Gegenvormundschaft vorsah, wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des Bundesrates durch Bezugnahme auf §§ 1792, 1799 BGB in § 1908i Abs. 1 BGB für die Betreuung doch noch das Rechtsinstitut der Gegenbetreuung eingeführt. Ziel war es, durch Mitwirkung des Gegenbetreuers zusätzliche Belastungen der Gerichte bei der Betreuung großer Vermögen insbesondere im Hinblick auf § 1812 BGB (Verfügungen über Forderungen und Wertpapiere) zu vermeiden, auf den in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB ebenfalls verwiesen wird[134]. Im übrigen ist der Verweisungskatalog in Bezug auf die Gegenvormundschaft unvollständig. Nicht verwiesen wird auf § 1832 BGB (Genehmigung eines Rechtsgeschäfts durch den Gegenvormund), §§ 1802 Abs. 1 Satz 2 (Vermögensverzeichnis), 1826 (Anhörung des Gegenvormunds), 1842 (Rechnungslegung) und 1891 ( Rechnungslegung bei Vermögensherausgabe) BGB. Dies wird in der Literatur[135] für ein redaktionelles Versehen gehalten.


Mögliche Stärkung:


Die Arbeitsgruppe empfiehlt, hier eine Klarstellung herbeiführen:


Eine Vervollständigung des Verweisungskatalogs in § 1908i Abs. 1 Satz BGB kann im Verhältnis zur bisherigen widersprüchlichen Regelung zu einer Stärkung der Aufsicht im Betreuungsrecht führen und die Gerichte bei konsequenterer Anwendung auch bei der Aufsicht über Vermögensverzeichnis und Rechnungslegung von Aufsichtsaufgaben entlasten. Eine Ausräumung der bei Anwendung des Rechtsinstituts der Gegenbetreuung bestehenden Unsicherheiten würde auch zu einer Stärkung der schon nach geltendem Recht bestehenden allgemeinen Aufsichtsfunktion des Gegenbetreuers gem. §§ 1908i Abs. 1, 1799 Abs. 1 BGB führen. Schließlich könnte erweiternd eine Anhörung des Gegenbetreuers bei der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts über die Genehmigung der Einwilligung des Betreuers gem. §§ 1904, 1906 sowie über die Genehmigung der Wohnungsauflösung gem. § 1907 BGB im Gesetz vorgesehen werden.


Die Bestellung des Gegenbetreuers steht im Ermessen des Gerichts und ist an keine besonderen Voraussetzungen gebunden. Sie kann jeden Aufgabenkreis betreffen.


Bei einer Vervollständigung wären insbesondere auch die verfahrensrechtlichen Regelungen auf ihre Ergänzungsbedürftigkeit zu überprüfen.


Gegen einen Ausbau des Rechtsinstituts der Gegenbetreuung spricht insbesondere der personelle Mehraufwand auf Seiten der Betreuer, die direkte Erhöhung der Personalkosten im Betreuungsfall sowie der erhöhte Verfahrensaufwand im Falle nachträglicher Bestellung eines Gegenbetreuers. Problematisch dürfte sich in praktischer Hinsicht auch die Beschaffung der Informationen durch den Gegenbetreuer darstellen, was seine Aufsichtsfunktion schwächt.


Bei einer gänzlichen Abschaffung des Rechtsinstituts der Gegenbetreuung verbliebe dem Vormundschaftsgericht die Möglichkeit, gem. § 1899 BGB mehrere Betreuer zu bestellen, die ihrer Struktur nach jedoch nicht auf die Aufsicht des einen über den anderen Betreuer abzielt. Mittelbare Aufsichtswirkungen ergeben sich hier, soweit mehrere Betreuer mit demselben Aufgabenkreis bestellt sind und sie die Angelegenheiten des Betreuten nur gemeinsam besorgen können, § 1899 Abs. 3 BGB. In diesem Fall soll entsprechend auch kein Gegenbetreuer bestellt werden, §§ 1908i Abs.1 Satz 1, 1792 Abs. 2, 2. Halbsatz BGB.


Ergebnis:


Die unveränderte Beibehaltung des Verweisungskatalogs in § 1908i Abs. 1 BGB ist in Bezug auf den Gegenvormund nicht sinnvoll, da sie aufgrund der dargelegten Unsicherheiten nicht zu einer effektiven Anwendung dieses Rechtsinstituts führt.


Die Arbeitsgruppe befürwortet eine Streichung der Verweisung auf den Gegenvormund im Verweisungskatalog des § 1908i Abs. 1 BGB. Die Möglichkeiten, mehrere Betreuer im Rahmen von § 1899 BGB einzusetzen, werden auch unter dem Aufsichtsaspekt für ausreichend erachtet. In der Praxis hat sich der Gegenbetreuer als bedeutungslos erwiesen.


Vorschlag:


§ 1908i Absatz 1 BGB wird wie folgt geändert:


In Satz 1 werden die Angaben „1792“ und „1799“ gestrichen.


VII.Zusammenfassung:


Die Überprüfung der drei Ansatzebenen hat ergeben, dass die wesentlichen Erkenntnis- und Aufsichtsmittel im geltenden Recht bereits zur Verfügung stehen. Auch aus den bekannten Missbrauchsfällen ist im Ergebnis überwiegend die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das erforderliche Pflichtenprogramm sowie die korrespondierenden Aufsichtsmöglichkeiten im Gesetz vorhanden sind, im Einzelfall aber einerseits von einigen Betreuern vorsätzlich umgangen werden und andererseits das Vormundschaftsgericht nicht immer zeitnah und umfangreich genug seine Aufsichtsmittel anwendet.


Anlass besteht allenfalls zu geringfügigen Randkorrekturen am Gesetz. Durch die gesetzliche Anordnung der Vorlage eines Führungszeugnisses sowie einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis im Rahmen der Prüfung eines erstmals im Gerichtsbezirk zu bestellenden Berufsbetreuers gem. § 1897 Abs. 7 BGB durch die zuständige Behörde kann eine Mindesteignungsvoraussetzung des Bewerbers gesichert werden. Im Zusammenhang mit den allgemeinen Pflichten des Betreuers könnte die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes bei Wahrnehmung der Betreueraufgaben als weitere Pflicht im Gesetz verdeutlicht werden.

Kapitel 8:Übertragung richterlicher Aufgaben auf den Rechtspfleger


I. Anlass und Gegenstand einer Aufgabenverlagerung


Innerhalb des Vormundschaftsgerichts nehmen Richter- und Rechtspflegerschaft die betreuungsrechtlichen Aufgaben wahr. Grundsätzlich sind der Rechtspflegerschaft die betreuungsrechtlichen Aufgaben gemäß § 3 Nr. 2 a RPflG zugewiesen. Lediglich bestimmte Entscheidungen, insbesondere ob ein und welcher Betreuer und mit welchem Aufgabenkreis bestellt wird, ist der Richterschaft gemäß § 14 Abs. 1 Nummer 4 RPflG vorbehalten. Nach dieser Zuständigkeitsverteilung entscheidet die Rechtspflegerschaft über


-die Genehmigung für den Betreuer zur Beendigung eines Mietverhältnisses des Betreuten über Wohnraum und über die Genehmigung von Miet- und

Pachtverträgen (§ 1907 BGB),


  • über die Genehmigung für den Betreuer für ein Versprechen oder die Gewährung von Ausstattungen aus dem Vermögen des Betreuten (§ 1908 BGB),

-über die Erteilung vormundschaftsgerichtlicher Genehmigungen im Bereich der Vermögenssorge des Betreuers für den Betreuten (§§ 1908 i, 1810 ff BGB).


-Die Rechtspflegerschaft berät die Betreuer und wirkt dabei mit, sie in ihre Aufgaben einzuführen (§§ 1908i Abs. 1, 1837 Abs. 1 BGB).


-Sie führt die Aufsicht über die Betreuer, schreitet gegen Pflichtwidrigkeiten der Betreuer durch geeignete Ge- und Verbote ein (§§ 1908 i Abs. 1, 1837 Abs. 2 BGB) und hält die Betreuer ggf. durch Festsetzung von Zwangsgeld zur Befolgung Ihrer Anordnungen an (§§ 1908 i Abs. 1, 1837 Abs. 3 BGB).


-Sie prüft die Rechnungen der Betreuer, die über ihre Vermögensverwaltung für die Betreuten Rechnung zu legen haben (§§ 1908 i, 1843 BGB).


-Sie entscheidet nach Maßgabe der §§ 56 g FGG, 1908 i Abs. 1, 1835 ff, 1908e, 1908 h BGB über Vergütung und Aufwendungsersatz der Betreuer, erfüllt nach Maßgabe der §§ 1836 a ff. BGB die Ansprüche der Betreuer auf Vergütung und Aufwendungsersatz und macht Ansprüche der Staatskasse nach § 1836 e BGB geltend.


Diese Verteilung der Kompetenzen hat sich in der Praxis nicht hinreichend bewährt. Der Rechtspflegerschaft ist zwar der Bereich der Aufsicht und Vergütungskontrolle zugewiesen. Es fehlt jedoch an der Zuständigkeit, die sich aus den Erkenntnissen der Aufsicht ergebenden Konsequenzen zu ziehen. So ist die Rechtspflegerschaft weder befugt, den Betreuer zu entlassen, noch eine Reduzierung der Aufgabenbereiche anzuordnen, weil der Betreuungsbedarf sich geändert hat. Das Auseinanderfallen des „Ob“ und „Wer“ einerseits und des „Wie“ andererseits führt zu nicht unerheblichen Reibungsverlusten.


Diese werden durch die grundsätzlich verschiedene Wertschätzung des Betreuungsrechts verstärkt. Für die Rechtspflegerschaft ist das Betreuungsrecht eine zentrale Aufgabenstellung, der in der Ausbildung an der Fachhochschule für Rechtspflege ein besonderer Stellenwert zukommt. Dementsprechend groß ist das Interesse, sich eingehend und über den juristischen Kontext hinaus kontinuierlich mit dem Betreuungsrecht auseinander zu setzen.


In der richterlichen Ausbildung spielt das Betreuungsrecht dagegen nur eine geringe Rolle. Für eine nicht unerhebliche Zahl von Richterinnen und Richtern handelt es sich um einen kaum bekannten und deshalb wenig geschätzten Tätigkeitsbereich. Die Herausforderungen an die juristische und soziale Kompetenz werden verkannt. Das führt bei einigen Amtsgerichten dazu, Betreuungsrecht als notwendiges Übel zu verstehen und die Dezernate Proberichtern zuzuweisen, die regelmäßig nach relativ kurzer Zeit an andere Gerichte wechseln. Die dadurch bedingte personelle Fluktuation verhindert eine effektive Betreuungsarbeit, die darauf angelegt sein muss, in kontinuierlicher Kooperation mit Betreuungsbehörden, ehrenamtlichen Betreuern und Berufsbetreuern, Sachverständigen, Krankenhäusern usw. ein breites Spektrum an Kenntnissen zu gewinnen.


Durch eine Verlagerung richterlicher Aufgaben auf besonders qualifizierte und erfahrene Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ist deshalb ein Qualitätsverlust für die Betreuten nicht zu befürchten. Zudem erfordert die Beurteilung, ob ein Betreuer überhaupt und wenn ja mit welchem Aufgabenkreis bestellt wird, nicht nur die Berücksichtigung rechtlicher Aspekte, sondern hier sind weitere Qualitäten, nicht zuletzt ein gewisses Maß an Lebenserfahrung, nötig.


Die Rechtspflegerschaft ist bereits nach geltendem Recht im Betreuungsverfahren mit Fragen der Streitentscheidung und Beweiswürdigung und der Entscheidung grundrechtsintensiver Maßnahmen befasst, so dass die Übertragung richterlicher Aufgaben keine qualitativ neuen Anforderungen an diese stellen dürfte. Im Rahmen der Genehmigung einer Wohnungskündigung gemäß § 1907 BGB regelt die Rechtspflegerschaft Fragen, die besonders einschneidend in Rechte des Betroffenen eingreifen können. So verliert der Betroffene unter Umständen seinen langjährigen, durch Art. 13 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich besonders geschützten Lebensmittelpunkt. Soll eine Genehmigung nach § 1907 BGB gegen den natürlichen Willen des Betroffenen und damit „streitig“ erteilt werden, dürften weitere Ermittlungen, auch in Form der Einholung von Pflegegutachten, durchzuführen sein. Die Entscheidung dieser streitigen Maßname und die zuvor erfolgte Beurteilung und Würdigung eingeholter Pflegegutachten stellt keine strukturell andere Tätigkeit als die richterliche Beweiswürdigung und Streitentscheidung dar.


In der großen Masse der Verfahren würde die Zuständigkeit für die Bestellung eines Betreuers und das gesamte weitere Verfahren in der Hand der Rechtspflegerschaft zusammengefasst. Damit dürften die Geschäftsabläufe des Gerichts insgesamt, aber auch für das einzelne Verfahren, an Effizienz gewinnen. Für den Betroffenen hätte dies den Vorteil, dass die durch die Aufgabenteilung zwischen Richter- und Rechts-pflegerschaft bedingte doppelte Vornahme belastender Verfahrenshandlungen in der Vielzahl der Fälle entfiele. Ist die Rechtspflegerin oder der Rechtspfleger auch für die Bestellung des Betreuers zuständig, könnte sie oder er im Rahmen der erforderlichen Anhörung zur Betreuerbestellung auch Fragen der Wohnungsauflösung erörtern. Die Durchführung zweier, für den Betroffenen belastender Anhörungen durch die Richterin oder den Richter hinsichtlich der Betreuerbestellung und durch die Rechtspflegerin oder den Rechtspfleger hinsichtlich der Wohnungskündigung entfiele.


Für den Rechtssuchenden wäre eine weitgehende Zusammenfassung des gesamten Verfahrens beim Rechtspfleger hilfreich; die bisherige Zuständigkeitsverteilung zwischen Richter- und Rechtspflegerschaft ist für ihn häufig nicht nachvollziehbar, da sich Fragen aus dem Personenrecht und der Vermögenssorge in der Regel nicht völlig trennen lassen.


Da letztlich Richtervorbehalte nicht gänzlich aufgegeben werden können, besteht die Möglichkeit, dass es zu Doppelarbeiten der Richter- und der Rechtspflegerschaft kommt. Jedoch ist der Anteil der der Richterschaft verbleibenden Zuständigkeiten gemessen an der Gesamtzahl der Betreuungsverfahren relativ gering. So gab es im Jahr 2001 bundesweit 8.572 erstmalige Anordnungen eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 BGB, 3.070 Genehmigungen nach § 1904 BGB und 61 Genehmigungen nach § 1905 BGB, 100.199 Unterbringungsgenehmigungen nach § 1906 Abs. 1 und Abs. 4 BGB und 16.454 Unterbringungsgenehmigungen nach § 1846 BGB bei insgesamt 205.266 erstmaligen Bestellungen eines Betreuers und 986.392 anhängigen Betreuungsverfahren. Im übrigen ist auch nicht bekannt, dass es in Württemberg, wo es eine ähnliche Aufgabenverteilung zwischen Richterschaft und Notariat bereits gibt (§§ 36, 37 LFGG BW ), zu größeren Problemen gekommen wäre; die Reibungsverluste dürften sich deshalb in Grenzen halten und – wie oben dargestellt – durch die zu erwartenden Effizienzgewinne bei den künftig ausschließlich von der Rechtspflegerschaft bearbeiteten „Standardverfahren“ mehr als ausgeglichen werden.


Die vom Gesetzgeber des Rechtspflegergesetzes aus dem Jahr 1957 getroffene Grundsatzentscheidung, personenrechtliche Entscheidungen in Vormundschaftssachen der Richterschaft vorzubehalten, die im Rechtspflegergesetz von 1969 ausdrücklich beibehalten[136] und auch vom Gesetzgeber des Betreuungsgesetzes vom 12. September 1990 nicht geändert wurde[137], würde durch die geplanten Aufgabenverlagerungen auf die Rechtspflegerschaft durch eine neue gesetzgeberische Entscheidung ersetzt.


II.Verfassungsrechtliche Vorgaben


Die Arbeitsgruppe hatte bereits in ihrem der 73. Justizministerkonferenz 2002 in Weimar vorgelegten Zwischenbericht festgestellt, dass die Richtervorbehalte im Betreuungsrecht in dem gegenwärtigen Umfang verfassungsrechtlich nicht unbedingt erforderlich sind. Der Richterschaft vorbehalten sind lediglich die Unterbringung (Art. 104 Abs. 2 GG) sowie die Vorführung zur Anhörung und Untersuchung, wenn diese mit einer Durchsuchung der Wohnung des Betroffenen verbunden ist (Art. 13 Abs. 2 GG). Zur Sicherung eines wirkungsvollen Grundrechtsschutzes ist ein Richtervorbehalt aber auch dann erforderlich, wenn schwerwiegende betreuungsrechtliche Maßnahmen aufgrund ihrer Eilbedürftigkeit sofort vollzogen werden müssen und somit eine (nachfolgende) gerichtliche Entscheidung ins Leere laufen würde. Die Arbeitsgruppe ist der Auffassung, dass es außerhalb der Entscheidungen nach §§ 1903 bis 1906 BGB solche irreversiblen und schwerwiegenden Eingriffe in der Praxis nicht gibt.


Dies ist ebenso bereits von dem Gesetzgeber des Betreuungsgesetzes vom 12. September 1990 gesehen worden. Rechtspolitische, systematische und praktische Gründe führten zu den Richtervorbehalten in der gegenwärtigen Form[138].


Vor diesem Hintergrund ist in dem Zwischenbericht eine Übertragung des Betreuungsverfahrens auf die Betreuungsbehörde behandelt worden. Da dies allerdings mit erheblichen Änderungen in den Betreuungsstrukturen verbunden wäre, muss geprüft werden, ob eine Verbesserung des Betreuungsrechts im Sinne des Auftrags der Arbeitsgruppe nicht auch durch Veränderung der gerichtsinternen funktionellen Zuständigkeiten erreicht werden kann. Dort kommt insbesondere die Verlagerung bislang richterlicher Aufgaben im verfassungsrechtlich zulässigen Umfang auf die Rechtspflegerschaft in Betracht.


III.Voraussetzungen der Übertragung von richterlichen Aufgaben auf die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger


Damit die Rechtspflegerschaft weitere Aufgaben übernehmen kann, müsste sie an anderer Stelle entlastet werden. Insofern wäre angesichts in einzelnen Bundesländern bestehender Personalengpässe im Bereich der Rechtspflegerschaft zu prüfen, wann, auch im Zusammenhang mit weiteren geplanten Aufgabenübertragungen, genügend Personalkapazitäten zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang wäre durch die Landesjustizverwaltungen auch zu klären, ob und in welchem Umfang Entlastungen, z.B. durch eine Pauschalisierung der Vergütung, möglich sind. Eine im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz durchgeführte rechtstatsächliche Untersuchung hat ergeben, dass sich die Rechtspflegerschaft in der Praxis hauptsächlich mit Vergütungsabrechnungen beschäftigen. Auf eine Rechtspflegerstelle entfallen im Durchschnitt jährlich 940 Verfahren auf Festsetzung von Vergütungen, Aufwendungsersatz oder Aufwandsentschädigung mit einem durchschnittlichen Arbeitsstundenaufwand in Höhe von 1.800 Stunden. Bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden verwendet damit eine Rechtspflegerin oder ein Rechtspfleger jährlich 10,75 Monate allein für Vergütungsabrechnungen und ähnliches. Eine Aufgabenerweiterung im Betreuungsverfahren kann deshalb nur im Zusammenhang mit einer Vereinfachung des Vergütungswesens erfolgen, also letztlich dann, wenn eine Pauschalisierung eingeführt wird.


Weiter ist davon auszugehen, dass sich das Prinzip der Einheitsentscheidung bewährt hat. Die Richterin oder der Richter entscheidet durch einen einzigen Beschluss über die Notwendigkeit der Betreuung, den Aufgabenkreis des Betreuers und die Bestellung eines bestimmten Betreuers, § 69 Abs. 1 FGG. Insofern kann es bei einer Aufgabenverlagerung auf die Rechtspflegerschaft nicht darauf ankommen, ihr nur Teile des Verfahrens zu übertragen. Der Rechtspflegerschaft müsste deshalb eine größtmögliche Zuständigkeit im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen zukommen. Deshalb soll die Richterin oder der Richter künftig auch nur noch über die ihnen ausdrücklich zugewiesenen Maßnahmen entscheiden, während das Verfahren ansonsten der Rechtspflegerschaft vorbehalten bleibt. Die Arbeitsgruppe geht davon aus, dass bei dieser weitgehenden Aufgabenverlagerung besondere Anforderungen an die Qualifikation der mit betreuungsrechtlichen Maß-nahmen betrauten Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger zu stellen sind. Da wichtige Entscheidungen in der Lebensführung der Betroffenen zu treffen sind, sollten hier nur erfahrene Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger tätig werden.


Ohne Änderung des Verfahrens betrifft die Aufgabenverlagerung derzeit aber nur die nicht schwerwiegenden Grundrechtseingriffe. Nichteilige schwerwiegende Grundrechtseingriffe könnten wegen des Grundsatzes des wirkungsvollen Rechtsschutzes nur dann auf die Rechtspflegerschaft übertragen werden, wenn Maßnahmen zur Gewährung des Grundrechtsschutzes ergriffen werden. Neben den bereits von der Arbeitsgruppe im Zwischenbericht erwähnten Varianten (zeitlicher Aufschub der Wirksamkeit der Entscheidung oder die Einführung eines Rechtsmittels mit Suspensiveffekt) wäre zu überlegen, ob der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 18. Januar 2000[139] zur Genehmigung von Rechtsgeschäften durch die Rechtspflegerin oder den Rechtspfleger als vorübergehende Lösung bis zu einer gesetzlichen Neuregelung als ausreichender Rechtsschutz angesehene anfechtbare Vorbescheid – auch im Betreuungsrecht – als Dauerlösung institutionalisiert werden könnte.


Diese Anpassungen des Verfahrensrechtes betreffen Kernbereiche der geplanten Reform des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es erscheint nicht sinnvoll, diese aus dem geplanten Reformvorhaben auszugliedern und damit Festlegungen vorzunehmen, die u.U. später nicht in das Gesamtkonzept passen.


IV.Gesetzestechnische Umsetzung


Ohne Veränderung des gerichtlichen Verfahrens, das im Wege der Reform des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit weitere Übertragungen auf die Rechtspfleger ermöglichen könnte, ließen sich die vorgenannten Überlegungen gesetzestechnisch durch eine Änderung des § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG umsetzen. Durch die Beschränkung des Richtervorbehalts auf „Verrichtungen aufgrund der §§ 1903 bis 1906 und §§ 68 Abs. 3 und 68 b Abs. 3 FGG“ wird klargestellt, dass der Rechtspfleger für die weiteren Verrichtungen in dem Verfahren zuständig bleibt. So hat die Richterin oder der Richter beispielsweise nur über die Frage des Einwilligungsvorbehalts zu befinden, während die Rechtspflegerin oder der Rechtspfleger die übrigen Maßnahmen trifft.


Änderung des Rechtspflegergesetzes


Das Rechtspflegergesetz vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), zuletzt geändert durch ...., wird wie folgt geändert:


§ 14 Abs. 1 Nr. 4 wird wie folgt gefasst:


„Verrichtungen aufgrund der §§ 1903 bis 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, §§ 68 Abs. 3 und 68 b Abs. 3 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;“

Kapitel 9:Berufsbild


I.Problemstellung


Das Gesetz enthält keine fachlichen Anforderungen an Betreuer, die ihre Betreuungen nach § 1908i Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1836 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BGB berufsmäßig führen. Auch für sie gilt die allgemeine Vorschrift des § 1897 Abs. 1 BGB, die lediglich fordert, dass der Betreuer „geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn hierbei im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen“.Zur Begründung dieser Norm wurde im Entwurf des Betreuungsgesetzes[140] ausgeführt:


„Satz 1 verlangt allgemein, dass die zum Betreuer zu bestellende Person „geeignet“ ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen und ihn hierbei im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen.... Bestandteil der Eignung des Betreuers ist die Möglichkeit zur persönlichen Betreuung. Persönliche Betreuung bedeutet nicht Ausübung der Personensorge; sie ist vielmehr eine Art und Weise der Betreuung, die in allen Aufgabenkreisen – auch bei der Vermögenssorge – anzustreben ist. Persönliche Betreuung ist der Gegensatz zu einer anonymen Verwaltung von Vormundschafts- und Pflegschaftsfällen, die sich gegenwärtig auf Grund der starken Belastung eines Teils der Vormünder und Pfleger mit einer Vielzahl von Fällen ergeben hat. Hauptmerkmal der persönlichen Betreuung ist der persönliche Kontakt, insbesondere das persönliche Gespräch zwischen Betreutem und Betreuer. Solche persönlichen Kontakte haben nach dem Entwurf vielfache Bedeutung.... Sie sind die Voraussetzung dafür, dass der grundsätzliche Willensvorrang des Betreuten (§ 1901 Abs. 2 Satz 1 E) beachtet wird. Persönliche Kontakte sind auch die Voraussetzung dafür, dass der Betreuer seinen Hinweispflichten nach § 1901 Abs. 4, § 1903 Abs. 4 E hinreichend nachkommen kann. Persönliche Betreuung ist auch insgesamt entscheidend dafür, dass das neue Rechtsinstitut der Betreuung nicht als Bevormundung, sondern als Hilfe begriffen wird....


Mitunter wird gefordert, die persönliche Betreuung dadurch sicherzustellen, dass eine gesetzliche Höchstzahl der Betreuungen festgelegt wird, die ein einzelner Betreuer übernehmen kann. Der Entwurf greift diesen formalen Ansatz nicht auf. Die Zielsetzung dieses Vorschlags ist zwar richtig. Es liegt auf der Hand, dass eine übermäßige Konzentration von Betreuungen bei einem einzelnen Betreuer nicht wünschenswert ist. Der materielle Ansatz des Entwurfs, die Bestellung zum Betreuer ausnahmslos von der Möglichkeit einer persönlichen Betreuung abhängig zu machen, ist jedoch besser geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen. Die starke Betonung des Erforderlichkeitsgrundsatzes (§ 1896 Abs. 2 E) soll dazu führen, dass künftig die dem Betreuer zugewiesenen Aufgabenkreise einen sehr unterschiedlichen Umfang haben. Würde man die Höchstzahl an kleinen Aufgabenkreisen orientieren, so wäre sie bei der Übernahme großer Aufgabekreise völlig überhöht. Würde man die Höchstzahl an großen Aufgabenkreisen orientieren, so würde sie einer sinnvollen Auslastung hauptamtlicher Betreuer aus dem Bereich von Verbänden und Ämtern entgegenstehen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Möglichkeit zur persönlichen Betreuung nicht nur durch die Zahl der vom Betreuer übernommenen Betreuungsfälle, sondern auch durch seine sonstige Tätigkeit bestimmt wird. Auch weiterhin ist damit zu rechnen, dass Mitarbeiter von Verbänden, Sozialarbeiter und Rechtsanwälte, die Betreuungen übernehmen, daneben noch andere Tätigkeiten ausüben. Eine ausschließlich an der Übernahme von Betreuungen orientierte Höchstzahl ist für solche Fälle ungeeignet, eine persönliche Betreuung sicherzustellen. Auch das neue österreichische Sachwalterrecht sieht keine Höchstzahl vor.“Wie sich hieraus ergibt, hat der Gesetzgeber weder eine formelle Mindestqualifikation noch ein bestimmtes Berufsbild des Berufsbetreuers für erforderlich gehalten, sondern ist vielmehr davon ausgegangen, dass Angehörige verschiedener bestehender Berufsgruppen (etwa Sozialarbeiter oder Rechtsanwälte) als Betreuer (und dabei nicht ausschließlich als Betreuer) tätig werden.Aus der gesetzlichen Formulierung lässt sich entnehmen, dass sich die Eignung des Betreuers an den konkreten Anforderungen der einzelnen zu führenden Betreuung auszurichten hat. Dennoch wurde nach Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes verschiedentlich versucht, Eigenschaften für Anforderungsprofile an Berufsbetreuer zu entwickeln.


So nennt Knittel in seinem Kommentar zum Betreuungsgesetz[141] etwa folgende Eigenschaften:


Bereitschaft zur Übernahme einer Betreuung (aus allgemeinem sozialem Engagement oder aus Verantwortungsgefühl) für eine bestimmte hilfsbedürftige Person, die ständige Ansprechbereitschaft für den Betreuten und die beteiligten Instanzen, entsprechendes Alter, Lebenserfahrung und persönliche Reife, familiäre oder bekanntschaftliche Bezüge, Sorgfalt, Genauigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität und Realitätsbezogenheit, Wohnsitznähe, Kontaktfähigkeit, Belastbarkeit und hohe Frustrationstoleranz, Geduld und Verständnis für die Eigenheiten des anderen, Ausbildung und Beruf, finanzielle Unabhängigkeit, Kenntnisse im bürgerlichen und Vermögensrecht, Kenntnis des sozialen Netzes des Einzugsbereiches, Bereitschaft zu Aus- und Weiterbildung, Bereitschaft zum Engagement bei auftretenden Problemen wie finanziellen Schwierigkeiten, z.B. Rückabwicklung von Rechtsgeschäften, Durchführung von Rentenverfahren, Vermögensanlage, Haushaltsauflösung, Möbelverkauf, Unterbringungsentscheidungen, Fragen der Heilbehandlung, Inkaufnahme von alters- oder krankheitsbedingten Symptomen des Betreuten (z.B. übersteigertes Misstrauen, Kommunikationsstörungen).Bienwald hat in der 2. Auflage seines Kommentars zum Betreuungsrecht (1994) folgende Eigenschaften referiert:


Sorgfalt, Aufmerksamkeit, Umsichtigkeit, Genauigkeit, Geduld, Verständnis für die Eigenheiten des anderen,Zulassen eigener Bedürfnisse (in Konkurrenz zu den Wünschen des Betreuten), Nähe und Distanz halten können, Pünktlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Kontaktfreudigkeit, persönliche Reife, Bereitschaft, für behinderte Menschen tätig zu sein, Belastbarkeit, hohe Frustrationstoleranz, medizinische Kenntnisse, Selbstregulation der eigenen Psychohygiene, Kritikfähigkeit, Flexibilität, Realitätsbezogenheit, lebenspraktische Kenntnisse und Fähigkeiten, Selbstständigkeit, Bereitschaft zu verantwortungsbewusstem „Tun“, Reflexionsvermögen, sowie Genauigkeit und der Bereitschaft zu Aus- und Weiterbildung, Kenntnisse der Möglichkeiten der Sozialarbeit, Kenntnisse der Grundzüge der Rechtsordnung und der Gerichtsbarkeit, wirtschaftliche Grundkenntnisse, Kenntnis der öffentlichen Verwaltung, Kenntnis des sozialen Netzes des Einzugsbereichs, medizinische Kenntnisse, psychiatrische Kenntnisse und heilpädagogische Kenntnisse.Für die Personen, die berufsmäßig Betreuungen führen, entwickelte sich nach Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes die allgemein gebräuchliche Bezeichnung „Berufsbetreuer“. Ein großer Teil hiervon ist in den beiden Vereinen „Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V. (BdB)“ und „Verband freiberuflicher Betreuer/innen e.V. (VfB)“ zusammengeschlossen, welche die sich dann entwickelte Diskussion um die Formulierung eines für alle Berufsbetreuer einheitlichen Berufsbildes forcierten[142].Auftrieb erhielt die Diskussion um Berufsbilder und die Einführung formaler Mindestqualifikation auch durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1998, obwohl dieses keine entsprechenden Festlegungen einführte, sondern lediglich die in § 8 Sätze 2 und 3 BtBG geregelte unterstützende Funktion der Betreuungsbehörde bei der Gewinnung und Bestellung geeigneter Betreuer durch den neuen § 1897 Abs. 7 BGB dahingehend verstärkte, dass das Vormundschaftsgericht vor der erstmaligen Bestellung eines Berufsbetreuers die Betreuungsbehörde zu dessen Eignung anhören soll. Doch sind durch die in § 1 des als Artikel 2 a des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes eingeführten Berufsvormündervergütungsgesetzes enthaltene Staffelung des Stundensatzes für die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung nach formalen Qualifikationen (abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung bzw. abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung) und die durch § 2 dieses Gesetzes ermöglichten Vorschriften verschiedener Länder über die Nachqualifizierung bereits tätiger Berufsbetreuer (Berufsvormünder) erstmals formale Qualifikationen (Ausbildungsabschlüsse) vom Gesetzgeber (wenn auch „nur“ für die Vergütung) ausdrücklich als relevant angesehen worden. Dem gemäß heißt es in der vom BdB in Auftrag gegebenen Studie des Instituts für freie Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen – Nürnberg:


„Dagegen entfaltet das derzeitige Instrument der Nachqualifizierung sowohl eine rechtliche Bindungswirkung und befördert zudem die Prozesse der Qualitätssicherung und der Professionalisierung durch die Akademisierung des Berufsstandes“[143].BdB und VfB haben zwischenzeitlich einen gemeinsamen Entwurf für ein Berufsbild[144] erarbeitet, der etwa personale sowie fachliche und methodische Kompetenzen auflistet, die der Berufsbetreuer aufweisen soll. Ziel sei dabei, die Einführung eines Fachberufs „Betreuung“ mit formalisierter Eingangsqualifikation, die auf Hochschulniveau angesiedelt sein soll[145]. Neben standespolitischen Gesichtspunkten (Einkom­menssicherung) werden derartige Überlegungen als Teil einer weiteren Professionalisierung zur Sicherung der Qualität der Betreuungsarbeit gesehen.Dabei stellt sich das Problem, ob es möglich und erforderlich ist, aus den genannten und weiteren Kriterien eine Mindestqualifikation und ein einheitliches Berufsbild zu errichten und gesetzlich zu normieren.Im Hinblick auf die starken Einflussmöglichkeiten des Betreuers auf die von seiner Hilfe abhängigen Betreuten verlangt die Führung einer Be­treuung ein hohes Maß an Zuverlässigkeit. Deshalb und angesichts auch in den Medien berichteter Fälle, in denen Betreuer ihre Stellung und ihre Befugnisse missbraucht haben, ergibt sich des Weiteren das Problem, ob durch Formulierung von Ausschlusstatbeständen oder Mindestanforderungen unzuverlässige Personen von der Tätigkeit als Berufsbetreuer ferngehalten werden können. Diese Frage ist jedoch von derjenigen der Einführung positiver Qualifikationsanforderungen zu trennen und nicht mit dieser zu verwechseln.II.Mögliche Reformansätze


Gesetzestechnisch wäre eine Regelung denkbar, in der im BGB, etwa in § 1897 in einem neuen Absatz 8 oder in einem geänderten Absatz 6, Eigenschaften im Sinne persönlicher bzw. fachlicher Kompetenzen aufgelistet werden, wie sie in der Literatur[146] und der Berufsbilddiskussion entwickelt worden sind[147]. Stattdessen könnten auch formale Mindestqualifikationen zwingend vorgeschrieben werden[148]. Als Mindestqualifikation könnte dabei das Bestehen einer Abschluss- oder Berufszugangsprüfung normiert werden, die einen Ausbildungs- bzw. Fortbildungsgang abschließt.Bei den zu vermittelnden Inhalten käme dabei eine Anknüpfung an die in mehreren Bundesländern erlassenen Regelungen zur Nachqualifizierung in Betracht. So sieht etwa Absatz 4 Satz 1 des durch Gesetz vom 13. De­zember 2001 eingeführten § 5 des baden-württembergischen Ausführungsgesetzes zum Betreuungsgesetz vor, dass die Nachqualifizierung Kenntnisse in den Bereichen rechtliche Grundlagen der Betreuungsarbeit (materielles und formelles Betreuungsrecht), Berufsrecht für Berufsbetreuer, Grundzüge des Sozialrechts, Grundzüge des sonstigen Familienrechts, des Miet- und Erbrechts, pädagogische, psychologische und medizinische Grundlagen der Betreuungsarbeit (Krankheitsbilder und Therapieoptionen, Grundlagen der Heilpädagogik und Arbeit mit Suchtkranken), Methoden der professionellen Betreuungsarbeit, Konzepte der Beratung und Betreuung, Krisenintervention, Gesprächsführung, Betreuungsplanung, Assessment und Evaluation, Qualitätssicherung,

Organisation der Betreuungsarbeit (Büroorganisation, Grundlagen des Steuerrechts, Haftungsrecht, EDV-gestütztes Arbeiten im Betreuungswesen) vermitteln soll.


Zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen in der Tätigkeit als Berufsbetreuer könnten im Gesetz bestimmte Ausschlussgründe normiert werden, etwa das Vorliegen – bestimmter – Vorstrafen oder die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, oder umgekehrt positive Anforderungen gestellt[149], oder geregelt werden, dass das Vormundschaftsgericht bzw. die Betreuungsbehörde vor Bestellung eines Berufsbetreuers ein Führungszeugnis sowie eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis einholen sollen, um Erkenntnisse über eine mögliche Unzuverlässigkeit zu gewinnen.III.Empirische Erkenntnisse


Zwischenzeitlich liegen auch Untersuchungen zur Qualifikation von Berufsbetreuern vor. Im Rahmen der vom Bundesministerium der Justiz erstellten rechtstatsächlichen Untersuchung des ISG wurde als Ergebnis der schriftlichen Befragung von Behörden und Vereinen und der Auswertung der beigezogenen Gerichtsakten festgestellt, dass 73% der Betreuer, deren Qualifikation bekannt war, über einen verwertbaren Hochschulabschluss, 17% über eine abgeschlossene Ausbildung und 10% über keine Ausbildung verfügten[150]. Dabei ergaben sich große Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern: Während in den alten Bundesländern 81% ein abgeschlossenes Studium, 5% eine abgeschlossene Ausbildung und 14% keine Ausbildung aufwiesen, betragen die entsprechenden Zahlen für die neuen Bundesländer 53%, 40% und 7%. Von den Berufsbetreuern mit abgeschlossenem Studium haben dabei 35,1 % einen Abschluss in Sozialarbeit oder Sozialpädagogik und 12 % in Jura[151]. Bei den Betreuern mit sonstiger abgeschlossener Ausbildung liegt eine noch breitere Streuung vor. Es dominieren dabei neben Facharbeiterberufen die Abschlüsse Kaufmann, Krankenschwester/-pfleger, Erzieher und Altenpfleger.Zieht man zum Vergleich die Berufsausbildung der Mitglieder des BdB heran, so sind von den befragten Mitgliedern, die entsprechende Angaben gemacht haben, 39% Sozialpädagogen/-arbeiter, 11% haben einen wirtschaftswissenschaftlichen oder kaufmännischen Ausbildungshintergrund, 9% sind Erzieher und Pädagogen sowie 7% Juristen[152]. Nach diesen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass Sozialarbeiter und -pädagogen zwar die mit Abstand größte Gruppe der Berufsbetreuer darstellen, jedoch nicht die Mehrheit und dass insgesamt eine äußerst große Heterogenität der Berufsausbildungen der Berufsbetreuer gegeben ist.Die Studie des ISG hat auch ergeben, dass die Antworten von Betreuern, Rechtspflegern und Richtern auf die Fragen, was ein Betreuer braucht, um Betreuungen führen zu können und ob ein eigenes Berufsbild erforderlich ist, sowohl zwischen als auch innerhalb dieser Gruppen sehr unterschiedlich ausfallen[153].IV.Bewertung


Die Arbeitsgruppe hält gesetzliche Regelungen zur Einführung einer Mindestqualifikation oder eines Berufsbildes weder für sinnvoll noch für erforderlich. Das jetzige allgemeine Kriterium der Eignung reicht als gesetzliche Regelung aus.Um unzuverlässige Personen besser von der Führung einer Betreuung abhalten zu können, schlägt die Arbeitsgruppe eine Ergänzung des § 1897 Abs. 7 BGB dahingehend vor, dass die Betreuungsbehörde im Rahmen ihrer Beteiligung vor der erstmaligen Bestellung eines Berufsbetreuers diesen auffordern soll, ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis vorzulegen.Maßgebend für dieses Ergebnis sind folgende Überlegungen:#

    1. Die Einführung einer Mindestqualifikation als Voraussetzung für die Bestellung zum Berufsbetreuer ist ebenso wie eine gesetzliche Regelung der Tätigkeit des Berufsbetreuers als „(akademischer) Fachberuf“ mit der Grundkonzeption der gesetzlichen Regelung des Betreuungsrechts nicht vereinbar. Diese geht davon aus, dass die Betreuung grundsätzlich von einem ehrenamtlichen Betreuer unentgeltlich geführt wird; die Berufsbetreuung ist subsidiär; §§ 1897 Abs. 6 Satz 1, 1908 i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch in der Rechtswirklichkeit werden die Mehrzahl der Betreuungen ehrenamtlich geführt[154]. Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass eine ehrenamtlich tätige Person ohne formelle Qualifikation grundsätzlich in der Lage ist, eine Betreuung zu führen. Es bestünde die Gefahr, dass die nach dem Gesetz vorrangige ehrenamtliche Betreuung als „zweitklassig“ angesehen würde und deren Fortexistenz nicht sichergestellt werden könnte. Jeder Betreute wäre geneigt zu fragen, warum er statt eines „qualifizierten“ Berufsbetreuers lediglich einen „unqualifizierten“ ehrenamtlichen Betreuer erhalte.

Hier ist auch zu berücksichtigen, dass die Gewährung einer Vergütung für den Berufsbetreuer im Grundsatz nicht darauf beruht, dass dieser im Vergleich zum ehrenamtlichen Betreuer besonders qualifiziert sein muss, sondern auf der gegenüber diesen höheren zeitlichen Inanspruchnahme, welche die berufsmäßige Wahrnehmung der mit den übertragenen Betreuungen verbundenen Aufgaben erforderlich macht. Dies ergibt sich aus § 1836 Abs. 1 Satz 4 BGB. Nach dem Berufsvormündervergütungsgesetz ist die Frage der Qualifikation „nur“ für die Höhe der Vergütung relevant.


Die bei einer gesetzlichen Regelung allein sinnvolle Einführung einer einheitlichen Mindestqualifikation passt auch nicht zu dem Umstand, dass sich – wie sich aus § 1897 Abs. 1 BGB ergibt – die Eignung des Betreuers an den konkreten Anforderungen der Betreuung auszurichten hat[155]. Die in dem jeweiligen Einzelfall erforderliche Qualifikation kann demnach nur konkret festgestellt und geprüft werden.


Auch in der Rechtswirklichkeit ist davon auszugehen, dass die Aufgaben, die vom Berufsbetreuer wahrgenommen werden und die Qualifikation, die diese gegenwärtig aufweisen, derart verschieden sind, dass die Normierung von einheitlichen Qualifikationsanforderungen nicht sinnvoll erscheint:


Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es immer noch eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Betreuungen gibt und auch künftig geben wird, die nicht mit so hohen Anforderungen verbunden sind, dass sie eine, womöglich akademische Berufsqualifikation erfordern, die aber dennoch, mangels Verfügbarkeit von ehrenamtlichen Betreuern, von Berufsbetreuern geführt werden. Auch zeigen die oben unter III. referierten Erhebungen, dass die Berufsausbildung der Berufsbetreuer insgesamt eine bemerkenswerte Bandbreite und Heterogenität aufweist, was gegen die Annahme spricht, es könnten einheitliche inhaltliche Qualifikationsanforderungen und sei es im Sinne einer Mindestqualifikation zwingend vorgeschrieben werden. Insbesondere erscheint danach auch aus tatsächlichen Gründen die Annahme nicht gerechtfertigt, dass Grundlage einer Normierung eines „Fachberufs“ die Sozialarbeit sein könnte.


Schließlich ist auch nicht dargetan, dass eine gesetzliche Normierung von Qualifikationsanforderungen im Sinne der Einführung eines Fachberufs zur Sicherung der Qualität der Betreuungsarbeit erforderlich ist. Hier sind auch andere Maßnahmen denkbar, etwa die Einführung einer Betreuungsplanung.


Es ist deshalb davon auszugehen, dass nach wie vor die Feststellung der Eignung im konkreten Fall durch die Betreuungsbehörde und das Vormundschaftsgericht ausreicht. Die Einführung zentraler Zulassungsstellen oder eines Berufsregisters erscheint daher weder erforderlich noch sinnvoll.


Die gesetzliche Normierung von bestimmten Eigenschaften (wie Menschenkenntnis, Konfliktfähigkeit oder Verantwortungsbewusstsein) erscheint schließlich auch deshalb nicht sinnvoll, weil solche Regelungen derart allgemein und wenig justitiabel wären, dass von ihnen letztlich kein Gewinn zu erwarten ist.


Dem gemäß erscheint es anstelle möglicher gesetzlicher Regelungen sinnvoller, dass die Diskussion über Berufsbilder und Qualifikationsanforderungen weiter insbesondere auf der Ebene der Berufsverbände geführt wird und diese unter Umständen für ihre Mitglieder auch Entsprechendes formulieren. Sollten entsprechende Maßnahmen in Verbindung mit anderen Vorschlägen (etwa von Verbänden geführte Berufsregister, in denen sich Berufsbetreuer registrieren lassen können, wenn sie u.a. bestimmte Fortbildungen absolviert haben) tatsächlich zu einer besseren Eignung führen, ist davon auszugehen, dass sich diese Betreuer „am Markt“ durchsetzen, indem sie von der Betreuungsbehörde vorgeschlagen bzw. vom Vormundschaftsgericht bestellt werden. Gesetzgeberisches Handeln ist dabei nicht veranlasst. Sinnvoll kann es hingegen sein, derartige Fragen zum Gegenstand der Arbeit örtlicher Arbeitsgemeinschaften zu machen, wo in der Zusammenarbeit von Vormundschaftsgericht, Betreuungsbehörden, Berufsbetreuern und Betreuungsvereinen entsprechende Konzepte erarbeitet und auf freiwilliger Basis umgesetzt werden können. Auch die Frage, ob die Betreuungsbehörden über § 1897 BGB hinausgehende Eignungsprofile entwickeln und ihrer Beurteilung zu Grunde legen, sollte der Entwicklung im Rahmen der Betreuungsbehörden vorbehalten bleiben.


Hinsichtlich möglicher gesetzgeberischer Maßnahmen zur Verhinderung der Bestellung unzuverlässiger Personen erscheint die ausdrückliche Normierung des Kriteriums „Zuverlässigkeit“ in einer Generalklausel über die Forderung der „Eignung“ hinaus, da in dieser bereits enthalten, überflüssig und nicht weiterführend. Angesichts der unterschiedlichen Anforderungen, die die Vielzahl möglicher Aufgabenkreise an die Frage der persönlichen Eignung auch im Sinne der Zuverlässigkeit stellt, sollten auch keine zwingenden Ausschlussgründe normiert werden. Um Mindestanforderungen an die Zuverlässigkeit sicherstellen zu können, ist es hingegen sinnvoll, dass die Betreuungsbehörde vor der erstmaligen Bestellung eines Berufsbetreuers im Rahmen ihrer Beteiligung nach § 8 BtBG den potentiellen Berufsbetreuer auffordert, eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis sowie ein Führungszeugnis vorzulegen, worin auch eine Maßnahme zur Stärkung der vorbeugenden Aufsicht über die Berufsbetreuer zu sehen ist. Wird der Aufforderung keine Folge geleistet, so kann dann die Behörde selbst nach § 31 Satz 1 BZRG ein Führungszeugnis einholen. Dabei erscheint es angebracht, diese Regelung auf Berufsbetreuer zu beschränken, da nur diese im Gegensatz zu den ehrenamtlichen Betreuern originäre finanzielle Interessen (Sicherung des Einkommens über die Führung der Betreuung) haben und aufgrund des Umstands, dass sie im Gegensatz zu den ehrenamtlichen Betreuern in einer Vielzahl von Fällen tätig werden, die Gefahr eines möglichen Missbrauchs potenziert wird.


Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb vor, dem § 1897 Abs. 7 BGB folgenden Satz anzufügen:


„Die zuständige Behörde soll die Person auffordern, ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis vorzulegen.“

Kapitel 10:Reform der Betreuungsstruktur


I.Problem


Das Betreuungsrecht weist vier Institutionen Aufgaben zu: den Betreuungsbehörden, Betreuungsvereinen und Betreuern sowie dem Vormundschaftsgericht. Zentrale Stelle ist das Vormundschaftsgericht, in dessen Zuständigkeit sich die wesentlichen Aufgaben bündeln. Diese zentrale Rolle des Vormundschaftsgerichts ist historisch bedingt[156]. Das Betreuungsgesetz hat die Strukturen der Vormundschaft übernommen, wie sie seit dem Inkrafttreten des BGB im Wesentlichen unverändert bestanden. Die Neugestaltung des Vormundschaftsrechts hat jedoch die materiell-rechtlichen Anforderungen in erheblicher Weise modifiziert. Für die Beurteilung betreuungsrechtlicher Sachverhalte nach der Reform von 1992 stehen juristische Fachkenntnisse nicht im Mittelpunkt. Wesentlich sind häufig vielmehr folgende Fragestellungen:


-Über welche Fähigkeiten verfügt der Betroffene trotz seiner Erkrankung?


-Welche anderweitigen Hilfen können für ihn organisiert werden?


-Was kann getan werden, um den Betroffenen in die Selbständigkeit zu entlassen?


-Kann der Betroffene noch allein in seiner Wohnung zurecht kommen?


-Welche – wirklichen – Wünsche hat der Betroffene?


-Ist die Führung der Betreuung inhaltlich sinnvoll?


-Für die Querschnittsarbeit ist zudem maßgebend, wie ein möglichst großer Personenkreis über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen informiert werden kann und welche Möglichkeiten bestehen, ehrenamtliche Betreuer zu gewinnen, in ihre Tätigkeit einzuführen und fortzubilden.


Die Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts sind damit von Voraussetzungen abhängig, die es selbst nicht schaffen kann. Der Vorrangstellung der Vormundschaftsgerichte fehlt deshalb die inhaltliche Berechtigung. Es geht vielmehr um komplexe Problematiken, die auf der Ebene der Betreuungsbehörden und Betreuungsvereine eigenverantwortlich zu lösen sind. Diese Funktion geht weit über das hinaus, was das BGB zum 01.01.1900 den Gemeinden an Aufgaben zugewiesen hat. Die bloße Unterstützungsfunktion ist einem originären Zuständigkeitsprofil gewichen, das eine Verzahnung aller im Betreuungsbereich Beteiligten erfordert.


Fazit:


Das Betreuungsgesetz hat zwar das Vormundschaftsrecht inhaltlich revolutioniert, die zur Umsetzung erforderlichen Strukturen aber nicht geschaffen. Das führt zu Qualitätsverlusten und einem wenig effizienten Verfahren zur Feststellung der Betreuungsbedürftigkeit und des Betreuungsbedarfs.


II.Diskussionsverlauf und Lösungsansätze


1.Einbindung der Kommunen


Die Arbeitsgruppe hat in ihrem Zwischenbericht dargelegt, dass einer Verlagerung von Aufgaben von den Vormundschaftsgerichten auf die Betreuungsbehörden grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen, und angeregt, in eine breit angelegte Fachdiskussion einzutreten, die – selbstverständlich – die finanziellen Auswirkungen mit einbezieht[157].


Die inhaltliche Diskussion ist von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Betreuungsbehörden und Betreuungsvereine im gesamten Bundesgebiet mit großem Interesse aufgenommen worden. In der Klausurtagung am 06./07.11.2002 hat die Arbeitsgruppe zwei Modelle zur Diskussion gestellt: „Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz“ und „Vollübertragung der Aufgaben“. Die Anregung, die Betreuungsbehörden als Eingangsinstanz vorzusehen, fand inhaltlich uneingeschränkt Zustimmung. Der weitergehende Vorschlag für eine Vollübertragung der Aufgaben wurde teilweise begrüßt, stieß aber auch auf Ablehnung. Die Betreuungsbehörden hätten zwar eine Empfehlungs- und damit auch Entscheidungskompetenz. Zu vernachlässigen sei aber nicht, dass die Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen groß sei. Gerichte würden als die zu einer Entscheidung berufene Instanz angesehen, Behörden könnten jedoch in der Regel bürgernäher arbeiten.


Da der inhaltliche Disput nicht von der Frage getrennt werden kann, welche Auswirkungen eine Aufgabenverlagerung auf den personellen und sachlichen Ausstattungsbedarf der Kommunen hat und wie dieser zu finanzieren ist, hat die Arbeitsgruppe versucht, eine tatsächliche Grundlage zu schaffen. In Absprache mit den Vertreterinnen und Vertretern der Sozialministerkonferenz sollten diese den Status quo der Betreuungsbehörden feststellen, um zu einer Bestandsaufnahme der Gesamtaufwendungen im Betreuungswesen zu gelangen.


Die Arbeitsgruppe hat deshalb alle Betreuungsbehörden Deutschlands angeschrieben, um Mitteilung der Einwohnerzahl, der Betreuungsfallzahlen, der Anzahl, Qualifikation und Bezahlung der Mitarbeiter (ohne Schreibkräfte) gebeten und den Hintergrund der Anfrage eingehend erörtert. Ungefähr die Hälfte der Betreuungsbehörden haben die gestellten Fragen beantwortet[158]. Im Übrigen sind die Betreuungsbehörden der Empfehlung des Deutschen Landkreistages, des Deutschen Städtetages und der Landkreistage Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, an der Befragung nicht teilzunehmen, gefolgt und haben das erbetene Zahlenmaterial nicht zur Verfügung gestellt. Eine solide Bestandsaufnahme der Betreuungsbehördenlandschaft Deutschlands kann die Arbeitsgruppe deshalb nicht vorlegen.


2.Mittelzuweisung und kommunale Selbstverwaltung


Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe die Auffassung der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene zur Kenntnis genommen, dass den Kommunen zwar die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden müssten, es diesen aber überlassen bleibe, ob die Mittel für die Betreuungsstelle verwendet würden. Das folge aus der kommunalen Selbstverwaltung. Diese Auffassung teilt die Arbeitsgruppe in ihrer Allgemeinheit nicht. Ein differenzierter Ansatz dürfte zutreffend sein:


    1. Die Zweckbindung von Finanzmitteln, die den Kommunen zur Erfüllung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis zugewiesen werden, sowie zusätzliche Vorgaben für die Verwendung dieser Mittel sind verfassungsrechtlich vorrangig an dem durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Recht der Kommunen auf Selbstverwaltung zu messen.

Zu diesem Recht auf Selbstverwaltung gehört auch die Finanzhoheit, die in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG besonders hervorgehoben wird. Sie umfasst insbesondere die Befugnis der Kommunen zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft[159], also auch die Entscheidungsfreiheit darüber, für welche Ziele welche Mittel in welcher Höhe verwendet werden sollen[160]. Daneben ist nach der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte aus der Finanzhoheit auch ein Recht der Kommunen auf eine ihren Aufgaben angemessene Finanzausstattung herzuleiten[161]; dem Landesgesetzgeber steht allerdings insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zu[162].
Die kommunale Selbstverwaltung ist gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG lediglich „im Rahmen der Gesetze“ gewährleistet. Demnach sind auch Beschränkungen der finanziellen Eigenverantwortlichkeit der Kommunen auf gesetzlicher Grundlage zulässig. Dabei muss jedoch der Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts unangetastet bleiben; der Gesetzgeber darf die Selbstverwaltung in ihrem Wesensgehalt nicht „aushöhlen“[163]. Unzulässig wären deshalb Regelungen, die eine eigenständige finanzielle Gestaltungsfähigkeit der Kommunen im Ergebnis „ersticken“ würden[164]. Im Übrigen müssen Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht auf das sachlich notwendige Maß beschränkt bleiben und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten[165].

    1. Die Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte geht davon aus, dass zweckgebundene Zuweisungen grundsätzlich mit dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung vereinbar sind. Soweit der Landesgesetzgeber seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung, für eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen, (auch) durch die Zuweisung zweckgebundener Mittel für Aufgaben des eigenen Wirkungskreises nachkommt, greift er damit in die finanzielle Eigenverantwortlichkeit der Kommunen, die Teil ihres Selbstverwaltungsrechts ist, ein.

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat Zweckzuweisungen in ständiger Rechtsprechung als verfassungskonformen Bestandteil des kommunalen Finanzausgleichs angesehen[166]. Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat gegen die Finanzausstattung der bayerischen Gemeinden, die neben anderen Finanzierungsquellen auch auf zum Teil zweckgebundenen staatlichen Zuweisungen nach dem Finanzausgleichsgesetz beruht, keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben[167].
Mit dieser Rechtsprechung steht die bisherige Staatspraxis in Bayern, Nordrhein-Westfalen und anderen Ländern im Einklang. So erhalten die bayerischen Kommunen derzeit nach dem Finanzausgleichsgesetz zweckgebundene Zuweisungen für verschiedene Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wie etwa den Bau von Schulen und Kindergärten (Art. 10 FAG ), von Abfallentsorgungsanlagen (Art 10c FAG) und von Kreis- und Gemeindestraßen (Art. 13b FAG). Die Mittelvergabe erfolgt jeweils durch Verwaltungsakt, der im Falle einer zweckwidrigen Verwendung widerrufen werden kann.
Der Rechtsprechung und der Staatspraxis folgend ist davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen des Gestaltungsspielraums, der ihm hinsichtlich der Finanzausstattung der Kommunen zukommt, grundsätzlich auch zweckgebundene Zuweisungen zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe des eigenen Wirkungskreises vorsehen kann.
Allerdings kann im Hinblick auf die Finanzhoheit der Kommunen von dieser Möglichkeit nicht schrankenlos Gebrauch gemacht werden. Je mehr sich die Finanzausstattung der Gemeinden insgesamt der Grenze der verfassungsrechtlichen Unangemessenheit nähert und je mehr Gemeinden einen unausgeglichenen Haushalt haben, desto zurückhaltender muss der Gesetzgeber mit Zweckzuweisungen sein, um den Handlungsspielraum der Gemeinden nicht zusätzlich einzuengen[168].


Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums hinsichtlich der Finanzausstattung der Kommunen kann der Landesgesetzgeber grundsätzlich auch den Umfang und die Voraussetzungen zweckgebundener Zuweisungen für die Erfüllung bestimmter Aufgaben regeln. Es ist daher denkbar, die Gewährung von Zuweisungen von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen, die gesetzlich unmittelbar geregelt oder auf gesetzlicher Grundlage etwa durch Auflagen festgelegt werden könnten.


Allerdings greifen solche Zuweisungsbedingungen, soweit sie die Erfüllung einer Aufgabe im eigenen Wirkungskreis betreffen, in das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen ein und haben daher insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die verfassungsrechtliche Beurteilung derartiger Eingriffe hängt einerseits davon ab, in welchem Maße die zuständigen Kommunen auf die betreffenden Finanzmittel angewiesen wären, um ihren Aufgaben in angemessener Weise nachkommen zu können. Zum anderen ist entscheidend, ob hinreichend gewichtige Gründe des Gemeinwohls dargelegt werden könnten, die derart detaillierte staatliche Vorgaben für die Aufgabenerfüllung durch die Kommunen unumgänglich notwendig erscheinen lassen.


Fazit und Konsequenzen:


Aufgrund der Empfehlungen des Deutschen Landkreistages, des Deutschen Städtetages und der Landkreistage Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ist es der Arbeitsgruppe nicht möglich, ein Gesamtkonzept für eine Aufgabenverlagerung vorzulegen, das neben den inhaltlichen Fragen auch finanzielle Aspekte berücksichtigt.


Die Arbeitsgruppe beschränkt sich deshalb auf die Darstellung von gesetzlichen Modellen zu einer Aufgabenverlagerung:


  • Modell 1 umfasst die Institutionalisierung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz und darauf aufbauend der Übernahme weiterer Teilbereiche ohne Zuweisung einer Entscheidungskompetenz.
  • Modell 2 umfasst die Verlagerung aller Aufgaben mit Ausnahme der verfassungsrechtlich der Richterschaft vorbehaltenen Zuständigkeiten.

Die Arbeitsgruppe bezeichnet die nachfolgenden Gesetzesentwürfe bewusst nicht als Vorschläge, sondern Modelle, um den weitergehenden Diskussionsbedarf herauszustellen.


Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die notwendige weitere Diskussion im politischen Raum zu führen und ggf. die anderen Fachministerkonferenzen zu beteiligen.

III.Modell 1 – Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz


Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Betreuungsrechtes


Artikel 1


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert[169]:


§ 1896 Absatz 1


Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Vormundschaftsgericht für ihn einen Betreuer. Soweit der Volljährige auf Grund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur mit Zustimmung des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.


§ 1901 Absatz 5 wird eingefügt


Bei einer entgeltlich geführten Betreuung ist der Betreuer in geeigneten Fällen verpflichtet, einen Betreuungsplan zu erstellen. In dem Betreuungsplan sind die Ziele der Betreuungsführung und die Möglichkeiten ihrer Erreichung gegenüber der Betreuungsbehörde darzulegen. § 1840 Abs. 1 BGB gilt entsprechend.


§ 1908d Absatz 2


Ist der Betreuer mit Zustimmung des Betreuten bestellt, so ist die Betreuung auf dessen Antrag aufzuheben, es sei denn, dass eine Zustimmung des Betreuten nicht mehr erforderlich ist. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Die Sätze 1 und 2 gelten für die Einschränkung des Aufgabenkreises entsprechend.

§ 1908l


Das Vormundschaftsgericht wird im Falle der Bestellung eines Betreuers (§ 1896), Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung (§1908d Abs. 3), Beschränkung des Aufgabenkreises der Betreuung (§1908d Abs. 1 S. 2), Aufhebung der Betreuerbestellung (§1908d Abs. 1 S. 1, Abs. 2), Entlassung des Betreuers (§ 1908b) und der Genehmigung der Beendigung eines Mietverhältnisses des Betreuten über Wohnraum und der Genehmigung von Miet- und Pachtverträgen (§ 1907), nur auf Antrag der zuständigen Behörde tätig. Das Vormundschaftsgericht ist inhaltlich an den Antrag nicht gebunden. Der Antrag kann nicht zurückgenommen werden.


Artikel 2


Änderung des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger


Das Gesetz über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 1990 (BGBl. I 2002, 2025), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt neu gefasst:


„I. Behörden


§1


Welche Behörde auf örtlicher Ebene in Betreuungsangelegenheiten zuständig ist, bestimmt sich nach Landesrecht. Die zuständige Behörde ist auch in Unterbringungsangelegenheiten im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig.


§ 2


Zur Durchführung überörtlicher Aufgaben oder zur Erfüllung einzelner Aufgaben der örtlichen Behörden können nach Landesrecht weitere Behörden vorgesehen werden.


II. Örtliche Zuständigkeit


§ 3


(1) Örtlich zuständig ist diejenige Behörde, in deren Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat der Betroffene im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist ein solcher nicht feststellbar oder betrifft die Maßnahme keine Einzelperson, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk das Bedürfnis für die Maßnahme hervortritt. Gleiches gilt, wenn mit dem Aufschub einer Maßnahme Gefahr verbunden ist.


(2) Ändern sich die für die örtliche Zuständigkeit nach Absatz 1 maßgebenden Umstände im Laufe eines gerichtlichen Betreuungs- oder Unterbringungsverfahrens, so bleibt für dieses Verfahren die zuletzt angehörte Behörde allein zuständig, bis die nunmehr zuständige Behörde dem Gericht den Wechsel schriftlich anzeigt.


III. Aufgaben der örtlichen Behörde


§ 4


(1) Die Behörde ermittelt auf Antrag oder von Amts wegen durch Aufklärung des Sachverhalts und Prüfung sozialer Alternativen, ob für den Betroffenen auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung die Bestellung eines Betreuers erforderlich ist. Den Antrag an die Behörde kann auch ein Geschäftsunfähiger oder beschränkt Geschäftsfähiger stellen.


(2) Die Behörde beantragt unter Darlegung des Sachverhalts und Benennung eines geeigneten Betreuers beim Vormundschaftsgericht die Einrichtung einer Betreuung bereits dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass eine Betreuung erforderlich ist. Lehnt die Behörde die Stellung eines Antrags ab, ist die ablehnende Entscheidung demjenigen Antragsteller mitzuteilen, der zum Kreis der in §§ 20 Abs. 1, 69g Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Genannten zählt.


§ 5


(1) Die Behörde kann dem Vormundschaftsgericht Umstände mitteilen, die andere vormundschaftsgerichtliche Maßnahmen erforderlich machen, soweit dies unter Beachtung berechtigter Interessen des Betroffenen nach den Erkenntnissen der Behörde erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen abzuwenden.


(2) Der Inhalt der Mitteilung, die Art und Weise ihrer Übermittlung und der Empfänger sind aktenkundig zu machen.


§ 6


Die Behörde unterstützt das Vormundschaftsgericht. Dies gilt insbesondere für die weitere Feststellung des Sachverhalts, den das Gericht für aufklärungsbedürftig hält, und für die Gewinnung geeigneter Betreuer. Wenn die Behörde vom Vormundschaftsgericht dazu aufgefordert wird, schlägt sie eine Person vor, die sich im Einzelfall zum Betreuer oder Verfahrenspfleger eignet.


§ 7


Die Behörde berät und unterstützt die Betreuer auf ihren Wunsch bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, insbesondere bei der Erstellung des Betreuungsplanes. Sie prüft die seitens der Betreuer eingereichten Betreuungspläne auf ihre Übereinstimmung mit dem Wohl des Betroffenen. Die Behörde kontrolliert im Bedarfsfalle in regelmäßigen Abständen, ob der Betreuer die zur Zielerreichung erforderlichen Maßnahmen ergreift.


§ 8


Die Behörde sorgt dafür, dass in ihrem Bezirk ein ausreichendes Angebot zur Einführung der Betreuer in ihre Aufgaben und zu ihrer Fortbildung vorhanden ist.


§ 9


(1) Zu den Aufgaben der Behörde gehört es auch,


1.die Tätigkeit einzelner Personen sowie von gemeinnützigen und freien Organisationen zugunsten Betreuungsbedürftiger anzuregen und zu fördern;

2.die Aufklärung und Beratung über Vollmachten und Betreuungsverfügun-

gen zu fördern;

3.Personen bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsver-

fügung zu beraten.


(2) Die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde ist befugt, Unterschriften oder

Handzeichen auf Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen zu beglaubigen.

Dies gilt nicht für Unterschriften oder Handzeichen ohne dazugehörigen Text. Die

Zuständigkeit der Notare, anderer Personen oder sonstiger Stellen für öffentliche

Beurkundungen und Beglaubigungen bleibt unberührt.


(3) Die Urkundsperson soll eine Beglaubigung nicht vornehmen, wenn ihr in der

betreffenden Angelegenheit die Vertretung eines Beteiligten obliegt.


(4) Die Betreuungsbehörde hat geeignete Beamte und Angestellte zur Wahr-

nehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 zu ermächtigen. Die

Länder können Näheres hinsichtlich der fachlichen Anforderungen an diese

Personen regeln.


(5) Für jede Beglaubigung nach Absatz 2 wird eine Gebühr von 10 Euro erhoben;

Auslagen werden gesondert nicht erhoben. Aus Gründen der Billigkeit kann von der

Erhebung der Gebühr im Einzelfall abgesehen werden. Die Beratung nach Absatz 1

ist gebühren- und auslagenfrei.


(6) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die

Gebühren und Auslagen für die Beratung und Beglaubigung abweichend von Absatz

5 zu regeln. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 1 durch

Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.


§ 10


Die Aufgaben, die der Behörde nach anderen Vorschriften obliegen, bleiben unberührt. Zuständige Behörde im Sinne dieser Vorschriften ist die örtliche Behörde.


§ 11


(1) Lehnt die zuständige Behörde die Stellung des Antrags an das Vormundschaftsgericht gemäß § 4 Abs. 2 ab, oder entspricht die zuständige Behörde der Anregung auf Stellung eines Antrages an das Vormundschaftsgericht nicht binnen eines Monats, so kann die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts beantragt werden.


(2) Den Antrag an das Vormundschaftsgericht kann unbeschadet des § 20 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Ehegatte des Betroffenen, der Lebenspartner des Betroffenen und diejenigen, die mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt sind, stellen.


(3) Über den Antrag entscheidet das nach § 65 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständige Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht kann den nach § 4 Abs. 2 erforderlichen Antrag der Behörde durch Einleitung des Verfahrens ersetzen. Der Einleitungsbeschluss ist nicht anfechtbar.


Artikel 3


Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten

der freiwilligen Gerichtsbarkeit:


Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt Tei III, Gliederungsnummer 315-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch...wird wie folgt geändert:

1. In § 35 a Satz 4 wird die Zahl „7“ durch die Zahl „5“ ersetzt.


2. 68 b Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt neu gefasst:


„Hat der Betroffene die Bestellung eines Betreuers bei der zuständigen Behörde beantragt, genügt für die Bestellung eines Betreuers ein ärztliches Zeugnis, wenn der Betroffene auf die Begutachtung verzichtet hat und die Einholung des Gutachtens insbesondere im Hinblick auf den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers unverhältnismäßig wäre.“


3. § 69g Absatz 1 wird wie folgt neu gefasst:


„(1) Die Beschwerde gegen die Bestellung eines Betreuers, die nicht auf Antrag des Betroffenen erfolgt, die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes und eine Entscheidung, durch die die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes abgelehnt wird, steht unbeschadet des § 20 dem Ehegatten des Betroffenen, dem Lebenspartner des Betroffenen und denjenigen, die mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt sind, zu. Satz 1 ist auf die zuständige Behörde mit der Maßgabe anzuwenden, dass ihr die Beschwerde gegen jede Bestellung eines Betreuers zusteht. Macht der Vertreter der Staatskasse geltend, der Betreute könne anstelle eines nach § 1897 Abs. 6 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellten Betreuers durch eine oder mehrere andere geeignete Personen außerhalb einer Berufsausübung betreut werden, so steht ihm gegen einen die Entlassung des Betreuers ablehnenden Beschluss die Beschwerde zu.“


Artikel 4


Änderung des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz:


Das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


§ 71 Abs. 5 wird wie folgt neu gefasst:


„Eine Übermittlung von Sozialdaten ist auch zulässig, soweit es nach pflichtgemäßem Ermessen eines Leistungsträgers erforderlich ist, dem Vormundschaftsgericht eine vormundschaftsgerichtliche Maßnahme oder der zuständigen Behörde die Stellung eines Antrages an das Vormundschaftsgericht zur Bestellung eines Betreuers oder einer vormundschaftsgerichtlichen Maßnahme in Betreuungssachen zu ermöglichen. § 5 des Betreuungsbehördengesetzes gilt entsprechend.“


Begründung – Allgemeines


1.Anlass und Gegenstand der Strukturreform


Die Betreuungsbehörde wurde durch das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz – BtG) als eine tragende Säule des Betreuungsverfahrens ausgestaltet. In ihrer Tätigkeit ist die Betreuungsbehörde eng mit dem Vormundschaftsgericht verzahnt. Der Betreuungsbehörde obliegt es vor allem, dem Gericht die erforderlichen Kenntnisse über das soziale Umfeld und über betreuungsvermeidende Alternativen im sozialen Bereich zu verschaffen. Zudem werden sozialpädagogische Fachkenntnisse, die dem Vormundschaftsgericht in der Regel fehlen dürften, nutzbar gemacht. Je früher also die Betreuungsbehörde im Betreuungsverfahren tätig wird, umso eher wird das Vormundschaftsgericht über die Erforderlichkeit einer Betreuung aus sozialpädagogischer Sicht und über betreuungsvermeidende Alternativen im sozialen Bereich in Kenntnis gesetzt. Je eher das Vormundschaftsgericht diese Kenntnisse hat, desto früher wird es entscheiden können, ob und wann die weitere Durchführung des Betreuungsverfahrens mit all seinen Belastungen für den Betroffenen überhaupt notwendig ist. Eine frühzeitige Einbindung der Betreuungsbehörde führte damit zu einer Verstärkung des Grundrechtsschutzes des Betroffenen.


Erhält das Vormundschaftsgericht die Anregung, eine Betreuung einzurichten, so leitet es im Regelfall das Betreuungsverfahren ein und beauftragt grundsätzlich gemäß § 68 b Abs. 1 Satz 1 FGG einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Betreuungsbedürftigkeit aus fachärztlicher Sicht.


Das fachärztliche Gutachten wird dem Vormundschaftsgericht in der Regel nur Erkenntnisse darüber liefern, ob der Betroffene krankheitsbedingt abstrakt zur Besorgung eigener Angelegenheiten nicht in der Lage ist. Daneben steht es dem Vormundschaftsgericht frei, ob es die Betreuungsbehörde mit weiteren Sachverhaltsermittlungen gem. §§ 12 FGG, 8 Satz 2 BtBG, und damit mit der Festsstellung, ob der Betroffene konkret zur Besorgung eigener Angelegenheiten fähig ist, beauftragen will. Die Betreuungsbehörde könnte dem Vormundschaftsgericht Kenntnis darüber verschaffen, welche Vorkehrungen der Betroffene selbst getroffen hat oder welche Hilfen außerhalb der Betreuung bestehen. Die Betreuungsbehörde könnte unter Mitwirkung etwa des sozialpsychiatrischen Dienstes feststellen, dass der Betroffene an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidet. Sie könnte zudem weitere Ausführungen dazu machen, ob der Betroffene Vollmachten[170] erteilt hat, oder ob andere Hilfen im Sinne des § 1896 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. BGB bestehen. Ohne den Sozialbericht wird das Vormundschaftsgericht grundsätzlich nicht vollständig hierüber informiert sein. Mithin bestünde die Gefahr, dass das Vormundschaftsgericht auf der Grundlage des eingeholten medizinischen Gutachtens, eigener Ermittlungen und des bei der Anhörung und des Schlussgespräches gewonnenen Eindruckes einen Betreuer bestellt, obwohl soziale Alternativen – von denen es keine Kenntnis hat – zur Verfügung stünden. Damit wird selbstbestimmtes Handeln des Betroffenen durch fremdbestimmtes Handeln des Betreuers überflüssigerweise verdrängt.


Aber auch, wenn das Vormundschaftsgericht die Betreuungsbehörde mit der Sachverhaltsaufklärung beauftragt, besteht die Gefahr, dass der Sozialbericht der Behörde erst dann zur Akte gelangt, nachdem Anhörungen oder eine Untersuchung des Betroffenen bereits stattfanden, der Betroffene also durch das laufende Verfahren Belastungen in Form der Untersuchung, Anhörung und gegebenenfalls Vorführung in ungewohnter Umgebung erfahren hat.


Eine frühzeitige Einbindung und ein frühzeitiges Tätigwerden der Betreuungsbehörde im laufenden Betreuungsverfahren ist daher im Hinblick auf die verfahrensrechtliche Stärkung der Grundrechte des Betroffenen angezeigt.


2.Geltendes Recht


Die Betreuungsbehörde ist nach geltendem Recht in vielfacher Weise am Verfahren zur Bestellung eines Betreuers beteiligt. Die Beteiligung reicht von bloßen Beratungsaufgaben bis zur Führung der Betreuung. Nachfolgende Darstellung soll zunächst die jetzigen Mitwirkungsbefugnisse und Aufgaben der Betreuungsbehörde darstellen, um im Anschluss daran eine strukturelle Veränderungsmöglichkeit in Form der Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz aufzuzeigen.


a)Einleitung des Betreuungsverfahrens


Die Betreuungsbehörde nimmt schon nach geltendem Recht eine Filterfunktion wahr[171]. Gem. § 7 BtBG kann die Betreuungsbehörde dem Vormundschaftsgericht Umstände mitteilen, die die Bestellung eines Betreuers oder eine andere vormundschaftsgerichtliche Maßnahme erforderlich machen, soweit dies unter Beachtung berechtigter Interessen des Betroffenen nach den Erkenntnissen der Betreuungsbehörde erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen abzuwenden. Die Betreuungsbehörde hat demnach zu prüfen, ob für den Betroffenen ein Betreuer gem. § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB zu bestellen ist. Dabei hat die Betreuungsbehörde das Erforderlichkeitsprinzip des § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB zu beachten. Sie hat zu prüfen, ob andere Möglichkeiten zur Vermeidung einer Betreuung vorhanden sind, und diese bejahendenfalls anzuregen oder – bei eigener Zuständigkeit – selbst zu organisieren. Stellt sich nach Prüfung heraus, dass zwar ein Handlungsbedarf besteht, die Einrichtung einer Betreuung oder eine andere vormundschaftsgerichtliche Maßnahme zur Abwehr einer Gefahr für das Wohl des Betroffenen ungeeignet oder außer Verhältnis zum beabsichtigten Vorteil steht, hat sie die Erforderlichkeit der Betreuerbestellung oder einer anderen vormundschaftsgerichtlichen Maßnahme zu verneinen und eine Mitteilung an das Vormundschaftsgericht zu unterlassen. Sofern die Betreuungsbehörde dagegen Betreuungsbedarf annimmt, leitet sie die entsprechenden Informationen unter Beachtung der Dokumentationspflicht des § 7 Abs. 2 BtBG an das Vormundschaftsgericht weiter. Dieses hat dann gem. § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB von Amts wegen zu prüfen, ob die Bestellung eines Betreuers erforderlich ist.


  1. Beteiligung im Betreuungsverfahren

Die Betreuungsbehörde unterstützt gem. § 8 Satz 1 BtBG das Vormundschaftsgericht insbesondere dadurch, dass sie


  • auf Aufforderung des Vormundschaftsgerichts die aus Sicht des Gerichts aufklärungsbedürftigen Umstände in einem Sozialbericht feststellt (§ 8 Satz 2 BtBG),
  • einen geeigneten Betreuer auf Aufforderung des Vormundschaftsgerichts benennt (§ 8 Satz 3 BtBG),
  • bei erstmaliger Bestellung eines Berufsbetreuers zu dessen Eignung (§ 1897 Abs. 7 BGB) oder des Umfangs der von diesem zu führenden Betreuungen (§§ 1897 Abs. 7, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB) Stellung nimmt,
  • die nach § 1908k BGB vorgesehenen Mitteilungen der Berufsbetreuer sammelt und an das Vormundschaftsgericht weiterleitet,
  • die Vorführung des Betroffenen oder des Vollmachtgebers zum Zwecke der Anhörung gem. §§ 68 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 FGG oder §§ 70c Satz 5, 70g Abs. 4, 68 Abs. 3 FGG oder der Untersuchung zwecks Begutachtung des Betroffenen gem. §§ 68b Abs. 3 Satz 1 FGG oder §§ 70e Abs. 2, 70 g Abs. 4, 68b Abs.3 Satz 1 FGG durchführt,
  • Unterstützung im Rahmen des Vollzugs der zivilrechtlichen Unterbringungen gem. §§ 70 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1, 70g Abs. 5 FGG leistet,
  • ein Vermögensverzeichnis gem. §§ 1908i Satz 1, 1802 Abs. 3 BGB auf Anordnung des Vormundschaftsgerichtes aufstellt,
  • Äußerungsrechte gem. §§ 68a Satz 1, 69a Abs. 2, 70d Abs. 1 Ziffer 6 FGG wahrnimmt,
  • die Beschwerdebefugnis gem. §§ 69g Abs. 1, 70m FGG wahrnimmt,
  • sich im Falle des Antrags des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gem. § 69c FGG beteiligt,
  • oder Betreuer bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gem. § 4 BtBG berät und unterstützt.
  1. Betreuungsführung

Gem. § 1900 Abs. 4 BGB[172] bestellt das Vormundschaftsgericht dann, wenn ein Betroffener nicht gem. § 1897 Abs. 1 BGB durch eine natürliche Person oder gem. § 1900 Abs. 1 und Abs. 2 BGB durch einen Betreuungsverein hinreichend betreut werden kann, die Betreuungsbehörde zum Betreuer des Betroffenen. Die unmittelbare Bestellung eines Behördenmitarbeiters zum Behördenbetreuer bleibt vorrangig; § 1897 Abs. 2 BGB.


  1. Aufgabenwahrnehmung außerhalb des Betreuungsverfahrens

Der Betreuungsbehörde obliegt es zudem gem. § 6 BtBG interessierte Bürger über die Betreuung, insbesondere über Vollmachten und Betreuungsverfügungen, aufzuklären[173] und gem. § 5 BtBG hinreichende Einführungs- und Fortbildungsangebote für Betreuer in ihrem Bezirk sicherzustellen.


3.Systematische Erwägungen


Die frühzeitige Einbindung einer Behörde zur Prüfung der Frage, ob die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters durch das Vormundschaftsgericht erforderlich ist, ist dem Gesetz nicht fremd.


a)§ 7 Abs. 1 BtBG


Zunächst ist auf § 7 Abs. 1 BtBG zu verweisen. Danach hat die Betreuungsbehörde das Recht, nicht aber die Pflicht[174], die Bestellung eines Betreuers durch Mitteilung erheblicher Umstände beim Vormundschaftsgericht anzuregen, sofern ohne die Bestellung eine qualifizierte Gefahr für das Wohl des Betroffenen droht. Die Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz ist demnach dem geltenden Recht nicht fremd. Die Betreuungsbehörde wird tatsächlich jedoch lediglich in einem geringen Teil der Betreuungsverfahren als Eingangsinstanz tätig, da Anträge und Anregungen, einen Betreuer zu bestellen, grundsätzlich beim Vormundschaftsgericht eingehen.


Würde die Betreuungsbehörde hingegen obligatorisch als Eingangsinstanz mit einem alleinigen Antragsrecht ausgestaltet, würde diese Ausnahme des § 7 BtBG zum Regelfall ausgeweitet.


b)§§ 16 Abs. 1 Ziffer 4 VwVfG, 15 Abs. 1 Ziffer 4 SGB X und

81 Abs. 1 Ziffer 4 AO


Die Behörde, vor der ein Verwaltungsverfahren betrieben wird, kann gem. §§ 16 VwVfG[175], 15 SGB X und 81 AO[176] von Amts wegen einen Vertreter durch das Vormundschaftsgericht bestellen lassen, falls der Betroffene zwar nicht aus rechtlichen, wohl aber aus tatsächlichen Gründen im Verwaltungsverfahren nicht tätig werden kann[177], weil er einen Antrag nicht zu stellen, eine Unterschrift nicht zu leisten, notwendige Unterlagen nicht beizubringen oder erforderliche Erklärungen nicht abzugeben vermag. Die Behörde ist zunächst verpflichtet, zu prüfen, ob ein Antrag an das Vormundschaftsgericht zur Bestellung eines Vertreters zu stellen ist. Dabei hat die Behörde stets vorrangig zu ermitteln, ob sich vorhandene Verfahrensschwierigkeiten auch ohne die Bestellung eines Vertreters beseitigen lassen, etwa dadurch, dass die Behörde einfach zu beschaffende Auskünfte selbst einholt oder indem sie Rechte des Betroffenen im Verfahren vorbehält. Damit hat der Gesetzgeber das Verfahren zur Bestellung eines Vertreters zweistufig ausgestaltet. Zunächst hat die Behörde zu prüfen, ob ein Vertreter bestellt werden muss. Stellt die Behörde diese Erforderlichkeit fest, hat sie nach ihrem Ermessen den Antrag zu stellen. Dann prüft das Vormundschaftsgericht, ob die Voraussetzungen der §§ 16 Abs. 1 Ziffer 4 VwVfG, 15 Abs. 1 Ziffer 4 SGB X und 81 Abs. 1 Ziffer 4 AO vorliegen. Zugunsten des Betroffenen hat der Gesetzgeber damit zwei Entscheidungsebenen geschaffen, die im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes die Erforderlichkeit einer Vertreterbestellung unabhängig voneinander prüfen.


Das Vormundschaftsgericht darf, anders als im Verfahren zur Bestellung eines Betreuers, nicht von Amts wegen oder auf Antrag oder Anregung des Betroffenen oder eines sonstigen am Verfahren Beteiligten einen Vertreter bestellen. Zwingende Verfahrensvoraussetzung ist stets ein Antrag der zuständigen Behörde. Die Anforderungen an die Bestellung eines Vertreters sind gegenüber der Bestellung eines Betreuers, trotz weitgehender entsprechender Anwendung der betreuungsrechtlichen Vorschriften, wegen der Vorschaltung der Behörde verschärft.


4.Einwände


Gegen die Antragslösung lassen sich die nachfolgenden Einwände vorbringen, denen aber Gegenargumente entgegengehalten werden können.


a)Überflüssigkeit des Sozialberichts


Gegen eine obligatorische Prüfungspflicht der Betreuungsbehörde lässt sich nicht einwenden, dass es eine Vielzahl von Verfahren geben mag, in denen die sozialen Verhältnisse des Betroffenen unproblematisch leicht feststellbar seien, mithin ein Sozialbericht der Betreuungsbehörde kaum neue Erkenntnisse erwarten ließe. Denn zu Beginn des Betreuungsverfahrens kann das Vormundschaftsgericht überhaupt nicht beurteilen, ob die sozialen Verhältnisse des Betroffenen leicht überschaubar sind. Diese Erkenntnis kann zunächst nur aufgrund der durch die Betreuungsbehörde durchgeführten Ermittlungen vermittelt werden. Vielfältige Spannungen zwischenmenschlicher Art zwischen dem Betroffenen und anderen Personen seines Umfeldes oder deren Interessenlagen lassen sich durch das Vormundschaftsgericht nur unzureichend überblicken und im Rahmen der zeitlich zum Teil äußerst begrenzten Anhörung, die zumeist mit dem Schlussgespräch durchgeführt wird, auch nicht mit der erforderlichen Intensität prüfen. Nur aufgrund der aus sozialpädagogischem Blickwinkel heraus durchgeführten Sachverhaltsermittlungen der Betreuungsbehörde werden Konflikte oder Interessenlagen erkennbar sein, so dass diese bei der Frage der Beeinträchtigung des Wohls des Betroffenen berücksichtigt werden können.

Gerade der Umstand, dass es sich bei der Bestellung eines Betreuers um einen objektiven Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen handelt, zwingt in verfahrensrechtlicher Hinsicht dazu, darauf zu achten, dass dem Vormundschaftsgericht möglichst umfassende Informationen vorliegen. Denn anders lässt sich nicht beurteilen, ob der Betroffene nicht andere Hilfen in Anspruch nehmen kann, um seine Angelegenheiten eigenverantwortlich zu besorgen.


Sollte im Einzelfall tatsächlich ein „unproblematischer“ Fall vorliegen, entstünde dadurch kein Nachteil. Die Betreuungsbehörde könnte diesem Umstand Rechnung tragen, und den zu erstellenden Sachbericht in der gebotenen Kürze unter Nennung eines geeigneten Betreuers und der erforderlichen Aufgabenkreise fertigen.


b)Eilfälle


Ein Nachteil für den Betroffenen ist durch eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde auch nicht in den sogenannten Eilfällen[178] zu befürchten. Zunächst wird die Betreuungsbehörde in den Fällen, in denen dem Gericht keine zur Betreuung bereite und geeignete Person bekannt ist, ohnehin um die Nennung eines geeigneten Betreuers durch das Vormundschaftsgericht gebeten. Eine Beteiligung der Betreuungsbehörde erfolgt somit auch nach geltendem Recht in einer nicht unerheblichen Zahl dieser Eilfälle. Zudem kann auch die Betreuungsbehörde der Eilbedürftigkeit dadurch Rechnung tragen, dass sie eilige Anträge und Anregungen zügig weiterleitet und den Antrag samt Sozialbericht und Betreuervorschlag dem Vormundschaftsgericht gegebenenfalls (fern-)mündlich unterbreitet. Eine bestimmte Form des Antrags, des Sozialberichts und des Betreuervorschlages ist nämlich nicht vorgesehen. Letztlich bleibt es erst recht in den Eilfällen für den Betroffenen im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes erforderlich, dass dem Vormundschaftsgericht durch die sachnähere Betreuungsbehörde betreuungsvermeidende Alternativen oder die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen dargestellt werden. Denn in den Eilfällen entscheidet das Vormundschaftsgericht auf einer erkannt unsicheren Tatsachengrundlage. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht erforderlich. Ein ärztliches Zeugnis ist gem. 69f Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 FGG ausreichend. Die in § 68a FGG Genannten müssen nicht angehört werden. Demgemäss besteht das Risiko, dass infolge des Fehlens ausreichender Erkenntnisse ein Betreuer bestellt wird, obwohl dies gar nicht erforderlich ist. Dieses Risiko kann effektiv durch eine vorherige Prüfung der Betreuungsbehörde reduziert werden.


Diese Überlegungen gelten auch in den Fällen, in denen die Betreuungsbehörde vertraglich die Sachverhaltsaufklärung auf die Betreuungsvereine übertragen hat. Käme es infolge der Einschaltung eines Betreuungsvereins zu zusätzlichen zeitlichen Verzögerungen, ist die Betreuungsbehörde verpflichtet, selbst den Sachverhalt aufzuklären, den Sozialbericht zu erstellen und dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen.


Die Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als alleinige Eingangsinstanz auch in den beschriebenen Eilfällen vermeidet zudem, dass abhängig vom Eilbedarf die Eingangszuständigkeit der Betreuungsbehörde mit der des Vormundschaftsgerichts konkurriert. Somit kann verhindert werden, dass Anträge und Anregungen an das Vormundschaftsgericht mit dem Vorwand des „Eilfalls“ gerichtet werden, um die Primärzuständigkeit der Betreuungsbehörde zu umgehen.


c)Belastung der Betreuungsbehörden


Der Vorschaltung der Betreuungsbehörden mit einer obligatorischen Sachverhaltsermittlung und Nennung eines geeigneten Betreuers kann nicht entgegnet werden, dass die Betreuungsbehörden wegen Fehlens personeller oder sächlicher Mittel gar nicht in der Lage seien, diese neue Aufgaben wahrzunehmen. Denn die Berichts- und Vorschlagspflicht ist gesetzlich in § 8 BtBG vorgesehen. Der Umstand, dass die Vormundschaftsgerichte bisher die Betreuungsbehörde nicht in jedem Verfahren um Sachverhaltsaufklärung und um einen Betreuervorschlag gebeten haben, kann nicht als Rechtfertigung dazu dienen, dass die Betreuungsbehörden in nur unzureichendem Maße personell oder sächlich ausgestattet seien. Denn die Betreuungsbehörden sind nach geltendem Recht verpflichtet, ausreichend Kapazitäten bereit zu halten, um in jedem Verfahren Sachberichte zu erstellen und Betreuervorschläge zu unterbreiten, da die Vormundschaftsgerichte die Betreuungsbehörde in allen Verfahren zur Unterstützung gem. § 8 BtBG heranziehen können.


Soweit nicht hinreichende personelle und sächliche Mittel vorhanden sind, hätten die Kommunen für eine entsprechende Ausstattung der Betreuungsbehörden zu sorgen.


d) Betreuungsbehörde als „Herrin des Verfahrens“


Eine eigene Gestaltungskompetenz der Betreuungsbehörde dürfte nicht gegeben sein. Der Antrag der zuständigen Betreuungsbehörde ist lediglich Verfahrensantrag. Damit dürfte vermieden werden, dass die Betreuungsbehörde durch ihr Antragsrecht die Befugnis zur inhaltlichen Ausgestaltung des Betreuungsverfahrens erlangt, ohne dass ihr gleichzeitig umfangreiche Ermittlungsbefugnisse gewährt würden.


e)Antragsgegnerschaft


Das Antragsverfahren sollte keinen Antragsgegner bestimmen. Nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine Antragsgegnerschaft nicht zwingend notwendig.


f)Kosten


Eine Kostenregelung dürfte nicht zu treffen sein. Gerichtskosten dürften nicht gesondert für das Verfahren auf Bestellung eines Betreuers, sondern bei tatsächlicher Betreuerbestellung unter den Voraussetzungen des § 92 KostO erhoben werden. Die übrigen Kostenfragen dürften sich mit Hilfe des § 13 a FGG lösen lassen.


5.Zusammenfassung


Die grundsätzliche Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz mit einem Antragsmonopol hat den Vorteil, dass frühzeitig Fachwissen auf sozialpädagogischem Gebiet nutzbar gemacht und betreuungsvermeidende Alternativen aufgezeigt werden können. Zusätzlich zum Gericht erhielte der Betroffene noch eine zweite Entscheidungsinstanz, die unabhängig und selbständig als fachnähere Einrichtung die Erforderlichkeit der Betreuungseinrichtung prüfte.


Bedenken grundrechtlicher Art lassen sich gegen eine generelle Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz nicht vorbringen, solange die Entscheidung über die Einrichtung einer Betreuung nach wie vor beim Vormundschaftsgericht verbleibt und die Möglichkeit besteht, den Entschluss der Betreuungsbehörde, die Bestellung eines Betreuers beim Vormundschaftsgericht nicht zu beantragen, der gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen.


Eine gesetzliche Regelung, die die Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz mit einem alleinigen Antragsrecht ausgestaltete, wäre mithin nur eine konsequente Ausweitung des § 7 Abs. 1 BtBG, die sich systemgerecht zu den Regelungen der §§ 16 Abs. 1 Ziffer 4 VwVfG, 15 Abs. 1 Ziffer 4 SGB X und 81 Abs. 1 Ziffer 4 AO verhielte.


6.Einzelbegründung


Zu Artikel 1


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Zu § 1896


Zu Absatz 1 Satz 1


Um die Betreuungsbehörde als alleinige Eingangsinstanz mit einem Antragsmonopol zu gestalten, müsste § 1896 Abs. 1 BGB eine entsprechende Änderung erfahren. Die Worte „auf seinen Antrag oder von Amts wegen“ sind zu streichen. Damit wird in Verbindung mit § 1908l BGBE deutlich, dass das Betreuungsverfahren grundsätzlich durch Antrag der zuständigen Betreuungsbehörde in Gang gesetzt wird. Zusätzlich wird hervorgehoben, dass der zuständigen Behörde das Antragsmonopol zusteht.


Zu Absatz 2 Satz 2


Satz 2 ist ersatzlos zu streichen. Der Antrag als echte Verfahrensvoraussetzung wird von der Betreuungsbehörde gestellt. Insofern wäre auch der Antrag eines Geschäftsfähigen an das Vormundschaftsgericht unzulässig. Der Antrag des Betroffenen ist an die Betreuungsbehörde zu richten. Dies wird auch in § 4 Abs. 1 Satz 2 BtBGE ausgedrückt.


Zu Absatz 2 Satz 3


Nach geltendem Recht kann für einen lediglich körperlich behinderten Betroffenen ein Betreuer nur auf seinen Antrag hin bestellt werden. Die Regelung ist folgerichtig. Denn bei einem lediglich körperlich behinderten Betroffenen hat sein Gebrechen keinen Einfluss auf seine Willensbildung, so dass der Betroffene grundsätzlich zu freier Willensbestimmung fähig ist. Gegen seinen freien Willen ist daher die Einrichtung einer Betreuung nicht möglich. Verfahrensrechtlich wird diese Erkenntnis dadurch abgesichert, dass es gem. § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB grundsätzlich eines Antrages des lediglich körperlich behinderten Betroffenen bedarf. Ein derartiger Antrag ist somit echte Verfahrensvoraussetzung. Diese Grundentscheidung des Betreuungsrechts ist auch bei einem Antragsrecht der Betreuungsbehörde beizubehalten.


Rechtssystematisch kann der Antrag der Behörde nicht durch einen weiteren Antrag des Betroffenen überlagert werden. Insofern bietet sich die Einführung eines Zustimmungserfordernisses an, um in gleicher Weise die Bestellung eines Betreuers gegen den freien Willen des Betroffenen zu verhindern.


Zu § 1908d Absatz 2


Gemäß § 1896 Abs.1 Satz 3 BGB ist grundsätzlich nur der Antrag des lediglich körperlich behinderten Betroffenen echte Verfahrensvoraussetzung[179]. Dies muss zur Abwehr der unzulässigen Betreuerbestellung gegen den freien Willen des Betroffenen auch weiterhin gelten. Logische Folge ist, dass auf Antrag des lediglich körperlich behinderten Betroffenen die Betreuung aufzuheben ist.

Soweit der Betroffene der Betreuerbestellung zugestimmt hat, aber kein Fall des § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB vorliegt, ist sein Antrag gerade keine echte Verfahrensvoraussetzung. Mithin ist auf seinen Antrag hin die Betreuerbestellung nicht zwingend aufzuheben. Entsprechend drückt § 1908d Abs. 2 Satz 1 a.E. BGB aus, dass dieser Antrag dann abzulehnen ist, falls die Voraussetzungen für die Bestellung des Betreuers nach wie vor gegeben sind. Diese Folge ergibt sich jedoch bereits aus § 1908d Abs. 1 BGB, wonach die Betreuung bereits von Amts wegen dann aufzuheben oder einzuschränken ist, wenn die Voraussetzungen für die Betreuung insgesamt oder teilweise weggefallen sind. Dies gilt erst recht in dem Fall, in dem eine entsprechende Anregung des Betroffenen vorliegt. Damit ist die bisherige Regelung nur eine Wiedergabe des § 1908d Abs. 1 BGB. Zur Klarstellung sollte sie dennoch weiterhin beibehalten werden.


Zu § 1908l


Zu Satz 1


In § 1908l BGBE ist das Antragserfordernis normiert. Es gilt nicht für alle vormundschaftsgerichtlichen Maßnahmen, sondern nur für diejenigen betreuungsrechtlichen Maßnahmen, die auf den Inhalt und Bestand der Betreuung und auf die Person des Betreuers und auf die Genehmigung nach § 1907 BGB Einfluss haben.


Die Betreuungsbehörde beantragt gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 BtBGE die Bestellung eines Betreuers beim Vormundschaftsgericht. Dabei hat sie den Sachverhalt und damit auch die erforderlichen Aufgabenkreise und deren Reichweite darzulegen. Bei der erstmaligen Bestellung eines Betreuers wird die Betreuungsbehörde daher auch hinsichtlich des Umfanges des Aufgabenkreises auch als Eingangsinstanz tätig, da das Vormundschaftsgericht ohne entsprechenden Antrag über die Betreuerbestellung und damit über den Umfang der regelungsbedürftigen Angelegenheiten nicht entscheiden dürfte. Dabei ist nochmals klarzustellen, dass der Antrag der Betreuungsbehörde lediglich Verfahrensvoraussetzung ist, das Vormundschaftsgericht daher in seiner Entscheidung inhaltlich nicht durch den Antrag begrenzt wird.


Durch eine Ergänzung des § 4 Abs. 1 BtBGE wird klargestellt, dass auch der Umfang einer gegebenenfalls erforderlichen Betreuung von der Betreuungsbehörde zu prüfen und dem Vormundschaftsgericht darzulegen ist.


Verfahrensrechtlich gelten für die wesentliche Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung gem. § 69i Abs. 1 Satz 1 FGG die Vorschriften über die Bestellung eines Betreuers entsprechend. Dies ist konsequent, da die Erweiterung auf andere Aufgabenkreise in ihrer Wirkung einer Erstbestellung für diese neu hinzukommenden Aufgabenkreise zukommt. Daher sollte der Betreuungsbehörde auch hinsichtlich einer wesentlichen Erweiterung ebenfalls ein ausschließliches Antragsrecht zukommen.


Bei einer unwesentlichen Erweiterung des Aufgabenkreises sieht das Gesetz Verfahrenserleichterungen vor. So kann das Vormundschaftsgericht von Verfahrenshandlungen nach § 68 Abs. 1 FGG absehen, also von der persönlichen Anhörung und der Unterrichtung über den Verfahrensverlauf. Gleiches gilt für das Schlussgespräch und die Beteiligung der Betreuungsbehörde und Dritter[180]. Es kann auch von der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach § 68 b FGG absehen. Was eine unwesentliche Erweiterung ist, wird gesetzlich nicht vorgegeben. Lediglich mittels Negativbeispielen in § 69 i Abs. 1 Satz 3 FGG wird gesetzlich geregelt, welche Aufgabenerweiterung nicht unwesentlich ist.


Eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde ist auch bei den nur unwesentlichen Erweiterungen erforderlich. Zum einen werden damit Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden. Sowohl der Betreuer, als auch das Vormundschaftsgericht würden der Prüfung enthoben, ob eine beabsichtigte Erweiterung wesentlich oder unwesentlich ist. In beiden Fällen wäre die Betreuungsbehörde zuständig. Zudem besteht auch bei den nur unwesentlichen Erweiterungen das Bedürfnis, deren Erforderlichkeit auch aus sozialpädagogischer Sicht zu prüfen, um den Betroffenen auch vor nicht erforderlichen unwesentlichen Erweiterungen, die er subjektiv durchaus als wesentlich zu empfinden vermag, zu bewahren.


Gem. § 69i Abs. 3 FGG gelten für die Einschränkung des Aufgabenkreises der

Betreuung die §§ 68a, 69a Abs. 2 Satz 1, 69g Abs. 1 und Abs. 4 FGG entsprechend. Damit sind einige Verfahrenserleichterungen, wie etwa Absehen von einer erneuten persönlichen Anhörung, Einholung eines Sachverständigengutachtens, gegeben.


Eine obligatorische Beteiligung der Betreuungsbehörde empfiehlt sich auch hier, da als Gegenstück zur Erweiterung auch die Beurteilung der Einschränkung des Aufgabenkreises der Betreuung sozialpädagogischen Sachverstandes bedarf.


Als Gegenstück zur erstmaligen Bestellung eines Betreuers sollte auch die Aufhebung der Betreuung einer primären Prüfung der Betreuungsbehörde unterliegen. Um auch hierbei das Vormundschaftsgericht vor überflüssiger Inanspruchnahme zu bewahren, sollte auch diesbezüglich die Betreuungsbehörde ein ausschließliches Antragsrecht haben.


Ob ein Betreuer aus den Gründen des § 1908b BGB entlassen werden kann, hängt vielfach von Umständen ab, die die Betreuungsbehörde besser als das Vormundschaftsgericht übersehen kann. Gerade etwa die Bestimmung der Eignung gem. § 1908b Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Abs. 3 BGB fällt in die auch nach jetzigem Recht bestehende Fachkompetenz der Betreuungsbehörde, da es zu ihrer Hauptaufgabe gehört, dem Vormundschaftsgericht gem. § 8 Satz 3 BtBG einen geeigneten Betreuer zu benennen. Gerade die Eignung des Betreuers wird grundsätzlich nicht ausschließlich nach rechtlichen, sondern vor allem nach sozialpädagogischen Maßstäben zu bestimmen sein. Gleiches gilt auch für die Frage, ob eine berufsmäßig geführte Betreuung durch einen ehrenamtlichen Betreuer gem. § 1908b Abs. 1 Satz 2 BGB übernommen werden kann. Mithin sollte auch die Betreuungsbehörde als vorgeschaltete Behörde mit einem ausschließlichen Antragsrecht hinsichtlich der Entlassung des Betreuers ausgestaltet werden. Hinsichtlich der dann erforderlich werdenden Neubestellung eines (anderen) Betreuers gilt dann § 4 Abs. 2 BtBGE.


Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes ist gem. § 1903 Abs. 1 BGB nur zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten zulässig. Ob eine Primärzuständigkeit der Betreuungsbehörde sinnvoll ist, entscheidet sich danach, ob die Erforderlichkeit eines Einwilligungsvorbehaltes primär nach rechtlichen oder sozialpädagogischen Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Jedoch ist zumindest festzuhalten, dass bei der Beurteilung der Frage der Erforderlichkeit eines Einwilligungsvorbehaltes soziale Gesichtspunkte von untergeordneter Bedeutung sind. Daher sollte ein Antragserfordernis für Maßnahmen nach § 1903 BGB nicht vorgegeben werden.


Auch hinsichtlich der Erweiterung eines Einwilligungsvorbehaltes sollte nach dem eben Gesagten keine Vorschaltung der Betreuungsbehörde mit eigenem Antragsrecht erfolgen. Denn bezüglich des zu erweiternden Bereichs stellt sich die Erweiterung als erstmalige Anordnung dar. Gleiches gilt sinngemäß für die Entscheidung über die Einschränkung des Einwilligungsvorbehaltes, als spiegelbildlichem Gegenstück zur Erweiterung. Die Entscheidung über die Aufhebung des Einwilligungsvorbehaltes sollte ebenfalls nicht mit einer Vorschaltung der Betreuungsbehörde verknüpft werden


Keine Vorschaltung der Betreuungsbehörde sollte auch im Rahmen des § 1904 BGB erfolgen. Ob die Einwilligung des Betreuers in einen ärztlichen Heilangriff der Genehmigung bedarf, ist grundsätzlich eine medizinische Frage des Risikos und der Erfolgsaussichten des Eingriffs. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Einzelfall auch soziale Gesichtspunkte, wie etwa der im sozialen Umfeld des Betroffenen geäußerte Wille hinsichtlich der Vornahme ärztlicher Eingriffe, zu berücksichtigen sind. Das entscheidende Gewicht der Genehmigung liegt jedoch auf der medizinischen Seite. Dass die Betreuungsbehörde zur Beurteilung spezifisch medizinischer Gesichtspunkte fachlich kompetenter als das Vormundschaftsgericht sei, kann jedoch nicht angenommen werden. Insofern bedürfte es einer Vorschaltung der Betreuungsbehörde nicht.


Grundsätzlich sind auch im Rahmen eines medizinischen Eingriffs in Form der Sterilisation medizinische Fragen zu beantworten. So sind die voraussichtlichen Wirkungen einer Schwangerschaft auf den körperlichen Gesundheitszustand des Betreuten (§ 1905 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGB) oder Alternativen zur Sterilisation (§ 1905 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BGB) rein medizinisch zu beantworten. Einer Vorschaltung der Betreuungsbehörde bedarf es ebenfalls nicht.


Gleiches gilt für die zivilrechtliche Unterbringung des Betreuten. Hier stehen vorrangig medizinische Fragen im Vordergrund. Die Gefahr einer erheblichen Selbstschädigung oder Selbsttötung im Sinne des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist primär nach fachpsychiatrischen Gesichtspunkten zu bestimmen. Die Erforderlichkeit einer ärztlichen Maßnahme und die Beurteilung der Einsichtsfähigkeit des Betreuten gem. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist ebenfalls nach medizinischen Gesichtspunkten festzustellen. Eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde ließe keinen zusätzlichen Gewinn in Form der Fruchtbarmachung erforderlicher sozialpädagogischer Kenntnisse erwarten.


Eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde ist hingegen gerade im Falle des § 1907 Abs. 1 und Abs. 2 BGB erforderlich. Die Betreuungsbehörde könnte durch Ermittlung der sozialen Umstände und Abfrage bei kommunalen Sozialeinrichtungen, wie etwa der Altenhilfe, dem Sozialamt oder dem sozialpsychiatrischen Dienst abklären, ob und wie ein weiterer Verbleib des Betroffenen in der gewohnten Umgebung sichergestellt werden kann. Die Betreuungsbehörde könnte auf kommunaler Ebene die erforderlichen Ämter und Behörden informieren und sie hierdurch zu einem Einschreiten bewegen. Dies hätte den Vorteil, dass dem Betreuten unmittelbar Hilfe geleistet werden könnte, ohne dass es zu zeitlichen Verzögerungen durch eine vorrangige Einschaltung des Vormundschaftsgerichts käme. Zudem erhielte das Vormundschaftsgericht, falls die Betreuungsbehörde den Antrag des Betreuers auf Genehmigung einer Kündigung im Sinne des § 1907 Abs. 1 Satz 1 BGB unterstützte und demgemäss entsprechend § 4 Abs. 2 BtBGE einen Antrag an das Vormundschaftsgericht stellte, zusätzliche Ermittlungsergebnisse, die gegebenenfalls die Einholung eines Pflegegutachtens oder weitere Ermittlungen überflüssig machten.


Im umgekehrten Falle, nämlich der Vermietung von Wohnraum oder Abschluss eines Mietvertrages für die Dauer von über vier Jahren im Sinne des § 1907 Abs. 3 BGB, sind die eben beschriebenen Ermittlungen der Betreuungsbehörde ebenfalls von großem Wert, da damit das Vormundschaftsgericht gestützt auf eine breitere Erkenntnisgrundlage beurteilen könnte, ob etwa eine Rückkehr des Betreuten – etwa nach einem Krankenhaus- oder Heimaufenthalt – in die eigene Wohnung möglich sei.


Daher sollte eine dem § 4 BtBGE entsprechende Befugnis der Betreuungsbehörde auch im Bereich des § 1907 BGB zuerkannt werden.


Eine Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz im Rahmen der Aufsicht der Betreuer ist nicht angezeigt. Nach bisherigem Recht übt das Vormundschaftsgericht – dort funktionell der Rechtspfleger – die Aufsicht in Vermögensangelegenheiten auch durch die Genehmigung bestimmter Rechtsgeschäfte aus.


Die Genehmigungen müssen gem. §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1828 BGB dem Betreuer gegenüber erklärt werden. Eine nachträgliche Genehmigung gem. §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1829 BGB ist möglich. Behauptet der Betreuer wahrheitswidrig das Bestehen einer Genehmigung, so bleibt ein Geschäftsgegner bis zur Erteilung der Genehmigung zum Widerruf berechtigt, es sei denn, dass er das Fehlen der Genehmigung bei Vertragsabschluss gekannt hätte. Ein einseitiges Rechtsgeschäft ist ohne die erforderliche Genehmigung gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1831 BGB unwirksam.


Im Mittelpunkt der Genehmigungstatbestände stehen wirtschaftliche oder rechtliche Gesichtspunkte. Sollte wider Erwarten die Fachkompetenz der Betreuungsbehörde erforderlich werden, bliebe es dem Vormundschaftsgericht unbenommen, die Betreuungsbehörde gem. § 8 Satz 1 BtBG[181] um Unterstützung zu bitten. Eine genauere Betrachtung der einzelnen Genehmigungstatbestände ist jedoch erforderlich, um eine sicherere Aussage treffen zu können.


Die Genehmigung zur Abweichung von den Anordnungen eines Erblassers oder eines unentgeltlich zuwendenden Dritten erteilt das Vormundschaftsgericht gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1803 Abs. 2 BGB. Die Zustimmung eines noch lebenden Dritten kann durch das Vormundschaftsgericht gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1803 Abs. 3 Satz 2 BGB ersetzt werden. Maßstab für die Genehmigungserteilung ist das Interesse des Mündels. Dabei ist zwar die Berücksichtigung sozialer Umstände nicht ausgeschlossen. Im Vordergrund dürfte jedoch eine wirtschaftliche Betrachtung stehen, die von der Betreuungsbehörde jedenfalls nicht fachkompetenter als das Vormundschaftsgericht angestellt werden kann. Daher ist eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde für diesen Bereich nicht sinnvoll.


Die Anlage von Geld des Betreuten im Sinne des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1807 Abs. 1 Ziffer 5 BGB ist nur mit der Bestimmung möglich, dass zur Erhebung des Geldes die Genehmigung des Gegenbetreuers oder des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1809 BGB. Die Genehmigung des Gegenbetreuers ist durch eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1810 Satz 1 BGB zu ersetzen. Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, soll die Anlage nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1810 Satz 2 BGB erfolgen. Eine andere Anlage, als die in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1807 BGB vorgeschriebene, kann das Vormundschaftsgericht gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 1 BGB gestatten.


Auch in diesem Bereich dominieren wirtschaftlich zu beurteilende Fragen, insbesondere die Frage nach der wirtschaftlichen Mündelsicherheit. Diese Frage kann jedoch auch vom Vormundschaftsgericht ohne Hinzuziehung der Betreuungsbehörde geklärt werden. Eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde ist ebenfalls nicht sinnvoll, da sozialpädagogische Fachkenntnisse nicht erforderlich sind.


Eine Verfügung über Forderungen oder Wertpapiere des Betreuten darf der Betreuer nur mit Genehmigung des Gegenbetreuers treffen, sofern nicht gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1819 bis 1822 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die entsprechende Genehmigung des Gegenbetreuers wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes ersetzt; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 2 BGB. Ist ein Gegenbetreuer nicht vorhanden, tritt an die Stelle der Genehmigung des Gegenbetreuers grundsätzlich die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 3 BGB. Das Vormundschaftsgericht kann dem Betreuer für die genannten Genehmigungstatbestände gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 BGB eine allgemeine Ermächtigung erteilen.


Inhaberpapiere des Betreuten dürfen gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1814 BGB nur mit der Bestimmung hinterlegt werden, dass deren Herausgabe nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verlangt werden kann; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1814 Satz 1 BGB. Entsprechendes gilt auch für eine Umschreibung der Inhaberpapiere auf den Namen des Betreuten. Eine derartige Umschreibung hat mit der Bestimmung zu erfolgen, dass eine Verfügung über die Papiere nur mit vormundschaftsgerichtlicher Zustimmung möglich ist; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1815 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zu hinterlegende Inhaberpapiere können gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1815 Abs. 2 BGB mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes in Schuldbuchforderungen umgewandelt werden. Sind Schuldbuchforderungen des Betreuten im Zeitpunkt der Betreuerbestellung vorhanden, oder erwirbt der Betreute diese später, so hat der Betreuer in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, dass eine Verfügung nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts möglich ist; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1816 BGB. Der Betreuer bedarf gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1820 Abs. 1 BGB zur Eingehung einer Verpflichtung zu einer Verfügung über die sich aus der Umschreibung oder Umwandlung eines umgeschriebenen oder in eine Schuldbuchforderung umgewandelten Inhaberpapiers des Betreuten ergebende Stammforderung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes.


Das Vormundschaftsgericht soll gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1818 BGB aus besonderen Gründen auch anordnen können, dass der Betreuer auch andere Wertpapiere oder Kostbarkeiten in der nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1814 BGB beschriebenen Weise zu hinterlegen hat. Eine Verfügung über die hinterlegten Sachen bedarf der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1819 BGB.


Die Frage der Genehmigung der beschriebenen Verfügungen wird ebenfalls primär unter Zugrundelegung wirtschaftlicher und rechtlicher Aspekte zu beurteilen sein. Mithin dürfte sich auch diesbezüglich eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde nicht anbieten.


Der Betreuer bedarf ferner der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes hinsichtlich der in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 Nr. 1-4 und Nr. 6-13, 1823 BGB genannten Rechtsgeschäfte. Das Vormundschaftsgericht kann dem Betreuer für die genannten Genehmigungstatbestände der §§ 1908i Abs. 1Satz 1, 1822 Nr. 8-10 BGB gem. §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1825 BGB eine allgemeine Ermächtigung erteilen.


Auch hierbei stehen wirtschaftliche, aber vor allem auch rechtliche Fragestellungen im Vordergrund. Insbesondere die Beantwortung etwa der Frage, was unter einer Verfügung im Sinne der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB zu verstehen ist, erfordert nicht sozialpädagogischen, sondern rechtlichen Sachverstand. Insofern ist auch diesbezüglich eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde nicht sinnvoll.


Von den dem Betreuer gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 bis 1816 BGB obliegenden Verpflichtungen kann ihn nur das Vormundschaftsgericht entbinden; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1817 BGB. Da die Befreiungen im untrennbaren Zusammenhang mit den durch das Vormundschaftsgericht allein zu beurteilenden Fragen stehen, ist auch hinsichtlich etwaiger Befreiungen eine obligatorische Beteiligung der Betreuungsbehörde abzulehnen.


Auch diesbezüglich dürften überwiegend wirtschaftliche Erwägungen maßgebend sein. Sofern ausnahmsweise auch soziale Umstände zu ermitteln sind, kann die Betreuungsbehörde unterstützend gem. § 8 Satz 1 BtBG[182] herangezogen werden. Eine Vorschaltung ist nicht zu empfehlen.


Zu Satz 2


Der Antrag der zuständigen Betreuungsbehörde ist lediglich Verfahrensantrag. Dies soll durch die fehlende inhaltliche Bindung des Vormundschaftsgerichts an den Antrag der Betreuungsbehörde klargestellt werden. Die Betreuungsbehörde sollte nur entscheiden, ob ein Betreuungsverfahren in Gang gesetzt werden sollte.


Zu Satz 3


Der Antrag der Betreuungsbehörde ist bloßer Verfahrensantrag. Folgerichtig dürfte es auch keiner Regelung der Antragsrücknahme bedürfen, da die Betreuungsbehörde nur über die Einleitung des Verfahrens, nicht aber auch über den weiteren Fortgang des Verfahrens entscheidet. Satz 3 dürfte daher nur klarstellende Wirkung haben, und verdeutlichen, dass die Betreuungsbehörde nach Antragstellung das Verfahren nicht durch Antragsrücknahme beenden kann. Der Entwurf ist angelehnt an die Regelung des § 140 a Abs. 1 Satz 2 FGG.


Zu Artikel 2


Änderung des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger


Zu §§ 1 bis 3


Die bisherige Zuständigkeitsregelung der Betreuungsbehörden sollte erhalten bleiben. Die Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz ohne eigene Entscheidungsbefugnisse dürften eine abweichende Zuständigkeitsregelung nicht sinnvoll erscheinen lassen.


Zu § 4


Absatz 1


§ 4 BtBG ist neu zu fassen. Die Behörde ist als alleinige Eingangsinstanz auszugestalten. Dies hat durch eine Änderung des geltenden BtBG zu geschehen. Dabei sollte entsprechend der Wichtigkeit der primären Zuständigkeit der Betreuungsbehörde dies auch durch die Stellung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen im dritten Abschnitt (Aufgaben der örtlichen Behörde) im BtBG deutlich gemacht werden.


Durch § 4 BtBGE wird zunächst gesetzlich angeordnet, dass die Betreuungsbehörde in jedem Fall zunächst selbst die Umstände prüft und einen geeigneten Betreuer vorschlägt. Diese Pflicht ist nach geltendem Recht gem. § 8 Satz 2 und Satz 3 BtBG bisher derart geregelt, dass die Betreuungsbehörde zur Sachverhaltsermittlung und zum Betreuervorschlag nach Aufforderung des Gerichts verpflichtet ist. Durch die Umgestaltung dieser Beteiligungsform in eine obligatorische Pflicht wird sichergestellt, dass dem Vormundschaftsgericht frühzeitig Informationen vorliegen, die bei der Frage der Einleitung eines Betreuungsverfahrens berücksichtigt werden können. Das Vormundschaftsgericht kann seine Entscheidung daher von vornherein auf eine breitere Tatsachengrundlage stützen.


§ 1896 Abs. 1 Satz 2 BGB sollte als Satz 2 in § 4 Abs. 1 Satz 1 BtBGE wegen der Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz geregelt, und demgemäss aus § 1896 Abs. 1 BGB gestrichen werden. Die Aufnahme auch des beschränkt Geschäftsfähigen in die Vorschrift soll deutlich machen, dass die bedingte oder vollständige Geschäftsunfähigkeit nicht zur Unzulässigkeit des Antrages führt. Die Betreuungsbehörde ist von Amts wegen zur Ermittlung verpflichtet. Es bedarf also keines förmlichen Antrages, um ein Prüfungsverfahren in Gang zu setzen. Die Stellung eines Antrages oder das Geben einer Anregung hat aber zur Folge, dass im Falle der Ablehnung des Antrags oder der Anregung Rechtsmittel gegeben sein müssen[183].


Da umfassend von Amts wegen zu ermitteln ist, und auch der Antrag eines gem. § 12 Abs. 1 Ziffern 1 und 2 VwVfG handlungsunfähigen Betroffenen wirksam ist, kann das Verfahren der Betreuungsbehörde zur Sachverhaltsaufklärung ohne weitere rechtswirksame Handlungen des Betroffenen betrieben werden. Eine Vertreterbestellung nach § 16 Abs. 1 Ziffer 4 VwVfG ist demnach nicht erforderlich und kommt damit nicht in Betracht.


Die Betreuungsbehörde soll aufgrund eigener Ermittlungen ein Bild davon gewinnen, ob die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen. Dabei stellt § 4 Abs. 2 BtBGE klar, dass in Zweifelsfällen ein Antrag an das Vormundschaftsgericht gestellt werden soll. Denn diesem stehen weitere Ermittlungsmöglichkeiten, insbesondere die Begutachtung und Anhörung des Betroffenen, die gem. §§ 68b Abs. 3 Satz 1, 68 Abs. 3 FGG durch Vorführung erzwungen werden kann, zur Verfügung. Die Betreuungsbehörde soll daher nur in den Fällen, in denen aus ihrer Sicht die Bestellung eines Betreuers eindeutig nicht erforderlich ist, von der Stellung eines Antrags absehen.


Die Betreuungsbehörde ist im Hinblick auf die Erstellung des Sachberichtes auf die tatsächliche Mitwirkung des Betroffenen oder anderer Beteiligter angewiesen. Falls sich der Betroffene oder andere Beteiligte weigern sollten, durch Auskünfte oder persönliche Vorstellung tätig zu werden, ist eine Berichterstattung im Sinne einer umfassenden Ermittlung nicht möglich. Gleichwohl sollten der Betreuungsbehörde nach wie vor keinerlei Zwangsbefugnisse gegen den Betroffenen oder Dritte zustehen. Die Anordnung derart intensiver Eingriffe sollte auch nach wie vor dem Vormundschaftsgericht vorbehalten bleiben. In Fällen, in denen die Betreuungsbehörde wegen mangelnder Mitwirkung des Betroffenen oder Dritter keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen treffen kann, wird die Betreuungsbehörde dies unter Stellung des erforderlichen Antrags an das Vormundschaftsgericht berichten.


Eine Ablehnung der Antragstellung an das Amtsgericht wird in diesen Fällen nicht möglich sein, da die Betreuungsbehörde einen Antrag auf Bestellung eines Betreuers nur wird ablehnen können, wenn genügend tatsächliche Informationen vorliegen, die mit Sicherheit die fehlende Erforderlichkeit der Betreuung feststellbar machen lassen. Bei Zweifeln hat die Betreuungsbehörde gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 BtBGE den Antrag an das Vormundschaftsgericht zu stellen.


Absatz 2


Der Antrag ist zwingende Verfahrensvoraussetzung. Er kann auch formlos gestellt werden. Dies ist gerade in Eilfällen im Sinne des § 69f FGG erforderlich, um zeitliche Verzögerungen durch schriftliche Abfassung des Antrages zu vermeiden. Die Betreuungsbehörde ist verpflichtet mit dem Antrag dem Vormundschaftsgericht einen geeigneten Betreuer vorzuschlagen und einen Sachbericht einzureichen, wozu sie ohnehin nach § 8 Satz 2 und Satz 3 BtBG verpflichtet ist. Damit soll gewährleistet sein, dass das Vormundschaftsgericht die erforderlichen Informationen bereits zu Beginn des Verfahrens erhält und schon zu diesem Zeitpunkt prüfen kann, ob die Einleitung eines Betreuungsverfahrens überhaupt notwendig ist.


Da die Betreuungsbehörde „auf Antrag oder von Amts wegen“ tätig werden soll, ist fraglich, in welcher Form jeweils zu entscheiden ist, wenn die Betreuungsbehörde einen Antrag an das Vormundschaftsgericht nicht stellt.


Die Formulierung „auf Antrag oder von Amts wegen“ ist der bisherigen Formulierung des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB entliehen. Ein eigenes echtes Antragserfordernis besteht nur im Falle des § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB. Ansonsten ist unter „Antrag“ im Sinne des § 4 BtBGE jede Anregung des Betroffenen oder eines anderen Beteiligten zu verstehen. Sofern ein Antrag im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB abgelehnt oder einer Anregung nicht nachgekommen werden soll, wird grundsätzlich ein Interesse des Antragstellers oder des Anregenden an einer Bescheidung bestehen, um gegebenenfalls eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken. Sofern er zu den Personen gehört, die eine gerichtliche Entscheidung beantragen können, ist ihm eine mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Ablehnungsentscheidung zu erteilen. Wegen der grundsätzlich geheimhaltungsbedürftigen Lebensumstände des Betroffenen, ist eine Begründung untunlich.


Insgesamt werden damit die Rechte der Antragsteller und Anregenden im Vergleich zum jetzigen Rechtszustand gestärkt. Nach bisheriger Rechtslage besteht keine Pflicht des Vormundschaftsgerichts einen etwaigen Antrag oder eine Anregung negativ oder positiv zu bescheiden. Der Anregende weiß demnach nicht, ob er mit der Bestellung eines Betreuers rechnen darf. Er weiß daher auch nicht, ob er gegebenenfalls Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung einlegen muss. Diese Unsicherheiten sind insbesondere in den Fällen misslich, in denen der Anregende ohne Bestellung eines Betreuers Rechte gegenüber dem Betroffenen nicht geltend machen kann. Derartige Unsicherheiten werden mit dieser Neuregelung beseitigt.


Wird die Behörde hingegen von Amts wegen tätig, besteht kein Bescheidungsinteresse. Eine Bescheidung ist nicht erforderlich.


Die Beteiligung eines Verfahrenspflegers im vorgeschalteten Verfahren vor der Betreuungsbehörde ist nicht erforderlich. Eine entsprechende Anwendung des § 67 FGG ist nicht angezeigt. Die Betreuungsbehörde hat zwei Handlungsmöglichkeiten, nachdem sie den Sachverhalt ermittelt hat:


Sie kann zum einen die Erforderlichkeit der Betreuung bejahen und einen entsprechenden Antrag an das Vormundschaftsgericht stellen. Ein Eingriff in Rechte des Betroffenen oder eines sonstigen Beteiligten ist damit noch nicht gegeben, da die Betreuungsbehörde über die Bestellung eines Betreuers nicht entscheidet. Rechtliches Gehör ist gem. § 28 Abs. 1 VwVfG nicht zu gewähren, da durch die Antragstellung noch nicht in Rechte des Betroffenen oder anderer Beteiligter eingegriffen wird.


Die Betreuungsbehörde kann aber auch die Stellung eines Antrages an das Vormundschaftsgericht unterlassen und einen entsprechenden Antrag ablehnen. Ein Eingriff in Rechte des Betroffenen oder anderer Beteiligter ist hierin ebenfalls nicht zu sehen. Denn mit der Bestellung eines Betreuers wird in den ausgewiesenen Aufgabenbereichen selbstbestimmtes Handeln des Betroffenen durch fremdbestimmtes Handeln des Betreuers ersetzt. Dadurch wird in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eingegriffen. Wenn die Behörde gar keinen Antrag an das Vormundschaftsgericht stellt, und damit eine Betreuerbestellung nicht ermöglicht, wird ein Grundrechtseingriff in Form der Betreuerbestellung abgewehrt. Mithin wird die Betreuungsbehörde durch Nichtstellen des Antrags nicht grundrechtseingreifend, sondern objektiv grundrechtswahrend tätig, mag der Betroffene die Betreuung auch als Erweiterung seines Rechtskreises empfinden.


In beiden Fällen bedarf es daher keines Verfahrenspflegers, um eine fehlende Anhörung des Betroffenen auszugleichen[184], da diese weder gem. Art. 103 Abs. 1 GG noch gem. § 28 Abs. 1 VwVfG erforderlich ist.


Zu § 5


§ 5 BtBGE kann auf die Anzeige erheblicher Umstände für Maßnahmen des Vormundschaftsgericht beibehalten werden. Damit soll gewährleistet werden, dass die Betreuungsbehörde Missstände im Rahmen einer laufenden Betreuung dem Vormundschaftsgericht anzeigen darf. Zudem soll die Betreuungsbehörde in Verbindung mit § 4 BtBG n.F. stets prüfen, ob nicht andere Maßnahmen als die Bestellung eines Betreuers, etwa Anordnungen des Vormundschaftsgerichts gem. §§ 1908i, 1846 BGB, eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen abwenden können.


Die Schwelle der „erheblichen Gefahr“ soll weiterhin beibehalten werden. Mit Beibehaltung einer der Erforderlichkeit der Betreuerbestellung ähnlichen Schwelle soll zweierlei bewirkt werden:


Erstens soll gerade im Bereich isolierter vormundschaftsgerichtlicher Maßnahmen nach §§ 1908i Abs. 1, 1846 BGB erreicht werden, dass nicht leichtfertig vormundschaftsgerichtliche Anordnungen erwirkt werden.


Zweitens soll verhindert werden, dass die Betreuungsbehörde im Rahmen einer laufenden Betreuung die Entscheidungen an eigenen Zweckmäßigkeitsüberlegungen misst. Der Betreuer hat sich im Rahmen der laufenden Betreuung gem. § 1901 Abs. 2 BGB am Wohl des Betroffenen unter Berücksichtigung seiner Wünsche auszurichten. Dies mag im Einzelfall dazu führen, dass der Betreuer gerade in Erfüllung der Wünsche des Betroffenen aus der Sicht anderer Beteiligter unzweckmäßig handelt. Damit die Betreuungsbehörde nicht jedes unzweckmäßige, weil etwa unwirtschaftliche Handeln des Betreuers dem Vormundschaftsgericht anzeigt, und damit unnötigerweise einerseits die Vormundschaftsgerichte mit erhöhtem Prüfungsaufwand belastet, andererseits den Betreuer unter Druck setzt, bedarf es der Beibehaltung der Eingriffsschwelle, um sicherzustellen, dass nur bei Beeinträchtigung gewichtiger Interessen des Betroffenen eine Überprüfung der Betreuungsführung durchgeführt wird.

Im Vergleich zur Bestellung eines Betreuers soll damit klargestellt werden, dass andere Maßnahmen ebenso wie die Betreuerbestellung nur bei Fehlen anderer ebenso geeigneter, aber den Betroffenen weniger belastender Möglichkeiten in Betracht kommen.


Zu § 6


Nach Stellung des Antrages der Behörde unter gleichzeitiger Zuleitung des Sozialberichts und des Betreuervorschlages prüft das Vormundschaftsgericht, ob es das Verfahren zur Bestellung eines Betreuers einleitet. Damit auch nach wie vor gesichert bleibt, dass das Vormundschaftsgericht die Betreuungsbehörde auch im weiteren Verlauf zur Sachverhaltsaufklärung heranziehen darf und gegebenenfalls um weitere Betreuervorschläge dann ersuchen darf, falls es den oder die vorgeschlagenen Betreuer als ungeeignet erachtet, sollte § 8 BtBG in veränderter Form beibehalten werden.


Mit der Beschreibung „weitere“ Feststellung soll klargestellt werden, dass die Unterstützungspflicht der Betreuungsbehörde nicht mit der Erstattung des Sozialberichts nach § 4 BtBGE beendet ist. Auch soll das Vormundschaftsgericht weiterhin befugt sein, die Betreuungsbehörde um die Nennung eines anderen als des ursprünglich benannten Betreuers dann ersuchen zu können, wenn


  • die Betreuungsbehörde die Antragstellung abgelehnt hat, dementsprechend auch gar keinen Betreuervorschlag gemacht hat, das Vormundschaftsgericht die Bestellung eines Betreuers für erforderlich hält,
  • die Betreuungsbehörde zwar einen Antrag gestellt und einen Betreuer benannt hat, das Vormundschaftsgericht aber vom Betreuervorschlag der Betreuungsbehörde abweichen will.

Zu § 7


Zu Satz 1


Die weiteren beschriebenen Aufgaben der Betreuungsbehörde nach § 4 BtBG sollten inhaltlich unverändert bestehen bleiben. Wegen der veränderten Reihenfolge der Vorschriften muss § 4 Satz 1 in § 7 Satz 1 umbenannt werden.


Zu Satz 2


Nach geltendem Recht ist der Betreuer nicht verpflichtet, einen Betreuungsplan zu erstellen. In §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836b Ziffer 1 und Ziffer 2 BGB ist eine Planbarkeit und Begrenzbarkeit der Betreuung gesetzlich angedeutet. Dies jedoch, dies zeigt schon die systematische Stellung, im Kosteninteresse der Staatskasse und im Vergütungsinteresse des Betreuers. Eine inhaltliche, dem Wohl des Betroffenen verpflichtete Ausgestaltung der Betreuung findet sich in § 1901 BGB. Gem. § 1901 Abs. 4 BGB ist der Betreuer verpflichtet, innerhalb seines Aufgabenkreises dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern. In welcher Form dies zu geschehen hat, bleibt ungeregelt. Mithin ist auch eine effektive Kontrolle, ob der Betreuer etwa erforderliche Rehabilitationsmaßnahmen veranlasst oder durchführt, nur eingeschränkt möglich. Zudem besteht nach geltendem Recht die nicht unerhebliche Gefahr, dass insbesondere nicht sozialpädagogisch geschulte ehrenamtliche Betreuer sich zu Beginn der Betreuung keine hinreichenden Gedanken über die Ziele und Möglichkeiten der Betreuungsführung machen. Demgemäss gibt es vielfach keine klaren Zielvorstellungen.


Die Pflicht zur Betreuungsplanung hätte den Vorteil, dass jeder Betreuer sich zu Beginn der Betreuung mit den zu erreichenden Zielen der Betreuung gedanklich auseinandersetzen müsste, und er gezielt – mit Unterstützung des Vormundschaftsgerichts und der Betreuungsbehörde – an der Zielerreichung arbeiten kann. Die Betreuer wären für nicht effektive Maßnahmen sensibilisiert, so dass der Betroffene sinnlosen, weil zur Zielerreichung ungeeigneten betreuungsrechtlichen Maßnahmen in geringerem Maße ausgesetzt wäre.


Der Betreuungsplan hätte zudem den Vorteil, dass damit für Betreuungsbehörde und Vormundschaftsgericht eine objektivierbare Grundlage zur Beurteilung der Effektivität des Betreuerhandelns bestünde. Nach regelmäßigen Zeitabständen könnte das Vormundschaftsgericht anhand des Betreuungsplans Fort- oder Rückschritte leichter feststellbar machen und entsprechend, in letzter Konsequenz auch mit einem Betreuerwechsel, gegensteuern.


Entsprechend werden Forderungen aus der Betreuungspraxis laut, die die Institutionalisierung des Betreuungsplanes fordern[185].


Gegen das vorgeschlagene Verfahren lässt sich nicht einwenden, dass mit der Einführung eines obligatorischen Betreuungsplanes das Betreuungsverfahren bürokratisiert werde[186]. Durch eine flexible Handhabung wird ermöglicht, dass den Umständen des Einzelfalles angemessene Betreuungspläne erstellt werden. Zudem soll in offensichtlichen Fällen, etwa bei irreversiblen Krankheitsverläufen, auf eine immer wieder kurzfristig erfolgende Prüfung verzichtet werden.


Auch kann gegen den Betreuungsplan nicht eingewandt werden, dass dessen Erstellung nicht zu den Angelegenheiten des Betroffenen gehöre, mithin auch gar nicht vom Betreuer als vergütungsfähige Angelegenheit zu besorgen sei[187]. Zuzugeben ist diesem Einwand, dass ein Betroffener, ebenso wie jeder andere, nicht zur Erstellung eines Planes, sein Leben betreffend, verpflichtet werden kann. Aber ebenso ist der Betroffene nicht verpflichtet, über seine persönlichen Verhältnisse zu berichten, der Betreuer hingegen gem. §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1840 Abs. 1 BGB schon. Auch geht es bei der Betreuungsplanung nicht darum, dass der Betreuer Angelegenheiten des Betroffenen wahrnimmt, sondern darum, die Effektivität der Betreuung im Interesse des Betroffenen zu steigern. Der Einwand der fehlenden Vergütungsfähigkeit ließe sich dadurch beseitigen, dass die Erstellung des Betreuungsplanes vergütungsfähig gemacht oder im Rahmen einer Pauschalisierung berücksichtigt würde.


Der Betreuungsplan sollte nicht von allen Betreuern, sondern nur von den Berufsbetreuern aufgestellt werden müssen. Zwar ist gerade auch bei ehrenamtlichen Betreuern, wie bereits angedeutet, eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung erforderlich. Nur so wäre zu vermeiden, dass im ehrenamtlichen Bereich der Betreuer aus Unkenntnis die Entwicklung des Betroffenen positiv beeinflussende Maßnahmen zu ergreifen unterlässt. Allerdings wirkte die Pflicht zur Aufstellung eines Betreuungsplans auf potentiell ehrenamtliche Betreuer selbst dann abschreckend, wenn an dessen inhaltliche Ausgestaltung keine überspannten Forderungen gestellt würden.


Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung eines Betreuungsplanes muss die Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte berücksichtigt werden. Die jeweiligen inhaltlichen Anforderungen müssten daher flexibel gehandhabt werden, abhängig insbesondere von


- den zugewiesenen Aufgabenkreisen,

- der Komplexität der Betreuung,

- den Wünschen und Widerständen des Betroffenen,

- den tatsächlichen Besserungsmöglichkeiten und

- dem Krankheitstyp.


Anknüpfend an § 1901 Abs. 4 BGB lässt sich feststellen, dass ein Betreuungsplan vor allem in solchen Aufgabenbereichen wichtig ist, die in stärkstem Maße mit der Person des Betroffenen verknüpft sind, etwa der Gesundheitssorge oder Aufenthaltsbestimmung. Gerade in derart wichtigen Bereichen ist eine Zielreflexion besonders bedeutsam, soll doch der Betroffene wieder in die Lage versetzt werden, seine Angelegenheiten in stärkerem Maße selbst zu regeln. Hinsichtlich dieser Aufgabenbereiche wird sich eine intensivere Betreuungsplanung aufdrängen. Ist ein Berufsbetreuer hingegen etwa lediglich für den Bereich der Vermögenssorge bestellt worden, tritt dieser persönliche Aspekt in den Hintergrund. Die Betreuung beschränkt sich in diesen Fällen grundsätzlich auf die reine Vermögensverwaltung. Gleichwohl ist eine Betreuungsplanung erforderlich, weil der Berufsbetreuer selbst wissen und dem aufsichtsführenden Vormundschaftsgericht darlegen sollte, welches das Ziel der Vermögensverwaltung, also Schuldenregulierung, bloße Anlage des Vermögens o.ä. sein soll.


Wegen der Verschiedenartigkeit der Lebenssachverhalte sind auch Unterschiede im Betreuungsaufwand innerhalb vergleichbarer Aufgabenkreise zu verzeichnen. Die Besorgung etwa von Vermögensangelegenheiten, die sich auf eine Schuldenregulierung beschränkt, kann abhängig von den bestehenden Verpflichtungen, vorhandenem Vermögen, Einkommen, Anzahl der Schuldner und bisherigem Geschehensverlauf in einem Falle mit geringem zeitlichem Aufwand, im anderen Falle mit erheblichen Schwierigkeiten, hohem Zeitaufwand, Beteiligung eines Fachkundigen etc. verbunden sein. Daher ist die Komplexität jeweils bei der inhaltlichen Ausgestaltung zu berücksichtigen. Je komplexer die Aufgabenwahrnehmung, desto intensiver wird sich der Betreuer zu Beginn der Betreuung mit deren Bewältigung auseinander zu setzen haben. Festzuhalten bleibt daher, dass nicht in allen Fällen, sondern nur in geeigneten Fällen die Erstellung eines Betreuungsplanes erforderlich ist. Dieser Feststellung hat die gesetzliche Ausgestaltung zu entsprechen.


Eine intensive gedankliche Auseinandersetzung ist auch dann erforderlich, wenn der Berufsbetreuer Wünschen des Betroffenen nicht entsprechen oder Maßnahmen gegen den Widerstand des Betroffenen durchsetzen will. Gem. § 1901 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Betreuer Wünschen des Betroffenen zu entsprechen. Lediglich dann, wenn das Festhalten am Wunsch des Betroffenen dessen Wohl zuwiderliefe, kann der Betreuer auch gegen den – natürlichen – Willen des Betroffenen handeln. Damit der natürliche Wille des Betroffenen nicht unnötigerweise eingeschränkt wird, ist es für den Berufsbetreuer erforderlich, sich schon von vornherein klar zu machen, welches Ziel auch gegen den natürlichen Willen des Betroffenen zwingend durchgesetzt werden muss, um das Wohl des Betroffenen zu sichern und den Betroffenen vor unnötigen Einschränkungen zu bewahren.


Zu berücksichtigen sind zudem tatsächliche Besserungsmöglichkeiten und der Krankheitstyp. Beide Kriterien sind in den nicht lediglich wirtschaftlich ausgerichteten Aufgabenbereichen nicht gänzlich voneinander zu trennen, da auch der Typ des Gebrechens im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Einfluss auf mögliche Besserungsmöglichkeiten haben wird. Insbesondere dann, wenn im Betreuungsverfahren mit Hilfe des medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt wurde, dass das Gebrechen des Betroffenen unumkehrbar ist und Besserungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht zulässt, wie etwa im Falle der Demenzerkrankungen, wird das Gewicht der Betreuungsplanung weniger auf möglichen Rehabilitationsmaßnahmen, sondern mehr auf der Steigerung der Lebensqualität des Betroffenen beruhen.


Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass angesichts der Vielgestaltigkeit der zu regelnden Lebenssachverhalte eine detaillierte gesetzliche Regelung nicht möglich sein wird. Um die erforderliche Flexibilität zu erreichen, müsste sich eine gesetzliche Regelung auf eine allgemein gehaltene Formulierung beschränken.


Je allgemeiner die entsprechende gesetzliche Regelung gefasst wird, desto größer werden die Auslegungs- und damit die Rechtsanwendungsspielräume des Rechtsanwenders. Übertragen auf die Vormundschaftsgerichte mit der einfachgesetzlich (§ 9 RPflG) und verfassungsrechtlich (Art. 97 Abs. 1 GG) verbürgten sachlichen Unabhängigkeit der Rechtspfleger- und Richterschaft bestünde daher die Gefahr, dass abhängig von Rechtspfleger zu Rechtspfleger oder Vormundschaftsrichter zu Vormundschaftsrichter ein unterschiedliches Verständnis der inhaltlichen Anforderungen an einen Betreuungsplan vorliegen könnte, wodurch die Betreuer jeweils unterschiedlichen, vom jeweiligen Sachbearbeiter abhängigen Anforderungen genügen müssten.


Das entscheidende Argument für eine derartige Rolle der Betreuungsbehörde liegt auf der Hand. Nur die Betreuungsbehörde, mit ihrer Konzentration von sozialpädagogischem Wissen, ist fachlich überhaupt in der Lage, den Betreuern die für die Definition und Artikulation von Betreuungsführungszielen erforderliche Hilfe zu leisten. Die hierfür weder personell noch sächlich ausgerüsteten Vormundschaftsgerichte wären hierzu nicht in der Lage. Jahrelang im Vormundschaftsdezernat gewonnene Kenntnisse vermögen durch eine fundierte Fachausbildung erworbene sozialpädagogische Kenntnisse nicht zu ersetzen. Zudem ist die Betreuungsbehörde durch ihre Einbindung in die kommunale Organisation nicht nur über betreuungsvermeidende Alternativen, sondern auch über soziale Hilfen und andere Möglichkeiten informiert, die der Betreuer zur effektiven Führung der Betreuung in Anspruch nehmen könnte.


Daher sollte die Betreuungsbehörde zuständig sein, um den Berufsbetreuer bei der Erstellung des Betreuungsplanes zu unterstützen.


Zu klären bleibt noch die Frage der Befugnisse der Betreuungsbehörde hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung. Der Berufsbetreuer wird mit seiner Bestellung gem. § 1902 BGB gesetzlicher Vertreter des Betroffenen. Der Betroffene soll durch seinen Betreuer seine gebrechensbedingt eingeschränkte oder aufgehobene Handlungsfähigkeit in vollem Umfange wieder erlangen. Zu beachten ist jedoch, dass jeder das Recht hat, sein Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten, soweit nicht Rechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter betroffen sind; Art. 2 Abs. 1 GG. Ist letzteres nicht der Fall, hat der Staat nicht das Recht, den Betroffenen zu erziehen, zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen[188]. Die Betreuungsbehörde darf daher nicht in die Versuchung geführt werden, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen an Stelle des Berufsbetreuers anzustellen. Sind mehrere mögliche Lebensgestaltungen des Betroffenen denkbar, so muss es dem Berufsbetreuer überlassen bleiben, unter diesen eine Wahl zu treffen. Objektive Grenze für diese Wahlfreiheit des Berufsbetreuers ist gem. § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB das Wohl des Betroffenen. Kommt die Betreuungsbehörde zu dem Schluss, dass unter Zugrundelegung sozialpädagogischer Erkenntnisse unter mehreren möglichen Lebensgestaltungen oder Betreuungszielen bestimmte Gestaltungen oder Ziele dem Wohl des Betroffenen zuwiderliefen, soll sie den Berufsbetreuer darauf hinweisen. Sofern er an diesen festhält, sich also auch durch eine argumentative Auseinandersetzung nicht hiervon abbringen lässt, kann die Betreuungsbehörde gem. § 5 BtBGE das Vormundschaftsgericht in Kenntnis setzen. Dieses kann dann die erforderlichen Maßnahmen veranlassen.


Alleiniger Maßstab für eine Prüfung der Betreuungsbehörde kann daher nur das Wohl des Betroffenen sein.


Eine genaue Festlegung, wann der Betreuungsplan erstellt werden muss, wird angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte nicht möglich sein. In Fällen, in denen der Betroffene dem Berufsbetreuer unbekannt ist, wird dieser erst selbst die persönlichen Umstände und die Wünsche des Betroffenen erforschen müssen.

Vorzugswürdig dürfte es daher sein, keine konkrete Zeitspanne vorzugeben, binnen derer ein Betreuungsplan zu erstellen ist.


Zu Satz 3


Die Erstellung eines Betreuungsplans soll die Effektivität und damit die Qualität der Betreuung steigern. Um zu prüfen, ob dies im Einzelfall auch erreicht werden kann, bieten sich zwei Lösungen an:


Die erste Lösung bestünde darin, dass das Vormundschaftsgericht, nachdem der mit Hilfe der Betreuungsbehörde erstellte Plan zur Betreuungsakte des Gerichts gelangt ist, nach angemessenen Zeitabständen von Amts wegen prüft, ob der Betreuer sich plangemäß oder ohne nachvollziehbaren Grund betreuungsplanwidrig verhalten hat. Im letzteren Falle könnte das Vormundschaftsgericht korrigierend gegensteuern.


Dieser Ansatz begegnet aber erneut durchgreifenden Bedenken. Sowenig das Vormundschaftsgericht die erforderlichen sozialpädagogischen Kenntnisse hat, um einen Betreuungsplan erstellen zu können, so wenig hat es diese Kenntnisse, um die Einhaltung des Plans oder eine sachgerechte oder sachwidrige Abweichung vom Betreuungsplan beurteilen zu können. Letztlich dürfte auch hier wiederum nur die Betreuungsbehörde zu einer kompetenten Überprüfung imstande sein. Dieses Defizit ließe sich nur dadurch vermeiden, dass das Vormundschaftsgericht ausnahmslos verpflichtet würde, die Betreuungsbehörde in regelmäßigen Abständen zur Einhaltung des Planes zu befragen. Dieses Verfahren ist aber umständlich, da es das Vormundschaftsgericht verpflichtete, in jedem Verfahren die Betreuungsbehörde obligatorisch um Berichterstattung zu ersuchen, also gerade in den Fällen, in denen offensichtlich seitens des Betreuers nichts zu veranlassen gewesen wäre, ein umfangreiches, aber überflüssiges Verfahren einzuleiten. Diese Bedenken ließen sich auch nicht dadurch ausräumen, dass das Vormundschaftsgericht die Betreuungsbehörde in geeigneten Fällen einschaltet. Denn abgesehen davon, dass das Vormundschaftsgericht bereits nach geltendem Recht die Betreuungsbehörde gem. § 8 BtBG jederzeit zur Unterstützung heranziehen kann, wird das Vormundschaftsgericht mangels der erforderlichen Fachkenntnisse nicht in der Lage sein zu beurteilen, ob ein geeigneter Fall vorliegt.


Das Problem ließe sich im Sinne einer zweiten Lösung dadurch verhindern, dass die Betreuungsbehörde von sich aus zur Prüfung der Planeinhaltung durch den Betreuer berechtigt ist. Da die Betreuungsbehörde eher die Fachkenntnis hat, beurteilen zu können, in welchen Verfahren Veränderungen oder Fortschritte zu erwarten sind, sollte es auch ihr überlassen bleiben, in diesen Fällen in regelmäßigen Abständen durch Anforderung der Gerichtsakte oder durch Einsicht in die vom Betreuer gem. den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1,1840 Abs. 1 BGB zu erstellenden Berichte die Planeinhaltung zu überwachen. Die Betreuungsbehörde wäre gem. § 5 Abs. 1 BtBGE berechtigt, etwaige Missstände dem Vormundschaftsgericht gegenüber anzuzeigen.

Bei der grundlosen Nichteinhaltung des Betreuungsplanes, der die zum Wohle des Betroffenen zu erreichenden Ziele konkretisiert, dürfte es sich um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen handeln.


Das erforderliche Akteneinsichtsrecht der Betreuungsbehörde folgt bereits aus § 34 FGG. Das Vormundschaftsgericht hätte es dann in der Hand, den Betreuer durch geeignete Maßnahmen zur Planbefolgung anzuhalten, falls es auch zu der Ansicht gelangte, dass die Abweichung vom Betreuungsplan pflichtwidrig sei.


Nun bleibt es denkbar, dass sich durch Zeitablauf Umstände ändern, Ziele des Planes erreicht werden oder sich neue Probleme und damit neue Problemlösungen als Betreuungsziele ergeben. In diesen Fällen müssten die Betreuer entsprechende Angaben machen. Eine Berichterstattung zu den persönlichen Verhältnissen ist bereits gem. den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840 Abs. 1 BGB vorgesehen. Diese Vorschrift mag klarstellend auch auf die Erreichung der Ziele des Betreuungsplans ausgedehnt werden.


Nicht auszuschließen ist, dass ein neuer Betreuungsplan wegen veränderter Umstände geändert oder wegen Zielerreichung ein neuer Betreuungsplan erstellt werden muss. In diesen Fällen wäre es aufgrund ihrer Sachkompetenz der Betreuungsbehörde zu überlassen, ob eine Änderung oder Neuerstellung erforderlich ist. Damit die Betreuungsbehörde von veränderten Umständen überhaupt Kenntnis erlangen kann, sollte das Vormundschaftsgericht die Betreuungsbehörde von den veränderten Umständen in Kenntnis setzen. Eine entsprechende Befugnis des Vormundschaftsgerichts ergibt sich bereits gem. § 69k Abs. 2 FGG. Die Betreuungsbehörde hätte dann zu prüfen, ob ein Einschreiten geboten wäre. Hierüber erstattete sie dem Vormundschaftsgericht Bericht.

Zu § 9


Zu Absatz 1


Der bisherige § 6 BtBG wird in dem neuen Absatz 1 des § 9 BtBGE wiedergegeben und durch die individuelle Beratungsaufgabe bei Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen ergänzt.


Zu den Absätzen 2 bis 6


Die Ausführungen zu § 6 BtBGE in Kapitel 1 III 4 b gelten entsprechend.

Zu § 11


Zu Absatz 1


Durch eine Verlagerung der Eingangsinstanz vom Vormundschaftsgericht auf die Betreuungsbehörde darf faktisch kein Rechtsverlust des Betroffenen oder anderer Beteiligter bewirkt werden.


Die Beschwerdeberechtigung der am Betreuungsverfahren Beteiligten ist in den §§ 20, 69g Abs. 1, Abs. 2, Abs.4, 69i Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 6 und Abs. 8 FGG geregelt. Danach ergibt sich ein differenziertes Bild, je nachdem wer gegen welche Maßnahme des Vormundschaftsgerichts vorgehen will. Die genannten Regelungen sind Sonderregelungen im Betreuungsverfahren; § 57 FGG gilt nicht[189]. Gem. § 20 Abs. 1 FGG steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch eine Verfügung des Vormundschaftsgerichts beeinträchtigt wird. Soweit eine Verfügung nur auf förmlichen Antrag erlassen werden kann, also grundsätzlich nur im Falle des Vorliegens einer lediglich körperlichen Behinderung des Betroffenen (§ 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB), und der Antrag zurückgewiesen wird, steht die Beschwerde gem. § 20 Abs. 2 FGG nur dem Antragsteller zu.

Der Betroffene kann Beschwerde im Sinne des § 19 FGG einlegen gegen


  • die Bestellung eines (§ 1897 Abs. 1 BGB) oder mehrerer Betreuer (§ 1899 Abs. 3 BGB), eines Kontrollbetreuers (§ 1896 Abs. 3 BGB), eines Verhinderungsbetreuers (§ 1899 Abs. 4 BGB), eines besonderen Betreuers (§ 1896 Abs. 2 BGB) oder eines vorläufigen Betreuers (§ 69f Abs. 1 Satz 1FGG), § 20 Abs. 1 FGG,
  • die Verlängerung einer Betreuerbestellung, §§ 69i Abs. 6 Satz 1, 20 Abs. 1 FGG,
  • die Ablehnung einer Betreuerbestellung, § 20 Abs. 1 FGG,
  • die Erweiterung des Kreises einwilligungsbedürftiger Willenserklärungen, §§ 69i Abs. 2, Abs.1, 20 Abs. 1 FGG,
  • die Erweiterung des Aufgabenkreises, §§ 69i Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 1 FGG.

Er kann zudem sofortige Beschwerde im Sinne des § 22 FGG einlegen gegen


  • die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, §§ 20 Abs. 1, 69g Abs. 4 Ziffer 1 FGG,
  • die Verlängerung eines Einwilligungsvorbehaltes, §§ 20 Abs. 1, 69i Abs. 6 Satz 1, 69g Abs. 4 Ziffer 1 FGG,
  • die Ablehnung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, §§ 20 Abs. 1, 69g Abs. 4 Ziffer 1 FGG,
  • die Aufhebung eines Einwilligungsvorbehaltes, §§ 20 Abs. 1, 69i Abs. 3, 69g Abs. 4 FGG
  • die Einschränkung des Kreises einwilligungsbedürftiger Willenserklärungen, §§ 20 Abs. 1 69i Abs.3, 69g Abs. 4 FGG,
  • die Aufhebung der Betreuung, §§ 20 Abs. 1, 69i Abs. 3, 69g Abs. 4 FGG und
  • die Einschränkung des Aufgabenkreises, §§ 20 Abs. 169i Abs. 3, 69g Abs. 4 FGG.

Hat der lediglich körperlich behinderte Betroffene einen förmlichen Antrag auf Bestellung eines Betreuers gem. § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB gestellt, so kann er gem. § 20 Abs. 2 FGG Beschwerde einlegen gegen


  • die Ablehnung seines Antrages
  • aber auch gegen die Bestellung eines Betreuers, gegen eine Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung oder der Verlängerung der Betreuerbestellung, wobei zu beachten sein wird, dass dem Betroffenen das Rechtsschutzinteresse dann fehlen dürfte, falls das Vormundschaftsgericht seinem Antrag gefolgt ist[190].

Dem Verfahrenspfleger stehen gem. § 67 Abs. 2 FGG dieselben Rechtsmittel wie dem Betroffenen zu.


Der Betreuer kann, solange die Betreuung besteht[191], gem. § 69g Abs. 2 FGG gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, (auch) im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Der Aufgabenkreis ist betroffen und eine Beschwerdeberechtigung gegeben, wenn


  • der Aufgabenkreis der Betreuung erweitert oder eingeschränkt wird[192],
  • ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, aufgehoben, erweitert oder eingeschränkt wird[193].

Zudem kann der Betreuer sich mittels der sofortigen Beschwerde gemäß § 69g Abs. 4 Ziffer 3 FGG gegen seine Entlassung wenden[194].


Hingegen kann der potentielle Betreuer – sofern er nicht zum Personenkreis des § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG zählt – keine Beschwerde gegen die Ablehnung seiner Bestellung erheben. Gleiches gilt dann, wenn der Betreuer sich gegen die Bestellung eines weiteren Betreuers für einen Aufgabenbereich wendet, der ihm bisher noch nicht übertragen ist[195]. Er ist auch nicht gem. § 20 Abs. 2 FGG beschwerdebefugt, da eine von ihm gegebene Anregung keinen förmlichen Antrag im Sinne des § 20 Abs. 2 FGG darstellt. Gegen einen Beschluss, durch den die bestehende Betreuung aufgehoben wird, kann sich der Betreuer ebenfalls nicht mit der Beschwerde wenden[196]. Umstritten ist, ob sich eine Beschwerdebefugnis des Betreuers nach seiner Entlassung aus § 20 Abs. 1 FGG ergeben kann[197].


Der Ehegatte des Betroffenen, der Lebenspartner des Betroffenen[198] und diejenigen, die mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum Dritten Grade verwandt sind, und die Betreuungsbehörde sind nach § 69g Abs. 1 beschwerdeberechtigt.


Sie können daher Beschwerde einlegen gegen


  • die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, nicht jedoch, falls der Betreuer auf Anregung des Betroffenen oder Antrag des Betroffenen im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB bestellt wurde; § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG[199]. Dies gilt gem. arg. e § 1896 Abs.1 Satz 2 BGB auch dann, wenn der Betroffene geschäftsunfähig ist[200]. Die Beschwerde kann im Sinne einer Teilanfechtung beschränkt gegen die erstmalige Auswahl des Betreuers gerichtet werden[201]. Denn wenn die genannten Personen sich gegen die erstmalige Einrichtung der Betreuung insgesamt wenden können, müssen sie sich erst recht gegen die erstmalige Bestellung eines bestimmten Betreuers wenden können[202]. Dies gilt auch dann, wenn sie die eigene Bestellung zum Betreuer anstreben[203].
  • die Bestellung eines neuen Betreuers im Falle des 1908c BGB, §§ 69i Abs. 8, 69g Abs. 1 Satz 1 FGG,
  • die Verlängerung der Betreuerbestellung, §§ 69i Abs. 6 Satz 1, 69g Abs. 1 Satz 1 FGG,
  • die Ablehnung der Bestellung eines Betreuers; § 69g Abs.1 Satz 1 FGG,
  • die Erweiterung des Kreises einwilligungsbedürftiger Willenserklärungen; §§ 69i Abs. 2, Abs. 1, 69g Abs. 1 Satz 1 FGG
  • die Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung, §§ 69i Abs. 1 Satz 1, 69g Abs. 1 Satz 1 FGG.

Sie können zudem sofortige Beschwerde einlegen gegen


  • die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes; § 69g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Ziffer 1 FGG,
  • die Verlängerung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes; §§ 69i Abs. 6 Satz 1, 69g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Ziffer 1 FGG,
  • die Ablehnung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes; § 69g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Ziffer 1 FGG,
  • die Aufhebung des Einwilligungsvorbehaltes; §§ 69i Abs. 3, 69g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 FGG
  • die Einschränkung des Kreises einwilligungsbedürftiger Willenserklärungen; §§ 69i Abs. 3, 69g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 FGG,
  • die Aufhebung der Betreuung; §§ 69i Abs. 3, 69g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 FGG,
  • die Einschränkung des Aufgabenkreises der Betreuung; §§ 69i Abs. 3, 69g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 FGG.

Hingegen steht den genannten Personen keine Beschwerdebefugnis zu hinsichtlich


  • der Entlassung oder Ablehnung der Entlassung des Betreuers[204] und Bestellung eines neuen Betreuers[205] im Rahmen einer bestehenden Betreuung,
  • der Ablehnung eines beantragten Betreuerwechsels[206].

Eine Beschwerdeberechtigung lässt sich für diese Personen, auch unter Berücksichtigung des Art. 6 GG, nicht ableiten[207].


Der Vertreter der Staatskasse ist ausschließlich gem. § 69g Abs. 1 Satz 2 FGG dann beschwerdeberechtigt, wenn er geltend macht, dass die bestehende Betreuung nunmehr durch einen ehrenamtlichen Betreuer übernommen werden könne, das Vormundschaftsgericht die Entlassung des Berufsbetreuers jedoch ablehnt. Hingegen steht ihm kein Beschwerderecht gegen die Feststellung des Vormundschaftsgerichts, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führe, zu[208].


Eine Beschwerdeberechtigung Dritter sieht § 69g Abs. 1 FGG ausdrücklich nicht vor. Der Katalog des § 69g FGG ist abschließend[209]. Eine analoge Anwendung des § 57 FGG verbietet sich wegen des Vorhandenseins dieser Sonderregelung[210]. Mithin richtet sich eine Beschwerdeberechtigung Dritter lediglich nach § 20 Abs. 1 FGG. Ein Recht im Sinne des § 20 Abs. 1 FGG ist jedes durch Gesetz verliehene oder durch die Rechtsordnung anerkannte, von der Staatsgewalt geschützte private oder öffentliche Recht, dagegen nicht schon ein rechtliches oder berechtigtes wirtschaftliches, ideelles oder sonstiges Interesse[211].


Ein Beschwerderecht dritter, nicht in § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG aufgeführter Personen kommt daher gem. § 20 Abs. 1 FGG in Betracht,


-wenn das Vormundschaftsgericht trotz Vorliegens einer wirksamen Generalvollmacht für den Vollmachtgeber einen Betreuer bestellt und dadurch den Bevollmächtigten übergeht[212] oder

-wenn der Vermieter, zum Beispiel um wirksam kündigen zu können, die Bestellung eines Betreuers für den Mieter anregt und dies schlüssig damit begründet, dass dieser geschäftsunfähig geworden sei[213], da der Dritte seine Rechte als Vermieter auf absehbare Zeit nicht ausüben kann.


Bei der Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz sind zwei Handlungsalternativen der Betreuungsbehörde vorgegeben. Sie kann zum einen die Erforderlichkeit der Betreuung bejahen und einen Antrag an das Vormundschaftsgericht stellen. Sie kann zum anderen davon absehen.


Ausgehend vom eben dargestellten System der Beschwerdemöglichkeiten ist für die Ablehnung der Antragstellung das Erfordernis einer gerichtlichen Überprüfung zwingend. Zwar wehrte die Betreuungsbehörde mit Ablehnung einer Antragstellung letztlich die Einrichtung einer Betreuung und damit einen Grundrechtseingriff ab. Gleichwohl berücksichtigt das geltende Recht, dass die Einrichtung einer Betreuung subjektiv nicht als Eingriff, sondern als Hilfestellung empfunden werden kann. Deswegen gewährt sie dem Betroffenen, den in § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG genannten Personen und dem Verfahrenspfleger die Möglichkeit, die Ablehnung der Bestellung eines Betreuers durch das Vormundschaftsgericht mittels der einfachen Beschwerde durch das Landgericht überprüfen zu lassen. Die Vorschaltung der Betreuungsbehörde darf daher nicht dazu führen, dass die genannten Personen dieser Möglichkeit beraubt würden und die Ablehnung der Antragstellung durch die Betreuungsbehörde rechtsschutzlos hinnehmen müssten. Daher muss gegen die Ablehnung der Betreuungsbehörde eine Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet sein.


Gleiches gilt auch dann, wenn die Betreuungsbehörde innerhalb eines Monats untätig bleibt. Denn in diesen Fällen wäre der Anregende rechtsschutzlos gestellt, falls die Betreuungsbehörde durch schlichtes Untätigbleiben den Fortgang des Verfahrens blockiert.


Entsprechend der bisherigen Regelung in den §§ 20, 69g Abs. 1 Satz 1 FGG muss eine gerichtliche Überprüfung unabhängig davon gewährleistet werden, ob die Betreuungsbehörde von Amts wegen, mit Zustimmung des Betroffenen im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB oder auf Anregung des Betroffenen oder eines sonstigen Beteiligten die Betreuerbestellung prüft und die Antragstellung an das Vormundschaftsgericht ablehnt.


Über die behördliche Entscheidung muss das Vormundschaftsgericht entscheiden. Eine Verlagerung dieser Aufgabe auf das Landgericht entsprechend § 19 Abs. 2 FGG bietet sich aus verfahrensökonomischer Sicht nicht an. Das Vormundschaftsgericht könnte den Antrag auf gerichtliche Entscheidung prüfen und im Falle der Ersetzung des Antrages der Betreuungsbehörde sofort das Betreuungsverfahren einleiten, ohne eine anfechtbare Zwischenentscheidung treffen zu müssen. Hingegen wäre im Falle einer Entscheidung durch das Landgericht zunächst eine weitere Instanz überflüssigerweise mit der Sache befasst.


Das Vormundschaftsgericht prüft, ob die Betreuungsbehörde ausgehend von ihren Ermittlungen gem. § 4 BtBGE einen Antrag an das Vormundschaftsgericht hätte stellen müssen. Dabei stellt das Vormundschaftsgericht keine eigenen Ermittlungen an, da dies zu einer Verlagerung der eigentlichen Ermittlungstätigkeit des Vormundschaftsgerichts in das Prüfungsverfahren führte, sondern legt seinen Überlegungen lediglich die bisher vorhandenen Ermittlungen, etwa in Form der zur Betreuungsbehörde eingereichten Anregungen und Anträge oder des Berichts der Betreuungsbehörde und ihrer ablehnenden Entscheidung, zugrunde. Lässt sich nach Prüfung nicht ausschließen, dass der Betroffene eines Betreuers bedarf (vgl. § 4 Abs. 2 BtBGE), so steht bereits damit fest, dass die Betreuungsbehörde einen Antrag hätte stellen müssen. In diesem Falle müsste das Vormundschaftsgericht die Entscheidung der Betreuungsbehörde ändern und das Verfahren zur Bestellung eines Betreuers einleiten.


Zu Absatz 2


Eine Antragsberechtigung sollte nur im Falle der Ablehnung der Entscheidung der Betreuungsbehörde gegeben sein. Wie bereits dargestellt, steht nach geltendem Recht gegen die Ablehnung der Betreuerbestellung dem Betroffenen stets gem. § 20 Abs. 1 FGG, im Falle des § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB gem. § 20 Abs. 2 FGG und den in § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG genannten Beteiligten die Beschwerde zur Verfügung. Dritte sind nur nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 FGG beschwerdebefugt. Der potentielle Betreuer hat gegen die Ablehnung der Betreuerbestellung kein Beschwerderecht.


Diese Regelung ist entsprechend auch im Verfahren der Ablehnung der Antragstellung durch die Betreuungsbehörde zu übernehmen. Nur so kann ein Systemwiderspruch zur Beschwerde gegen vormundschaftsgerichtliche Ablehnungen vermieden werden. Eine Erweiterung des antragsberechtigten Kreises auf weitere Dritte ist daher nicht angezeigt. Ein Betreuer kann zwar auch im Interesse eines Dritten bestellt werden[214]. Trotzdem besteht kein Grund, aus dieser Schlussfolgerung heraus ein über § 20 Abs. 1 FGG hinausgehendes generelles Antragsrecht Dritter zu regeln. Denn mit der Ablehnung der Antragstellung wendet die Betreuungsbehörde einen Grundrechtseingriff, nämlich die Bestellung eines Betreuers und damit die Ersetzung selbst- durch fremdbestimmten Handelns, ab. Ein sachlicher Grund, jedem Dritten generell über die Beschwerde die Möglichkeit einzuräumen, die Ablehnung anzugreifen, dadurch gegebenenfalls die Bestellung eines Betreuers zu erwirken und damit in Rechte des Betroffenen einzugreifen, besteht nicht. Im Falle der in § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG Genannten ist hingegen ein derartiger Grund in der ehelichen, partnerschaftlichen und familiären Verbundenheit zu sehen. Im Fall der Betreuungsbehörde ist ein derartiger Grund in ihrer erhöhten sozialpädagogischen Kompetenz zu erblicken.


Mithin ist die Regelung des § 20 Abs. 1 FGG ausreichend. Denn nur dann, wenn eigene Rechte des Dritten betroffen wären, wäre ein sachlicher Grund gegeben, der unter Berücksichtigung des Grundsatzes der praktischen Konkordanz, eine Beeinträchtigung der Rechte des Betroffenen durch Bestellung eines Betreuers rechtfertigte.


Zu Absatz 3


Das nach § 65 FGG zuständige Vormundschaftsgericht kann die ablehnende Entscheidung der Betreuungsbehörde ersetzen und das Betreuungsverfahren einleiten.

Bestätigt das Vormundschaftsgericht die ablehnende Entscheidung der Betreuungsbehörde und lehnt es die Einleitung eines Verfahrens ab, so bestimmt sich der weitere Verfahrensgang nach den Vorschriften des FGG. Da das Vormundschaftsgericht die Bestellung eines Betreuers ablehnte, wäre hiergegen die Beschwerde gem. §§ 20 Abs. 1, 69g Abs. 1 Satz 1 FGG gegeben.


In dem Falle, in dem die Betreuungsbehörde die Erforderlichkeit der Betreuung bejaht und dementsprechend den Antrag an das Vormundschaftsgericht richtet, ist die selbständige Eröffnung einer Rechtsschutzmöglichkeit gegen die Stellung des Antrags nicht erforderlich.


Gem. § 7 BtBG in der geltenden Fassung kann die Betreuungsbehörde Umstände, die für die Einrichtung einer Betreuung erheblich sein können, an das Vormundschaftsgericht mitteilen. In Fällen, in denen damit dem Vormundschaftsgericht nur die seitens der Betreuungsbehörde mitgeteilten Umstände bekannt sind, wird faktisch auf Initiative der Betreuungsbehörde das Betreuungsverfahren eingeleitet. Gleichwohl ist ein Rechtsmittel gegen die Entschließung der Betreuungsbehörde zur Weitergabe der Informationen nicht gegeben, und zwar aus gutem Grunde. Denn bei dieser Weitergabe handelt es sich ebenso wie bei der nicht isoliert anfechtbaren Berichterstattung und Betreuerbenennung gem. § 8 BtBG um eine verfahrensleitende Zwischenverfügung im Betreuungsverfahren. Eine besonders intensive grundrechtsbelastende Wirkung, die die Zulassung eines Rechtsmittels bedingte, kann in der Antragstellung nicht gesehen werden. Bereits jetzt werden verfahreneinleitende oder verfahrensleitende Verfügungen, wie etwa der Beschluss zur Einleitung eines Betreuungsverfahrens oder die Anordnung der Einholung eines Gutachtens als nicht anfechtbar betrachtet[215], obwohl eine stigmatisierende Wirkung für den Betroffenen eher im Falle eines förmlichen Gerichtsbeschlusses als im Falle eines bloßen Antrags gesehen werden könnte. Zudem sieht bereits das geltende Recht auch im Falle gravierender Rechtsbeeinträchtigungen, wie im Falle der Vorführung des Betroffenen zum Zwecke der Begutachtung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen gem. § 68b Abs. 3 FGG, den Ausschluss der Anfechtbarkeit vor.


Gründe effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zwingen nicht zur Einrichtung einer Beschwerdemöglichkeit, da das Gericht ohnehin nach Stellung des Antrags mit dem Betreuungsverfahren und vorrangig mit der Frage der Erforderlichkeit der Einleitung eines Betreuungsverfahrens befasst sein wird. Während im Falle der Antragsablehnung das Gericht ohne die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, niemals von entsprechenden Anregungen oder Anträgen Kenntnis erhielte, ist im Rahmen der Antragstellung die Befassung des Vormundschaftsgerichts mit dem Antrag und der Frage der Erforderlichkeit der Betreuung notwendige und automatische Folge.


Zu Artikel 3


Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit


Zu § 35 a Satz 4


Eine Änderung des § 35 a Satz 4 FGG ist erforderlich, da diese Vorschrift auf § 7 BtBG, nunmehr § 5 BtBGE, verweist. Eine inhaltliche Änderung ist mit diesem Verweis nicht verbunden.


Zu § 68b Abs. 1 Satz 2


§ 68b Abs. 1 Satz 2 FGG ist zur Verdeutlichung des Antragsmonopols der Betreuungsbehörde klarstellend zu ändern. Unter dem hier genannten Antrag ist sowohl die Zustimmung nach § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB, als auch der „Antrag“ des Betroffenen im Sinne einer Anregung zu verstehen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Änderung des auf § 68b Abs. 1 Satz FGG verweisenden § 69i Abs. 4 FGG.


Zu § 69g Absatz 1


Zu Satz 1


§ 69g Abs. 1 Satz 1 FGG ist zu ändern, da diese Vorschrift vorsieht, dass das Vormundschaftsgericht „von Amts wegen“ einen Betreuer bestellt. Damit ist eine Beschwerdemöglichkeit für die in § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG Genannten in den Fällen ausgeschlossen, in denen die Bestellung des Betreuers auf „Antrag“ des Betroffenen, d.h. auf förmlichen Antrag des Betroffenen im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGB oder auf Anregung des Betroffenen, erfolgt. Da nunmehr jede Bestellung „auf Antrag der zuständigen Behörde“ erfolgen kann, wäre eine Beschwerdemöglichkeit in diesen Fällen nie gegeben.


Die gesetzliche Regelung des § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Betreuer auf echten Antrag oder Anregung, und damit auf Wunsch des Betroffenen bestellt worden ist. Demgemäss soll es den in § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG Genannten nicht möglich sein, diesen Wunsch des Betroffenen zu untergraben. In den Fällen enger persönlicher oder verwandtschaftlicher Verbundenheit zum Betroffenen ist dieser Gedanke folgerichtig, da der Ehegatte, Lebenspartner oder Verwandte oftmals subjektiv eingefärbte Vorstellungen von der Erforderlichkeit einer Betreuung haben wird, mithin auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der Betreuerbestellung diese abwehren will. In diesen Fällen soll jedoch der sich im Antrag manifestierte Wunsch des Betroffenen stets Vorrang haben.


Im Falle der Betreuungsbehörde ist diese Beschränkung nach geltendem Recht zweifelhaft, da die Betreuungsbehörde nach objektiven Maßstäben die Erforderlichkeit der Betreuerbestellung beurteilt, mithin subjektive Voreingenommenheit kaum zu befürchten sein wird. Mit der Umwandlung der Betreuungsbehörde in eine Eingangsinstanz lässt sich diese Beschränkung überhaupt nicht mehr vereinbaren. Ihr soll die primäre Prüfung obliegen, ob eine Betreuung erforderlich ist. Wenn ihr gegen eine anderslautende Entscheidung des Vormundschaftsgerichts keinerlei Rechtsmittel zustünde, könnte sie diese Aufgabe nur unvollkommen erfüllen, zumal das Vormundschaftsgericht dadurch, dass es den Betroffenen zur Stellung eines „Antrags“ bewegt, eine Beschwerdemöglichkeit der Betreuungsbehörde verhindern kann. Auch bestünde die Gefahr, dass die Betreuungsbehörde im Wissen, dass ihr ohnehin kein Rechtsmittel zusteht, ihre Aufgabe nicht hinreichend sorgfältig betreibt. Daher ist der Behörde in jedem Falle der Betreuerbestellung eine Beschwerdemöglichkeit zu eröffnen.


Gleiches gilt dann auch in den Fällen, in denen


  • der Aufgabenkreis der Betreuung erweitert wird; §§ 69i Abs. 1 Satz 1, 69g Abs. 1 FGG,
  • die bestehende Betreuung verlängert wird; §§ 69i Abs. 6, 69g Abs. 1 FGG und
  • ein neuer Betreuer gem. § 1908c BGB bestellt wird; §§ 69i Abs. 8, 69g Abs. 1 FGG.

Zu Satz 2


Die Betreuungsbehörde ist Antragstellerin im Sinne des § 20 Abs. 2 FGG, so dass sie – wie bisher gem. § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG – gegen die Ablehnung der Bestellung eines Betreuers Beschwerde einlegen kann.


Durch Änderung des § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG erhält die Behörde die Möglichkeit in allen Fällen gegen eine Bestellung eines Betreuers vorzugehen.


Ansonsten bleiben inhaltlich die bisherigen Beschwerdemöglichkeiten bestehen. Lediglich § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG wäre entsprechend dem Antragsmonopol der Betreuungsbehörde zu ändern. Eine weitere inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.


Zu Artikel 4


Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz


Zu § 71 Abs. 3


Zu Satz 1:


Die Vorschrift des § 71 Abs. 3 Satz 1 ist entsprechend der Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als Eingangsinstanz zu ändern. Die Betreuungsbehörde ist insbesondere hinsichtlich der Bestellung eines Betreuers als Eingangsinstanz auszugestalten, so dass eine direkte Übermittlung von Sozialdaten an das Vormundschaftsgericht diese Primärzuständigkeit umginge. Insofern müssten die entsprechenden Sozialdaten der Betreuungsbehörde übermittelt werden. Da die Betreuungsbehörde jedoch nicht hinsichtlich aller vom Vormundschaftsgericht zu treffenden betreuungsrechtlichen Entscheidungen als Eingangsinstanz fungierte, wäre es nach wie vor erforderlich, dem Vormundschaftsgericht diejenigen Sozialdaten zukommen zu lassen, die betreuungsrechtliche Maßnahmen ohne zwingende Einschaltung der Betreuungsbehörde bedingten.


Zu Satz 2


Die Zahlenfolge des BtBGE veränderte sich, so dass die jetzige Verweisung in Satz 2 ohne inhaltliche Änderung zu modifizieren wäre. Statt auf § 7 des BtBG müsste Satz 2 auf § 5 BtBGE verweisen.

IV.Modell 2 – Aufgabenverlagerung auf Betreuungsbehörden


Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Betreuungsrechtes


Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches


Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I 42), zuletzt geändert durch...wird wie folgt geändert :


Die §§ 1896 bis 1908k werden wie folgt gefasst:


㤠1896
Voraussetzungen


(1) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt die zuständige Behörde auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Soweit der Volljährige auf Grund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.


(2) Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.


(3) Als Aufgabenkreis kann auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden.


(4) Die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten seiner Post werden vom Aufgabenkreis des Betreuers nur dann erfasst, wenn die zuständige Behörde dies ausdrücklich angeordnet hat.


§ 1897
Bestellung einer natürlichen Person


(1) Zum Betreuer bestellt die zuständige Behörde eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem behördlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen.


(2) Der Mitarbeiter eines nach § 1908f anerkannten Betreuungsvereins, der dort ausschließlich oder teilweise als Betreuer tätig ist (Vereinsbetreuer), darf nur mit Einwilligung des Vereins bestellt werden. 


(3) Wer zu einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in welcher der Volljährige untergebracht ist oder wohnt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht, darf nicht zum Betreuer bestellt werden.


(4) Schlägt der Volljährige eine Person vor, die zum Betreuer bestellt werden kann, so ist diesem Vorschlag zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Volljährigen nicht zuwiderläuft. Schlägt er vor, eine bestimmte Person nicht zu bestellen, so soll hierauf Rücksicht genommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Vorschläge, die der Volljährige vor dem Betreuungsverfahren gemacht hat, es sei denn, dass er an diesen Vorschlägen erkennbar nicht festhalten will.


(5) Schlägt der Volljährige niemanden vor, der zum Betreuer bestellt werden kann, so ist bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Volljährigen, insbesondere auf die Bindungen zu Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten und zum Lebenspartner, sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen.
(6) Wer Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist. Werden dem Betreuer Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass der Volljährige durch eine oder mehrere andere geeignete Personen außerhalb einer Berufsausübung betreut werden kann, so hat er dies dem Gericht mitzuteilen.


(7) (aufgehoben)


§ 1898
Übernahmepflicht


(1) Der von der zuständigen Behörde Ausgewählte ist verpflichtet, die Betreuung zu übernehmen, wenn er zur Betreuung geeignet ist und ihm die Übernahme unter Berücksichtigung seiner familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse zugemutet werden kann.


(2) Der Ausgewählte darf erst dann zum Betreuer bestellt werden, wenn er sich zur Übernahme der Betreuung bereit erklärt hat.


§ 1899
Mehrere Betreuer


(1) Die zuständige Behörde kann mehrere Betreuer bestellen, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können. In diesem Fall bestimmt sie, welcher Betreuer mit welchem Aufgabenkreis betraut wird.


(2) Für die Entscheidung über die Einwilligung in eine Sterilisation des Betreuten ist stets ein besonderer Betreuer zu bestellen.


(3) Soweit mehrere Betreuer mit demselben Aufgabenkreis betraut werden, können sie die Angelegenheiten des Betreuten nur gemeinsam besorgen, es sei denn, dass die zuständige Behörde etwas anderes bestimmt hat oder mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
(4) Die zuständige Behörde kann mehrere Betreuer auch in der Weise bestellen, dass der eine die Angelegenheiten des Betreuten nur zu besorgen hat, soweit der andere verhindert ist oder ihm die Besorgung überträgt.


§ 1900
Betreuung durch Verein


(1) Kann der Volljährige durch eine oder mehrere natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden, so bestellt die zuständige Behörde einen anerkannten Betreuungsverein zum Betreuer. Die Bestellung bedarf der Einwilligung des Vereins.


(2) Der Verein überträgt die Wahrnehmung der Betreuung einzelnen Personen. Vorschlägen des Volljährigen hat er hierbei zu entsprechen, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen. Der Verein teilt der zuständigen Behörde alsbald mit, wem er die Wahrnehmung der Betreuung übertragen hat.


(3) Werden dem Verein Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass der Volljährige durch eine oder mehrere natürliche Personen hinreichend betreut werden kann, so hat er dies der zuständigen Behörde mitzuteilen.


(4) (aufgehoben)


(5) Vereinen darf die Entscheidung über die Einwilligung in eine Sterilisation des Betreuten nicht übertragen werden.


§ 1901
Umfang der Betreuung, Pflichten des Betreuers


(1) Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.


(2) Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.


(3) Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft.


(4) Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.


(5) Werden dem Betreuer Umstände bekannt, die eine Aufhebung der Betreuung ermöglichen, so hat er dies der zuständigen Behörde mitzuteilen. Gleiches gilt für Umstände, die eine Einschränkung des Aufgabenkreises ermöglichen oder dessen Erweiterung, die Bestellung eines weiteren Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903) erfordern.


§ 1901a
Schriftliche Betreuungswünsche


Wer ein Schriftstück besitzt, in dem jemand für den Fall seiner Betreuung Vorschläge zur Auswahl des Betreuers oder Wünsche zur Wahrnehmung der Betreuung geäußert hat, hat es unverzüglich an die zuständige Behörde abzuliefern, nachdem er von der Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines Betreuers Kenntnis erlangt hat.


§ 1902
Vertretung des Betreuten


unverändert


§ 1903
Einwilligungsvorbehalt


unverändert


§ 1904
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen


unverändert


§ 1905
Sterilisation


unverändert


§ 1906
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei der Unterbringung


unverändert


§ 1907
Genehmigung der zuständigen Behörde bei der Aufgabe der Mietwohnung


(1) Zur Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den der Betreute gemietet hat, bedarf der Betreuer der Genehmigung der zuständigen Behörde. Gleiches gilt für eine Willenserklärung, die auf die Aufhebung eines solchen Mietverhältnisses gerichtet ist.


(2) Treten andere Umstände ein, auf Grund derer die Beendigung des Mietverhältnisses in Betracht kommt, so hat der Betreuer dies der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sein Aufgabenkreis das Mietverhältnis oder die Aufenthaltsbestimmung umfasst. Will der Betreuer Wohnraum des Betreuten auf andere Weise als durch Kündigung oder Aufhebung eines Mietverhältnisses aufgeben, so hat er dies gleichfalls unverzüglich mitzuteilen.


(3) Zu einem Miet- oder Pachtvertrag oder zu einem anderen Vertrag, durch den der Betreute zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, bedarf der Betreuer der Genehmigung der zuständigen Behörde, wenn das Vertragsverhältnis länger als vier Jahre dauern oder vom Betreuer Wohnraum vermietet werden soll.


§ 1908
Genehmigung der zuständigen Behörde bei der Ausstattung


Der Betreuer kann eine Ausstattung aus dem Vermögen des Betreuten nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde versprechen oder gewähren.


§ 1908a
Vorsorgliche Betreuerbestellung und Anordnung des Einwilligungsvorbehalts
für Minderjährige


unverändert


§ 1908b
Entlassung des Betreuers


(1) Die zuständige Behörde hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt. Die zuständige Behörde soll den nach § 1897 Abs. 6 bestellten Betreuer entlassen, wenn der Betreute durch eine oder mehrere andere Personen außerhalb einer Berufsausübung betreut werden kann.


(2) Der Betreuer kann seine Entlassung verlangen, wenn nach seiner Bestellung Umstände eintreten, auf Grund derer ihm die Betreuung nicht mehr zugemutet werden kann.


(3) Die zuständige Behörde kann den Betreuer entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt.


(4) Der Vereinsbetreuer ist auch zu entlassen, wenn der Verein dies beantragt. Ist die Entlassung nicht zum Wohl des Betreuten erforderlich, so kann die zuständige Behörde statt dessen mit Einverständnis des Betreuers aussprechen, dass dieser die Betreuung künftig als Privatperson weiterführt. 


(5) Der Verein ist zu entlassen, sobald der Betreute durch eine oder mehrere natürliche Personen hinreichend betreut werden kann.


§ 1908c
Bestellung eines neuen Betreuers


unverändert


§ 1908d
Aufhebung oder Änderung von Betreuung und Einwilligungsvorbehalt


unverändert


§ 1908e
Aufwendungsersatz und Vergütung für Vereine


unverändert


§ 1908f
Anerkennung als Betreuungsverein


unverändert


§ 1908g
Behördenbetreuer


(aufgehoben)


§ 1908h
Aufwendungsersatz und Vergütung für Behördenbetreuer


(aufgehoben)


§ 1908i
Entsprechend anwendbare Vorschriften


  1. Im Übrigen sind auf die Betreuung § 1632 Abs. 1 bis 3, §§ 1784, 1787 Abs.

1, § 1791a Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und Satz 2, §§ 1792, 1795 bis 1797 Abs. 1 Satz 2, §§ 1798, 1799, 1802 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 1803, 1805 Satz 1, 1806 bis 1821, 1822 Nr. 1 bis 4, 6 bis 13, §§ 1823 bis 1825, 1828 bis 1831, 1833 bis 1836e, 1837 Abs. 2 bis 3, §§ 1839 bis 1841, 1843, 1845, 1857a, 1888, 1890, 1892 bis 1894 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass die betreuungsrechtlichen Entscheidungen durch die zuständige Behörde getroffen werden. § 1846 findet auf betreuungsrechtliche Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts im Sinne der §§ 1903, 1904 und 1906 entsprechende Anwendung.


  1. § 1802 Abs. 3 gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass das Vermögensver-

zeichnis ausschließlich durch einen Notar aufgenommen werden kann. § 1804 ist sinngemäß anzuwenden, jedoch kann der Betreuer in Vertretung des Betreuten Gelegenheitsgeschenke auch dann machen, wenn dies dem Wunsch des Betreuten entspricht und nach seinen Lebensverhältnissen üblich ist. § 1857a ist auf die Betreuung durch den Vater, die Mutter, den Ehegatten, den Lebenspartner oder einen Abkömmling des Betreuten sowie auf den Vereinsbetreuer sinngemäß anzuwenden, soweit die zuständige Behörde nichts anderes anordnet.


§ 1908k
Mitteilung an die Betreuungsbehörde


(1) Wer Betreuungen entgeltlich führt, hat der zuständigen Behörde, in deren Bezirk er seinen Sitz oder Wohnsitz hat, kalenderjährlich

1. die Zahl der von ihm im Kalenderjahr geführten Betreuungen,

2. die von ihm für die Führung dieser Betreuungen insgesamt in Rechnung

gestellte Zeit,

3. den von ihm für die Führung dieser Betreuungen insgesamt in Rechnung

gestellten Geldbetrag und

4. den von ihm für die Führung von Betreuungen im Kalenderjahr erhaltenen

Geldbetrag

mitzuteilen.


(2) Die Mitteilung erfolgt jeweils bis spätestens 31. März für den Schluss des vorangegangenen Kalenderjahrs. Die Betreuungsbehörde kann verlangen, dass der Betreuer die Richtigkeit der Mitteilung an Eides Statt versichert.


(3) (aufgehoben).“


Artikel 2


Änderung des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger


Das Gesetz über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 1990 (BGBl. I 2002, 2025), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


1. § 2 wird wie folgt geändert:


Das Wort „können“ wird gestrichen und durch das Wort „sind“ ersetzt. Die Worte „vorgesehen werden“ werden gestrichen und durch das Wort „vorzusehen“ ersetzt.


2. § 3 wird wie folgt geändert:


a) Absatz 1 Satz 1 wird folgendermaßen geändert:


Die Worte „zu der Zeit, zu der die Behörde mit der Angelegenheit befasst wird,“ wird nach dem Wort „Betroffene“ und vor dem Wort „seinen“ eingefügt.


b) Absatz 1 Satz 2 wird aufgehoben.


c) Absatz 2 wird wie folgt neugefasst:


„Hat der Betroffene im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist ein solcher nicht feststellbar oder betrifft die Maßnahme keine Einzelperson, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk das Bedürfnis für die Maßnahme hervortritt. Gleiches gilt, wenn mit dem Aufschub einer Maßnahme Gefahr verbunden ist; in diesem Falle ist die nach Abs. 1 und Satz 1 zuständige Behörde unverzüglich zu unterrichten.“


d) Folgender Absatz 3 wird neu eingefügt:


„Die Behörde kann das Betreuungsverfahren aus wichtigen Gründen an eine andere Behörde abgeben. Als ein wichtiger Grund ist es in der Regel anzusehen, wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt des Betroffenen geändert hat und die Aufgaben des Betreuers im wesentlichen am neuen Aufenthaltsort zu erfüllen sind. Vor der Abgabe ist der Betroffene und, sofern bereits ein Betreuer bestellt ist, der Betreuer anzuhören. Stimmt die andere Behörde der Abgabe nicht zu, oder widerspricht der Betroffene oder der Betreuer oder einer von mehreren Betreuern der Abgabe, so entscheidet die überörtliche Betreuungsbehörde. Gehören die abgebende und die andere Behörde zu Bezirken unterschiedlicher überörtlicher Betreuungsbehörden, so entscheidet die überörtliche Betreuungsbehörde, zu dessen Bezirk die andere Behörde gehört. Eine Anfechtung der Entscheidung findet nicht statt.“


3. Die §§ 4 bis 9 werden wie folgt neugefasst:


㤠4


(1) Die zuständige Behörde nimmt die ihr durch Gesetz zugewiesenen betreuungsrechtlichen Aufgaben zum Wohle des Betroffenen wahr. Sie unterstützt das Vormundschaftsgericht bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben. Die mit Aufgaben nach diesem Gesetz befassten Beamten und Angestellten sollen sozialpädagogisch befähigt und in der Betreuungsarbeit erfahren sein.


(2) Die zuständige Behörde regt die Tätigkeit einzelner Personen sowie von gemeinnützigen und freien Organisationen zugunsten Betreuungsbedürftiger an und fördert diese. Sie sorgt insbesondere dafür, dass ausreichend geeignete Personen als Betreuer gewonnen werden.


(3) Die zuständige Behörde berät und unterstützt die Betreuer auf ihren Wunsch bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und trägt dafür Sorge, dass ein ausreichendes Angebot zur Einführung und Fortbildung der Betreuer vorhanden ist.


(4) Zu den Aufgaben der zuständigen Behörde gehört es auch, interessierte Personen auf ihren Wunsch hin über betreuungsrechtliche Fragen aufzuklären.


§ 5


(1) Die Betreuungsbehörde fördert insbesondere die Aufklärung und Beratung über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen.


(2) Die Urkundsperson bei der zuständigen Behörde ist befugt, Unterschriften und Handzeichen im Rahmen der Vorsorgevollmachtserteilung zu beglaubigen. Dies gilt nicht für Unterschriften oder Handzeichen ohne dazugehörigen Text. Die Zuständigkeit der Notare, anderer Personen und sonstiger Stellen für öffentliche Beurkundungen bleibt unberührt. Die Urkundsperson soll die Beglaubigung nicht vornehmen, wenn ihr in der betreffenden Angelegenheit die Vertretung eines Beteiligten obliegt.


(3) Die zuständige Behörde hat geeignete Beamte und Angestellte zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 2 Satz 1 zu ermächtigen. Die Länder können Näheres hinsichtlich der fachlichen Anforderungen an diese Personen regeln.


(4) Für jede Beglaubigung nach Absatz 2 wird eine Gebühr von 10 Euro erhoben. Auslagen werden gesondert nicht erhoben. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung der Gebühr im Einzelfall abgesehen werden. Die Beratung nach Absatz 1 ist gebühren- und auslagenfrei.


(5) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die

Gebühren und Auslagen für die Beratung und Beglaubigung abweichend von

Absatz 4 zu regeln. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach

Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertra-

gen.


§ 6


Sofern in diesem Gesetz nicht anders geregelt ist, gilt für die Tätigkeit der zuständigen Behörde das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz.


§ 7


Die zuständige Behörde leitet ein betreuungsrechtliches Verfahren ein, sobald ihr bekannt wird, dass die Voraussetzungen für eine betreuungsrechtliche Maßnahme vorliegen. Dies gilt nicht, wenn im Falle des § 1896 Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches der erforderliche Antrag des Betroffenen nicht vorliegt.


§ 8


In Verfahren, die die Betreuung betreffen, ist der Betroffene ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen.


§ 9


(1) Die Behörde hat den Beteiligten, dem Verfahrenspfleger, sowie jedem, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten.


(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Erteilung einer Abschrift. Die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.“


4. Folgende §§ 10 bis 27 werden neu eingefügt:


§ 10


(1) Die zuständige Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie soll sich in geeigneten Fällen einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen in seiner üblichen Umgebung verschaffen.


(2) Ein Betreuer darf erst bestellt werden, nachdem das Gutachten eines Sachverständigen über die Notwendigkeit der Betreuung eingeholt worden ist. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Kommt nach Auffassung des Sachverständigen die Bestellung eines Betreuers in Betracht, so hat sich das Gutachten auch auf den Umfang des Aufgabenkreises und die voraussichtliche Dauer der Betreuungsbedürftigkeit zu erstrecken.


(3) Für die Bestellung eines Betreuers auf Antrag des Betroffenen genügt ein ärztliches Zeugnis, wenn der Betroffene auf die Begutachtung verzichtet hat und die Einholung des Gutachtens insbesondere im Hinblick auf den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers unverhältnismäßig wäre. Hat die zuständige Behörde nach Satz 1 von der Einholung eines Gutachtens abgesehen, so ist die Begutachtung nachzuholen, wenn ein Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung oder auf Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers erstmals abgelehnt wird.


(4) Ein ärztliches Zeugnis genügt auch, wenn ein Betreuer nur zur Geltendmachung von Rechten des Betroffenen gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt wird.


(5) Das zuständige Vormundschaftsgericht kann auf Antrag der zuständigen Behörde anordnen, dass der Betroffene zu einer Untersuchung durch die zuständige Behörde vorgeführt wird.


(6) Die zuständige Behörde kann zur Vorbereitung der Erstellung eines Gutachtens beim zuständigen Vormundschaftsgericht beantragen, dass der Betroffene auf bestimmte Dauer untergebracht und beobachtet wird.


§ 11


(1) Soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist, bestellt die Behörde dem Betroffenen einen Pfleger für das Verfahren.


(2) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

  1. nach § 12 Abs. 2 von der persönlichen Anhörung abgesehen werden soll,
  2. Gegenstand des Verfahrens die Bestellung eines Betreuers zur Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen oder die Erweiterung des Aufgabenkreises hierauf ist; dies gilt auch, wenn der Gegenstand des Verfahrens die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst.

Von der Bestellung kann in den Fällen des Satzes 1 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.


(3) Die Bestellung soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn der Betroffene von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird.


(4) Die Bestellung erfolgt für jedes Verfahren gesondert, erfasst jedoch auch die Einlegung und Begründung von Rechtsmitteln.


(5) Der Verfahrenspfleger hat gegen den Rechtsträger der zuständigen Behörde Anspruch auf Aufwendungsersatz und Vergütung. Der Aufwendungsersatz und die Vergütung bestimmen sich in entsprechender Anwendung der §§ 1908 e bis 1908 i, mit Ausnahme der dort in Bezug genommenen § 1835 Abs. 3 und 4, §§ 1835 a, 1836 b Satz 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; die Höhe der zu bewilligenden Vergütung ist stets nach Maßgabe des § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern zu bemessen. Die Behörde bestimmt die Vergütung und stellt die Aufwendungen fest.


§ 12


(1) Vor der Bestellung eines Betreuers hat die zuständige Behörde den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm zu verschaffen. Den unmittelbaren Eindruck soll sich die zuständige Behörde in der üblichen Umgebung des Betroffenen spätestens im Rahmen der Anhörung verschaffen, wenn dieser es verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient und der Betroffene nicht widerspricht. Die zuständige Behörde unterrichtet den Betroffenen über den möglichen Verlauf des Verfahrens. In geeigneten Fällen verfährt die zuständige Behörde nach § 5 Abs. 1. Verfahrenshandlungen nach Satz 1 dürfen nur dann durch eine im Wege der Amtshilfe ersuchte Behörde erfolgen, wenn von vornherein anzunehmen ist, dass die entscheidende zuständige Behörde das Ergebnis der Ermittlungen auch ohne eigenen Eindruck von dem Betroffenen zu würdigen vermag. Hat der Betroffene seinen Aufenthalt nicht nur vorübergehend im Ausland, so erfolgen Verfahrenshandlungen nach Satz 1 bis 4 im Wege der internationalen Rechtshilfe.


(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn

  1. nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu besorgen sind oder
  2. der Betroffene nach dem unmittelbaren Eindruck der zuständigen Behörde nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.

(3) Weigert sich der Betroffene an Verfahrenshandlungen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuwirken, so kann das zuständige Vormundschaftsgericht die zuständige Behörde auf ihren Antrag hin ermächtigen, den Betroffenen vorzuführen.


(4) Die zuständige Behörde kann einen Sachverständigen hinzuziehen, wenn es den Betroffenen persönlich anhört und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm verschafft. Auf Verlangen des Betroffenen ist einer Person seines Vertrauens die Anwesenheit zu gestatten. Anderen Personen kann die zuständige Behörde die Anwesenheit gestatten, jedoch nicht gegen den Willen des Betroffenen.


(5) Das Ergebnis der Anhörung, das Gutachten des Sachverständigen oder das ärztliche Zeugnis, der etwaige Umfang des Aufgabenkreises und die Frage, welche Person oder welcher Verein als Betreuer in Betracht kommt, sind mit dem Betroffenen mündlich zu erörtern, soweit dies zur Gewährung des rechtlichen Gehörs oder zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist. Die Verfahrenshandlungen nach Absatz 1 Satz 1 und die mündliche Erörterung nach Satz 1 können in einem Termin stattfinden. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.


§ 13


Vor der Bestellung eines Betreuers gibt die zuständige Behörde im Falle des § 1908 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem gesetzlichen Vertreter des Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung. In der Regel gibt die zuständige Behörde auch dem Ehegatten des Betroffenen, seinem Lebenspartner, seinen Eltern, Pflegeeltern und Kindern Gelegenheit zur Äußerung, es sei denn, dass der Betroffene mit erheblichen Gründen widerspricht. Auf Verlangen des Betroffenen ist einer ihm nahestehenden Person und den in Satz 2 genannten Personen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, wenn dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.


§ 14


(1) Die zuständige Behörde kann vorläufig einen Betreuer bestellen, wenn

  1. dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers gegeben sind und mit dem Aufschub Gefahr für das Wohl des Betroffenen verbunden wäre,
  2. ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegt,
  3. im Falle des § 11 ein Pfleger für das Verfahren bestellt worden ist und
  4. der Betroffene persönlich angehört worden ist.

Die Anhörung kann auch im Wege der Amtshilfe erfolgen. Die persönliche Anhörung kann unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu besorgen sind oder der Betroffene offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun. Bei Gefahr im Verzug kann die zuständige Behörde den vorläufigen Betreuer bereits vor der persönlichen Anhörung des Betroffenen, sowie vor Bestellung und Anhörung des Pflegers für das Verfahren bestellen; die Verfahrenshandlungen sind unverzüglich nachzuholen. Bei Gefahr im Verzug kann die zuständige Behörde den vorläufigen Betreuer auch abweichend von § 1897 Abs. 4 und 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellen.


(2) Die vorläufige Bestellung eines Betreuers darf die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Nach Anhörung eines Sachverständigen kann die vorläufige Bestellung durch eine weitere betreuungsbehördliche Verfügung bis zu einer Gesamtdauer von einem Jahr verlängert werden.


(3) Die zuständige Behörde kann entsprechend Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 den Betreuer entlassen.


§ 15


(1) Betreuungsrechtliche Verfügungen der zuständigen Behörde werden schriftlich erlassen.


(2) Eine Verfügung, durch die ein Betreuer bestellt wird, muss enthalten

  1. die Bezeichnung des Betroffenen,
  2. bei Bestellung eines Betreuers die Bezeichnung
  1. des Betreuers,
  2. seines Aufgabenkreises,
  1. bei Bestellung eines Vereinsbetreuers zusätzlich die Bezeichnung
  1. als Vereinsbetreuer,
  2. des Vereins,
  1. den Zeitpunkt, zu dem die zuständige Behörde spätestens über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuerbestellung zu entscheiden hat; dieser Zeitpunkt darf höchstens fünf Jahre nach Erlass der Entscheidungen liegen,
  2. eine Rechtsmittelbelehrung.

(3) Verfügungen müssen inhaltlich hinreichend bestimmt und begründet sein. Sie sind auch im Falle der Ablehnung einer Maßnahme zu begründen.


§ 16


(1) Der Betreuer wird durch die zuständige Behörde mündlich verpflichtet. Er ist über seine Aufgaben zu unterrichten. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Vereinsbetreuer und Vereine.


(2) Der Betreuer erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Die Urkunde hat zu enthalten

  1. die Bezeichnung des Betroffenen und des Betreuers,
  2. bei Bestellung eines Vereinsbetreuers diese Bezeichnung und die Bezeichnung des Vereins,
  3. den Aufgabenkreis des Betreuers.

(3) In geeigneten Fällen kann die zuständige Behörde mit dem Betreuer ein Einführungsgespräch führen. Wird die Betreuung im Rahmen einer Berufsausübung geführt, kann die zuständige Behörde in geeigneten Fällen den Betreuer zur Erstellung eines Betreuungsplanes anhalten. Die Erörterung und Erstellung eines Betreuungsplanes kann mit dem Einführungsgespräch verbunden werden.


§ 17


(1) Für die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers gelten die Vorschriften über die Bestellung des Betreuers entsprechend. Wird der Aufgabenkreis nur unwesentlich erweitert oder liegen Verfahrenshandlungen nach § 12 Abs. 1 und § 10 Absatz 2 bis 5 nicht länger als 6 Monate zurück, so kann die zuständige Behörde von einer erneuten Vornahme dieser Verfahrenshandlungen absehen; in diesem Falle muss sie den Betroffenen anhören. Eine unwesentliche Erweiterung liegt insbesondere dann nicht vor, wenn erstmals ganz oder teilweise die Personensorge oder wenn eine der in § 1896 Abs. 4, §§ 1904 bis 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Aufgaben in den Aufgabenkreis einbezogen wird.


(2) Für die Bestellung eines weiteren Betreuers nach § 1899 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt Absatz 1, soweit damit eine Erweiterung des Aufgabenkreises verbunden ist; im Übrigen gelten §§ 13 und 20 Abs. 4 entsprechend.


(3) Für die Aufhebung der Betreuung und die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers gilt § 13 entsprechend.


(4) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers gelten die Vorschriften für die erstmalige Entscheidung entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einen ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat.


(5) Widerspricht der Betroffene der Entlassung des Betreuers (§ 1908b des Bürgerlichen Gesetzbuchs), so hat die zuständige Behörde den Betroffenen und den Betreuer persönlich anzuhören. § 14 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.


(6) Vor der Bestellung eines neuen Betreuers nach § 1908c des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Betroffene persönlich anzuhören, es sei denn, der Betroffene hat sein Einverständnis mit dem Betreuerwechsel erklärt; im Übrigen gelten die §§ 13, 14 Absatz 1 Satz 3, 20 Absatz 4 entsprechend.


(7) Gegen die Auswahl der Person, der ein Verein die Wahrnehmung der Betreuung übertragen hat, kann der Betroffene eine betreuungsbehördliche Entscheidung beantragen. Die zuständige Behörde kann dem Verein aufgeben, eine andere Person auszuwählen, wenn einem Vorschlag des Betroffenen, dem keine wichtigen Gründe entgegenstehen, nicht entsprochen wurde oder die bisherige Auswahl dem Wohl des Betroffenen zuwiderläuft.


§ 18


Verfügungen der zuständigen Behörde sind dem Betroffenen stets selbst bekannt zu machen. Von der Bekanntgabe der Begründung der Verfügung an den Betroffenen kann abgesehen werden, wenn dies nach ärztlichem Zeugnis wegen erheblicher Nachteile für seine Gesundheit erforderlich ist.


§ 19


(1) Eine Verfügung der zuständigen Behörde wird mit Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe an den Betreuer und den Betroffenen wirksam.


(2) Ist die Bekanntgabe an den Betreuer oder den Betroffenen nicht möglich oder ist Gefahr im Verzug, so kann die zuständige Behörde die sofortige Wirksamkeit anordnen. Die betreuungsbehördliche Verfügung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie und die Anordnung nach Satz 1 dem Betroffenen, dem Betreuer oder dem Pfleger für das Verfahren bekannt gemacht werden. Ist eine Bekanntgabe nach Satz 2 nicht möglich, wird die betreuungsbehördliche Verfügung in dem Zeitpunkt wirksam, in dem die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit schriftlich erlassen wird. Der Grund der fehlenden Bekanntgabemöglichkeit und der Zeitpunkt des Erlasses sind auf der Anordnung zu vermerken.


(3) Verfügungen nach § 14 werden nach Absatz 2 Satz 3 wirksam, ohne dass es der Bekanntgabe an den Betroffenen, den Betreuer oder den Pfleger für das Verfahren bedarf. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend.


§ 20


(1) Gegen eine Verfügung der zuständigen Behörde,

  1. durch die die Betreuung aufgehoben wird,
  2. durch die der Aufgabenkreis des Betreuers eingeschränkt wird,

3. durch die die Weigerung, sich zum Betreuer bestellen zu lassen, zu-

rückgewiesen worden ist, oder

4. durch die ein Betreuer gegen seinen Willen entlassen worden ist,

findet die sofortige Beschwerde statt. Die Verfügung wird erst mit Bestandskraft wirksam. Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Beschwerdefrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung dem Betreuer bekannt gegeben worden ist.


(2) Einem Beschwerdeführer, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist des Abs. 1 Satz 3 einzuhalten, ist auf Antrag von dem Beschwerdegericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Verschulden eines Vertreters steht dem Verschulden des Beschwerdeführers gleich. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig.


(3) Gegen andere Verfügungen ist die einfache Beschwerde zulässig. Wird die Beschwerde innerhalb der Frist des Absatz 1 Satz 3 eingelegt, gilt Abs. 1 Satz 2 entsprechend.


(4) Die Beschwerde steht jedem zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist. Liegt ein Fall des § 1896 Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vor und wird der Antrag des Betroffenen abgelehnt, so steht die Beschwerde nur dem Betroffenen als Antragsteller zu. Wurde ein Betreuer nicht auf Antrag des Betroffenen bestellt, so steht die Beschwerde gegen die Bestellung eines Betreuers unbeschadet der Sätze 1 und 2 dem Ehegatten des Betroffenen, dem Lebenspartner des Betroffenen, denjenigen, die mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt sind, zu. In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 bis 2 und § 17 Absatz 1 Satz 1 steht die Beschwerde den in Satz 3 genannten Personen zu.


(5) Der Betreuer kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betreuten Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer ihr Amt gemeinschaftlich, so kann jeder von ihnen für den Betreuten selbständig Beschwerde einlegen.


(6) Der Aufsichtsbehörde steht ein Beschwerderecht in jedem Falle zu.


§ 21


(1) Über die Beschwerde entscheidet das Landgericht, das seinen Sitz am Ort der zuständigen Behörde hat. Haben mehrere Landgerichte ihren Sitz am Ort der zuständigen Behörde, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Landgericht.


(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die §§ 69g Abs. 5, 21 bis 30 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit der Maßgabe entsprechend, dass das Beschwerdegericht nicht von solchen Verfahrenshandlungen absehen kann, die bereits im betreuungsbehördlichen Verfahren vorgenommen worden sind.


§ 22


Wird infolge eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens eine Tätigkeit der zuständigen Behörde erforderlich, so hat die Behörde oder das Gericht der zuständigen Behörde Mitteilung zu machen. Behörden und Gerichte können der zuständigen Behörde Umstände und personenbezogene Daten des Betroffenen mitteilen, soweit dies unter Beachtung berechtigter Interessen des Betroffenen nach den Erkenntnissen der übermittelnden Stelle erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen abzuwenden.


§ 23


(1) Die zuständige Behörde teilt ihre Entscheidungen anderen Behörden, Gerichten oder sonstigen öffentlichen Stellen mit, soweit dies unter Beachtung berechtigter Interessen des Betroffenen nach den Erkenntnissen der zuständigen Behörde erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen, für Dritte oder die öffentliche Sicherheit abzuwenden.


(2) Ergeben sich im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens Erkenntnisse, die eine Mitteilung nach Absatz 1 vor Abschluss des Verfahrens erfordern, so hat die zuständige Behörde unverzüglich Mitteilung zu machen.


(3) Die zuständige Behörde unterrichtet zugleich mit der Mitteilung den Betroffenen, seinen Pfleger für das Verfahren und seinen Betreuer über deren Inhalt und über den Empfänger. Die Unterrichtung des Betroffenen hat zu unterbleiben, wenn

  1. der Zweck des Verfahrens oder der Zweck der Mitteilung durch die Unterrichtung gefährdet würde,
  2. nach ärztlichem Zeugnis hiervon erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu besorgen sind oder
  3. der Betroffene nach dem unmittelbaren Eindruck der zuständigen Behörde offensichtlich nicht in der Lage ist, den Inhalt der Unterrichtung zu verstehen.

Sobald die Gründe nach Satz 2 entfallen, ist die Unterrichtung nachzuholen.


(4) Der Inhalt der Mitteilung, die Art und Weise ihrer Übermittlung, der Empfänger, die Unterrichtung des Betroffenen oder die Gründe für das Unterbleiben dieser Unterrichtung sowie die Unterrichtung des Pflegers für das Verfahren und des Betreuers sind aktenkundig zu machen.


§ 24


(1) Wird einem Betroffenen ausweislich der Entscheidung nach § 15 Absatz 2 oder nach § 17 Abs. 1 zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer bestellt oder der Aufgabenkreis hierauf erweitert, so teilt die zuständige Behörde dies der für die Führung des Wählerverzeichnisses zuständigen Behörde mit. Dies gilt auch, wenn die Entscheidung die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst. Eine Mitteilung hat auch dann zu erfolgen, wenn eine Betreuung nach den Sätzen 1 und 2 auf andere Weise als durch den Tod des Betroffenen endet oder wenn sie eingeschränkt wird.


(2) Während der Dauer einer durch das Vormundschaftsgericht angeordneten oder genehmigten Unterbringung des Betroffenen sind die Bestellung eines Betreuers, die sich auf die Aufenthaltsbestimmung des Betroffenen erstreckt, die Aufhebung einer solchen Betreuung und jeder Wechsel in der Person des Betreuers dem Leiter der Einrichtung mitzuteilen, in der der Betroffene lebt.


(3) Außer in den sonst in diesem Gesetz genannten Fällen darf die zuständige Behörde Entscheidungen oder Erkenntnisse aus dem Verfahren, aus denen die Person des Betroffenen erkennbar ist, von Amts wegen nur zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten an Gerichte oder andere Behörden mitteilen, soweit nicht für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegen.


Artikel 3


Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten

der freiwilligen Gerichtsbarkeit


Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt Tei III, Gliederungsnummer 315-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch...wird wie folgt geändert:


1. § 65 wird wie folgt geändert:


a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:


Das Wort „Betreuung“ wird gestrichen und durch die Worte „Anordnung, Aufhebung, Erweiterung und Einschränkung eines Einwilligungsvorbehaltes (§ 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), die Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Maßnahme (§ 1904 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und die Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in eine Sterilisation (§ 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)“ ersetzt.


b) Absatz 4 wird wie folgt neu gefasst:


„Für Anordnungen nach § 68 Abs. 3 ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis nach sofortiger Wirksamkeit einer Maßnahme hervortritt. Das Gericht soll von den angeordneten Maßnahmen der nach §§ 1 und 3 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger zuständigen Behörde Mitteilung machen.“


c) Absatz 5 Satz 2 wird wie folgt geändert:


Das Wort „dem“ wird durch das Wort „der“ ersetzt. Das Wort „Gericht“ wird durch das Wort „Behörde“ ersetzt.


2. § 65 a Absatz 1 Satz 1 wird aufgehoben.

  1. § 67 wird wie folgt neu gefasst :
㤠67


(1)Soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist, bestellt das Gericht dem Betroffenen einen Pfleger für das Verfahren. Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn Gegenstand des Verfahrens die Genehmigung einer Einwilligung des Betreuers in eine Sterilisation (§ 1905 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn nach § 68 Abs. 2 von der persönlichen Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll.


(2)Hat die zuständige Behörde dem Betroffenen nach § 11 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger bereits einen Pfleger für das betreuungsbehördliche Verfahren bestellt, kann das Gericht diesen Pfleger auch für das gerichtliche Verfahren bestellen.


(3)Von der Bestellung im Sinne des Absatz 1 Satz 1 und 3 kann abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Pflegers für das Verfahren nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen. Die Bestellung soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn der Betroffene von einem Rechtsanwalt oder von einem geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird.


(4)Die Bestellung erfolgt für jeden Rechtszug gesondert, erfasst jedoch auch die Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels.


(5)§ 11 Absatz 5 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass der Aufwendungsersatz und die Vergütung des Pflegers für das Verfahren aus der Staatskasse zu zahlen sind.“


4. § 68 wird wie folgt neugefasst:


㤠68


(1)Vor der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, der Erweiterung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen oder der Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Maßnahme (§ 1904 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder Sterilisation (§ 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) hat das Gericht den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm zu verschaffen. Das Gericht unterrichtet ihn über den weiteren Verlauf des Verfahrens. Verfahrenshandlungen im Zusammenhang mit der Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in eine Sterilisation durch den ersuchten Richter sind ausgeschlossen; im übrigen dürfen Verfahrenshandlungen nach Satz 1 und 2 nur dann durch einen ersuchten Richter erfolgen, wenn von vornherein anzunehmen ist, dass das entscheidende Gericht das Ergebnis der Ermittlungen auch ohne eigenen Eindruck von dem Betroffenen zu würden vermag. Hat der Betroffene seinen Aufenthalt nicht nur vorübergehend im Ausland, so erfolgen Verfahrenshandlungen nach Satz 1 und 2 im Wege der internationalen Rechtshilfe.


(2)Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn

  1. nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu besorgen sind oder
  2. der Betroffene nach dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.

(3)Das Gericht kann einen Sachverständigen hinzuziehen, wenn es den Betroffenen persönlich anhört und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm verschafft. Auf Verlangen des Betroffenen ist einer Person seines Vertrauens die Anwesenheit zu gestatten. Anderen Personen kann das Gericht die Anwesenheit gestatten, jedoch nicht gegen den Willen des Betroffenen.


(4)Das Gericht kann den Betroffenen durch die zuständige Behörde vorführen lassen, wenn er sich weigert, an Verfahrenshandlungen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuwirken.


(5)Im Verfahren zur Anordnung der Vorführung und Untersuchung des Betroffenen kann von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden. Dem Betroffenen und dem Pfleger für das Verfahren ist jedoch Gelegenheit zur Äußerung zu geben.


(6)Das Ergebnis der Anhörung und das Gutachten des Sachverständigen sind mit dem Betroffenen mündlich zu erörtern, soweit dies zur Gewährung des rechtlichen Gehörs oder der Sachaufklärung erforderlich ist (Schlussgespräch). Hat das Verfahren die Regelung eines Einwilligungsvorbehaltes zum Gegenstand, ist mit dem Betroffenen der Kreis der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen zu erörtern. Hat das Verfahren die Genehmigung eines ärztlichen Eingriffs (§§ 1904, 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zum Gegenstand, sind die voraussichtlichen Folgen des Eingriffs zu erörtern. Satz 1 und 2 gelten nicht, falls der Betroffene zur Erörterung offensichtlich nicht in der Lage ist.


(7)Wird der Kreis der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen nur unwesentlich erweitert oder liegen Verfahrenhandlungen nach Absatz 1 Satz 1 nicht länger als sechs Monate zurück, so kann das Gericht von einer erneuten Vornahme absehen; in diesem Falle muss es den Betroffenen anhören.“


  1. § 68 a Satz 1 wird wie folgt neu gefasst:

„Vor der Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts oder Einschränkung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen (§ 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), oder der Genehmigung der Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff im Sinne des § 1904 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder in eine Sterilisation im Sinne des § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll das Gericht der nach den §§ 1 und 3 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger zuständigen Behörde Gelegenheit zur Äußerung geben.“


6. § 68 b wird wie folgt neu gefasst :


㤠68 b


(1)Ein Einwilligungsvorbehalt darf erst angeordnet werden, nachdem das Gutachten eines Sachverständigen über die Notwendigkeit des Einwilligungsvorbehaltes eingeholt worden ist. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Kommt nach Auffassung des Sachverständigen die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes in Betracht, so hat sich das Gutachten auch auf den Kreis der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen und die voraussichtliche zeitliche Notwendigkeit des Einwilligungsvorbehaltes zu erstrecken. § 68 Absatz 7 gilt entsprechend. Im Falle der Verlängerung eines Einwilligungsvorbehaltes kann das Gericht von der Einholung eines Gutachtens absehen, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich die Notwendigkeit des Einwilligungsvorbehaltes offensichtlich nicht geändert hat.


(2)Vor der Genehmigung der Einwilligung eines Betreuers oder Bevollmächtigten in eine ärztliche Maßnahme im Sinne des § 1904 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen. Sachverständiger und ausführender Arzt sollen nicht personengleich sein.


(3)Die Genehmigung der Einwilligung eines Betreuers in eine Sterilisation (§ 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) darf erst erteilt werden, nachdem Gutachten von Sachverständigen eingeholt sind, die sich auf die medizinischen, psychologischen, sozialen, sonderpädagogischen und sexualpädagogischen Gesichtspunkte erstrecken. Die Sachverständigen haben den Betroffenen vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen. Sachverständiger und ausführender Arzt dürfen nicht personengleich sein.


(4)Das Gericht kann anordnen, dass der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu einer Untersuchung vorgeführt wird. Die Anordnung ist nicht anfechtbar. Auf Antrag der zuständigen Behörde kann das Gericht anordnen, dass der Betroffene im betreuungsbehördlichen Verfahren zur Anhörung oder zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und die zuständige Behörde zur Vorführung des Betroffenen ermächtigt wird. Satz 1 und 2 gelten entsprechend.


(5)Das Gericht kann nach Anhörung eines Sachverständigen anordnen, dass der Betroffene auf bestimmte Zeit untergebracht und beobachtet wird, soweit dies zur Vorbereitung eines Gutachtens erforderlich ist. Der Betroffene ist vorher persönlich anzuhören. Die Unterbringung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, um die erforderlichen Erkenntnisse für das Gutachten zu erlangen, so kann die Unterbringung bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten verlängert werden. Für die Vorführung gilt Absatz 4 Satz 1 und 2 entsprechend. Sätze 1 bis 4 gelten für die Vorbereitung eines Gutachtens nach § 10 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger entsprechend, wenn die zuständige Behörde die Unterbringung und Beobachtung des Betroffenen beantragt.“


7. § 69 wird wie folgt neu gefasst:


㤠69


(1)Die Entscheidung, durch die ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wird, muss enthalten:

  1. die Bezeichnung des Betroffenen
  2. die Bezeichnung des Betreuers und seines Aufgabenkreises
  3. die Bezeichnung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen
  4. den Zeitpunkt, zu dem das Gericht spätestens über die Aufhebung des Einwilligungsvorbehaltes zu entscheiden hat; dieser Zeitpunkt darf höchstens fünf Jahre nach Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes liegen.

(2)Die Entscheidung ist auch im Falle der Ablehnung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes zu begründen.

(3)Absatz 1 Ziffern 1 und 2 und Absatz 2 gelten für die Genehmigung der Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff (§ 1904 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und in eine Sterilisation (§ 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) entsprechend.“


8. § 69 a Absatz 2 wird wie folgt geändert:


In Satz 1 werden die Worte „ein Betreuer bestellt oder“ gestrichen. Die Worte „oder aufgehoben oder der Kreis der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen eingeschränkt“ werden hinter dem Wort „angeordnet“ angefügt. Satz 2 wird aufgehoben.


9. §§ 69 b bis 69 d werden aufgehoben.


10. § 69 e wird wie folgt geändert:


In Satz 2 werden hinter dem Wort „Gesetzbuchs“ die Wörter „auf Antrag der zuständigen Behörde“ eingefügt.


11. § 69 f wird wie folgt geändert:


a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:


aa)In Satz 1 werden die Worte „einen vorläufigen Betreuer bestellen oder“ und die Worte „Bestellung eines Betreuers oder“ gestrichen.


bb)Satz 3 wird wie folgt neu gefasst: „§ 68 Abs. 2 gilt entsprechend“.


b) Absatz 3 wird aufgehoben.


12. § 69 g wird wie folgt geändert:


a) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:


Die Worte „Die Beschwerde gegen die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen,“ werden durch das Wort „Gegen“ ersetzt. Das Wort „eine“ vor dem Wort Entscheidung wird durch das Wort „die“ ersetzt. Die Worte „die Bestellung eines Betreuers oder“ werden durch die Worte „die der Kreis der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen eingeschränkt oder erweitert, der Einwilligungsvorbehalt aufgehoben oder“ ersetzt. Hinter das Wort „Behörde“ werden die Worte „die sofortige Beschwerde“ eingefügt.


b) Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt neu gefasst:


„Die Beschwerdefrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung dem Betreuer bekannt gemacht worden ist. Für den Betroffenen beginnt die Frist nicht vor der Bekanntmachung an ihn selbst, spätestens jedoch mit Ablauf von fünf Monaten nach Bekanntgabe an den Betreuer.“


c) Absatz 2 wird neu gefasst:


„Gegen die Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung findet die Beschwerde statt.“


d) Absatz 4 wird aufgehoben.


12a. § 69 i wird aufgehoben


13. § 69 k Absatz 1 wird wie folgt geändert:


Hinter das Wort „Vormundschaftsgericht“ werden die Worte „der zuständigen

Behörde stets und“ und hinter das Wort „Stellen“ wird das Wort „insoweit“ eingefügt.


14. § 69 l Absatz 1 wird aufgehoben.


15. § 69 m wird aufgehoben.


16. § 70 wird wie folgt geändert:


a) Absatz 2 wird wie folgt neu gefasst:


„Für Unterbringungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b) und Nr. 2 ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Betreute, für den ein Betreuer mit dem Aufgabenbereich der Unterbringung bestellt ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Unterbringungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe a) ist das Gericht zuständig, bei dem eine Vormundschaft oder Pflegschaft, deren Aufgabenbereich die Unterbringung umfasst, anhängig ist. Ist ein Verfahren im Sinne des Satzes 2 nicht anhängig, oder ist für den Betroffenen ein Betreuer noch nicht bestellt, so findet § 65 Absatz 1 bis 3 entsprechende Anwendung. In den Fällen der Sätze 1 und 2 gilt für vorläufige Maßregeln § 65 Abs. 4 entsprechend.“


b) Absatz 7 wird wie folgt neu gefasst:


„Ist für die Unterbringungsmaßnahme ein anderes Gericht zuständig, als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft anhängig ist, so teilt dieses Gericht dem für die Unterbringungsmaßnahme zuständigen Gericht die Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenkreises Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für die Unterbringungsmaßnahme zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit. Satz 1 gilt für eine bestehende Betreuung mit der Maßgabe entsprechend, dass die zuständige Behörde dem für die Unterbringungsmaßnahme zuständigen Gericht Änderungen in der Person des Betreuers, des Aufgabenbereichs des Betreuers und im Bestand der Betreuung mitteilt; das für die Unterbringung zuständige Gericht teilt Maßnahmen nach Satz 1 der zuständigen Behörde mit.“


17. § 70 b Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt geändert:


Die Zahl „3“ wird durch die Zahl „5“ ersetzt.


18. § 70 c Satz 5 wird wie folgt geändert:


Die Worte „Abs. 1 Satz 5“ werden aufgehoben. Die Zahl „5“ wird durch die Zahl „6“ ersetzt.


19. § 70 e Absatz 2 wird wie folgt neu gefasst:


„§ 68 b Absatz 4 Satz 1 bis 2 und Absatz 5 Satz 1 bis 5 gilt entsprechend.“


20. § 70 g Absatz 2 Satz 2 wird wie folgt geändert:


Das Komma und die Worte „wenn ihr das Gericht im Verfahren Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte“ werden gestrichen.


21. § 70 h Absatz 1 wird neu gefasst:


„Durch einstweilige Anordnung kann eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme getroffen werden, wenn

  1. dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung des Betroffenen gegeben sind und mit dem Aufschub Gefahr verbunden wäre,
  2. ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegt,
  3. im Falle des § 70 b ein Pfleger für das Verfahren bestellt worden ist und
  4. der Betroffene persönlich angehört worden ist.

Die Anhörung des Betroffenen kann auch durch den ersuchten Richter erfolgen. Die persönliche Anhörung kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Zeugnis hiervon erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu besorgen sind oder der Betroffene nach dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun. Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht die einstweilige Anordnung bereits vor der persönlichen Anhörung des Betroffenen sowie vor Bestellung und Anhörung eines Pflegers für das Verfahren erlassen; die Verfahrenshandlungen sind unverzüglich nachzuholen. § 70 g gilt entsprechend.“


Artikel 4


Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes


Das Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl. I 3050), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


§ 16 wird wie folgt geändert:


a) Absatz 1 Nr. 4 wird gestrichen.


b) Hinter Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:


„Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat die für Betreuungen zuständige Behörde auf Ersuchen der Behörde für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden, einen geeigneten Vertreter zu bestellen.“


c) Der bisherige Absatz 2 wird wie folgt gefasst:


Die Worte „Absatzes 1 Nr. 4 das Vormundschaftsgericht“ werden durch die Worte „Absatzes 2 die für Betreuungen zuständige Behörde“ ersetzt.


d) Ansatz 4 wird wie folgt geändert:


Die Worte „1 Nr. 4“ wird durch die Zahl „2“ ersetzt.


Artikel 5


Änderung des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz


Das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I 130), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


1. § 15 wird wie folgt geändert:


a) Absatz 1 Nr. 4 wird gestrichen.


b) Hinter Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:


„Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat die für Betreuungen zuständige Behörde auf Ersuchen der Behörde für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden, einen geeigneten Vertreter zu bestellen.“


c) Der bisherige Absatz 2 wird wie folgt gefasst:


Die Worte „Absatzes 1 Nr. 4 das Vormundschaftsgericht“ werden durch die Worte „Absatzes 2 die für Betreuungen zuständige Behörde“ ersetzt.


d) Ansatz 4 wird wie folgt geändert:


Die Worte „1 Nr. 4“ wird durch die Zahl „2“ ersetzt.


2. § 71 Abs. 5 wird wie folgt geändert:


a) In Satz 1 werden die Worte „dem Vormundschaftsgericht“ durch die Worte „der zuständigen Behörde“ ersetzt.


b) Satz 2 wird wie folgt neugefasst:


„Die Behörde kann der für Betreuungen zuständigen Behörde Umstände mitteilen, die die Bestellung eines Betreuers oder eine andere Maßnahme in Betreuungssachen erforderlich machen, soweit dies unter Beachtung berechtigter Interessen des Betroffenen nach den Erkenntnissen der Behörde erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen abzuwenden. Der Inhalt der Mitteilung, die Art und Weise ihrer Übermittlung und der Empfänger sind aktenkundig zu machen.“


Artikel 6


Änderung der Abgabenordnung


Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I ), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:


§ 81 wird wie folgt geändert:


a) Absatz 1 Nr. 4 wird gestrichen.


b) Hinter Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:


„Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat die für Betreuungen zuständige Behörde auf Ersuchen der Behörde für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden, einen geeigneten Vertreter zu bestellen.“

c) Der bisherige Absatz 2 wird wie folgt gefasst:


Die Worte „Absatzes 1 Nr. 4 das Vormundschaftsgericht“ werden durch die Worte „Absatzes 2 die für Betreuungen zuständige Behörde“ ersetzt.


d) Ansatz 4 wird wie folgt geändert:


Die Worte „1 Nr. 4“ werden durch die Zahl „2“ ersetzt.


Begründung - Allgemeines


1.Anlass und Gegenstand der Strukturreform


Nach geltendem Recht ist das Vormundschaftsgericht als zentrale Institution des Betreuungsverfahrens ausgestaltet. Das Vormundschaftsgericht bestellt und entlässt den Betreuer, ordnet einen Einwilligungsvorbehalt an, schränkt diesen ein oder hebt ihn auf, erteilt in vielfältiger Weise Genehmigungen, führt die Aufsicht über die Betreuer, bearbeitet Vergütungsanträge der Betreuer und veranlasst die entsprechenden Auszahlungen, usw. Die Betreuungsbehörde hat hingegen das Vormundschaftsgericht gem. § 8 Satz 1 BtBG bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben zu unterstützen. Eigene Sachentscheidungskompetenzen im geschilderten Sinne stehen der Betreuungsbehörde nicht zu.


Die Betreuungsbehörde verfügt – im Gegensatz zum Vormundschaftsgericht – über sozialpädagogisches Fachwissen und aufgrund ihrer Einbindung in die kommunale Behördenstruktur über weitergehende Kenntnisse betreuungsvermeidender sozialer Alternativen. Diese Kenntnisse soll sich das Vormundschaftsgericht durch Beteiligung der Betreuungsbehörde zu nutze machen. Tatsächlich wird dieses Wissen lediglich in etwa 30 % der Betreuungsverfahren durch Einschaltung der Betreuungsbehörde genutzt. Die Ursachen hierfür sind vielfältiger Art. Zum Teil sind die Betreuungsbehörden infolge unzureichender personeller und sächlicher Ausstattung nur bedingt arbeitsfähig, so dass Vormundschaftsrichter von einer Hinzuziehung absehen. Teilweise wird die Einschaltung der Betreuungsbehörde wegen des Vorliegens eines vermeintlich einfach gelagerten Lebenssachverhaltes für überflüssig erachtet.


Eine obligatorische Beteiligung der Betreuungsbehörde durch Verlagerung betreuungsrechtlicher Aufgaben auf die Betreuungsbehörde hätte den Vorteil, dass die speziellen Kenntnisse der Betreuungsbehörden für das Verfahren fruchtbar gemacht würden. Hierdurch dürfte in einer nicht unerheblichen Zahl von der Bestellung eines Betreuers abgesehen werden können. Erhebungen zeigen, dass die Beteiligung der Betreuungsbehörden in ca. 25 % der untersuchten Verfahren betreuungsvermeidende Wirkung entfaltete[216]. Damit wäre in stärkerem Maße gewährleistet, dass dem verfassungsrechtlichen Erforderlichkeitsgrundsatz genüge getan, und der Einrichtung nicht erforderlicher, und damit verfassungsrechtlich nicht zu legitimierender Betreuungen vorgebeugt würde. Effektiv dürfte damit der Grundrechtsschutz des Betroffenen steigen.


Die Verlagerung der Aufgaben auf die kommunale Ebene dürfte zudem nicht nur zur Berücksichtigung, sondern auch zur Schaffung betreuungsvermeidender Alternativen führen. In einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen dürfte das Fehlen oder der Abbau vorhandener sozialer Dienste und Strukturen in den Kommunen durch die Bestellung eines Betreuers ausgeglichen werden. Wenn betreuungsvermeidende Alternativen nicht vorhanden sind, wird die Bestellung eines Betreuers angeregt, der diejenigen Aufgaben wahrnimmt, die auch ein sozialer Dienst für den Betroffenen wahrzunehmen in der Lage wäre. Für die Kommune stellt sich damit die Bestellung eines Betreuers als echte Alternative zur Schaffung betreuungsvermeidender sozialer Dienste dar. Da die Kosten des Betreuungsverfahrens und des Betreuers nicht von der Kommune, sondern von der Justizkasse zu tragen sind, fehlt den Kommunen damit der Anreiz auch in Zeiten ständig knapper werdender finanzieller Reserven betreuungsvermeidende soziale Alternativen zu schaffen und zu erhalten. Dieser Anreiz dürfte zumindest für diejenigen Kommunen, die für die Einrichtung und den Betrieb sozialer Einrichtungen verantwortlich sind, wieder entstehen, wenn die Entscheidung über die Bestellung eines Betreuers und die Entscheidung über die Schaffung betreuungsvermeidender Alternativen in einer Hand läge.


Die Betreuungsbehörde ist nach geltendem Recht in die Auswahl und Kontrolle der Berufsbetreuer eingebunden. Sie ist gem. § 8 Satz 2 BtBG für die Gewinnung geeigneter Betreuer zuständig. Sie unterstützt diese gem. § 4 BtBG, führt sie gem. § 5 BtBG in ihr Amt ein und sorgt für ein angemessenes Fortbildungsangebot. Die Betreuungsbehörde erklärt sich zur Eignung eines Berufsbetreuers gem. § 1897 Abs. 7 BGB und fordert von Berufsbetreuern nach § 1908k BGB Mitteilungen an. Insbesondere aus der Pflicht zur Gewinnung von Betreuern ist zu folgern, dass die Betreuungsbehörde erste Anlaufstelle insbesondere für Berufsbetreuer ist. Bei einer Aufgabenverlagerung stünde die Betreuungsbehörde vom erstmaligen Kontakt bis zur Betreuerbestellung mit dem Betreuer im engen Kontakt. Missstände dürften aufgrund des intensiveren Kontakts im Rahmen einer laufenden Betreuung leichter feststellbar sein.


Zudem wäre das Personal der Betreuungsbehörde von einer insbesondere unter Proberichtern verstärkt auftretenden Personalfluktuation grundsätzlich verschont, so dass eine gleichbleibende personelle Aufsicht über die Betreuer stärker gewährleistet wäre. Dies hätte den Vorteil, dass Betreuer über längere Zeiträume hinweg durch dieselben Personen beaufsichtigt würden, was zu intensiveren Kenntnissen des Aufsichtsführenden führte. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass eine derart personengebundene Aufsicht stärker für gemeinschaftliches missbräuchliches Vorgehen zwischen beaufsichtigtem Betreuer und Aufsichtsführendem anfällig wäre.


Im Übrigen dürfte zu berücksichtigen sein, dass das Vormundschaftsgericht – soweit es sich nicht auf die Kontrolle betreuungsrechtlicher Entscheidungen beschränkt – verwaltend, nicht aber rechtsprechend tätig wird. Eine Übertragung betreuungsrechtlicher Aufgaben auf die Betreuungsbehörde führte dazu, den Grundsatz der Gewaltenteilung zu vervollkommnen. Den Vormundschaftsgerichten oblägen rechtsprechende, der Betreuungsbehörde verwaltende Aufgaben.


2.Derzeitige Aufgabenverteilung zwischen Betreuungsbehörde und

Vormundschaftsgericht


a)Betreuungsbehörde


(1)Unterstützungspflichten


Die Betreuungsbehörde unterstützt das Vormundschaftsgericht insbesondere dadurch, dass sie


  • auf Aufforderung des Vormundschaftsgerichts die aus Sicht des Gerichts aufklärungsbedürftigen Umstände in einem Sozialbericht feststellt (§ 8 Satz 2 BtBG),
  • einen geeigneten Betreuer auf Aufforderung des Vormundschaftsgerichts benennt (§ 8 Satz 3 BtBG),
  • bei erstmaliger Bestellung eines Berufsbetreuers zu dessen Eignung (§ 1897 Abs. 7 BGB) oder des Umfangs der von diesem zu führenden Betreuungen (§§ 1897 Abs. 7, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB) Stellung nimmt,
  • die nach § 1908k BGB vorgesehenen Mitteilungen der Berufsbetreuer sammelt und an das Vormundschaftsgericht weiterleitet,
  • ein Vermögensverzeichnis gem. §§ 1908 i Satz 1, 1802 Abs. 3 BGB auf Anordnung des Vormundschaftsgerichtes aufstellt,
  • Äußerungsrechte gem. §§ 68a Satz 1, 69a Abs. 2, 70d Abs. 1 Ziffer 6 FGG wahrnimmt, insbesondere sich gegenüber dem Gericht im Genehmigungsverfahren einer Sterilisation nach §§ 69d Abs. 3, 68a FGG äußert. Sie hat sich bei Veränderungsentscheidungen zu äußern, § 69i Abs. 1 bis 3, 5, 6 und 8 FGG,
  • die Beschwerdebefugnis gem. §§ 69g Abs. 1, 70m FGG wahrnimmt, insbesondere prüft, ob Beschwerde gegen die Bestellung eines Betreuers oder die Ablehnung einer Bestellung oder gegen die Anordnung oder Ablehnung eines Einwilligungsvorbehalts einzulegen ist, § 69g Abs. 1 FGG,
  • sich im Falle des Antrags des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gem. § 69c FGG beteiligt,
  • Verfahrenspflegschaften, wenn diese nicht durch eine natürliche Person oder einen Verein geleistet werden können, übernimmt, §§ 67 FGG, 1900 Abs. 4 BGB; sie hat die Anstellungsträgerschaft von Behördenmitarbeitern als Verfahrenspfleger, §§ 67 FGG, 1897 Abs. 2 BGB.
  • die Entscheidung über eine Betreuerbestellung oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (mit der Pflicht zur Überprüfung im Interesse des Betreuten auch im Hinblick auf den Überprüfungszeitpunkt nach § 69 Abs. 1 Nr. 5 FGG, des Anleitungs- und Beratungsbedarfs des Betreuers und auch zur Feststellung der Gesamtfallzahlbelastung eines professionellen Betreuers) nach § 69a Abs. 2 FGG entgegennimmt.
  • die Vorführung des Betroffenen oder des Vollmachtgebers zum Zwecke der Anhörung gem. §§ 68 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 FGG oder §§ 70c Satz 5, 70g Abs. 4, 68 Abs. 3 FGG oder der Untersuchung zwecks Begutachtung des Betroffenen gem. §§ 68b Abs. 3 Satz 1 FGG oder §§ 70e Abs. 2, 70g Abs. 4, 68b Abs.3 Satz 1 FGG durchführt,
  • Unterstützung im Rahmen des Vollzugs der zivilrechtlichen Unterbringungen gem. §§ 70 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1, 70g Abs. 5 FGG leistet. Ihr obliegt es auch, den Betreuer beim Vollzug der Unterbringung, notfalls mit Gewaltanwendung auf besondere Entscheidung des Gerichts hin zu unterstützen, § 70g Abs. 5 FGG,
  • bei vorläufigen Unterbringungsmaßnahmen nach § 70h Abs. 1 FGG und bei der Verlängerung von Unterbringungsmaßnahmen und Erstmaßnahmen nach § 70 i Abs. 2 FGG mitwirkt,
  • sich bei einer zivilrechtlichen Unterbringung nach § 70d Abs. 1 Nr. 6 FGG und vor der Aussetzung der Vollziehung einer Unterbringungsmaßnahme nach Landesrecht gemäß § 70k Abs. 3 FGG äußert,
  • die Unterbringungsentscheidung entgegennimmt, mit der Pflicht zur Prüfung, ob Rechtsmittel einzulegen sind, § 70g Abs. 2 FGG, und prüft, ob Rechtsmittel gegen Unterbringungsentscheidungen oder deren Ablehnung oder Aufhebung eingelegt werden sollen, § 70m Abs. 2 FGG,
  • sich vor Aufhebung einer Unterbringungsmaßnahme nach § 70i Abs. 1 FGG äußert und bei der Verlängerung von Unterbringungsmaßnahmen wie bei Erstmaßnahmen nach § 70i Abs. 2 FGG mitwirkt.

(2)Betreuungsführung


Gem. § 1900 Abs. 4 BGB[217] bestellt das Vormundschaftsgericht dann, wenn ein Betroffener nicht durch eine natürliche Person (§ 1897 Abs. 1 BGB) oder durch einen Betreuungsverein (§ 1900 Abs. 1 und Abs. 2 BGB) hinreichend betreut werden kann, die Betreuungsbehörde zum Betreuer des Betroffenen. Die unmittelbare Bestellung eines Behördenmitarbeiters zum Behördenbetreuer bleibt vorrangig; § 1897 Abs. 2 BGB.


(3)Aufgabenwahrnehmung außerhalb des gerichtlichen Betreuungsverfahrens


Der Betreuungsbehörde obliegt es zudem, gem. § 6 BtBG interessierte Bürger über die Betreuung, insbesondere über Vollmachten und Betreuungsverfügungen, aufzuklären[218] und gem. § 5 BtBG hinreichende Einführungs- und Fortbildungsangebote für Betreuer in ihrem Bezirk sicherzustellen. Sie berät und unterstützt die Betreuer gem. § 4 BtBG auf ihren Wunsch bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.


b)Vormundschaftsgericht


Die Aufgaben des Vormundschaftsgerichts in Betreuungssachen werden funktional durch den Rechtspfleger und den Vormundschaftsrichter wahrgenommen. Gem. § 3 Nr. 2 a RPflG nimmt der Rechtspfleger die Aufgaben wahr, soweit sie nicht in § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG dem Richter vorbehalten sind. Soweit dem Rechtspfleger Aufgaben übertragen sind, trifft er gemäß § 4 Abs. 1 RPflG grundsätzlich alle Maßnahmen, mit Ausnahme der in § 4 Abs. 2 RPflG aufgeführten Entscheidungen, die zur Erledigung dieser Aufgaben erforderlich sind.


(1)Anordnungsbefugnis


Das Vormundschaftsgericht entscheidet über:


  • die Bestellung eines Betreuers gem. §§ 1896, 1908 a BGB und die Überprüfung nach § 69 Abs. 1 Nr. 5 FGG, durch den Vormundschaftsrichter,
  • den Umfang des Aufgabenkreises im Sinne des § 1896 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Erweiterung des Aufgabenkreises gem. § 1908d Abs. 3 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Einschränkung des Aufgabenkreises gem. § 1908d Abs. 1 S. 2 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Aufhebung der Betreuerbestellung gem. § 1908d Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • über die Entlassung der Betreuer gem. § 1908b Abs. 1 und Abs. 2 BGB, durch den Vormundschaftsrichter. Bei Entlassung des Betreuers gem. § 1908b Abs. 3 und Abs. 4 BGB ist der Rechtspfleger zuständig,
  • die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes gem. §§ 1903, 1908a BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Erweiterung, Einschränkung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehaltes gem. § 1908d Abs. 4 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • Entscheidungen über Anträge der Betroffenen nach § 69c FGG, soweit nicht nur eine Betreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB betroffen ist, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Anordnung einer Betreuung über einen Angehörigen eines fremden Staates oder auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften, durch den Vormundschaftsrichter
  • die Anordnung der Vorführung des Betroffenen zum Zwecke der Begutachtung gem. § 68b Abs. 4 Satz 1 und §§ 70e Abs. 2, 68b Abs. 4 Satz 1 FGG oder zum Zwecke der Anhörung gem. § 68 Abs. 3 und §§ 70c Satz 5, 68 Abs. 3 FGG, durch den Vormundschaftsrichter.

(2)Genehmigungskompetenzen


Das Vormundschaftsgericht erteilt:


  • die Genehmigung einer Einwilligung des Betreuers in eine gefährliche ärztliche Maßnahme gem. § 1904 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Genehmigung einer Einwilligung des besonderen Betreuers in eine Sterilisation gem. § 1905 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Genehmigung einer Einwilligung des Betreuers in eine zivilrechtliche Unterbringung des Betreuten oder der Anwendung unterbringungsähnlicher Maßnahmen gem. § 1906 BGB, durch den Vormundschaftsrichter,
  • die Genehmigung für den Betreuer zur Beendigung eines Mietverhältnisses des Betreuten über Wohnraum und über die Genehmigung von Miet- und Pachtverträgen gem. § 1907 BGB, durch den Rechtspfleger,
  • die Genehmigung für den Betreuer für ein Versprechen oder die Gewährung von Ausstattungen aus dem Vermögen des Betreuten gem. § 1908 BGB, durch den Rechtspfleger,
  • die Genehmigung im Bereich der Vermögenssorge des Betreuers für den Betreuten gem. §§ 1908 i, 1810 ff. BGB, durch den Rechtspfleger.

(3)Aufsichtspflichten


Das Vormundschaftsgericht führt die Aufsicht über die Betreuer, schreitet gegen

Pflichtwidrigkeiten der Betreuer durch geeignete Gebote und Verbote ein (§§ 1908i

Abs. 1, 1837 Abs. 2 BGB) und hält die Betreuer ggf. durch Festsetzung von Zwangs-

geld zur Befolgung seiner Anordnungen an (§§ 1908i Abs. 1, 1837 Abs. 3 BGB).


Das Vormundschaftsgericht prüft durch den Rechtspfleger die Rechnungen der

Betreuer, die über ihre Vermögensverwaltung für die Betreuten Rechnung zu legen

haben (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1843 BGB).


Es entscheidet durch den Rechtspfleger nach Maßgabe der §§ 56g FGG, 1908i

Abs. 1, 1835 ff., 1908e, § 1908h BGB über Vergütung und Aufwendungsersatz der

Betreuer, erfüllt nach Maßgabe der §§ 1836a BGB die Ansprüche der Betreuer auf

Vergütung und Aufwendungsersatz und macht Ansprüche der Staatskasse nach §

1836e BGB geltend.


(4)Beratungspflichten


Ferner berät das Vormundschaftsgericht gem. §§ 1908i Abs. 1, 1837 Abs. 1 BGB die

Betreuer und wirkt dabei mit, sie in ihre Aufgaben einzuführen. Es verpflichtet durch

den Rechtspfleger – mit Ausnahme des Vereins- und Behördenbetreuers und der

Betreuungsbehörde – gem. § 69b Abs. 1 FGG die Betreuer, führt mit ihnen gem. §

69b Abs. 3 FGG in geeigneten Fällen ein Einführungsgespräch und stellt gem. § 69b

Abs. 2 FGG einen Betreuerausweis aus.


3.Verfassungsrechtliche Vorgaben


Die dargestellte funktionale Aufgabenverteilung zwischen Rechtspfleger und Vormundschaftsrichter deutet darauf, dass zumindest nicht alle Aufgaben im Rahmen des Betreuungsverfahrens dem Richter vorbehalten bleiben müssen. Allerdings ist diese Aufgabenverteilung einfachgesetzlich geregelt. Mithin kann diese Zuständigkeitsverteilung nicht herangezogen werden, um festzustellen, ob und in welchem Umfange die geschilderten Aufgaben des Vormundschaftsgerichts dem Vormundschaftsrichter vorbehalten bleiben müssen.


a)Art. 92 GG


Art. 92 GG enthält einen strikten Richtervorbehalt. Danach ist die rechtsprechende Gewalt ausschließlich den Richtern anvertraut. Stellten sich die im Betreuungsverfahren geschilderten Aufgaben als Rechtsprechung dar, wäre ausschließlich der Richter damit zu befassen. Eine Verlagerung auf den Rechtspfleger oder gar die Betreuungsbehörde verböte sich.


Das Grundgesetz enthält keine Definition des Rechtsprechungsbegriffs. Bereits vom Wortlaut lässt sich aber ableiten, dass Rechtsprechung der Ausspruch dessen ist, was Rechtens ist. Dieser Ausspruch erfolgt nur durch den Richter, also einem gemäß Art. 97 Abs. 1 GG sachlich unabhängigen Dritten. Die in den Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 2 Satz 2, 97 Abs. 1 GG angeordnete Gesetzesgebundenheit der Richter impliziert, dass dieser nur aufgrund der Anwendung geltenden Rechts aussprechen darf, was Rechtens ist[219].


Aus dem in den Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG angedeuteten und in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG niedergelegten Gewaltenteilungsgrundsatz lässt sich eine weitergehende Aussage darüber treffen, was Rechtsprechung ist. Folgt man der Subtraktionsmethode, so ist Rechtsprechung all das, was weder Gesetzgebung, noch Verwaltung ist. Demzufolge ist die rechtsprechende von der ersten und zweiten Gewalt abzugrenzen[220].


Die gesetzgebende Gewalt erlässt Gesetze und setzt damit abstrakt-generell Recht, während die rechtsprechende, an diese Gesetze gemäß Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG gebundene Gewalt diese Gesetze anzuwenden hat, und im Einzelfall Recht spricht[221].


Die vollziehende Gewalt wendet ebenfalls Gesetze an, weswegen sich die Abgrenzung zwischen der rechtsprechenden und der vollziehenden Gewalt schwieriger gestaltet. Deswegen werden in der Literatur vielfach materielle Kriterien zur Abgrenzung angeboten. Rechtsprechung soll demnach vorliegen, wenn das vom Richter anzuwendende Gesetz für diesen Beurteilungsnorm ist[222], er in fremder Angelegenheit entscheidet[223], seine Entscheidung in Rechtskraft erwächst und als verbindliche Feststellung des Rechts gilt, eine Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten vorliegt oder Individualrechtsschutz gewährt wird.


Dagegen soll Verwaltungstätigkeit zu bejahen sein, wenn das anzuwendende Gesetz für den Anwender Verhaltensnorm ist, er in eigener Sache entscheidet oder seiner Entscheidung eine verbindliche Rechtsfeststellung fehlt.


Eine eingehende Erörterung der dargestellten Ansätze soll nicht erfolgen. Aus diesen Ansätzen lässt sich jedoch zumindest ableiten, dass Rechtsprechung der letztverbindliche Ausspruch dessen ist, was auf der Grundlage geltenden Rechts als Rechtens anzusehen ist. Bezogen auf das Betreuungsrecht ist hieraus die Kontrollfunktion der Rechtsprechung ableitbar. Der Richter in seiner Funktion als rechtsprechendes Organ ordnet daher nicht die Bestellung eines Betreuers an, sondern spricht lediglich aus, ob die Bestellung auf der Grundlage geltenden (Betreuungs-)Rechts rechtens ist; er kontrolliert diesen Anordnungsakt.


Dem Richtervorbehalt unterliegen daher die ausdrücklich dem Richter grundgesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereiche[224] und Akte der Rechtsprechung. Rechtsprechung im Sinne des Art. 92 GG liegt dann vor, wenn im Einzelfall in einem besonders geregelten Verfahren von einem unparteiischen Dritten aufgrund der Anwendung geltenden Rechts letztverbindlich ausgesprochen wird, was Rechtens ist.


Nach dem eben dargestellten Begriff der Rechtsprechung ist im Bereich betreuungsrechtlicher Aufgaben zu differenzieren:


Soweit die Gerichte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstinstanzliche Entscheidungen prüfen, handelt es sich um Rechtsprechung. Die ausschließliche Verlagerung dieser Kontrollaufgaben auf eine Behörde verbietet sich.


Alle anderen betreuungsrechtlichen Aufgaben stellen keine Rechtsprechung im Sinne des Art. 92 GG dar. Diese wären nur dann nicht auf die Betreuungsbehörde übertragbar, falls diese – außerhalb des Art. 92 GG – ausschließlich dem Richter vorbehalten wären. Besteht ein Richtervorbehalt, so darf über bestimmte Angelegenheiten entweder ausschließlich der Richter entscheiden oder andere Stellen dürfen nur nach Maßgabe einer vorangegangenen richterlichen Entscheidung handeln[225].

Sind grundgesetzlich dem Richter zugewiesene Fälle betroffen, verbietet sich eine Übertragung auf Rechtspfleger oder Betreuungsbehörde. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich folgendes :


Gem. § 1907 BGBE bedarf der Betreuer zur Kündigung oder sonstigen Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den der Betreute gemietet hat, der Genehmigung der zuständigen Behörde. Soweit daher eine Anordnung zu treffen ist, die mit einer Durchsuchung der Wohnung einherzugehen hat, bleibt diese Anordnung dem Richter vorbehalten.


Freiheitsentziehungen jeglicher Art dürfen gem. Art. 104 Abs. 2 GG nur durch den Richter angeordnet werden. Mithin fallen in die ausschließliche Zuständigkeit des Vormundschaftsrichters:


  • die Genehmigung der Unterbringung gem. § 1906 Abs. 1 BGB und der unterbringungsähnlichen Maßnahmen gem. § 1906 Abs. 4 BGB und
  • die Anordnung der Vorführung des Betroffenen zum Zwecke der Begutachtung gem. § 68b Abs. 4 Satz 1 und §§ 70e Abs. 2, 68b Abs. 4 Satz 1 FGG oder zum Zwecke der Anhörung gem. § 68 Abs. 3 und §§ 70c Satz 5, 68 Abs. 3 FGG.

Bei einer Aufgabenverlagerung auf die Betreuungsbehörde ist demnach für die mit Freiheitsentziehung oder Einschränkung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung verbundenen Maßnahmen eine originäre Zuständigkeit des Vormundschaftsrichters zu gewährleisten.


b)Art. 19 Abs. 4 GG


Bedenken gegen eine Aufgabenverlagerung könnten sich aus der Garantie lückenlosen Rechtsschutzes gegen Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt gem. Art. 19 Abs. 4 GG ergeben. Art. 19 Abs. 4 GG eröffnet den Rechtsweg gegen jede behauptete Verletzung subjektiver Rechte durch ein Verhalten der öffentlichen Gewalt[226]. Dabei wird nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes gewährleistet[227]. Um dies zu gewährleisten, sind irreparable Entscheidungen, wie sie etwa durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit wie möglich auszuschließen[228].


Jedwede Anordnung oder Maßnahme im Betreuungsverfahren beinhaltet gleichzeitig einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen, zumindest in dessen Selbstbestimmungsrecht. Bei einer Aufgabenverlagerung auf die Betreuungsbehörde müsste gegen jede Anordnung oder Maßnahme effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein. Soll auch der Betreuungsbehörde die Möglichkeit der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit – ähnlich §§ 69a Abs. 3 Satz 2, 70g Abs. 3 Satz 2 FGG – zustehen, wäre die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht unproblematisch. Effektiver Rechtsschutz im Sinne einer präventiven Abwehr hoheitlicher Eingriffe wäre nämlich nicht mehr zu erlangen. Der Betroffene hätte in diesen Fällen die sofort wirksame Maßnahme zu dulden, gleichgültig ob er Rechtsmittel dagegen eingelegt hat. Eine nachfolgende gerichtliche Entscheidung hätte allenfalls feststellenden Charakter, liefe aber ansonsten ins Leere.


Nach geltendem Recht stellt sich das Problem effektiven Rechtsschutzes nicht, da mit der Anordnung betreuungsrechtlicher Maßnahmen der Vormundschaftsrichter betraut ist. Eine gerichtliche Prüfung und Kontrolle ist vor Anordnung oder Genehmigung einer Maßnahme auch in den Eilfällen der §§ 69f, 70h FGG und dem Falle der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit gegeben.


Effektiver Rechtsschutz könnte im Falle einer Aufgabenverlagerung dadurch gewährleistet werden, dass besonders schwerwiegende Entscheidungen oder Entscheidungen, die irreparable Folgen bedingen, nur durch das Vormundschaftsgericht angeordnet werden könnten, während alle anderen betreuungsrechtlichen Maßnahme minder schwerer Eingriffsintensität auch durch die Betreuungsbehörde angeordnet und für sofort wirksam erklärt werden könnten.


Besonders schwerwiegende Entscheidungen in Form der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gem. § 1903 BGB und der entsprechenden Änderungen im Bestand des Einwilligungsvorbehalts, der Genehmigung der Einwilligung in ärztliche Eingriffe im Sinne des § 1904 BGB und der Genehmigung der Einwilligung in eine Sterilisation im Sinne des § 1905 BGB sollten daher dem Richter vorbehalten bleiben.


Alternativ hierzu bliebe die Möglichkeit, auch diese Aufgaben auf die Betreuungsbehörde zu verlagern und eine gerichtliche Kontrolle vorzuschalten. Dieser Ansatz dürfte jedoch aus Gründen der Praktikabilität abzulehnen sein. Denn abgesehen davon, dass die Übertragung von Entscheidungen im Rahmen der Sterilisation aus geschichtlichen Gründen auf Befremden stoßen dürfte, führte eine derartige Vorschaltung richterlicher Kontrolle zu einer – insoweit vermeidbaren – Doppelbefassung des Vormundschaftsgerichts und der Betreuungsbehörde.


Zudem dürfte es zu systematischen Widersprüchen führen, der Betreuungsbehörde das Recht einzuräumen, in eiligen Fällen eine einstweilige Anordnung treffen und wegen Gefahr im Verzug von der Vornahme bestimmter Verfahrenshandlungen absehen zu können, wenn diese erst nach Ablauf einer bestimmten Frist vollzogen werden könnte.


Auch praktische Gesichtspunkte sprechen gegen eine Vorschaltung des Vormundschaftsgerichts. Die Vorschaltung des Vormundschaftsgerichts müsste ebenfalls in Eilfällen erfolgen, in denen zeitliche Verzögerungen generell zu vermeiden sind. Die Vorschaltung des Gerichts führte aber zu zusätzlichen zeitlichen Verzögerungen, die dadurch verstärkt würden, dass der Entscheidungsträger ausgetauscht würde.


4.Effektivität der Aufgabenwahrnehmung


Mit Ausnahme der Entscheidungen nach den §§ 1903 bis 1906 BGB könnten die restlichen betreuungsrechtlichen Aufgaben auf die Betreuungsbehörde übertragen werden. Hiergegen gerichtete praktische Bedenken dürften nicht durchgreifen.


Eine teilweise nur rudimentäre personelle und sächliche Ausstattung der Betreuungsbehörden ist nicht zu leugnen. In extremen Einzelfällen ist lediglich eine vollzeitäquivalente Stelle für drei Amtsgerichtsbezirke vorhanden und besetzt. Damit können Betreuungsbehörden ihre nach dem geltenden Recht zugewiesenen Aufgaben nur teilweise erfüllen. Nach Schätzungen werden die Betreuungsbehörden tatsächlich in lediglich etwa 30 % der Betreuungsverfahren dadurch tätig, dass sie Sachberichte erstellen und dem Vormundschaftsgericht einen geeigneten Betreuer vorschlagen. Eine hundertprozentige Beteiligung der Betreuungsbehörden führte aller Wahrscheinlichkeit zu einer Überlastung der vorhandenen Betreuungsbehördenstrukturen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass bei einer Aufgabenverlagerung aus Gründen der Konnexität den Justizhaushalten zugewiesene finanzielle Mittel den Kommunen zur Wahrnehmung der neu hinzutretenden Aufgaben zur Verfügung zu stellen sein dürften. Werden den Gemeinden und Gemeindeverbänden bestimmte öffentliche Aufgaben übertragen, für die zuvor ein anderer Verwaltungsträger zuständig gewesen ist, löst dies eine finanzielle Ausgleichspflicht aus[229]. Mithin sind die erforderlichen finanziellen Mittel den Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Verfügung zu stellen, damit diese die neu zugewiesenen Aufgaben überhaupt wahrnehmen könnten.


5.Fachkompetenz


Gegen eine Übertragung von Aufgaben auf die Betreuungsbehörde dürfte nicht einzuwenden sein, dass damit ein Qualitätsverlust einherginge. Bei den Betreuungsbehörden sind sozialpädagogische Kenntnisse und Erkenntnisse über betreuungsvermeidende Alternativen konzentriert. Durch eine Aufgabenverlagerung wäre demnach gewährleistet, dass dieses Wissen in einem frühen Verfahrensstadium nutzbar gemacht wird, um zu prüfen, ob und für welche Aufgabenbereiche die Bestellung eines Betreuers tatsächlich erforderlich ist. Die Entscheidung der Behörde könnte von vornherein auf eine breitere Tatsachengrundlage gestellt werden.


Demgegenüber fehlt es den Vormundschaftsgerichten grundsätzlich an derartigen originären sozialpädagogischen und sozialen Kenntnissen. Der Vormundschaftsrichter hat nach geltendem Recht die Möglichkeit gem. § 8 BtBG die Betreuungsbehörde um Darlegung der sozialen Verhältnisse, betreuungsvermeidender Alternativen und Ausführungen zur Erforderlichkeit der Betreuung aus sozialpädagogischer Sicht zu bitten. Der Umstand, dass derartige Berichte in etwa lediglich 30 v.H. der Betreuungsverfahren angefordert werden, zeigt jedoch, dass sich die Vormundschaftsgerichte den Sachverstand der Betreuungsbehörde im Regelfall nicht zunutze machen.


6.Fürsorge


Mögliche Akzeptanzprobleme dürften einer Aufgabenverlagerung ebenfalls nicht entgegen stehen. Betreuungsrechtliche Maßnahmen greifen in die Rechte des Betroffenen ein. Diese Maßnahmen erfolgen, um dem Betroffenen seine rechtliche Handlungsfähigkeit wieder zu geben oder um den Betroffenen vor Schaden zu bewahren. Insofern kann die staatliche Pflicht zum Tätigwerden als Ausfluss der staatlichen Fürsorgepflicht angesehen werden. Dass diese staatliche Fürsorge aber zwingend von den Gerichten gewährt werden muss, dürfte nicht anzunehmen sein. Nach geltendem Recht werden die weitaus meisten fürsorgerischen Maßnahmen durch die Exekutive, genauer durch die Sozialleistungsträger im Rahmen der Gewährung von Leistungen etwa nach dem SGB unter Einschluss des BSHG, getroffen. Akzeptanzprobleme haben sich hierbei nicht gezeigt. Im Übrigen dürfte aufgrund der stärkeren Beteiligung der Betreuungsbehörde am Geschehen vor Ort und derer fachlichen Kompetenz die Gewährung der Fürsorge im betreuungsrechtlichen Bereich an Effizienz gewinnen.


7.Schwellenängste


Schwellenängste dürften in stärkerem Maße gegenüber dem Gericht als gegenüber der Betreuungsbehörde schon deswegen bestehen, weil der Umgang mit Behörden erprobter ist als der Umgang mit dem Gericht. In der gerichtlichen Praxis offenbaren sich diese Berührungsängste im geäußerten Unverständnis, warum das Gericht eine Maßnahme anordne oder eine Anhörung durchführe, obwohl der Betroffene sich nichts habe zuschulden kommen lassen. Insofern dürfte zu erwarten sein, dass die Betreuungsbehörden – auch aufgrund der sozialpädagogischen Schulung ihres Personals – eher und leichter Zugang zu den am Verfahren Beteiligten zu finden in der Lage sind.


Zudem hätte die Ausgestaltung der Betreuungsbehörde als zentraler Einrichtung des Betreuungsrechts den Vorteil, dass der Hilfesuchende im Einzelfall einen Ansprechpartner hat, und nicht die konkret zuständige Behörde oder das zuständige Gericht in jeden Einzelfall ermitteln muss.


8.Einzelbegründung


Zu Artikel 1


Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs


Zu § 1896


Die Betreuungsbehörde ist als zentrale Einrichtung des Betreuungsrechts auszugestalten. Sie ist zuständig für die Bestellung eines Betreuers. Insofern ist in § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB die Zuständigkeit des Vormundschaftsgericht durch die Zuständigkeit der Betreuungsbehörde zu ersetzen. Da landesrechtliche Bestimmungen unterschiedliche Bezeichnungen für die Betreuungsbehörde ausweisen können, ist die Betreuungsbehörde bundesrechtlich als zuständige Behörde zu bezeichnen.


Zu § 1897


Die Regelung des § 1897 ist den veränderten Zuständigkeiten anzupassen. Die entsprechenden Begriffe, die auf eine Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts deuten, sind durch die die Zuständigkeit der Betreuungsbehörde regelnden Begriffe zu ersetzen.


Absatz 2 Satz 2 sollte ersatzlos gestrichen werden. Der Betreuungsbehörde sollte es verwehrt bleiben, selbst oder durch ihre Mitarbeiter Betreuungen zu führen. Anderenfalls wäre eine effektive Kontrolle und Aufsicht der Behördenbetreuer nicht zu gewährleisten, wenn Behördenbetreuer und Aufsichtsführender personenidentisch oder in der gleichen Behörde angesiedelt wären.


Absatz 7 sollte ebenfalls ersatzlos gestrichen werden. Die Betreuungsbehörde bestellt die Betreuer selbst und stellt deren Eignung selbst fest, so dass es einer Beteiligung des Vormundschaftsgerichtes nicht bedarf.


Zu §§ 1898, 1899


Die Betreuungsbehörde wählt den Betreuer aus. Die Vorschrift des § 1898 ist entsprechend der geänderten Zuständigkeitsverteilung zu ändern. Da die Betreuerbestellung durch die Betreuungsbehörde erfolgt, ist auch die Vorschrift des § 1899 der geänderten Zuständigkeit anzupassen.


Zu § 1900


§ 1900 ist ebenfalls an die veränderte Zuständigkeitsregelung anzupassen. Absatz 4

ist ersatzlos zu streichen, da die Betreuungsbehörden weder selbst, noch durch ihre Mitarbeiter Betreuungen führen sollten.


Zu §§ 1901 bis 1908b


Die Vorschriften der §§ 1901 bis 1908b sind der neuen Zuständigkeitsverteilung anzupassen. Die Entscheidungen nach den §§ 1903, 1904, 1905 und 1906 sollten aus verfassungsrechtlichen Gründen nach wie vor dem Richter vorbehalten bleiben.


Zu §§ 1908g und 1908h


Da die Betreuungsbehörde keine Betreuungen führen sollte, sind die auf die Behördenbetreuung und Behördenbetreuer anwendbaren Vorschriften als dem neuen System zuwiderlaufend zu streichen.


Zu § 1908i


Zu Absatz 1 Satz 1


Die Verweisung des § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB ist neu zu fassen. Die Betreuungsbehörde sollte – mit Ausnahme der Entscheidungen nach den §§ 1903, 1904, 1905 und 1906 BGB – grundsätzlich alle betreuungsrechtlichen Entscheidungen treffen. Sie sollte insbesondere den Betreuer bestellen und entlassen können. Daher bietet es sich aufgrund des Sachzusammenhanges an, die Aufsicht über die Tätigkeit der Betreuer ebenfalls der Betreuungsbehörde zu überlassen. Da die Betreuungsbehörde stärker am Geschehen vor Ort beteiligt ist, kann diese zudem Missstände leichter feststellen. Deswegen könnte eine Aufsicht durch die Betreuungsbehörde effektiver wahrgenommen werden. Nach geltendem Recht wird eine umfassende Aufsicht des Vormundschaftsgerichts insbesondere über die Verweisung in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB ermöglicht. Insofern ist angesichts der umfangreichen Grundzuständigkeit der Betreuungsbehörde auch diese Vorschrift entsprechend zu ändern. Entsprechend § 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB sollte die Betreuungsbehörde daher über die gesamte Tätigkeit des Betreuers die Aufsicht führen. Angelegenheiten im Sinne des § 1796 BGB sollte die Betreuungsbehörde dem Betreuer entziehen können. Sie sollte auch entsprechend § 1843 BGB die analog §§ 1840 Abs. 2 bis Abs. 4, 1841 BGB vorgelegte Rechnung des Betreuers rechnerisch und sachlich prüfen können. Eine Rechnungsprüfung und Anerkennung sollte durch die Betreuungsbehörde auch entsprechend § 1892 BGB erfolgen. Soweit der Betreuer der Betreuungsbehörde Rechnung gelegt hat, sollte die Bezugnahme auf diese Rechnung als Rechnungslegung im Sinne des § 1890 BGB ausreichen.


Die Betreuungsbehörde sollte auch entsprechend § 1837 Abs. 2 Satz 2 BGB dem Betreuer den Abschluss einer Versicherung auferlegen können.


Pflichtwidrigkeiten des Betreuers sollten entsprechend § 1799 Abs. 1 Satz 2 BGB gegenüber der Betreuungsbehörde anzuzeigen sein. Auch eine umfassende Auskunftspflicht des Betreuers gegenüber der Betreuungsbehörde sollte entsprechend § 1839 BGB geregelt werden. Diese Auskunftspflicht im einzelnen konkreten Betreuungsverfahren sollte die allgemeine Auskunftspflicht nach § 1908k BGB ergänzen. Ein jährlicher Pflichtbericht über die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen entsprechend § 1840 Abs. 1 BGB und die Pflicht zur periodischen Rechnungslegung entsprechend § 1840 Abs. 2 bis Abs. 4 BGB sollten gegenüber der Betreuungsbehörde bestehen. Insbesondere hinsichtlich der Rechnungslegung sollte die Betreuungsbehörde die Möglichkeit haben, entsprechend § 1841 Abs. 2 Satz 2 BGB die Vorlegung der Bücher und Unterlagen vom Betreuer verlangen zu können. Nur so könnte die Betreuungsbehörde die für die Aufsichtsführung relevanten Daten und Informationen vom Betreuer erhalten.


Das gem. § 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB anzufertigende Vermögensverzeichnis wäre der Betreuungsbehörde einzureichen. Falls dieses ungenügend wäre, könnte die Betreuungsbehörde anordnen, dass das Vermögensverzeichnis durch einen Notar aufgenommen würde. Der Verweis auf § 1802 Abs. 3 BGB wäre entsprechend zu ändern. Es wäre unzweckmäßig der Betreuungsbehörde die Möglichkeit einzuräumen, das Verzeichnis selbst aufzunehmen, da anderenfalls Manipulationsmöglichkeiten eröffnet würden. Der das Vermögensverzeichnis aufnehmende Beamte oder Angestellte der Betreuungsbehörde übte später die Aufsicht über den Betreuer aus, in deren Rahmen er auch die formelle Ordnungsgemäßheit des Vermögensverzeichnisses, damit also sein eigenes Verhalten, prüfte[230].


Die nach bisherigem Recht dem Vormundschaftsgericht – dort funktionell dem Rechtspfleger – vorbehaltenen Genehmigungstatbestände im Hinblick auf die Vermögensangelegenheiten sollten zur Ausübung einer wirksamen Aufsicht auf die Betreuungsbehörde verlagert werden.


Derartige Genehmigungen müssten gem. § 1828 BGB dem Betreuer gegenüber erklärt werden. Eine nachträgliche Genehmigung gem. § 1829 BGB wäre möglich. Behauptete der Betreuer wahrheitswidrig das Bestehen einer betreuungsbehördlichen Genehmigung, so bliebe ein Geschäftsgegner bis zur Erteilung der betreuungsbehördlichen Genehmigung zum Widerruf berechtigt, es sei denn, dass ihm das Fehlen der Genehmigung bei Vertragsabschluss bekannt gewesen wäre. Ein einseitiges Rechtsgeschäft wäre ohne die erforderliche betreuungsbehördliche Genehmigung gem. § 1831 BGB unwirksam.


Die Genehmigung zur Abweichung von den Anordnungen eines Erblassers oder eines unentgeltlich zuwendenden Dritten erteilte die Betreuungsbehörde gem. § 1803 Abs. 2 BGB. Die Zustimmung eines noch lebenden Dritten könnte durch die Betreuungsbehörde gem. § 1803 Abs. 3 Satz 2 BGB ersetzt werden.


Die Anlage von Geld des Betreuten im Sinne des § 1807 Abs. 1 Ziffer 5 BGB sollte ebenfalls nur mit der Bestimmung möglich sein, dass zur Erhebung des Geldes die Genehmigung des Gegenbetreuers oder der Betreuungsbehörde erforderlich wäre; § 1809 BGB. Die Genehmigung des Gegenbetreuers wäre durch eine Genehmigung der Betreuungsbehörde gem. § 1810 Satz 1 BGB zu ersetzen. Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, sollte die Anlegung nur mit Genehmigung der Betreuungsbehörde gem. § 1810 Satz 2 BGB erfolgen. Eine andere Anlegung, als die in § 1807 BGB vorgeschriebene, sollte die Betreuungsbehörde gem. § 1811 Satz 1 BGB gestatten.


Eine Verfügung über Forderungen oder Wertpapiere des Betreuten dürfte der Betreuer nur mit Genehmigung des Gegenbetreuers treffen, sofern nicht entsprechend §§ 1819 bis 1822 BGB die Genehmigung der Betreuungsbehörde erforderlich wäre; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die entsprechende Genehmigung des Gegenbetreuers würde durch die Genehmigung der Betreuungsbehörde ersetzt; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1812 Abs. 2 BGB. Ist ein Gegenbetreuer nicht vorhanden, so träte an die Stelle der Genehmigung des Gegenbetreuers grundsätzlich die Genehmigung der Betreuungsbehörde; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1812 Abs. 3 BGB. Die Betreuungsbehörde könnte dem Betreuer für die genannten Genehmigungstatbestände entsprechend § 1825 BGB eine allgemeine Ermächtigung erteilen.


Inhaberpapiere des Betreuten dürften im Sinne des § 1814 BGB nur mit der Bestimmung hinterlegt werden, dass deren Herausgabe nur mit Genehmigung der Betreuungsbehörde verlangt werden könnte; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1814 Satz 1 BGB. Entsprechendes müsste auch für eine Umschreibung der Inhaberpapiere auf den Namen des Betreuten gelten. Eine derartige Umschreibung hätte nur mit der Bestimmung zu erfolgen, dass eine Verfügung über die Papiere nur mit Zustimmung der Betreuungsbehörde möglich wäre; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1815 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zu hinterlegende Inhaberpapiere könnten entsprechend § 1815 Abs. 2 BGB mit Zustimmung der Betreuungsbehörde in Schuldbuchforderungen umgewandelt werden. Sind Schuldbuchforderungen des Betreuten im Zeitpunkt der Betreuerbestellung vorhanden, oder erwirbt der Betreute diese später, so hätte der Betreuer in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, dass eine Verfügung nur mit Genehmigung der Betreuungsbehörde möglich wäre; §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1816 BGB. Der Betreuer bedürfte gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1820 Abs. 1 BGB zur Eingehung einer Verpflichtung zu einer Verfügung über die sich aus der Umschreibung oder Umwandlung eines umgeschriebenen oder in eine Schuldbuchforderung umgewandelten Inhaberpapiers des Betreuten ergebende Stammforderung der Genehmigung der Betreuungsbehörde.


Die Betreuungsbehörde sollte entsprechend § 1818 BGB aus besonderen Gründen auch anordnen können, dass der Betreuer auch andere Wertpapiere oder Kostbarkeiten in der nach § 1814 BGB beschriebenen Weise zu hinterlegen hätte. Eine Verfügung über die hinterlegten Sachen bedürfte der Genehmigung der Betreuungsbehörde; § 1819 BGB.


Der Betreuer bedürfte ferner der Genehmigung der Betreuungsbehörde hinsichtlich der in §§ 1821, 1822 Nr. 1-4, 6-13, 1823 BGB genannten Rechtsgeschäfte. Die Betreuungsbehörde sollte dem Betreuer für die genannten Genehmigungstatbestände des § 1822 Nr. 8-10 BGB gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1825 BGB eine allgemeine Ermächtigung erteilen können.


Von den dem Betreuer gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1806 bis 1816 BGB obliegenden Verpflichtungen könnte ihn nur die Betreuungsbehörde entbinden; §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGBE, 1817 BGB.


Eine Pflicht der Betreuungsbehörde zur Beratung der Betreuer findet sich bereits in § 4 Abs. 3 BtBGE. Die Pflicht zur Durchführung eines Einführungsgespräches ist in § 16 Abs. 3 BtBGE normiert. Der Verweis auf § 1837 Abs. 1 BGB wäre überflüssig und daher zu streichen.


Da es der Betreuungsbehörde nicht mehr möglich wäre, selbst Betreuungen zu führen, bedarf es der Ausnahmevorschrift des § 1805 Satz 2 BGB nicht mehr. Der Betreuungsbehörde ist es nach geltendem Recht als Betreuer gestattet, abweichend von § 1805 Satz 1 BGB, Gelder des Betreuten auf den Namen des Betreuten bei Kreditinstituten der kommunalen Körperschaften anzulegen, bei denen die Betreuungsbehörde errichtet ist, etwa Stadt- oder Kreissparkassen (§ 1807 Abs. 1 Ziffer 5 BGB). Gleiches gilt gem. § 1908g Abs. 2 BGB auch für den Behördenbetreuer. Da die Behördenbetreuung abgeschafft werden sollte, wäre diese Vorschrift überflüssig. Die Verweisung des § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB auf § 1805 Satz 2 BGB ist daher ersatzlos zu streichen.

§ 1857a BGB sieht eine Befreiung der Behörde als Betreuer vor. Da die Betreuungsbehörde keine Betreuungen mehr führen sollte, ist § 1908i Abs. 1 Satz 2 BGB dahingehend zu ändern, dass diese Vorschrift nicht für die Betreuungsbehörde entsprechend gilt.


Die Betreuungsbehörde sollte aufgrund der Aufgabenverlagerung als zentrale Stelle des Betreuungsrechtes für die Aufsicht über die Betreuer zuständig sein. Daher dürfte es folgerichtig sein, die Betreuungsbehörde auch mit dem Aufwendungsersatz und der Vergütung der Berufsbetreuer zu betrauen. Entsprechend müsste die Vorschrift des § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB dahingehend geändert werden, über die Verweisung auf die §§ 1835 ff. BGB nicht mehr das Vormundschaftsgericht, sondern die Betreuungsbehörde für zuständig zu erklären.


Entsprechend §§ 1835 Abs. 1 Satz 3, 1835a Abs. 4 Satz BGB könnten auch pauschalierte Aufwendungsersatzansprüche bei der zuständigen Betreuungsbehörde geltend gemacht werden. Diese könnte für die Geltendmachung konkret dargelegter Aufwandsentschädigungen entsprechend § 1835 Abs. 1 Satz 4 BGB eine von § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB abweichende Frist bestimmen.


Entsprechend § 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB hätte die Betreuungsbehörde die Feststellung zu treffen, ob eine berufsmäßig geführte Betreuung vorliegt. Stellte die Betreuungsbehörde eine berufsmäßig geführte Betreuung fest, so bewilligte sie dem Betreuer entsprechend § 1836 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Vergütung. Dabei könnte die Betreuungsbehörde die Ausschlussfrist des § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB in sinngemäßer Anwendung des § 15 Abs. 3 Satz 1 bis 5 ZSEG ändern. Sollte die Betreuungsbehörde nicht die Berufsmäßigkeit der Betreuungsführung feststellen, so sollte sie entsprechend § 1836 Abs. 3 BGB dem Betreuer eine angemessene Vergütung bewilligen können.


Sofern das Vergütungssystem nicht im Sinne eines Pauschalisierungssystems geändert werden sollte, sollte die Betreuungsbehörde die Möglichkeit haben, entsprechend § 1836b Satz 1 BGB einen festen Pauschalbetrag oder eine Zeitbegrenzung für die Betreuungsführung bestimmen zu können.


Zu Absatz 1 Satz 2


Das Vormundschaftsgericht hat eine eingeschränkte Zuständigkeit im Rahmen des Betreuungsverfahrens. Es bleibt zuständig für die Entscheidungen nach den §§ 1903 bis 1906 BGB.


Eilentscheidungen im Rahmen des § 1905 BGB dürften ernstlich kaum in Betracht kommen. Sinnvoll dürfte es daher sein, ein Vorgehen nach § 1846 BGB für Genehmigungen nach § 1905 BGB auszuschließen.


In den übrigen Fällen der §§ 1903, 1904 und 1906 BGB sollte dem Vormundschaftsgericht hingegen nach wie vor die Möglichkeit eröffnet bleiben, in Eilfällen eine vorläufige Regelung anzuordnen. Durch den Verweis auf § 1846 BGB sollte dies sichergestellt werden.


Zu § 1908 k


Die Auskunftspflicht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840 BGBE im einzelnen konkreten Betreuungsverfahren sollte durch die allgemeine Auskunftspflicht nach § 1908k BGB ergänzt werden. Die Betreuungsbehörde sollte die alleinige Aufsicht über die Betreuer führen, so dass eine Pflicht der Betreuungsbehörde zur Datenübermittlung an das Vormundschaftsgericht nicht mehr sinnvoll wäre. Absatz 3 sollte daher ersatzlos gestrichen werden.


Zu Artikel 2


Änderung des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger


Zu Nummer 1 (§ 2)


Die Betreuungsbehörde nähme hoheitliche Aufgaben im Rahmen der Eingriffsverwaltung wahr. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen betreuungsrechtlicher Maßnahmen sollten nach wie vor im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt bleiben. Für das Betreuungsverfahren ist zu beachten, dass nach jetzigem Recht auf das Verfahren der Betreuungsbehörde die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder[231] anzuwenden sind. Bei einer größtmöglichen Aufgabenverlagerung wäre aufgrund der Besonderheiten des Betreuungsverfahrens und wegen der gebrechensbedingt erhöhten Schutzbedürftigkeit des Betroffenen eine Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze jedoch nicht adäquat.


Eine ausschließliche Regelung im Rahmen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit dürfte abzulehnen sein, da dieses Gesetz gem. § 1 FGG für die den Gerichten übertragenen Aufgaben Geltung beansprucht. Das FGG müsste nur insofern geändert werden, als das Vormundschaftsgericht in beschränkterem Umfang mit betreuungsrechtlichen Aufgaben betraut wäre. Soweit das Verfahren vor der Betreuungsbehörde betroffen ist, ist eine umfassende gesetzliche Neuregelung des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger erforderlich.


Die Zuständigkeit der Betreuungsbehörde richtet sich nach jetziger Rechtslage nach den §§ 1 ff. BtBG. Diese Zuständigkeitsregelung müsste entsprechend der nunmehr bestehenden Primärzuständigkeit der Betreuungsbehörde abgeändert und ergänzt werden.


Dabei sollten auch nach wie vor die Länder die örtlich und überörtlich zuständige Betreuungsbehörde bestimmen können. Wegen neu hinzutretender Aufgaben, etwa im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung, müsste eine Pflicht der Länder zur Errichtung überörtlicher Betreuungsbehörden angenommen werden.


Zu Nummer 2 (§ 3)


Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit sollte klarstellend festgelegt werden, dass

sich die Zuständigkeit der Behörde nach dem Zeitpunkt ihrer erstmaligen Befassung mit dem Verfahren richtet. Wegen des grundsätzlich bestehenden Bedarfs an Eilmaßnahmen sollte die Ermittlung der an sich zuständigen Behörde und die damit verbundene zeitliche Verzögerung vermeiden werden. Insofern sollte es bei einer Eilzuständigkeit verbleiben.


Gem. § 3 Abs. 2 BtBG führt eine Veränderung der nach § 3 Abs. 1 BtBG maßgeblichen Umstände ohne weiteres zu einem Wechsel der Zuständigkeit der Betreuungsbehörde, und zwar ohne Rücksicht auf die in den Parallelvorschriften der Länder zu § 3 Abs. 3 VwVfG vorgesehene Möglichkeit, das Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen durch die bislang zuständige Behörde weiter betreiben zu lassen. Eine förmliche Abgabe, wie etwa in § 65a FGG für das Vormundschaftsgericht vorgesehen, ist nicht erforderlich. Um Schwierigkeiten für das Vormundschaftsgericht, etwa bei der Zustellung an die zuständige Betreuungsbehörde zu vermeiden, ist eine Anzeige des Zuständigkeitswechsels durch die nunmehr zuständige Behörde an das Vormundschaftsgericht erforderlich.


Fraglich ist, ob die Regelung des VwVfG ausreichend ist. Das gesamte Betreuungsverfahren wird vor der Betreuungsbehörde geführt, so dass im Einzelfall der Betroffene oder der Betreuer, etwa aufgrund einer örtlichen Verbundenheit oder einer persönlichen Verbundenheit mit den Mitarbeitern der Ursprungsbehörde, ein Interesse daran haben könnte, das Betreuungsverfahren auch nach einem Wohnortwechsel weiterhin von der ursprünglich zuständigen Behörde führen zu lassen.


Nach geltendem Recht ist eine Abgabe des gerichtlichen Betreuungsverfahrens nur aus wichtigem Grund gem. § 65a Abs. 1 FGG und mit Zustimmung des Betroffenen, des Betreuers und des Gerichts, an das abgegeben werden soll[232], möglich. Gegen einen automatischen Zuständigkeitswechsel, wie in § 3 Abs. 2 BtBG vorgesehen, könnten die Verfahrensbeteiligten Argumente nicht vorbringen. Eine Beibehaltung dieser Regelung wäre ein Rückschritt zum Nachteil der Beteiligten. Ein Verweis auf die Parallelvorschriften zu § 3 Abs. 3 VwVfG änderte hieran nichts, da dieser Verweis die Weiterführung des Verfahrens durch die Zustimmung der nunmehr zuständigen Behörde, nicht aber von der Zustimmung der Beteiligten abhängig machte.


Zur Vermeidung einer mit einer Aufgabenverlagerung auf die Betreuungsbehörde verbundenen Verkürzung der Rechte der Verfahrensbeteiligten, sollte eine dem § 65a FGG entsprechende Regelung auch für die Betreuungsbehörde eingeführt werden.


Da mithin die Frage zu entscheiden ist, welche Betreuungsbehörde zuständig sein soll, ist zu klären, wer über diese Frage entscheiden sollte. Eine Entscheidung durch die überörtliche Betreuungsbehörde bietet sich an. Zwar ist es denkbar, dass ein Zuständigkeitsstreit über Ländergrenzen hinweg erfolgt, mithin unklar wäre, welche der überörtlichen Betreuungsbehörden zuständig wäre. Dieses Problem ließe sich jedoch entsprechend §§ 65a Abs. 2 Satz 2, 46 Abs. 2 Satz 1 a.E. FGG derart lösen, dass diejenige überörtliche Betreuungsbehörde zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites zuständig wäre, zu deren Bezirk die Betreuungsbehörde gehört, an welches das Verfahren abgegeben werden soll.


Fraglich bliebe noch, ob eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der überörtlichen Betreuungsbehörde erfolgen sollte. Nach geltendem Recht stellt sich dieses Problem deswegen nicht, weil das obere Gericht diese Entscheidung trifft, mithin eine gerichtliche Prüfung mit dieser Entscheidung verknüpft ist.


Für eine gerichtliche Überprüfung ließe sich anführen, dass es für die Verfahrensbeteiligten durchaus entscheidend sein könne, wo die Betreuungsbehörde als ihr Ansprechpartner ihren Sitz habe. Insbesondere wenn etwa der Betreuer in einem ganz anderen Bezirk als der Betroffene wohne, habe der Betreuer weite Anreisen zur Betreuungsbehörde in Kauf zu nehmen. Gegen eine gesonderte gerichtliche Anfechtungsmöglichkeit ließe sich jedoch einwenden, dass die Zuständigkeitsbestimmung lediglich eine verfahrensrechtliche Zwischenentscheidung sei. Daraus ließe sich ableiten, dass die Zuständigkeitsordnung als solche den Verfahrensbeteiligten keine subjektiv-öffentlichen Rechte vermittele. Zudem könnte die Zuständigkeitsbestimmung im Rahmen der Überprüfung der betreuungsbehördlichen Maßnahme geprüft werden. Eine gesonderte gerichtliche Überprüfung der Zuständigkeitsbestimmung dürfte daher nicht erforderlich sein.


Zu Nummer 3 (§§ 4 - 9)


Zu § 4


Die Betreuungsbehörde wird nach dem hier vorgestellten Modell als zentrale Stelle des Betreuungsrechts tätig. Die grundlegenden Befugnisse sind im BGB ausgestaltet. Dies sollte klarstellend gesetzlich herausgestellt werden.


Daneben sollte mittels einer Aufgabenzuweisungsnorm auch weiterhin angeordnet bleiben, dass die Betreuungsbehörde auch Beratungs- und Unterstützungspflichten gegenüber den Betreuern und anderen interessierten Bürgern, wozu auch die Bevollmächtigten zu zählen sind, hat.


Besondere Qualifikationsanforderungen sollten an die Entscheider gestellt werden, um die grundsätzlich gesteigerte Bedeutung der Entscheidungen, die stark in die individuelle Lebensführung des Betroffenen eingreifen, hervorzuheben. Genauere fachliche Anforderungen sollten nicht aufgestellt werden, um die notwendige Flexibilität personeller Entscheidungen innerhalb der Behördenstruktur nicht zu beseitigen.


Zu § 5


Der Aufgabenkreis der Betreuungsbehörden umfasst u.a. die Tätigkeit einzelner Personen sowie von gemeinnützigen und freien Organisationen zugunsten Betreuungsbedürftiger anzuregen und zu fördern. Die Betreuungsbehörden fördern auch die Aufklärung und Beratung über Vollmachten und Betreuungsverfügungen. Die Bedeutung von Vorsorgevollmachten kann verstärkt werden, wenn die Betreuungsbehörden nicht nur allgemein über Inhalte informieren, sondern auch bei der Errichtung beratend und unterstützend mitwirken. Denn durch die Erteilung von Vorsorgevollmachten können Betreuerbestellungen vermieden werden, vgl. § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB. Zur Erleichterung des täglichen Rechtsverkehrs, insbesondere gegenüber Sparkassen und anderen Instituten erscheint es sinnvoll und zweckmäßig, in den Aufgabenkreis der Betreuungsbehörden die Beglaubigung von Unterschriftsleistungen und Handzeichen aufzunehmen, um damit die Akzeptanz im Rechtsverkehr zu erhöhen.


Der bisherige § 6 Satz 2 BtBG wird in dem neuen Absatz 1 wiedergegeben und durch die individuelle Beratungsaufgabe bei Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen ergänzt.


Die neuen Absätze 2 bis 5 sind der Vorschrift des § 59 SGB VIII nachgebildet und beinhalten die Regelungen zur Beglaubigungsfunktion der Betreuungsbehörde[233].


Zu § 6


Für die Betreuungsbehörde gilt subsidiär das jeweilige Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes. Aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im behördlichen Betreuungsverfahren reichen die Regelungen des allgemeinen Verfahrensrechts nicht aus, um diesem Umstand Rechnung zu tragen. Der Betroffene wird gebrechensbedingt oftmals nicht in der Lage sein, seine Rechte im Verfahren eigenständig wahrzunehmen. Daher dürfte die Bestellung eines Pflegers erforderlich sein. Auch ist der persönlichen Anhörung des Betroffenen besonderes Gewicht beizumessen. Denn hierdurch dürfte die Betreuungsbehörde unverzichtbare Erkenntnisse erlangen können. Daher sollte von der Möglichkeit des Absehens von der Anhörung nach § 28 Abs. 2 VwVfG kein Gebrauch gemacht werden. Mithin sind Sonderregelungen für das behördliche Betreuungsverfahren erforderlich. Eine Anlehnung an die bisherigen Regelungen des FGG erscheint dabei sachgerecht, da diese Vorschriften der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Betroffenen bisher ausreichend Rechnung getragen haben.


Zu § 7


Das Betreuungsverfahren wird entsprechend § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGBE grundsätzlich von Amts eingeleitet. Ausnahmsweise kann gem. § 1896 Abs. 1 Satz 3 BGBE bei einem nur lediglich körperlich behinderten Betroffenen ein Verfahren nur auf seinen Antrag hin eingeleitet werden. Diese Regelung sollte auch im Verfahrensrecht ausdrücklich normiert werden, da der lediglich körperlich behinderte Betroffene grundsätzlich die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt, mithin gegen seinen regelmäßig vorhandenen freien Willen die Bestellung eines Betreuers ohnehin nicht möglich ist. Dies sollte verfahrensrechtlich auch weiterhin durch den Antrag als zwingende Verfahrensvoraussetzung abgesichert bleiben.


Zu § 8


Da bei einem Betroffenen die erhöhte Gefahr der beschränkten Geschäftsfähigkeit oder Geschäftsunfähigkeit besteht, ist im Sinne des § 12 Abs. 1 Ziffer 2 VwVfG zu regeln, dass Betroffene unabhängig von den Auswirkungen ihres Gebrechens auf ihre Geschäftsfähigkeit im Betreuungsverfahren handlungsfähig sind.


Zu § 9


Akteneinsichtsrechte sollte gesondert geregelt werden, um die Stellung des Verfahrenspflegers zu berücksichtigen.


Zu Nummer 4 (§§ 10 bis 27)


Zu § 10


§ 24 VwVfG gilt auch im Betreuungsverfahren. Erforderlich ist es, einige Besonderheiten spezialgesetzlich zu regeln. Wichtig sind dabei vor allem zwei Dinge:


Die Betreuungsbehörde sollte zum einen verpflichtet werden, im Regelfall die übliche Umgebung des Betroffenen einer Inaugenscheinnahme zu unterziehen. Hierdurch können besonders wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Frage gewonnen werden, ob und in welcher Weise der Betroffene an seinem bisherigen Aufenthaltsort die Führung seiner Angelegenheiten und seine Versorgung allein oder durch Dritte sicherstellt.

Zum anderen wird es der Betreuungsbehörde an medizinischen Fachkenntnissen fehlen, um die Betreuungsbedürftigkeit aus medizinischer, insbesondere psychiatrisch-neurologischer Sicht beurteilen zu können. Daher ist sie zwingend zu verpflichten, grundsätzlich das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen. Der Ausnahmefall, dass ein ärztliches Attest genügt, wenn der Betroffene die Bestellung eines Betreuers beantragt und das Absehen der Einholung eines Gutachtens billigt, sollte beibehalten bleiben, um im Einzelfall auch weiterhin eine flexible Handhabung zu gewährleisten.


Eigene freiheitsentziehende Maßnahmen, wie Vorführung oder Unterbringung zur Untersuchung, darf die Betreuungsbehörde aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 104 Abs. 2 GG) nicht anordnen. Dies bleibt dem Richter, hier also dem zuständigen Vormundschaftsgericht vorbehalten. Daher ist das entsprechende Verfahren zur Anordnung derartiger Maßnahmen im FGG zu regeln. In § 10 Abs. 5 und 6 BtBGE sollte das Antragsrecht der Betreuungsbehörde geregelt werden. Im FGGE sollte das weitere Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht geregelt werden, da es sich hierbei um ein gerichtliches Verfahren im Sinne des § 1 FGG handelt.


Zu § 11


Während nach jetziger Rechtslage die Verwaltungsbehörde im Falle eines gebrechensbedingten Unvermögens des Betroffenen selbst tätig zu werden, die Möglichkeit hat, durch das Vormundschaftsgericht einen Verfahrensvertreter bestellen zu lassen[234], sollte diese Möglichkeit im betreuungsbehördlichen Verfahren nicht bestehen. Für die Betreuungsbehörde machte diese Regelung keinen Sinn. Steht nach Durchführung eines dem Betreuungsverfahren entsprechenden Verfahrens zur Vertreterbestellung fest, dass ein gesetzlicher Vertreter für den Betroffenen zu bestellen ist, so könnte sogleich ein Betreuer bestellt werden. Die Bestellung eines Vertreters könnte nicht vorher erfolgen. Die Schutzfunktion einer Verfahrensvertreterbestellung im Sinne der §§ 16 Abs. 1 Ziffer 4 VwVfG, 15 Abs. 1 Ziffer 4 SGB X und 81 Abs. 1 Ziffer 4 AO könnte nicht mehr verwirklicht werden.


Damit der Betroffene, der sich nicht verständigen, die Reichweite seines Handelns nicht erkennen oder überhaupt nicht selbst tätig werden kann, im Verfahren seine Rechte geltend machen kann, muss ihm jemand zur Interessenwahrnehmung an die Seite gestellt werden, bevor feststeht, dass der Betroffene eines gesetzlichen Vertreters bedarf. Dabei bietet es sich an, auf den in der Praxis bewährten Verfahrenspfleger zurückzugreifen, und eine an den § 67 FGG angelehnte Vorschrift in das BtBG einzuführen. Auch sollte die Bezeichnung „Pfleger“ beibehalten werden, um die bisherige Kontinuität in der Aufgabenwahrnehmung auch sprachlich nach außen zu verdeutlichen.


Da die Vergütung und der Aufwendungsersatz der Betreuer über § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB durch die Betreuungsbehörde geregelt wird, ist es auch naheliegend, eine ähnliche Regelung für den Verfahrenspfleger vorzusehen. Die Betreuungsbehörde sollte durch eine Verfügung die Vergütung und ersatzfähigen Aufwendungen des Verfahrenspflegers feststellen können.


Um zu vermeiden, dass der Verfahrenspfleger gezwungen wird, Vergütung und Auslagen beim Betroffenen geltend zu machen, und damit ein etwaiges Vertrauensverhältnis zu belasten, sollte dem Verfahrenspfleger ein direkter Anspruch gegen den Rechtsträger der Betreuungsbehörde zustehen.


Zu § 12


Die Anhörung Beteiligter ist für das allgemeine Verwaltungsverfahren in § 28 VwVfG geregelt. Für das Betreuungsverfahren ist diese Regelung deswegen zu eng, weil nach geltendem Recht bestimmten, in § 28 VwVfG nicht genannten Personen Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist (§ 68a Satz 3 und 4, 69i Abs. 1 bis Abs. 3, Abs. 5 bis Abs. 6, Abs. 8 FGG ), sowie eine persönliche Anhörung des Betroffenen vielfach erforderlich ist (§ 68 Abs. 1 Satz 1, 69i Abs. 1 bis Abs. 3, Abs. 5 bis Abs. 8 FGG). Gerade die persönliche Anhörung des Betroffenen und des Betreuers dient dabei nicht nur der Gewährung rechtlichen Gehörs, sondern auch der Aufklärung des Sachverhalts[235]. Daher sollte an der persönlichen Anhörung grundsätzlich festgehalten werden.


Die Anhörung der in § 68a Satz 3 FGG genannten Personen stellen ebenfalls Auskunftsmittel dar[236]. Die im nahen persönlichen Umfeld des Betroffenen stehenden Personen werden in der Regel für das Betreuungsverfahren unentbehrliche Informationen über die Situation des Betroffenen beizusteuern haben, so dass auch deren Anhörung grundsätzlich beibehalten werden sollte.


Zur Verschaffung eines unmittelbaren Eindrucks vom Betroffenen in seiner üblichen Umgebung sollte die Betreuungsbehörde grundsätzlich verpflichtet sein. Der persönliche Eindruck stellt eine wesentliche Erkenntnisquelle dar. Er lässt Schlussfolgerungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu. Die übliche Umgebung des Betroffenen sollte deswegen in Augenschein genommen werden, weil dadurch ein Indiz für die Fähigkeit des Betroffenen, sein eigenes Leben zu organisieren, gewonnen werden könnte.


Zu § 13


Die Äußerung bestimmter Personen im engen Umfeld des Betroffenen sollte auch weiterhin als der Sachaufklärung dienendes Mittel beibehalten werden. Gerade in den Fällen, in denen der Betroffene gebrechensbedingt zu einer Äußerung nicht fähig ist, wird die Befragung des nahen Umfeldes häufig die einzige Erkenntnisquelle darstellen.


Zu § 14


In Eilfällen besteht ein Bedarf nach schnellem und flexiblem Handeln. Daher sollte es der Betreuungsbehörde möglich sein unter engen Voraussetzungen von der Einhaltung bestimmter Verfahrensvorschriften absehen und vorläufige Maßnahmen anordnen zu können. Gerade in Eilfällen dürfte die Vornahme der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu kaum hinnehmbaren zeitlichen Verzögerungen führen. Das Risiko, eine betreuungsrechtliche Entscheidung auf eine erkannt unsicheren Tatsachengrundlage zu stützen, dürfte zur Abwehr einer Gefahr für das Wohl des Betroffenen hinzunehmen sein.


Zu § 15


Die Betreuungsbehörde handelt in Form des Verwaltungsaktes. Zur Wirksamkeit einer betreuungsrechtlichen Anordnung sollte es der Einhaltung einer schriftlichen Form bedürfen. Die schriftliche Fixierung hätte den Vorteil, dass der Inhalt der Verfügung im Rahmen einer gerichtlichen Nachprüfung feststünde.


Zu nennenswerten zeitlichen Verzögerungen dürfte es durch das Festhalten am Schriftformerfordernis auch in den Eilfällen nicht kommen.


Dass betreuungsbehördliche Verfügungen inhaltlich bestimmt sein müssen, ist eine sich aus dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot ergebende Selbstverständlichkeit. Gleichwohl sollte dies gesetzlich hervorgehoben werden, um den entsprechenden Rechtsanwender hinsichtlich dieser Selbstverständlichkeit zu sensibilisieren.


Zu § 16


Da der Betreuer durch die zuständige Behörde bestellt wird, drängt es sich auf, den Betreuer durch diese verpflichten zu lassen. Dadurch und durch die Möglichkeit des Einführungsgespräches soll zwischen der Betreuungsbehörde und dem Betreuer eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gewährleistet werden. Es sollte im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde stehen, ob sie ein derartiges Einführungsgespräch führen will. Gerade bei Berufsbetreuern dürfte eine derartige Einführung entbehrlich sein.


In geeigneten Fällen sollte die Betreuungsbehörde die Berufsbetreuer um die Erstellung eines Betreuungsplanes anhalten können.


Zu § 17


Wie bereits nach geltendem Recht, sollten bestimmte Veränderungen im Bestand und Reichweite der Betreuung den für die erstmalige Bestellung geltenden Vorschriften unterworfen werden. Gewisse Erleichterungen im Umfang der erforderlichen Ermittlungen sollten auch weiterhin beibehalten bleiben, so etwa, wenn Verfahrenshandlungen nur kurze Zeit zurückliegen. Nicht unproblematisch ist die Regelung zu beurteilen, nach der von der Vornahme erforderlicher Verfahrenshandlungen dann abgesehen werden kann, wenn eine unwesentliche Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers vorliegt. Von dieser Möglichkeit sollte zurückhaltend Gebrauch gemacht werden.


Zu § 18


Andere betreuungsbehördliche Entscheidungen bedürfen angesichts ihrer erheblichen Bedeutung auch stärkerer verfahrensrechtlicher Ausgestaltung. Hingegen bedürfen weniger intensive Maßnahmen, etwa hinsichtlich der Genehmigungstatbestände im Rahmen der Vermögensaufsicht weniger intensiver verfahrensrechtlicher Absicherung. Maßstab für eine entsprechend differenzierte verfahrensrechtliche Ausgestaltung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.


Zu § 19


Abweichend vom allgemeinen Verfahrensrecht ist wegen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes zwischen der Bekanntgabe und der Wirksamkeit der betreuungsbehördlichen Verfügung zu unterscheiden. Während gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eine behördliche Verfügung in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie demjenigen, für den sie bestimmt ist, bekannt gegeben wird, ist im betreuungsbehördlichen Verfahren eine zeitliche Verzögerung zwischen Bekanntgabe und Wirksamkeit einzuführen, um dem von der Verfügung Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, die betreuungsbehördliche Verfügung gerichtlich überprüfen zu lassen. Dieses Erfordernis wird insbesondere bei Genehmigungstatbeständen besonders deutlich. Solche privatrechtgestaltenden Verfügungen würden nach der Regelung des § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG mit der Bekanntgabe an den Betroffenen oder Betreuer wirksam. Mithin wäre mit wirksamer Genehmigung eine etwaige Kündigung im Sinne des § 1907 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam. Eine nachfolgende gerichtliche Prüfung änderte an der Wirksamkeit der Kündigung, und damit am Verlust der Wohnung, nichts mehr. Effektiver Rechtsschutz wäre nicht mehr zu erlangen.


Zu § 20


Zu Absatz 1


Wegen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes muss die Wirksamkeit einer betreuungsbehördlichen Maßnahme dann herausgezögert werden, wenn eine vorherige Vollziehung zur Abwehr einer Gefahr für Rechte des Betroffenen oder Dritter nicht geboten ist. Die entsprechend zu bestimmende Frist sollte an die Frist der sofortigen Beschwerde angelehnt werden. In den Fällen, in denen gegen die betreuungsbehördliche Entscheidung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, wird verhindert, dass vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eine betreuungsbehördliche Verfügung umgesetzt wird.


Zu Absatz 2


Um in Eilfällen schnell reagieren zu können, bedarf es eines Verfahrens, um die sofortige Wirksamkeit einer betreuungsbehördlichen Verfügung herbeizuführen. Da die besonders schwerwiegenden Entscheidungen nach den §§ 1903 bis 1906 BGB ohnehin dem Vormundschaftsrichter vorbehalten bleiben sollten, begegnet es aus der Sicht der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes keinen Bedenken, der Betreuungsbehörde die Möglichkeit zur sofortigen Umsetzung einer betreuungsrechtlichen Maßnahme zu eröffnen.


Zu Absatz 3


Der Betreuungsbehörde hat gem. § 14 die Möglichkeit, in bestimmten Fällen zur Abwehr einer Gefahr von der Vornahme zeitverzögernder Verfahrenshandlungen abzusehen. In diesen Fällen dürfte auch die sofortige Umsetzung der betreuungsrechtlichen Maßnahme erforderlich sein, so dass eine vorläufige Regelung sofort wirksam werden sollte.


Zu §§ 21 bis 22


Zur Überprüfung betreuungsbehördlicher Entscheidungen sollte die ordentliche Gerichtsbarkeit deswegen berufen sein, weil diese unter der geltenden Rechtslage bereits mit betreuungsrechtlichen Aufgabenstellungen befasst ist und das materielle Betreuungsrecht nach wie vor zivilrechtlich ausgestaltet bleibt. Damit weisen die ordentlichen Gerichte eine engere Fachnähe als die Verwaltungsgerichte auf.


Beschwerdegericht sollte nach wie vor das Landgericht bleiben (vgl. § 21 BtBGE). Hinsichtlich der Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens ist darauf hinzuweisen, dass das Beschwerdegericht sich die Ermittlungsergebnisse der Betreuungsbehörde nicht zu eigen machen sollte. Das Verfahren vor der Betreuungsbehörde folgt anderen, nämlich verwaltungsrechtlichen, nicht aber gerichtlichen Regeln. Um zu verhindern, dass für das gerichtliche Verfahren nur beschränkt oder überhaupt nicht verwendbare Ermittlungsergebnisse vom Beschwerdegericht verwertet werden, sollte das Beschwerdegericht zur erneuten Vornahme der Verfahrenshandlungen verpflichtet sein.


Gegen einzeln aufgeführte betreuungsbehördliche Entscheidungen sollte die sofortige Beschwerde gegeben sein, um möglichst schnell Klarheit über die Wirksamkeit einer betreuungsbehördlichen Verfügung zu erhalten. Dabei stimmt die Frist der sofortigen Beschwerde mit der allgemeinen Wirksamkeitsfrist überein. Wird daher sofortige Beschwerde eingelegt, wird die Wirksamkeit der betreuungsbehördlichen Verfügung bis zu deren Bestandskraft aufgeschoben.


Gegen andere betreuungsbehördliche Entscheidungen ist das Rechtsmittel der (einfachen) Beschwerde gegeben. Zweckmäßig ist es hinsichtlich der Wirksamkeit dieser anderen betreuungsbehördlichen Entscheidungen zu differenzieren. Bei Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde innerhalb der Wirksamkeitsfrist eingelegt worden ist, sollte – wie im Falle der sofortigen Beschwerde – die Wirksamkeit bis zur Herbeiführung der Bestandskraft der Verfügung aufgeschoben werden (vgl. § 20 Abs. 3 Satz 2 BtBGE). In diesen Fällen ist für alle am Betreuungsverfahren Beteiligten vor Ablauf der Wirksamkeitsfrist erkennbar, dass sich Beschwerdebefugte gegen die Entscheidung wenden. Ein Vertrauen auf die Wirksamkeit der betreuungsbehördlichen Verfügung kann nicht entstehen, bzw. ist nicht schutzwürdig.


Hinsichtlich solcher Entscheidungen, gegen die die einfache Beschwerde erst nach Ablauf der Wirksamkeitsfrist eingelegt worden ist, ist es dagegen gerechtfertigt, die Wirksamkeit nach Ablauf der Wirksamkeitsfrist eintreten zu lassen, da für die Verfahrensbeteiligten und Dritte erkennbar sein muss, ab welchem Zeitpunkt sie von der Wirksamkeit der betreuungsbehördlichen Maßnahme ausgehen dürfen. Nach Ablauf der Wirksamkeitsfrist ist das Vertrauen der Verfahrensbeteiligten und Dritter auf die Wirksamkeit der betreuungsbehördlichen Verfügung schutzwürdig. Daher ist auszuschließen, dass Beschwerdebefugte nach erheblichem Zeitablauf die Wirksamkeit einer betreuungsrechtlichen Maßnahme durch Beschwerdeeinlegung in Frage stellten.


An den Regelungen des beschwerdeberechtigen Kreises sollte sich nichts ändern, um Akzeptanzprobleme zu vermeiden[237]. Die Beschränkung dieses Kreises könnte unter Rechtsschutzgesichtspunkten als Rückschritt gewertet werden. Da die Wirksamkeit gem. § 19 Abs. 1 BtBGE nur an die Bekanntgabe an den Betreuer und den Betroffenen anknüpft, könnte es vorkommen, dass die übrigen Beschwerdeberechtigten vom Erlass einer betreuungsbehördlichen Verfügung keine Kenntnis erlangen, und daher nicht durch rechtzeitige Beschwerdeeinlegung gem. § 20 Abs. 3 BtBGE den Eintritt der Wirksamkeit der Maßnahme verhindern können. Dies dürfte im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hinzunehmen sein.


Nach Ablauf der Frist des § 19 Abs. 1 BtBGE wäre eine Anfechtung der betreuungsbehördlichen Verfügung mittels der sofortigen Beschwerde nicht mehr möglich. Diese Folge zwingt jedoch nicht zu einer anderen gesetzlichen Ausgestaltung. Denkbar wäre es zwar, die Wirksamkeit einer betreuungsrechtlichen Verfügung im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 3 BtBGE entsprechend § 19 Abs. 1 BtBGE von der Bekanntgabe an den beschwerdeberechtigten Personenkreis abhängig zu machen. Dies führte jedoch zu praktisch kaum lösbaren Problemen. Denn die Wirksamkeit einer betreuungsbehördlichen Verfügung im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 3 BtBGE hinge davon ab, dass die Betreuungsbehörde die Verfügung allen beschwerdeberechtigten Personen, von deren vollständiger Existenz die Behörde unter Umständen keine Kenntnis hätte, bekannt gibt. Im Zweifel könnte die Wirksamkeit der Verfügung nicht angenommen werden, bevor nicht alle beschwerdeberechtigten Personen ermittelt worden sind und die Verfügung ihnen bekannt gegeben worden ist.


Im Übrigen bliebe es allen beschwerdebefugten Personen auch nach Ablauf der Frist des § 19 Abs. 1 BtBGE unbenommen, einen Antrag auf Aufhebung der betreuungsbehördlichen Verfügung zu stellen. Gegen eine entsprechend ablehnende Entscheidung der Betreuungsbehörde wäre den Antragstellern gegebenenfalls die Einlegung einer Beschwerde möglich.


Damit eine Steuerung der Betreuungsbehörde durch die Aufsichtsbehörde effektiv umgesetzt werden kann, sollte der Aufsichtsbehörde ein umfängliches Beschwerderecht, ähnlich der Regelung des § 49 Abs. 2 PStG, zukommen.


Zu §§ 23 bis 26


Mitteilungspflichten sind weiterhin beizubehalten, da sicherzustellen ist, dass drohende Gefahren für den Betroffenen durch die dafür zuständige Einrichtung effektiv abgewendet werden können. Umgekehrt sollten der für die Führung des Wählerverzeichnisses zuständigen Behörde und der Meldebehörde diejenigen Daten übermittelt werden können, die für deren ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung erforderlich sind. Subsidiär sollten aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze Anwendung finden.


Zu Artikel 3


Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der

freiwilligen Gerichtsbarkeit


Zu Nummern 1 und 2 (§§ 65, 65a)


Die Betreuungsbehörde sollte als zentrale Institution des Betreuungsrechts ausgebildet werden. Gleichwohl sollte das Vormundschaftsgericht nicht vollständig verdrängt werden. Ihm obläge es, freiheitsentziehende Maßnahmen zu genehmigen oder anzuordnen, sowie einen Einwilligungsvorbehalt anzuordnen und Genehmigungen nach den §§ 1904, 1905 BGB zu erteilen.


Das FGG wäre daher weitestgehend zu modifizieren. Die Regelungen des FGG sind an die grundsätzliche Zuständigkeit der Betreuungsbehörde im Rahmen der betreuungsbehördlichen Entscheidungen anzupassen.


Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit sollte die bisherige Regelung des FGG größtenteils übernommen werden. Hinsichtlich der vorläufigen Maßnahmen ist jedoch zu beachten, dass das Vormundschaftsgericht – mit Ausnahme der in §§ 70 ff. FGG geregelten freiheitsentziehenden Maßnahmen, der Ermächtigung zur Vorführung und Untersuchung des Betroffenen, der Regelung eines Einwilligungsvorbehaltes und der Genehmigung nach den §§ 1904, 1905 BGB – keine eigenen betreuungsrechtlichen Entscheidungen trifft.


Zu Nummer 3 (§ 67)


Die Verfahrensfähigkeit des Betroffenen sollte wegen seiner gebrechensbedingt erhöhten Schutzwürdigkeit unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit bestehen. Am bestehenden Recht sollte sich daher nichts ändern.


Zur Wahrung der Rechte des Betroffenen sollte auch weiterhin die Bestellung eines Verfahrenspflegers vorgesehen sein. Dabei sollte es dem Vormundschaftsgericht möglich sein, den im betreuungsbehördlichen Verfahren bestellten Verfahrenspfleger, der den Betroffenen und das betreuungsbehördliche Verfahren kennt, auch weiterhin als Verfahrenspfleger dem gerichtlichen Verfahren beizuziehen.


Zu Nummer 4 (§ 68)


Die bisherigen Anhörungsvorschriften sollten bestehen bleiben. Eine Anhörung vor Erlass einer vormundschaftsgerichtlichen Maßnahme dürfte nicht in allen Fällen erforderlich sein. Eine persönliche Anhörung sollte wegen Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nur bei grundrechtsbeschränkenden Maßnahmen, also bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, Erweiterung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen und Genehmigungen nach §§ 1904, 1905 BGB zwingend vorgegeben werden. Die Durchführung der persönlichen Anhörung im Rahmen von Maßnahmen, die derartige Eingriffe aufheben oder einschränken, also im Rahmen der Aufhebung des Einwilligungsvorbehaltes und Einschränkung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen, sollte – wie nach bisherigem Recht – im Ermessen des Vormundschaftsgerichts stehen.


Bei unwesentlichen Erweiterungen des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen sollte auch wie bisher keine persönliche Anhörung erfolgen müssen. Insofern dürfte eine Anhörung des Betroffenen ausreichend sein.


Zu Nummer 5 (§ 68a)


Das Vormundschaftsgericht sollte verpflichtet sein, in allen Fällen, in denen es betreuungsrechtliche Maßnahmen veranlasst, die zuständige Betreuungsbehörde in Kenntnis zu setzen. Die Betreuungsbehörde ist als zentrale Institution des Betreuungsrechts ausgestaltet, welche alle übrigen betreuungsrechtlichen Entscheidungen trifft. Um ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können, ist sie darauf angewiesen, über sämtliche Änderungen in der Betreuungsführung informiert zu werden.


Zu Nummer 6 (§ 68b)


Die Regelung des § 68b FGGE fasst die bisherigen Regelungen der §§ 68b, 69d

Abs. 2 und 3 FGG, beschränkt auf die ausschließlich dem Richter vorbehaltenen Aufgaben, zusammen. Eine inhaltliche Änderung dürfte dadurch nicht bewirkt werden. Die Verfahrenserleichterungen zulassende Vorschrift des § 69i Abs. 1 Satz 2 FGG findet sich über den Verweis auf § 68 Abs. 7 FGGE in § 68b Abs. 1 Satz 4 FGGE wieder.


Zu Nummer 7 ( § 69)


§ 69 FGG wird in seinem Anwendungsbereich auf die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes beschränkt. Da die Betreuungsbehörde für die Bestellung eines Betreuers zuständig wäre, wäre das Vormundschaftsgericht für diese betreuungsrechtliche Maßnahme unzuständig.


Zu Nummer 8 (§ 69a)


§ 69a FGG ist dem eingeschränkten betreuungsrechtlichen Aufgabenbereich des Vormundschaftsgerichts anzupassen. Für die verbliebenen Aufgaben bedarf es weiterhin der gesetzlichen Regelung der Bekanntgabe und Wirksamkeit vormundschaftsgerichtlicher Entscheidungen.


Zu Nummer 9 (§§ 69b bis 69d)


Die Vorschriften der §§ 69b und 69c FGG dürften deswegen aufzuheben sein, weil die Betreuungsbehörde den Betreuer verpflichtet, mit ihm in geeigneten Fällen ein Einführungsgespräch führt, sowie gegebenenfalls mit dem Berufsbetreuer einen Betreuungsplan aufstellt. Insofern sind die genannten Vorschriften aufzuheben, da das Vormundschaftsgericht für diese Aufgaben nicht mehr zuständig ist.


Die inhaltlichen Regelungen des § 69d FGG wurden in anderen Vorschriften übernommen, so dass § 69d FGG an dieser Stelle aufgehoben werden kann.


Nummern 10 bis 13 (§§ 69e bis 69k)


Die Vorschriften der §§ 69e bis 69k sind allgemein an die neue Zuständigkeitsverteilung anzupassen. Eine inhaltliche Besonderheit gilt nur im Falle des § 69k. Dort sollte wegen der neu geregelten Zuständigkeit der Betreuungsbehörde festgelegt werden, dass das Vormundschaftsgericht die Betreuungsbehörde über den Erlass betreuungsrechtlicher Entscheidungen stets in Kenntnis setzt. Die inhaltlichen Regelungen des § 69i sind, soweit für das vormundschaftsgerichtliche Verfahren noch von Bedeutung, in anderen Vorschriften übernommen worden, so dass § 69i aufgehoben werden kann.


Nummer 14 und 15 (§§ 69l Abs. 1 und § 69m)


Die in §§ 69l Abs. 1 und 69m FGG beschriebenen Entscheidungen werden nach der neuen Zuständigkeitsverteilung von der Betreuungsbehörde getroffen. Insofern dürfte es Sinn machen, dass die Betreuungsbehörde, nicht aber das Vormundschaftsgericht zu entsprechenden Mitteilungen verpflichtet sein sollte.


Nummern 16 bis 21 (§§ 70, 70b Abs. 1 Satz 3, 70c Satz 5, 70e Absatz 2, 70g Abs. 2

Satz 2, 70h Abs. 1)


Die bisherigen Regelungen zum Unterbringungsrecht wären nur dergestalt zu modifizieren, dass die ausschließliche Zuständigkeit der Betreuungsbehörde für betreuungsbehördliche Maßnahmen zu berücksichtigen ist. Im Unterbringungsrecht sollte das Vormundschaftsgericht ausschließlich zuständig bleiben. Eine Vorschaltung der Betreuungsbehörde empfiehlt sich hier nicht, da die Frage der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB primär eine solche fachärztlicher Art ist. Sollte sozialpädagogisches Wissen der Betreuungsbehörde erforderlich werden, könnte das Vormundschaftsgericht die Betreuungsbehörde gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 BtBGE um Unterstützung bitten.


Das Vormundschaftsgericht sollte die Betreuungsbehörde, und diese wiederum die Vollzugskräfte der Polizei, heranziehen können, um den Betroffenen vorführen zu lassen. Der Unterschied zum Betreuungsverfahren besteht im Rahmen der Vorführung und Untersuchung darin, dass im Betreuungsverfahren die Betreuungsbehörde lediglich auf ihren Antrag hin ermächtigt wird, den Betroffenen vorzuführen.


  1. S. nur Positionspapier der AWO zur Reform des Betreuungsrechts, BtPrax 2003, 28 (29)
  2. so zu ärztlichen Versorgungseinrichtungen: BVerfGE 10, 354 (362); ähnlich auch BVerfGE 15, 232 (239); Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, Art. 12 Rz. 13
  3. BVerfGE 6, 32 (36 ff. und 41); 38, 281 (298)
  4. BVerfGE 10, 89 (99); 38, 281 (298)
  5. BVerfGE 10, 89 (102); 15, 235 (241); 38, 281 (299); 78, 320 (329)
  6. BVerfGE 10, 89 (102); 38, 281 (297)
  7. BVerfGE 38, 281 (299)
  8. BVerfGE 38, 281 (301 f.); grundsätzlich so zur Verhältnismäßigkeit: BVerfGE 30, 292 (316 f.); 35, 382 (401)
  9. BVerfGE 78, 320 (330)
  10. Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 2000, § 11 BeurkG Rz. 3; Erman-Holzhauer, BGB, 10. Auflage 2000, § 1896 Rz. 39; Müller, DNotZ 1997, 100 (102f.)
  11. Walter, Die Vorsorgevollmacht 1997, S. 93; Bühler, FamRZ 2001, 1585 (1590)
  12. S. Bienwald, BtPrax, 1998, 164 (167)
  13. Der Geschäftswert für die notarielle Beurkundung von Vollmachten bestimmt sich nach §§ 141, 41 KostO. Nach § 41 Abs. 2 KostO ist der Wert einer allgemeinen Vollmacht nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei ist der Umfang der erteilten Ermächtigung und das Vermögen des Vollmachtgebers angemessen zu berücksichtigen. Soweit Notare den halben Wert des Vermögens als Geschäftswert zugrundegelegt haben, ist dies in der Rechtsprechung akzeptiert worden (OLG Stuttgart, Juristisches Büro 2000, 428). Ein höherer Geschäftswert als 500 Tsd Euro kann nach §§ 141, 41 Abs. 4 KostO nicht festgesetzt werden. Die Höchstgebühr beträgt demnach 403,50 Euro (§§ 38 Abs. 2 Nr. 4; 32; 141 KostO).
  14. Eylmann/Vaasen, § 40 BeurkG Rz 5; Walter, Die Vorsorgevollmacht 1997, S. 93
  15. Erman-Holzhauer, § 1896 Rz. 39; Bühler, FamRZ 2001, 1585 (1590)
  16. Dazu Deinert, bt-info 2002, 38 (39)
  17. Wiesner/Kaufmann/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII 1995, § 59 Rz. 13
  18. Malzer, DNotZ 2000, 169, (171 f.)
  19. Sachs-Dittmann, GG, 3. Auflage 2003, Art. 84, Rz.7,11
  20. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 15. Auflage, § 55a, Rz. 2
  21. BGH NJW 2000, 1560
  22. Vgl. Knittel, Betreuungsgesetz, Stand 1. Oktober 2002, § 1896 Rz. 19
  23. BayObLG FamRZ 1998, 920 (921); aA Sachsen-Gessaphe, ZZP 2000, 25
  24. Medert/Süßmuth, Pass- und Personalausweisrecht, Bd. 2, 3. Auflage 2001, § 6 PaßG Rz. 5
  25. Medert/Süßmuth, Pass- und Personalausweisrecht, Bd. 1, 3. Auflage 1998, § 1 PauswG Rz. 17
  26. Bünz, Melderecht des Bundes und der Länder, Teil II, Nordrhein-Westfalen, § 13 MeldeG NW Rz. 6; Belz, Sächsisches Meldegesetz, 1995, § 13 SächsMG Rz. 13
  27. vgl. BT-Drs. 13/7158 S. 43: Stellungnahme des Bundesrates und S. 54: Gegenäußerung der Bundesregierung
  28. Staudinger-Hübner-Voppel (§§ 1303-1362), 13. Bearbeitung 2000, § 1357 Rz. 22; Münchener-Kommentar (BGB)-Wacke, Bd. 7, 4. Aufl. 2000, § 1357 Rz. 10; Erman-Heckelmann, § 1357 Rz. 7; Palandt-Brudermüller, BGB, 62. Auflage, 2003, § 1357 Rz. 3
  29. Münchener-Kommentar(BGB)-Wacke, § 1357 Rz. 10; Soergel-Lange, BGB, 12. Auflage Stand Sommer 1988, § 1357 Rz. 9; Erman-Heckelmann, § 1357 Rz. 7; vorsichtiger: Staudinger-Hübner/Voppel, § 1357 Rz. 24; ablehnend: Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 4. Aufl. 1994, § 19 IV 4
  30. BVerfGE 81, 1 (7)
  31. BVerfGE 81, 1 (9); BT-Drs. 7/650 S. 98 f. und 7/4361 S. 26
  32. Zur gegenseitigen Verantwortung der Ehegatten: BVerfGE 53, 257 (300)
  33. BVerfGE 81, 1 (11)
  34. Für eine Vermögensverwaltungskompetenz zur Sicherung des angemessenen Unterhalts auch Bühler, FamRZ 2002, 76 (78)
  35. Palandt-Brudermüller, § 1353 Rz. 9 unter Bezugnahme auf RGZ 70, 48 (50 f.)
  36. BGH FamRZ 1967, 324 (326)
  37. BGH NJW 1983, 1545 (1546) und 1984, 2040 (2041)
  38. BGH FamRZ 1999, 372
  39. Staudinger-Hübner-Voppel § 1353 Rz. 75; Soergel-Lange, § 1353 Rz. 8; Erman-Heckelmann § 1353 Rz. 16
  40. Palandt-Brudermüller § 1618a Rz. 1
  41. Palandt-Brudermüller § 1618a Rz. 3
  42. Klie, BtPrax 2002, 91 (93)
  43. Staudinger-Bienwald, 13. Bearbeitung (§§ 1896-1921) 1999, vor § 1896 Rz. 38; Soergel-Zimmermann, Bd. 20, 13. Aufl. 2000, vor § 1896 Rz. 9; Münchener-Kommentar(BGB)-Schwab, § 1896 Rz. 38; Knittel, § 1896 Rz. 17
  44. BayObLG BtPrax 2001, 37 (38); BayObLG FamRZ 1999, 1612 (1613); OLG Köln FamRZ 2000, 908 (909)
  45. BayObLG FamRZ 1998, 452 (453); Palandt-Diederichsen, § 1896 Rz. 12; Knittel, § 1896 Rz. 28
  46. BayObLG BtPrax 1995, 68 (69); Soergel-Zimmermann, § 1901 Rz. 19
  47. Münchener-Kommentar(BGB)-Schwab, § 1901 Rz. 22; Knittel, § 1901 Rz. 18; Jürgens-Jürgens, Betreuungsrecht, 2. Aufl. 2001, § 1901 Rz. 12
  48. BayObLG BtPrax 1995, 64; Jürgens-Jürgens, § 1896 Rz. 15
  49. Funktionell zuständig für diese Aufgabe ist die Rechtspflegerschaft: § 3 Nr. 2a RPflG
  50. Funktionell zuständig für diese Aufgabe ist der Richter: § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG
  51. BayObLG BtPrax 2002, 37
  52. BayObLG FamRZ 2001, 1403 (1404)
  53. BayObLG BtPrax 1997, 72 (73); Jürgens, aaO, § 1896 Rdnr.9
  54. BayObLG Rpfl 2001, 234; BtPrax 2001, 218; FamRZ 2001, 1244; FamRZ 1999, 1612 (1613)
  55. BayObLG Rpfl 2001, 234
  56. BayObLG BtPrax 2001, 37
  57. BayObLG FamRZ 1999, 1612 (1613); OLG Köln FamRZ 2000, 908
  58. BVerfGE 30, 1 (25, 26)
  59. BVerfGE 22, 180 (219 f.); BayObLG, FamRZ 1993, 998 (999); BayObLG, FamRZ 1994, 1551 (1552)
  60. Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein, Betreuungsrecht kompakt, 5. Auflage, 2002, Rz. 63a (S. 20), vgl. Heidelberger Kommentar-Bauer, Betreuungs- und Unterbringungsrecht, Band 1, Stand März 2003, § 1896 Rdnr.123 und 164
  61. BGH, NJW 1996, 918 (919)
  62. Bučić, Betrifft: Betreuung extra 8. Vormundschaftsgerichtstag, 2002, 10 (10)
  63. Vom natürlichen Willen sprechen auch: BayObLG BayObLGR 2001, 86 (86); OLG Hamm BtPrax 1996, 189 (191); OLG Köln OLGR Köln 2002, 174 (174). Vgl. auch Heidelberger Kommentar-Bauer, § 1896 Rz. 163 m.w.N. zur Rechtsprechung zum alten Pflegschaftsrecht.
  64. Heidelberger Kommentar-Bauer, § 1896 Rz. 132, vgl. auch Knittel, § 1896 Rz. 10
  65. Vgl. Münchener Kommentar (BGB)-Schwab, § 1896 Rz. 28
  66. BayObLG FamRZ 1997, 902
  67. Heidelberger Kommentar-Bauer, § 1896 Rz.132
  68. Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein, Rz. 384 ff (S. 172)
  69. Bučić, Betrifft: Betreuung extra 8. Vormundschaftsgerichtstag, 2002, 10 (11)
  70. Zander/Lantzerath/Crefeld/Brill, BtPrax 2002, 19 (20)
  71. H.-E. Jürgens, BtPrax 2002, 18
  72. BT-Drs. 11/4528 S. 56
  73. Bienwald, BtPrax 2002, 3 (5)
  74. BT-Drs. 11/4528, S. 173 f.
  75. S. Ausführungen in Kapitel 3 II. 2.
  76. Vgl. OLG Köln FamRZ 2000, 1440
  77. Bassenge/Herbst/Roth-Bassenge, FGG/RPflG, 9. Aufl. 2002, § 68 b FGG Rz.14.
  78. Bassenge/Herbst/Roth-Bassenge, § 68 b FGG Rz.13
  79. BayObLG BtPrax 2001, 166
  80. Bienwald, § 67 Rz.42
  81. Bienwald, Verfahrenspflegschaftsrecht, 1. Aufl. 2002, Rz. 252.
  82. Bienwald, Verfahrenspflegschaftsrecht, Rz. 252
  83. BT-Drucksache 11/4528, S. 171
  84. BT-Drucksache 11/4528, S. 171
  85. Vgl. auch Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein, Rz. 351 zur Möglichkeit der Bestellung einer dem Betroffenen nahestehenden Person nach geltendem Recht.
  86. Für vermögende Betreute stellen die Stundensätze des § 1 BVormVG Regelsätze dar, die nur ausnahmsweise überschritten werden dürfen: BGH BtPrax 2001, 30.
  87. Vgl. die Umfragen in der „Untersuchung des Anstiegs der Ausgaben für Betreuungen“ des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, S. 23: „bis zur Hälfte ihrer Arbeitszeit“, sowie in der „Rechtstatsächlichen Untersuchung zur Qualität von Betreuungen, zur Aufgabenverteilung im Bereich der Betreuung und zum Verfahrensaufwand“ des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik, ISG-Gutachten vom 31. Januar 2003 (ISG-GA), Kapitel B. Unterpunkt 9.1 a.E.: „zwischen 70 und 90 %“.
  88. BayObLG BtPrax 1996, 104; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 220; Knittel, § 1836 Rz. 18
  89. Bericht S. 27 ff.
  90. Zentrale Ergebnisse der Untersuchung, S. 20
  91. Prüfungsmitteilung, S. 21
  92. A.A. Derben, BtPrax 2002, 105 (108)
  93. Vgl. Kapitel 10 III. Artikel III. § 7 und Kapitel 10 III. 6. Zu § 7 Satz 2
  94. BT-Drs. 13/7158 S. 28
  95. kritisch zu der Regelung: Zimmermann, FamRZ 1999, 630 (632f.)
  96. BT-Drs. 13/7158 S. 28
  97. BT-Drs. 13/7158 S. 29
  98. Einen Überblick über die verschiedenen Modelle zur pauschalisierten Vergütung von Berufsbetreuern aus der Staatskasse, insbesondere des zugebilligten Zeitaufwands bei Haus- sowie Heimbetreuungen, liefert die Untersuchung des Bayerischen Obersten Rechnungshofs auf S. 31.
  99. OLG Zweibrücken RPfl 2000, 67; LG Berlin FamRZ 2001, 787; LG Dessau FamRZ 2000,1530 m. Anm. Bienwald; LG Schwerin BtPrax 1999, 245; Palandt-Diederichsen, § 1836b Rz. 1, 2, 6; Knittel, § 1836b Rz. 5
  100. OLG Thüringen NJW 2002, 267; LG Berlin FamRZ 2001, 787; Münchener-Kommentar(BGB)-Wagenitz, § 1836b Rz. 4; Soergel-Zimmermann, § 1836b Rz. 6
  101. OLG Thüringen BtPrax 2001, 210; Knittel, § 1836b Rz. 10; Palandt-Diederichsen, § 1836b Rz. 5; Erman-Holzhauer, § 1836b Rz. 11; Gregersen, BtPrax 1999, 16; a.A. Zimmermann, FamRZ 1999, 630 (633)
  102. OLG Thüringen BtPrax 2001, 210 und NJW 2002, 267
  103. Niedersächsische Untersuchung, Zentrale Ergebnisse, S. 6, 27 f.
  104. Niedersächsische Untersuchung, Zentrale Ergebnisse, S. 28
  105. Die Ergebnisse sind im ISG-GA, Kapitel B. Unterpunkt 9.3 dargestellt.
  106. Häufigkeitstabellen zum Betreuungsaufwand, differenziert nach Krankheitsbild, Dauer der Betreuung und Aufenthalt des Betreuten, (Häufigkeitstabellen zum Betreuungsaufwand), Anlage 1, S. 8 ff.
  107. Vgl. W.R. Bihn/ E. Gröhn: Deskriptive Statistik, Köln 1993
  108. Häufigkeitstabellen zum Betreuungsaufwand, Anlage 1, S. 8 ff.
  109. S. Häufigkeitstabellen zum Betreuungsaufwand, Anlage 1, S. 8 ff.
  110. BSG MedR 2001, 471 (473) und BSGE 88, 126 (136); LSG NRW Urteil vom 10.04.2001, Az: L 5 KR 112/00
  111. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert-Madert, BRAGO, 15. Aufl. 2002, Einleitung Rz. 6
  112. BGHZ 145, 104
  113. S. dazu Kapitel 10 III. Artikel III. § 7 und Kapitel 10 III. 6. Zu § 7 Satz 2
  114. vgl. etwa Münchener-Kommentar(BGB)-Schwab, § 1899 Rz. 25
  115. Häufigkeitstabellen zum Aufwendungsersatz, differenziert nach Betreuungsdauer und Wohnsituation (Häufigkeitstabellen zum Aufwendungsersatz), Anlage 1, S. 1 ff.: Die tatsächlich angefallenen Kosten bewegten sich unter 10 DM in 166 Fällen im 1.-3. Monat (Anlage 1, S. 1), in 185 Fällen im 4.-6. Monat (Anlage 1, S. 2), in 204 Fällen im 7.-12. Monat (Anlage 1, S. 3), in 367 Fällen im 2. Jahr (Anlage 1, S. 4), in 391 Fällen im 3. Jahr (Anlage 1, S. 5), in 389 Fällen im 4. Jahr (Anlage 1, S. 6) und in 348 Fällen im 5. Jahr (Anlage 1, S. 7).
  116. Häufigkeitstabellen zum Aufwendungsersatz, Anlage 1, S. 1 ff.: Kosten im Höchstbereich über 500 DM waren nachweisbar, in lediglich 5 Fällen im 1.-3. Monat (Anlage 1, S. 1), in 5 Fällen im 4.-6. Monat (Anlage 1, S. 2), in 1 Fall im 7.-12. Monat (Anlage 1, S. 3), in 1 Fall im 2. Jahr (Anlage 1, S. 4), in 1 Fall im 3. Jahr (Anlage 1, S. 5), in 1 Fall im 4. Jahr (Anlage 1, S. 6) und in 1 Fall im 5. Jahr (Anlage 1, S. 7).
  117. Stundenpauschale zu dem höchsten Stundensatz des § 1 BVormVG (31 €).
  118. Vgl. Schmidt-Heinicke, Einkommenssteuergesetz, 20. Aufl. 2001, § 3 Stichwort „Aufwandsentschädigung“
  119. Vgl. hierzu: Brill, BtPrax 2002, 104 (105)
  120. Vgl. BT-Drucks. 11/4528, S. 99; Dieckmann, ZRP 2002, 425 (429)
  121. Dieckmann/Jurgeleit, BtPrax 2002, 197 (199)
  122. § 1908b Abs.1 BGB könnte wie folgt geändert werden: Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt: „Ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Betreuer eine erforderliche Abrechnung vorsätzlich falsch erteilt hat.“ Die Abrechnungsunehrlichkeit des Betreuers soll einen Entlassungsgrund darstellen, unabhängig davon, ob der Betreuer ansonsten noch zur Wahrnehmung seiner Aufgaben in den ihn übertragenen Aufgabenkreisen geeignet erscheint.
  123. Z.B. §§ 1908i Abs. 2 Satz 2, 1857a, 1908g BGB
  124. Z. B.: §§ 1904 Abs. 2, 1906 Abs. 5 BGB
  125. S. Kapitel 2, II. §§ 1358c Abs. 2, 1358d Abs. 2 Satz 1 BGBE
  126. z. B.: §§ 1809, 1810, 1812 BGB
  127. Vgl. Unterpunkt c) Genehmigung bei Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen
  128. BT-Drs. 13/ 3822
  129. Vgl. hierzu Heidelberger Kommentar-Hoffmann, § 1905 Rn. 104 – 108
  130. Vgl. hierzu Klie, BtPrax 1998, S. 50 – 53
  131. Vgl. hierzu Heidelberger Kommentar-Deinert/ Klie, § 1906 BGB, Rn 61
  132. Vgl. Jürgens-Klüsener, § 1839 Rn.4.
  133. Vgl. Münchener-Kommentar(BGB)-Schwab, § 1792 Rz. 8
  134. Vgl. BT-Drs. 11/4528 S. 210 (Stellungnahme des Bundesrats), S. 229 (Gegenäußerung der Bundesregierung); BT-Drs. 11/6949 S. 77 (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses).
  135. Vgl. Jürgens-Klüsener, § 1792 BGB Rn. 3
  136. Vgl. BT-Drs. 5/3134, S. 20
  137. Vgl. BT-Drs. 11/4528, S. 96 f.
  138. BT-Drs. 11/4528, S. 97
  139. BVerfG, Beschluss vom 18.01.2000, Az. 1 BvR 321/96, BVerfGE 101, 397-410
  140. BT-Drs. 11/4528, S. 125 ff.
  141. Knittel, § 1897 Rz. 10
  142. Der BdB e.V. fasste am 9.5.2003 Beschlüsse das für die Mitglieder verpflichtende Berufsregister, die Zulassung und Zertifizierung, sowie die entsprechende Überwachung betreffend. Der VfB legte entsprechende Anträge vor, zog sie in Einzelheiten zurück.
  143. 3.3.2 des Gutachtens, BdB argumente 1, S. 21 ff.
  144. Vom 17.01.2003, BdB argumente 1, S. 155
  145. Förter-Vondey, BdB argumente 1, S. 7 ff.
  146. Vgl. oben I.
  147. Eine derartige Regelung könnte wie folgt ausgestaltet werden: „Wer Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung führt, sollte ...“.
  148. Eine mögliche Regelung könnte wie folgt ausgestaltet werden: „Wer Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung führt, darf nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn er ...“.
  149. Eine solche Regelung könnte etwa lauten: „Der Betreuer muss die für die Führung der Betreuung erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Es dürfen keine Tatsachen vorliegen, die die Annahme seiner Unzuverlässigkeit rechtfertigen.“
  150. ISG-GA, Kapitel B, Unterpunkt 6.4, Abb. 47
  151. ISG-GA, Kapitel B, Unterpunkt 6.4, Abb. 46
  152. Studie des IFB unter 7., Grafik 10 (ohne Berücksichtigung der Befragten, die keine Angaben gemacht haben)
  153. ISG-GA, Kapitel B, Unterpunkt 6.4 (S. 99 ff.)
  154. Etwa 70% nach den Ergebnissen des ISG-GA, Kapitel B, Unterpunkt 4.2 von den im Jahr 2000 neu bestellten Betreuern waren ebenfalls über 70% „Ehrenamtler“, ISG-GA, Kapitel B, Unterpunkt 4.2, Abb. 23-1.
  155. So auch Knittel, § 1897 Rz. 10
  156. Dieckmann, ZRP 2002, 425 ff.
  157. S. auch Dieckmann, ZRP 2002, 425 (430)
  158. S. Anlage 2 zum Abschlussbericht
  159. BVerfGE 26, 228 (244); 71, 25 (36)
  160. BVerwGE 104, 60 (66)
  161. VerfGH BY 50, 15 (41 f.); VerfGH NW DVBl. 1998, 1281 m.w.N.; vgl. Jarass/ Pieroth-Pieroth, Art. 28 Rz. 14 m.w.N.; offengelassen in BVerfGE 71, 25 (36 f.); 83, 383 (386)
  162. VerfGH BY 50, 15 (42); VerfGH BY 51, 1 (14); VerfGH NW DVBl. 1998, 1282
  163. BVerfGE 91, 228 (238) m.w.N.; st. RSpr.
  164. Vgl. BVerfGE 91, 228 (239) zur Organisationshoheit
  165. BVerfGE 76, 107 (119); VerfGH 50, 15 (43); VerfG Bbg. DVBl. 1998, 1290 (1292); VerfGH NW DVBl. 1998, 1282; vgl. Jarras/Pieroth-Pieroth, Art. 28 Rz. 14 m.w.N.
  166. VerfGH NW DVBl. 1998, 1287 m.w.N.
  167. VerfGH BY 50, 15 (44 f.)
  168. VerfGH NW DVBl. 1998, 1288
  169. Änderungen zum jetzigen Rechtszustand sind durch Unterstreichungen kenntlich gemacht.
  170. Vorsorgevollmachten, Einzel- oder Generalvollmachten
  171. Vgl. Jürgens-Winterstein, § 7 BtBG Rz. 4
  172. Vgl. auch § 69c Abs. 2 FGG
  173. Bienwald, Vorbem. v. § 1 BtBG Rz. 11
  174. Jürgens-Winterstein, § 7 BtBG Rz. 3
  175. Vgl. auch die inhaltsgleichen Regelungen der Länder: § 16 LVwVfG Baden-Württemberg vom 21. Juni 1977, Art. 16 BayVwVfG vom 23. Dezember 1976; § 16 VwVfGBbg vom 26. Februar 1993, § 16 BremVwVfG vom 15. November 1976, § 16 HmbVwVfG vom 9. November 1977, § 16 HVwVfG vom 1. Dezember 1976, § 16 VwVfG M-V vom 21. April 1993, § 16 VwVfG NW vom 21. Dezember 1976, § 16 SVwVfG vom 15. Dezember 1976, § 16 Abs. 1 bis 4 VwVfG LSA vom 18. August 1993, § 80 LVwG Schleswig-Holstein vom 18. April 1967, § 16 ThürVwVfG vom 7. August 1991und die landesrechtlichen Verweisungen auf § 16 VwVfG des Bundes: § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Berliner Verwaltung vom 8. Dezember 1976, § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG vom 3. Dezember 1976, § 1 Abs. 1 LVwVfG Rheinland-Pfalz vom 23. Dezember 1976 und § 1 SächsVwVfG vom 21. Januar 1993.
  176. Vgl. auch die Regelungen des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB und der §§ 207 BauGB und § 119 FlurbG
  177. Knack-Clausen, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl., 2000, § 16 Rz. 2
  178. Vgl. § 69f FGG
  179. Eines Antrages bedarf es nur dann nicht, wenn der Betroffene seinen Willen nicht kundtun kann.
  180. Jürgens-Mertens, § 69 i FGG Rz. 4
  181. = § 6 Satz 1 BtBGE
  182. = § 6 Satz 1 BtBGE
  183. S.u. III 8
  184. Vgl. § 67 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 FGG
  185. Brünner, BtPrax, 2000, 102 (104) allerdings nur für Berufsbetreuer; vgl. auch Bienwald, § 1896 BGB Rz. 251
  186. Bienwald, Rpfleger 1998, 462 (462 ff.)
  187. Bienwald, Rpfleger 1998, 462 (462 ff.)
  188. BVerfGE 22, 180 (219 f.); BayObLG FamRZ 1993, 998 (999); BayObLG FamRZ 1994, 1551 (1552)
  189. BayObLG, Beschluss vom 10.10.1995, Az: 3Z BR 205/95; Bassenge/Herbst/Roth-Bassenge, § 69g FGG Rz. 2; Jürgens-Mertens § 69g FGG Rz. 9
  190. Bienwald, § 69g FGG Rz. 5 a.E.
  191. Jürgens-Mertens, § 69g FGG Rz. 13
  192. Bienwald, § 69g FGG Rz. 23
  193. Bienwald, § 69g FGG Rz. 23
  194. BayObLG, Beschluss vom 08.10.1997, Az: 3Z BR 260/97
  195. BayObLG, Beschluss vom 19.06.2002, Az: 3Z BR 113/02
  196. Bienwald, § 69g FGG Rz. 9
  197. Bejahend: BayObLG, Beschluss vom 10.01.2001, Az. 3Z BR 359/00
  198. Hiervon ist der grundsätzlich nicht beschwerdeberechtigte Lebensgefährte zu unterscheiden, vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 30.01.2002, Az: 2 W 5/02; BayObLG, Beschluss vom 22.01.1998, 4Z BR 1/98; OLG Oldenburg, Beschluss vom 31.07.1996, Az: 5 W 127/96
  199. BayObLG, Beschluss vom 20.03.1998, Az: 4Z BR 16/98; Jürgens-Mertens, § 69g FGG Rz. 10
  200. BayObLG, Beschluss vom 20.03.1998, Az: 4Z BR 16/98
  201. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.07.1999, Az: 3 W 147/99; BayObLG, Beschluss vom 21.10.1993, Az: 3Z BR 243/93; Bienwald, § 69g FGG Rz. 7 m.w.N; Jürgens-Mertens, § 69g FGG Rz. 11; Keidel/Kuntze/Winkler-Kayser, FGG, 14.Auflage, 1999, § 69g Rz. 8
  202. Bienwald, § 69g FGG Rz. 9
  203. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28.09.2001, Az: 3 W 213/01
  204. BayObLG, Beschluss vom 22.11.2000, Az: 3Z BR 325/00; BayObLG, Beschluss vom 18.05.1998, Az: 4Z BR 47/98
  205. Jürgens-Mertens, § 69g FGG Rz. 11 a.E., Keidel/Kuntze/Winkler-Kayser, § 69g Rz. 8a; vgl. auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.10.2001, Az: 3 W 227/01; BGH, Beschluss vom 06.03.1996, Az: XII ZB 7/96; BayObLG, Beschluss vom 10.10.1995, Az: 3Z BR 205/95; BayObLG, Beschluss vom 31.08.1995, Az: 3Z BR 239/95
  206. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.11.2002, Az: 3 W 200/02
  207. BayObLG, Beschluss vom 27.02.1998, Az: 3Z BR 32/98; Bienwald, § 69g FGG Rz. 7
  208. BayObLG, Beschluss vom 03.05.2001, Az 3Z BR 85/01; OLG Hamm, Beschluss vom 28.08.2000, Az: 15 W 57/00
  209. BayObLG, Beschluss vom 18.05.1998, Az: 4Z BR 47/98; BayObLG, Beschluss vom 30.07.1996, Az: 3Z BR 149/96
  210. BayObLG, Beschluss vom 10.10.1995, Az: 3Z BR 205/95; Jürgens-Mertens, § 69g FGG Rz. 9; Keidel/Kuntze/Winkler-Kayser, § 69g Rz. 8a
  211. BayObLG, Beschluss vom 20.03.1998, Az: 4Z BR 16/98
  212. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.08.2992, Az: 3 W 152/02
  213. BayObLG, Beschluss vom 27.02.1996, Az: 3Z BR 337/95
  214. BayObLG, Beschluss vom 27.02.1996
  215. BayObLG, Beschluss vom 31.01.2001, Az: 3Z BR 20/01
  216. ISG-GA, Kapitel B, Unterpunkt 4.4
  217. Vgl. auch § 69c Abs. 2 FGG
  218. Bienwald, Vorbem. v. § 1 BtBG Rz.11
  219. Stern Staatsrecht, Band II, 1. Auflage 1980, § 43 I 4 e (S. 898) sieht in dem Merkmal der Entscheidung aufgrund der Anwendung geltenden Rechts ein Wesensmerkmal der Rechtsprechung.
  220. So auch Maunz/Dürig/Herzog/Scholz-Herzog, GG, Band V, Stand Oktober 2002, Art. 92 Rz. 21
  221. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz-Herzog, Art. 92 Rz. 23
  222. Isensee/Kirchhof Handbuch des Staatsrechts, Band III-Bettermann, 1. Aufl. 1988, § 73 Rz. 31
  223. Isensee/Kirchhof HdbStR III-Bettermann § 73 Rz. 31
  224. Art. 13 Abs. 2 GG, Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG, Art. 15 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG, Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und 2 GG, Art. 34 Satz 3 GG, Art. 41 Abs. 2 GG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 b GG (Rechtsweggarantien), Art. 18 Satz 2 GG, Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 61 GG, Art. 100 Abs. 1 GG, Art. 100 Abs. 2 GG, Art. 100 Abs. 3 GG, Art. 104 Abs. 2 GG, Art. 126 GG (Richtervorbehalte)
  225. Sachs-Detterbeck, Art. 92 Rz. 7
  226. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. August 2002, Az.: 1 BvR 1790/00
  227. BVerfGE 93, 1 (13), BVerfGE 35, 382 (401f.); BVerfGE 35, 263 (274)
  228. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 1979, Az.: 1 BvR 699/77
  229. Vgl. etwa StGH Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 1999, Az.: 2/97
  230. Vgl. Jürgens-Klüsener, § 1802 Rdnr.12
  231. LVwVfG Baden-Württemberg vom 21. Juni 1977, BayVwVfG vom 23. Dezember 1976; VwVfGBbg vom 26. Februar 1993, BremVwVfG vom 15. November 1976, HmbVwVfG vom 9. November 1977, HVwVfG vom 1. Dezember 1976, VwVfG M-V vom 21. April 1993, VwVfG NW vom 21. Dezember 1976, SVwVfG vom 15. Dezember 1976, VwVfG LSA vom 18. August 1993, LVwG Schleswig-Holstein vom 18. April 1967, ThürVwVfG vom 7. August 1991; Gesetz über die Berliner Verwaltung vom 8. Dezember 1976, NVwVfG vom 3. Dezember 1976, Rheinland-Pfalz vom 23. Dezember 1976; SächsVwVfG vom 21. Januar 1993
  232. Bienwald, § 65 a FGG Rz. 13
  233. Hinsichtlich der einzelnen Regelungen ist auf Kapitel 1 III. 4 b zu verweisen
  234. Vgl. §§ 16 Abs. 1 Ziffer 4 VwVfG und die inhaltsgleichen Regelungen der Länder: § 16 LVwVfG Baden-Württemberg vom 21. Juni 1977, Art. 16 BayVwVfG vom 23. Dezember 1976; § 16 VwVfGBbg vom 26. Februar 1993, § 16 BremVwVfG vom 15. November 1976, § 16 HmbVwVfG vom 9. November 1977, § 16 HVwVfG vom 1. Dezember 1976, § 16 VwVfG M-V vom 21. April 1993, § 16 VwVfG NW vom 21. Dezember 1976, § 16 SVwVfG vom 15. Dezember 1976, § 16 Abs. 1 bis 4 VwVfG LSA vom 18. August 1993, § 80 LVwG Schleswig-Holstein vom 18. April 1967, § 16 ThürVwVfG vom 7. August 1991und die landesrechtlichen Verweisungen auf § 16 VwVfG des Bundes: § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Berliner Verwaltung vom 8. Dezember 1976, § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG vom 3. Dezember 1976, § 1 Abs. 1 LVwVfG Rheinland-Pfalz vom 23. Dezember 1976 und § 1 SächsVwVfG vom 21. Januar 1993, sowie §§ 15 Abs. 1 Ziffer 4 SGB X und 81 Abs. 1 Ziffer 4 AO
  235. Bienwald, § 68 FGG Rz. 11
  236. Jürgens-Mertens, § 68 a FGG Rz. 1.
  237. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass ggf. im Rahmen einer Reform des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ohnehin eine Einschränkung des beschwerdebefugten Personenkreises geprüft werden wird.